104. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 28. April 1976, um 9.04 Uhr



[9199] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 28. April 1976, um 9.04 Uhr
(104. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie an 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. O. Sekr. Janetzko
Just. Ass. z. A. Scholze

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:
Rechtsanwälte Pfaff (als Vertreter für RA Dr. Heldmann), Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Herzberg (als ministeriell bestellter Vertreter für RA Schlaegel), König, Linke, und Grigat.

Als Zeugen sind anwesend:
KOK Siegfried Skrandies,
Ernst-August Möhlau,
Polizeibeamter Günther Tews,
Claus Wernicke.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Die Verteidigung ist gewährleistet.

Herr Rechtsanwalt Pfaff für Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

Herr Rechtsanwalt Geulen, der heute Herrn Rechtsanwalt Schily zu vertreten hat, hat soeben anrufen lassen, daß er Schwierigkeiten hat. Offenbar ist der Flugverkehr in Berlin irgendwie etwas gestört, und er wird sich bemühen, im Laufe des Vormittags hier einzutreffen, also entschuldigt.

Wir haben heute vormittag die Herrn Zeugen Wernicke, dann Herrn Skrandies, dann Herrn Möhlau und Herrn Tews.

Die Zeugen Skrandies, Möhlau, Tews und Wernicke werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

[9200] Die Zeugen Skrandies, Möhlau, Tews und Wernicke sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

Die Zeugen Skrandies, Möhlau und Tews werden um 9.06 Uhr in den Abstand verwiesen.

Der Zeuge Wernicke macht folgende Angaben zur Person:

Claus Wernicke, [Tag].[Monat].1927,
Journalist, Hamburg,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Wo üben Sie Ihren Beruf aus?

Zeuge Wernicke:

In Hamburg, in der Zentralredaktion der Deutschen Presseagentur.

Vors.:

Haben Sie dort schon im Frühjahr 1972 Dienst versehen?

Zeuge Wer[nicke]:

Ich bin seit 27 Jahren im Hause.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch, daß es im Mai 72 zu einem Sprengstoffanschlag auf das Springer-Hochhaus gekommen ist?

Zeuge Wer[nicke]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit irgendwelche Schreiben oder Einschreiben erhalten, das sich auf dieses Ereignis bezogen haben könnte?

Zeuge Wer[nicke]:

Ich persönlich natürlich nicht, sondern unser Haus hat einige Drohbriefe erhalten, die aber ...

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, bitte den Herrn Zeugen ins Mikrophon ...

Vors.:

Ja, wenn Sie so freundlich sind, dankeschön.

Zeuge Wer[nicke]:

Unser Haus hat einige Drohbriefe damals erhalten, die wir, ja, wie soll ich das sagen, mehr oder weniger ernst genommen haben. Die ersten wurden sehr genau beobachtet, und die letzten nachher, die kamen ja dann von irgendwelchen Leuten, die damit nichts zu tun hatten.

Ich habe, soweit ich mich erinnern kann, einen dieser Briefe, glaube ich, entgegengenommen, aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, was da drin stand, muß ich Ihnen ehrlich sagen.

Vors.:

Überhaupt keine Ahnung vom Inhalt mehr, auch nicht nur dem Sinn- [9201] zusammenhang nach, um was es etwa gegangen sein könnte - Absender -?

Zeuge Wer[nicke]:

Nein, Absender stand nicht drauf. Das waren Briefe, normale Briefe, die per Post eingingen und ich habe sie damals, in meiner Eigenschaft als Dienstchef - morgens war ich da - den Brief entgegengenommen und geöffnet, und da[a] war ein Drohschreiben drin. Wir haben dann die Polizei K 4 verständigt, die diesen Brief nachher, wir haben ihn fotokopiert und dann haben wir ihn abgeholt.

Über die ersten Briefe haben wir noch berichtet, nachher haben wir es sein lassen aus ganz bestimmten Gründen, weil man dann ja Leute doch anregt noch mehr zu schreiben.

Vors.:

Zumindest aber müßten Ihnen vom Inhalt her noch bekannt sein, daß sich der Inhalt auf dieses Ereignis im Springer-Hochhaus bezogen hat, ist das richtig?

Zeuge Wer[nicke]:

Ob der Brief, den ich geöffnet habe, sich auf das Springer-Hochhaus bezieht, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Können Sie auch nicht sagen.

Zeuge Wer[nicke]:

Nein.

Vors.:

Wenn wir Ihnen jetzt ein Schreiben übergeben, mit der Bitte das anzusehen, ob es sich um ein solches Schreiben oder gar um dieses Schreiben gehandelt haben könnte, wollen wir mal sehen, ob Ihnen das möglich ist, das dann in die Erinnerung zurückzubringen.

Dem Zeugen wird das Originalschreiben, und die Briefhülle (Schreiben an die dpa)[b] das sich in Ablichtung im Ord. 67, Bl. 7 und 8 befindet, übergeben mit der Bitte das anzusehen, ob es sich um ein solches Schreiben oder gar um dieses Schreiben gehandelt haben könnte.

Vors.:

Auf der Rückseite würden Sie dann den Briefumschlag sehen, ich weiß nicht, ob der für Sie irgendwelche charakteristischen Erkennungsmerkmale aufweist.

Zeuge Wer[nicke]:

Ich habe ihn auch nur deshalb aufgemacht, das fällt mir gerade ein, ob es nun der ist, weiß ich immer noch nicht, weil da Nachgebühr bezahlt werden mußte. Sonst laufen die Briefe direkt zur Poststelle zu uns und morgens ist sie ja noch nicht geöffnet und dann wird sie ... in die Redaktion wird die Post dann reingegeben. Die Nachgebühr, die bezahle ich dann aus so einer Kasse und gebe sie dann nach oben, in die Verwaltung.

Ich meine, ich will Ihnen sagen, ob es der Brief ist, kann ich nicht sagen, der Inhalt ist mir geläufig, aber ob es der Brief war den ich damals geöffnet habe ... Wissen Sie, es laufen jeden Tag 300 [9202] Meldungen bei uns durch und das, also ...

Vors.:

Verständlich, das ist eine lange Zeit ...

Zeuge Wer[nicke]:

Ich kann mich an die ...

Vors.:

Aber an diesen Vorgang mit der Nachgebühr, da erinnern Sie sich präzise?

Zeuge Wer[nicke]:

Genau, weil es ja nur der einzige war ... diese Nachgebühr zu bezahlen. Die Postboten kommen zu uns direkt, und wir bezahlen die Nachgebühr aus so einer kleinen Kasse und geben das nachher dann bei uns in die Verwaltung, damit das wieder verbucht wird.

Vors.:

Ereignet sich das häufig, daß Nachgebühr bezahlt werden muß oder ist das ein herausragender ...?

Zeuge Wer[nicke]:

Ab und an, nicht so häufig, nein.

Vors.:

Nicht so häufig?

Zeuge Wer[nicke]:

Nein.

Vors.:

Danke. Bitte, noch Fragen?

Richter Mai[er]:

Herr Wernicke, erinnern Sie sich vielleicht daran, welchen Schichtbeginn Sie seinerzeit hatten?

Zeuge Wer[nicke]:

Ja, das ist immer der gleiche.

Richter Mai[er]:

War das Frühschicht oder Spätschicht?

Zeuge Wer[nicke]:

Nein, morgens. Sonst ist es ja nicht ... nehme ich keine Post an.

Richter Mai[er]:

Wir haben hier in Ord. 67, Bl. 6 eine Aktennotiz von dem Herrn Skrandies, der auch da ist. Und der hat hier niedergelegt, „Herr Wernicke - der neuen Schicht - entdeckte diesen Brief, der offenbar vorher aus irgendwelchen Gründen wahrscheinlich wegen Schichtwechsel zwei Stunden in der Empfangshalle ungeöffnet liegengeblieben war, entdeckte diesen Brief gegen 17.30 Uhr und öffnete ihn.“

Zeuge Wer[nicke]:

17.30 Uhr, nachmittags? Da kann ich mich gar nicht erinnern. Ich hatte gedacht das wär ein ... dann habe ich wahrscheinlich zwei entgegengenommen, denn normalerweise kommt diese Post morgens und ich habe morgens um 8.00 Uhr Dienstbeginn, in der Frühschicht. 17.30 Uhr, da ist überhaupt kein Schichtwechsel.

Richter Mai[er]:

Dann geht es weiter, „Er stellte fest, daß dieser Brief als Absender mit „Kommando 2 Juni“[4] unterzeichnet war und erinnerte sich daran, daß am Vortage ein Brief ähnlichen Inhalts und desselben Absenders beim NDR eingegangen sei[c].“ Bringt Ihnen das jetzt ...

Zeuge Wer[nicke]:

Das kann stimmen, ja.

Richter Mai[er]:

... in die Erinnerung zurück?

[9203] Zeuge Wer[nicke]:

Das bringt ... Ja, das bringt die Erinnerung, aber ich bin erstaunt, daß das nachmittags gewesen sein soll. Ich dachte es wäre vormittags, also es tut mir leid, ich kann Ihnen leider[d] auch nicht helfen. Aber daß wir[e] mit dem NDR Kontakt hatten, daran erinnere ich mich, weil damals ja bei den verschiedenen Medien diese Briefe eingingen und wir sie zunächstmal sehr sorgfältig ... Wir haben sie fotokopiert, meistens haben sie ... ganz am Anfang haben, wie gesagt, darüber berichtet, das haben wir zum Schluß dann sein lassen.

Richter Mai[er]:

Und der Brief an den Sie sich erinnern, den Sie geöffnet haben, der ging an die Polizei?

Zeuge Wer[nicke]:

Alle Briefe gingen an die Polizei.

Richter Mai[er]:

Alle Briefe gingen an die Polizei.

Zeuge Wer[nicke]:

Alle Briefe gingen an die Polizei. Wir haben die Polizei verständigt; zunächstmal wurden die Briefe ja auf Fingerabdrücke untersucht, was also ziemlich sinnlos war, denn die hatten ja 1 000 Leute inzwischen in der Hand gehabt. Und im übrigen haben wir ... wurden sie dann von der politischen Polizei K4 abgeholt.

Richter Mai[er]:

Dankeschön.

Vors.:

Es ist der Name Skrandies eben gefallen, des Zeugen der von der Polizei bei Ihnen gewesen sein soll. Ist der Name Ihnen irgendwie geläufig?

Zeuge Wer[nicke]:

Nein, nein, ich höre ihn zum ersten Mal.

Vors.:

Bevor wir verlesen, möchte ich noch die Gelegenheit, wenn weitere Frage gestellt werden sollen? Ich sehe nicht. Dann wird der Brief jetzt verlesen im Urkundenbeweis.

Gemäß § 249 StPO[5] wird das Original des Schreibens, das in Ablichtung im Ord. 67, Bl. 8 abgelegt ist, verlesen. (Schreiben an die dpa)

Gemäß § 249 StPO wird auch die Originalbriefhülle[f], die in Ablichtung im Ordner 67 Bl. 7 abgelegt ist, verlesen.

Das Schriftstück und die Briefhülle[g] wird von Gericht in Augenschein[6] genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Vors.:

Sie haben jetzt den ganzen Inhalt jetzt nochmals gehört, durch den [9204] Vortrag, sind dabei irgendwelche Erinnerungen aufgetaucht, daß das inhaltlich mit dem übereinstimmen könnte, was Sie damals zur Kenntnis genommen haben oder z. B. an bestimmten Einzelheiten nur?

Zeuge Wer[nicke]:

Es könnte damit übereinstimmen, durchaus. Aber ich kann mich nicht erinnern, daß es dieser spezielle Brief gewesen ist, den ich damals geöffnet habe.

Vors.:

Also es teilt sich ja in zwei Teile, vielleicht gibt Ihnen das eine Hilfe, nämlich einmal den Vorwurf gegen den Springer-Verlag, trotz rechtzeitiger Warnung nicht reagiert zu haben aus Profitgründen. Und zum zweiten die Forderungen, die an den Springer-Verlag gestellt werden, Enteignung usw. und so fort, wenn ich Ihnen das jetzt nochmal so vorhalte, würde das zu irgendwelchen Rückerinnerungen führen können, daß das tatsächlich damals Thema des Schreibens gewesen sein könnte?

Zeuge Wer[nicke]:

Es kann gewesen sein, aber ob es nun dieses Schreiben war, das ich geöffnet habe, muß ich immer noch ... sonst auf jeden Fall ist es so gewesen, das glaube ich, ja.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht.

Der Zeuge Wernicke bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

Der Zeuge Skrandies erscheint um 9.19 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Skrandies macht folgende Angaben zur Person:

Siegfried Skrandies, 29 Jahre alt,
Polizeibeamter, Kriminalamt Hamburg,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Skrandies, erinnern Sie sich daran, daß es im Mai 1972 im Hamburg zu einem Anschlag, Sprengstoffanschlag[h] auf das Springer- Hochhaus gekommen ist?

Zeuge Skrandies:

Ja.

Vors.:

Sind Sie im Zusammenhang damit irgendwie in die Ermittlungen eingeschaltet gewesen? Wenn ja, bitte, welcher Art waren diese Ermittlungen

[9205] Zeuge Skr[andies]:

Ja, ich bin in die Ermittlungen eingeschaltet gewesen und zwar waren das Ermittlungen allgemeiner Art. Und besonders, ich habe schon dieses Schreiben bekommen um was es hier geht, es ging ja wohl seinerzeit um die Sicherstellung eines Briefes unterschrieben, „Kommando 2. Juni“, und dieser Brief ist - das kann ich jetzt aber nicht mehr genau sagen - entweder abgegeben worden bei der dpa oder per Post gekommen. Ich meine, er sei persönlich abgegeben worden, ich habe auch, einen kleinen Vermerk habe ich darüber gemacht, der müßte in den Akten stehen.

Dem Zeugen wird aus Ord. 67, Bl. 6 vorgelegt mit der Frage, ob es sich seine Unterschrift handelt.

Zeuge Skr[andies]:

Das ist meine.

Vors.:

Und das ist wohl auch der Vermerk?

Zeuge Skr[andies]:

Das ist der Vermerk, ja.

Vors.:

Wenn Sie uns nun schildern können, sind Sie derjenige gewesen, der damals den Brief erhoben hat, bei dpa?

Zeuge Skr[andies]:

Nein, der bin ich nicht gewesen. Ich habe den Auftrag bekommen diesen Brief abholen zu lassen; und ich habe einen Mitbeamten ... einen Mitarbeiter beauftragt diesen Brief zu holen.

Vors.:

Wissen Sie noch, bei wem er ihn geholt hat, der Mitarbeiter?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, dpa Mittelweg, den Namen kenne ich aber nicht mehr. Ich glaube ein Pförtner hat ihn geholt; das war außerhalb der normalen Dienstzeit.

Vors.:

Und hat dieser Beauftragte Ihnen dann das Schreiben direkt gebracht?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, zu uns an die Dienststelle gebracht.

Vors.:

Haben Sie damals von dem Schreiben Kenntnis genommen, das ist wohl anzunehmen?

Zeuge Skr[andies]:

Ja.

Vors.:

Können Sie heute noch etwa angeben, was inhaltlich drinnen gestanden hat, sei es auch nur sinngemäß, um was es gegangen ist?

Zeuge Skr[andies]:

Also das weiß ich nicht mehr so genau, das kann ich nicht mehr genau sagen. Das war wohl irgendeine Rehabilitierung dieses Anschlages auf Springer.

Vors.:

In welcher Form Rehabilitierung, um was ist es dabei gegangen?

Zeuge Skr[andies]:

Das kann ich so nicht mehr genau sagen.

[9206] Vors.:

Ja, weil Sie das Wort Rehabilitierung ...

Zeuge Skr[andies]:

Ja, sinngemäß habe ich das noch in Erinnerung. Das sollte irgendwie ein Rechtfertigungsschreiben sein auf diesen Anschlag, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Vors.:

Hat es sich da etwa ... möglicherweise darum gedreht, daß Vorwürfe erhoben worden sind gegen den Springer-Verlag aus irgendwelchen Gründen?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, gerade zu dieser Zeit, da kam ja eine Flut von anonymen Schreiben und ich kann jetzt also wirklich nicht mehr sagen, was da drinnen stand.

Vors.:

Wir haben hier ein Originalschreiben vorliegen, es ist dasselbe, das auch der Herr Zeuge Wernicke vorhin gesehen hat. Das Gericht hat es schon in Augenschein genommen, die Zitatstelle ist angegeben.

Dem Zeugen wird das Originalschreiben (Schreiben an die dpa) und das Kuvert, das in Ablichtung im Ord. 67, Bl. 7 und 8 abgelegt ist, vorgelegt mit der Frage, ob es sich um ein solches Schreiben gehandelt hat.

Zeuge Skr[andies]:

Um solch ein Schreiben könnte es sich handeln, denn ich habe in Erinnerung, daß es also offensichtlich eine Maschine älteren Typs war und daß die Zeilenabstände nicht genau stimmen. Ja, ob es das war kann ich nicht sagen, aber um ein Schreiben dieser Art hat es sich gehandelt.

Vors.:

Wenn Sie jetzt die Rückseite betrachten wollen, hier finden Sie noch ein Kuvert, ob Ihnen da irgendetwas charakteristisches auffallen würde, sei es am Datum, sei es an irgendetwas an der Adresse. Wenn nicht, dann müssen Sie natürlich sagen, kann ich nichts angeben.

Zeuge Skr[andies]:

Ob die Schrift nun mit dergleichen Maschine geschrieben ist, wie auf dem Umschlag, das kann ich nicht beurteilen. Vermutlich dürfte es sich um die gleiche Maschine gehandelt haben.

Vors.:

Ich möchte Sie zunächst aber auch noch darauf hinweisen, Ihre vorhin geäußerte Mutmaßung, daß der Brief abgegeben worden sei, dürfte wohl nicht zutreffen.

Zeuge Skr[andies]:

Nein, das dürfte wohl nicht zutreffen, denn wie ich das jetzt erkenne, ist der Brief offensichtlich gestempelt worden von der Post.

Vors.:

Sogar mit Nachgebühr nachgeliefert worden.

Zeuge Skr[andies]:

Ja.

[9207] Vors.:

Herr Skrandies, in diesem Vermerk, den Sie vorhin erwähnt haben, ist hier erwähnt, daß Sie angerufen worden seien von der dpa an einem bestimmten Tage, und darauf hingewiesen worden seien, daß dort ein solcher Brief dort eingegangen sei. Erinnern Sie sich daran?

Zeuge Skr[andies]:

Sie sagten, ob ich angerufen worden sei?

Vors.:

Ja.

Zeuge Skr[andies]:

Nun weiß ich nicht, ob die Dienststelle schlechthin angerufen worden ist oder ich persönlich. Ich glaube, daß ich nicht persönlich angerufen worden bin.

Vors.:

Ich möchte Ihnen dann aus Ihrem Vermerk, Bl. 6 vorhalten, daß er beginnt mit den Worten: „Gegen 17.40 Uhr rief mich Herr Sowieso ...“

Zeuge Skr[andies]:

Ja, dann werde ich den Anruf auch bekommen habe, wenn es da drinnen steht.

Vors.:

Das vermute ich auch ...

Zeuge Skr[andies]:

Ja, ja, dann auf jeden Fall.

Vors.:

Jetzt, wenn ich Ihnen das so gesagt habe, erinnern Sie sich daran, wenn Sie sich bemühen würden, ob Sie irgendwie noch einen Zusammenhang herstellen können, Anruf, was Ihnen da gesagt worden ist.

Zeuge Skr[andies]:

Ja, ich meine, das müßte ja aus meinem Vermerk hervorgehen[i] und mehr kann ich dazu nicht sagen. Also ich müßte mich dann schon auf das berufen, was in diesem Vermerk drinnen steht.

Vors.:

Dann versuche ich Ihnen das vorzuhalten. Wenn ich Ihnen jetzt sage, Sie haben hier vermerkt, daß Sie gegen 17.40 Uhr von einem Herrn Redetzky angerufen worden seien - dpa - fällt Ihnen das ein, oder können Sie nur sagen, ich kann auf den Vermerk verweisen, ich selber ...?

Zeuge Skr[andies]:

Das liegt schon zu lange zurück, das weiß[j] ich jetzt nicht mehr. Das kann ich nicht mehr so konkret sagen.

Vors.:

Das wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Skr[andies]:

Nein.

Vors.:

Und Sie führen dann in dem Vermerk auf, warum dieser Anruf so spät komme, der Brief sei früher eingegangen, sei aber wohl in Folge eines Schichtwechsels 2 Stunden ungeöffnet in der Empfangsstelle liegengeblieben, fällt Ihnen das noch ein?

Zeuge Skr[andies]:

Das erinnere ich noch; mit anderen ... wollte ich sagen, nämlich eilbedürftig und daran erinnere ich mich noch, daß der Brief liegengeblieben ist.

Vors.:

Diese Verzögerung wurde Ihnen ausdrücklich erläutert. Und dann wird der Herr angegeben, in Ihrem Vermerk, der dann den Brief entdeckt hat, nachdem er solange ungeöffnet liegengeblieben war - mit [9208] der neuen Schicht - wissen Sie den Namen noch?

Zeuge Skr[andies]:

Nein, das weiß ich nicht mehr, das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Hier heißt es „Herr Wernicke der neuen Schicht“, wahrscheinlich soll es heißen „von“, das fehlt; „von der neuen Schicht entdeckte den Brief gegen 17.30 Uhr und öffnete ihn“.

Zeuge Skr[andies]:

Ja, an das erinnere ich mich nicht mehr.

Vors.:

Erinnern Sie sich nicht mehr. Und er habe dann bestimmte Feststellungen getroffen, die er Ihnen schon [k] telefonisch durchgegeben ... die Ihnen schon telefonisch durchgegeben wurden, nämlich wer hier als Absender auftritt, erinnern Sie sich?

Zeuge Skr[andies]:

Das wußte ich, das war das Kommando 2. Juni, war unterzeichnet.

Vors.:

Wissen Sie das noch, daß das Ihnen schon telefonisch, bevor Sie den Brief bekommen haben ...?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, das wurde mir am Telefon durchgegeben aufgrund der vorherigen aktuellen Ereignisse, nicht. Deshalb hat das auch der Herr Wernicke mir durchgegeben.

Vors.:

Und dann vermerken Sie noch, daß zwei Herren bei dpa den Brief wohl in den Händen gehabt haben könnten. Sie nennen darunter Herrn Wernicke und einen zweiten Herrn. Wie kam das oder erinnern Sie sich ...?

Zeuge Skr[andies]:

Das weiß ich nicht. Den Vermerk werde ich wohl nur deshalb reingemacht haben, wegen der Spurensicherung.

Vors.:

Also haben Sie sich am Telefon gleich danach erkundigt - wahrscheinlich - wer hatte den in den Händen gehabt?

Zeuge Skr[andies]:

Genau, genau, denn sonst ...

Der Zeuge wird gebeten, sich das Originalschreiben (Schreiben an die dpa)[l] nochmals anzusehen, ob er dadurch eine Rückerinnerung gewinnen kann.

Zeuge Skr[andies]:

Ich darf vielleicht hier einflechten um auf den Anfang dieses Briefes einzugehen. Ich war selbst bei der Ermittlung, bei den Bombenexplosionen nicht zugegen, deshalb bin ich auch nur auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen, denn ich war zu dem Zeitpunkt, daran erinnere ich mich noch, war[m] ich in[n] Kurzurlaub, bin dann am Sonntag zurückgerufen worden und war am Montag wieder im Dienst ...

Vors.:

Es kommt ja nicht auf die Ermittlungen, die Sie unmittelbar erlebt haben, an, sondern nur, ob Sie, wenn Sie jetzt den Inhalt so zur [9209] Kenntnis nehmen, an, irgendeine Erinnerung zurückgewinnen, tatsächlich das Schreiben, das Sie damals gelesen haben, könnte so gelautet haben oder hat es so gelautet? Wenn Sie keine Erinnerung daran zurückgewinnen ...?

Zeuge Skr[andies]:

Nein, also die Erinnerung habe ich schon; also sinngemäß müßte es das Schreiben sein, ob es nun tatsächlich konkret das ist ... aber sinngemäß müßte es das Schreiben sein, dem Text nach zu urteilen, müßte es das Schreiben sein.

Vors.:

Also dieses Schreiben gliedert sich dem Aufbau nach in zwei Teilen, nämlich einmal in den Vorwurf gegen Springer, Axel-Verlag; er habe trotz rechtzeitigen Warnung nicht geräumt. Und das zweite, Forderungen, die man gegenüber dem Verlag erhebe. Wenn ich Ihnen das so zusammengefasst vorhalte, erinnern Sie sich daran, daß das auch damals der Inhalt der Schreiben gewesen ist?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, das müßte er sein. So in etwa habe ich das in Erinnerung.

Vors.:

Wäre das, was Sie vorher als Rehabilitation bezeichneten ...?

Zeuge Skr[andies]:

Das ist ... also das wäre vielleicht ... Also da würde ich sagen, dieses mal sagen - Moment, wo steht das nochmal -, dieses Nichternstnehmen dieser Bombendrohung, das war die ... das war das, was ich als Rehabilitation angesehen habe.

Vors.:

Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Mai[er]:

Herr Skrandies, können Sie sich vielleicht noch dran erinnern, ob der Vorgang, über den Sie gerade berichten - Telefonanruf, Abholen dieses Briefes - am selben Tag war, wie der Sprengstoffanschlag oder später?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, später auf jeden Fall.

Richter Mai[er]:

Wieviel Tage etwa später?

Zeuge Skr[andies]:

Es kann frühestens am Montag gewesen sein, meine ich. Denn der Anschlag war ja wohl am Freitag und am Montag bin ich erst wieder zum Dienst gekommen.

Richter Mai[er]:

Also es soll der 19. Mai gewesen sein, das war ein Freitag, und dann haben wir[o] Pfingstsonntag, den 21. und Montag, den 22. Und wann sind Sie zurückgekommen?

Zeuge Skr[andies]:

Ich glaube Dienstag.

Richter Mai[er]:

Dienstag, das war dann der 23. Ihr Vermerk trägt allerdings das Datum von 22. Mai.

Zeuge Skr[andies]:

Ja, das ... Ich bin nur zurückgerufen worden - das weiß ich -, dann war das wohl am Montag, ja, dann war das der Montag.

[9210] Richter Mai[er]:

Also jedenfalls nach dem Anschlag?

Zeuge Skr[andies]:

Nach dem Anschlag, ja.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen bitte? Ich sehe nicht.

Gemäß § 249 StPO[7] wird der Vermerk aus Ord. 67, Bl. 6 verlesen.[8] [p]

Vors.:

[q] Die Unterschrift haben Sie bereits anerkannt. Nachdem Sie jetzt durch Verlesen das nochmals gehört haben, können Sie bestätigen, daß es sich um den Vermerk gehandelt hat, den Sie angefertigt haben?

Zeuge Skr[andies]:

Ja, das ist der Vermerk.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen oder Fragen, die sich aus der Verlesung ergeben? Ich sehe nicht.

Die Zeugen Wernicke und Skrandies werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 9.32 Uhr entlassen.

Vors.:

Es wird eine Erklärung abgegeben. Herr Rechtsanwalt Linke.

RA Li[nke]:

Ich möchte mich nicht zum Sprecher dieser Verteidigerbank aufwerfen, aber ich möchte dem Senat nicht verschweigen, daß sich auf der Verteidigerbank, auf der ich sitze, ein gewisses Unbehagen ausbreitet. Wir haben eben zwei Zeugen vernommen, Herrn Wernicke und Herrn Skrandies um zu ermitteln, ob ein bestimmter, sogenannter Bekennerbrief bei dpa in Hamburg[r] eingegangen sei.

Der Zeuge Wernicke hat sich im Ergebnis an nichts mehr erinnern können. Er hat den Brief, obwohl er ihm vorgelesen[s] worden ist, obwohl er gewissermaßen zergliedert worden ist, inhaltlich, nicht verifizieren können. Er hat dann lediglich sagen können, der Brief könnte es gewesen sein, der bei ihm eingegangen ist. Und auch der Zeuge Skrandies hat an die Vorgänge, die er bekunden soll, keine bestimmte Erinnerung mehr. Er hat lediglich, und das ist das bedenkliche, zu guter Letzt gesagt, wenn der Vermerk meine Unterschrift trägt, dann stammt der auch von mir und dann ist er inhaltlich richtig. Das Unbehagen, das sich auf dieser Verteidigerbank ausbreitet, bezieht sich wieder einmal auf das Thema Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Man kann mir entgegenhalten, daß der Senat noch nicht in eine Beweiswürdigung eingetreten sei, daß [9211] also das Ergebnis der heutigen Beweisaufnahme für den Ausgang des Prozesses noch gar nichts besage. Aber diese Verteidigerbank ist aus einem ganz bestimmten Anlaß etwas skeptisch geworden, und dieser Anlaß ist gestern aufgetreten. Es ist ein Sachverständiger Dr. Kissling vernommen worden zu einem roten Handschuh, der bei Frau Ensslin, als sie festgenommen worden ist, gefunden worden sein soll.

Die Verteidiger haben sich anschließend die Mühe gemacht festzustellen, wer den Handschuh gefunden haben soll und welche Aussage er in der Hauptverhandlung darüber gemacht hat. Finder oder Sichersteller des Handschuhs soll nach der Aktenlage ein Polizeibeamter Freiberg gewesen sein. Dieser Polizeibeamte ist an einem bestimmten Tag, den ich noch angeben kann, als Zeuge vernommen worden. Und er hat sinngemäß ganz klar gesagt, daß er keine Erinnerung mehr daran habe, diesen Handschuh bei Frau Ensslin sichergestellt zu haben. Stutzig macht uns, auf der Verteidigerbank, daß man gleichwohl, ohne weitere Ermittlungen wegen dieses Handschuhs angestellt zu haben, nach einigen Verhandlungswochen einen Sachverständigen lädt, und diesem Sachverständigen gegenüber, das ist jedenfalls der Eindruck, den wir gewonnen haben, so tut, also stände bereits fest, daß eben dieser Handschuh bei Frau Ensslin gefunden und dort beschlagnahmt worden sei.

Man hat etwas das Gefühl, daß diese Art Methode werden könnte; man hat etwas das Gefühl, daß man sich allzu leicht mit dem Ermittlungsergebnis der Bundesanwaltschaft zufriedengibt und dieses Ermittlungsergebnis als Hauptverhandlungsergebnis verwertet, in dem man schlicht von der Möglichkeit etwa des [§ ]249[t] StPO Gebrauch macht, eine sehr extensive Auslegung praktiziert und einen Zeugen, der sich nicht mehr erinnern kann kurzerhand das vorliest, was er in einem Aktenvermerk niedergelegt[9] oder der Polizei gegenüber angegeben hat.[10] Und weil der Zeuge anschließend erklärt, wenn ich das damals gesagt habe, und ich habe mich natürlich bemüht die Wahrheit zu sagen, dann war es auch so.

Aber wenn man so prozediert, dann stört man in einer eklatanten Weise den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme.[11]

Ich bin der Auffassung, daß diese Bemerkungen im Anschluß, einerseits an die Vernehmung des Sachverständigen Dr. Kissling, andererseits an die Vernehmung der heutigen beiden Zeugen angebracht gewesen ist, weil ich an den Senat appellieren möchte, mit aller Akribie den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu beachten.

[9212] Vors.:

Sonstige Erklärungen?

Will die Bundesanwaltschaft auch eine Erklärung abgeben?

BA Dr. Wu[nder]:

Eine Frage. War das eine Erklärung nach § 257 StPO?[12]

Vors.:

Ja.

BA Dr. Wu[nder]:

Danke.

Vors.:

Keine Erklärungen dazu, danke.

Der Zeuge Möhlau erscheint um 9.39 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Möhlau macht folgende Angaben zur Person:

Ernst August Möhlau, 55 Jahre alt,
Journalist, Hamburg 39,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Haben Sie den Beruf, den Sie eben angegeben haben, schon im Frühjahr 1972 ausgeübt?

Zeuge Möhlau:

Ja.

Vors.:

Bei ...?

Zeuge Möh[lau]:

Beim Norddeutschen Rundfunk.

Vors.:

Ist Ihnen im Zusammenhang mit dem Frühjahr 1972 noch geläufig, oder in Erinnerung, daß es damals in Hamburg zu einem Anschlag auf das Springer-Hochhaus gekommen ist?

Zeuge Möh[lau]:

Ja, durchaus.

Vors.:

Haben Sie im Zusammenhang mit Ihrer dienstlichen Tätigkeit irgendwelche Mitteilungen empfangen, die in Verbindung zu dem Geschehen gebracht werden konnte?

Zeuge Möh[lau]:

Ja.

Vors.:

Bitte, wenn Sie uns schildern, um was es geht dabei.

Zeuge Möh[lau]:

Ja, wenn ich mich richtig erinnere, war das am Tag nach dem Anschlag auf das Springer-Hochhaus, da hatte ich Frühdienst - der beginnt um 4.30 Uhr - ich war etwa um 4.15 Uhr dort. Und im Verlauf der ersten Stunden teilte mir der Pförtner mit, es sei ein Brief für die Redaktion angekommen. Und er hat ihn mir dann raufgebracht oder ich bin runtergegangen und habe ihn mir geholt. Es war ein Brief in einem neutralen Umschlag und er war mit Maschine geschrieben. Es war eine etwas wenig brillante Schrift. Die [9213] Maschine, die schrieb so etwas, nicht zeilengerade, und ich kann mich nicht an den Inhalt im einzelnen erinnern, weiß aber, daß der Brief eine Passage enthielt, die bei mir den Eindruck erweckte, er kann von denjenigen geschrieben sein, die den Anschlag begangen haben. Daraufhin habe ich veranlasst, daß die Leitung des Hauses und die Polizei informiert wurde.

Vors.:

Könnten Sie sich inhaltlich oder sinngemäß noch an den Inhalt dieser Passage erinnern?

Zeuge Möh[lau]:

Ja, diese Passage befasste sich mit der Vorwarnung. Es ging darum, wie viele Minuten vorher angerufen worden sei bei Springer und es war auch von Bedauern irgendwie, daß da Menschen zu Schaden gekommen sind, die Rede. Das ist das, was ich noch so in Erinnerung habe.

Vors.:

War das ein längeres Schreiben?

Zeuge Möh[lau]:

Das war ein einseitiges Schreiben, meiner Ansicht nach.

Vors.:

Haben Sie sonst, von Inhalt oder etwa an diejenigen, die als Absender unterschrieben waren, eine Erinnerung?

Zeuge Möh[lau]:

Da will ich mich nicht festlegen. Ich habe jetzt darüber gelesen nochmal, aber wenn ich mich ehrlich prüfe, also das könnte ich nicht sagen.

Vors.:

Ja, das ist sehr korrekt.

Wissen Sie was mit dem Schreiben geschehen ist?

Zeuge Möh[lau]:

Es kam dann ein Herr von der Kripo, der das Schreiben mitgenommen hat und der ja auch natürlich die, die da waren, noch gehört hat über diesen Vorgang. Und das muß dann bei der Polizei verblieben sein.

Vors.:

Hat von diesen Schreiben irgendeine sonstige Pressestelle oder irgendein Publikationsorgan Kenntnis erlangt, wissen Sie darüber etwas?

Zeuge Möh[lau]:

Wenn Sie jetzt anspielen auf die journalistische Verwendung des Textes? Der Text ist verwendet worden bei uns, auszugsweise.

Vors.:

In Ihrem eigenen Hause oder ...?

Zeuge Möh[lau]:

In unserem eigenen Hause, ja.

Vors.:

Könnte es sein, daß auch andere Agenturen davon verständigt worden sind, daß dieser Text bei Ihnen eingegangen ist?

Zeuge Möh[lau]:

Na, die hören das ab, was wir senden und das haben die natürlich erfahren dann[u].

[9214] Dem Zeugen wird das Originalschreiben Schreiben an den NDR[v] (mit einer Leseabschrift) und das Kuvert - dessen Ablichtungen in Ord. 67., Bl. 2 und 5 abgelegt sind - vorgelegt, mit der Bitte sich diese Stücke darauf anzusehen, ob es sich um das Schreiben gehandelt haben könnte oder ihm solch ein Schreiben damals zugegangen ist.

Vors.:

Ich muß darauf hinweisen, das Originalschreiben, das uns als Original bezeichnet wird, ist durch die Überprüfung kriminaltechnischer Art in einem Zustand, wie Sie ihn damals sicher nicht gesehen haben, Sie werden also wenig daraus erkennen können. Sie sollten deswegen den Vergleich zunächstmal möglichst mit den Ablichtungen herstellen, es läßt sich dann überprüfen, daß dieses Schreiben, was hier nicht mehr recht lesbar ist, die Ablichtungen übereinstimmen.

Das Gericht nimmt das Originalschreiben und das Kuvert - dessen Ablichtungen in Ord. 67, Bl. 2 und 3 abgelegt sind - in Augenschein.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Möh[lau]:

Ist das die Adresse des Umschlags gewesen?

Vors.:

Des[w] Kuverts werden Sie wahrscheinlich erkennen können?

Zeuge Möh[lau]:

Ja, ja.

Vors.:

Ich glaube, ja, Sie sehen es ja auf das Originalkuvert.

Zeuge Möh[lau]:

Ah, hier ist es ja.

Ja, das war so. Und dieser Brief kann das durchaus sein, ja.

Gemäß § 249 StPO wird die Lesekopie des Originalschreibens (an die Nachrichtenredaktion des NDR) - dessen Ablichtung in Ord. 67, Bl. 3 abgelegt ist - verlesen.

Gemäß § 249 StPO wird auch die Originalbriefhülle - dessen Ablichtung in Ord. 67, Bl. 2 abgelegt ist - verlesen.

[9215] Gemäß § 249 StPO wird aus dem Originalschreiben (an die Nachrichtenredaktion des NDR) - dessen Ablichtung in Ord. 67, Bl. 3 abgelegt ist - folgendes verlesen:
„Kommando 2 Juni“
der letzte Absatz;
aus dem vorletzten Absatz:
1. Zeile „daß seine Arbeiter und“
2. Zeile „werden als das Risiko, ein“
3. Zeile „Profit durch Fehlalarm zu“
4. Zeile „Ausbeutung: für die Kapi-“
5. Zeile „sind die Menschen, die ihn“
6. Zeile „nur ein Dreck“.

Ende Band 516

[9216] Vors.:

Herr Möhlau, nachdem Ihnen dieses Schreiben jetzt nochmals inhaltlich durch das Vorlesen genau bekannt geworden ist, können Sie daraus irgendetwas für Ihre Erinnerung gewinnen, daß tatsächlich damals Ihnen[x] ein Schreiben dieses Inhalts zugegangen ist?

Zeuge Möh[lau]:

Durchaus. Es kann durchaus dies Schreiben gewesen sein. Der Inhalt stimmt mit dem ... der Kern des Inhalts stimmt mit dem überein, das ich noch in Erinnerung habe.

Vors.:

Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Richter Ma[ier]:

Wenn ich Sie recht vorhin verstanden habe, Herr Möhlau, sagten Sie, der Pförtner sagte, „ein Brief ist da“.

Zeuge Möh[lau]:

Ja.

Vors.:

Kann ich daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß der also nicht mit der Post gekommen ist ...

Zeuge Möh[lau]:

Er ist nicht mit der Post gekommen.

Richter Ma[ier]:

... sondern dort abgegeben wurde?

Zeuge Möh[lau]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Daran erinnern Sie sich noch?

Zeuge Möh[lau]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen? Bitte Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, wissen Sie, wieviel Schreiben ähnlicher Art der NDR oder speziell die Nachrichtenredaktion, oder noch spezieller, Sie im Lauf dieser Tage erhalten haben?

Zeuge Möh[lau]:

Im Laufe dieser Tage ...

RA Schn[abel]:

Um den Sprengstoffanschlag herum.

Zeuge Möh[lau]:

Da ist mir ein weiteres Schreiben um diesen Anschlag herum nicht bekannt.

RA Schn[abel]:

Ihnen.

Vors.:

Herr Möhlau, Sie sind so freundlich und wenden sich dem Fragenden zu, aber bitte sprechen Sie ins Mikrofon.

Zeuge Möh[lau]:

Ich habe geantwortet, ein weiteres Schreiben unmittelbar um die Zeit des Anschlages auf das Springer-Hochhaus ist mir nicht bekannt.

RA Schn[abel]:

Ja, Ihnen nicht. Könnte es aber sein, daß der NDR oder sogar die Nachrichtenredaktion Schreiben dieser Art bekommen hat, von dem Sie nichts wissen?

Zeuge Möh[lau]:

Das könnte sein.

RA Schn[abel]:

Danke.

[9217] Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge Möhlau bleibt bis zu seiner später erfolgten Vereidigung im Sitzungssaal.

Vors.:

Bitte die Bundesanwaltschaft.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich würde die Aussage zum Anlaß nehmen, eine kurze Erklärung nach § 257[ StPO] abzugeben.

Der Zeuge hat sich, trotz des seitherigen langen Zeitablaufs, mit beachtlicher Sicherheit an den fraglichen Brief, insbesondere an dessen Kerninhalt erinnert. Dieser Brief ist zwar nicht identisch mit dem vorhin Verlesenen, doch deckt er sich weitgehend mit dessen Inhalt. An der Überzeugungskraft dieser Aussage ist nicht zu rütteln. Die Beweisaufnahme ist sorgfältig durchgeführt.

Vors.:

Danke. Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

... bemerken, daß der Zeuge mit erstaunlicher Sicherheit gesagt hat, daß es sich um dieses Schreiben handeln kann. Das nur zur Klarlegung dessen, was der Herr Bundesanwalt glaubte, hier als eindeutig verbreiten zu müssen.

Vors.:

Bitte Herrn Tews.

Der Zeuge Tews erscheint um 9.53 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Tews macht folgende Angaben zur Person:

Günther Tews, 55 Jahre alt,
Polizeibeamter, Dortmund,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Tews, erinnern Sie sich, daß es im Frühjahr 1972 an verschiedenen Orten der Bundesrepublik zu Sprengstoffanschlägen gekommen ist.

Zeuge Te[ws]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß daran irgendwelche Mitteilungen in die Hände bekommen, möglicherweise schriftlicher Art? Möglicherweise über irgendwelche Publikationsorgane, die inhaltlich auf diese Geschehen Bezug nahmen?

Zeuge Te[ws]:

Ja, ich erinnere mich, 30. Mai 72 bekam[y] ich morgens, [9218] vormittags von meinem Vorgesetzten, dem Polizeipräsidenten Riwotzki, einen Brief mit Briefumschlag. Der war von der „Westfälischen Rundschau“ gekommen und dieser Brief, schreibmaschinengeschrieben, war unterzeichnet, der stammte von der Roten-Armee-Fraktion. Der Brief war gerichtet an Redakteure und Redaktionen der Westdeutschen Presse und Rundfunk- und Fernsehanstalten. In diesem Brief beklagte sich der Absender, daß also die Westdeutsche Presse Veröffentlichungen der RAF nicht weitergegeben hat, nicht veröffentlicht hat. Wahrscheinlich waren damit gemeint irgendwelche Veröffentlichungen, die nach Sprengstoffanschlägen herausgegeben worden sind, und die Westfälische Rundschau wurde dann, da war ... in diesem Brief wurden dann irgendwie ganz grob die Ziele der RAF, die politischen Ziele der RAF, die Ziele auch mit den Bombenexplosionen verfolgt werden sollten, waren erläutert. Und nun wurde die Rundschau aufgefordert, diesen Brief zu veröffentlichen. Ich habe diesen Brief am gleichen Tage weitergeleitet der Post zum Landeskriminalamt nach Westfalen.

Vors.:

Können Sie sich erinnern, ob das ein mehrseitiges oder ...

Zeuge Te[ws]:

Es war ein einseitiger Brief.

Vors.:

Ein einseitiger Brief, mit Schreibmaschine geschrieben?

Zeuge Te[ws]:

Mit Schreibmaschine geschrieben.

Vors.:

Können Sie noch den unmittelbaren Übersender von der „Westfälischen Rundschau“ benennen?

Zeuge Te[ws]:

Das war meines Wissens der damalige Chef vom Dienst, ein Herr Sticht.

Vors.:

Ja. Ich möchte dann bekanntgeben, daß laut Sterbeurkunde im Ordner 122/346/1 Herr Sticht verstorben ist. So daß er als Zeuge nicht mehr zur Verfügung steht. Wir werden Ihnen jetzt ein Schreiben übergeben, ein Schriftstück übergeben.

Dem Zeugen wird das Originalschreiben und die Originalbriefhülle (Schreiben an die Westfälische Rundschau) - dessen Ablichtungen im Ordner 122, Bl. 341 - 343 abgelegt sind - vorgelegt, mit der Frage, ob es sich um ein solches Schreiben gehandelt hat.

[9219] Zeuge Te[ws]:

Ja, es ist das Schreiben.

Vors.:

Sie erkennen das Schreiben als solches wieder. Haben Sie irgendwelche individuellen Erkennungszeichen oder ist es der Inhalt?

Zeuge Te[ws]:

Ja, ich weiß, also hier oben in der 5. Zeile ist ein Wort, wahrscheinlich ist es „Erklärung“ oder etwas ähnliches, durchge-x-t worden, und dann steht das Wort „Begründung“ dahinter. Dann das Wort irgendwie „Kommentator“ oder „Kommandatoren“, das ist falsch geschrieben worden, ungefähr in der Mitte, nicht ganz in der Mitte des Schreibens ... „in der Sache nur ihre Verurteilung durch Kanzler und Kommandatoren ist bekannt“ ...

Vors.:

Das sind also Dinge, die Sie sich von damals her noch gemerkt haben?

Zeuge Te[ws]:

Ja.

Vors.:

Und die Sie heute an dem Schreiben wiedererkennen?

Zeuge Te[ws]:

Ich habe mir natürlich meine Unterlagen nochmal angesehen. Selbstverständlich, mir laufen so viele Sachen übern Schreibtisch.

Vors.:

Dann kommt es uns eben drauf an, daß das, was Sie uns heute angeben, aus der Erinnerung der damaligen Zeit fußt und nicht bloß auf dem ...

Zeuge Te[ws]:

Selbstverständlich, ich weiß, daß mich der Chef runtergerufen hat und mir das Schreiben persönlich in die Hand gegeben hat.

Vors.:

Sind damals Ihnen mehrere Schreiben dieser Art bekanntgeworden oder war das das Einzige?

Zeuge Te[ws]:

Nein, zu der Zeit nicht.

Vors.:

So daß das für Sie ein, sagen wir mal, nicht ganz normales Ereignis gewesen ist?

Zeuge Te[ws]:

Nicht ganz normal, aber ...

Vors.:

Wenn Sie noch das Kuvert betrachten wollen, ob das irgendwelche Merkmale aufweist, die Sie erkennen?

Zeuge Te[ws]:

Ja, die Nachgebühr.

Vors.:

Ist mit Nachgebühr geschickt worden?

Zeuge Te[ws]:

Ja.

Vors.:

Das wissen Sie noch, auch von damals her?

Zeuge Te[ws]:

Ja. Hier fehlen die Briefmarken, es ist, glaube ich, auch irgendwie andere drauf wieder. Ich kann Ihnen dazu, da ich gewußt oder geahnt habe, warum es geht, hier noch [9220] eine Ablichtung der „Westfälischen Rundschau“ überreichen.

Der Zeuge übergibt dem Gericht eine Ablichtung der 1. Seite der „Westfälischen Rundschau“ vom Mittwoch, 31. Mai 1972, 27. Jahrgang-Nr. 124, in der rechts ein Artikel unter der Überschrift „Erste heiße Spur: Polizei nahm eine Studentin fest!“ ist.

Die übergebene Ablichtung wird als Anl. 1 zum Protokoll genommen.

Das Gericht nimmt die Ablichtung in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Der Vorsitzende stellt fest, daß die Ablichtung auf der Rückseite einen Beglaubigungsvermerk der Stadt Dortmund vom 15. April 1976 trägt. - dieser wird verlesen.

Gem. § 249 StPO wird der Artikel mit der Überschrift „Erste heiße Spur: Polizei nahm eine Studentin fest!“ verlesen ab: „Das BKA glaubt ...“ bis „... vietnamesischen Volkes, die Imperialisten“.

Gem. § 249 StPO wird das Originalschreiben (an die Westfälische Rundschau) - eine Ablichtung ist in Ordner 101, Bl. 18 abgelegt - verlesen.

Gem. § 249 StPO wird auch die dazugehörige Originalbriefhülle, die in Ablichtung in Ordner 101, Bl. 16/17 abgelegt ist, verlesen.

Das soeben verlesene Originalschreiben und die Originalbriefhülle wird vom Gericht in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Vors.:

Herr Tews, Sie haben jetzt den vollen Inhalt nochmals durch das Verlesen zur Kenntnis bekommen. Gibt es Ihnen eine zusätzliche Erinnerungsmöglichkeit?

Zeuge Te[ws]:

Ja, das ist der Brief.

Vors.:

Das war der Brief, den Sie damals vorgelegt bekamen. Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Nein. Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben hier eine Fotokopie der „Westfälischen Rundschau“ übergeben. Haben Sie die selbst hergestellt, die Fotokopie?

Zeuge Te[ws]:

Die ist im Haus der Bibliothek hergestellt worden ...

RA Schn[abel]:

Bitte? Also nicht von Ihnen?

Zeuge Te[ws]:

Nicht von mir, nein.

[9221] RA Schn[abel]:

Ich möchte anschließend dann noch eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Wollen Sie den Beglaubigungsvermerk zuerst einsehen, der verlesen worden ist?

RA Schn[abel]:

Von wem?

Vors.:

Ich habe ihn doch verlesen: „Oberstadtdirektor, im Auftrag: Kuberski, Stadtamtmann. Die Übereinstimmung der Fotokopie mit dem Original wird beglaubigt“. Amtsstempel.

RA. Schnabel besichtigt am Richtertisch den beglaubigten Zeitungsausschnitt der „Westfälischen Rundschau“, der dem Protokoll als Anl. 1 beigefügt ist.

Vors.:

Die Zeitschrift wird eben, Herr Tews, bei der Bibliothek noch vorhanden gewesen sein?

Zeuge Te[ws]:

Wir haben ein Zeitungsarchiv in Dortmund, das über, örtlich sogar sehr gut sogar, und da ist es raus.

Vors.:

Danke. Wenn keine Fragen mehr sind, darf ich Sie bitten, Herr Möhlau, mitvorzutreten.

Die Zeugen Möhlau und Tews werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.09 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir machen jetzt eine kurze Pause von ... Herr Rechtsanwalt Schnabel, soll die Erklärung noch abgegeben werden?

RA Schn[abel]:

Danke, danke.

Vors.:

Nicht mehr. Wir machen also jetzt eine kurze Pause von 10 Minuten und setzen dann die heutige Vormittagssitzung noch mit einigen Verlesungen fort. Der Nachmittag wird heute frei sein.

Pause von 10.09 Uhr bis 10.27 Uhr.

OStA Holland und Reg. Dir. Widera sind nicht mehr[z] anwesend.

Vors.:

Wir kommen jetzt zu Verlesungen. Ich möchte dem folgendes vorwegschicken: Ein Teil der Urkunden, die jetzt verlesen werden, sind eingeführt bereits durch Zeugen. Sie sind auch da im Zusammenhang schon verlesen worden. Es sind nun Originalstücke inzwischen da, wogegen man damals nur Ablichtungen hatte. Ich erinnere an den Zeugen Dr. Ziegler. [9222][13] [9223] Die anderen Urkunden, die verlesen werden, werden - und hier hat das Gericht sich Gedanken gemacht, wie man es am zweckmäßigsten einführt - jetzt verlesen, weil sie sich immer wieder[aa] beziehen auf den jetzt angerissenen Zusammenhang. Sie werden also in ihrem Inhalt nur dadurch verständig. Zeugen zur Fragen der Sicherstellung, der listenmäßigen Erfassung eventuell, kommen ab morgen zum Teil schon, zum Teil auch etwas später. Wir könnten natürlich diese Schriftstücke auch erst im Zusammenhang, wenn diese Zeugen später kommen, verlesen. Aber es ist dann ein italienischer Salat, durch den niemand mehr durchsieht. Das ist der einzige Grund, warum das Gericht jetzt schon in Zusammenhang mit diesen angeschnittenen Ereignissen diese Urkunden, die ja im Original hier durchweg vorliegen, bereits verliest und dann die Sicherstellungsfrage erst später erörtert.

Gem. § 249 StPO wird aus dem Originalschreiben - dessen Fotokopie in Ordner 122 Blatt 354 abgelegt ist - (An die Frankfurter Rundschau vom 28. Mai 1972; „An die Nachrichtenredakteure der ...“) folgendes verlesen:
Überschrift
1. Absatz 1. Satz
2. Absatz 1. Satz und letzter Satz bis Ende des Schreibens.

Gem. § 249 StPO wird auch die Originalbriefhülle[bb], die in Ablichtung im Ordner 122 Bl. 352 abgelegt ist, verlesen.

Es wird festgestellt, daß im übrigen der Inhalt der gleiche ist, wie das zuvor verlesene Schreiben an die „Westfälische Rundschau“ und wie eine Fotokopie, die im Zusammenhang mit dem Zeugen Dr. Ziegler bereits verlesen worden ist.

Das Gericht nimmt das Originalschreiben und die Briefhülle - dessen Ablichtungen in Ordner 122 Bl. 352 - 354 abgelegt sind - in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

[9224] Gem. § 249 StPO wird das Originalschreiben (Schreiben an die Frankfurter Rundschau: „Die beiden aus Buchstaben ...“) - dessen Fotokopie in Ordner 122 Bl. 397 abgelegt ist - verlesen.

Gem. § 249 StPO wird auch die Original Briefhülle - dessen Ablichtung in Ordner 122 Bl. 396 abgelegt ist - verlesen.

Es wird darauf hingewiesen, daß eine Fotokopie gleichen Inhalts bereits verlesen worden ist im Zusammenhang mit der Vernehmung des Zeugen Dr. Ziegler.

Das Gericht nimmt das Originalschreiben und die Briefhülle, die in Ablichtungen[cc] im Ordner 122 Bl. 396 u. 397 abgelegt sind, in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Richter Ma[ier]:

Dann haben wir weiter, lediglich zum Verständnis eines Briefs, der an die Stuttgarter Bürger gerichtet worden sein soll, hier das Original eben dieses Briefs an „dpa Hamburg“.

Gem. § 249 StPO wird das Originalschreiben (Schreiben an die dpa Hamburg: „Brief an die Bürger in Stuttgart ...“) - dessen Fotokopie in Ordner 122 Bl. 389 abgelegt ist - verlesen.

Das Gericht nimmt dieses Originalschreiben in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Gem. § 249 StPO wird das Originalschreiben (Schreiben an die dpa Hamburg: „WER MORDET?“) - dessen Fotokopie in Ordner 121 Bl. 139/140 abgelegt ist - verlesen.

Es wird darauf hingewiesen, daß dieses Schreiben nicht als von der Roten Armee Fraktion stammend ausgegeben wird.

[9225] Gem. § 249 StPO wird auch die Originalbriefhülle - dessen Ablichtung in Ordner 121 Bl. 140 abgelegt ist - verlesen.

Das Gericht nimmt das Originalschreiben und die Originalbriefhülle, die in Ablichtungen im Ordner 121 Bl. 139 u. 140 abgelegt sind, in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Richter Ma[ier]:

Dann haben wir weiter das Original eines Flugblattes. Es wird dazu noch ein Sicherstellungszeuge bzw. ein Zeuge über den Umlauf dieses Flugblatts in der Hauptverhandlung auftreten.

Gem. § 249 StPO wird das Originalflugblatt („Die Waffe der Kritik und die Kritik der Waffen“) - dessen Ablichtung im Ordner 116 Bl. 65/8 - 9 abgelegt ist - verlesen.

Das Gericht nimmt das Originalflugblatt in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten, haben Gelegenheit an Augenschein teilzunehmen.

Gem. § 249 StPO wird das Asservat E 37 E 214.2 („Die Rote Hilfe in Frankfurt hat ...“)
- dessen Ablichtung in Ordner 115 Bl. 294/295 abgelegt ist - verlesen.

Gem. § 249 StPO wird das Asservat E 37 E 214.3 („Was die Genossen als ...“) - dessen Ablichtung in Ordner 115 Bl. 296 abgelegt ist - verlesen.

Vors.:

Es ist noch festzustellen, daß der Entwurf jeweils mit einem Tintenstift durchgestrichen zu sein scheint, durchgestrichen ist, aber ob es ein Tintenstift ist, dem äußeren Anschein nach ja.

Das Gericht nimmt die Asservate E 37 E 214.3 und E 37 E 214.2 in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

[9226] Gern. § 249 StPO wird aus dem Original einer Dokumentation der Roten Hilfe zu einem Teach-in („Neues vom Sozialstaat“) - dessen Ablichtungen im Ordner 116 Bl. 65/11 ff. abgelegt sind - folgendes verlesen:
Deckblatt
Rückseite des Deckblattes mit dem Inhaltsverzeichnis
Vorwort auf S. 1 und 2
Kapitel mit der Überschrift „RAF“ auf
S. 35 - 37,

Ende von Band 517

[9227] Während der Verlesung der Dokumentation der Roten Hilfe zu einem Teach-in erscheint OStA Holland um 10.54 Uhr und OStA Zeis verlässt um 10.55 Uhr den Sitzungssaal.

Das Gericht nimmt das Original einer Dokumentation der Roten Hilfe zu einem Teach-in - dessen Ablichtungen in Ordner 116 Bl. 65/11 ff. abgelegt sind - in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Vors.:

Wir setzen die Verlesung fort. Diesmal mit einer Urkunde und zwar handelt es sich um die auszugsweise Verlesung eines psychiatrischen Gutachtens des Prof. Witter, die nicht unmittelbar zu Urteilsfindungszwecken, also nicht unmittelbar zu Beweiszwecken verlesen wird, sondern gem. § 251 Abs. 3[ StPO][14] zur Vorbereitung einer Entscheidung darüber, ob gegebenenfalls[dd] ein Sachverständiger zu diesem Punkte gehört werden soll, der jetzt hier durch die Verlesung angesprochen wird.

Gem. § 251 Abs. 3 StPO wird aus dem psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. H. Witter vom 5. November 1973 aus den Personensachakten Meinhof Bd. I S. 407/1 - 55 oder Bd. II S. 312 - 368 folgendes verlesen:
S. 1 - 4 (I)
S. 26 a und b (Veröffentlichung aus dem Zentralblatt für Neurochirurgie)
S. 41 ab: „Zusammenfassend kann gesagt werden ...“ bis S. 52 „... wären dadurch noch nicht berührt.“
S. 54 - 55 Zusammenfassung und Unterschrift

Während der Verlesung des Gutachtens erscheint Reg. Dir. Widera um 11.25 Uhr für kurze Zeit im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich darf nochmals darauf hinweisen, daß diese Verlesung der Urteilsbildung der Prozessbeteiligten zur Frage einer eventuellen Begutachtung dienen, aber nicht der Beweisaufnahme unmittelbar oder der Urteilsfindung hätte nützen sollen.

[9228] Wir können, d.h. die Prozessbeteiligten können morgen damit rechnen, daß ein neuer Terminsplan mitgeteilt wird, der reicht bis zum 8. Juni einschließlich.

Für heute sind wir am Ende des Beweisprogrammes. Morgen beginnen wir mit der Beweisaufnahme zu einigen Wohnungen, die auch zeitweilig als Unterschlupf für die Angeklagten gedient haben sollen, sowie zu einer Fundstelle, an der Material gefunden worden ist, das im Zusammenhang mit den hier erörterten Anklagepunkten stehen soll. Morgen sind vorgesehen ab 9.00 Uhr die Zeugen Heinze - KOK Heintze ist weggefallen - es ist also der KHM Heinze, KHM Mann und dann die Zeugen Huster, Brosch, Ortmann - Brosch ist auch entschuldigt, das habe ich gestern mitgeteilt. Er ist erkrankt, kann nicht. Und dann als Sachverständiger Herr Reg. Krim. Dir. Neuendorf. Dann kommt noch der Zeuge Rieper. Notwendig scheinen zu sein dafür[ee] die Ordner 115 und 83. Fortsetzung morgen 9.00 Uhr.

Ende der Hauptverhandlung um 11.37 Uhr

Ende von Band 518


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] Das „Kommando 2. Juni“ nimmt Bezug auf den Todestag des Studenten Benno Ohnesorg, der am 2. Juni 1967 anlässlich einer Demonstration der Studentenbewegung gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien durch einen Polizisten erschossen wurde (Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 72 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 157 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 21 f.). Eine Erklärung des Kommandos 2. Juni vom 20.5.1972 zum Anschlag auf das Springer-Hochhaus in Hamburg ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147.

[5] § 249 StPO enthält Vorschriften über den Urkundenbeweis. Diese werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (heute ebenfalls möglich: Einführung im Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO).

[6] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53). Ein Beweisstück kann Gegenstand sowohl des Augenscheins-, als auch des Urkundenbeweises sein. Beide Beweisarten zielen auf unterschiedliche Erkenntnisse. Während mittels Inaugenscheinnahme Merkmale wie das Vorhandensein an sich, die äußere Beschaffenheit o.ä. festgestellt werden können, dient der Urkundenbeweis der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 249 Rn. 7).

[7] Urkunden werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ebenfalls möglich: Einführung im Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO).

[8] Am 129. Verhandlungstag äußert der Vorsitzende Dr. Prinzing: „Ich möchte dann jetzt noch folgendes bekannt geben, daß die in der Sitzung vom 9.12.1975 und 28.4.1976 verlesenen Schriftstücke, Protokoll 4836 und 9210, nämlich ein Auszug aus einer Aktennotiz, die sich im Ordner 97 Blatt 133, und eine Aktennotiz, die sich im Ordner 67 Blatt 6 befindet für die Urteilsfindung nicht verwertet werden wird. Diese Urkunden sind hier durch Verlesen eingeführt worden. Nach Überprüfung der rechtlichen Voraussetzung ist jetzt dieser Hinweis zu geben. Werden also für die Urteilsfindung nicht verwertet.“

[9] § 250 StPO enthält den Grundsatz der persönlichen Vernehmung. Nach § 250 Satz 2 StPO darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden (wobei die §§ 251 ff. StPO enge Ausnahmen von diesem Grundsatz enthalten). Zulässig ist zwar im Rahmen des Zeugenbeweises der Vorhalt als Vernehmungsbehelf. Damit die Grenze zum unzulässigen Urkundenbeweis nicht überschritten wird, ist aber darauf zu achten, dass Beweismittel die anschließende Erklärung bleibt, sodass nur das verwertet werden darf, was der/die Zeug/in - ggf. nach entsprechendem Vorhalt - noch erinnert (BGH, Urt. v. 31.5.1960 - Az.: 5 StR 168/60, BGHSt 14, S. 310, 312). Zudem wird zwischen ersetzender und ergänzender Verlesung differenziert und letztere im Rahmen des Urkundenbeweises (§ 249 StPO) für zulässig gehalten (BGH, Urt. v. 16.2.1965 - Az.: 1 StR 4/65, BGHSt 20, S. 160, 162; Erb, in Bockemühl/Gierhake/Müller/Walter [Hrsg.], Festschrift für Bernd von Heintschel-Heinegg zum 70. Geburtstag, 2015, S. 135, 136; Mosbacher, NStZ 2014, S. 1 ff.; a.A. Gubitz/Bock, NJW 2008, S. 958). Inzwischen wurde mit dem 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl I, S. 2198) in § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, Protokolle und Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen (mit Ausnahme von Vernehmungen) zu verlesen.

[10] Für bereits vernommene Zeug/innen hält § 253 StPO weitere Verlesungsmöglichkeiten als Ausnahme zum grundsätzlichen Verlesungsverbot des § 250 Satz 2 StPO bereit: Sind alle Möglichkeiten des Zeugenbeweises erschöpft und erinnert sich der/die Zeug/in auch nach entsprechenden Vorhalten noch immer nicht, ermöglicht § 253 Abs. 1 StPO die Verlesung des Protokolls einer früheren Vernehmung (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 253 Rn. 11). In diesem Fall wird das verlesene Protokoll selbst zum Beweismittel (Mosbacher, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 27. Aufl. 2019, § 253 Rn. 1; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 253 Rn. 1; s. aber auch Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 5 ff., wonach § 253 StPO abschließend die Möglichkeit des Vorhalts regeln soll mit der Konsequenz, dass nicht die verlesene Passage selbst, sondern allein die Antwort des/der Zeug/in zum Beweisgegenstand werden soll).

[11] Aus dem Unmittelbarkeitsgrundsatz, der seine Grundlage in der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) sowie der Vorschrift des § 261 StPO („Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung“) findet, ergibt sich, dass das Gericht nur auf der Grundlage der von ihm selbst (unmittelbar) in der Hauptverhandlung wahrgenommenen Umstände entscheiden darf (sog. formeller Unmittelbarkeitsgrundsatz, Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2015, Rn 914).

[12] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[13] Anlage 1 zum Protokoll vom 28.4.1976: Westfälische Rundschau vom 31. Mai 1971, Artikel „Erste heiße Spur: Polizei nahm Studentin fest!“, sowie Rechnung für die Erstellung der Fotokopien.

[14] § 251 Abs. 3 StPO enthält eine Ausnahme von dem Verlesungsverbot des § 250 Satz 2 StPO (s. bereits Fn. 10): „Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Protokolle und Urkunden auch sonst verlesen werden.“


[a] Handschriftlich eingefügt: da

[b] Maschinell durch * eingefügt: und die Briefhülle (Schreiben an die dpa)

[c] Handschriftlich durchgestrichen: sein

[d] Maschinell eingefügt: leider

[e] Maschinell eingefügt: wir

[f] Maschinell eingefügt: Original-

[g] Maschinell eingefügt: und die Briefhülle

[h] Handschriftlich durchgestrichen: Sprengstoffanschlages

[i] Maschinell ergänzt: hervorgehen

[j] Handschriftlich eingefügt: weiß

[k] Maschinell durchgestrichen: vorher

[l] Maschinell durch * eingefügt: (Schreiben an die dpa)

[m] Handschriftlich ersetzt: weil durch war

[n] Handschriftlich eingefügt: in

[o] Handschriftlich eingefügt: wir

[p] Maschinell Vermerk: - siehe Vermerk auf S. 10676 -

[q] Maschinell durchgestrichen: Nachdem Sie

[r] Maschinell eingefügt: in Hamburg

[s] Handschriftlich ersetzt: vorgelegen durch vorgelesen

[t] Handschriftlich ersetzt: 242 durch 249

[u] Handschriftlich ergänzt: dann

[v] Maschinell durch * eingefügt: Schreiben an den NDR

[w] Handschriftlich ersetzt: Das durch Des

[x] Maschinell ergänzt: Ihnen

[y] Handschriftlich ergänzt: bekam

[z] Maschinell eingefügt: mehr

[aa] Maschinell eingefügt: wieder

[bb] Maschinell ergänzt: Originalbriefhülle

[cc] Handschriftlich ergänzt: Ablichtungen

[dd] Handschriftlich ersetzt: jedenfalls durch gegebenenfalls

[ee] Maschinell eingefügt: dafür