[9018] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 21. April 1976 um 9.03 Uhr
(101. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.
Als Urkundebeamte sind anwesend:
Just. O. Sekr. Janetzko
Just. Ass. z. A. Scholze
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als Verteidiger sind anwesend:
Rechtsanwälte Geulen (als Vertr. für RA Schily)[a], Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, König, Linke und Grigat.
Als Zeugen sind erschienen:
KK Klaus Fischer,
Gertrud Tilge,
Elisabeth Roller,
Heinz Krause
und POK Gerd Hangele.
Vors.:
Ich bitte Platz zu nehmen. Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Wir haben heute früh die Herren und Damen Zeugen Fischer, Frau Tilge, Frau Roller und die Herren Krause und Hangele. Sie sind schon vorzeitig gekommen. Sie waren erst auf 10.00 Uhr geladen, aber das ist ganz günstig, wir könnten dann gleich mit Ihrer Vernehmung fortsetzen, sobald sich die Zeit dazu gibt.
Die Zeugen Fischer, Tilge, Roller Krause und Hangele werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.
Die Zeugen Fischer, Tilge, Roller, Krause und Hangele sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]
Die Zeugen Tilge, Roller, Krause und Hangele werden um 9.05 Uhr in Abstand verwiesen.
[9019] Der Zeuge Fischer macht folgende Angaben zur Person:
Zeuge Fi[scher]:
Klaus F i s c h e r, 42 Jahre,
Kriminalbeamter aus Hamburg.Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Sie sind, wenn wir richtig unterrichtet sind, durch die Akten, tätig geworden im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf das Springer-Hochhaus in Hamburg.
Zeuge Fi[scher]:
Ja.
Vors.:
Welche Arten von Ermittlungen hatten Sie zu führen?
Zeuge Fi[scher]:
Ich habe einige der dort Beschäftigten, soweit sie als Zeugen in Betracht kamen, vernommen.
Vors.:
War das eine bestimmte Berufsgruppe?
Zeuge Fi[scher]:
Nein, grundsätzlich nicht, aber die Personen die als Zeugen zu vernehmen waren, kamen aus unterschiedlichen Sparten, soweit sie von den Ereignissen dort betroffen waren. Das bedeutet, einige Mitarbeiter aus, soweit ich weiß, der Setzerei und einige Damen aus der Telefonzentrale.
Vors.:
Und bleiben wir nun zunächst bei der Telefonzentrale. Ist es richtig, daß Sie sich bemüht haben zu klären, ob, gegebenenfalls wieviel und wann, Warnanrufe gekommen sind und wer diejenigen waren, die diese Warnanrufe entgegen genommen haben?
Zeuge Fi[scher]:
Ja.
Vors.:
Können Sie uns das Ergebnis dieser Ermittlung aus dem Gedächtnis noch sagen?
Zeuge Fi[scher][b]:
Ja. Soweit ich dies in Erinnerung habe, sind also in dieser Zentrale mehrere Anrufe in diesem Zusammenhang eingegangen. Wenn ich mich recht erinnere ist der erste Warnanruf aufgelaufen auf dem Apparat, den Frau Tilge zu bedienen hatte. In[c] diesem Warnanruf ging es darum, daß eine männliche Stimme darauf hinwies, daß in kurzer Zeit im Springerhaus eine Bombe explodieren solle.
Vors.:
Könnten Sie die Zeitspanne noch angeben, die Ihnen benannt worden ist?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, ich weiß es nicht genau, ich nehme an, das war wenige Minuten bevor dann die erste Bombe tatsächlich detonierte.
Vors.:
Also zwischen Anruf und tatsächlicher Detonation war eine kurze Spanne. Nach Ihrer Erinnerung, wenige Minuten.
Zeuge Fi[scher]:
Kurze Spanne, wenige Minuten, ja.
[9020] Vors.:
Und jetzt die Frage: Konnten Sie aus dieser Aussage feststellen, ob die Zeit, die Warnzeit die bei dem Anruf angegeben worden ist, länger gewesen ist als diese wenigen Minuten die dann tatsächlich noch vergangen sind?
Zeuge Fi[scher]:
Sie meinen, ob die Zeit, die zwischen Anruf und Explosion verstrichen war ...
Vors.:
Nein, von der wissen wir, daß Sie sagen, die habe nach der Darstellung der Zeugen nur wenige Minuten betragen. Uns interessiert jetzt, ob bei dem Warnanruf eine längere Zeit angegeben wurde, wie lange es noch dauern würde, bis was passiere.
Zeuge Fi[scher]:
Ja ich kann mich nicht genau an diese angegebene Zeit erinnern, aber soweit mir die Aussage dieser Frau Tilge in Erinnerung ist, würde es sich um eine Zeit von einer Viertelstunde etwa gehandelt haben, vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten.
Vors.:
Ja. Frage ist, haben Sie damals auch Wert darauf gelegt, die Uhrzeiten festzustellen?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, das hatte ich in den Berichten, in den Vernehmungsniederschriften so festgehalten.
Vors.:
Wissen Sie heute noch, wann der erste Anruf eingegangen sein soll? Nach den Feststellungen ...
Zeuge Fi[scher]:
Ja, 15.40 Uhr oder 41, ich weiß es nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen.
Vors.:
Und jetzt, wir bleiben mal zunächst bei dieser Zeitangabe, wie ist es dann weitergegangen. Also Sie erwähnten jetzt von Frau Tilge, ein männlicher Anrufer. Hat Ihnen Frau Tilge noch irgend etwas besonderes dazu gesagt, was ihr bei dem Anrufer aufgefallen wäre?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, es habe sich also um einen Mann gehandelt und der Stimmlage nach um einen jüngeren Mann und der habe eine, so sagte mir seinerzeit Frau Tilge, der habe eine helle Stimme gehabt.
Vors.:
Konnte man nach der technischen Einrichtung feststellen, ob das ein Orts- oder ein Ferngespräch gewesen ist?
Zeuge Fi[scher]:
Ja ich selbst war nicht im Stande das genau zu kontrollieren, aber soweit mir erinnerlich ist, sagte mir Frau Tilge, daß diese Apparate auf denen Anrufe in die Zentrale gingen, mit einem kleinen Lämpchen ausgestattet seien und diese Lämpchen so als Sichtlämpchen, die zeigen ein unterschiedliches Flackern, je nachdem, ob es sich bei dem Anruf um ein Gespräch handelt, das von auswärts käme, also ein Ferngespräch, oder ob es sich [9021] um ein Ortsgespräch handle und das habe Frau Tilge, soweit ich mich erinnern ... soweit mir erinnerlich ist, auch festgestellt, es habe sich um ... ich glaube, um ein langsames aufleuchten und dann wieder verlöschen dieser Signallampe gehandelt.
Vors.:
Hat Frau Tilge darüber hinaus weitere Anrufe bekommenen, an diesem Tage zumindest? Wissen Sie das?
Zeuge Fi[scher]:
Das weiß ich nicht.
Vors.:
Wissen Sie nicht. Hat Ihnen sonst noch irgend jemand erzählt, Warnanrufe bekommen zu haben?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, es sind noch weitere Damen aus der Telefonzentrale gewesen die mir darüber berichtet haben. Frau Roller, eine Frau Benke und eine Frau Poorth. Es waren noch mehrere Damen in dieser Telefonzentrale, auch die hatte ich gefragt, mir mitzuteilen, ob sie irgendwelche Anrufe wahrgenommen hätten. Das ist aber in den meisten Fällen verneint worden, also Anrufe die in direktem Zusammenhang mit den Explosionen zu sehen waren.
Vors.:
Wenn wir Sie dann richtig verstehen, dann sind nur die genannten vier Damen ... Frauen gewesen, die direkten Zusammenhang ... in direktem Zusammenhang mit dem Anschlag Anrufe entgegengenommen haben, sei es am Tattag oder vielleicht auch noch später.
Zeuge Fi[scher]:
Ja es sind nicht ... diese Damen haben, die vier von mir genannten Damen, die haben alle an dem Tag an dem die Explosion stattfand Anrufe entgegengenommen, ich glaube, zum Teil haben die Damen auch Anrufe angenommen, die sich auf die Explosion bezogen, die aber nicht am Tage der Explosion sondern einen Tag später eingegangen waren.
Vors.:
Ja. Wenn wir also beim Tattag bleiben, welche Zeuginnen haben ihnen erklärt, am Tattag einen Anruf bekommen zu haben, der im direkten Zusammenhang stand? Frau Tilge haben Sie erwähnt.
Zeuge Fi[scher]:
Frau Tilge, Frau Roller und Frau Poorth.
Vors.:
Was hat Ihnen nun Frau Roller ... wir haben ja die Zeugin hier, wir wollen nur ganz kurz den Rahmen stecken, was Sie noch dazu sagen können, weil, wir hatten ja Sie zuerst geladen, die Zeuginnen sollten später kommen. Es ist eigentlich ein Zufall daß sie schon da sind. Wir haben sie noch zu einem anderen Thema hier, deswegen sollen Sie jetzt gleich noch angeben, was Sie in Erinnerung haben, was Frau Roller meinte.
Zeuge Fi[scher]:
Ja, Frau Roller hat also einen Anruf entgegengenommen von dem ich jetzt nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob er vor oder nach der ersten Explosion eingegangen war und [9022] Frau Roller hat mir berichtet, der Anrufer sei ein Mann gewesen und ... vermutlich auch ein jüngerer Mann mit einer hellen Stimme.
Vors.:
Wissen Sie noch, ob der Anruf, von dem Frau Roller sprach, nach den Feststellungen die Sie trafen, nach diesem Anruf einging, den Frau Tilge erwähnt hatte? Oder kam der gleichzeitig?
Zeuge Fi[scher]:
Nein, der kann ja nicht gleichzeitig gekommen sein. Ich vermute, dieser Anruf, den Frau Roller entgegennahm, ist also eingegangen nach dem ersten Anruf von Frau Tilge.
Vors.:
Also innerhalb kurzer Zeit müßten dann ...
Zeuge Fi[scher]:
Ja, das kann sich ...
Vors.:
... zwei Anrufe gekommen sein.
Zeuge Fi[scher]:
Ja, das kann sich vermutlich nur um wenige Minuten gehandelt haben.
Vors.:
Auch eine männliche Stimme. Ist irgendeine Charakterisierung gegeben worden, der Stimme?
Zeuge Fi[scher]:
Ja. Es sei also auch die Stimme eines jüngeren Mannes gewesen und es habe sich auch um eine helle Stimme gehandelt und, wenn ich mich recht erinnere, sei der Anrufer erregt gewesen.
Vors.:
Sind hier Zeitangaben genannt worden von Frau Roller? Wobei wir auch wieder überprüfen sollten, wenn Sie die Zeit nicht mehr zusammenbekommen, ob jedenfalls die Zeitspanne, die angegeben worden ist von dem Anrufer, in der Wirklichkeit dann kürzer oder länger gewesen ist, bis zur Explosion.
Zeuge Fi[scher]:
Soweit ich mich erinnere, hat Frau Roller ja mehrere Anrufe entgegengenommen, die mit den Explosionen im Zusammenhang standen. Der erste Anruf ist also kurz nachdem, den Frau Tilge entgegennahm, eingegangen. Der zweite Anruf ist aber getätigt worden, soweit ich mich erinnere, nicht von einem Mann, sondern von einer Frau, soweit ich das in Erinnerung habe.
Vors.:
Nein, es kommt jetzt nur darauf an, was Ihnen Frau Roller erklärt hat, denn wir besprechen ja das ...
Zeuge Fi[scher]:
Wenn ich ... Herr Vorsitzender, wenn ich sage, soweit ich das in Erinnerung habe, kann ich mich immer nur auf das berufen, was mir die Damen gesagt haben. Aus eigener Beobachtung kann ich dazu keine Aussage machen.
Vors.:
Also das ist da ein zweiter Anruf, den Frau Roller bekommen hat.
[9023] Zeuge Fi[scher]:
Ein zweiter Anruf, den Frau Roller bekommen hat und, soweit ich mich erinnern kann, hat sie mir gesagt, der zweite Anruf sei von einer Frau gemacht worden.
Vors.:
Wir wollen ja mit Ihnen versuchen, da Sie die Feststellungen sozusagen zentral getroffen haben, was alles gesagt worden ist, wie das zeitlich abgelaufen ist. Vom ersten Anruf, Frau Tilge, sagen Sie, der Anruf kam, es hieß etwa 10 Minuten oder Viertelstunde, so erinnern Sie sich, in Wirklichkeit sei die Detonation aber schon früher erfolgt, nämlich nur wenige Minuten nach dem ersten Anruf.
Zeuge Fi[scher]:
Ja.
Vors.:
Frage jetzt: Wie ist das mit dem zweiten Anruf gewesen, den die Frau Roller entgegengenommen hat? Wie sah es hier aus? Ist hier auch wieder eine Zeitspanne angegeben worden, die etwa 10 Minuten oder eine Viertelstunde betragen hat nach Ihrer Erinnerung und ist die Detonation in Wirklichkeit in kürzerer Zeit erfolgt? Und wie war es dann mit dem dritten Anruf. Nicht wahr, das wollen wir mit Ihnen versuchen, abzustecken, den Zeitraum.
Zeuge Fi[scher]:
Der Anruf den Frau Roller entgegennahm, erfolgte, soweit ich mich an ihre Aussage erinnern kann, nach der ersten Explosion, soweit ich mich an die Aussagen erinnern kann und in dem Anruf war auch von einer Zeitangabe die Rede, wenn ich mich recht erinnere, auch etwa eine Viertelstunde, 10 oder 15 Minuten.
Vors.:
Das bezieht sich jetzt, was Sie angaben auf ...
Zeuge Fi[scher]:
Auf den ersten Anruf, den Frau Roller entgegennahm.
Vors.:
... ersten Anruf. Sie meinen also, auch der sei schon nach der ersten Detonation gekommen.
Zeuge Fi[scher]:
Soweit ich mich erinnere, ist der nach der ersten Detonation eingegangen.
Vors.:
Dann müßte der zweite Anruf zumindest auch nach der ersten Detonation passiert sein.
Zeuge Fi[scher]:
Ja. Der zweite Anruf ist also, so sagte mir seinerzeit Frau Roller, von einer Frau erfolgt und die Frau habe sich erkundigt, ist bei Ihnen eine Bombe hochgegangen oder so ähnlich und das habe Frau Roller dann bestätigen müssen, denn das hatte ja hörbar dort gekracht und daraufhin soll dann die Frau gesagt haben: danke, das wollte ich nur wissen.
Vors.:
Und jetzt, bleiben wir beim Tattag, das war der 19.5., sind an diesem Tag noch weitere Warnanrufe eingegangen, an diesem Tage selbst?
[9024] Zeuge Fi[scher]:
Ja, die Frau Poorth hat mir gesagt, auch sie sei angerufen worden, sie könne sich aber nicht mehr genau an den Wortlaut dieses Gesprächs, an den Wortlaut dieses Anrufs erinnern. Ich bin im Augenblick nicht im Stande zu sagen, wann der Anruf den Frau Poorth entgegennahm, eingegangen ist, das kann ich im Augenblick nicht sagen.
Vors.:
Gut. So daß wir also davon ausgehen können, drei Zeuginnen haben Ihnen gesagt, am Tage der Explosionen sind wir durch Warnanrufe in Verbindung getreten mit Leuten, die sich für dieses Thema interessiert haben und wenn ich Sie recht verstehe, war nur ein Anruf davon, in Ihrer Erinnerung jedenfalls, vor der ersten Explosion eingegangen. Bei Frau Poorth können Sie’s gar nicht sagen.
Zeuge Fi[scher]:
Nein, bei Frau Poorth kann ich’s nicht sagen und bei Frau Tilge kann ich mit Bestimmtheit sagen, daß der erste Anruf vor der Explosion einging, allerdings nur wenige Minuten vorher.
Vors.:
Wie stark ist die Besetzung der Telefonzentrale?
Zeuge Fi[scher]:
Das kann ich gar nicht genau sagen.
Vors.:
Wieviel Zeuginnen haben Sie noch gehört, ob sie Anrufe angenommen haben?
Zeuge Fi[scher]:
Außer den vier Damen habe ich vielleicht noch fünf weitere und einen Herrn dazu gehört. Von diesen weiteren fünf Damen und von dem einen Herrn habe ich aber die Antwort bekommen, sie hätten keine mit der Explosion im Zusammenhang stehenden Anrufe entgegengenommen.
Vors.:
Und jetzt noch, Sie sprachen also von Frau Benke ...
Zeuge Fi[scher]:
Ja.
Vors.:
Was hat sie Ihnen angegeben?
Zeuge Fi[scher]:
Frau Benke hat mir gesagt, sie habe einen Tag nach der Explosion noch einen Anruf entgegengenommen, soweit ich mich erinnere, sei das in den Abendstunden der Fall gewesen. In den frühen Abendstunde sei also nochmal ein Anruf an... eingegangen. In diesem Anruf habe es sich ... bei diesem Anrufer habe es sich wieder um einen Mann gehandelt mit einer hellen Stimme und der habe ... nein, jetzt komme ich, glaube ich, durcheinander ... Nein, soweit ich mich erinnere, hat Frau Benke mir seinerzeit erklärt, am 20. in den Abendstunden sei ein Anruf eingegangen, aber das sei eine Frau gewesen die angerufen habe und die habe sinngemäß gesagt, die „Bild-Zeitung“ müsse also ihr [9025] Erscheinen einstellen, sonst würde noch weiteres passieren. Es hatte[d] sich dabei um eine dunkle Frauenstimme gehandelt.
Vors.:
Wir werden Sie bitten nachher, daß Sie, bis die Zeuginnen, die selbst zu dem Thema aussagen sollen, gehört sind, noch anwesend bleiben, wenn dann weitere Rückfragen zu diesem Komplex an Sie wären. Wenn zu den Telefonanrufen jetzt beim Herrn Zeugen noch Fragen gestellt werden sollen ist Gelegenheit gegeben. Wir haben dann noch ein anderes Thema mit ihm zu erörtern.
Herr Berichterstatter, bitteschön.
Richter Mai[er]:
Nein.
Vors.:
Keine Frage mehr sehe ich, beim Gericht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Nein. Die Herren Verteidiger? Nicht.
Ist es richtig, Herr Fischer, daß Sie sich auch speziell um den Sprengkörper der im zweiten Stock gefunden worden ist, bei Ihrer Ermittlungstätigkeit gekümmert haben, insbesondere wo er gelegen ist, wie die anliegenden Räume gewesen sind, die Besetzung der anliegende Raume, so daß Sie daraus, sagen wir mal, ein Bild auf die mögliche Gefährdung, oder einen Rückschluß auf die mögliche Gefährdung hätten ziehen können.
Zeuge Fi[scher]:
Ich habe mich also nicht um die Sprengkörper im eigentlichen Sinne gekümmert, ich habe lediglich Aussagen von Beschäftigten im Hause Springer entgegengenommen aus denen hervorging, wo also Bomben gelegen haben sollten, zum Teil wurden diese Angaben ja durch die entsprechenden Aktennotizen der Kollegen bestätigt. Eine Bombe hat an einem Gang gelegen, der in, wenn ich mich recht erinnere, in die Setzerei führt. Über die ... es sind dann noch zwei weitere Bomben gefunden worden über die mir Zeugen sehr kurz berichtet haben, einmal im 6. Stock sei eine Bombe hinter einem Sessel gefunden worden und dann, auch im 6. Stock, in einem Feuerlöschkasten.
Vors.:
Ja, das ist also ein Irrtum, im 6. Stock ist eine Bombe detoniert, die Fundstellen waren woanders. Uns interessiert speziell jetzt die in dem Stock, in dem die Setzerei, die Druckerei gewesen ist. Haben Sie dort Ermittlungen angestellt, nachdem Ihnen wahrscheinlich die Fundstelle bekannt geworden ist, wieviel Personen in der Setzerei anwesend gewesen sind, wie weit sie entfernt waren, durch welche Bauteile sie abgetrennt waren von der Fundstelle?
[9026] Zeuge Fi[scher]:
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, soweit ich mich besinnen kann, handelt es sich da um einen Fundort an einer Trennwand, wobei die untere Hälfte dieser Trennwand aus, ich glaube, aus einer eisernen Trennwand bestand und der obere Teil war, soweit ich mich erinnere, aus dickem Glas. Das ist das, was ich im Augenblick aus meiner Erinnerung dazu sagen kann.
Vors.:
Und diese Trennwand war die Abschrankung zu der Druckerei?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, zur Druckerei.
Vors.:
Druckerei, also wo die Rotationsmaschinen stehen?
Zeuge Fi[scher]:
Ja, richtig, wo die Rotationsmaschinen stehen.
Vors.:
Damit wir’s nicht verwechseln, ich habe vorhin den Ausdruck Setzerei, das hat mit dem nichts zu tun.
Zeuge Fi[scher]:
Nein, ich muß korrigieren, nein das war die Druckerei.
Vors.:
Und nun, haben Sie Herren einvernommen, die sich dort zur Zeit des Fundes oder am Tattage aufgehalten haben, dort gearbeitet haben? Wenn ja, können Sie uns sagen, haben Ihnen die Leute beschrieben, wo sie gearbeitet haben und wieviel waren es der Zahl nach?
Zeuge Fi[scher]:
Es tut mir leid, ich kann mich nicht erinnern, daß ich darüber Herren vernommen habe, die mir genau gesagt hätten, wo sie sich zur fraglichen Zeit aufgehalten haben, das kann ich Ihnen nicht sagen.
Vors.:
Wir haben hier einen Ermittlungsbericht, kurz, vom 9.6.1972, er befindet sich in Blatt 436 des Ordners 66 unterschrieben mit „Fischer“.
Dem Zeugen wird aus O. 66 das Blatt 436 vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob es sich um seine Unterschrift handelt.
Zeuge Fi[scher]:
Ja, das ist meine Unterschrift.
Vors.:
Dankeschön.
In diesem Bericht wird angeführt, daß sich am 19.5.72 mehrere Betriebsangehörige an, beziehungsweise in der näheren Umgebung der Maschine zu Wartungsarbeiten aufgehalten hätten. Es wird die Entfernung angegeben. Es wird angegeben, wann die Schicht begonnen hat und es werden dann die einzelnen Namen aufgeführt. Und wenn man den Vermerk so liest, muß man den Eindruck gewinnen, Sie hätten die Herren gehört.
Zeuge Fi[scher]:
Nachdem ich dieses Schriftstück eben gesehen habe, fällt mir ein, es ist richtig, ich habe einige Herren dazu gehört, das müssen noch mehrere gewesen sein. Es hat sich aber [9027] nicht um eine Vernehmung im eigentlichen Sinne gehandelt, sondern ich habe die Aussagen, die mir diese Herren gemacht hatten, kurz zu Papier gebracht.
Vors.:
Uns interessieren an sich auch nur Ihre Angaben und zwar, ich möchte fast sagen, nur in räumlicher Hinsicht und in zahlenmäßiger Hinsicht nämlich wie weit ... wieviel Personen waren in dieser Druckerei tätig nach den Feststellungen, die sie getroffen haben und wie haben sie sich räumlich entfernt aufgehalten von dieser Fundstelle? Wir geben Ihnen nachher noch eine Skizze dazu, ob das mit Ihrem Erinnerungsbild übereinstimmen kann. Aber wir wollen zunächst mal versuchen, ob Sie’s uns so sagen können.
Zeuge Fi[scher]:
Ich nehme an, es muß sich ungefähr um 7, 7 bis 8 Herren gehandelt haben. Mehr habe ich nicht in Erinnerung.
Vors.:
Aufgeführt sind bei ... in Ihrer Vernehmung 6 Herren.
Zeuge Fi[scher]:
6 ja. Die Angaben über die Entfernung zwischen ihrem damaligen Aufenthaltsort und dem Fundort der Bombe, die sind unterschiedlich gewesen. Soweit ich mich erinnere, es schwankt glaube ich, zwischen zwei bis drei Metern und etwa acht, soweit ich das jetzt aus Erinnerung sagen kann.
Vors.:
Also sechs Personen sind aufgeführt. Kann man davon ausgehen, daß dann die Zahl sechs war, die Sie tatsächlich gehört haben oder wäre es denkbar, daß Sie weniger aufgeführt haben, als Sie damals gesprochen haben?
Zeuge Fi[scher]:
Nein, wenn ich in dieser Aktennotiz von sechs Mitarbeitern geschrieben habe, dann werden das auch nur sechs gewesen sein.
Vors.:
Und nun war ja schon damals, als Sie diese Gespräche geführt haben, bekannt, zu welcher Zeit die Detonation erfolgte. Man hat wahrscheinlich den Rückschluß auch gezogen, wenn dieser Sprengkörper funktioniert hätte, wäre er etwa auch in demselben Zeitraum hochgegangen und Sie werden sich also erkundigt haben, ob diese sechs Personen zu dieser Zeit, die als fragliche Sprengzeit in Betracht kam, anwesend waren. Ist das bestätigt worden?
RA Schn[abel]:
Herr Vorsitzender, das ist also eine eindeutige Suggestivfrage, die Sie hier stellen. Sie werden gefragt haben also, so geht das wirklich nicht. Im übrigen ist das was Sie hier vorhalten aus 436, gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß es sich um die fragliche Zeit handelt. Da steht eindeutig drin, am 19.5.72 hatten sich mehrere Betriebsangehörige an, beziehungsweise [9028] in der näheren Umgebung der Maschine zu Wartungsarbeiten aufgehalten und zwar in einer Entfernung bis zu 15 Metern vom Fundort des Sprengsatzes. Also, eindeutig an diesem 19.5., ob das morgens um 8.00 Uhr oder abends um 17.00 Uhr war steht nirgends ...
Vors.:
Wenn Sie nur den nächsten Satz noch gelesen hätten, Herr Rechtsanwalt Schnabel, dann hätte sich Ihre Frage beantwortet.
RA Schn[abel]:
Ja, den habe ich auch gelesen, den lese ich auch vor jetzt, da heißt es: „Diese Betriebsangehörigen hatten ihre Arbeitsschicht um 15.00 Uhr begonnen.“ Also können die sich 15 Meter weg von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr, denn da endet ja erst dieser 19.5., aufgehalten haben. Im übrigen geht’s dann wieder weiter: „Es handelt sich dabei um:“ und dann sind sechs Leute aufgeführt. Daher ist immer noch nicht gesagt, ob der hier vernommene Zeuge überhaupt die sechs gehört hat oder ob etwa der Herr XY ihm gesagt hat, die sechs die hier aufgeführt sind waren es.
Vors.:
Ich kann mir meine Fragen, die ich an Sie gestellt habe, jetzt ersparen. Ich wollte es nicht so handhaben wie der Herr Rechtsanwalt, der Ihnen praktisch alles schon zur Kenntnis gebracht hat, was Sie hier früher festgestellt haben sollen laut ihrem Vermerk. Ich knüpfe jetzt nur an seine Verlesungen an und frage Sie, nachdem Sie gehört haben, daß Sie damals festgestellt haben sollen, bis zu einer Entfernung von 15 Meter zum Fundort. 15.00 Uhr sollen die mit der Schicht begonnen haben, ob diese Feststellungen Ihnen wieder ins Gedächtnis zurückgekehrt sind bei dieser Erwähnung?
Zeuge Fi[scher]:
Das sind sie.
Vors.:
Ja. So können Sie das also bestätigen, was hier vermerkt worden ist.
Zeuge Fi[scher]:
In der Form.
Vors.:
Danke, ich habe keine weiteren Fragen mehr. Das Gericht auch nicht. Die Bundesanwaltschaft? Auch nicht.
Herr Verteidiger, bittesehr.
RA Schn[abel]:
Herr Zeuge, wenn sie sich daran erinnern, dann haben Sie also das gesagt, daß am 19.5. bis zu 15 Meter vom Fundort sie sich aufgehalten haben. Die Schicht um 15.00 Uhr begonnen hat. Wissen Sie, wann die Leute sich um 16.00 Uhr in weicher Entfernung aufgehalten haben, dann um 17.00 Uhr und wieviel Leute es da waren, wie viele es um 18.00 Uhr waren oder wissen Sie, ob das etwa über den ganzen Tag verstreut oder ob die ständig an der Maschine waren oder wie verhielt sich das bitte?
Zeuge Fi[scher]:
Nein, ich bin nicht im Stande zu sagen, wo sich die von mir [9029] in diesem Papier festgehaltenen Personen um 16.00 Uhr oder 17.00 Uhr aufgehalten haben. Dazu müßte ich also eine genaue Untersuchung angestellt haben über den genauen Arbeitsablauf. Das habe ich nicht getan.
RA Schn[abel]:
So daß es also denkbar ist, daß um 15.00 Uhr sich 6 Personen bis zu 15 Meter aufgehalten haben, und um 15.10 Uhr keiner mehr da war. Ist das denkbar?
Zeuge Fi[scher]:
Das halte ich für unwahrscheinlich.
RA Schn[abel]:
Ob es denkbar ist, nicht was Sie für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich halten. Haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß es nicht so gewesen sein kann?
Zeuge Fi[scher]:
Ja das kann ich nur daraus folgern, daß [e] der Arbeitsbetrieb ja im Gange war innerhalb dieser Druckerei, so daß sich also die von mir dort schriftlich festgehaltenen Personen in dem Arbeitsraum aufgehalten haben. In welcher einzelnen Entfernung zu welchem einzelnen Zeitpunkt, das kann ich Ihnen nicht sagen.
RA Schn[abel]:
Herr Zeuge, es handelt sich hier um Wartungsarbeiten, steht da drin. Ist Ihnen bekannt, daß bei Rotationen Wartungsarbeiten nicht gemacht werden, während die Rotationsmaschine läuft?
Zeuge Fi[scher]:
Soweit mir bekannt ist, werden einige Stellen, die also einer Schmierung oder Ölung bedürfen, auch während dieses Arbeitsvorganges geölt und geschmiert werden, soweit dies für die Mitarbeiter ungefährlich ist.
RA Schn[abel]:
Wissen Sie, wann Andruck im Springer-Haus ist, das heißt also, wann die Rotationsmaschinen in Gang gesetzt werden?
Zeuge Fi[scher]:
Das weiß ich nicht.
RA Schn[abel]:
Danke.
Vors.:
Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen sehe ich nicht.
Herr Fischer, ich würde Sie bitten dann, wir wollen mit Ihrer Vereidigung noch zu warten, bis wir die Zeugin gehört haben, sie dann zusammen vereidigen. Es wird sich ja zeigen, ob noch irgendwelche Rückfragen an Sie notwendig werden.
Der Zeuge Fischer wird um 9.32 Uhr in den Abstand verwiesen.
Die Zeugin Tilge erscheint um 9.33 Uhr im Sitzungssaal.
[9030] Die Zeugin Tilge macht folgende Angaben zur Person:
Zeugin Ti[lge]:
Gertrud T i l g e, [Tag].[Monat].20.
Telefonistin, Hamburg.Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Waren Sie schon im Mai 1972 Telefonistin?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Wo?
Zeugin Ti[lge]:
Bei Springer.
Vors.:
Im Springerverlag. Erinnern Sie sich noch an den Tag des Sprengstoffanschlages?
Zeugin Ti[lge]:
Ja, aber ziemlich verschwommen schon.
Vors.:
Ziemlich verschwommen schon. Haben Sie an diesem Tag auch Telefondienst versehen?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit Anrufe bekommen, die direkten Zusammenhang zu dem Geschehen hatten?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Wenn Sie uns das nun schildern wollen.
Zeugin Ti[lge]:
Ja also ich kann aber nur, wie gesagt, was ich noch in etwa im Gedächtnis habe.
Vors.:
Selbstverständlich. Wir werden dann versuchen, wenn Sie nicht mehr viel haben und wir noch aus den Akten irgendwas finden, Ihnen dann durch Bekanntgabe, was Sie früher gesagt haben sollen, vielleicht das Gedächtnis wachzurufen, aber mehr als Sie im Kopfe haben können Sie auch nicht angeben. Sollen Sie auch nicht.
Zeugin Ti[lge]:
Also Uhrzeiten weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, daß ich einen Anruf bekam, wir bekamen im übrigen öfter Anrufe und Drohungen für Bombenlegung und in fünf Minuten geht bei Ihnen eine Bombe hoch.
Vors.:
In fünf Minuten?
Zeugin Ti[lge]:
Ja oder in ... in etwa, also ganz genau kann ich’s nicht mehr sagen. Und da wir diese Drohungen gewohnt waren, habe ich sie im ersten Moment gar nicht ernst genommen. Habe mich mit dem noch ein bißchen auf ein Gespräch eingelassen und dann hat der gesagt: „Ihr Schweine, ihr nehmt aber auch gar nichts ernst.“ Und damit war das für ihn dann erst mal erledigt und dann kam wohl wenig später der nächste Anruf, den ich aber nicht mitkriegte.
[9031] Vors.:
Haben Sie an den Tag noch einen weiteren Anruf bekommen?
Zeugin Ti[lge]:
Ich habe keinen weiteren Anruf mehr bekommen.
Vors.:
Keinen mehr bekommen. Wollen wir zunächst [f] bei der Zeit bleiben. In der Tat ist ja an diesem Tag dann die Sache leider ernst geworden.
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Ist die Zeit, die Ihnen angegeben worden ist, wie lange es noch dauert, von dem Anruf bis zu der damals bekannt gegebenen bevorstehenden Detonation, war diese Zeit länger als die tatsächliche Zeit, die verstrichen ist ...
Zeugin Ti[lge]:
Ich würde sagen, die war etwas länger.
Vors.:
Also die angegebene Zeit war länger.
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Die Bombe explodierte nach Ihrer Erinnerung, wenn ich Sie richtig verstehe, früher als in dem Fall.
Zeugin Ti[lge]:
Nein, die Bombe explodierte später würde ich sagen, denn ich habe inzwischen noch Anrufe getätigt und unsere Endverwaltung benachrichtigt, das war der Weg. Es kann sein, also ich muß sagen, ich hab nicht auf die Uhr geachtet, weil wie gesagt, diese Drohungen hatten wir oft. Ich kann’s nicht mehr genau sagen.
Vors.:
Wenn Die sich erinnern wollen, zunächst jetzt mal an den Anruf und bis zu der ersten Detonation. Es hat ja dann wohl einen Krach getan im Gebäude, haben Sie des mitbekommen?
Zeugin Ti[lge]:
Das könnten doch fünf Minuten ungefähr gewesen sein.
Vors.:
Fünf Minuten zwischen Anruf ...
Zeugin Ti[lge]:
Zwischen Anruf und der Detonation.
Vors.:
... und Detonation. Haben Sie die Detonation deutlich gehört?
Zeugin Ti[lge]:
Ja, sehr deutlich.
Vors.:
Fünf Minuten?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Ist jetzt das ein Zeitraum, den Sie, sagen wir mal, einigermaßen sicher so sich vorstellen, oder ist es eine ganz vage Schätzung?
Zeugin Ti[lge]:
Nein, die kann ich mir ziemlich sicher vorstellen, weil ich nichts weiter getan habe als unsere Verwaltung zu benachrichtigen, daß wieder eine Bombendrohung war.
Vors.:
Und dann hat’s schon gekracht.
Zeugin Ti[lge]:
Und dann hat es schon ... während ich telefonierte war die erste Detonation.
Vors.:
Das war also jetzt die Zeit die vergangen ist vom Anruf [9032] bis zur tatsächlichen Detonation?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Und jetzt wollen wir noch mal versuchen, Ihr Gedächtnis möglichst auszuschöpfen. Wie war das mit der Ankündigung, wie lange es noch dauern würde, bis es detonierte als der Anruf kam?
Zeugin Ti[lge]:
Ja also ich kann’s Ihnen nicht sagen, ich hab’s ja damals auch gesagt, das war natürlich dann unmittelbar, ob der nun fünf oder zehn Minuten gesagt hat, also hundertprozentig kann ich das nicht sagen, das weiß ich nicht mehr.
Vors.:
Sie meinen also, das, was Sie damals angegeben haben, das ...
Zeugin Ti[lge]:
Das war frisch und das war wahr.
Vors.:
... war frisch und wahrheitsgemäß. Dann möchte ich Ihnen sagen, daß hier bei den Akten, das ergibt sich aus dem Ordner 66 Bl. 5 und Bl. 444, von Ihnen angegeben worden sein soll: „Der Anruf habe gelautet in einer Viertelstunde, beziehungsweise in 15 Minuten.“ Und es liegt dann eine zusätzliche Aussage von Ihnen vor, das ist Ordner 66 Bl. 445/5 u. 6 und auch dort ist davon die Rede, in 15 Minuten würde die Bombe hochgehen, so habe der Anrufer gesagt.
Zeugin Ti[lge]:
Also wenn ich es damals gesagt habe, dann ist das auch bestimmt so gewesen.
OStA Zeis verlässt um 9.39 Uhr den Sitzungssaal.
Vors.:
Wir wollen jetzt zunächst fragen, wenn ich Ihnen jetzt das so mitteile, daß der damals nach Ihren Aussagen, Ihren Aussagen, gesagt habe soll, 15 Minuten, fällt Ihnen das wieder ein oder kehrt das in Ihr Gedächtnis schlechterdings nicht mehr zurück?
Zeugin Ti[lge]:
Also ein bißchen kommt dann wieder, aber wie gesagt, das ist doch schon ziemlich[g] lange her[h].
Vors.:
Sie können’s also nicht mehr sicher sagen, ob eine ...
Zeugin Ti[lge]:
Nein, das kann ich nicht, kann ich nicht mehr sicher sagen.
Vors.:
Dann wollen wir aus Ihrer Vernehmung am 6.11.1973 Ordner 66 ... Ich möchte Ihnen dann also aus dieser Vernehmung, wobei drauf hinzuweisen ist, diese Vernehmung wo Sie selbst Angaben gemacht haben sollen, wie sich aus dem Aufbau der Vernehmung ergibt und wo auch die Unterschrift Gertrud Tilge drunter zu sehen ist, ist sehr spät erst angefertigt worden, nämlich erst am 6.11.1973. [9033] Dort heißt es drinnen: „Der Anrufer sagte mir dann auch, daß in 15 Minuten eine Bombe hochgehen würde.“ War denn am 6.11.73, das war ja immerhin auch schon ein deutlicher Abstand, zeitlicher Abstand zu dem tatsächlichen Geschehen, die Erinnerung bei Ihnen noch frisch genug, das angeben zu können?
Zeugin Ti[lge]:
Nein, auch nicht mehr. Die erste Vernehmung hatte ich ja vor der Kriminalpolizei und da habe ich die ersten Angaben gemacht.
Vors.:
Wie gesagt, dort habe Sie immer von einer Viertelstunde oder 15 Minuten gesprochen.
Zeugin Ti[lge]:
Ja aber das war nicht, das war nicht 73, nicht? Die erste Vernehmung.
Vors.:
So daß also davon aus ...
Zeugin Ti[lge]:
Die erste Vernehmung war gleich nach der Detonation, also vor der Kriminalpolizei und das nächste war dann vor dem Gericht in Hamburg.
Vors.:
Nein, das ist keine gerichtliche Vernehmung.
Zeugin Ti[lge]:
Nein?
Vors.:
Da war ein Herr Ritzmann bei Ihnen. Ich weiß nicht, ob Sie sich an Herrn Ritzmann erinnern.
Zeugin Ti[lge]:
Ach ja, richtig, da hatten wir zwischendurch auch nochmal ...
Vors.:
Am 6.11.73.
Zeugin Ti[lge]:
Ah ja.
Vors.:
Jetzt kommt es uns[i] also darauf an zu klären, kann es sein, daß man Ihnen die 15 Minuten damals noch vorgehalten hat und Sie eben deswegen sie wiederholt haben?
Zeugin Ti[lge]:
Das könnte sein, ja.
Vors.:
Also deswegen nochmals die Frage: 15 Minuten, Viertelstunde war bisher immer von Ihnen angegeben worden, insbesondere in den unmittelbar noch dem Geschehen angeschlossenen Fragen. Fällt Ihnen das heute noch ein oder [j] halten Sie das für schlechterdings unmöglich, daß Sie sich selbst erinnern.
Zeugin Ti[lge]:
Doch das könnte sein, daß es eine Viertelstunde sei.
Vors.:
Und jetzt wollen wir mal von der Zeit weggehen und nochmals die Frage wiederholen, die schon am Anfang gestellt worden ist. Könnte es dann auch tatsächlich so sein, daß der angekündigte Zeitraum, den der Warnanrufer Ihnen gesagt hat, länger war, als tatsächlich vergangen ist bis zur ersten Detonation?
Zeugin Ti[lge]:
Nein, ich würde sagen das kam schneller, die Detonation war schneller.
[9034] Vors.:
Die Detonation war schneller, ja, das bejaht also meine Frage.
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Was hatten Sie denn für grundsätzliche Anweisungen für den Fall, daß ein solcher Warnanruf eingeht?
Zeugin Ti[lge]:
An unsere Verwaltung das zu melden, bei solchen Anrufen.
Vors.:
Ist das ein Ereignis gewesen, das aus dem Rahmen fiel, oder kam das öfters vor?
Zeugin Ti[lge]:
Nein, das war ein allgemeines Ereignis, also das habe ich eigentlich nicht sehr ernst genommen.
Vors.:
Ist man an dem Tage durch irgendwelche ...
Zeugin Ti[lge]:
An dem Tag auch nicht.
Vors.:
Auch nicht.
Zeugin Ti[lge]:
Nein.
Vors.:
... so ernst genommen.
Zeugin Ti[lge]:
Nein.
Vors.:
Sie sind aber Ihrer Verpflichtung offenbar nachgekommen, haben’s an die Verwaltung weitergegeben.
Zeugin Ti[lge]:
Ja, also ich habe kurz überlegt und dann habe ich mir gesagt, naja, also man weiß nicht, besser ist melden.
Vors.:
Haben Sie in der Folge sonst noch irgendeinen Anruf bekommen? Sei es auch nach der Detonation, der sich direkt auf dieses Geschehen ...
Zeugin Ti[lge]:
Nein, ich nicht mehr.
Vors.:
Sie nicht mehr.
Zeugin Ti[lge]:
Nein.
Vors.:
Haben Sie rein räumlich, wie Sie etwa in der Zentrale nebeneinander sitzen, die Möglichkeit gehabt, weitere Warnanrufe mitzuverfolgen, selbst zu beobachten, daß da wieder so was kam?
Zeugin Ti[lge]:
Ja, also wenn der nächste kommt, dann macht die Kollegin drauf aufmerksam.
Vors.:
Und was haben Sie in diese Dichtung noch beobachten können?
Zeugin Ti[lge]:
Den nächsten Anruf hatte eben, wie gesagt, eine Kollegin und der ...
Vors.:
Wie hieß die Kollegin?
Zeugin Ti[lge]:
Ich glaube, das war Frau Roller, die den nächsten Anruf hatte und die sagte dann, hier ist schon wieder ein Anruf, der bedroht uns schon wieder mit Bomben.
Vors.:
War das noch vor dem es gekracht hat?
Zeugin Ti[lge]:
Das war vor der Detonation.
Vors.:
Aber dann müßte das ziemlich knapp geworden sein vor der Detonation.
[9035] Zeugin Ti[lge]:
Ja, das war sehr kurz danach.
Vors.:
Also die Detonation war kurz nach dem Anruf, nach dem zweiten.
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
Vors.:
Und können Sie noch etwa angeben, wie lange es gewesen ist? ...
Zeugin Ti[lge]:
Nein, das kann ich nicht.
Vors.:
... zwischen dem Anruf der Sie erreicht hat und den dann Frau Roller bekommen hat? Auch nicht. Aber es kann sich auch nur um Minuten gehandelt haben?
Zeugin Ti[lge]:
Das können nur Minuten gewesen sein.
Vors.:
Haben Sie noch irgendwelche weiteren Beobachtungen hinsichtlich solcher Anrufe machen können dann in der Folge?
Zeugin Ti[lge]:
Nein, eigentlich nicht.
Vors.:
Nicht mehr. Weitere Fragen an die Frau Zeugin? Herr Berichterstatter, bitteschön.
Richter Mai[er]:
Wissen Sie noch, wie damals die Telefonnummer Ihrer Zentrale lautete?
Zeugin Ti[lge]:
3471.
Richter Mai[er]:
3471, dankeschön.
Vors.:
Weitere Fragen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Frau Zeugin, ich habe zwei Fragen. Können Sie sich daran erinnern, ob Sie bei diesem Gespräch, das Sie entgegen genommen haben, das Flackern des Lämpchens beobachtet haben?
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
BA Dr. Wu[nder]:
Wie war das? Was zeigte ihnen dieses Flackern an?
Zeugin Ti[lge]:
Also ich meinte damals, das sei ein Ferngespräch gewesen, also ein schnelles Flackern.
BA Dr. Wu[nder]:
Sie meinten, es sei ein schnelles Flackern gewesen.
Zeugin Ti[lge]:
Ja. Aber mit Sicherheit kann ich auch das nicht mehr sagen, es ist eben schon zu lange her.
BA Dr. Wu[nder]:
Ja, denn der Vermerk, der damals angefertigt wurde, der deutet gerade auf das Gegenteil hin.
Zeugin Ti[lge]:
Ja? Ja also das weiß ich nicht mehr.
BA Dr. Wu[nder]:
Gut, danke. Eine weitere Frage, Frau Zeugin, Sie haben zu der Stimme etwas gesagt, des Anrufers, das wird jetzt sehr schwer sein, aber gelingt es Ihnen, wenn Sie Ihr Gedächtnis mal anstrengen, zu sagen, ob die Stimme früher schon mal angerufen hatte, bei anderen Warnanrufer die Sie erhalten haben oder ob das eine ganz andere war?
Zeugin Ti[lge]:
Ich würde sagen, die habe ich vorher noch nicht gehört.
[9036] BA Dr. Wu[nder]:
Das war eine für Sie neue Stimme.
Zeugin Ti[lge]:
Ja.
BA Dr. Wu[nder]:
Dankeschön.
Vors.:
Sonstige Fragen an die Frau Zeugin? Ich sehe, nicht.
Die Zeugin Tilge bleibt bis zu ihrer später erfolgten Vereidigung im Sitzungssaal.
Ende von Band 505.
[9037] Die Zeugin Roller erscheint um 9.46 Uhr im Sitzungssaal.
Die Zeugin Roller macht folgende Angaben zur Person:
Elisabeth Roller, [Tag].[Monat].1924,
Telefonistin, Hamburg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Frau Roller: Telefonistin, waren Sie das auch schon im Zeitpunkt des Sprengstoffanschlages auf das Springer-Hochhaus?
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie an diesem Tag Dienst gehabt?
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie irgendwelche Anrufe an diesem Tag bekommen, die im Zusammenhang mit diesem Geschehen stand?
Zeugin Ro[ller]:
Ja, ich habe einen Anruf gehabt, das war eine verhältnismäßig hohe Stimme, der sagte, in 5 Minuten geht bei Ihnen eine Bombe hoch. Und dann hat er noch geschimpft, also irgendwie hat er uns da beschimpft, ich weiß es nicht mehr genau. „Räumt sofort das Haus“, oder „räumen Sie sofort das Haus“ oder wie er sagte, und ... ja, mehr sagte er nicht.
Vors.:
Und dann?
Zeugin Ro[ller]:
Und dann haben wir das weitergegeben, diesen Anruf weitergegeben.
Vors.:
Was heißt „wir“, sind Sie zu zweit?
Zeugin Ro[ller]:
Mit meiner Kollegin Tilge, Frau Tilge hatte den ersten Anruf und ich hatte den zweiten Anruf. Und dann haben wir den Anruf weiter zur ... Verwaltung, glaube ich, gegeben und ... also mehr weiß ich nicht, ich kann es Ihnen nicht sagen.
Vors.:
Es hat ja an diesem Tag dann gekracht.
Zeugin Ro[ller]:
Ja, das hatte gekracht. Es hat, so in etwa nach 5 Minuten, ging die erste Bombe tatsächlich hoch.
Vors.:
Von welchem Zeitpunkt aus gerechnet sind die 5 Minuten?
Zeugin Ro[ller]:
Ja, nun weiß ich nicht, nach meinem Anruf, also nach ... das kann ich nicht sagen, ob es bei Frau Tilge 5 Minuten oder bei mir, das weiß ich nicht.
Vors.:
Das ist die Frage, wir versuchen es zu[k] klären, ob Sie das im Gedächtnis [9038] zusammenbringen. Es sind ja also nun 2 Anrufe nacheinander gekommen, Sie sprechen von 5 Minuten, von wo ab rechnen Sie das?
Zeugin Ro[ller]:
Also ich weiß nicht, das könnten auch evtl. 3 Minuten gewesen sein, so genau weiß ich das jetzt auch nicht mehr.
Vors.:
Aber jedenfalls also eine ziemlich kurze Zeit.
Zeugin Ro[ller]:
Es war eine kurze Spanne, ja.
Vors.:
Sie geben an, es sei Ihnen von dem Anrufer auch eine Zeit genannt worden.
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
Vors.:
Sie sprachen von 5 Minuten.
Zeugin Ro[ller]:
Ja, soweit ich mich erinnere, ich denke daß das ... Ich hatte das zu allererst gleich den Polizeibeamten gesagt, also ich glaube, das stimmt.
Vors.:
Können Sie nun, ohne daß Sie sich zeitlich festlegen, sagen, ob die Zeit, die der Anrufer angegeben hat, wie lange es noch dauern würde bis eine Bombe detoniert und die Zeit, die tatsächlich vergangen ist bis zur Detonation, ob die übereinstimmend oder ob die Detonation früher erfolgt ist, oder wie ist das gegangen?
Zeugin Ro[ller]:
Also zwischen 3 bis 5 ... ich würde 3 oder 5 Minuten sagen, aber ich glaube nicht länger, länger hat es nicht gedauert.
Vors.:
Wobei Sie die Möglichkeit unterstellen, daß Sie rechnen müssen von dem Anruf, der Sie erreicht hat.
Zeugin Ro[ller]:
So ist es, ja.
Vors.:
Können Sie uns angeben, wieviel Minuten oder wieviel Zeit vorher der Anruf an Frau Tilge einging?
Zeugin Ro[ller]:
Nein, ich war gar nicht im Raum, ich kam erst dazu. Ich habe den ersten Anruf, also ich war draußen und kam an meinen Platz und der erste Anrufer war dieser Mensch.
Vors.:
Und wie haben Sie dann erfahren, daß schon ein solcher Anruf eingegangen ist?
Zeugin Ro[ller]:
Das sagte mir Frau Tilge: „ist das wieder der Verrückte“, denn er war auch frech, nicht. Er hat auch ... was hat er denn gesagt? „Ihr verdammten Schweine“ oder so in etwa sagte er, glaube ich.
Vors.:
Ja, von dem sprachen Sie auch früher „ihr verdammten Schweine“ habe er gesagt.
Zeugin Ro[ller]:
Ich glaube, so sagte er, ja, so sagte er.
Vors.:
Und haben Sie nun mit Frau Tilge sich darüber unterhalten, wann sie den Anruf bekommen hat und wie lange das zeitlich auseinanderlag?
[9039] Zeugin Ro[ller]:
Nein, wie lange nicht, aber ich ... Frau Tilge fragte mich, ob das dieser gleiche wieder sei, ich sage, ach ja, das ist ja so ein Halbverrückter. Und dann sage ich, dann müssen wir das unbedingt melden und aufgrund dessen haben wir es dann gemeldet, nicht.
Vors.:
Also Frau Tilge hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht gemeldet, daß sie schon einen Anruf gehabt hat, an die Verwaltung, die ja wohl zuständig war?
Zeugin Ro[ller]:
Ja, ich weiß es nicht, ich glaube nicht. Ich weiß es nicht, ich glaube, ich weiß es, glaube ich ... nein, bei mir, nach meinem, ist es, glaube ich, gewesen.
Vors.:
Sie müssen möglichst aus Ihrem Wissen schöpfen.
Zeugin Ro[ller]:
Wie bitte?
Vors.:
Sie müssen möglichst aus Ihrem Wissen schöpfen.
Zeugin Ro[ller]:
Ja, also soviel ich weiß, ist es nach meinem Anruf geschehen.
Vors.:
Ja, wenn man[l] Sie vorhin so gehört hat, dann klang das so, aha, zweiter Anruf, jetzt wird es aber Zeit, jetzt ... man habe sich so kurz darüber unterhalten ...
Zeugin Ro[ller]:
Ja, aber das muß ... aber unmittelbar dabei, der muß aufgelegt haben und dann wahrscheinlich gleich wieder angerufen haben. Wissen Sie, wir haben ja sowieso sehr viele Drohungen und Anrufe und das nimmt man ja dann gar nicht mehr für voll, nicht. Man sagt sich ja ...
Vors.:
Ist es an dem Tage auch so gewesen, daß ...?
Zeugin Ro[ller]:
Haben wir vermutet. Das vermuteten wir.
Vors.:
Wir haben vorhin von Frau Tilge gehört, es war Ihre Pflicht solche Anrufe der Verwaltung weiterzugeben.
Zeugin Ro[ller]:
Das müssen wir, ja.
Vors.:
Das können Sie auch bestätigen?
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
Vors.:
Sonstige Fragen an die Frau Zeugin?
Herr Berichterstatter, bitte.
Richter Mai[er]:
Haben Sie dann noch einen weiteren - Sie - einen weiteren Anruf erhalten?
Zeugin Ro[ller]:
Ich bekam, ich weiß aber nicht, ob das in dem Zusammenhang ist, einen Anruf - ein Ferngespräch - es war eine Dame am Apparat und die sagte, „ist bei Ihnen eben eine Bombe hochgegangen“ und weil ich ja sowieso ein bißchen aufgeregt war, sagte ich, ja. Hätte ich gar nicht sagen brauchen, nicht. Und dann legte sie auf.
Richter Mai[er]:
Und können Sie uns jetzt sagen, wann dieser zweite Anruf an Sie erfolgt, nach oder vor der ersten Detonation?
[9040] Zeugin Ro[ller]:
Der war nach der Detonation über ... ach so, nach ... oder der ersten, nein, das weiß ich nicht mehr.
Richter Mai[er]:
Jedenfalls nach der Detonation, Sie wissen nicht mehr nach der ersten oder nach der zweiten, aber nach dem es jedenfalls bereits gekracht hatte?
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
Richter Mai[er]:
Danke.
Vors.:
Weitere Fragen?
Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Frau Zeugin, Sie antworteten eben auf die Frage des Herrn Beisitzers, der zweite Anruf, das sei ein Ferngespräch gewesen.
Zeugin Ro[ller]:
Ja.
BA Dr. Wu[nder]:
Nach dem Flackern des Lämpchens haben Sie das wohl geschlossen?
Zeugin Ro[ller]:
Unter anderem, aber man hört schon Ferngespräche. Man hört schon, wenn ein Ferngespräch kommt.
BA Dr. Wu[nder]:
Nur zur Präzisierung, was war dann Ihrer Meinung nach der erste Anruf, wenn Sie das nochmal ganz klar sagen würden? Ein Ortsgespräch oder ein Ferngespräch?
Zeugin Ro[ller]:
Das erste war ein Ortsgespräch.
BA Dr. Wu[nder]:
Das erste ein Ortsgespräch. Danke.
Noch eine weitere Frage, haben Sie ... können Sie diese Stimme, sei es bei dem ersten oder sei es bei dem zweiten Anruf, irgendwie in Verbindung bringen mit anderen Warnanrufen? Das heißt, kam Ihnen diese Stimme irgendwie bekannt vor, so daß Sie bei sich gesagt haben, das kenne ich, der war schon öfters da?
Zeugin Ro[ller]:
Nein, das würde ich nicht sagen, nein.
BA Dr. Wu[nder]:
Nicht.
Konnten Sie aus den beiden Anrufen, auf den Dialekt des Anrufers schließen oder war das völlig neutral?
Zeugin Ro[ller]:
Das war ein ... richtig, war völlig neutral.
BA Dr. Wu[nder]:
Danke.
Vors.:
Bitte, weitere Fragen an die Freu Zeugin? Ich sehe nicht.
Die Zeugin Roller bleibt bis zu ihrer später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der Zeuge Krause erscheint um 9.55 Uhr im Sitzungssaal.
[9041] Der Zeuge Krause macht folgende Angaben zur Person:
Heinz Walter Krause, 63 Jahre alt,
Ingenieur, Hamburg 76, [Anschrift],mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Krause, wo sind Sie beschäftigt?
Zeuge Kr[ause]:
Bei Axel Springer.
Vors.:
Sind Sie schon zur Zeit des Sprengstoffanschlags im Mai 72 dort beschäftigt gewesen?
Zeuge Kr[ause]:
Jawohl, ich bin seit 57 im Springer-Haus.
Vors.:
Sind Sie unmittelbarer Zeuge geworden? Ich meine, jetzt rein lokal gesehen, im Hause von den Detonationen?
Zeuge Kr[ause]:
Ich bin insofern unmittelbarer Zeuge, weil ich auf der anderen Seite der Fuhlentwiete war und die erste Bombe explodierte ja im 3. Stock der Fuhlentwiete, und das habe ich gesehen.
Vors.:
Haben Sie vorher irgendwelche Hinweise bekommen, daß so ein Geschehen bevorstehen könnte?
Zeuge Kr[ause]:
Ich habe von unserer Wachzentrale einen Hinweis bekommen, daß wir eine Bombendrohung haben.
Vors.:
Wie lange war das, bevor es dann tatsächlich gekracht hat?
Zeuge Kr[ause]:
Bevor es gekracht hat, war es ungefähr 3 bis 5 Minuten. Jedenfalls sprach ich mit der Wachzentrale, die mir das sagte. Ich rief dann meine Schlosserwerkstatt an, die mir untersteht, und das heißt, ich wollte anrufen, wir haben 4-stellige Verbindungsnummern und als ich zwei Zahlen gewählt hatte, explodierte die Bombe in 3. Stock. Und das Gemüse flog über die Straße mir entgegen. Das sah ich auf der anderen Seite des Gebäudes. Es war 15.38 Uhr.
Vors.:
Welche Anweisungen bestanden für solche Fälle, Warnanrufen, grundsätzlich?
Zeuge Kr[ause]:
Es bestanden insofern keine direkten Anweisungen. Es waren Anweisungen insofern da, daß evtl. zu sichernde Räume aufgesucht werden sollten, also zum Beispiel ... Zentrale, Wasserversorgung, Pressluftversorgung usw., Räume die unter Verschluß stehen.
Vors.:
Bedeutet das evtl. daß das eben dann in Kraft treten sollte, wenn man aus den Umständen schließen konnte, daß was ernsthaftes hinter diesen Anrufen steckte?
[9042] Zeuge Kr[ause]:
Wenn man aus diesen Umständen schließen konnte, daß etwas ernsthaftes dahintersteckt, sollten wir versuchen nur zu kontrollieren, ob die Räume noch abgeschlossen sind.
Vors.:
Und nun, Sie haben also 3 bis 5 Minuten vor dem ersten Knall davon erfahren. Ist noch irgendwas geschehen an diesem Tage zur Sicherung?
Zeuge Kr[ause]:
Ja. Ich bin dann rübergegangen über die Brücke, wir haben eine Verbindungsbrücke von der einen Seite der Fuhlentwiete zur anderen. Ich bin über die Brücke gelaufen in die Schlosserwerkstatt und wollte sagen, also, jetzt ist hier was passiert und in dem Moment krachte es das zweite Mal und die Bombe im 6. Stock detonierte. Daraufhin habe ich meine Mannschaft genommen, habe gesagt, bitte ich habe einen Generalschlüssel vom Haus und habe meine Leute über das Archiv, welches auf der anderen Seite in der zweiten Etage liegt, ins Freie geführt.
Vors.:
Würde denn ein Zeitraum von 3 bis 5 Minuten - er ist richtig, wie Sie ihn im Gedächtnis haben - dazu ausreichen, an die Räumung dieses großen Komplexes zu denken?
Zeuge Kr[ause]:
Innerhalb einer Zeit von 3 bis 5 Minuten ist das nahezu unmöglich.
Vors.:
Ich meine, das müßte ja auch durch telefonische Verständigung durch das ganze Haus laufen zunächst oder gab es da einen Alarmsystem, daß man eine Alarmglocke drücken konnte, die dann sofort ...?
Zeuge Kr[ause]:
Ein direktes Alarmsystem in dieser Form, wie es heute besteht, war seinerzeit nicht vorhanden.
Vors.:
Können Sie uns über die Zeit genauere Angaben machen, als es zum ersten Mal knallte?
Zeuge Kr[ause]:
Das war 15.38 Uhr.
Vors.:
Woher wissen Sie das so genau?
Zeuge Kr[ause]:
Das weiß ich so genau, weil auf meinem Tisch eine Uhr steht. Einer meiner Abteilungsleiter feierte gerade Geburtstag. Ich wurde von dort weggerufen, weil bei mir das Telefon klingelte im Zimmer. Ich ging dahin, und automatisch muß ich, weil die Uhr direkt vor mir steht, beim Telefonieren sehe ich automatisch fast auf die Uhr, und daher weiß ich die Zeit so genau.
Vors.:
Ja, und ist zwischen diesem Anruf, dem Sie nachkommen wollten und der Detonation keine Zeit mehr vergangen?
Zeuge Kr[ause]:
Doch, ich sagte ja, ich bin ungefähr 15.32 Uhr 15.33 Uhr angerufen worden, da wurde ein paar Minuten gesprochen und da verging diese Zeit von, das kann ich Ihnen nicht beschwören, 5 Minuten ungefähr. Ich bin kurz nach 15.30 Uhr angerufen worden, dazwischen lag[m] [9043] das Gespräch und die Bombe detonierte 15.38 Uhr.
Vors.:
Damit wir uns richtig verstehen, Sie haben also etwa 5 oder 6 Minuten früher auf die Uhr zum letzten Mal geschaut oder haben Sie ...?
Zeuge Kr[ause]:
Nein, ich habe in den Moment zufälligerweise auf die Uhr geschaut, deswegen konnte ich seinerzeit, ich habe das mir auch aufgeschrieben, - ich stamme aus der Fliegerei und da war man an minutiöses Arbeiten gewöhnt - und aus diesem Grund habe ich mir seinerzeit die Zeit so exakt gemerkt.
Vors.:
Ihre Uhr zeigt demnach in dem Augenblick oder jedenfalls ganz unmittelbar im Zusammenhang mit dem, daß es dann gekracht hat, 15.38 Uhr?
Zeuge Kr[ause]:
Jawohl.
Vors.:
Ging diese Uhr genau oder wäre da noch eine zeitliche Differenz denkbar?
Zeuge Kr[ause]:
Da[n] ist eine Zeitdifferenz von einer oder zwei Minuten denkbar.
Vors.:
Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?
Bitte, Herr Berichterstatter.
Richter Mai[er]:
Herr Krause, wissen Sie etwas darüber, wieviel Beschäftigte damals in dem Verlagsgebäude Springer tätig waren?
Zeuge Kr[ause]:
Das kann ich Ihnen in Moment nicht sagen.
Richter Mai[er]:
Annäherungsweise? Einige hundert oder einige tausend?
Zeuge Kr[ause]:
Einige tausend.
Richter Mai[er]:
Danke.
Oberstaatsanwalt Zeis erscheint wieder um 10.01 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.
Herr Rechtsanwalt Geulen, bitte.
RA Geu[len]:
Herr Zeuge, diese Direktive oder Überlegung, daß Sie bestimmte Räume im Falle eines möglicherweise ernsthaften Anrufes oder einer Warnung sichern sollten. In welcher Form war die mit Ihnen besprochen oder Ihnen gegenüber mitgeteilt worden?
Zeuge Kr[ause]:
Ich sagte vorhin schon in meiner Aussage, daß das verschlossene Räume sind, die dann eben zu kontrollieren sind, ob die Tür - als erstes - ob die Türen noch verschlossen sind.
RA Geu[len]:
Nein, nein, Sie haben das anscheinend mißverstanden. Es geht darum, wenn es keine Anweisung war, so habe ich das eben verstanden, [9044] in welcher Form war das Ihnen mitgeteilt worden, in Form eines Gespräches oder schriftlich?
Zeuge Kr[ause]:
Es bestand eine Anweisung, wenn mal etwas sein sollte, daß darauf das erste Augenmerk zu legen ist.
RA Geu[len]:
Ja, und das war von der Verwaltung oder von der Leitung des Verlages ...?
Zeuge Kr[ause]:
Von der Leitung des Verlages.
RA Geu[len]:
Und der Inhalt dieser Anweisung war, das habe ich richtig verstanden, daß diese bestimmten Räume, Elektrizitätsanlage, Pressluftanlage usw. gesichert werden sollten, habe ich das richtig verstanden?
Zeuge Kr[ause]:
Nicht gesichert werden sollten ...
RA Geu[len]:
Oder ...
Zeuge Kr[ause]:
... nicht gesichert werden sollten, Herr Anwalt. Die Räume sind abgeschlossen mit einer feuerhemmenden Tür verschlossen.
RA Geu[len]:
Was war denn der Inhalt der Anweisung, daß Sie das nachkontrollieren sollten, ob die abgeschlossen sind oder ...?
Zeuge Kr[ause]:
Ob Sie noch verschlossen sind.
RA Geu[len]:
Ja, gut. Meine Frage ist jetzt, gab es jetzt eigentlich auch eine Anweisung oder wie immer Sie das nennen wollen, im Falle eines möglicherweise ernsthaften, einer möglicherweise ernsthaften Warnung das Gebäude zu räumen oder gab es eine solche Anweisung nicht?
Zeuge Kr[ause]:
Wissen Sie, es sind 4 Jahre her, darüber möchte ich keine Aussage machen, denn ich kann mich daran nicht mehr so genau erinnern, ob noch 100 %ige Anweisung über sofortige Räumung des Hauses bestand. Es bestand auf jeden Fall zwischen ... bei der Geschäftsleitung die Vorstellung, wenn etwas passiert, daß das Haus sofort geräumt werden muß.
RA Geu[len]:
Es geht nicht nur um den einen Tag in meiner Frage, sondern es geht darum, was damals allgemein, als, ist jetzt egal, wie Sie es nennen, Anweisung oder Besprechung oder was Ihnen eben mitgeteilt worden ist. Sie sagten anfangs nur, daß es darum ging, diese zu sichernden Räume zu kontrollieren, ob sie weiter verschlossen sind.
Zeuge Kr[ause]:
Das ist meine Aufgabe, nicht mehr.
RA Geu[len]:
Ja, können Sie jetzt mal meine Frage beantworten, nämlich, ob diese, also Anweisung, ich gebrauch jetzt mal den Ausdruck, im Falle einer möglicherweise ernsthaften Warnung eines Bombenanschlages oder was auch immer, sich nur darauf bezog oder, ob [9045] Sie auch eine Anweisung hatten, das Haus zu räumen in einer solchen Situation?
Zeuge Kr[ause]:
Ich kann keine Anweisung haben, das Haus zu räumen, da es[o] meine Aufgabe ist die Versorgungsanlagen zu sichern. Die Anweisung, das Haus zu räumen, kommt von einer anderen Stelle des Hauses.
RA Geu[len]:
Dafür wären Sie nicht zuständig in einem solchen Fall?
Zeuge Kr[ause]:
Nein.
RA Geu[len]:
Danke.
Vors.:
Dann, glaube ich, an Herrn Fischer wird keine Frage mehr zu stellen sein. Wenn keine Fragen mehr sind, würde ich den Herrn Fischer bitten zur Vereidigung.
Der Zeuge Fischer erscheint um 10.05 Uhr im Sitzungssaal.
Die Zeugen Fischer, Tilge, Roller und Krause werden einzeln[p] vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.06 Uhr entlassen.
Der Zeuge Hangele erscheint um 10.06 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Hangele macht folgende Angaben zur Person:
Geerd Hangele, 35 Jahre alt,
Polizeibeamter, Hamburg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Erinnern Sie sich noch an den Sprengstoffanschlag auf das Springer-Hochhaus in Hamburg?
Zeuge Hang[ele]:
Ich muß Ihnen offen gestehen, ich erinnere mich überhaupt nicht an diese ganze Sache und mir ist auch nicht klar, weshalb ich heute hier bin, ich bin auch nicht vorbereitet worden.
Vors.:
Sie wissen nicht, warum Sie kommen sollen?
Zeuge Hang[ele]:
Nein, ich weiß es nicht.
Vors.:
Sie werden es noch feststellen, denn zunächst mal die Frage.
Wenn Sie sich an den Mai 1972 zurückerinnern können, welchen Dienst haben Sie ganz oder vorwiegend damals in Ihrem Aufgabenbereich versehen?
Zeuge Hang[ele]:
Ja, wenn ich mich richtig erinnere, war ich Mai 72 Funk- [9046] streifeneinsatzführer in der Funkzentrale der Polizei Hamburg, wenn ich mich richtig erinnere. Wir wechseln häufig mal die Dienststellen und ich kann das so gar nicht mehr sagen. Aber es muß so[q] gewesen sein im Mai 72.
Vors.:
Ist Ihnen die Abkürzung LOB ein Begriff?
Zeuge Hang[ele]:
Ja, ich habe ... ja, jetzt wird ... Entschuldigung, jetzt werden mir Zusammenhänge klar, ja. Als Funkstreifeneinsatzführer der Polizei Hamburg habe ich aushilfsweise immer mal den Dienst des LOB, das ist die Abkürzung für Lage-Oberbeamter, versehen. Das ist richtig.
Vors.:
Und was hat man dabei für eine Aufgabe?
Zeuge Hang[ele]:
Der Lage-Oberbeamte, ja, da muß ich mich etwas vorsichtig ausdrücken im Hinblick auf meine Beschränkung in der Aussagegenehmigung.[4] Der Lage-Oberbeamte, das ist der Meldekopf und Meldesammelstelle, das sind taktische Ausdrücke, ich weiß nicht, ob Ihnen die geläufig sind. Das heißt, alle polizeilich relevanten Meldungen aus dem Großraum Hamburg gehen an dieser Stelle ein.
Vors.:
Kann man davon ausgehen, daß Warn-[r] und Drohanrufen und dergleichen als relevante Anrufe dieser Art verstanden werden?
Zeuge Hang[ele]:
Die nicht beim Lage-Oberbeamten eingehen, die bei der Funkzentrale in aller Regel eingehen, die aber dann dem Lage-Oberbeamten sofort gemeldet werden, weil er diese Dinge sichtet und jetzt unter Umständen weitermeldet oder auch Entscheidungen fällt, gegebenenfalls.
Vors.:
Kann man das dahin verstehen, daß jeder Warn- und Drohanruf, jedenfalls dem Lage-Oberbeamten bekannt wird, zur weiteren Veranlassung, wollen wir mal so sagen?
Zeuge Hang[ele]:
Wenn es also, sagen mir mal, mehr ist, als beinahe offensichtlicher Unfug, ich muß mich da so ausdrücken. In der Funkzentrale Hamburg gehen also täglich jede Menge Unfuganrufe, irgendwelche wilden Drohungen ein, da kann es schon mal vorkommen, daß die Funkzentrale, der, eben dieser[s] Funkstreifeneinsatzführer das nicht dem LOB weitermeldet, weil er sagt: „Das ist eine glatte Unfugmeldung, soweit ich das übersehe.“ Aber ernstzunehmende Meldungen bekommt der Lage-Oberbeamte eigentlich in jedem Falle gemeldet.
Vors.:
Wenn z. B. unter der Notrufnummer 110 ein Anruf käme, der besagt, in einem bestimmten Verlags-Gebäude werde demnächst eine Detonation erfolgen und es wird dringlich gesagt: „Sorgen Sie, verdammt nochmal“ [9047] beispielsweise, „dafür, daß endlich geräumt wird“, ist so ein Anruf seinem Inhalt nach geeignet, daß er dem Lage-Oberbeamten mitgeteilt wird?
Zeuge Hang[ele]:
Ja, ich denke schon, ja. Ich denke schon. Ich sage deswegen, ich denke schon, weil sich zeitweise, und das war wohl etwa im Mai 72, diese Drohungen sich natürlich häuften, inzwischen hat sich ja das wieder etwas beruhigt. Aber normalerweise ist das ein Fall, der dem Lage-Oberbeamten gemeldet wird, natürlich.
Vors.:
Also der Anrufer sollte, wenn der beispielsweise gesagt haben soll; „Sorgen Sie, verdammt nochmal, dafür, daß endlich geräumt wird“, da, sagen wir mal, in diesem Text doch eine gewisse Dringlichkeit erkennbar wird. Können Sie sich unter Berücksichtigung der damaligen Umstände vorstellen, daß ein solcher Anruf Ihnen dann nicht weitergegeben worden wäre, der also unter der Notrufnummer einlief?
Zeuge Hang[ele]:
Das ist natürlich schwierig jetzt. Derjenige Kollege, der, sagen wir mal, diese Anrufe von Anfang an entgegengenommen hat, wie der die Lage beurteilt oder wie sich das ihm dargestellt hat, ob dieser Anruf von vornherein ernst zunehmen war oder wie gesagt, als einen Anruf eines Unfüglers oder halbwegs Betrunkenen, das kann ich jetzt von hier aus nicht beurteilen. Das ist also schwer zu sagen.
Vors.:
Jetzt muß ich Sie wieder fragen, erinnern Sie sich an den Tag dieses Anschlages, Sie sagten vorhin, Sie erinnern sich nicht daran; der Anschlag ist passiert am 19. Mai 1975. Können Sie, ohne daß Sie sich zeitlich damit irgendwie jetzt festlegen, sagen, ob Sie sich erinnern, daß an dem Tage, an dem es im Springer-Hochhaus zu einer Detonation gekommen ist, Sie auch die Aufgabe des LOB wahrgenommen haben?
Zeuge Hang[ele]:
Das kann ich so nicht sagen, das müßte natürlich zu erforschen sein anhand der Dienstpläne die bei der Polizei Hamburg vorhanden sind, aber ich kann das jetzt so nicht sagen. Wobei ich also nochmal vielleicht erläutern darf; der Lage-Oberbeamter ist nicht der Führungsoberbeamte der Polizei Hamburg; das heißt, er ist eigentlich nur derjenige dabei, der meldet, er geht nicht raus und führt nicht draußen, er trifft auch keine Entscheidungen, daß es jetzt heißt, das und das ist zu tun, dafür ist ein anderer zuständig, also das nochmal zur Klarstellung.
Vors.:
Sind Sie denn im Anschluß an diesen Anschlag irgendwann mal [9048] polizeilich vernommen worden, gerade dazu, ob Sie damals als Lage-Oberbeamter einen Anruf bekommen haben?
Zeuge Hang[ele]:
Nein, ich bin mit der Sache nie befasst. Ich weiß, daß man vor etwa 2 Jahren mal bei Polizei Hamburg nachgefragt hat, meine ladungsfähige Anschrift erbeten hat, das war wohl das BKA Wiesbaden, und ich habe an einem Nachmittag als LOB auch Dienst getan, als die Festnahme der Frau Ensslin auf dem Jungfernstieg Hamburg stattgefunden hat ...
Vors.:
Ja, das interessiert jetzt nicht.
Zeuge Hang[ele]:
... aber daran erinnere ich mich noch an diesen Tag. Aber an diesen ...
Vors.:
Also hier liegt ein Vermerk vor, danach sollen Sie gegenüber einem Polizeibeamten, der Sie darauf angesprochen hat, mit Bestimmtheit erklärt haben, daß am Tage zuvor kein Anruf, etwa dieser Art eingegangen sei bei Ihnen als LOB „Sorgen Sie endlich dafür daß geräumt wird“.
Zeuge Hang[ele]:
Das kann sein, das weiß ich heute nicht mehr.
Vors.:
Nun, jetzt kommt es also nicht auf den Inhalt dieser Aussage an, sondern ob Sie sich daran erinnern, daß Sie einen Tag schon nach diesem Anschlag von[t] einem Kollegen darauf angesprochen wurden, ob Sie einen solchen Anruf bekommen haben.
Zeuge Hang[ele]:
Weiß ich nicht, weiß ich nicht.
Vors.:
Wissen Sie heute nicht mehr.
Zeuge Hang[ele]:
Wir haben, als LOB, gewöhnlich hat jeder so eine kleine, so eine Privatkladde[u] wo er eben so handschriftlich irgendwelche Sachen im Moment, damit er sie[v] nicht vergisst innerhalb der nächsten Stunden oder Tagen, macht, und wenn ich da eine derartige Notiz mir nicht gemacht habe, dann nehme ich an, daß das wohl auch nicht der Fall war. Ich kann da mich dran wirklich nicht mehr daran erinnern.
Vors.:
Haben Sie vielleicht die Bitte mal nahegetragen bekommen, daß Sie[w] sich in Ihren Unterlagen umsehen, ob etwa, wenn so ein Anruf eingeht, werden Sie vielleicht eine schriftliche Notiz hinterlegen, ob so eine Notiz vorhanden ist?
Zeuge Hang[ele]:
Nein, ich bin in dieser Sache nie angesprochen worden.
Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?
Herr Berichterstatter, bitte.
Richter Mai[er]:
Nur, um es zu vervollständigen, Herr Hangele, wir haben hier im Ord. 67, Bl. 1 eine Aktennotiz, unterzeichnet von einem Herrn Mann von K 42 vom 20.5.72 und da heißt es, er habe an diesem Tage mit [9049] Ihnen Rücksprache genommen und Sie hätten also nachgesehen in einen gesonderten Ordner, in dem derartige Meldungen abgelegt werden und für den 19.5., also dem Tag zuvor, sei eine derartige Eintragung „Bombenwarnung“ dort nicht enthalten.
Zeuge Hang[ele]:
Ja, wir haben einen Ordner, ob der zur Zeit noch existiert, weiß ich nicht, damals war er vorhanden. Das war ein Ordner über anonyme Bombendrohungen, da haben wir so Vordrucke geschaffen und immer[x] wenn eine solche anonyme Bombendrohung einging, dann wurde wenige Worte vorgedruckt, also jetzt hier ... es wurde ausgefüllt und wurde in den Ordner abgeheftet. Und wenn also dieser - sehen Sie dort - auch dieser Vorgang nicht vorhanden war, dann werde ich sicherlich auch diesen Anruf nicht gehabt haben, denn sonst wäre dieser Vorgang geschaffen worden, nicht.
Richter Mai[er]:
Ja, aber auch dieser Vorhalt ist nicht geeignet, Ihre Erinnerung weiter zu verstärken. Sie können sich daran nicht mehr erinnern.
Zeuge Hang[ele]:
Nein, ich kann mich wirklich nicht daran erinnern.
Vors.:
Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, die Bundesanwaltschaft nicht. Die Herren Verteidiger? Auch nicht.
Der Zeuge Hangele wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.17 Uhr entlassen.
Der Zeuge Mauritz erscheint um 10.17 Uhr im Sitzungssaal.
- belehrt gem. § 57 StPO und mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden -
Der Zeuge Mauritz macht folgende Angaben zur Person:
Siegfried Mauritz, 42 Jahre alt,
Kriminalhauptkommissar beim BKA Wiesbaden,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Mauritz, es geht um die Frage, ob die Beweismittel, die angefallen sind bei dem Sprengstoffanschlag auf das Springer-Hochhaus [9050] in Hamburg von Ihnen gesichtet und listenmäßig erfasst worden sind?
Zeuge Mau[ritz]:
Ja, so wie in einigen anderen Fällen auch, habe ich diese Beweismittel aus dem Sprengstoffanschlag Springer-Hochhaus erst nach den kriminaltechnischen Untersuchungen bzw. Untersuchung bei der Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin erhalten, und dann erst aufgelistet und mit den entsprechenden Asservatennummern und Komplexnummern bezeichnet.
Vors.:
In welcher Form sind Ihnen diese Beweisstücke übergeben worden? Ich meine, wie waren die eingeteilt, war das nun ein geschlossenes Paket oder waren die schon im einzelnen bezeichnet?
Zeuge Mau[ritz]:
Nein, die sind auch schon, es war ja eine Bezeichnung für die einzelnen Fundstellen bzw. für die einzelnen Explosionsstellen vorgegeben, z. B. 2. Stock., 6. Stock, 12. Stock zwei Stellen, also so entsprechend waren die auch verpackt und mir dann übergeben worden.
Vors.:
Und was war dann Ihre Tätigkeit, außer der listenmäßigen Erfassung bei der Nummerierung noch?
Zeuge Mau[ritz]:
Ja, bei der Nummerierung, daß ich eine Komplexbezeichnung, nämlich B 51, dazugegeben habe und dann eben aufgelistet habe und unterpositioniert habe.
Vors.:
Wann ist das geschehen, können Sie das heute noch sagen?
Zeuge Mau[ritz]:
Das ist, meines Wissens, 1973, Mitte 1973, ich kann mich da nicht genau festlegen.
Vors.:
Ist diese Liste erstellt worden unter des von Ihnen schon bei früherer Vernehmung erwähnten Vordrucks?
Zeuge Mau[ritz]:
Ich habe, soweit Listen von mir erstellt wurden, wurden immer die gleichen Formulare verwendet.
Dem Zeugen wird die Liste aus Ord. 66 Bl. 73/1 - 73/10 mit der Bitte vorgelegt zu erklären, ob es sich um die vom ihm angefertigte Liste handelt.
Zeuge Mau[ritz]:
Es ist die Liste, [y] nur hier ist auf Bl. 73/8, ist ein handschriftlicher Vermerk draufgemacht, der nicht von mir stammt zu einem Asservat.
Vors.:
Also 73/8, dieser Zusatzhinweis, daß zur Asservatennummer 2 noch ein weiteres grünes Tuch gehöre, stammt nicht von Ihnen.
Zeuge Mau[ritz]:
Ganz richtig.
Vors.:
Im übrigen aber erkennen Sie diese Liste wieder als von Ihnen ge- [9051] fertigt. Können Sie uns sagen, daß die Gegenstände, die hier in der Liste verzeichnet sind, Ihnen alle vorgelegen haben?
Zeuge Mau[ritz]:
Ich kenne alle diese Beweismittel.
Vors.:
So daß Sie sich für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Liste verbürgen können?
Zeuge Mau[ritz]:
Dafür verbürge ich mich.
Gemäß § 249 StPO[5] wird die Liste aus Ord. 66, Bl. 73/1 bis 73/10 verlesen.
Vors.:
Herr Mauritz, nachdem Sie diese Liste nun durch das Vorlesen nochmals zur Kenntnis bekommen haben, können Sie bei Ihrer Angabe bleiben, daß Sie diese Liste richtig und vollständig erstellt haben?
Zeuge Mau[ritz]:
Ich bleibe bei meinen Angaben.
Vors.:
Danke.
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht sehe ich nicht. Bundesanwaltschaft? Nicht. Die Herren Verteidiger? Nicht.
Der Zeuge versichert die Richtigkeit seiner Aussage, unter Berufung[z] bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[6] und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.32 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir sind am Ende des Vormittagsprogrammes.
Fortsetzung, 14.00 Uhr, weitere 5 Zeugen heute nachmittag.
Pause von 10.32 Uhr bis 14.03 Uhr
[9052] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.03 Uhr
Rechtsanwalt Künzel ist nicht mehr[aa] anwesend.
Als Zeugen sind erschienen:
Hans Markmann,
Karl Schneider,
Lorenz Burgmann,
Helmut Röhrs,
Georg Hoffmann
Vors.:
Wir können die Sitzung fortsetzen.
Die Verteidigung ist gewährleistet.
Ich stelle fest, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann fehlt auch jetzt noch. Eine Entschuldigung ist nur für gestern vormittag hier eingegangen.[7]
Wir haben jetzt die Zeuger Herrn Markmann, Herrn Schneider, Herrn Burgmann, Herrn Röhrs und Herr Hoffmann.
Die Zeugen Markmann, Schneider, Burgmann, Röhrs und Hoffmann werden gem. § 57 StPO belehrt.
Die Zeugen Markmann, Schneider, Burgmann, Röhrs und Hoffmann sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.
Die Zeugen Schneider, Burgmann, Röhrs und Hoffmann werden um 14.04 Uhr in Abstand verwiesen.
Der Zeuge Markmann macht folgende Angaben zur Person:
Hans Markmann, 57 Jahre alt,
Korrektor, Hamburg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie diesen Beruf auch schon im Mai 1972 ausgeübt haben?
[9053] Zeuge Mar[kmann]:
Ja.
Vors.:
Beim Springer-Verlag?
Zeuge Mar[kmann]:
Jawohl.
Vors.:
Haben Sie damals den Sprengstoffanschlag auf das Springer-Hochhaus miterlebt?
Zeuge Mar[kmann]:
Jawohl.
Vors.:
Bitte schildern Sie uns nun im Zusammenhang, wo Sie ihn miterlebt haben, evtl. wer noch mit Ihnen zusammen gewesen ist, wie der Hergang dann nach Ihren Beobachtungen war und ob und gegebenenfalls welche Verletzungen Sie erlitten haben?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, es war am 19. Mai 1972, wir kamen zur Spätschicht, die um 15.00 Uhr beginnt. Es muß so zwischen 15.20 Uhr und 15.30 Uhr gewesen sein, als ein Knall in unserem Korrektorat war und wir hatten uns furchtbar erschrocken. Dann kam die Decke von oben runter, ich nahm instinktiv Deckung unter dem Tisch. Irgendjemand rief dann: „Raus hier“ und wir konnten vor Staub und Dreck nichts[bb] sehen. Sind dann aber Richtung Fenster gegangen, die auch alle zertrümmert waren und sind nach draußen auf das Vordach gegangen. Und mit im Raum waren erstmal die Herren, die auch heute hier geladen sind und die anderen, ja, das war Herr Brunkhorst, Herr Seilmann, Herr Schultz; ich kriege sie nicht mehr alle zusammen.
Vors.:
Aus wieviel Personen besteht die Schicht normalerweise?
Zeuge Mar[kmann]:
12 bis 15 Personen.
Vors.:
12 bis 15. Kann man davon ausgehen, daß an diesem Tag auch so viel anwesend gewesen sind?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja.
Vors.:
Sie haben erwähnt, daß Sie die Schicht begonnen hätten, wo ist das gewesen, in welchem Arbeitsraum, in welchem Stock?
Rechtsanwalt Künzel erscheint wieder um[cc] 14.07 Uhr im Sitzungssaal.
Zeuge Mar[kmann]:
Im Korrektat, im 3. Stock des Springer-Hauses.
Vors.:
Nun bitte noch die Frage: evtl. Verletzungen?
Zeuge Mar[kmann]:
Ich habe nur Rippenquetschungen gehabt und die nicht zur stationären Behandlung führten.
Vors.:
Sind die Verletzungen, die eingetreten sind, folgenlos verheilt?
Zeuge Mar[kmann]:
Sind folgenlos verheilt.
Vors.:
Waren die Quetschungen, Prellungen ernster Natur? Ich meine, waren [9054] das nun ganz beiläufige Verletzungen oder hatten Sie darunter einige Zeit zu leiden?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, ich hatte nur Schmerzen. Ich bin deshalb auch erst am nächsten Tag zum Arzt gegangen, weil ich das nicht[dd] definieren konnte und da wurde das festgestellt. Ich habe dann trotzdem aber meinen Dienst weitergemacht.
Vors.:
Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen gemacht, die Ihnen eine Erklärung geben für das Geschehen?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, nicht im Zusammenhang auf die Angeklagten. Mein erster Gedanke war, unsere Klimaanlage ist explodiert, weil die nämlich neben mir war.
Vors.:
Also es scheint dann nach Ihren Feststellungen oder Beobachtung das Zentrum im Bereich dieser Klimaanlage gewesen zu sein?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, so hatte ich das gemeint.
Vors.:
Haben Sie vorher irgendetwas wahrgenommen, was damit im Zusammenhang stehen könnte?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein.
Vors.:
Es liegt hier eine Vernehmung von Ihnen vor vom 31. Mai 1972, Bl. 424 des Ord. 66. Da ist die Rede davon, daß Sie gegen 15.30 Uhr bestimmte Geräusche gehört hätten in der Gegend der Klimaanlage, erinnern Sie sich daran?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, wenn Sie mich jetzt darauf ansprechen, ja.
Aber es haben immer sehr viele daran herumgespielt. Die Klimaanlage war neu und wir haben ja auch vor allen Dingen gar nicht mit so was gerechnet. Wir wußten zwar, daß das Springer-Hochhaus oft belagert wurde von Studenten und daß man uns auch mal hinderte, an die Arbeit zu gehen. Naja, direkt hinderte nicht, man hatte das abgesperrt, wir mußten uns Anpöbeleien gefallen lassen. Aber daß man uns direkt angreifen würde, indem man uns eine Bombe hinlegt, da haben wir wirklich nicht mit gerechnet, keiner von uns.
Vors.:
Sie könnten also jetzt aus der Erinnerung bestätigen, tatsächlich in der Klimaanlage vor dieser Detonation Geräusche gehört zu haben, aber die waren nicht charakteristisch in irgendeiner [ee] Richtung?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, nein.
Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?
Herr Berichterstatter, bitte.
[9055] Richter Mai[er]:
Herr Markmann, wodurch wurden Sie verletzt, was war die Ursache?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, das kann ich nicht sagen. Ich müßte das vielleicht erklären. Also ich sitze an meinem Schreibtisch ...
Dem Zeugen wird die Skizze aus Ord. 66, Bl. 200/3 vorgelegt.
Vors.:
Sie können anhand dieser Skizze die Erläuterungen wohl eher geben.
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, es geht ja auch aus der Skizze hervor, wo ich gesessen habe und rechts davon steht oder stand ein eiserner Schrank. Und meine Vermutung war ja, daß das ... hinter diesem Schrank die Explosion stattfand, nicht wie hier angegeben. Der Schrank, der stürzte um und stürzte auf mich, - ich hatte so gesessen - und traf meinen Ellbogen. Und wahrscheinlich ist durch den Luftzug[ff] selber, bin ich wohl an den Tisch gepresst, worden[gg] daß daher die Rippenprellungen waren, aber das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Richter Mai[er]:
Also Sie meinen, ein Schrank stürzte auf Sie?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja, und zwar dieser Schrank, der hier auch eingezeichnet ist.
Richter Mai[er]:
Dann was anderes noch. Wenn man in dieser Skizze, die maßstabsgerecht wohl sein soll, die Entfernung zu dem Platz nimmt, wo Ihr Name eingezeichnet ist und Sie sagen jetzt, daß Sie dort auch gesessen haben, dann müßten das etwa 4 Meter sein?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, das stimmt nicht.
Richter Mai[er]:
Stimmt nicht?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, das sind höchstens 1 ½ Meter gewesen.
Richter Mai[er]:
Höchstens 1 ½?
Zeuge Mar[kmann]:
Ja.
Richter Mai[er]:
Danke.
Vors.:
Jetzt die Frage noch, weil Sie ja eine andere Detonationsstelle angenommen haben. Die 1 ½ Meter, beziehen die sich auf die Eintragung in der Skizze oder auf die Stelle, die Sie als die Detonationsstelle angesehen haben?
Zeuge Mar[kmann]:
Das habe ich nicht ganz verstanden.
Ende Band 506
[9056] Zeuge Mar[kmann]:
Das habe ich nicht ganz verstanden.
Vors.:
Sie sagen ja vorhin, Sie haben vermutet, daß die Detonation direkt hinter dem Schrank, der umgestürzt ist, stattgefunden hat. Bezieht sich Ihre Entfernungsangabe von 1 ½ Metern auf diese Stelle hinter dem Schrank oder auf die Stelle, die hier als Detonationsort in der Skizze eingetragen ist?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein, die Stelle hinter dem Schrank.
Vors.:
Und wenn Sie nun diese Detonationsstelle hier in der Skizze sehen. Wenn Sie es mal ansehen wollen, dieser Stern, der hier eingetragen ist, könnte da die Entfernung 4 Meter zutreffen?
Zeuge Mar[kmann]:
Das könnte hinkommen, ja.
Vors.:
Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Nur eine Frage, können Sie zum Zeitpunkt der Detonation etwas Genaues sagen, zur Uhrzeit?
Zeuge Mar[kmann]:
Nein. Ich weiß nur, daß wir um 15.00 Uhr begonnen haben ...
BA Dr. Wu[nder]:
Annäherungswerte, ja ... Danke.
Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.
Der Zeuge Markmann bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der Zeuge Schneider erscheint um 14.15 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Schneider macht folgende Angaben zur Person:
Karl Schneider, 56 Jahre alt,
Korrektor, 2056 Glinde bei Hamburg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Den Beruf des Korrektors haben Sie den schon zum Zeitpunkt des Anschlages auf das Springer-Hochhaus miterlebt?
Zeuge Schn[eider]:
Ja.
Vors.:
Sind Sie an diesem Tage auch beschäftigt gewesen in Ihrem Berufe?
Zeuge Schn[eider]:
Ja.
[9057] Vors.:
Wenn Sie uns im Zusammenhang nun schildern wollen, wo Sie diesen Anschlag miterlebt haben. Und welche Folgen für Sie eingetreten sind?
Zeuge Schn[eider]:
Den Anschlag habe ich im Raum der Korrektur miterlebt ...
Vors.:
Dritter Stock?
Zeuge Schn[eider]:
Axel-Springer-Verlag.
Vors.:
Im dritten Stock?
Zeuge Schn[eider]:
Im dritten Stock, Ja. Und zwar hatten wir Spätschicht. Fing um 3.00 Uhr an und etwa gegen Halbvier, genau weiß ich es nicht, wir gucken nicht auf die Uhr bei der Arbeit, explodierte die Bombe.
Vors.:
Ich meine, Sie haben damals wohl nicht gleich gewußt, daß es eine Bombe war?
Zeuge Schn[eider]:
Wir nahmen erst an, daß die Klimaanlage explodiert wäre.
Vors.:
Schildern Sie bitte möglichst die Ereignisse und den Hergang so, wie Sie es damals gesehen haben. Die Erklärungen dann, die sich später fanden, die sind ja keine Beobachtungen von Ihnen.
Zeuge Schn[eider]:
Also im Moment, als diese Detonation erfolgte, haben wir weiter gar nichts gespürt. Zum Glück war hinter uns die Tür zu dem Oberkorrektorenzimmer, war geöffnet, und dahinter standen Stahlschränke, und die Stahlschränke haben die Tür rausgerissen und auf uns geworfen, und dadurch wurde ich einen Augenblick besinnungslos. Und als ich wieder zu mir kam und die Kollegen auch wieder soweit beisammen waren, dann nahmen wir an, daß hier wahrscheinlich die Klimaanlage explodiert wäre. Aber dann stellten wir fest, daß dadurch nicht die Wand und die Wand zur Toilette, also gegenüber des Flures auch beschädigt worden sein könnte. Und dann stellte sich heraus, daß es doch eine Bombe war.
Vors.:
Sie haben also offenbar dann noch beim Geschehen die Beschädigungen im Bereich dieser Detonation beobachten können? Oder haben Sie das erst später gemacht?
Zeuge Schn[eider]:
Nein, also im Bereich, während der Zeit nicht. Wir hörten nur, daß von oben was runterkrachte und dann fiel ... jedenfalls auf mich fiel die Tür und dieser Stahlschrank. Und erst danach konnten wir die Folgen beobachten. Oder die [9058] Auswirkungen.
Vors.:
Konnten Sie beobachten, was das für Trümmerstücke waren, die von oben runterkamen, vermutlich von der Decke ...
Zeuge Schn[eider][hh]:
Ja, das war die Verkleidung der Klimaanlage. Die Schränke, die waren auf uns gestürzt und alle Fensterscheiben waren raus.
Vors.:
Sind das schwere Schränke?
Zeuge Schn[eider]:
Das waren Stahlschränke, gefüllt mit Büchern.
Vors.:
Und die Türe?
Zeuge Schn[eider]:
Die Tür war aus den Angeln gehoben und lag auf mir, praktisch.
Vors.:
Ist das eine normale Tür, oder war das ...
Zeuge Schn[eider]:
Ist eine normale Tür.
Vors.:
Haben Sie später feststellen können, wo das Sprengzentrum gewesen ist?
Zeuge Schn[eider]:
Nein. Wir haben ... Ich habe es nur vermuten können. Auf dem Flur war ein Schrank installiert, in dem der Motor oder die Installation der Klimaanlage beschäftigt war. Ich nahm an, daß vielleicht auf diesem Schrank die Bombe gestanden haben könnte. Ich weiß es aber nicht genau.
Vors.:
Was waren nun die Folgen für Sie? Sie sprachen davon, Sie waren kurz besinnungslos. Ist das verbürgt oder nehmen Sie das nur an?
Zeuge Schn[eider]:
Nein, nein, ich war kurz besinnungslos. Die Tür und die schweren Schränke, die fielen auf mich. Ich hatte nachher einige Schnittwunden. Eine leichte Gehirnerschütterung und durch den Knall habe[ii] ich rechts etwas am Gehör gelitten.
Vors.:
Sind diese Verletzungen folgenlos ausgeheilt oder haben Sie noch irgendwelche Nachwirkungen?
Zeuge Schn[eider]:
Ja, nach Ansicht des Facharztes, zu dem ich damals geschickt wurde, könnte etwas nachbleiben. Es ist, nach Aussage meiner Frau bin ich auch rechts noch ein bißchen schwerhörig. Aber das wird wohl auch bleiben.
Vors.:
So daß also zumindest davon ... oder angenommen werden kann, daß durch diesen Gehörschaden eine leichte Dauerbeschädigung übrig bleiben wird?
Zeuge Schn[eider]:
Wahrscheinlich, ja.
[9059] Vors.:
Ist das ärztlich bestätigt oder ist das nur Ihre persönliche Erfahrung?
Zeuge Schn[eider]:
Nein, das ist ärztlich bestätigt und die Akten müssen beim Betriebsarzt liegen.
Vors.:
Wir haben hier vor Ihnen eine Skizze liegen, wenn Sie sich die wieder umdrehen wollen.
Der Zeuge besichtigt die Skizze aus Ordner 66, Blatt 200/3.
Vors.:
Sie können dort so ein sternartiges Gebilde feststellen. Das soll der angenommene Detonationspunkt sein. Und wenn Sie die Linie, die nach links führt, auf die zwei Namen zu, feststellen, dann taucht Ihr Name dort auf. Ist Ihre Position richtig eingezeichnet, im Augenblick des Geschehens.
Zeuge Schn[eider]:
Die müßte ... ja, genau ja.
Vors.:
Und wenn wir jetzt das als die richtige Detonationsstelle annehmen. Wieweit wäre die Entfernung zu Ihnen gewesen?
Zeuge Schn[eider]:
2 Meter.
Vors.:
2 Meter. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht ... Bitte ...
BA Dr. Wu[nder]:
Herr Zeuge, die Tür, die auf Sie fiel, ist es diejenige zu dem Raum, in dem die Herren Witte und Könnecke saßen?
Zeuge Schn[eider]:
Ja.
BA Dr. Wu[nder]:
Danke.
Richter Dr. Foth:
Mir ist das noch nicht ganz klar geworden, Herr Schneider. Sie sagen also, der Schrank fiel auf Sie. Wie ... lagen Sie ganz drunter, also ein Stahlschrank voll mit Büchern ...
Zeuge Schn[eider]:
Der Stahlschrank, der ist etwa 2 Meter hoch und er war von uns immerhin ... also von unserer Rückenposition etwa 1 Meter entfernt ... die Tür, die zu dem Raum der Herren Witte und Könnecke führte, die ging zu den Stahlschränken auf. Also schlug auf zu den Stahlschränken und die wurde wahrscheinlich durch die Wucht der Explosion oder durch die Stahlschränke aus den Angeln gehoben und dann kriegten wir erst die Tür und mit der Tür dann die Stahlschränke ins Genick, Herr Burgmann und ich.
[9060] Richter Dr. Foth:
Haben Sie dann noch irgendwelche besonderen Quetschungen erlitten?
Zeuge Schn[eider]:
Ich hatte einige Quetschungen. Ich hatte auch ein bißchen den Hals verrenkt. Es wurde aber wieder eingerenkt, von einem Arzt. Ich kann den Namen ... ich glaube Dr. Mai war das ... in Hamburg.
Richter Dr. Foth:
Danke.
Zeuge Schn[eider]:
Da ist aber nichts nachgeblieben, außer den bißchen Schädigungen am Ohr.
Vors.:
Im Anschluß daran noch die Frage, Sind diese Stahlschränke nun voll auf den Boden gefallen oder blieben die an irgendeinem ...
Zeuge Schn[eider]:
Die blieben auf uns liegen, praktisch. Also in Schräglage auf uns liegen.
Vors.:
Könnte es nicht sein, daß Sie an sonstigen Gegenständen, die nicht aus Ihnen bestanden haben, hängengeblieben sind?
Zeuge Schn[eider]:
Nein.
Vors.:
Standen nicht zum Beispiel Schreibtische so in der Gegend herum, daß ein Stahlschrank, der nun umkippt, von 2 Meter Länge, mit seiner Oberkante zumindest dort hängenbleiben mußte, also gar nicht ganz zu Boden stürzen konnte?
Zeuge Schn[eider]:
Ja, genau das. Wir saßen ja mit dem Rücken zu den Stahlschränken und wir hielten sie praktisch auf, daß sie nicht ganz umstürzen konnten.
Vors.:
Aber zum Schluß blieben sie dann wohl an diesen Schreibtischen auch noch hängen. Kann das sein?
Zeuge Schn[eider]:
Als wir uns dann uns rausgearbeitet hatten ja, blieben sie an den Schreibtischen hängen.
Vors.:
Eben, wir haben nämlich hier Bilder gesehen, die wir gestern schon in Augenschein genommen haben, daraus ergibt sich, daß diese Stahlschränke auf der Schreibtischkante auflagen, also in Schräglage waren?
Zeuge Schn[eider]:
Ja, genau so war es auch.
Vors.:
Sodaß das vielleicht eine Erklärung sein könnte dafür, warum Ihre Verletzungen, für das, was Sie beschrieben haben, doch erstaunlich gering geblieben sind.
Zeuge Schn[eider]:
Meiner Ansicht nach verdanken wir das nur den Stahlschränken, daß es nicht schlimmer geworden ist. Jedenfalls die, die wir hinten saßen.
Vors.:
Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Herr Vorsitzender, vielleicht könnte es für den [9061] Zeugen eine Hilfe sein, die Aufnahme, die auf der Skizze rechts unten mit angebracht ist.
Vors.:
Richtig, Sie sehen dort eine Aufnahme, die den Zustand zeigen soll, nach dem Geschehen.
Zeuge Schn[eider]:
Ja, das sind die Stahlschränke. An diesem Tisch saß ich hinten und da hatten wir uns nachher mit Hilfe der Kollegen rausgearbeitet und die Stahlschränke blieben so liegen, wie sie in dieser Position sind.
Vors.:
Es drückte Sie also offenbar nach unten. Sie konnten unten weg und die Stahlschränke folgten nicht dabei.
Zeuge Schn[eider]:
Genau ja.
Vors.:
Sonst Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.
Der Zeuge Schneider bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der Zeuge Burgmann erscheint um 14.24 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Burgmann macht folgende Angaben zur Person:
Lorenz Burgmann, 31 Jahre alt,
Korrektor, Rendsburg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Burgmann, Korrektor waren Sie das auch schon im Mai 1972?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Im Springer-Verlag?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie damals den Bombenanschlag am 19. Mai 72 miterlebt?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Schildern Sie uns bitte, wo Sie ihn miterlebt haben? Wie der Hergang war nach Ihren damaligen Beobachtungen und welche Folgen für Sie eingetreten sind.
Zeuge Bur[gmann]:
Ich befand mich im 3. Stock des Axel-Springer-Verlages im Korrektorenraum. Es war ungefähr kurz nach halbvier nachmittags, als ich durch eine Detonation [9062] nach vorn geschleudert wurde, gegen die Ecke meines Schreibtisches gedrückt wurde. Dabei fiel mir ein Stahlschrank in den Rücken und ich sah an der Decke des Raumes einen Blitz entlanglaufen. Daraufhin bin ich über mehrere Tische gesprungen, durch ein Fenster gekrochen, auf ein Flachdach, das ebenerdig zum Korrektorenraum liegt und bin dort im Kreise herumgerannt, weil ich dachte, ich werde ohnmächtig.
Vors.:
Aus welchem Grunde ohnmächtig.
Zeuge Bur[gmann]:
Weil ich durch die Detonation gegen die Ecke des Schreibtisches gedrückt worden war und einen starken Stoß in den Unterleib bekommen hatte.
Vors.:
Also kann man sagen, weil Sie sehr starke Schmerzen hatten?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja. Kurz darauf kamen dann auch andere Kollegen herausgekrabbelt. Und dann erschienen auch schon Feuerwehrleute, die uns in einen Nebenraum brachten, und dann ins Krankenhaus abtransportierten.
Vors.:
Sie kamen ins Krankenhaus?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja, ich blieb dort drei Wochen und zwar mit der Begründung: Ich hatte einen starken ... starke Turbulenzen in der Milz und mir wurde das so erklärt, daß sich innerhalb von drei Wochen die Druckverhältnisse in der Milz entweder wieder normalisieren oder aber die Milz sprengen könnten. Und daß ich während dieser drei Wochen eben in ständiger Beobachtung sein müßte.
Vors.:
Haben die Schmerzen längere Zeit dann angedauert? Oder ließ sich das im Krankenhaus bereinigen?
Zeuge Bur[gmann]:
Das ließ sich im Krankenhaus bereinigen. Ich hatte auch noch eine Kopfverletzung, die wurde genäht.
Vors.:
Welcher Art war das? Wahrscheinlich eine Platzwunde, wenn sie genäht wurde?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Sonstige Verletzungen?
Zeuge Bur[gmann]:
Nein.
Vors.:
Sind diese Verletzungen inzwischen ausgeheilt?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja. Folgenlos.
Vors.:
Die Uhrzeit haben Sie bezeichnet mit gegen, kurz nach 14.30 Uhr heute. Sie haben bei einer früheren Vernehmung, am ... 15.30 Uhr, Entschuldigung, dann ist die Frage erledigt. Ich habe das im Augenblick verwechselt. Kurz nach [9063] 15.30 Uhr meinten Sie, sei die Detonation etwa erfolgt. Haben Sie sonst irgendwelche Beobachtungen machen können, die sich auf das Geschehen bezogen?
Zeuge Bur[gmann]:
Nein.
Vors.:
Auch vorher nicht?
Zeuge Bur[gmann]:
Auch vorher nicht.
Vors.:
Wenn Sie sich hier die Skizze umdrehen wollen, die auf Ihrem Tisch liegt.
Der Zeuge besichtigt die Skizze aus Ordner 66, Blatt 200/3.
Vors.:
Sie sehen auf der Skizze den Korrekturraum angegeben. Die schwarzen Punkte bedeuten die Sitzplätze, wenn Sie mal Ihren Namen suchen würden, trifft die Position, die hier angegeben ist, zu?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja, das trifft zu.
Vors.:
Neben Herrn Schneider?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Nun sehen Sie ja diesen Stern, der soll den Detonationsort charakterisieren. Wieweit ist die Entfernung zu diesem Stern in der Praxis?
Zeuge Bur[gmann]:
1 ½ Meter.
Vors.:
Und vor diesem Stern sieht man einen, mit einer Linie einen Kasten eingetragen, handelt es sich hier um den Standplatz dieses Schrankes, von dem Sie sprachen?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Ist der Schrank voll auf Sie gestürzt oder haben Sie feststellen können, daß er irgendwo hängenblieb?
Zeuge Bur[gmann]:
Das habe ich nicht feststellen können. Also meiner Meinung nach ist der voll auf mich gestürzt. Allerdings er blieb dann gegen meinen Schreibtisch gelehnt stehen.
Vors.:
So daß Sie auf diese Weise unten wieder rauskamen.
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie irgendwelche Beobachtungen gemacht, daß sonstige Trümmerstücke in den Raum reinflogen?
Zeuge Bur[gmann]:
Also daß irgendetwas flog, habe ich nicht festgestellt, sondern nur das Endergebnis, daß alles in Trümmern lag.
Vors.:
Das konnten Sie sehen?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja.
[9064] Vors.:
Und was waren das für Trümmer, waren das kleine Trümmer oder waren das auch zum Beispiel namhafte Mauerbrocken und dergleichen?
Zeuge Bur[gmann]:
Ja, es waren Mauerbrocken in diesem Umfang.
Der Zeuge zeigt die Mauerbrocken in etwa Kopfgröße an.
Vors.:
Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe heim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Auch nicht. Die Herren Verteidiger? Ebenfalls nicht.
Der Zeuge Burgmann bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der Zeuge Röhrs erscheint um 14.30 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Röhrs macht folgende Angaben zur Person:
Helmut Röhrs, 35 Jahre alt,
Korrektor, Elmshorn,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Röhrs, Korrektor waren Sie das auch schon im Mai 1972?
Zeuge Röhrs:
Ja.
Vors.:
Beim Axel Springer-Verlag?
Zeuge Röh[rs]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie damals den Sprengstoffanschlag miterlebt?
Zeuge Röh[rs]:
Ja.
Vors.:
Schildern Sie uns dann bitte, wo Sie ihn miterlebt haben, wie der Hergang nach Ihren Beobachtungen war und welche Folgen für Sie eingetreten sind.
Zeuge Röh[rs]:
Ich erlebte ihn im Korrektorat im 3. Stock. Ich hörte an und[jj] für sich nur einen Knall, verlor dann kurz das Bewußtsein und wurde von Kollegen rausgezerrt. Mehr weiß ich da an und[kk] für sich nicht. Dann wurde ich ins Krankenhaus transportiert.
Vors.:
Wie lange waren Sie im Krankenhaus?
Zeuge Röh[rs]:
Ich war das erste Mal 4 Wochen etwa im Krankenhaus. Ich erlitt einen Kieferbruch, Gesichtsverletzungen, rechte Gesichtshälfte, und an der Hand Verletzungen.
Vors.:
Können Sie uns diese Verletzungen im einzelnen etwas näher noch beschreiben?
Zeuge Röh[rs]:
Ja, Kieferbruch, dann ausgedehnte Weichteilverletzung, [9065] da mußte teilweise die Haut erneuert werden, vom Oberschenkel, und an der Hand habe ich Verletzungen, weil ich Linkshänder bin und instinktiv die linke Hand davorgehalten habe. Und da habe ich entstellende Narben, an der Hand. Und hier eben bedingt durch die Operation (auf seine Gesichtshälfte deutend).[ll]
Vors.:
Wissen Sie, ob Sie, Sie sprachen ja von dem Verlust der Besinnung für kurze Zeit, ob Sie irgendeine Gehirnerschütterung auch erlitten haben?
Zeuge Röh[rs]:
Nein, habe ich nicht erlitten.
Vors.:
Es liegt hier eine ärztliche Bescheinigung vor, wie gesagt, von einem Arzt, der von einer Gehirnerschütterung spricht, die vorgelegen habe, nebst Unterkiefertrümmerbruch. Also Sie wissen das nicht?
Zeuge Röh[rs]:
Ich meine, ich habe die erste Woche ja auch fast nur gelegen.
Vors.:
Nun sagten Sie, Sie haben zum ersten Mal vier Wochen im Krankenhaus gelegen.
Zeuge Röh[rs]:
Ja, ich war noch zu zwei weiteren Operationen in der Klinik.
Vors.:
Mußten also insgesamt wie oft operiert werden?
Zeuge Röh[rs]:
Dreimal wurde ich operiert bis jetzt.
Vors.:
Und die Folgen, sind die inzwischen ganz behoben oder ...
Zeuge Röh[rs]:
Nein, ich bin immer noch erwerbsgemindert, laut Berufsgenossenschaftsbeschluß.
Vors.:
Können Sie uns sagen, zu wieviel Prozent?
Zeuge Röh[rs]:
Bis jetzt zu 30 %.
Vors.:
30 % Erwerbsminderung auch heute noch?
Zeuge Röh[rs]:
Ja.
Vors.:
Und vorher?
Zeuge Röh[rs]:
Vorher 50 %.
Vors.:
Wissen Sie darüber, ob Aussichten bestehen, daß die Folgen restlos noch beseitigt werden können oder ...?
Zeuge Röh[rs]:
Das kann ich nicht sagen.
Vors.:
Das können Sie nicht sagen. Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen vorher gemacht, die das Geschehen erklären können im Zusammenhang?
Zeuge Röh[rs]:
Nein.
Vors.:
Durch welche Art von Einwirkungen auf Sie die Verletzungen entstanden sind, können Sie das schildern? Haben Sie da irgendwelche Beobachtungen ...?
Zeuge Röh[rs]:
Ich habe keine Beobachtungen gemacht.
[9066] Vors.:
Nichts gemacht. Wenn Sie dann, Herr Röhrs, diese Skizze, die vor Ihnen liegt, umdrehen wollen.
Der Zeuge besichtigt die Skizze aus Ordner 66, Blatt 200/3.
Vors.:
Dort finden Sie im Korrekturraum die einzelnen Namen eingezeichnet. Wenn Sie den Ihren suchen wollen. Ist das richtig eingetragen?
Zeuge Röh[rs]:
Das ist richtig eingetragen.
Vors.:
Und wenn Sie nun diesen Stern beobachten, der die Detonationsstelle bezeichnen soll, wieweit wäre nun in der Wirklichkeit die Entfernung zu Ihrem Platz gewesen? Das muß also da die Ecke mit der Klimaanlage sein.
Zeuge Röh[rs]:
8 Meter vielleicht.
Vors.:
8 Meter würden Sie schätzen. Also wenn man den Maßstab der Skizze anlegt, dann sind es um 5 Meter. Könnte das auch zutreffen?
Zeuge Röh[rs]:
Ja.
Vors.:
Ich mein, der Korrekturraum ist ja mehr in die Länge orientiert ...
Zeuge Röh[rs]:
Ja, der war an sich ziemlich schmal ist der.
Vors.:
Wenn Sie also anhand dessen, was Sie jetzt gerade sagen, diese Entfernungsangabe nochmals überprüfen wollen, ob Sie bei 8 Metern ungefähr bleiben.
Zeuge Röh[rs]:
Ja, es ist bestimmt weniger, also ...
Vors.:
Meinen Sie eher weniger?
Zeuge Röh[rs]:
Ja.
Vors.:
Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter, bitte.
Richter Ma[ier]:
Von was Sie getroffen worden sein können, das wissen Sie nicht?
Zeuge Röh[rs]:
Es wurde mir gesagt, es wäre vielleicht ein Stück der Verschalung gewesen, das wohl noch gefunden wurde in der Nähe von meinem Platz.
Richter Ma[ier]:
Danke.
Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht sehe ich nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft, die Herren Verteidiger? Auch nicht.
Der Zeuge Röhrs bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
[9067] Der Zeuge Hoffmann erscheint um 14.35 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Hoffmann macht folgende Angaben zur Person:
Georg Hoffmann, 58 Jahre alt,
Korrektor, Hamburg 62,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Sind Sie in diesem Beruf schon im Mai 1972, zur Zeit des Anschlages auf das Springer-Hochhaus, beschäftigt gewesen?
Zeuge Hof[fmann]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie den Anschlag dort miterlebt?
Zeuge Hof[fmann]:
Ja.
Vors.:
Wollen Sie uns bitte dann im Zusammenhang schildern, wo Sie ihn miterlebt haben? Wie der Hergang gewesen ist? Und welche Folgen für Sie eingetreten sind?
Zeuge Hof[fmann]:
Wir hatten Nachmittagschicht, und kurz nach Halbvier nachmittags ist diese Explosion passiert. Ich saß, ungefähr 2 ½ Meter rechts von mir[mm] war die Wand zu Schaden gekommen[nn], die Explosion, ich schaute mich um, und dann sah ich nur noch die berstende Mauer und dahinter reißendes Blech und eine Stichflamme. Im Augenblick dachte ich daran, nicht wahr, daß das die Klimaanlage war, die irgendwie zu Schaden gekommen ist. Bis ich dann nach links schaute, und neben mir saß Kollege Röhrs in[oo] ungefähr 50 cm Entfernung von mir und dann sah ich bei ihm Ober- und Unterkiefer frei, die Hautfetzen hingen herunter, und da wurde mir erst ... kam mir erst zu Bewußtsein die Schwere dieser Explosion. Der Raum verdunkelte sich durch den Staub, der trockene Mörtel, nicht wahr[pp] alles riß, die Decke kam herunter, das waren oben Verkleidungen für die Klimaanlage, und Glasscherben barsten, die Fenster sprangen[qq]. Und wir sahen nun, machten eine Möglichkeit, aus dem Raum herauszukommen. Das ging über die, durch die Fenster, erstmal zum Teil noch nicht ganz rausgefallen waren, die wurden eingeschlagen. Neben den Fenstern war eine Plattform, eine größere und da versuchten wir nun, uns selbst und die Kollegen zu retten.
Vors.:
Und welche Folgen sind für Sie persönlich eingetreten?
Zeuge Hof[fmann]:
Irgendwie einen Betonbrocken muß[rr] mir in den Rücken [9068] gefallen sein, die Decke war ja auch zum Teil geborsten. Ich habe, bei mir sind 4 Rippen glatt durchschlagen[ss] worden und Hautverletzungen und dann durch Glassplitter Gesichts- und Armverletzungen gewesen, die ich aber er später[tt] feststellte, als ich bereits im Krankenhaus war. Wohin ich anschließend gebracht wurde.
Vors.:
Sie haben früher mal die Verletzungen beschrieben. Da ist, wie Sie sagen, die vier Rippen, die gebrochen sind, 4 Rippenfrakturen, rechtsseitig Rücken[uu]- und Fleischwunden angegeben am linken Unterarm, an der Stirne, an der rechten Hüftseite, Kopfhautverletzungen[vv] Splitter rechter Ellbogen, Prellungen an der rechten Hüfte und Ober- und Unterschenkel.
Zeuge Hof[fmann]:
Das Gehör hat natürlich auch gelitten darunter.
Vors.:
Gehörschaden. Sind Sie im Krankenhaus behandelt worden?
Zeuge Hof[fmann]:
Ja, ich bin im Krankenhaus anschließend behandelt worden und nach vielen Bitten, weil es eben vor Pfingsten war, und ich zu meinen Kindern, zu meiner Familie zurückwollte, bin ich dahin entlassen, auf eigene Verantwortung entlassen worden und habe da 7 Wochen zugebracht zu Hause.
Vors.:
7 Wochen lange im Bett gelegen. Sind die Verletzungen in der Zwischenzeit folgenlos verheilt?
Zeuge Hof[fmann]:
Folgenlos kann man nicht sagen. Ich habe noch Schmerzen im Rücken ab und zu und, wie gesagt, das Gehör.
Vors.:
Ist dieser Gehörschaden heute auch noch medizinisch feststellbar? Oder sind das nur persönliche Erfahrungen?
Zeuge Hof[fmann]:
Persönlich und auch festgestellt worden durch Tests.
Vors.:
Ist Ihnen etwas über die Heilungsaussichten für die Zukunft bekannt, ob dieser Gehörschaden jemals wieder ...
Zeuge Hof[fmann]:
Nein, ich hoffte immer, daß es vielleicht von alleine zurückgeht, aber bisher noch nicht.
Vors.:
Ist irgendeine Erwerbsverminderung eingetreten, also wenn wir davon absehen, daß Sie natürlich längere Zeit arbeitsunfähig gewesen sind?
Zeuge Hof[fmann]:
Nein an für sich nicht, nein.
Vors.:
Und wie lange waren Sie insgesamt arbeitsunfähig. 7 Wochen, sagen Sie, waren Sie im Bett gelegen. Konnten Sie dann sofort wieder in den Dienst gehen?
Zeuge Hof[fmann]:
Ich glaube, ich habe noch 1 Woche so was angehängt.
Vors.:
Wenn Sie diese Skizze, die vor Ihnen liegt, mal umdrehen [9069] wollen.
Der Zeuge besichtigt die Skizze aus Ordner 66, Blatt 200/3.
Vors.:
Sie finden hier den Korrekturraum, auf der linken oberen Seite, und dort die Namen der Herrn eingetragen, die dort gewesen sein sollen.
Zeuge Hof[fmann]:
So war es.
Vors.:
Trifft das zu, neben Ihnen links Herr Röhrs, rechts Herr Lechte.
Zeuge Hof[fmann]:
Jawohl.
Vors.:
Und die Entfernung zu diesem Stern, der unten diese Sprengstelle bezeichnen soll, wie wäre die in der Wirklichkeit?
Zeuge Hof[fmann]:
Ich hielt die ... das ganze ist nur geschätzt, etwa 2 ½ Meter von uns. Da waren ja die Stahlschränke, die standen noch davor und da kam die Wand.
Vors.:
Wieweit ist es denn zu der Wand, von Ihrem Platz geschätzt?
Zeuge Hof[fmann]:
Wie ich schon sagte, 2 ½ Meter.
Vors.:
2 ½ Meter und nun kommt noch die Stärke der Wand hinzu und dahinter liegt die Sprengstelle.
Zeuge Hof[fmann]:
Ja, meiner Meinung nach muß die Sprengstelle hinter der Wand auf dieser Klimaanlage gewesen sein. Nicht wie schon bereits vorher gesagt, im Waschraum, das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Vors.:
Und wieweit sitzt links neben Ihnen Herr Röhrs entfernt?
Zeuge Hof[fmann]:
50 cm.
Vors.:
Er meinte nämlich, die Entfernung von dem Stern zu seinem Ort könnten 8 Meter sein. Dann wäre Ihre Schätzung mit 2 ½ Metern ...
Zeuge Hof[fmann]:
Es kann sein, aber so ... na ja. Es ist ja leicht festzustellen.
Vors.:
Wir wollten es nur klären, weil Sie die wirklichen Verhältnisse kennen. Nach dem Maßstab der hier angegeben ist, müßte die Entfernung zu Ihrem Platz 4 Meter betragen. Sie sehen ihn ja links unten, Sie haben die Hand drauf gelegt. Also das können Sie nicht näher bezeichnen
Zeuge Hof[fmann]:
Nein.
[9070] Vors.:
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Auch die Herren der Bundesanwaltschaft nicht. Die Herren Verteidiger? Nicht.
Die Zeugen Markmann, Schneider, Burgmann, Röhrs und Hoffmann werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.44 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir sind am Ende des heutigen Beweisprogrammes. Für Morgen sind vorgesehen folgende Zeugen, - ich nenne die Namen deswegen, weil ja gewisse Verschiebungen eingetreten sind: - Herr Gottschalk, Herr Brunkhorst, Herr Thiel, Poorth, Damm, Schmitt, Elsner, Schultz, Ahrens, Skolik, Hiller, Berkenbaum und Pötter. Maßgeblich wieder die Ordner 66 und 67. Damit ist der Sitzungstag zu Ende, Fortsetzung Morgen Früh um 9.00 Uhr.
Ende der Hauptverhandlung um 14.45 Uhr.
Ende des Bandes 507.
[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).
[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[4] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.
[5] Urkunden werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ebenfalls möglich: Einführung im Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO). Zwar enthält § 250 StPO für Zeug/innen und Sachverständige den Vorrang des Personalbeweises, wonach Tatsachen, die auf der Wahrnehmung einer Person beruhen, grundsätzlich durch Vernehmung dieser Person in die Hauptverhandlung einzuführen sind und nicht durch Verlesung früherer Vernehmungsprotokolle oder schriftlicher Erklärungen ersetzt werden dürfen. Überwiegend wird jedoch zwischen ersetzender und ergänzender Verlesung differenziert und letztere im Rahmen des § 249 StPO für zulässig gehalten (BGH, Urt. v. 16.2.1965 - Az.: 1 StR 4/65, BGHSt 20, S. 160, 162; Erb, in Bockemühl/Gierhake/Müller/Walter [Hrsg.], Festschrift für Bernd von Heintschel-Heinegg zum 70. Geburtstag, 2015, S. 135, 136; Mosbacher, NStZ 2014, S. 1 ff.; a.A. Gubitz/Bock, NJW 2008, S. 958). Inzwischen wurde mit dem 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl I, S. 2198) in § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO die Möglichkeit geschaffen, Protokolle und Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen (mit Ausnahme von Vernehmungen) zu verlesen.
[6] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.
[7] Rechtsanwalt Dr. Heldmann war dem Angeklagten Baader als Pflichtverteidiger (§ 141 StPO) beigeordnet. Da die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), gehen mit ihr besondere Pflichten einher. Darunter fällt auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.). Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).
[a] Maschinell eingefügt: (als Vertr.für RA Schily)
[b] Maschinell eingefügt: Fi.
[c] Maschinell eingefügt: In
[d] Maschinell ersetzt: handelte durch hatte
[e] Maschinell durchgestrichen: er
[f] Maschinell durchgestrichen: weiter
[g] Handschriftlich eingefügt: ziemlich
[h] Handschriftlich durchgestrichen: hier
[i] Maschinell eingefügt: uns
[j] Maschinell durchgestrichen: haben
[k] Handschriftlich ersetzt: nur durch zu
[l] Maschinell eingefügt: man
[m] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch lag
[n] Handschriftlich durchgestrichen: Das
[o] Maschinell eingefügt: es
[p] Maschinell eingefügt: einzeln
[q] Maschinell eingefügt: so
[r] Handschriftlich ersetzt: Wahn- durch Warn-
[s] Handschriftlich ersetzt: diesem durch dieser
[t] Maschinell eingefügt: von
[u] Maschinell ersetzt: Privat... durch Privatkladde
[v] Handschriftlich ersetzt: sich durch sie
[w] Maschinell eingefügt: Sie
[x] Maschinell eingefügt: immer
[y] Maschinell durchgestrichen: die
[z] Maschinell eingefügt: unter Berufung
[aa] Maschinell eingefügt: mehr
[bb] Maschinell eingefügt: nichts
[cc] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[dd] Maschinell eingefügt: nicht
[ee] Maschinell durchgestrichen: in
[ff] Maschinell ersetzt: Luftdruck durch Luftzug
[gg] Maschinell eingefügt: worden
[hh] Maschinell eingefügt: Schn.:
[ii] Maschinell ersetzt: hatte durch habe
[jj] Handschriftlich eingefügt: und
[kk] Handschriftlich eingefügt: und
[ll] Maschinell eingefügt: (auf seine Gesichtshälfte deutend).
[mm] Maschinell eingefügt: mir
[nn] Maschinell ersetzt: ... durch Schaden gekommen
[oo] Maschinell eingefügt: in
[pp] Maschinell ersetzt: Es war durch nicht war
[qq] Maschinell eingefügt: sprangen
[rr] Maschinell ersetzt: ist durch muß
[ss] Maschinell ersetzt: durchlagen durch durchschlagen
[tt] Maschinell eingefügt: später
[uu] Maschinell eingefügt: Rücken
[vv] Handschriftlich ergänzt: Kopfhautverletzungen