108. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 6. Mai 1976, um 9.04 Uhr



[9522] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 6. Mai 1976, um 9.04 Uhr.

(108. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. Ass. Clemens und
Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:
RAe Künzel, Schnabel, Schwarz, König und Grigat.

Als Zeugen sind erschienen:

Wolfgang Pracht,
KHK Klaus-Dieter Eimecke.

Vors.:

Bitte, wenn Sie Platz nehmen wollen.

Ich muß zunächst auf wenige Dinge hinweisen:

Herr RA Dr. Heldmann hat mitteilen lassen, daß er sich um etwa eine Stunde verspäten werde.

Von Herrn RA Schily ist nichts eingegangen.

Herr RA Schlaegel ist erkrankt; er ist heute bettlägerig. Herr RA Herzberg ist verhindert als sein amtlich bestellter Vertreter, aber die Verteidigung ist gewährleistet.[2]

Herr RA Grigat, es ist, glaube ich, mit Ihnen abgesprochen gewesen; es ist angerufen worden.

Herr RA Linke hat sich gleichfalls entschuldigt - er wird 1 - 2 Stunden später erscheinen.

Eine Feststellung im Zusammenhang damit, daß Herr RA Schily gestern beanstandet hat, daß er und Herr RA Dr. Heldmann morgens längere Zeit das Haupttor - die sog. Vorkontrolle - nicht hätten passieren dürfen. Dieses Vorkommnis lasse auch, [9523] so trug Herr RA Schily vor, befürchten, daß Zuschauer gleichermaßen gehindert gewesen seien, das Prozeßgebäude zu betreten.

Wir sind der Sache nachgegangen:

Die Nachforschungen haben ergeben, daß das Haupttor von 9.10 Uhr bis 9.17 Uhr gesperrt war, weil die Angeklagten in dieser Zeit ins Prozeßgebäude transportiert wurden. Die beiden Anwälte sind um 9.10 Uhr am Haupttor - der Vorkontrolle - eingetroffen und haben dort in der Tat wegen der Sperre bis 9.17 Uhr warten müssen.

Der Zugang für Prozeßbesucher blieb davon unberührt, da er nicht über das Haupttor läuft.

Es ist inzwischen mit Herrn Pol. Rat Leihauer abgesprochen, daß Personen, die mit Sonderausweisen ausgestattet sind - wie die Herrn Verteidiger -, zukünftig trotz der Vorsperre während des Durchtransports der Angeklagten die Zugänge zum Prozeßgebäude passieren dürfen, so daß das, was jetzt gestern sich zum ersten Mal ereignet hat, sicher auch das letzte Mal gewesen ist.

Wir haben heute früh anwesend:

die Herrn Zeugen Pracht und KHK Eimecke.

Die Zeugen Pracht und KHK Eimecke werden gem. § 57 StPO[3] belehrt.

Die Zeugen Pracht und KHK Eimecke erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[4]

Der Zeuge KHK Eimecke wird um 9.08 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Pracht wird gem. § 55 StPO[5] belehrt.

Der Zeuge Pracht macht folgende Angaben zur Person:

RA Dr. Augst (als amtlich bestellter Vertreter von RA Eggler), erscheint um 9.09 Uhr im Sitzungssaal, während der Vernehmung des Zeugen Pracht zur Person.

[9524] Zeuge Pracht:

Wolfgang P r a c h t, 29 Jahre,
Student, 6000 Frankfurt;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist es richtig, Herr Pracht, wenn wir davon ausgehen, daß Sie eine gewisse Zeitlang die Doppelgarage in Frankfurt, Ginnheimer[a] Landstr. 42 gemietet hatten?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Können Sie uns angeben im Zusammenhang, ohne daß wir mit Fragen eingreifen, wie es dazu gekommen ist, daß Sie die Garage gemietet haben?

Zeuge Pracht:

Also ich weiß noch, daß ich also damals sowieso vorhatte, eine Garage zu mieten, und dann hab ich die in der Inheidner gemietet, weil die also ziemlich preiswert war und also ziemlich günstig auch.

Vors.:

War das die alleinige Ursache, daß Sie selbst Interesse an dieser Garage oder an einer Garage hatten oder kam da nicht noch ein zusätzlicher Anstoß von anderer Seite?

Zeuge Pracht:

Nein, weil ich damals noch berufstätig war und häufig also nicht mit meinem Auto, sondern mit Geschäftsautos oder mit Flugzeug oder so unterwegs war, und da suchte ich halt nen Platz zum Unterstellen.

Vors.:

Gewiß, das Interesse auf Ihrer Seite mag vorhanden gewesen sein, aber deckte es sich nicht möglicherweise mit dem Interesse irgendeines Bekannten oder eines Besuchers bei Ihnen zur damaligen Zeit?

Zeuge Pracht:

Also ich weiß, daß ich zu vielen Bekannten das gesagt habe, daß ich halt ne Garage gemietet habe. Also wie das jetzt im einzelnen dann so ... Ich weiß gar nicht mehr, was sie gekostet hat; ich glaube, nur 50 DM oder so.

Vors.:

Nun ja, uns interessiert diese Einzelheit weniger.

Es kommt eben drauf an:

Wie kam es damals dazu [b] - wir wollen dann auch feststellen, wann das gewesen ist, daß Sie diese Garage gemietet haben? Ich nehme an, daß diese Dinge in Ihrem Gedächtnis nicht so ganz verschwunden sein könnten, denn sie waren ja bis in die [9525] jüngste Zeit Gegenstand eines Verfahrens, das gegen Sie selber gelaufen ist, und ich meine, da prägten sich solche Dinge doch wohl ein bißchen besser ein, Dinge, die man sonst unter Umständen leichter und schneller vergessen kann.

Zeuge Pracht:

Also ich weiß nicht mehr, wie das so im einzelnen so ... -

Vors.:

Ist es richtig, Herr Pracht, daß Sie zu diesen Dingen schon verschiedentlich vernommen worden sind?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

- sei es richterlich,[6] sei es polizeilich.

Ist es auch richtig, daß Sie sich zu diesen Dingen von sich aus schriftlich geäußert haben?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

... daß diese schriftliche Äußerung geschehen ist im Zusammenhang mit Ihrer früheren Bereitschaft, vor einem Richter zu diesen Dingen auszusagen im Zusammenhang mit dem gegen Sie gerichteten Verfahren?

Zeuge Pracht:

Ich versteh das nicht also ... -

Vors.:

Es liegen hier - das halte ich Ihnen aus

Ordner 44 Bl. 44 ff

vor - eine Erklärung, die abgegeben wurde vor einem Richter:

„Erschienen ist damals von sich aus freiwillig ein gewisser Wolfgang Pracht,

- wir können wohl annehmen, daß Sie das gewesen sind -

geboren am [Tag].[Monat].1946 mit seinem Rechtsanwalt, ...

Zeuge Pracht:

Ja.

[Vors.:]

... und er erklärte, er wolle sich vor einem Richter äußern ...“

Und dann heißt es Bl. 45 weiter:

„Herr Pracht überreichte ein schriftliches Geständnis, das ihm laut vorgelesen wurde, von ihm gebilligt wurde und als Anlage dem Protokoll beigefügt ist“,

und deswegen frage ich Sie, ob dieser Vorgang, den ich Ihnen jetzt eben vorgehalten habe, zutrifft?

Zeuge Pracht:

Ja.

[9526] Vors.:

In dieser schriftlichen Erklärung, die, wie gesagt, dann Gegenstand wieder weiterer Vernehmungen in der Zukunft gewesen ist, Gegenstand auch Ihres eigenen Verfahrens aus dem Jahre 1974 abgerollt gewesen ist, so daß man also annehmen müßte, es seien Ihnen diese Ereignisse, die Sie damals selber schriftlich niedergelegt haben, noch geläufig.

Zeuge Pracht:

Also -

Vors.:

Wollen Sie sich auf die Kürze des Gedächtnisses jetzt berufen und sagen, Sie wissen von diesen Vorgängen heute nichts mehr?

Zeuge Pracht:

Also nichts mehr ... - Aber ich weiß nicht mehr so die Einzelheiten.

Vors.:

Dann will ich Ihnen mal versuchen, ein Stichwort zunächst zu geben:

Ist es richtig, daß Sie Anfang 1971 in dem Fischer-Verlag tätig gewesen sind?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

In Frankfurt?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie damals ein Ihnen bis heute möglicherweise unbekannt Gebliebener besucht hat und Sie gefragt hat, ob es nicht möglich wäre, daß Sie einen Genossen - vielleicht hat er sich so ausgedrückt -, der auf der Durchreise sei, bei sich übernachten ließen?

Zeuge Pracht:

Also so ungefähr - ich weiß das jetzt nicht mehr.

Vors.:

Könnte das zutreffen?

Und früher haben Sie mal angegeben, wie er denn auf Sie käme? Dann sei ihm - diesem Unbekannten - Ihre Adresse im Club Voltaire genannt worden.

Könnte das stimmen?

Zeuge Pracht:

Das könnte stimmen.

Vors.:

Und dann sei in der Tat einige Tage später ein junger Mann erschienen in Ihrer Wohnung - so haben Sie früher angegeben. Und wenn Sie jetzt diese Einleitung haben und weitermachen mit dem Besuch: ob der junge Mann öfters zu Ihnen kam, was mit ihm gesprochen wurde, was er von Ihnen erbeten hat möglicherweise, [9527] dann wäre genau das das Thema, mit dem wir uns hier beschäftigen wollen.

Zeuge Pracht:

Ach so, Sie wollen wissen, ob mich der Besucher gefragt hat, ob ich ne Garage mieten will?

Vors.:

Ob der Besucher dann später - ich meine, das könnte ja vielleicht ein späterer Zeitpunkt gewesen sein; jetzt sind wir gerade in Februar 1971 -, ob Sie damals dieser junge Mann, der angekündigt war durch diesen Unbekannten, der sich auf den „Club Voltaire“ bezog, besucht hat, ob dieser Besuch sich später wiederholte, wie lange vielleicht solche Besuche waren und was dieser junge Mann insgesamt vielleicht mit Ihnen gesprochen, vielleicht von Ihnen auch erbeten hat; z. B. erbeten hat, ob Sie nicht eine Garage mieten könnten für ihn?

Zeuge Pracht:

Nee.

Vors.:

Dann wollen wir vielleicht jetzt mal der Reihenfolge nach drauf zu sprechen kommen.

Aber Herr Pracht, bitte, eines lassen Sie sich sagen:

Wie gesagt, es liegt Ihre eigne Erklärung vor; es liegen weitere Erklärungen im Rahmen von Vernehmungen von Ihnen vor. Ihr Verfahren hat sich bis in das Jahr 1974 hingezogen, möglicherweise sogar durch die Revision noch länger. Sie sind Student, und man muß annehmen, daß es um Ihr Gedächtnis nicht ganz so schlimm bestellt ist, wie es jetzt den Anschein haben könnte. Machen Sie sich’s bitte nicht zu einfach in Ihrem Interesse.

Wie gesagt: Ein Zeuge - und das ist eine Bürgerpflicht,[7] wenn auch im Einzelfall oft ne unangenehme Bürgerpflicht - muß vor Gericht das angeben, was ...

Zeuge Pracht:

Aber es wäre wohl gelogen, wenn ich behaupten würde, ich könnte mich an jede Einzelheit hundertprozentig erinnern.

Vors.:

Wir wollen ja jetzt im Augenblick wissen, was Sie überhaupt noch wissen; ob Sie noch jede Einzelheit wissen, das ist selbstverständlich ne Frage, die sich zeigen wird. Wir können Ihnen dann vielleicht noch Erinnerungsstützen geben, wenn Sie nichts mehr wissen. Aber setzen Sie jetzt vielleicht ein mit dem Besuch dieses angekündigten jungen Mannes. Sie haben früher [9528] geschildert: Ein freundlicher junger Mann sei dann tatsächlich später gekommen, wenige Tage, nachdem Sie dieser unbekannt gebliebene Mann besucht hat.

Zeuge Pracht:

Also ich weiß nicht, ob Sie jetzt erwarten, ob ich das jetzt wiederholen kann. Das kann ich nicht. Also so, wie Sie’s da vorliegen haben - das kann ich nicht wiederholen.

Vors.:

Das mag sein. Dann schildern Sie uns, was Sie noch im Gedächtnis haben über diesen Besuch, den Sie später dann namentlich kennengelernt haben sollen nach Ihrer früheren Darstellung.

Zeuge Pracht:

Er ist mehrmals gekommen und hat mehrmals übernachtet.

Vors.:

Können Sie sagen, um wen es sich gehandelt hat nach Ihren späteren Erkenntnissen?

Zeuge Pracht:

Ach so, also wenn ich da richtig informiert bin, dann war es der Raspe.

Vors.:

Das war Herr Raspe. Ja.

Wie haben Sie das erfahren? Hatte er Ihnen selbst seinen Namen genannt oder sind Sie von sich aus durch irgendwelche Umstände draufgekommen?

Vielleicht frage ich anders:

Könnte es sein, daß Sie ihn danach gefragt haben, weil Sie bestimmte Anhaltspunkte gewonnen haben, ob er Herr Raspe sei, und hat er’s dann, wenn Sie das getan haben sollten, bestätigt?

Zeuge Pracht:

Ja ich glaube, ich hatte ein Bild gesehen und ihn danach gefragt.

Vors.:

Sie haben früher mal angegeben, Sie hätten das K-2-Buch gelesen und darin hätten Sie eine Abbildung gesehen, und da hätten Sie bemerkt, daß dieser Besucher mit diesem Bild übereinstimme. Dann hätten Sie ihn gefragt, und er habe dann bestätigt.

Können Sie das heute noch bestätigen, daß es so gewesen ist?

RA Geulen (als [c] Vertreter von RA Schily), erscheint um 9.20 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Pracht:

Ich glaube, ja.

[9529] Vors.:

Gut. Jetzt sind wir also so weit, daß Sie ein Mann, den Sie dann als Herrn Raspe kennenlernten, mehrmals besucht hat. Ist es auch richtig, daß das nach diesem ersten Gespräch des Unbekannten am 1. Februar 1971 begonnen hat?

Zeuge Pracht:

Also die Besuche oder?

Vors.:

Die Besuche, ja.

Zeuge Pracht:

Jaja.

Vors.:

Und wie lange haben sich diese Besuche nun hingezogen? Wann waren die letzten Besuche?

Zeuge Pracht:

Hm -

Vors.:

Vielleicht darf ich Ihnen hier auch ein Stichwort geben: Der letzte Besuch könnte möglicherweise mit Ihrem Personalausweis zusammenhängen.

Wann ist das gewesen?

Zeuge Pracht:

1972.

Vors.:

Können Sie uns noch den Monat nennen?

Zeuge Pracht:

Im Frühjahr muß es gewesen sein.

Vors.:

Sie sprachen in dem Zusammenhang bei früheren Vernehmungen vom Mai 1972.

Zeuge Pracht:

Also wenn ich das damals so gesagt habe, dann habe ich mich sicherlich besser erinnern können.

Vors.:

Vielleicht, Herr Pracht, können Sie sich orientieren, daß ja in diesen Monaten dann in der B. Republik einiges geschehen ist, was vielleicht auch Studenten besonders auffiel: Heidelberg, Frankfurt, München, Hamburg - erinnern Sie sich an diese Vorfälle: Karlsruhe?[8]

Zeuge Pracht:

Ja. Also ich erinnere mich vor allen Dingen halt im Zusammenhang mit der jetzigen Berichterstattung, denn sonst hab ich das damals nicht so verfolgt.

Vors.:

Wir wissen inzwischen, daß im Juni - 1. Juni - des Jahres 1972 Herr Raspe verhaftet worden ist. Folglich müßte man annehmen, daß die Besuche jedenfalls nicht über diesen Zeitpunkt hinaus fortgedauert haben können.

Zeuge Pracht:

Richtig.

Vors.:

Haben Sie damals von der Verhaftung von Herrn Raspe erfahren?

Zeuge Pracht:

Ich glaube, ja.

[9530] Vors.:

Das ging ja groß durch Presse, Rundfunk und Fernsehen. Sind die Besuche bzw. ist der letzte Besuch noch längere Zeit vor dieser Verhaftung gewesen, oder können Sie sich heute noch dran erinnern, daß möglicherweise der Besuch auch nur kurze Zeit vorher stattgefunden hat?

Zeuge Pracht:

Also ich meine, es wäre längere Zeit davor gewesen, aber ich ... -

Vors.:

Sind Sie sich nicht sicher.

Und was würden Sie nun verstehen unter „längerer Zeit“?

Zeuge Pracht:

Vielleicht einen Monat, es war nicht ne längere Zeit - 1 Monat.

Vors.:

Also müßte es doch vielleicht im Zeitraum noch in den Mai reingefallen sein.

Könnte das zutreffen?

Zeuge Pracht:

Also das könnte zutreffen, ja.

Vors.:

Und jetzt schildern Sie uns vielleicht noch, wie oft meinen Sie, daß Sie diesen Besuch hatten?

Zeuge Pracht:

In der ganzen Zeit?

Vors.:

In der ganzen Zeit.

Zeuge Pracht:

Also ich kann das nur so jetzt ... - Zwischen zehn - und fünfzehnmal vielleicht ...

Vors.:

... mag er bei Ihnen gewesen sein.

Ist er da nur sporadisch gekommen, d. h., hat er da nur bei Ihnen vorbeigesehen oder hat er da auch zeitweilig übernachtet?

Zeuge Pracht:

Nee, da hat er nur vorbeigeguckt.

Vors.:

Wie oft, meinen Sie, daß er bei Ihnen übernachtet hat, wenn überhaupt übernachtet?

Zeuge Pracht:

Zwei- dreimal.

Vors.:

Und wie lange nächtigte er dann dort bei Ihnen?

Zeuge Pracht:

Ich glaube, eine Nacht.

Vors.:

Können’s auch mehrere Nächte gewesen sein?

Zeuge Pracht:

Also ich meine, nicht, aber ich will mich da jetzt nicht so ... -

Vors.:

Also ich darf Ihnen zu Ihrer ...

Das sind jetzt solche Einzelheiten, die man sehr wohl vergessen könnte. Deswegen möchte ich Ihnen sagen, was Sie in Ihrer eigenen schriftlichen Ausführung früher dazu gesagt haben: [9531] Beim ersten Besuch sei er gekommen wie vorangemeldet. Er reiste nach wenigen Tagen wieder ab.

Da müßte man eigentlich draus schließen, daß es also keine Übernachtung bloß über eine Nacht gewesen ist.

Und dann haben Sie gesagt:

Im März 1971 meldete sich Anton - das sei sein Name gewesen - wieder und übernachtete nochmals für einige Tage in der Mansarde.

Sie haben also jetzt das gehört. Fällt Ihnen das wieder ein, daß es so gewesen ist wie Sie schrieben?

Zeuge Pracht:

Also wenn ich das damals gesagt habe, dann war’s also mehr ein ... -

Vors.:

Nicht gesagt, Sie haben das geschrieben und haben das zum Gegenstand Ihrer richterlichen Vernehmung gemacht, haben ausdrücklich bestätigt: „Was ich hier als schriftliche Erklärung vorlege“, das ist Ihnen vorgelesen worden, „das ist meine Erklärung und ich bestätige sie als richtig.“

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Es kommt uns sehr drauf an, Herr Pracht, daß Sie uns deutlich machen, wenn Sie solche Dinge vorgehalten bekommen, ob es Ihnen heute wieder einfällt, verstehen Sie?

Zeuge Pracht:

Hm -

Vors.:

Dazu dient es. Das sollen Erinnerungsstützen für Sie sein. Wir können nicht Ihre Aussagen dadurch ersetzen, daß wir Ihnen sagen, Sie haben damals das und das geschrieben und Sie dann sagen lassen: Wenn ich das damals geschrieben oder gesagt habe, dann stimmt’s; sondern Sie müssen uns zunächst mal klarmachen, ob es Ihnen heute wieder einfällt.[9]

Wie gesagt: Beim ersten Mal nach einigen Tagen wieder abgereist, dann im März wiedergemeldet und einige Tage abermals übernachtet.

Zeuge Pracht:

Also - es wird wohl so stimmen.

Vors.:

Nun, Herr Pracht, zweimal solche Übernachtungen.

Gab’s weiterhin noch Übernachtungen innerhalb dieses Besucherverkehrs?

Zeuge Pracht:

Eigentlich war es nichts Ungewöhnliches, daß bei uns Leute übernachtet haben.

[9532] Vors.:

Gewiß. Aber ich meine, ist diese Person, die Sie dann später als Herrn Raspe kennenlernten, ist die noch öfters bei Ihnen gewesen, um zu übernachten?

Zeuge Pracht:

Ich glaube nicht.

Vors.:

Das würde also bedeuten: im Rahmen dieser etwa zehn bis fünfzehn Besuche - so haben Sie angedeutet - zweimal übernachtet; sonst nur so vorbeigeschaut.

Zeuge Pracht:

Also ob zwei- oder dreimal, das weiß ich jetzt nicht mehr. Aber es war nur, also soweit ich noch weiß, am Anfang.

Vors.:

Nun würde das also bedeuten:

Zwei- oder dreimal übernachten hat einen Selbstzweck; um zu übernachten, kann man zu jemand kommen, das bedarf keines weiteren Zwecks mehr, um sich zu zeigen.

Was aber war dann der Zweck des übrigen Besucherprograms, wo er Sie also vielleicht noch neun- bis zwölfmal so besucht hat?

Zeuge Pracht:

Also soweit ich mich da erinnern kann: Halt so Besuche, nicht, wenn man jemand kennt und so ... -

Vors.:

Also mit aller Vorsicht zu sagen, Herr Pracht:

Es würde nicht so ganz ins Bild passen, daß hier also etwa Kaffeebesuche oder so etwas bloß gemacht werden. Ich weiß es nicht; aber Sie müssen Ihre Aussage verantworten.

Zeuge Pracht:

Also es gab nicht irgendwie - wie nennt man das - so ne bestimmte Programmatik innerhalb dieser Besuche, soweit ich mich erinnern kann, also daß die unter - wie sagt man - unter festem Zeitablauf ... also daß wir verabredet waren, was weiß ich, hin und wieder und dann redet man darüber oder dann das.

Vors.:

Ja, das mag sein.

Zeuge Pracht:

Also die Besuche waren für mich auf jeden Fall immer zufällig.

Vors.:

Um das geht’s jetzt nicht, ob das terminierte Besuche waren oder nicht und ob die zufällig stattfanden. Aber auch grade, wenn sie nicht terminiert waren und der Besucher plötzlich überraschend erscheint, erhebt sich umso mehr die Frage: Was wollte er denn da? Er wollte nicht übernachten.

[9533] Zeuge Pracht:

Ja besuchen. Ich meine, ich weiß nicht, es gibt alle möglichen Gründe. Also wenn mich heute Leute besuchen, dann haben die den Grund oder den, also ich ... -

Vors.:

Ja, da haben Sie vollkommen recht, und deswegen frage ich an: Was waren die Gründe seiner Besuche?

Zeuge Pracht:

Soweit ich mich erinnern kann, war es in erster Linie halt, daß er wissen wollte, so, wie man jemand besucht, wie’s geht, was man macht und so.

Vors.:

Also persönliches Interesse an Ihnen?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

War das denn plötzlich eine Freundschaft geworden oder eine engere Bekanntschaft mit Herrn Raspe?

Zeuge Pracht:

Nee. Also auf jeden Fall war es nicht also so ’ne Tatsache, daß man völlig distanziert voneinander war, also so ... also von Freundschaft oder so was ... - Ich weiß nicht, was Sie damit interpretieren, aber ... -

Vors.:

Nun, es gibt zufällige Bekanntschaften; es gibt normale Bekanntschaften, wo man sich gelegentlich sieht oder häufiger sieht; es gibt aber auch Bekanntschaften, [d] die eben so eng geworden sind, daß jemand den Anlaß sieht, den andern so, wie Sie jetzt schildern, doch des öfteren zu besuchen, offenbar aus Freude, ihn wiederzusehen.

Und so, wenn ich’s verstehe bis jetzt, müßte man eigentlich Ihre Aussage bewerten.

Zeuge Pracht:

Naja, ich weiß nicht. Man muß das auch ein bißchen dahingehend betrachten, daß das jetzt, so wie es hier vorgetragen wird, so komprimiert wird. Aber wenn Sie sich den Zeitraum angucken und schauen, in der Zeit sind da zehn bis zwölf Besuche, dann liegt dazwischen also jeweils eine ziemliche Distanz, und verstehen Sie, also von daher sind die Besuche in ihrem Charakter immer zufällig.

Vors.:

Ja. Aber Herr Pracht, das spricht ja alles dafür, daß ich jedenfalls allein aus der äußeren Gestaltung dieses Besucherverkehrs die Frage herleite, was hatte die eigentlich für einen Zweck? Eine enge Bekanntschaft mit häufigem Besuch aus Freude, sich immer wieder sehen zu können, scheint’s nicht gewesen zu sein. Das betonen Sie ja jetzt eben auch.

[9534] Zeuge Pracht:

Ja also da müssen Sie den Raspe fragen. Also so hundertprozentig kann ich das nicht beantworten.

Vors.:

Nein, das müssen Sie schon wissen als ein Partner dieser Besuche, was der Herr Raspe eigentlich bei Ihnen wollte. Also so viel haben wir rausgekriegt, daß es nicht Freundschaft war und daß es auch nicht so häufig war, daß man annehmen konnte ...

Zeuge Pracht:

Naja, ich hab gesagt: Ich weiß nicht, was Sie mit Freundschaft interpretieren, also das ... -

Vors.:

Wir wollen doch jetzt nicht so lange um den heißen Brei herumreden, Herr Pracht. Ich meine, ich versuche ja, Ihnen das freie Wort zu lassen, daß Sie Ihre Aussage gestalten. Aber Sie haben doch früher jedenfalls in Ihrer Erklärung angedeutet, daß diese Besuche auch durchaus handfeste Zwecke hatten, daß er da jeweils oder gelegentlich mit Bitten an Sie herangetreten ist, etwas für ihn zu tun für ihn oder für andere. Das interessiert, und das kann Ihnen doch nicht einfach entfallen sein. Also ich bitte Sie, also jetzt wirklich dieses Bild nicht weiter abzugeben, als sei Ihr Gedächtnis inzwischen so geschwächt.

Zeuge Pracht:

Naja, aber ich meine, Sie drücken sich sehr kompliziert aus. Ich muß also immer ziemlich lange überlegen, bis ich weiß, was Sie meinen.

Vors.:

Das ist richtig. Das dürfen Sie auch gerne.

Aber ich meine, daß hier das Thema, Anmieten von irgendwelchen Objekten, gelegentlich ne Rolle gespielt haben könnte, das muß man dem bisherigen ...

Zeuge Pracht:

Richtig.

Vors.:

Jetzt ist Ihnen das eingefallen. Jetzt wollen Sie also vielleicht schildern, um was es da im einzelnen gegangen ist.

Zeuge Pracht:

Ja, ich hab gedacht, Sie wollten halt wissen, was wir im einzelnen oder was für Gespräche oder so ... Von daher hab ich absolut nicht mehr durchgeblickt und nicht mehr gewußt, ob Sie jetzt ...

Vors.:

Nein, dann haben Sie mich also wirklich falsch verstanden. Der Zweck - da dachte ich also, ob irgendwas Konkretes genannt wurde, Bitten an Sie herangetragen wurden, etwas zu tun, für ihn oder für andere.

[9535] Zeuge Pracht:

Ja, also in der Form, das ist schon vorgekommen, sicher.

Vors.:

Wenn Sie uns vielleicht das der Reihenfolge nach schildern könnten, um was es da im einzelnen gegangen ist.

Vielleicht, um Ihnen hier eine Erinnerungsstütze zu geben: Mai 1971 - haben Sie früher geschrieben - sei er wieder bei Ihnen gewesen. Damals hätten Sie ihn gefragt aufgrund dieser Lektüre dieses K-2-Buches, ob er nicht der Raspe sei, was er Ihnen bestätigt hätte, und bei diesem Besuch habe er Sie zum ersten Mal um die Anmietung einer Wohnung in Frankfurt gebeten - so haben Sie das geschrieben.

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Trifft das zu?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Ging’s da um eine Wohnung? Wissen Sie das heute noch?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Hat er Ihnen irgendwelche Gründe genannt, warum er nicht selbst sich um eine Wohnung kümmert, sondern das durch Sie bewerkstelligen lassen will?

Ich meine, das Nächstliegende ist, Sie sind doch junge Leute gewesen, da ist man per Du miteinander und sagt: Mach doch das selber. Warum soll ich da rumlatschen? - Das liegt doch so nahe.

Zeuge Pracht:

Ja ich weiß jetzt nicht mehr genau, aber ich ... soweit ich mich erinnern kann, hing das damit zusammen, daß er, glaube ich, gesagt hat, er wäre nicht so häufig in Frankfurt, möchte aber ne Wohnung haben.

Vors.:

Er sei nicht so häufig in Frankfurt.

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Was hatte er denn für Vorstellungen? Sollten Sie diese Wohnung im eigenen Namen mieten und dann ihm oder anderen überlassen? Oder was war da für eine Überlegung mit dabei?

Zeuge Pracht:

Soweit ich weiß, hätte ich also, glaube ich, die Wohnung erstmals angemietet, und er hätte sie dann übernommen. Denn ich meine, das geht ja nicht: Man kann ja nicht irgendwo hingehen und sagen: „Tag, ich möchte für jemand ...“ - dann kriegt man ja nie ne Wohnung.

Vors.:

Doch, man kann als Vertreter kommen.

Zeuge Pracht:

Also ich hab das noch nie erlebt; ich hatte schon Schwierigkeiten, so eine zu kriegen.

[9536] Vors.:

Was für ein Fachgebiet haben Sie als Student?

Zeuge Pracht:

Medizin.

Vors.:

Nun, da werden Sie später auch so weit juristisch sich bilden müssen, daß Sie wissen, daß solche Möglichkeiten existieren. Man kann als Vertreter kommen, aber bitte ... Also Sie sollten im eigenen Namen die Wohnung mieten?

Zeuge Pracht:

Soweit ich weiß.

Vors.:

Und wem dann überlassen?

Zeuge Pracht:

Ihm. Also er wäre dann in den Mietvertrag eingestiegen, d. h., praktisch hätte ich ihm die Wohnung dann übergeben und wäre aus dem Mietvertrag wieder raus.

Vors.:

Sie hätten die Wohnung gemietet, aber ihm sozusagen die Möglichkeit gegeben wahrscheinlich, daß er die Wohnung benützen kann.

Für ihn allein oder?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Ja, was sollte das für ’ne Wohnung sein? Sind da irgendwelche Wünsche geäußert worden größenmäßig?

Zeuge Pracht:

Ja, ich weiß nicht. Ich glaube, das war ein bestimmter Betrag, der nicht überschritten werden sollte, und damit hängt ja dann auch die Wohnungsgröße zusammen. Eine kleine Wohnung - das weiß ich noch.

Vors.:

Hatte er irgendwelche speziellen Wünsche geäußert, was die Wohnung für Vorzüge haben müsse, um anerkannt zu werden?

Zeuge Pracht:

Also ich glaube nicht.

Vors.:

Also es geht jetzt nicht darum, daß Sie uns im einzelnen mitteilen müßten etwa, was er da gewünscht hat; bloß, ob er bestimmte Bedingungen genannt hat, die er an sich an eine Wohnung stelle, die er benützt.

Zeuge Pracht:

Ich glaube also, das hing eng damit zusammen, welche Kosten die haben sollte, und damit hängt auch zusammen, wie die Wohnung ausgestattet ist: Bad, Küche, also Bad und zwei Zimmer - also so ne ganz normale, aber nicht luxuriös und auch nicht verrottet.

Vors.:

Und haben Sie diese Wohnung angemietet?

Zeuge Pracht:

Nee, ich hab’s nicht.

Vors.:

Warum nicht?

[9537] Zeuge Pracht:

Ich weiß nicht. Ich hätte das zeitlich auch gar nicht geschafft. Ich weiß das jetzt nicht mehr so genau.

Vors.:

Ich will Ihnen auch hier auf den Weg helfen:

Nach Ihrer früheren Schilderung hing das damit zusammen bzw. könnte es damit zusammengehangen haben, daß Sie die Absichten, die Sie vermuteten, die Raspe verfolge, nicht billigten, die grundsätzlichen Ziele, wobei Sie also sicherlich gar keine konkreten Vorstellungen hatten. Aber sozusagen lagen Sie nicht auf der Linie, die nach Ihrer Meinung er verfolgte - so haben Sie das früher angedeutet. Also keine äußeren, sondern innere Gründe. Es heißt wörtlich in Ihrem Schreiben

- Bl. 46 des Ordners 44:

„Da ich mich nun doch stärker von seiner Person und den Zielen der RAF distanzierte, habe ich keine Wohnung angemietet und ihm das mitgeteilt.“

Und das müssen Sie im Zusammenhang mit dem verstehen, daß Sie vorher geschildert haben, Sie hätten ihn jetzt als Raspe erkannt und bestätigt bekommen, daß er der Raspe ist. Das sei nun der Grund gewesen.

Herr Pracht, es geht uns also beileibe nicht jetzt um irgendwelche Fragen, die Sie belasten könnten oder sollten. Sie wissen ja auch, ich habe Ihnen den Hinweis auf § 55 StPO gegeben. Es geht uns nur darum, ganz kursorisch die Entwicklung dieses Besuches durch Herrn Raspe bei Ihnen hier aufzuhellen.

Frage ist nur:

Kann es sein - wenn ich’s Ihnen jetzt vorgehalten habe - oder erinnern Sie sich, daß es so gewesen ist, daß eben die Mitteilung, es ist Raspe, bei Ihnen gleichzeitig die Assoziation zu den Zielen der RAF hervorrief, und Sie sagten: Nein, jetzt miete ich nicht?

Zeuge Pracht:

Nein, das war, glaube ich, nicht so. Soweit ich mich erinnern kann, ist das eine Formulierung, die also in dem Zusammenhang dieser damaligen mehr oder weniger chaotischen Entwicklung ... Also ich hatte ne Hausdurchsuchung und was weiß ich [9538] alles, und da ist also bei mir auch so einiges ineinander geschmissen worden; und also das meines Erachtens, weil ich zu dem Zeitpunkt also ... ich hab das, glaube ich, auch in meinem Prozeß versucht, auszudrücken: So wie sich das durch polizeiliche Vernehmungen dargestellt hat,[e] so ’ne Verkettung von Erkenntnisprozessen: „Aha, Bild; aha, Raspe; aha, RAF“, die hat sich vielleicht in den Protokollen so niedergeschlagen; aber das hängt eben auch mit diesem damaligen Wirbel zusammen und dieser Hektik, die da existierte. Ich will das jetzt nicht so im einzelnen ... Ich meine nur, also ich weiß nicht mehr, ob das ausschlaggebend war, und ich glaube es nämlich nicht, also daß ich damals gesagt hab: [f] - also für mich - Raspe = RAF = nicht mieten.

Also das würde ich heute ... -

Vors.:

... würden Sie heute nicht mehr bestätigen. Aber wenn Sie es damals geschrieben haben, ohne jedes Zutun, also da waren die Verfolgungsbehörden noch weiß Gott nicht daran beteiligt - das ist ja keine Vernehmung sondern ein eigener Bericht von Ihnen -. Würden Sie Ihre eigene Formulierung, die Tatsache, daß Sie so formuliert haben, bestreiten oder bloß sagen, ich kann mich heute nicht mehr daran erinnern?

Zeuge Pracht:

Also ich glaube, da ist einiges, was weiß ich, hat sich überlappt, verstehen Sie? Information von draußen und ... -

Vors.:

Herr Pracht, ich glaube, wir verstehen uns falsch.

Sie haben also genau geschrieben:

„Da ich mich nun doch stärker von seiner Person und den Zielen der RAF distanzierte, habe ich keine Wohnung angemietet und ihm das mitgeteilt.“

Frage 1:

Wollen Sie das bestreiten, daß dies Ihre eigenen Ausführungen sind?

Zeuge Pracht:

Nee, das nicht.

Vors.:

Bloß scheinen Sie heute sagen zu wollen,

damals unter dem Druck der Verhältnisse könnte es sein, daß ich etwas Falsches geschrieben hab.

Zeuge Pracht:

Ja.

[9539] Vors.:

Und Sie meinen also heute, daß Sie das nicht mehr bestätigen können, daß das der Grund war, weshalb Sie die Wohnung nicht angemietet haben, wie Sie hier schilderten?

Zeuge Pracht:

Ich war ja zu der Zeit berufstätig, und man sagt schnell Bekannten gegenüber: „Gut, okay! Wenn Du keine Zeit hast, guck ich nach.“ Aber dann stellt sich eben durch den Alltag heraus, daß das also doch mehr Arbeit ist, als man angenommen hat und so.

Vors.:

Bleiben wir also jetzt bei der Tatsache:

Dieser erste Bitte, wie Sie bestätigen, im Mai 1971, bei diesem Besuch, wo Sie ihn als Raspe dann erkannt haben, ausgesprochen, Anmietung einer Wohnung, der sind Sie nicht nachgekommen?

Zeuge Pracht:

Also ich meine, ich hab ihm erst mal, glaube ich, angedeutet, daß ich das mache. Aber dann irgendwann später hab ich ihm gesagt: Nee.

Vors.:

Und wie ging’s dann weiter?

Sie haben in Ihrer eigenen Schilderung dann erwähnt, Sie seien dann in der Folgezeit zunächst mal mit Ihrer Verlobten in Urlaub gegangen. Erinnern Sie sich an diese Tatsache?

Und daraufhin hätten Sie eine neue Wohnung bezogen?

Stimmt das?

Zeuge Pracht:

Das weiß ich noch, ja.

Vors.:

Das sei im Juni/Juli 1971 gewesen - gewechselt von dem [Anschrift] zur [Anschrift]. Stimmt das?

Zeuge Pracht:

Dazwischen war der Urlaub, ja.

Vors.:

Haben Sie in dieser neuen Wohnung - man muß es wohl[g] ja annehmen - wieder Besuch bekommen von Herrn Raspe?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Wann? Wie lange waren Sie schon in der Wohnung, als er dann plötzlich oder, wie Sie sagen, zufällig auftauchte?

Zeuge Pracht:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Sie haben hier früher geschildert, und zwar war das ja schon im Jahr 1972: Im August oder September 1971 sei Herr Raspe wieder aufgetaucht. Könnte das stimmen?

Zeuge Pracht:

Ja.

[9540] Vors.:

Und dann habe er Ihnen eine bestimmte Bitte vorgetragen bei diesem ersten Besuch in der neuen Wohnung. Diese Bitte soll nach Ihrer früheren Schilderung jetzt mit dieser Garage im Zusammenhang stehen.

Zeuge Pracht:

... daß er mich gebeten hat, eine Garage zu mieten?

Vors.:

So haben Sie sich früher ausgedrückt.

Zeuge Pracht:

Ja, also das kann möglich sein, aber ... ich weiß nicht ... -

Vors.:

Sie haben das früher auch so ausgedrückt. Sie sagten, daß Sie selbst die Absicht hatten, sich um eine Garage umzutun, und dann kam seine Bitte hinzu, daß er mit Ihnen diese Garage benützen können wolle.

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Kann das zutreffen?

Zeuge Pracht:

Ja.

Vors.:

Dann sollen Sie also tatsächlich eine Garage, nämlich die nämliche in der Inheidner Landstr. 42, gemietet haben.

Zeuge Pracht:

Mhm -

Dem Zeugen wird die Ablichtung des Mietvertrages aus dem Originalordner 111 Bl. 242 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob er diesen Mietvertrag, insbesondere auch die Unterschrift, anerkennt.

Zeuge Pracht:

Ja.

Gem. § 249 StPO[10] wird die Ablichtung der Urkunde
- Mietvertrag -
aus dem Originalordner 111 Bl. 242 verlesen.

Vors.:

Und jetzt, Herr Pracht, wollen wir, wenn es geht - wir sind jetzt also bis zur Garage vorgedrungen - die ganze Sache etwas rascher und zügiger beantworten. Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Es zeigt sich doch, nachdem man Ihnen ja, glaube ich, mit genügend Geduld begegnet ist, daß Ihr Gedächtnis nicht ganz so verschüttet ist, wie Sie das offenbar selbst geglaubt haben.

[9541] Jetzt schildern Sie bitte, wie’s dann weitergegangen ist mit dem Besuch.

Zeuge Pracht:

Ja, also ich weiß, also ich hab die Garage gemietet und ... -

Vors.:

Sie haben ja jetzt gehört: Es war August.

Wie hat sich das abgewickelt? Wer zahlte die Garage?

Zeuge Pracht:

Ich.

Vors.:

Und ist Ihnen dafür Ersatz geleistet worden?

Zeuge Pracht:

Das war, glaube ich ... wenn er sie längere Zeit mitbenutzt, daß er die Hälfte mitzahlt.

Vors.:

Und? Hat er sie längere Zeit mitbenutzt?

Zeuge Pracht:

Ich glaube, ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich daran, daß dort auch z. B. Fahrzeuge des Typs BMW und Alfa Romeo gestanden haben, daß also gleichzeitig beide - es war eine Doppelgarage, wie wir grade gehört haben ... -

Zeuge Pracht:

Ich weiß: Einmal waren zwei Fahrzeuge drin. Das weiß ich noch.

Vors.:

Wer war der grundsätzliche Benutzer dieser Garage? Sie?

Zeuge Pracht:

Ich.

Vors.:

Sie haben früher angegeben, Sie hätten die Garage nur sporadisch benutzt?

Zeuge Pracht:

Ja, aber ich war ... Es war also meine Garage, und ich, also ich konnte[h] schon rein, wann ich wollte.

Vors.:

Ja.

Zeuge Pracht:

Verstehen Sie? Also von da, also so mit diesen zwei Autos, die mal drin waren. Das hat mir also schon gestunken.

Vors.:

Also Sie hatten schon echten Anspruch erhoben, die Garage mitbenutzen zu können.

Ende von Band 536.

[9542] Vors.:

Aber jetzt, wer hat sie nun faktisch überwiegend benutzt?

Zeuge Pr[acht]:

Ich glaube, der Raspe.

Vors.:

Wer hat sie dann faktisch bezahlt?

Zeuge Pr[acht]:

Ich, mit dem Raspe.

Vors.:

Nein, Sie haben sie bezahlt, gut. Und ist Ihnen Ersatz geleistet worden?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Also Herr Raspe hat Ihnen Geld übergeben, wenn Sie Zahlungen geleistet haben ...

Zeuge Pr[acht]:

Hat er seinen Anteil gegeben.

Vors.:

Einen Anteil nur?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, ich glaube ja.

Vors.:

Hat er nicht den vollen Garagenpreis bezahlt? Das war sozusagen doch für Sie dann vielleicht ein kleiner Gewinn ... Wüßten Sie heute nicht mehr?

Zeuge Pr[acht]:

Also ich glaube nicht, daß er den vollen Betrag bezahlt hat.

Vors.:

Wie lange haben Sie die Garage benutzt?

Zeuge Pr[acht]:

Bis zum Frühjahr, also das ... Ich weiß es nicht mehr, müßten Sie mal nachgucken.

Vors.:

Ist es nicht so gewesen, daß die Garage benutzt wurde bis zu dem Zeitpunkt, da eben Herr Raspe dann bei Ihnen nicht mehr auftauchte?

Zeuge Pr[acht]:

Achso, Sie meinen ... also Sie wollen wissen, wann ich gekündigt habe oder wie?

Vors.:

Ja. Wie lange die Garage von Ihnen benutzt, das heißt gemietet war.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, bis zu diesem Zeitpunkt ...

Vors.:

Und das ist der Zeitpunkt ...

Zeuge Pr[acht]:

... ich habe jetzt verstanden, benutzt von mir aus. Da gab es irgendwann so eine Zäsur, wo ich nicht mehr hingegangen bin.

Vors.:

Wo Sie nicht mehr hingegangen sind. Aber für Herrn Raspe haben Sie sie weiter noch auf Ihren Namen laufen lassen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Und wann ist nun das gewesen? Jetzt kommen wir wieder auf den [9543] Schlußpunkt zurück, da Herr Raspe zum letzten Mal bei Ihnen gewesen ist? Ich darf Ihnen vorhalten aus Bl. 94, Sie haben da gesagt: „Bei seinem letzten Besuch, Ende Mai“.

Zeuge Pr[acht]:

Ich weiß es nicht mehr, ob Ende Mai oder ...

Vors.:

Danke. Das deckt sich im übrigen auch mit Ihren eigenen Ausführungen: „Bei seinem letzten Besuch Ende Mai, wies ich ihn daraufhin“. Das ist genau das, was Sie von sich selbst aus niedergelegt haben.

Zeuge Pr[acht]:

Stimmt.

Vors.:

Ende Mai. Und bis zu diesem Zeitpunkt haben Sie die Garage auch bezahlt?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Weil Sie wußten, daß Herr Raspe die Garage auch noch benützt?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Jetzt gehen wir von der Garage weg. Ist noch irgendein sonstiger Wunsch wegen der Anmietung irgendeines Objektes von Herrn Raspe an Sie herangetragen worden?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, das war eine Wohnung in Kaiserslautern. Und da bin ich dann auch mal hingefahren, und habe also auch dann durch ziemlich viel Glück eine Wohnung gemietet in Kaiserslautern.

Vors.:

Also Sie wurden von ihm gebeten, eine Wohnung in Kaiserslautern zu mieten. Was hat man Ihnen gesagt, warum?

Zeuge Pr[acht]:

Also soweit ich weiß, war es nicht für ihn persönlich, also ...

Vors.:

Früher haben Sie mal angedeutet, vielleicht kann ich Ihnen das gleich zur Erinnerungsstütze sagen, es sei für Mitglieder gedacht, die aus der RAF ausscheiden wollten, und sozusagen eine Ruhemöglichkeit und eine Startbasis für ein zukünftig bürgerliches Leben suchen wollten. Herr Pracht, was meinen Sie dazu?

Zeuge Pr[acht]:

Ja also ...

Vors.:

Also ein vorzeitiges Pensionärsheim oder so irgendwie, wenn man das so salopp ausdrücken darf. So hat es geklungen ein bißchen.

Zeuge Pr[acht]:

Das war also so eine Formulierung, die mir einigermaßen ... die glaubwürdig war. Ich meine, da können Sie nachher Herrn Fincke zu fragen. Immer wenn ich gesagt habe: „Ich wußte nicht für wen“, hat er gesagt: „Also das [9544] gibts nicht. Das glaubt Ihnen keiner“, und so weiter und dabei sind solche Sachen rausgekommen. Also weil ich mich damit auch geschützt habe, weil er gesagt hat: „Ich halte Sie hier Wochen fest, bis es Ihnen einfällt für wen“.

Vors.:

Bloß, Herr Pracht, übersehen Sie, daß das, was ich Ihnen vorhalte, aus Ihrer Erklärung stammt, die Sie ohne Zutun irgendeines Polizeibeamten, allenfalls unter Mitwirkung Ihres Herrn Verteidigers, zuwege gebracht haben. Also da können Sie diese Erklärung dazu nicht abgeben. Übrigens, es ist für uns nicht so wichtig. Tatsache ist, daß Sie also in Kaiserslautern die Wohnung angemietet haben, im Auftrag von Herrn Raspe. Und Tatsache ist, daß er Ihnen offenbar eine Erklärung abgab, warum er sie benötigt, die Sie überzeugt hat oder die Sie jedenfalls beruhigt hat oder wie soll man das verstehen? Hatten Sie denn damals ein schlechtes Gefühl bei diesem Auftrag?

Zeuge Pr[acht]:

Nein, überhaupt nicht.

Vors.:

Und wann ist das gewesen?

Zeuge Pr[acht]:

November, Dezember. Also es war jedenfalls spät im Jahr.

Vors.:

In Ihrer Erklärung schreiben Sie, genau am 17. Dezember 71, sei er bei Ihnen gewesen ...

Zeuge Pr[acht]:

Ja, dann stimmt das ja.

Vors.:

... und habe Sie gebeten, diese Wohnung im Kaiserslauterner Raum zu mieten.

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Um welche Wohnung hat es sich gehandelt?

Zeuge Pr[acht]:

Also ich weiß nicht mehr, wie die Straße heißt. Es ist auf jeden Fall so ein bißchen also oberhalb, das ist auch so ... also da fährt man ein bißchen ... hoch.

Vors.:

Ist Ihnen die ... der Almenweg ein Begriff?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, das ist es.

Vors.:

Almenweg 7 c in Kaiserslautern, war das die Wohnung?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Und was war dann? Wobei Sie jetzt vielleicht festhalten wollen ...

Zeuge Pr[acht]:

Dann habe ich die Wohnung gemietet.

Vors.:

Ja, und bleiben Sie nun also 17. Dezember, Weihnachts- [9545] fest, Kaiserslautern ...

Zeuge Pr[acht]:

Ich bin am gleichen Tag zurückgefahren, das weiß ich noch. Halb ... das ist dann, was ich nicht ... also nächsten Tag oder am gleichen Tag, das weiß ich heute nicht mehr, da ist er halt gekommen, und ich war halt ziemlich euphorisch, weil es mir gelungen war, so schnell eine Wohnung zu kriegen, weil das ja relativ ungewöhnlich ist.

Vors.:

Herr Pracht, hat das nicht einen Einschnitt in Ihre Beziehung zu Herrn Raspe dann in der Folge gezeitigt, was im Zusammenhang mit den Stichworten, die ich Ihnen jetzt gebe, Weihnachtsfest, Kaiserslautern, zusammenhängt?

Zeuge Pr[acht]:

Sie meinen den Banküberfall und die Vermutung, daß die Wohnung da eine Rolle spielt.

Vors.:

Ja, Sie haben jetzt in Kaiserslautern die Wohnung angemietet gehabt, und kurz darauf soll es, wir wissen ja dieses Datum durch die Anklage, 22. Dezember 1971 war das in Kaiserslautern und hat bekanntlich zu einem Banküberfall geführt, bei dem ein Mensch starb.[11] Ist da nicht bei Ihnen irgendwie der Groschen gefallen, daß Sie sich selbst überlegten, könnte das einen Zusammenhang haben?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, das weiß ich noch.

Vors.:

Eben, so haben Sie es doch auch früher geschildert. Sie erfahren also ... was sagten Sie früher ...

Zeuge Pr[acht]:

Ich hab’s durch die Zeitung oder was weiß ich, erfahren, und hatt’ halt ein ziemlich komisches Gefühl, das weiß ich noch. Dann habe ich den Raspe auch zu gefragt, aber er hat also gesagt: „Ne, da ist nichts“.

Vors.:

Also Sie haben jedenfalls den Verdacht gehabt, daß es möglicherweise im Zusammenhang mit der Anmieterei der Wohnung stehen könnte. Überhaupt, daß der Kreis, den Sie da über Herrn Raspe, wenigstens an einem Ende, kennenlernten, damit zu tun hatte. So haben Sie es früher geschildert. Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, also ich habe so eine Vermutung gehabt, ja.

Vors.:

Und daraufhin haben Sie Herrn Raspe Vorhalte gemacht? Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Hat er in dieser Richtung irgendetwas eingeräumt?

Zeuge Pr[acht]:

Nein, da bin ich ganz sicher.

[9546] Vors.:

Und dann dieses Gespräch, das dabei entstanden ist, so ruhig kann es nicht verlaufen sein, nach Ihrer früheren Darstellung, das würde uns doch näher interessieren.

Zeuge Pr[acht]:

Na ja, ich weiß, daß wir uns da ziemlich geknatscht hatten, weil es halt schon was Komisches ist, wenn jemand einem sagt: „sag mal, hängst Du da mit dem Banküberfall drin oder was weiß ich, meiner Wohnung und so“ ...

Vors.:

Banküberfall, es ist ein Mensch gestorben dabei.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, ja gut, und[i] ich meine, ich sage das jemand, und der muß sich jetzt dagegen erstmal halt[j] wehren ...

Vors.:

Sie haben früher deutlich gesagt, Sie hätten ihn aufgefordert, die Garage umgehend zu räumen und den Kontakt mit Ihnen abzubrechen. Also danach müßten Sie recht massive Vorhaltungen gemacht haben. Und auch einen recht starken Verdacht gehegt haben, in Ihrer eigenen Erklärung steht das. Und, Herr Pracht, hier können Sie [k] also [l] nun beileibe nicht sagen, daß Ihnen das aus dem Kopf gefallen wäre. Das sind also schon entscheidende Vorgänge; waren auch für Ihr Verfahren entscheidend. Stimmt das oder stimmt das nicht, so wie Sie es geschildert haben?

Zeuge Pr[acht]:

Also, wenn das da so[m] ...

Vors.:

Nicht „wenn“, ob Sie es noch wissen?

Zeuge Pr[acht]:

Also so 100 % an einzelne Gespräche oder[n] an dieses Gespräch ...

Vors.:

Es geht nicht um’s Einzelgespräch. Ob der Kern des Gesprächs Ihre Aufforderung war, die Garage, zu räumen und den Kontakt zu Ihnen abzubrechen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:[o]

Und wie hat darauf Herr Raspe reagiert?

Zeuge Pr[acht]:

Also, soviel ich weiß, halt ziemlich unwirsch ...

Vors.:

Nun bleiben wir also bei Ihrem Wunsch, daß der Kontakt nicht fortdauert. Was ist dazu ...

Zeuge Pr[acht]:

Also soweit ... Ja, er hat irgendwie gesagt: „Ok ein paar Tage“, oder was weiß ich, also wegen der Garage wollte er halt ein bißchen ...

Vors.:

So klang es früher nicht ...

Zeuge Pr[acht]:

Bitte.

Vors.:

So klang es früher in Ihrer Schilderung nicht.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, ich weiß es nicht mehr.

Vors.:

Dann will ich es Ihnen vorhalten, Bl. 47: „Raspe sagte, daß eine Mittäterschaft der Wohnungsbenutzer in Kaiserslautern überhaupt nicht bewiesen sei. Falls doch, würde [9547] ich genauso wie alle anderen wegen Mordversuch beschuldigt werden“. Daß er Sie also praktisch darauf hingewiesen hat: Du hängst doch auch schon mit drinne. Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Das kann sein, ja.

Vors.:

Es sei zwar nicht bewiesen, aber wenn es bewiesen werden könnte, dann hingen Sie genauso mit drinne.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, das ist ja auch ...

Vors.:

Und dann soll er Ihnen noch einen Hinweis gegeben haben, daß Sie es ja unterlassen sollen, irgendetwas zu unternehmen, was etwa nach Geständnis oder Selbstanzeige oder so etwas aussehe ... Ja nun, das ist doch, Sie sagen uns selbst, Gegenstand war der Hinweis mit, daß Sie unter Umständen jetzt auch verdächtigt werden sollen.

Zeuge Pr[acht]:

Ach so, ja sicher.[p]

Vors.:

Und jetzt kommt seine Überlegung, so wie Sie sie, - ich hab sie Ihnen angedeutet -, wie Sie das früher geschildert haben, was geschehe, wenn Sie etwa nun versuchen würden, diesen Verdacht gegen Sie gerichtet werden könnte, zu beseitigen, indem Sie zur Polizei gehen oder[q] ein Geständnis ablegen, und[r] die Dinge schildern, wie sie richtig sind. Der Gedanke liegt ja nahe, wenn man Ihnen das sagt.

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Ja und was hat er Ihnen für den Fall, daß Sie nun tatsächlich sagen: „Das lasse ich mir nicht gefallen; ich werde schon dafür sorgen, daß ich nicht eines Mordes verdächtigt werde“. Was sollte dann geschehen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, ich weiß nicht mehr, vielleicht hat er mir also, was weiß ich, Prügel angedroht oder ...

Vors.:

Sind Sie bedroht worden, von ihm?

Zeuge Pr[acht]:

Von ihm persönlich nicht.

Vors.:

Durch Andeutungen, daß das von Seiten der RAF zum Beispiel nicht hingenommen werden würde, wenn Sie selbst jetzt versuchten, den Verdacht von sich abzulenken.

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Also er hat irgendsowas in der Richtung gesagt. Also er hat nicht persönlich so, aber was weiß ich. Ich kann mich an die Formulierung jetzt nicht mehr erinnern. Aber so was hat sicherlich eine Rolle gespielt, daß er halt gesagt hat: „Mußt aufpassen, daß du nicht „Putz“ kriegst“. Aber [9548] wie das im einzelnen jetzt, das ...

Vors.:

Sie haben das in Ihrer Schilderung als ein Ereignis bezeichnet, unter dem Sie innerlich schwer gelitten hätten. Sie hätten es als schweren seelischen Druck empfunden, diese Äußerung. Und deswegen ist es ein bißchen erstaunlich, daß Sie es nicht mehr genauer kennen wollen.

Zeuge Pr[acht]:

Das hängt auch damit zusammen, daß ich das halt sehr massiv versuche, aus meinem Gedächtnis zu streichen, alles, was damit zusammenhängt.

Vors.:

Ich will Ihnen sagen, Sie haben - ich halte es Ihnen vor in Blatt 47 Ihre eigenen Äußerungen - gesagt: „Sollte ich weiteres unternehmen wollen (Selbstanzeige, Geständnis unter anderem) so seien sie (RAF) auch noch da“. Und bei der Polizei haben Sie auf eine entsprechende Frage, ob er das zugegeben habe, daß die RAF beteiligt sei in Kaiserslautern gesagt, das halte ich Ihnen aus Blatt 91 vor: „Nein, er hat es nicht direkt zugegeben. Er hatte nur gesagt, sollte das der Fall sein, dann hängst Du mit drin. Dann wirst Du genau so gut wie die Leute, die mit drinhängen, wegen Mordversuchs angeklagt. Weiter sagte er, außerdem rate ich Dir, die Schnauze zu halten, sonst hast Du keine Gelegenheit mehr, irgend etwas zu sagen“.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, das sind ... Ich habe das in meinem Verfahren, das ich hatte, bereits versucht klarzumachen, daß solche Formulierungen, also die dort wörtlich, als wörtliche Rede wiedergegeben werden, inhaltlich vielleicht stimmen können; aber nicht so, wie sie dort formuliert sind.

Vors.:

Gut, also sinngemäß ...

Zeuge Pr[acht]:

Sinngemäß mag das stimmen.

Vors.:

Ja, stimmt es sinngemäß? Nicht „mag“ es stimmen.

Zeuge Pr[acht]:

Ja, es stimmt.

Vors.:

Jetzt sind Sie also soweit, daß Sie eine Trennung wünschen, innerlich. Ist es zu dieser Trennung gekommen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

In welcher Form? Haben die Besuche etwa aufgehört? Sind keine Wünsche mehr an Sie herangetragen worden?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, praktisch nicht mehr, war Schluß.

Vors.:

Aber der Kontakt, ist der nun auch abgerissen, völlig?

[9549] Zeuge Pr[acht]:

Nein, das glaube ich nicht. Er ist noch ein paarmal gekommen. Aber ...

Vors.:

Zu welchem Zwecke? Nun, ich darf Sie vielleicht daran erinnern, daß Sie selber schon vorhin einräumten, daß die Garage bis zum Schluß, bis zum Ende Mai, benutzt worden sei von Herrn Raspe. Folglich standen Sie ja solange als der Anmieter in der rechtlichen Verpflichtung, zu zahlen. Es wäre also ja denkbar, daß Herr Raspe zum Beispiel gekommen wäre, um Ihnen das Geld zu ersetzen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Trifft das zu?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Wie oft kam er da noch?

Zeuge Pr[acht]:

Also ich weiß, unregelmäßig, das weiß ich noch. Aber ... 5, 6-mal, also ich weiß es nicht mehr.

Vors.:

Und hat er in dieser Zeit dann regelmäßig die Miete ersetzt für Sie?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, nicht ganz regelmäßig. Er ist mal gekommen, und dann ist er mal 1 ½ Monate nicht mehr gekommen. Dann mußte ich die Miete vorschießen.

Vors.:

Vorschießen. Aber ich meine, er hat Sie schadlos gehalten. Ist das richtig?

Zeuge Pr[acht]:

Ich glaube ja.

Vors.:

Und nun, bitte zu dem Stichwort „Personalausweis“. Gibt es da noch etwas zu sagen?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, ich weiß noch, daß er sich den mal mitgenommen hat, weil der neu war. Aber wann es war, weiß ich nicht.

Vors.:

Hat er sich mal für Ihren Personalausweis interessiert?

Zeuge Pr[acht]:

Ja, der lag mal da rum. Und da hat er ihn mitgenommen, das weiß ich noch.

Vors.:

Haben Sie ihm den Personalausweis freiwillig überlassen oder hat er Ihnen irgendeine Erklärung abgegeben, die Sie beruhigen sollte?

Zeuge Pr[acht]:

Ich hab ihn ihm gelassen, was weiß ich; ich habe mir damals da nichts ... also für mich persönlich nichts besonders Schlimmes dabei gedacht. Also daß das für mich irgendwelche Auswirkungen hat, weil ich halt davon ausgehe: Was will jemand mit meinem Ausweis.

Vors.:

Sie haben früher so dargestellt, daß er Sie gebeten habe, mal den Personalausweis zu zeigen. Er wolle sich die Dinge ansehen, wie diese Ausweise jetzt neuerdings aussehen. - [9550] Sie sagen ja, das[s] war ein Neuer. - Er habe ihn dann mitgenommen unter der Angabe, er werde ihn in den nächsten Tagen wieder zurückbringen. Aber dann hätten Sie ihn nicht mehr gesehen. Stimmt das so?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter bitte.

Richter Ma[ier]:

Herr Pracht, gerade mit dem Ausweis. Sie sagen also, den hat er mal mitgenommen, und hat Ihnen eigentlich zugesichert oder gesagt, er bringt ihn so in den nächsten Tagen zurück. In dieser schriftlichen Erklärung, von der schon mehrfach die Rede war, in Ordner 44, Blatt 47, da sollen Sie sogar geschrieben haben, am nächsten Tag, wollte er ihn wieder zurückbringen. Ist das nun tatsächlich auch geschehen?

Zeuge Pr[acht]:

Nein. Also ich habe ihn nicht am nächsten Tag zurückgekriegt.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie noch, so ganz grob, das können Sie selbstverständlich so im einzelnen nach Tagen gerechnet nicht mehr wissen höchstwahrscheinlich[t], aber so ganz grob, wann Sie, nach welcher Spanne Sie Ihren Ausweis wieder von ihm zurückbekommen haben? Sie haben ihn ja wohl zurückbekommen?

Zeuge Pr[acht]:

Ich habe ihn nicht zurückbekommen.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie ihn nicht zurückbekommen?

Zeuge Pr[acht]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Sie haben ihn also auch nicht bei diesem letzten Besuch, von dem vorher die Rede war, wieder zurückerhalten?

Zeuge Pr[acht]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie da nicht da zwischendrin mal zu ihm gesagt: „Du hast mir doch versprochen, ich kriege ihn wieder!“

Zeuge Pr[acht]:

Ja klar, aber, er hat immer irgendwelche ... was weiß ich, vergessen oder ...

Richter Ma[ier]:

Hat er Sie irgendwie vertröstet oder so?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Sie sollten ihn eigentlich wieder bekommen? Und wann haben Sie ihn denn nun aufgefordert, Ihnen den Ausweis wieder zu geben?

Zeuge Pr[acht]:

Das[u] weiß ich[v] nicht mehr; aber es war bestimmt zweimal oder dreimal. Ich weiß es nicht ... soweit noch das ... als er irgend- [9551] wann mal wiederkam, nachdem er den Ausweis mitgenommen hat, da habe ich ihm gleich schon gesagt, daß ich ihn wiederhaben will. Da hat er irgendwie eine Ausrede gehabt.

Richter Ma[ier]:

Sie sagen, Sie haben also danach noch so zweidreimal ihn aufgefordert, nun[w] doch den Ausweis zurückzugeben?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Nun sagen Sie ja vorhin, der letzte Besuch, der war im Mai, Ende Mai.[x] Haben Sie ihn auch bei dieser Gelegenheit dazu aufgefordert?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie noch, wann etwa Sie ihm den Ausweis gegeben, beziehungsweise er ihn mitgenommen hat?

Zeuge Pr[acht]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Wiederum nach dieser schriftlichen Erklärung in Ordner 44, Blatt 47, soll es so Ende April, Anfang Mai gewesen sein, als er mal Garagengeld mitgebracht hat.

Zeuge Pr[acht]:

Das wird dann so gewesen sein, also ich ...

Richter Ma[ier]:

„Ende April/Anfang Mai erschien Raspe wieder, brachte nochmals das Geld für die Garage und[y] versicherte mir, daß diese in Kürze aufgelöst werde[z] und daß er sich dann nicht mehr melden würde. Bei diesem Besuch bat er mich, ihm einmal meinen Personalausweis zu zeigen, damit er sehen könne[aa], ob es eine Besonderheit“ usw. „gebe“. Das meinen Sie, sei richtig? Wenn das nun aber Ende April/Anfang Mai war und wenn der letzte Besuch Ende Mai war, und Sie sagen, Sie haben ihn danach noch zweimal aufgefordert, dann müßte er ja auch im Laufe des Mai nochmal bei Ihnen gewesen sein. Fällt Ihnen in diesem Zusammenhang irgendeine Besonderheit ein?

Zeuge Pr[acht]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Können Sie sich erinnern, daß in Frankfurt, im Mai 1972 ein Sprengstoffanschlag auf das Amerikanische Hauptquartier im IG-Farbenhaus[12] stattgefunden hat?

Zeuge Pr[acht]:

Also ich weiß [bb], daß das[cc] da war, im Mai, aber ...

Richter Ma[ier]:

Im Laufe des Mai, das werden Sie ja wahrscheinlich nicht ganz vergessen haben ... Das war ja immerhin ein markantes Ereignis.[dd]

Zeuge Pr[acht]:

Ich war zu der Zeit nicht in Frankfurt.

Richter Ma[ier]:

Und wo hat Sie dann der Herr Raspe getroffen?

[9552] Zeuge Pr[acht]:

Nein, ich meine als das ...

Richter Ma[ier]:

Als der Anschlag war, an diesem Tag.

Zeuge Pr[acht]:

Da war ich nicht da.

Richter Ma[ier]:

Aber an den übrigen Tagen, im Laufe des ... der übrigen Zeit im Mai, waren Sie ja wohl in Frankfurt? - Bringt Ihnen nun dieses Stichwort „Bombenanschlag“ ... ruft Ihnen das irgendetwas in die Erinnerung zurück? Haben Sie möglicherweise mit dem Herrn Raspe, - nicht wahr Herr Pracht, Sie haben uns ja vorhin gesagt, diese Geschichte in Kaiserslautern, da haben Sie die Wohnung gemietet, und dann haben Sie erfahren, daß kurz danach da etwas passiert sei, was man der RAF zugerechnet habe. Und Sie hätten den Herrn Raspe auf diese Kaiserslauterner Geschichte angesprochen. -

Zeuge Pr[acht]:

Achso, Sie meinen, ob ich jetzt gesagt habe, wie ist denn das hier mit dem Bombenanschlag?

Richter Ma[ier]:

Eben, das könnte doch nun naheliegend sein.

Zeuge Pr[acht]:

Das kann sein; aber ich weiß es nicht mehr.

Richter Ma[ier]:

Können Sie sich nicht erinnern, daß Sie ihn nun auch bei dieser Gelegenheit darauf angesprochen haben; „Habt ihr was damit zu tun?“

Zeuge Pr[acht]:

Das ist möglich, also das weiß ich nicht mehr.

Richter Ma[ier]:

Sie haben ja vorhin gesagt, daß der Herr Fincke Sie vernommen habe. Wir haben diese Vernehmung hier, im Ordner 44, Blatt 94. Darf ich Ihnen mal vorlesen, da heißt es: „Er war kurz nach dem Bombenanschlag auf das Amerikanische Hauptquartier bei mir, stritt übrigens ab“, - er und überhaupt die RAF ... - „daß er und überhaupt die RAF etwas damit zu tun hätte, bestätigte meine Äußerung, daß das wohl von innen käme, also von GIs käme, die in irgendeiner Form mit dem Engagement der Amerikaner in Vietnam[13] nicht einverstanden wären. Er sagte, ja ja, so wird es wohl sein.“ Bringt Ihnen das jetzt, dieses ... dieser Vorhalt bringt Ihnen das irgendetwas in die Erinnerung zurück?

Zeuge Pr[acht]:

Also wenn ich das damals ... aber ich kann mich da jetzt nicht mehr daran erinnern.

Richter Ma[ier]:

Der Herr Fincke hat Sie dann, - das ist im selben Ordner auf Blatt 99 - gefragt: „Herr Pracht, Sie sagten vorhin, daß Raspe einige Tage, also zwei, drei Tage nach dem Bombenan- [9553] schlag auf das US-Hauptquartier in Frankfurt zu Ihnen gekommen sei“ und so weiter. Und Sie sind dann auf diese Frage eingegangen. Können Sie sich daran erinnern, daß das möglicherweise bei der polizeilichen Vernehmung auch eine Rolle gespielt hat, dieser Besuch nach dem Bombenanschlag?

Zeuge Pr[acht]:

Also Sie meinen, ob die Polizei wissen wollte, gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Besuch und dem Bombenanschlag?

Richter Ma[ier]:

Nein. Ob die Polizei mit Ihnen einen Besuch im Laufe des Monats Mai erörtert hat, bei dem man sich zeitlich, zeitlich nur, an diesem Frankfurter Bombenanschlag orientiert hat? Verstehen Sie?

Zeuge Pr[acht]:

Ich verstehe es nicht. Also ob die Polizei wissen wollte, wann war der Bombenanschlag und wann war der Besuch?

Richter Ma[ier]:

Nein, Herr Pracht, wir wollen es nicht so kompliziert machen. Wir wollen da gar keinen kausalen Zusammenhang mit dem Bombenanschlag herstellen, sondern es ist ja oft so, daß man eine zeitliche Erinnerung und Dinge, die längere Zeit zurückliegen, nicht mehr so genau hat, daß man das nicht so genau einordnen kann. Und nun nimmt man sich irgendwelche markante Ereignisse, die mit einem selber gar nichts zu tun haben und versucht sich,

Zeuge Pr[acht]:

Achso, Sie meinen, daß man sagt, o.k., da war der Bombenanschlag ...

Richter Ma[ier]:

... anhand dieser markanten Ereignisse irgendwie die Geschichte zeitlich unterzubringen.

Zeuge Pr[acht]:

Jetzt verstehe ich. Also daß man sagt, da war der Bombenanschlag, und war der Besuch vorher oder nachher.

Richter Ma[ier]:

So ist es. Fällt Ihnen da das jetzt wieder ein?

Zeuge Pr[acht]:

Also ob der Besuch vorher oder nachher war?

Richter Ma[ier]:

Ja.

Zeuge Pr[acht]:

Ich habe da gesagt nachher und dann ... ich weiß es nicht mehr.

RA. Dr. Heldmann erscheint um 10.16 Uhr im Sitzungssaal.

Richter Ma[ier]:

Wenn Sie mit ihm gesprochen haben, über den Anschlag, müßte es ja eigentlich logischerweise nachher gewesen sein?

Zeuge Pr[acht]:

Stimmt.

Richter Ma[ier]:

Und war es so?

[9554] Zeuge Pr[acht]:

Ja, das[ee] war so.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Herr Pracht, im Anschluß an das, was der Herr Kollege Ihnen eben sagte. Sie haben damals die Idee, daß dieser Anschlag in Frankfurt aus dem Inneren, sprich aus dem Kreis der GIs herausbegangen[ff] worden wäre, sehr nachdrücklich unterstrichen. Sie sagen auf Seite 100: In meinem Bekanntenkreis ... „Also im Bekanntenkreis haben 100 Leute darüber diskutiert“ und alle seien überzeugt gewesen, das haben die Amerikaner selbst gemacht. Das muß doch also für Sie damals eine ziemlich feste Meinung gewesen sein und Auffassung. Und wenn Sie jetzt sich vielleicht erinnern wollen, ob Sie nicht doch wieder das ins Gedächtnis zurückbekommen, daß Sie gerade diesen Punkt, das waren die GIs[gg] mit Raspe erörtert haben, und daß er Ihnen das bestätigt haben könnte, so wie Sie es da geschildert[hh] haben. Denn Sie müssen doch sich überlegen, Sie hatten damals ja schon seit Dezember Sorge wegen dieser Bekanntschaft. Das müßte Ihnen doch geradezu eine Erleichterung gewesen sein, nun feststellen zu können, aber jedenfalls für das sind die nicht verantwortlich, und kann man mich auch nicht notfalls - wie man Ihnen ja früher schon im Dezember angedeutet hat - mitverantwortlich machen. Deswegen müßte doch eigentlich diese Äußerung von Herrn Raspe: Ja sicher, das waren die Leute aus dem inneren Kreise, die GIs[ii] selbst - für Sie eine Erleichterung bedeutet haben. An das anknüpfend bitte ich Sie sich doch nochmals zu überlegen, ob Ihnen das nicht einfällt, daß das richtig[jj] ist, was Sie bei der Polizei sagten, Sie hätten 2 bis 3 Tage nach dem Frankfurter Anschlag Raspe zu Besuch gehabt und Gelegenheit gehabt, das mit ihm zu erörtern.

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Fällt Ihnen das jetzt wieder ein, daß das so gewesen ist?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Danke. Weitere Fragen? Bitte, Herr Dr. Foth.

Richter Dr. Fo[th]:

Herr Pracht, haben Sie die Wohnung in Kaiserslautern auch unter Ihrem eigenen Namen gemietet, wie die Garagen in Frankfurt oder unter einem anderen Namen.

Zeuge Pr[acht]:

Unter einem anderen Namen.[kk]

Richter Dr. Fo[th]:

Wissen Sie noch, welcher Name das war? Kann es [9555] sein, daß von[ll] Michael Schütz die Rede war?

Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Richter Dr. Fo[th]:

Von wem ging die Initiative zu dem Gebrauch eines falschen Namens aus? Von Ihnen oder von Ihrem Bekannten?

Zeuge Pr[acht]:

Soweit ich mich erinnern kann, von mir selbst.

Richter Dr. Fo[th]:

Von Ihnen selbst. Also früher sollen Sie mal gesagt haben, der Herr Raspe, habe zu Ihnen gesagt, die Garage soll unter falschem Namen angemietet werden.

Zeuge Pr[acht]:

Die[mm] Garage?

Richter Dr. Fo[th]:

Die Wohnung, Entschuldigung. Allerdings den Namen, den hätten Sie dann gefunden, also den Michael Schütz. Aber daß es ein falscher Name sei, das gehe auf die Initiative des Raspe zurück.

Vors.:

Herr Pracht, ich darf Sie darauf hinweisen, Sie haben uns bis jetzt Rede und Antwort gestanden. Das ist eine der Fragen, die besonders der Überlegung anheim gegeben seien, wegen des § 55[ StPO], daß nämlich niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten. Wenn Sie also wegen einer solchen Antwort jetzt noch irgendwelche[nn] Gefahren sehen würden, hätten Sie zumindest mal[oo] das Recht zu erklären, Sie wollten darauf nichts sagen. Ob das dann zulässig ist, ist wäre[pp] eine andere Frage.

Zeuge Pr[acht]:

Also ich weiß es nicht mehr.

Vors.:

Herr Dr. Breucker, bitte.

Richter Dr. Br[eucker]:

Herr Pracht, es war vorhin mal die Rede von einem Streitgespräch zwischen Herrn Raspe und Ihnen unmittelbar, nachdem es in Kaiserslautern zu einem Banküberfall gekommen ist, in dessen[qq] Zusammenhang geäußert wurde, Sie würden möglicherweise mit drin stecken und 2. es könnte für Sie Konsequenzen haben, wenn Sie sich der Polizei anvertrauen würden. Hat - bei diesem Gespräch - Herr Raspe Ihnen irgendwelche Empfehlungen gegeben, zur Sicherung ... aus Sicherungsgründen zu irgendwelchen[rr] Tarnungsmaßnahmen, zum Beispiel, sich den Bart abzunehmen, zum Beispiel, den Anzug, mit dem Sie in Kaiserslautern aufgetreten sind, zu verbrennen?

Zeuge Pr[acht]:

Ich glaube ja, aber ich weiß es nicht mehr genau.[ss] Das mit dem Bart, das weiß ich nicht mehr.

Richter Dr. Br[eucker]:

Das mit dem Anzug?

Zeuge Pr[acht]:

Das kann sein, aber ...

[9556] Richter Dr. Br[eucker]:

Eine andere Frage, Herr Pracht, haben Sie bei den Besuchen, die Herr Raspe bei Ihnen gemacht hat, mal bemerkt, daß er bewaffnet war, daß er eine Pistole trug?

Zeuge Pr[acht]:

Das kann sein.

Richter Dr. Br[eucker]:

Und wenn es so gewesen wäre, das wäre ja immerhin etwas nicht ganz alltägliches. Hatte er eine Pistole bei sich?

Zeuge Pr[acht]:

Ich glaube ja. Ich glaube, einmal hat er eine dabei gehabt.

Richter Dr. Br[eucker]:

Danke.

Vors.:

Bitte weitere Fragen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Zeuge, hat Sie jemand veranlaßt, eventuell über Mittelspersonen, heute mit Ihren Aussagen zurückzuhalten?

Zeuge Pr[acht]:

Nein. Wieso, vermuten Sie, daß ich absichtlich ...

BA Dr. Wu[nder]:

Ich habe meine Frage deutlich gestellt, Herr Pracht. Haben Sie Angst, aus welchen Gründen auch immer, heute die Karten so auf den Tisch zu legen, wie Sie es schon einmal getan haben?

Zeuge Pr[acht]:

Ich habe keine Angst.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Zeuge, da Sie studieren, nehme ich an, daß Sie die Schulzeit normal durchlaufen haben, halbwegs normal. Hat Sie Ihr Gedächtnis in dieser Zeit schon einmal so im Stiche gelassen wie heute? Oder kommen Sie bei Ihrer Ausbildung normal mit?

Zeuge Pr[acht]:

Ich komme soweit normal mit; aber es gibt bestimmt eine ganze Reihe Dinge, die[tt] ich also nur sehr schwer im Gedächtnis halten kann. Das sind also weniger so Sachen, die so eingelernt werden, jetzt im Bezug auf das Studium, sondern so Sachen, die so im Alltag aufgehoben sind, irgendwelche Ereignisse aus der Vergangenheit oder so. Also sei es[uu], was weiß ich, Sachen aus der Familie oder sonstwas, also das ist bei mir nichts Ungewöhnliches, daß ich da nicht so nachhake in der Erinnerung, also nicht in der Erinnerung auch so verhaftet bin.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Ze[is]:

Herr Pracht, habe ich Sie vorhin richtig verstanden, daß Sie die Frage des Herrn Vorsitzenden, ob Sie von Herrn Raspe bedroht worden seien, verneint haben?

[9557] Zeuge Pr[acht]:

Ja.

Vors.:

Nein, das ist nicht richtig. Das ist falsch verstanden. Er hat gesagt, Raspe habe ihn schon - sinngemäß, in dem Sinne, wie er das früher geschrieben hat -, bedroht, aber nicht, daß er persönlich ihm etwas antun würde, sondern daß dahinter die Gruppe steht, die sozusagen Herr Raspe repräsentiere.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ich habe es mir notiert und da meine ich, zumal der Zeuge es eben bestätigt hat, er hätte gesagt auf entsprechende Frage von Ihnen: Er sei nicht bedroht worden. Er hat auch noch einen Zusatz gemacht und dazu gesagt, Herr Raspe habe zu ihm gesagt: „Paß auf, daß du nicht Putz kriegst“. Verprügeln.

Vors.:

Nein, ich habe ihm dann vorgehalten, ich meine Bl. 99 war es, Polizeiaussage: Er soll die Schnauze halten, sonst könne er gar nichts mehr sagen. Er sagte ja, sinngemäß. Die Worte stimmten nicht unbedingt, die so sind, aber sinngemäß sei er in diesem Sinne bedroht worden. Aber nicht Herr Raspe als der Ausführende einer solchen Drohung eventuell, sondern andere Leute. So hat er sich ausgedrückt.[vv]

OStA Ze[is]:

Herr Pracht, sind Sie sinngemäß nur[ww] mit Prügel bedroht worden oder auch noch mit anderem?

Zeuge Pr[acht]:

Also von Raspe persönlich mit Prügel? Nein.

OStA Ze[is]:

Und mit anderem? Schlimmeren als Prügel? Fielen mal[xx], um es ganz zu präzisieren, Herr Pracht, ich würde Sie bitten, vielleicht Ihr Erinnerungsvermögen ein bißchen anzustrengen, fielen mal[yy] sinngemäß Worte, die Sie als „umlegen“ ...

Zeuge Pr[acht]:

Nein.

OStA Ze[is]:

Sind Sie sich dessen ganz sicher? Darf ich davon ausgehen, daß Sie ja wohl nicht jeden Tag mit Umlegen bedroht werden. Das müßten Sie doch an und[zz] für sich, unterstellen wir mal, daß es[aaa] so gewesen wäre, ein Vorgang sein, der Ihnen noch in Erinnerung geblieben ist, Herr Pracht?

Zeuge Pr[acht]:

Also ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich glaube, das wäre irgendwie dann ein bißchen anders verlaufen, wenn mich jemand so bedroht hätte, also direkt so gesagt hätte: „Dann wirst du umgelegt“. Ich glaube ...

OStA Ze[is]:

Ich habe nicht von „direkt“ gesprochen, sondern ich habe gesagt, sinngemäß.

Zeuge Pr[acht]:

Ich weiß es nicht mehr.

[9558] OStA Ze[is]:

Sie wissen es nicht mehr. Dann darf ich Ihnen vielleicht zur Unterstützung Ihres Gedächtnisses aus dem Ordner 44, Blatt 45 folgendes vorhalten, und zwar war das diese richterliche Vernehmung. Ich gehe auch davon aus, daß Sie vor dem Richter die Wahrheit gesagt haben: „Als ich nach den Geschehnissen in Kaiserslautern Raspe zur Rede stellte und den Kontakt zu ihm abbrechen wollte“ - wie auf Seite 2, 2. Absatz des ... der Protokollanlage geschrieben -, äußerte Raspe sinngemäß: (Und, Herr Pracht, jetzt geben Sie bitte Acht:) „Leute, die abspringen wollen, können wir uns nicht leisten, die erwischen wir eines Tages doch“. Ende des Zitates. „Ich habe das ohne weitere Erläuterungen von ihm so aufgefaßt, daß man mich dann umlegen würde.“

Zeuge Pr[acht]:

Ich weiß es nicht mehr.

OStA Ze[is]:

Sagen Sie mal, haben Sie seit 72 irgendwie einen schweren Verkehrsunfall gehabt, bei dem Sie mit dem Kopf angestoßen sind? Ihre Gedächtnisschwäche läßt sich nur noch als retrograde Amnesie erklären, Herr Pracht.

Zeuge Pr[acht]:

Ich weiß nicht, ist das zulässig?

RA Geu[len]:

Ich möchte beanstanden, sowohl die Frage, als auch diese Polemik von Herrn Bundesanwalt Zeis.

RA Dr. He[ldmann]:

... (unverständlich) ...

Vors.:

Es war in der Tat keine Frage, sondern war ein Hinweis darauf, daß Sie sich, Herr Pracht, das muß ich bestätigen ...

Zeuge Pr[acht]:

Aber, wenn ich es effektiv nicht mehr weiß, dann wäre es doch verrückt, ich würd’ jetzt sagen: Na ja.

Vors.:

Herr Pracht, bitte lassen Sie mich das sagen. Es war in der Tat ein Hinweis darauf, welchen Eindruck Sie machen. Es ist nicht verfehlt, das zu sagen. Es bedurfte vieler Geduld mit Ihnen zu reden, bisher, denn es ist nicht glaubhaft, daß ein Zeuge so viel vergißt, wie Sie das angeben wollen. Aber ich muß nun zu diesem Punkte sagen: Ich habe Ihnen vorgehalten, es sei Ihnen gesagt worden, Sie sollen die Schnauze halten, sonst hätten Sie überhaupt keine Gelegenheit mehr, irgendetwas zu sagen. Das beinhaltet doch das. Das heißt, daß man Sie dann eben still machen würde. Und wenn Sie sagen, das ist mir sinngemäß gesagt worden, dann meine ich, hätten Sie mir das vorhin schon zugegeben. Ich wundre mich jetzt eigentlich, warum Sie gegenüber der Bundesanwaltschaft so zurückhaltend sind ...

[9559] Zeuge Pr[acht]:

Er will ja von mir wissen, ob die wörtliche Rede, die er zitiert, ob die so stimmt. Und ich kann das einfach nicht mehr sagen ...

Vors.:

Der Herr Bundesanwalt Zeis will nicht mehr wissen, ob es zutrifft, daß Sie das damals sinngemäß so verstanden haben, daß Sie Gefahr laufen, umgelegt zu werden. Und das meine ich, hätten Sie mir vorhin schon zugegeben.

Zeuge Pr[acht]:

Das ja.

Vors.:

Ich sehe das nur als eine Wiederholung der an sich schon gegebenen Antwort an; aber sie wird eben nochmals vertieft mit diesen Vorhalten.

RA Geu[len]:

Es war von „Umlegen“ bisher noch nicht die Rede, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ich habe von sinngemäß gesprochen ...

RA Geu[len]:

Der Herr Zeis wollte aber auf „Umlegen“ raus.

Vors.:

Deswegen darf der Herr Bundesanwalt Zeis ...

OStA Ze[is]:

Ich ... überhaupt nichts raus, Herr Rechtsanwalt Geulen. Ich habe einen Vorhalt gemacht.

RA Geu[len]:

(unverständlich).

Vors.:

Darf ich die Prozeßbeteiligten bitten, daß das über die Verhandlungsführung ordnungsgemäß abgewickelt wird. Deswegen hat ja Herr Bundesanwalt Zeis das Recht gehabt, der Frage nochmals nachzugehen, nämlich mit den eigenen Worten von Herrn Pracht.

Zeuge Pr[acht]:

Ja gut, und in dem Moment hat er mich ja auch fragen wollen, ob das mit dem „Umlegen“ war. Und wenn ich jetzt sage, daß ich mich nicht mehr daran erinnern kann, dann unterstellt er mir, daß ich einen Unfall hatte, mit einer ziemlichen Unverschämtheit. Ich weiß nicht, woher Sie das Recht hernehmen, mein Erinnerungsvermögen so zu diffamieren und so, irgendwo an die Wand zu klatschen, als ob ich hier einen „Schatten“ hätte.

Vors.:

Herr Pracht, es ist der Eindruck, den Sie erweckt haben, der forderte geradezu dazu heraus. Denn es sind einfache Dinge, die Sie gefragt worden sind, die an sich so selbstverständlich ...

Zeuge Pr[acht]:

Ich habe mir ja auch die Mühe gegeben ...

Vors.:

Ich habe es bemerkt, deswegen sagte ich Ihnen ja, Sie standen im Grunde Rede und Antwort. So habe ich es auch begriffen. Darf ich jetzt bitten, daß weitere Fragen gestellt werden.

OStA Ze[is]:

Herr Pracht, Sie haben ja die erste Aufforderung von Herrn Raspe, eine Wohnung in Frankfurt anzumieten, abgelehnt. Warum haben Sie denn dann die 2. Aufforderung [9560] von Herrn Raspe nicht abgelehnt? Sind Sie damals schon bedroht worden mit irgendetwas?

Zeuge Pr[acht]:

Also, soweit ich weiß, nicht. Also diese Wohnung in Kaiserslautern meinen Sie jetzt?

OStA Ze[is]:

Ja, warum haben Sie die angemietet, nachdem Sie ein halbes Jahr zuvor eine Wohnungsanmietung in Frankfurt abgelehnt hatten?

Vors.:

Herr Pracht, ich weise Sie auch in diesem Zusammenhang nochmals drauf hin, daß der § 55[ StPO] Ihnen hier unter Umständen zur Seite stünde, wenn Sie damit Dinge offenbaren müßten, die die Gefahr einer zusätzlichen Bestrafung, so was [bbb] gegenüber im früheren Verfahren, in sich bergen. Sie wissen, daß [ccc] eben damit auch Antworten verbunden wären[ddd], die nach Ihrer inneren Einstellung verbunden sind. Sie müssen Fragen, wenn Sie sich nicht auf [§ ]55[ StPO] berufen, aber dann wahrheitsgemäß beantworten. Sonst laufen Sie die Gefahr; und ich bin überzeugt, daß die Bundesanwaltschaft hier sehr Acht gibt, daß Sie Nachteile erleiden, weil Sie Ihrer Pflicht als Zeuge hier nicht nachkommen.[14] Die Pflicht trifft eben jeden Bürger.

Zeuge Pr[acht]:

Also ich weiß noch, daß es eine Rolle spielte, so halt eine Wohnung zu mieten, zur, wie nennt man das so, damit also Leute, die sonst in normalen Verhältnissen oder unter normalen Voraussetzungen schwer eine Wohnung kriegen, ein Unterkommen haben. Also ich weiß nicht, es gibt bestimmtes Aussehen oder bestimmtes Auftreten oder irgendwelche, wo Leute also sehr schwer eine Wohnung kriegen, weil sie so ... Also Sie wollen wissen, ob der Raspe mich gezwungen hat?

OStA Ze[is]:

Unter anderem. Aber der erste Teil der Frage war an und[eee] für sich der, warum haben Sie in Frankfurt es abgelehnt, eine Wohnung anzumieten? In Kaiserslautern dann, sind Sie dem doch nachgekommen.

Ende des Bandes 537.

[9561] OStA Z[eis]:

Der zweite Teil der Frage war, sind Sie eventuell von Herrn Raspe damals schon unter Druck gesetzt worden?

Zeuge Pra[cht]:

Also vielleicht unter so moralischen Druck, das kann sein. Also so: „Mann, mach doch mal, du kannst doch“, oder so. Aber nicht in dem Sinne so: „Wenn du es nicht tust, dann kriegst du was“. Dann hätte ich es nicht gemacht.

OStA Ze[is]:

Dann noch zu was anderem. Wieviel Garagen haben Sie denn eigentlich gemietet, in der Ginnheimer Landstraße?

Zeuge Pra[cht]:

Eine.

OStA Ze[is]:

Sind Sie sich dessen sicher?

Zeuge Pra[cht]:

Ja.

OStA Ze[is]:

Wieviel gleichartige oder wieviel verschiedene Schlüssel hatte denn die Garage?

Zeuge Pra[cht]:

Das weiß ich nicht mehr, ob die jetzt 1 Tor hatte oder 2. Also es war eine Doppelgarage, das weiß ich. Aber ich weiß jetzt nicht mehr, ob die Türe in der Mitte aufging für beide, also ob sie nur 1 Schloß hat oder ob jede Garagenhälfte 1 Tor hatte. Das weiß ich jetzt nicht mehr.

Rechtsanwalt Linke erscheint um 10.33 Uhr im Sitzungssaal.

OStA Ze[is]:

Bei Ihrer polizeilichen Vernehmung haben Sie es offenbar noch etwas genauer gewußt, Blatt 67 des vorgenannten Ordners. Frage: „Wurden Sie nicht von den Vermietern nicht dahingehend angesprochen, warum Sie gleich zwei Garagen mieten wollten? Nein.“ Dann die Angabe, das war die Zelle 13 und 14. Und dann noch: „Hatten Sie für beide Garagen einen Schlüssel oder nur für Ihre? Ich hatte nur für meine einen Schlüssel, Zelle 13, und Raspe, der hatte für 14 einen Schlüssel“.

Zeuge Pra[cht]:

Verstehen Sie, das ist eine Garage. Also so ein abgeschlossener Raum in so einer ganzen Kette. Da sind für zwei Autos Plätze drin.

OStA Ze[is]:

Die aber unter sich noch einmal abgeteilt sind?

Zeuge Pra[cht]:

Nein.

OStA Ze[is]:

Naja, dann verstehe ich nicht, wieso man zwei verschiedene Schlüssel braucht.

Zeuge Pra[cht]:

Ja, dann war es so, daß also zwei Türen da waren. Das heißt also, 1 Tor, wohinter aber 1 Raum war. Das heißt, 1 Tor mit zwei [9562] Eingängen und dahinter 1 Raum.

OStA Ze[is]:

Nein, nein, das kann nicht stimmen, Herr Pracht. Hier noch einmal: „Hatten Sie für beide Garagen einen Schlüssel oder nur für Ihre?“ und jetzt geben Sie bitte Acht, Ihre Antwort damals: „Ich hatte nur für meine einen Schlüssel und Raspe, der hatte Zelle 13, der hatte für 14 einen Schlüssel“.

Zeuge Pra[cht]:

Richtig. Aber ich hätte, wenn ich in 13 aufschließe, hätte ich reingehen können und hätte 14 von innen aufmachen können. Verstehen Sie, wie ich ...

OStA Ze[is]:

Ja, gut. Doch, ich verstehe Sie jetzt.

Dann nochmals etwas anderes zu Ihrem Personalausweis, den Sie Herrn Raspe zur Verfügung gestellt haben. Sie haben auf entsprechende Frage des Herrn Vorsitzenden gesagt, der Herr Raspe hätte bei diesem Besuch, Anfang Mai wohl, Ihren Bundespersonalausweis da rumliegen sehen. Würden Sie vielleicht noch einmal liebenswürdiger Weise Ihr Gedächtnis insoweit etwas anstrengen, ob es nicht doch anders gewesen sein kann?

Zeuge Pra[cht]:

Ich weiß es nicht.

OStA Ze[is]:

Herr Pracht, war es nicht so, daß Herr Raspe Sie gebeten hat, ihm Ihren Personalausweis zu zeigen und zwar mit der Begründung, damit er sehen könnte, ob es eine Besonderheit bei neuen Bundespersonalausweise gebe?

RA Dr. H[eldmann]:

Soll das ein Vorhalt sein? Dann bitte ich doch vielleicht bekanntzugeben, woher sie vorhalten. Herr Vorsitzender, möchten Sie nicht darauf hinwirken, daß Vorhalte, auch genannt ... als solche bezeichnet werden und in den Quellen angegeben werden, wenn Herr Zeis sich nicht dazu entschließen kann.

Vors.:

Es war wohl als Vorhalt gedacht, Herr ...

OStA Ze[is]:

Ja sicher. Es war dieselbe Blattzahl, aus der ich schon die ganze Zeit Vorhalte mache und ich nahm an und für sich an, daß man das auch dort drüben als selbstverständlich unterstellte.

RA Dr. H[eldmann]:

Richtig. Nur dürfen Sie es dann nicht in die Form der Frage kleiden, wie Sie es vorher getan haben, und 2. sich doch an die Regel halten, die hier jedenfalls für diese Seite aufgestellt worden ist, jeweils die Quelle zu zitieren.

OStA Ze[is]:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie haben da manchmal einen Ordner dabei, ich weiß nicht, was Ihnen dann an und für sich die Inhaltsangabe viel bringt, aber ich habe es vorhin getan.

[9563] RA Dr. H[eldmann]:

Auch die Angeklagten wußten nicht, was die von Ihnen verlangten Angaben etwa Ihnen bringen sollten.

Vors.:

Darf ich darauf hinweisen. Wenn es ginge, wäre ich sehr dankbar, daß man jetzt dieses Gespräch abbricht. Wenn Sie so freundlich sind, benennen Sie die Seitenzahl.

OStA Ze[is]:

Ja, selbstverständlich, das ist Ordner 44 Blatt 47, aus dem ich schon die ganze Zeit Vorhalte mache.

Vors.:

So ist es. Wir haben also heute noch ein weiteres Beweisprogramm vor uns und ich bitte, nicht die Zeit mit solchen unnötigen Verzögerungen hier zu verbrauchen.

Herr Pracht, können Sie die Antwort geben. Es ist Ihnen vorgehalten worden, es ist gleichzeitig aus der Art des Vorhalts wohl eine Frage herauszulesen. Können Sie darauf eine Antwort abgeben?

Zeuge Pra[cht]:

Also es ist möglich. Ich weiß jetzt nicht mehr, ob der Ausweis da gelegen hat oder ob er gefragt hat: „Kann ich den Ausweis mal sehen?“ Ich weiß es nicht mehr.

OStA Ze[is]:

Danke. Ich habe keine Fragen mehr.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Holland?

OStA Ho[lland]:

Herr Pracht, nochmal was anderes. Und zwar hätte ich gerne mal von Ihnen gewußt, wie es nach dem Kaiserslauterner Banküberfall weitergegangen ist, mit der von Ihnen in Kaiserslautern angemieteten Wohnung?

Zeuge Pra[cht]:

Ich weiß noch, daß ich dort angerufen habe, das weiß ich noch.

OStA Ho[lland]:

Unter Ihrem Namen Schütz oder ... unter dem angenommenen Namen Schütz oder jetzt unter Ihrem richtigen Namen. Oder anders formuliert: Haben Sie sich nun dem Hauseigentümer oder dem Vermieter gegenüber offenbart?

Zeuge Pra[cht]:

Das weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, daß ich angerufen hab, um in dem Moment herauszukriegen, ob die Wohnung mit dem Banküberfall in Zusammenhang steht oder nicht.

OStA Ho[lland]:

Ist Ihnen da irgendeine Auskunft zuteil geworden?

Zeuge Pra[cht]:

Also soweit ich noch weiß, hat der Vermieter ... ich weiß nicht mehr.

OStA Ho[lland]:

Oder andersrum gefragt, Herr Pracht: Irgendwie müssen Sie die Wohnung ja mal losgeworden sein. Wie ist das geschehen, was haben Sie dazu getan?

Zeuge Pra[cht]:

Ich weiß noch, er hat mir, glaube ich, gesagt ... Also ich sag es jetzt sinngemäß nur, als ob dort Unordnung gewesen wär [9564] oder irgend etwas, ich weiß nicht genau was. Und ich wußte ja gar nicht, wer in der Wohnung ist und hab ihm gesagt, einfach so, damit er nicht, was weiß ich, halt irgendwie so sich betrogen fühlt oder so. Da habe ich ihm gesagt, ich würde mit den Leuten, die da irgend etwas gemacht hätten, ich weiß nicht mehr, was er mir gesagt hat, er hat sich über irgend etwas beschwert. Und da habe ich ihm gesagt, ich würde mit den Leuten reden. Das weiß ich noch.

OStA Ho[lland]:

Könnte es sein, daß dieser Wohnungsgeber sich darüber beschwert hat, daß man die Wohnung offenstehend leer verlassen hat?

Zeuge Pra[cht]:

Ja genau, irgend so etwas, die Wohnung war offen oder so. Und er hat gesagt, da wärs also schmutzig darin gewesen.

OStA Ho[lland]:

Dann noch ein letztes, Herr Pracht. Hat Sie Herr Raspe nach diesem Banküberfall in irgendeiner Form beraten, wie Sie sich bei diesem Wohnungseigentümer oder wie Sie sich gegenüber diesem Wohnungseigentümer nun verhalten sollten?

Zeuge Pra[cht]:

Nein.

OStA Ho[lland]:

Haben Sie von sich aus nicht mal so ein Gespräch mit Raspe gesucht. Ich mein’, Sie waren ja in dem Augenblick, als Sie nun Ihre Verdachtsmomente entwickelten, müssen Sie ja doch irgendwie verunsichert gewesen sein?

Zeuge Pra[cht]:

Also Sie meinen, wie ich mich von dem Wohnungseigentümer ...

OStA Ho[lland]:

Ja, ja eben, wie Sie sich gegenüber dem Wohnungseigentümer zu verhalten hätten. Ob in dieser Hinsicht nun eine Beratung durch Raspe stattgefunden hat? Der einfach zu Ihnen gesagt hat: „Nun hör mal, was mach ich denn jetzt?“

Zeuge Pra[cht]:

Nein. Soweit ich mich erinnern kann, nicht.

OStA Ho[lland]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Bundesanwalt Widera?

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Pracht, dem Herrn Vorsitzenden haben Sie vorhin gesagt, in der Vernehmung, die der Herr Fincke durchgeführt hat, stünde einiges drin, was nicht der Wahrheit entspräche. Das erkläre sich durch die Hektik, in der das damals erfolgt sei. Lief die Vernehmung über einen Tag oder über mehrere Tage?

Zeuge Pra[cht]:

Ich weiß noch, daß sie an einem Abend unterbrochen wurde wegen dem Fußballspiel, daß die Kriminalbeamten alle Fußball gucken wollten und mich also deshalb nach Hause geschickt haben. Wieviel Tage, zwei waren es auf jeden Fall, wenn nicht drei.

[9565] Reg. Dir. W[idera]:

Zwei waren es auf jeden Fall. Wie lief die Vernehmung technisch ab? Haben Sie Antworten gegeben, die dann der Herr Fincke diktiert hat? Haben Sie Antworten gegeben, die direkt eine Schreibkraft aufgenommen hat, oder haben Sie etwa gar auf ein Tonband gesprochen?

Zeuge Pra[cht]:

Es wurde erst gefragt und dann lief also das Tonband nicht. Und dann hab ich also geantwortet und dann hat also der Herr Fincke die Antwort so noch ein bißchen gewendet und geguckt, stimmt die zum ... und was weiß ich.

Reg. Dir. W[idera]:

Und wer hat dann diese gewendete Antwort ins Mikrofon und damit aufs Tonband gegeben?

Zeuge Pra[cht]:

Also ich hab dann gesprochen. Es gab dann immer so ein Moment, wo er das Tonband intakt setzte und sprach seine Frage drauf, stoppte und hat mich dann gefragt, und manchmal ist es dann zurückgelaufen, gelöscht worden ...

Reg. Dir. W[idera]:

Hatten Sie am Schluß der Vernehmung Gelegenheit, das, was aufgenommen war, zu lesen?

Zeuge Pra[cht]:

Ja.

Reg. Dir. W[idera]:

Haben Sie dabei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Änderungen vorzunehmen, Ergänzungen anzubringen?

Zeuge Pra[cht]:

Also ich weiß, daß ich die Möglichkeit zur Korrektur hatte, aber ich weiß jetzt nicht, ob ich im Einzelnen korrigiert hab und wo, wenn ja.

Reg. Dir. W[idera]:

Kann es sein, daß Sie Korrekturen und Ergänzungen vorgenommen haben?

Zeuge Pra[cht]:

Ja, das ist möglich.

Reg. Dir. W[idera]:

Das kann sein. Dann brauche ich den Vorhalt nicht mehr zu machen. Dankesehr.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis?

OStA Z[eis]:

Ich hab noch eine einzige Frage. Haben ich Sie vorher richtig verstanden, daß Sie auf die Frage des Herrn Vorsitzenden gesagt haben, Sie hätten nur einmal eine Waffe bei Herrn Raspe gesehen?

RA Dr. H[eldmann]:

Unzulässig, Wiederholungsfrage. Es geht nicht an, daß Wiederholungsfragen verkleidet werden, indem von Herrn Bundesanwalt Zeis die Stereotype benutzt: „Habe ich sie vorher richtig verstanden“.

Vors.:

Ich habe den Eindruck, daß der Herr Bundesanwalt Zeis daran erst seine Frage knüpfen will und nur zu diesem Zwecke sich vergewissert.

OStA Z[eis]:

So ist es, Herr Vorsitzender.

[9566] RA Dr. H[eldmann]:

Er hat gesagt, eine einzige Frage hat er.

OStA Z[eis]:

Es befremdet mich allerdings, daß ausgerechnet von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wie aus dem Protokoll hier nachzulesen ist, meistens Wiederholungsfragen kommen, jetzt eine Beanstandung kommt.

RA Dr. H[eldmann]:

Um so mehr sollten Sie sich enthalten, wo Sie am liebsten rügen.

Vors.:

Ja. Ich darf darauf hinweisen, an sich der Einwand von der Gegenseite war bei der relativ strengen Handhabung, die auch in anderen Fällen gehandhabt wurde, durchaus nicht von der Hand zu weisen. Aber ich habe es dahin verstanden, daß Sie nur zwecks Stellung einer Frage sich da nochmals vergewissern wollten und in der Tat, ich habe die Frage nicht gestellt gehabt, sie war vom Herrn Dr. Breucker gestellt worden. Sie scheint Ihnen entgangen zu sein, deswegen bitte ich also um die Antwort. Herr Pracht, haben Sie nur einmal die Waffe gesehen? Haben Sie vorhin angegeben, Sie hätten sie nur einmal gesehen? Es kommt auch nur darauf an, was Sie vorhin angegeben haben zu dem Punkt.

Zeuge Pra[cht]:

Habe ich vorhin gesagt, ja.

OStA Z[eis]:

Würden Sie vielleicht die Liebenswürdigkeit haben, auch in diesem Fall noch einmal Ihr Gedächtnis zu überprüfen?

RA Geu[len]:

Ist das eine Frage, Herr Bundesanwalt oder ...

OStA Z[eis]:

... Vorhalt, Herr Rechtsanwalt Geulen. Wenn Sie vielleicht schon länger in Strafprozessen wären, dann würden Sie es merken, was es ist.

Vors.:

Es ist selbstverständlich auch eine Frage. Herr Rechtsanwalt Geulen, ich bitte Sie jetzt wirklich, das ist unnötige Zeit, die verschwendet wird. Wenn man ihn bittet, er solle das Gedächtnis nochmal überprüfen, dann heißt es, bleiben sie bei nochmaliger Überprüfung ihres Gedächtnisses dabei.

RA Geu[len]:

Ja, in der Form ist die Frage zulässig.

RA Dr. H[eldmann]:

So wäre es nicht beanstandet worden.

Vors.:

Ja aber so ist es doch zu verstehen. Wir gebrauchen hier alle Formulierungen, die nicht jedes Mal korrekt als Frage erscheinen, aber so verstanden werden können. So war es ja auch gemeint. In dieser Form bitte ich Sie auch, Herr Pracht, daß Sie sie beantworten. Der Herr Bundesanwalt will Sie nochmals daran erinnern, ob Sie wirklich, wenn Sie Ihr Gedächtnis überprüfen, dabei bleiben können, daß nur einmal die Waffe gesehen worden ist.

[9567] Zeuge Pra[cht]:

Also, ja.

OStA Z[eis]:

Gut. Dann will ich Ihnen folgenden Vorhalt machen aus Ordner 44 Blatt 93 und zwar im Zusammenhang mit der Ausweisgeschichte: „Er sagte dann: „Du zeig mir doch mal Deinen Personalausweis, ich will mal sehen, wie die jetzt aussehen“. Ich habe ihm den auch einmal gezeigt, guckte sich den an und sagte: „Du ich nehme den mal mit, Du kriegst ihn morgen wieder“. Ich sagte: „Nein, damit bin ich nicht einverstanden“. Er sagte: „Stell Dich nicht so blöd an, wie gesagt, bis morgen“ und verschwand. Ich habe auch nicht gewagt Ihn zurückzuhalten, weil er mir viel zu gefährlich erschien, weil er ständig bewaffnet war.“ Frage: „Wußten Sie, daß er ständig bewaffnet war?“ Antwort: „Ja, die Pistole hat er immer in der Hose gehabt.“ Handschriftlicher Zusatz von Ihnen: „Ich kann aber nicht sagen, ob es eine scharfe Waffe oder gar eine Gaspistole war.“

Ich habe dann keine Frage mehr, Herr Vorsitzender, danke.

Vors.:

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge Wolfgang Pracht bleibt gem. § 60 Nr. 2 StPO[fff][15] wegen des Verdachts der Beteiligung an der Tat unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.49 Uhr entlassen.

Pause von 10.49 Uhr bis 11.03 Uhr

In der Pause übergab Rechtsanwalt Dr. Augst eine Fotokopie seiner Bestallungsurkunde zu Protokoll.
Die Fotokopie der Urkunde wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.03 Uhr ist der Zeuge KHK Klaus-Dieter Eimecke anwesend.
Rechtsanwalt Künzel ist nicht mehr[ggg] anwesend.

Vors.:

So wir können die Sitzung, wie ich sehe, fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet. Es hat sich länger hingezogen, als wir vermutet haben, Herr Eimecke. Bitte rasch die Personalien.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

[9568] Zeuge Klaus-Dieter Eimecke

Klaus-Dieter Eimecke, 41 Jahre alt, Kriminalhauptkommissar beim Bundeskriminalamt in Bonn-Bad Godesberg, Friedrich-Ebert-Str. 1,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Eimecke, ist Ihnen die Garage Frankfurt, Ginnheimer Landstraße 42 ein Begriff?

Rechtsanwalt Künzel erscheint wieder[hhh] um 11.04 Uhr im Sitzungssaal

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, es war eine Doppelgarage in einem Riesenhof mit weiteren Garagen. Ich glaube, es waren die Garagen 13 und 14, wenn ich mich richtig erinnere.

Vors.:

Richtig, ja. Jedenfalls nach den Unterlagen könnte das so sein. Können wir davon ausgehen, daß diese Garagen irgendwie in den Verdacht geraten sind, für diese Ermittlungen im Zusammenhang mit den Angeklagten von Bedeutung zu sein, und daß Sie an der Durchsuchung dieser Garagen beteiligt waren?

Zeuge Eim[ecke]:

Ich war zu der Zeit umgesetzt zur Arbeitsgruppe Sprengstoff Wiesbaden und wir erhielten von der SoKo Frankfurt einen Anruf, daß man eine Doppelgarage gefunden hätte, aufgemacht hätte und man dort Fahrzeuge gefunden hat und eventuell Zusammenhänge zu der Baader-Meinhof-Bande beständen. Aus diesem Grunde sind wir dann von Wiesbaden aus zu den Garagen gefahren und haben mit den Frankfurter Kollegen dann dort durchsucht und asserviert.

Vors.:

Und wenn Sie uns ganz kurz zusammenfassend schildern können, wie war der Ablauf, das Ergebnis. Hat sich der Verdacht, der Ihnen angedeutet worden ist, dem Anschein nach bestätigt?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, ich sehe vorne gerade eine Kelle. Als wir sie fanden, waren rötliche Anhaftungen an dieser Kelle. Wie ich dann später erfahren habe, sind diese Anhaftungen untersucht worden und verglichen worden mit selbst hergestelltem Sprengstoff, aus den delaborierten[iii] Bomben, und ich glaube, die Anhaftungen und dieser Sprengstoff stimmten in etwa überein. Des weiteren wurde ein Sack, ich glaube, hinten rechts in der Ecke gefunden, mit einer körnigen Sub- [9569][16] [9570] stanz als Inhalt. Auch diese Substanz wurde später als Bestandteil des selbstgefertigten Sprengstoffs identifiziert. Als weiteres standen dort zwei Fahrzeuge. Ein VW-Variant 411 und ein NSU-Prinz. Diese Fahrzeuge stellten sich als entwendete raus. Es waren, glaube ich, noch, das kann ich nicht genau sagen, ob es zwei Sender und 1 Empfänger oder umgekehrt war. Diese Geräte, meine ich, wurden später dem SPK Heidelberg[17] zugerechnet. Dann ein grünes Tuch, da kann ich auch nicht mehr sagen, ob da eine Ecke rausgeschnitten war. Ein vergleichbares Tuch ist, glaube ich, bei dem Bombenanschlag in Hamburg, Springer-Hochhaus,[18] benutzt worden, um eine Bombe zu tarnen oder einzuwickeln. Von dieser körnigen Masse, von der ich vorhin erzählte, war noch einiges ausgeschüttet, unten auf der Erde. Es war die gleiche Substanz, wie in dem Sack enthalten. Das meine ich, war so das Wichtigste gewesen.

Vors.:

Können Sie uns bestätigen, daß man so vorgegangen ist, daß man den ganzen Raum der zu durchsuchen, zu untersuchen und dessen Fundstücke zu asservieren waren, in Quadrate aufgeteilt hat.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja. Wir haben erst die Fahrzeuge rausgeschoben und die wegtransportieren lassen zum BKA mit Spezialfahrzeugen, so daß die Fingerabdrücke, die eventuell an den Fahrzeugen waren, noch erhalten blieben. Dann haben wir die ganze Garage, den Boden in Quadrate aufgeteilt und dann bezeichnet von 1-16. Und dann quadratmäßig immer die dort vorhandenen Gegenstände gesichert.

Vors.:

Ja. Und diese gesicherten Gegenstände, was ist mit denen weiter geschehen?

Zeuge Eim[ecke]:

Die sind dann zum BKA gekommen, wurden dort asserviert und auch dann zur technischen Untersuchung geschickt.

Vors.:

Sind Sie bei der Durchsuchung, das haben Sie schon mitgeteilt, bei dieser Auflistung dann beim Bundeskriminalamt beteiligt gewesen?

Zeuge Eim[ecke]:

Das kann ich heute nicht mehr sagen. Aber wahrscheinlich wohl, denn wir waren nur mit drei Beamten dort und wir sind mit zwei Beamten wieder zurückgefahren. Ich werd wahrscheinlich maßgeblich da mit dran beteiligt gewesen sein, zumal ich es auch fotografisch gesichert hab.

Vors.:

Wir wollen Ihnen hier vorlegen Blatt 72-87 des Ordners 110. Es handelt sich hier um eine Asservatenliste. Vielleicht können Sie sich durch den äußeren Eindruck besser erinnern, ob Sie an der Erstellung dieser Liste mitbeteiligt gewesen sind?

[9571] Dem Zeugen wind die Asservatenliste aus Ordner 110 Blatt 72 bis 87 vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob er bei der Erstellung dieser Liste beteiligt gewesen ist.

Zeuge Eim[ecke]:

Ich kann heute nicht mehr sagen, ob wir die einzelnen Gegenstände schon in der Garage in Säcke verpackt haben. Ich weiß nur, daß wir immer nach Quadraten asserviert haben und ich meine, daß wir dieses Protokoll später in Wiesbaden erstellt haben, nach Quadraten gesondert asserviert haben.

Vors.:

Das würde bedeuten, Sie erinnern sich jetzt angesichts dieser Liste, daß Sie an der Listenerstellung möglicherweise oder sicher oder einigermaßen sicher - das müßten Sie uns noch sagen - beteiligt waren.

Zeuge Eim[ecke]:

Hier z.B. mit dem Kofferraum Variant - sehe ich hier gerade - die Liste habe ich erstellt, da bin ich noch in der Garage gewesen, und habe das auch in der Garage selbst geschrieben.

Vors.:

Es liegt ein Vermerk vor, die Bundesanwaltschaft hat sich später danach erkundigt, weil die Liste nicht unterschrieben ist, wer sie erstellt hat. Ich halte Ihnen vor, daß das Ergebnis dieser Anfrage der Hinweis war, die Liste sei erstellt worden von Herrn Tietgen und Ihnen.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, wie gesagt, wir waren zwei Beamte, also drei, Fernstädt, Tietgen und ich, dort am Tatort und wir haben dann auch, wie mir erinnerlich ist, dann später auch garantiert die Listen dann geschrieben.

Vors.:

Können Sie das also, wenn Ihnen das jetzt auch nochmals zur Gedächtnisstütze vorgehalten ist, bestätigen, daß Sie bei der Listenerstellung beteiligt waren?

Zeuge Eim[ecke]:

Das kann ich jetzt bestätigen, nach Vorhalt.

Vors.:

Wir wollen Ihnen dann Gelegenheit geben, diese Stücke, die hier auf dem Tisch liegen, sich anzusehen, wobei Sie bitte uns mitteilen sollen, wenn Sie die Dinge sehen, ob Sie sie als Beweisstücke wiedererkennen, etwa der Art nach, ob solche Gegenstände gefunden wurden oder ob Sie sogar anhand bestimmter Merkmale sagen können: „Das waren solche, die Gegenstände, die ich damals gesehen habe“. Es handelt sich jetzt um das Asservat E 22 I 5 Garage Pos. 1.

[9572] Dem Zeugen wird das Asservat
E 22 I-5/Garage Pos. 1 -1 Schöpfkelle-
vorgelegt.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das ist die Kelle, von der ich vorhin sprach. Man sieht hier drin auch noch die roten Anhaftungen, die dann später untersucht wurden. Wie sich dann später herausstellte, waren es Bestandteile des selbstgefertigten Sprengstoff, die an dieser Kelle waren.

Vors.:

Sie erinnern sich also an diese Kelle?

Zeuge Eim[ecke]:

An diese Kelle, ja.

Vors.:

Dann das Asservat Pos. 13, nein, Pos. 3.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 22 I -5/Garage Pos. 3 -1 Plastiksack mit weißem Inhalt- vorgelegt.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das ist der Sack mit dieser körnigen Masse da drin. Das ist jetzt ziemlich zusammengepappt. Das waren so kleine Körnchen, damals war es noch nicht so in Klumpen zusammengefaßt.

Vors.:

Sie können sich ruhig mal von der Substanz überzeugen, wenn Sie wollen, ob Sie es wieder erkennen als ein damals gefundenes Asservat?

Zeuge Eim[ecke]:

Das ist jetzt feucht geworden. Damals war es trocken und regelrecht körnig, etwa wie Sago sah es aus. Und von diesen Körnern lagen auch noch in der Garage auf der Erde.

Vors.:

Nun ist ja das Ding in einem Sack. Haben Sie den Sack damals so gesehen oder in Erinnerung noch? Oder ist es umgefüllt worden?

Zeuge Eim[ecke]:

Das kann ich heute nicht mehr sagen. Ich weiß nur, daß es in einem Sack war. Ob es nun dieser war oder ein ähnlicher, das kann ich heute nicht mehr sagen.

Vors.:

Dankeschön. Aber jedenfalls Material dieser Art ist gefunden worden, wenn auch in trockenerem Zustand als das jetzt hier Ihnen vorgeführt wird. Dann bitte ich noch die Pos. 81.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 22 I-5/Garage Pos. 81 -1 grünes Tuch-
vorgelegt.

Zeuge Eim[ecke]:

Das ist dieser grüne Stoff, von dem ich sprach, der auch vorne rechts irgendwo in der Ecke lag. Und ich meine, es hat sich später herausgestellt, daß aus solchem vergleichbaren Stoff, ich weiß nicht, [9573] ob nun aus diesem, was rausgeschnitten war, oder aus vergleichbarem Stoff wenigstens die Bombe getarnt war, die in Hamburg im 10. oder 11. Stock gefunden und dann später delaboriert wurde.

Vors.:

Sie können also bestätigen, Stoff dieser Art dort gesehen zu haben.

Zeuge Eim[ecke]:

Grüner Stoff ist dort auch gefunden worden und asserviert worden.

Vors.:

Also dann legen wir jetzt noch das Asservat 47 vor.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 22 I-5/Garage Pos. 47 - 1 Tesaband, grau -
vorgelegt.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, dort war an den Fahrzeugen offensichtlich manipuliert worden und es lagen verschiedene Werkzeuge, Kleinteile, Schrauben u.a. auch Isolierband, oder wie man es benennen soll, dort auf der Erde rum. Ich weiß, daß so etwas asserviert worden ist. Ob dieses nun genau das Teil ist, ich meine, wenn hier die Asservatennummer drauf steht, ist es das Teil, was dort gefunden wurde. Ich kann mich heute an dieses Einzelteil selbst nicht mehr entsinnen.

Vors.:

Dankeschön.

Sämtliche dem Zeugen vorgelegten und erläuterten Asservate wurden vom Gericht in Augenschein[19] genommen.
Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Gemäß § 249 StPO[20] werden[jjj] von der Asservatenliste Ordner 110 Blatt 72 ff der Kopf des Protokolls und folgende Positionen verlesen:
E 22 I 5 Pos. 1, Pos. 3, Pos. 45, Pos. 47,[kkk] Pos. 51, Pos. 52
Blatt 76, Pos. 59.
Blatt 77, Pos. 79, Pos. 80.
Blatt 78, Pos. 81, Pos. 82, Pos. 83.

Vors.:

Dankeschön. Das Protokoll ist, wie ja schon vorhin erwähnt wurde, nicht unterzeichnet. Aber Sie haben sich wieder daran erinnert, an der Erstellung beteiligt gewesen zu sein. Herr Eimecke, können Sie bestätigen, daß die Stücke, die hier in der Liste aufgezeichnet sind, Ihnen selbst auch vorgelegen haben, so daß Sie sich dafür verbürgen können, daß nichts eingetragen ist, was nicht tatsächlich Ihnen vorgelegen hat?

[9574] Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das kann ich. Es ist nur das eingetragen worden, was in der Garage sichergestellt wurde.

Vors.:

Nun noch zu den Pos. 51 und 52. Es handelt sich hier um Bodenproben. Es wird gesprochen von rotem und grauem Gemisch. Erinnern Sie sich an die Asservierung?

Zeuge Eim[ecke]:

Ich hatte ja gesagt, daß z.B. von der Masse und auch anderes auf der Erde in der Garage lagen, und dort haben wir dann jeweils, wo etwas mehr dieser Substanzen lag, Bodenproben genommen, in kleine Tütchen gefüllt und haben es untersuchen lassen.

Vors.:

Dankeschön. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Nein. Die Herrn Verteidiger nicht. Sie haben bereits hier den Eid abgelegt, bei einer früheren Vernehmung.

Der Zeuge KHK Eimecke versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[21] und wird im allseitigen Einvernehmen um 11.13 Uhr entlassen.

Die auf 10[lll] Uhr geladenen Zeugen KHM Bernd Fincke und KOK Ernst Baer erscheinen um 11.19 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugen KHM Fincke und KOK Baer werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Zeugen KHM Fincke und KOK Baer erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge KOK Baer wird um 11.21 Uhr in den Abstand verwiesen.

Vors.:

Ich darf zunächst um Ihre Personalien bitten.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

Zeuge KHM Fincke

Bernd Fincke, 28 Jahre alt,
Polizeibeamter, wohnh. Frankfurt/Main, z.ld.ü. Polizeipräsidium Frankfurt, Friedrich-Ebert-Str. 11,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

[9575] Vors.:

Herr Fincke, ist Ihnen die Wohnung, Frankfurt, Raimundstraße 104 3. Etage, Wohnungsnummer 2033 ein Begriff?

Zeuge Fin[cke]:

Ja.

Vors.:

Durch welche Umstände ist Ihnen diese Wohnung bekannt geworden?

Zeuge Fin[cke]:

Und zwar war[mmm] das im Juni 1972. Ich gehörte damals dem Hessischen Landeskriminalamt an und wir bekamen einen Hinweis, daß diese Wohnung als Unterschlupf für anarchistische Gewalttäter dienen sollte. Es setzte daraufhin eine routinemäßige Überprüfung ein und wir konnten feststellen, daß Schlüssel, die bei Festnahmen der Carmen Roll[22] und auch bei der Festnahme von Frau Meinhof sichergestellt werden konnten, sowohl für die Haustüre des Anwesens, als auch für die besagte Wohnung paßten. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Frankfurt haben wir dann die Wohnung durchsucht. In der Wohnung konnte niemand mehr angetroffen werden. Die Wohnung war auch fast leer. Es waren also keine Möbel vorhanden, bis auf wenige verdorbene Lebensmittel war auch sonst nichts da.

Vors.:

Haben Sie selbst das wenige, was nun gesichert worden ist, mitgesichert oder war das die Aufgabe anderer Beamten.

Zeuge Fin[cke]:

Das war die Aufgabe anderer Beamten.

Vors.:

Haben Sie selbst eine Erinnerung daran, was mit den Türschlössern geschehen ist?

Zeuge Fin[cke]:

Das Schloß aus der Wohnung ist ausgebaut worden und dem Bundeskriminalamt zur Untersuchung zugeleitet worden.

Vors.:

Sind Sie selbst dabei gewesen, bei dem Ausbau oder haben Sie das unmittelbar mit verfolgen können, bei Ihren Aufträgen.

Zeuge Fin[cke]:

Wenn ich mich recht entsinne, war ich unmittelbar dabei.

Vors.:

Wir wollen Ihnen, wir haben hier ein Schloß vorliegen, ein Zylinderschloß E 27 Pos. 1. Wir wollen es dem Herrn Zeugen vorführen, mit der Bitte, daß Sie sich äußern, ob Ihnen dieses Schloß irgend etwas besagt?

Dem Zeugen wird das Asservat
E 27 Pos. 1. - Zylinderschloß -
vorgelegt.
Dieses Asservat wird in Augenschein genommen.

Zeuge Fin[cke]:

Ja das ist ein übliches Schloß. Es war auch in der Wohnung drin. Aber jetzt besondere Merkmale, daß es ausgerechnet diese Wohnung war ...

Vors.:

Das können Sie nicht angeben. Können Sie sagen, wenn Sie unmittel- [9576] bar dabei gewesen sein sollten, ob es ein Schloß dieser Art war, insbesondere was Größe und Metallzustand usw. ...

Zeuge Fin[cke]:

Das ist richtig. Ein ähnliches Schloß dieser Art war es.

Vors.:

Dankeschön. Haben Sie selbst auch die Schlüssel gesehen oder gar mal eine Schließprobe gemacht?

Zeuge Fin[cke]:

Ja, ich selbst habe die Schließprobe gemacht.

Vors.:

Sie selbst haben also die Schlüsselprobe gemacht, sagen Sie ...

Zeuge Fin[cke]:

Ja, und zwar vor der Durchsuchung.

Vors.:

Wissen Sie noch mit welchen Schlüsseln, von beiden Personen, die Sie genannt haben oder?

Zeuge Fin[cke]:

Die erste Probe war mit Schlüsseln der Carmen Roll und später glaube ich, nach der Durchsuchung, habe ich dann auch die Schlüssel von Frau Meinhof ausprobiert. Aber da war das Schloß noch eingebaut.

Vors.:

Und die Funktion?

Zeuge Fin[cke]:

Es ließ sich[nnn] einwandfrei schließen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Ma[ier]:

Zunächst ergänzend, Herr Fincke, weil Sie sich mit dem Ausbau des Schlosses nicht so ganz sicher zu sein schienen. Wir haben im Ordner 55 Blatt 168 ein Anschreiben an das Bundeskriminalamt vom 7.7.1972, unterzeichnet vom Herrn Kindermann. Und da befindet sich oben links ein Aktenzeichen D/F 1117 und dann die beiden Buchstaben FK. Herr Kindermann hat uns gestern gesagt, das deutet darauf hin, daß Sie der Sachbearbeiter in der Sache waren und dann wohl auch das Schloß ausgebaut hätten. Ich darf Ihnen vorhalten, es heißt in dem Anschreiben: [ooo] „Es wird das Türschloß Raimundstr. 104 übersandt, das ausgebaut worden sei. Zu diesem Schloß passen[ppp] Schlüssel Carmen Roll und ein Winkhausschlüssel C 6.4.2 Pos. 111 B, welchen Ulrike Meinhof bei Ihrer Festnahme in Hannover bei sich führte.“ Unterstützt das Ihr Gedächtnis und Ihre Angabe, daß Sie beim Ausbau des Schlosses zugegen waren?

Zeuge Fin[cke]:

Ja, ich sagte, soweit ich mich entsinnen kann, war ich zugegen.

Richter Ma[ier]:

Ja, dankeschön.

Vors.:

Sie haben eben erwähnt, daß das Schreiben von Ihnen selber verfaßt wurde.

Zeuge Fin[cke]:

Das wurde von mir verfaßt.

Dem Zeugen wird das Orginalschreiben aus Ordner 55 Blatt 168, mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob dieses Schreiben von ihm verfaßt wurde.

[9577] Zeuge Fin[cke]:

Ja, das ist das Schreiben, das habe ich verfaßt.

Vors.:

Die Asservatennummer, die C 6.4.2, die hier vermerkt ist, die lag Ihnen damals offenbar also schon vor?

Zeuge Fin[cke]:

Die lag mir vor, ja.

Vors.:

Danke. Herr Dr. Foth, bitteschön?

Richter Dr. Fo[th]:

Herr Fincke, der Senat hat Sie gebeten, sich zur Haustüre des Hauses Frankfurt, Oberlindau 67, zu begeben und sich diese Tür mal anzuschauen. Wenn Sie darüber berichten könnten, wie Sie diese Tür angetroffen haben? Zur Unterrichtung der Beteiligten: Es wurde am 4. Februar 76 der Beweisantrag gestellt, der Senat möge einen Augenschein einnehmen im Hause Oberlindau 67 zum Beweis dafür, daß man durch diese Türe hindurch eine Person, die sich innen befindet, nicht wahrnehmen könne. Und der Senat hat zunächst einmal den Herrn Fincke gebeten, daß er sich diese Tür mal anschaue und dem Senat darüber berichte[qqq].

Zeuge Fin[cke]:

Ja, ich hab das auch gemacht und zwar handelt es sich hier um den Eingang zur Eppsteiner Straße. Der Eingang ist verglast und zwar mit einem Milchglas. Die Tür selbst ist mit einem etwa 4-5 mm starken Plexiglas versehen. Es konnte bei einer Prüfung festgestellt werden, daß die Milchglasscheibe es nicht zuläßt, eine Person von außen zu erkennen, die sich in dem Raum aufhält und auch nicht umgekehrt. Lediglich wenn man unmittelbar an die Scheibe herantritt, d.h., die Person, die man erkennen will, wenn die unmittelbar hinter der Scheibe steht bei dem Milchglas, dann ist schemenhaft etwas zu erkennen. Allerdings ist es nicht möglich, zu sagen, ob das jetzt z.B. eine Frau oder ein Herr wäre. Eine bessere Sicht hat man durch die Plexiglasscheibe, obwohl auch hier die Sicht nur sehr beschränkt möglich ist, etwa wenn man von außen nach innen sieht. Wenn sich die Person bei beleuchtetem Raum etwa bis 1 m hinter der Scheibe aufhält, dann kann man sie noch schemenhaft erkennen. Kleidungsstücke, wenn z.B., die Frau Gebhard war mit mir am Objekt und Sie hatte ein leuchtendes Kostüm an und das konnte man also ganz gut erkennen.

Richter Dr. Fo[th]:

Dankesehr.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Nein. Wir können uns dann noch erkundigen nach dem Mietvertrag und gewissen Belegen, die in der Wohnung gesichert worden sind. Waren Sie selbst beteiligt an der Sicher- [9578] stellung schriftlicher Unterlagen, die diese Wohnung betroffen haben?

Ende von Band 538

[9579] Zeuge Fi[ncke]:

Ja aber nicht die in der Wohnung selbst gesichert worden sind, sondern später die von Geldinstituten herangezogen worden sind.

Vors.:

Und wie steht es mit dem Mietvertrag?

Zeuge Fi[ncke]:

Den habe ich nicht selbst herangezogen.

Vors.:

Haben Sie ihn, da Sie ja offenbar Sachbearbeiter gewesen sind, den Mietvertrag gesehen?

Zeuge Fi[ncke]:

Ja, ich habe ... so, wenn ich mich noch recht entsinne, habe ich ihn gesehen, und auch den Antrag ... mit einem Antrag an’s Bundeskriminalamt gesandt.

Vors.:

Wüßten Sie noch, wer die Partner waren dieses Mietvertrags?

Zeuge Fi[ncke]:

Ein angeblicher Herr Duve aus Hamburg und Frau oder Fräulein Hook.

Vors.:

Wir übergeben Ihnen hier eine Ablichtung Bl. 177/178 des O. 55 mit der Bitte, diese Ablichtung darauf anzusehen, es handelt sich um den Mietvertrag, ob Sie ihn damals im Zusammenhang mit Ihrer Ermittlungstätigkeit auch in dieser Form gesehen haben.

Dem Zeugen wird die Ablichtung des Mietvertrages aus dem Originalordner 55 Bl. 177 u. 178 vorgelegt.

Zeuge Fi[ncke]:

Ja, ein üblicher Mietvertrag. Ich kann jetzt heute ...

Vors.:

Nun, es geht ja hier um die Unterschrift und die Namen und so weiter.

Zeuge Fi[ncke]:

Ja, das ist wohl so gewesen.

Vors.:

Und können Sie sich noch erinnern, welches Namensschild an der Haustüre gewesen ist?

Zeuge Fi[ncke]:

An der Haustüre war nichts; aber an der Wohnungstüre stand der Name „Duve“.

Gem. § 249 StPO wird in Urkundenbeweis von der Ablichtung des Mietvertrags vom 24.11.1971 - Originalordner 55 Bl. 177 u. 178 - der wesentliche Inhalt festgestellt.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Dankeschön, ich sehe nicht.

Der Zeuge KHM Fincke übergibt seine Aussagegenehmigung[23] dem Gericht.
Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.

Der Zeuge KHM Fincke bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

[9580] Der Zeuge KOK Ernst Baer erscheint um 11.34 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KOK[rrr] Baer übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.
Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 3 zum Protokoll genommen.

Der Zeuge KOK Baer macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Baer:

Ernst B a e r, 34 Jahre,
Kriminalbeamter beim Landeskriminalamt Wiesbaden,
Friedrich-Ebert-Allee 12.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Baer, ist Ihnen die Wohnung in Frankfurt, Raimundstraße 104 ein Begriff geworden?

Zeuge Baer:

Ja, ja, in dieser Wohnung führte ich mit einer Spurensicherungsgruppe, deren Leiter ich zu dieser Zeit war, die Spurensuche durch damals, 1972.

Vors.:

Heißt das, die daktyloskopische Spurensuche oder?

Zeuge Baer:

Nicht nur, sondern auch andere, falls vorhanden ... Spurenträger mußten wir also sichern, aber primär waren es natürlich Fingerspuren, also daktyloskopische Spuren.

Vors.:

Und bleiben wir bei denen; kam es zu irgendeinem Ergebnis?

Zeuge Baer:

Ja, die ganzen Spurenträger wurden seinerzeit zentral beim BKA ausgewertet, das BKA hat uns einen Bericht geschickt, eine Auswertung. Es wurden, also Fingerspuren von Gudrun Ensslin und Gerhard Müller[24] sichergestellt.

Vors.:

Sind Sie selbst im Stande, wenn wir ihnen Spurenkarten vorlegen, die damals angefertigt worden sind, bei dieser Spurensicherung uns zu sagen ...

Zeuge Baer:

Nein, das kann ich nicht, denn ich selbst war lediglich der Leiter dieser Gruppe, bestehend aus zwei Daktyloskopen, beziehungsweise Erkennungsdienstbeamten.[25] Ich hatte lediglich die Aufgabe, den Bericht zu schreiben, beziehungsweise den Einsatz zu leiten. Ich muß also dazu sagen, ich bin selbst nicht ausgebildeter ED-Mann. Ich habe also nicht diese Fachkenntnis, um an solchen Spurenkarten zu sagen, die und die Spur, das ist dort, dazu bin ich nicht im Stande.

[9581][26] [9582][27] [9583] Vors.:

Wer waren die Herren, die damals fachkundig tätig waren?

Zeuge Baer:

Soweit ich noch weiß, der Herr Nicke, glaube ich, und der andere hieß Ganzweit[sss].

Vors.:

Ja, nun wäre es ja denkbar, daß, Herr Nicke Ihnen als dem Leiter die gefertigten Spurenkarten vorgeführt hat.

Zeuge Baer:

Ich hab die gesehen, gewiss, auf Spurenträgern damals, sie wurden alle zusammengelegt und beschriftet, aber das weiß ich jetzt nicht mehr.

Dem Zeugen wird die Spurensicherungskarte, die in[ttt] der Lichtbildmappe Nr. 12 auf Seite 3 zum Gutachten ZE 21 - ED/E 175/72 beigefügt und in der Anlage 1 zum Protokoll vom 30. März 1976 (zu Bl. 8408) enthalten ist, mit der Bitte um Berichtigung und Erklärung vorgelegt, ob diese Spurensicherungskarte ihm damals gezeigt wurde und ob er sich an diese Karte erinnert.

Vors.:

Sie könnten natürlich dabei auch gleichzeitig feststellen, ob sie die Handschrift von Herrn Nicke mit dem Laienblick, der Ihnen möglich ist, wiedererkennen.

Zeuge Baer:

Ja ja, da seh’ ich sogar meine eigene Schrift noch darauf[uuu] hier: „Spurenträger 1 Dose, gesichert; durch“, der Rest ist irgendwie weg und dann steht da unten „Nicke“, das ist also dessen Schrift, und die andere Schrift, das ist meine eigene Schrift.

Vors.:

Danke schön, Sie erkennen das also als eigene[vvv] ...

Zeuge Baer:

Meine eigene Schrift.

Vors.:

Das ist also eine der Spurenkarten, die damals angefertigt worden ist. Den Spurenträger haben sie eben erwähnt, die Dose, nochmal eine zweite?

Zeuge Baer:

Naja es, steht in meiner Schrift drauf: „KW der B/M-Bande; „Kabafit“-Kakao; gesichert durch KHM Nicke, HLKA, am 25.6.72“; das ist meine Schrift.

Vors.:

Dankeschön.

Dem: Zeugen wird die Spurensicherungskarte, die in. der Lichtbildmappe Nr. 13 auf Seite 3 zum Gutachten ZE 21 - ED/E 175/72 beigefügt und in der Anlage 1 zum Protokoll vom 30. März 1976 (zu Bl. 8404) enthalten ist zur Erklärung vorgelegt ob er[www] etwas wiedererkennt, was auf eine Vorlage dieser Spurensicherungskarte an ihn hindeutet.

Zeuge Baer:

Ja, also ich kenne ja meine Schrift. Ich würde sagen, aber nicht [9584] mit absoluter Sicherheit, aber es ist zu vermuten, daß hier „erster Abzug“, „zweiter Abzug“ auch von mir geschrieben wurden. Und hier, das sehe ich auch, das habe ich auch ausgefüllt, nur die Unterschrift ist eben von dem Beamten Nicke, das andere ist von mir geschrieben.

Vors.:

So daß also die gesamte Beschriftung der Spurenkarte mit Ausnahme der Unterschrift von Ihnen stammt?

Zeuge Baer:

Soweit mir erinnerlich, ja.

Vors.:

Dann müßte das eine Spurenkarte sein, die damals auch Ihnen vorgelegen hat, und Sie könnten sagen, das ist die richtige ...

Zeuge Baer:

Das ist meine Schrift ja, ja.

Vors.:

Dankeschön. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Baer können Sie sich noch entsinnen, von welchem Spurenträger diese letztere Spur abgenommen worden ist?

Zeuge Baer:

Das weiß ich nicht mehr.

Richter Mai[er]:

Kann das eine Steinguttasse gewesen sein?

Zeuge Baer:

Das ist mir nicht mehr erinnerlich, ich weiß es nicht.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Wir wollen dazu doch dem Herrn Zeugen seine Einträge selbst zur Einsicht geben, vielleicht führt es zur Erinnerung.

Dem Zeugen wird nochmals die Spurensicherungskarte, die der Lichtbildmappe Nr. 13 auf Seite 3 zum Gutachten ZE 21 - ED/E 175/72 beigefügt und in der Anlage 1 zum Protokoll vom 30. März 76 (zu Bl. 8408) enthalten ist, vorgelegt.

Zeuge Baer:

Ja eben, es steht ja in meiner Schrift auf der Karte, auf dieser Tatortspurenkarte drauf, und zwar bei dem Vordruck hier: „An welchem Gegenstand wurden die Spuren gesichert?“ Da hatte ich seinerzeit notiert: „Steinguttasse (blau), stand in Küche auf Ablage“, also meine Schrift; aber wie gesagt, mir war’s nicht mehr erinnerlich.

Vors.:

Dankeschön. Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Rechtsanwalt Linke, bittesehr.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, wo ist denn diese Spurenkarte von Ihnen beschriftet worden?

Zeuge Baer:

Auf den vorgedruckten Stellen, auf dieser Karte drauf.

RA Li[nke]:

Ich meine nicht, wo auf diesen Karten, sondern: Wo haben Sie sie ausgefüllt?

Zeuge Baer:

Direkt in dem Zimmer, beziehungsweise an der Stelle, wo die Spur genommen wurde. Ich stand also dabei. Die Spurenabnahme selbst wurde nicht von mir gemacht, sondern von den [9585] zwei Daktyloskopen, und ich stand dabei mit einer Kladde[xxx], hatte die Karten dann draufgelegt, und entsprechend beschriftet, nach den Anweisungen der Beamten.

RA Li[nke]:

Keine Fragen mehr.

Vors.:

Dankeschön.

Der Zeuge KOK Baer bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung in Sitzungssaal.

Der auf 11 Uhr geladene Zeuge KHK Mellenthin erscheint um 11.41 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHK[yyy] Mellenthin wird gemäß § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge KHK Mellenthin erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Mellenthin macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Me[llenthin]:

Klaus M e l l e n t h i n,
36 Jahre, verheirateter Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg in Stuttgart.

Mit den Angeklagten, nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Mellenthin, ist Ihnen die Stuttgarter Wohnung in der Oberen Weinsteige 76 ein Begriff?

Zeuge Me[llenthin]:

Jawohl, die Wohnung ...

Vors.:

Durch welche Umstände ist sie Ihnen bekannt geworden?

Zeuge Me[llenthin]:

Ja ich hatte am ... einem Sonntag, den 25. Juni 1972 als Einsatzleiter in diesem Objekt eine Durchsuchung durchzuführen.

Vors.:

Was war der Anlaß dazu gewesen?

Zeuge Me[llenthin]:

Wir hatten einen Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichtes Stuttgart. Aufgrund von Fahndungshinweisen konkretisierte sich der Verdacht, daß diese Wohnung als konspirative Wohnung der Baader-Meinhof-Mitglieder benutzt wird.

Vors.:

Wüßten Sie heute noch, woher die Fahndungshinweise kamen?

Zeuge Me[llenthin]:

Nein, die kamen von verschiedener Richtung; so konkret kann ich das nicht sagen.

Vors.:

Können Sie nicht sagen. Wenn Sie uns nun den Ablauf der Durchsuchung und die Ergebnisse schildern wollten, insbesondere im Hinblick darauf, ob die Durchsuchung den Verdacht, daß es sich hier um so eine konspirative Wohnung handelt konnte, bestätigt hat.

[9586] Zeuge Me[llenthin]:

Die Wohnung wurde gewaltsam geöffnet um 6.30 Uhr morgens. Die dahinterliegende Türe nach einem kleinen Flur war verschlossen. Diese Türe wurde ebenfalls gewaltsam geöffnet. In der Wohnung befand sich meines Wissens ein Matratzenlager mit diversen Decken, ein Schrank, ein kleiner Schreibtisch mit Stuhl, in der Ecke lag eine Aktentasche. Anschließend an die ... oder an diese Wohnung schloß sich eine kleine Küche an. In den Räumen befand sich niemand. Die Fensterrollläden waren verschlossen. Anhaltspunkte für die Tatsache, daß diese Wohnung tatsächlich von Mitgliedern der Baader-Meinhof Gruppe benutzt wurden, ergaben sich insofern, als das die typischen Merkmale waren, die eine konspirative Wohnung aufwies.

Vors.:

Hat man irgendwelche wesentlichen Beweisstücke gesichert, die ...

Zeuge Me[llenthin]:

Ich selber hatte nur den taktischen Einsatz zu leiten. Nachdem ich dort mich leicht verletzt hatte, hatte ich[zzz] mich alsbald in[aaaa] ärztliche Behandlung begeben[bbbb] und war bei der nachträglichen[cccc] Beweissicherung nicht mehr anwesend.

Vors.:

Haben Sie in der Folge, im Rahmen Ihrer dienstlichen Tätigkeit, eine sonstige Bestätigung dafür erhalten, daß es sich hier um eine Wohnung gehandelt haben könnte, die zu[dddd] diesem Zweck verwendet worden ist, den Sie andeuteten?

Zeuge Me[llenthin]:

Nein, ich selber war sachbearbeitend hier nicht mehr tätig. Ich hatte dann eine andere Funktion.

Vors.:

Ist Ihnen bekannt geworden, daß es einen Zeugen geben soll, der bei seinen Vernehmungen bestätigt haben soll, daß er in dieser Wohnung Treffen gehabt hat, unter anderem mit Angeklagten ... mit Personen, die hier angeklagt sind?

Zeuge Me[llenthin]:

Ja, das ist mir bekannt geworden.

Vors.:

Wenn Sie’s nur ganz kurz andeuten wollten, welche Personen sollen dort gewesen sein von den Angeklagten?

Zeuge Me[llenthin]:

Es soll mit Sicherheit dort gewesen sein Herr Baader, Frau Meinhof, Frau Ensslin und eine Gabi.

Vors.:

Und Sie waren selbst beteiligt, als der Zeuge das aussagte? Oder?

Zeuge Me[llenthin]:

Zum Teil.

Vors.:

Zum Teil.

Zeuge Me[llenthin]:

Ja.

Vors.:

Das handelt sich um den bereits angekündigten Zeugen, den wir noch möglichst vernehmen wollen im Anschluß an das bisher aufgestellte Sitzungsprogramm, der in der Schweiz ansässig ist.

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter.

[9587] Richter Mai[er]:

Ist Ihnen etwas bekannt geworden über den Namen des angeblichen Mieters?

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihung, Herr Vorsitzender, Sie hatten vergessen eben den Namen des Zeugen zu nennen ...

Vors.:

Ich habe es nicht vergessen; ich habe ihn noch nicht genannt. Ich habe ihn das letzte Mal erwähnt, als ich hier mitgeteilt habe - Sie waren nicht anwesend - namentlich benannt, welcher Zeuge es ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie meinen also Claude Meier?

Vors.:

So ist es.

Richter Mai[er]:

Nochmals, Herrn Mellenthin, wissen Sie etwas über den Namen des angeblichen Mieters dieser Wohnung?

Zeuge Me[llenthin]:

Nein, ich habe zuvor davon nichts gewußt. Ich habe nachher mehr durch Zufall oder Kollegengespräche es ... davon gehört; aber nicht aufgrund eigener Ermittlungen.

Richter Mai[er]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht ... Herr Rechtsanwalt Schnabel, bitteschön.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, bei welchen Teilen der Aussagen waren Sie denn anwesend von denen Sie vorher sprachen, des Zeugen Claude Meier?

Zeuge Me[llenthin]:

Das waren Teile, die sich auf diese Wohnung bezogen.

RA Schn[abel]:

Ja bei weichen Teilen, ich meine, daß sich das wohl auf die Wohnung bezog, das ist anzunehmen.

Zeuge Me[llenthin]:

Nun, die Tatsache, daß sich dieser Zeuge in dieser Wohnung mit den Mitgliedern, die ich bereits genannt habe, offenbar getroffen hat.

RA Schn[abel]:

Was heißt da offenbar?

Zeuge Me[llenthin]:

Ja, nun nach seinen Angaben.

RA Schn[abel]:

Sie wurden ja vorher gefragt, mit wem er sich getroffen hätte. Dann haben Sie einige Namen genannt und haben aufgrund dessen auf eine weitere Fragen dann gesagt: Bei Teilen seien Sie anwesend gewesen. Waren Sie bei Teilen der Namen anwesend oder bei sämtlichen Namen oder ...

Zeuge Me[llenthin]:

Ich war anwesend, als dieser Zeuge Angaben bezüglich seines Aufenthalts in dieser Wohnung machte.

RA Schn[abel]:

Waren Sie auch anwesend, als er Angaben über sämtliche Mitbeteiligten machte, die sich in dieser Wohnung trafen?

Zeuge Me[llenthin]:

Nein.

RA Schn[abel]:

Woher wissen Sie dann die Namen?

Zeuge Me[llenthin]:

Das erwähnte ich oder das ... auf die Frage des Herrn Vorsitzenden, welche Personen offenbar in dieser Wohnung verkehrt haben sollten.

[9588] RA Schn[abel]:

Warum haben Sie dann gerade nein gesagt? Es widerspricht sich doch ...

Vors.:

Entschuldigung weil die Frage falsch gestellt war, Herr Rechtsanwalt Schnabel ...

RA Schn[abel]:

Die Frage war nicht falsch gestellt ...

Vors.:

Doch, Sie haben gesagt, ob der Herr ...

RA Schn[abel]:

Meine Fragen ...

Vors.:

Augenblick. Herr Rechtsanwalt ...

RA Schn[abel]:

... meine Fragen stelle ich ja ...

Vors.:

Nein, aber ich ... ich möchte ...

RA Schn[abel]:

... und ob sie falsch sind oder nicht, was ich stelle an Fragen, das ist ja wohl meiner Beurteilung zu ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie können dem Herrn Zeugen keinen Vorhalt machen, wenn Sie von falschen Voraussetzungen ausgehen, was Sie im übrigen schon wiederholt getan haben. Ich habe Ihnen jetzt folgendes andeuten wollen: Sie fragten den Zeugen, ob er dabei gewesen ist, als sämtliche Benutzer dieser Wohnung erwähnt worden wären. Daraufhin sagte er: Nein. Und jetzt, wenn Sie ihn fragen wollen, dann ist die Frage zulässig, ob er dabei war, als die Namen, die er aufgeführt hat, genannt wurden; dann können Sie das jederzeit von ihm beantwortet wissen wollen, und dann erst einen Vorhalt machen, wo man vorhin nein gesagt hätte. Denn Sie wollen doch offenbar wissen, ob der Herr Zeuge da war, als diese Namen genannt wurden, die er selber hier aufführt. Er kann doch nicht sämtliche Benutzer kennen, wenn er nicht bei allen Teilen der Vernehmung da war. Er weiß doch nicht, was sonst noch gesagt worden ist. Herr Zeuge, wenn Sie die Frage in dem Sinne beantworten wollen: Waren Sie bei der Nennung der Namen, die Sie aufgeführt haben, durch den Zeugen, anwesend?

Zeuge Me[llenthin]:

Ja, ich kann das nochmal bestätigen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Schn[abel]:

Nachdem Sie ja wissen, welche Fragen ich stelle und welche Fragen richtig und falsch von mir sind, verzichte ich auf weitere Fragen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Wann sollen denn, nach der Aussage dieses hier nicht, jedenfalls nicht vom Gericht, benannten Zeugen, auf den Sie sich beziehen, wann sollen denn die von Ihnen benannten Personen in der Wohnung gewesen sein?

[9589] Zeuge M[ellenthin]:

Ja, soweit mir bekannt ist, ich kann mich hier daran nicht konkret mehr erinnern; aber nicht allzu lange Zeit zuvor, das könnte ein Zeitraum von Wochen, beziehungsweise wenigen Monaten gewesen sein.

RA Dr. He[ldmann]:

In welchem Jahr?

Zeuge Me[llenthin]:

Konkret kann ich das nicht beantworten; ich nehme aber an, es war noch im Jahre 72.

RA Dr. He[ldmann]:

Das nehmen Sie an. Danke.

Vors.:

Können wir die Herren Zeugen vereidigen?

OStA Holl[and]:

Herr Vorsitzender, ich hätte noch eine ganz kurze Frage.

Vors.:

Bitte, Herr Bundesanwalt Holland.

OStA Holl[and]:

Herr Mellenthin, Sie haben uns vorhin den Namen oder den Vornamen „Gabi“ genannt. Wissen Sie, wer sich hinter diesem Namen verbirgt?

Zeuge Me[llenthin]:

Soviel ich informiert bin, ging man davon aus, daß es sich um Frau Möller[28] handelt.

OStA Holl[and]:

Danke.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Woher haben Sie diese Information, Herr Zeuge?

Zeuge Me[llenthin]:

Darüber möchte ich hier keine Auskunft geben.

RA Schn[abel]:

Warum nicht?

Zeuge Me[llenthin]:

Weil insofern mein Aussagerecht eingeschränkt ist.

RA Schn[abel]:

Dürfte ich das mal bitte sehen, welche Aussagegenehmigung Sie haben?

Der Zeuge KHK Mellenthin übergibt seine Aussagegenehmigung - siehe Anlage 4 zum Protokoll - zunächst Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Unter welche dieser hier ausgeschlossenen Möglichkeiten würden Sie das denn nehmen?

Vors.:

Darf ich zunächst mal bitten, daß die Aussagegenehmigung dem Gericht [eeee] vorgelegt wird.

RA Schn[abel]:

Ach so, ich nahm an, das sei bekannt.

Vors.:

Nein, der Herr Zeuge hat ... wir sind an sich nicht verpflichtet, der Herr Zeuge ist ja derjenige, der über seine Aussagegenehmigung zunächst zu beurteilen hat.

Die zunächst dem RA Schnabel übergebene Aussagegenehmigung von KHK Mellenthin wird dem Gericht vorgelegt.

Sie wird als Anlage 4 zum Protokoll genommen.

[9590] Der Vorsitzende verliest die Aussagegenehmigung des Zeugen KHK Mellenthin aus Anlage 4 zum Protokoll.

Vors.:

Das ist also keine Frage als Zeuge. Der Herr Rechtsanwalt interessiert sich[ffff] nur ...

Zeuge Me[llenthin]:

... ich jetzt noch weiterhin[gggg] gefragt.

RA Schn[abel]:

Ja, ich habe eine Frage gestellt.

Zeuge Me[llenthin]:

Ich weiß nicht, ob ich verpflichtet bin, darüber Auskunft zu geben, unter welche dieser Kriterien meine Aussageverweigerung fällt. Es wäre denkbar, daß das unter mehrere fällt.

RA Schn[abel]:

Es wäre zumindest meinerseits denkbar, daß ich nachprüfen kann und muß, weshalb Sie, hier eine Aussagegenehmigung sagen, sie sei eingeschränkt, sonst könnten Sie ja sagen, das fällt drunter, da könnten Sie zumindest gewisse Anhaltspunkte dafür geben, weshalb und warum.

Vors.:

Es ergibt sich aus dem Wortlaut: „Ausgenommen hiervon sind Angaben über geheime Kontaktpersonen, dienstliche Beziehungen zu anderen Behörden, sowie innerdienstliche Angelegenheiten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg“, daß eine Einschränkung vorgenommen worden ist. Es ist zunächst Sache des Herrn Zeugen, zu beurteilen, ob er davon ausgeht, daß diese Frage, die Sie beantwortet wissen wollen, ihn nötigen würden, Dinge preiszugeben, die unter diese Einschränkung fallen, das hat er getan.

RA Schn[abel]:

Ist das also eine innerdienstliche Angelegenheit des Kriminalamtes Baden-Württemberg?

Zeuge Me[llenthin]:

Nein, das habe ich nicht behauptet, es ist eine ...

RA Schn[abel]:

Also gut, dann ist das ausgeschieden. Ist es eine geheime Kontaktperson?

Vors.:

Ich muß es Ihnen überlassen, ob Sie diese Fragen beantworten wollen, weil die unter Umständen auch schon wieder unter die Beschränkung fallen.

RA Schn[abel]:

Nein, die fallen nicht darunter, Herr Vorsitzender.

Zeuge Me[llenthin]:

Ich glaube, ich habe eine ... der Aussagen auf diese drei Kriterien, und ich verweise[hhhh] auf diese Aussagebeschränkung, ohne hier nun das zu spezifizieren, welches dieser Kriterien nun ausschlaggebend ist.

RA Schn[abel]:

Sie widersprechen sich ja, Herr Zeuge. Sie haben eben auf eine Frage von mir geantwortet, es sei keine innerdienstliche Angelegenheit des Kriminalamtes Baden-Württemberg ... hat er bereits ausgeschaltet ...

[9591][29] [9592] Vors.:

Hat er nicht gesagt er hat gesagt,[iiii] er spezifiziere es nicht. Stimmt nicht, was Sie fragen. Er hat gesagt: ich habe das nicht behauptet, er spezifiziere es aber nicht. Es könnte ja sein, daß er[jjjj] zum Beispiel über geheime Kontaktpersonen, wenn er Ihnen eine Antwort geben wollte, etwas sagen müßte, aber nicht kann, deswegen sagt er: Ich spezifiziere es nicht ...

RA Schn[abel]:

Er hat es aber, Herr Vorsitzender, spezifiziert, indem er nämlich diesen einen Punkt ausgeschlossen hat auf eine Frage von mir.

Vors.:

Nein nein, er hat gesagt ...

RA Schn[abel]:

Dann bitte ich das Tonband zurückzuspulen, also mein Gedächtnis funktioniert noch.

Vors.:

Es wird nicht zurückgespult; der Herr Zeuge hat gesagt, ich habe das nicht behauptet, daß es darunter fiele. Damit schließt er es nicht aus. Er sagt nur ...

RA Schn[abel]:

Nein, der Herr Zeuge hat das nicht behauptet, sondern er hat gesagt, er schließt es aus.

Vors.:

Herr Zeuge, bleiben Sie dabei, daß Sie keine Auskunft auf die ursprünglich gestellte Frage geben mit Rücksicht auf das ...

RA Schn[abel]:

Er hat ja die Frage bereits beantwortet, dann kann er es nicht hintendrein ausschließen.

Vors.:

Welche Frage wollen Sie jetzt beantwortet haben vom Herrn Zeugen?

RA Schn[abel]:

Diese Frage, die ich gestellt habe.

Vors.:

Welche war das?

RA Schn[abel]:

Die ist bereits gestellt, genauso[kkkk] wenig, wie das Tonband zurückgespult wird, stelle ich zum zweiten Mal eine Frage.

Vors.:

Gut. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Nein, dann können wir wohl die Vereidigung der Herren Zeugen ... Es sei denn, Ihnen sei die Frage noch geläufig nach dem langen ...

Zeuge Me[llenthin]:

Nein, also mir ist sie nicht mehr gegenwärtig, wie sie konkret gestellt war.

Vors.:

Wenn keine Fragen mehr jetzt an den Herrn Zeugen ...

RA Schn[abel]:

Ich widerspreche der Vereidigung deswegen, weil die Zeugenaussage nicht abgeschlossen ist. Ich habe eine Frage gestellt, die nicht beantwortet ist.

Vors.:

Ich bitte, die Frage zu stellen; der Herr Zeuge weiß sie nicht, er kann keine Antwort auf etwas ...

RA Schn[abel]:

Bitte das Tonband zurückzuspulen, dort ist sie enthalten.

Vors.:

Nein, die Frage kann gestellt werden, Herr Rechtsanwalt.

RA Schn[abel]:

Ja, das Tonband kann auch zurückgespult werden.

[9593] Vors.:

Herr Rechtsanwalt Linke, Sie hatten noch Fragen? Keine mehr. Also offensichtlich werden keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen gestellt, dann wird der Herr Zeuge vereidigt ...

RA Schn[abel]:

Es ist eine Frage gestellt, ich bitte um Gerichtsbeschluß.[30]

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Der Herr Zeuge ist zu vereidigen.

Die Zeugen KHM Fincke, KOK Baer und KHK Mellenthin werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.58 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir können, bis Herr Leidel kommt, noch im Urkundenbeweis aus dem Ordner 54 Bl. 399 ff. etwas durch Verlesung einführen.

Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweis aus
O. 54/1 Bl. 399 - 402
- Deutscher Einheitsmietvertrag -
der wesentliche Inhalt festgestellt.

Der auf Abruf ab 11.00 Uhr geladene Zeuge KHK Leidel erscheint um 11.59 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHK Leidel wird gem. § 57 StPO belehrt.

Die Genehmigung zur Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband liegt vor.

Der Zeuge KHK Leidel macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Le[idel]:

Reinhold L e i d e l,
Kriminalhauptkommissar im Bundeskriminalamt, 40 Jahre.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Leidel ist Ihnen die Bezeichnung „LOB“ ein Begriff?

Zeuge Le[idel]:

„LOB“ ist mir kein Begriff, ich weiß aber, daß diese Bezeichnung bei der Polizei Hamburg gebräuchlich ist.

Vors.:

Wissen Sie, was sie besagt?

[9594] Zeuge Le[idel]:

Das weiß ich nicht.

Vors.:

Es soll also der „Lageoberbeamte“ sein, das ist die Abkürzung. In welchem Zusammenhang ist Ihnen die Abkürzung „LOB“ zum Begriff geworden?

Zeuge Le[idel]:

Die ist bekannt geworden durch den[llll] [mmmm] Vermerk der Kriminalpolizei Hamburg, bezüglich eines Anrufes am 19.5.72, dort habe ich den Namen zum ersten Mal gelesen, dieses „LOB“.

Vors.:

Sie kennen also einen Vermerk, der sich damit befasst, ob an diesem Tag ein Anruf erfolgt ist?

Zeuge Le[idel]:

Jawohl, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Und können Sie noch sagen, um was es da inhaltlich gegangen ist?

Zeuge Le[idel]:

Da ging es also um einen angeblichen Anruf des „Kommandos 2. Juni[nnnn]“, wie es in einem Brief an den Norddeutschen Rundfunk vom 19.5.72 zum Ausdruck gekommen ist, soweit mir noch in Erinnerung ist.

Vors.:

Und Sie haben überprüfen wollen, ob irgendwelche ...

Zeuge Le[idel]:

Ich habe dann im Oktober 73 nochmals überprüft, ob irgendwelche Unterlagen bei der Polizei Hamburg vorhanden sind. Ich habe diese Unterlagen eingesehen, die mir vom Schichtführer zur Verfügung gestellt wurden, und ich habe festgestellt, daß also drei Quittungen drinlagen, und zwar ein Anruf erfolgte so gegen 2.00 Uhr nachts, am 19.5. betraf eine Bombendrohung und zwei weitere Anrufe, die waren dann gegen 22.00 Uhr und noch etwas später, soweit mir in Erinnerung ist.

Vors.:

Damit es ganz verständlich wird. Es ging also darum, festzustellen, ob, wenn Notanrufe eingehen, das schriftlich festgehalten wird bei der Polizei, und ob sich nun unter diesem Tag hinsichtlich dessen die Behauptung aufgestellt worden ist, es sei ein spezifischer Anruf ... ein spezieller Anruf eingegangen, tatsächlich eine entsprechende Eintragung findet.

Zeuge Le[idel]:

Ja, darum ging es. Mir hatte seinerzeit der Schichtführer erklärt, daß bei Bombendrohung ein bestimmter Vordruck ausgefüllt wird, und daß davon eine Durchschrift in einen gesonderten Ordner abgelegt wird.

Vors.:

Und Sie haben nun für diesen Tag drei Bombendrohungen, die durch Anrufe bei der Polizei gemeldet worden sind, festgestellt in den Unterlagen.

Zeuge Le[idel]:

Jawohl.

[9595] Dem Zeugen wird der Vermerk aus
O. 67 Bl. 1/1
vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob der Vermerk von ihm stammt.

Zeuge Le[idel]:

Jawohl, das ist meine Unterschrift.

Vors.:

Dankeschön. In diesem Vermerk heißt es nun, Sie hätten damals die Ordner ... die Unterlagen eingesehen und drei Kurzberichte gesehen, die abgeheftet seien über solche Anrufe. Sie haben sie schon erwähnt, hier heißt es nun ganz genau: 1.50 Uhr Bombendrohung Holstentor oder Dammtor, 22.58 Uhr Bombendrohung Flughafen Hamburg, 23.02 Uhr Bombendrohung ohne nähere Bezeichnung. Außer diesen drei Vermerken sind da noch irgendwelche Hinweise gegeben gewesen, daß an diesem Tag noch weitere Drohungen telefonisch eingegangen wären?

Zeuge Le[idel]:

Nein, ich habe nichts Schriftliches dort gefunden. Und mir sagte auch der Schichtführer, daß er an dem betreffenden Tag ebenfalls Schichtführer war und es war nichts bekannt. Das ist eine Schicht ... Entschuldigen Sie, ich muß mich verbessern. Seine Schicht hat am 19.5 nachmittags Dienst versehen. Er nicht, er wurde vertreten von einem Kollegen.

Vors.:

Und auch ihm war nichts bekannt geworden?

Zeuge Le[idel]:

Nein.

Vors.:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herren Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, wie heißt der Schichtführer, mit dem Sie gesprochen haben?

Zeuge Le[idel]:

Das war, soweit ich mich erinnern kann, der Schichtführer Klingenhof oder so ähnlich.

Vors.:

Geht aus Ihren Vermerken der Name hervor, ja das ist richtig. Sonst keine Fragen mehr. Herr Leidel, Sie haben hier bereits den Eid abgelegt bei früheren Vernehmungen. Wenn Sie die Richtigkeit der soeben gemachten Aussage unter Bezugnahme auf diesen Eid versichern, gilt das als neue Vereidigung.

Der Zeuge KHK Leidel versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 12.04 entlassen.

[9596] Vors.:

Wir sind am Ende des heutigen Beweisprogramms. Noch der Hinweis für die kommende Woche. Wir beginnen ja in der kommenden Woche mit den Gutachtern, insbesondere auch dem Zentralgutachten. Geladen sind für den 11.5. die Professoren Schönherr und Pohl. Erforderlich sind die Ordner 80 und 95.

Ich habe noch einen Beschluß bekanntzugeben, den der Senat gefasst hat. Der Beschluß lautet wie folgt:

Der Antrag, Herrn Generalbundeanwalt Buback als Zeugen in die Hauptverhandlung zu laden, wird abgelehnt.

Gründe:

1. Der Antrag zielt in erster Linie darauf ab, zu ermitteln, ob gegenüber dem Zeugen Hoff[31] seitens der Bundesanwaltschaft verbotene Vernehmungsmittel im Sinne von § 136a StPO[32] angewandt wurden. Insoweit gilt Freibeweis[33] (Sarstedt bei Löwe-Rosenberg, 22. Aufl., Nr. 8 zu § 136a StPO;[34] BGHSt 16, 164[35]). Der Senat hat eine schriftliche Äußerung des Generalbundesanwalts eingeholt und hält es nicht für geboten, den als Zeugen benannten Generalbundesanwalt in die Hauptverhandlung zu laden.

2. Soweit sich der Antrag im übrigen mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen Hoff beschäftigt (auch soweit der Antrag nur auf Beweisermittlung[36] ausgeht), handelt es sich durchweg um Wissen, das der „Bundesanwaltschaft“ zugeschrieben wird. Es geht um den typischen Fall, daß eine „Öffentliche Behörde“ gem. § 256 Abs. 1 StPO Zeugnis ablegen soll. (das würde übrigens auch gelten, wenn im Antrag vom „Generalbundesanwalt“ die Rede wäre.) Solches Zeugnis kann nach der genannten Bestimmung schriftlich abgegeben und in die Hauptverhandlung durch Verlesen eingeführt werden. Ob zum gleichen Thema ein Zeuge gehört werden soll, ist vom Gericht unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO[37] zu prüfen und zu entscheiden; das gilt auch für Zeugen, die im Rahmen eines Beweisantrags benannt worden sind (vergleiche Gollwitzer bei Löwe-Rosenberg, 22. Aufl., Anmerkung 6 zu § 256 StPO;[38] Bay. ObLG NJW 53, 194[39]). [9597] Auch insoweit hält der Senat im Hinblick auf die vom Generalbundesanwalt abgegebene schriftliche Erklärung jedenfalls derzeit eine Ladung des Generalbundesanwalts als Zeugen nicht für geboten.

3. Die behauptete Tatsache, die Bundesanwaltschaft verdächtige den Zeugen Hoff, er habe Sprengkörper in dem Wissen und mit dem Wollen ihrer Verwendung hergestellt, ist für sich für das Verfahren ohne Bedeutung, es sei denn allenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 136a StPO;[40] hierzu[oooo]vergl. oben Nr. 1. übrigens geht der auf Antrag der Bundesanwaltschaft ergangene Haftbefehl gegen Hoff vom 4.7.75 davon aus, Hoff sei sich über den Verwendungszweck der Sprengkörper im klaren gewesen; im Haftprüfungstermin vom 30.7.75 hielt die Bundesanwaltschaft an dieser Auffassung fest.

4. Die Behauptung, die Bundesanwaltschaft verdächtige Herrn Hoff ferner, er habe eine Vielzahl von Schußwaffen sich beschafft und an andere weitergegeben, dient allein der Beweisermittlung, zumal da jegliche Angaben über Art und Zahl der Waffen, über Ort, Zeit und Beteiligte der angeblichen Beschaffung und der angeblichen Weitergabe fehlen. Der Senat sieht keinen Anlaß, dem nachzugehen.

5. Gleiches wie zu 4 gilt für die Behauptung, die Bundesanwaltschaft verdächtige Frau Sorenson, sie habe sich „an strafbaren Handlungen Hoff’s“ beteiligt; es fehlt jegliche nähere Kennzeichnung. Zudem ist die behauptete Tatsache - es sei denn allenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 136a StPO, hierzu vgl. oben Nr. 1 - für das Verfahren ohne Bedeutung.

6. Die Behauptung, Generalbundesanwalt Buback habe öffentlich geäußert,

a) von der Zeugenaussage. Hoff’s erhoffe er sich eine „Abkürzung des Verfahrens“,

b) die Kronzeugenregelung halte er „für eine ganz unnötige Kapitulation des Rechtsstaats; dafür gebe es überhaupt keinen Anlaß“,

[9598] c) der Staatsschutz lebe davon, „daß er von Leuten wahrgenommen wird, die sich dafür engagieren, und Leute, die sich dafür engagieren, wie Herold und ich, die finden immer einen Weg. Wenn Sie eine gesetzliche Regelung haben und sie mal strapazieren müssen, funktioniert sie ja meistens doch nicht“,

d) man habe Hoff erklärt, „daß ein geständiger Täter natürlich auf die Milde des Gerichts bauen kann“,

wird so behandelt, als wäre die behauptete Tatsache wahr (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).[41]

Ich darf noch darauf hinweisen, daß die Erklärung der Bundesanwaltschaft anläßlich des nächstens Verlesungsprogramms gem. § 256 der Strafprozeßordnung[42] mitverlesen werden wird. Damit sind wir am Ende der heutigen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Eine Frage.

Vors.:

Bitteschön.

RA Dr. He[ldmann]:

Liegt dem Gericht der Haftbefehl gegen Herrn Hoff vor?

Vors.:

Ja, wir haben seinerzeit - ja, ich glaube, auf Anregung der Verteidigung - diese Unterlagen beigezogen; sie sind uns gegenwärtig.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Verteidigung hat vor Monaten beantragt, ihr den Haftbefehl zugänglich zu machen; das ist bis heute nicht geschehen.

Vors.:

Das ist seinerzeit in der Sitzung geschehen. Sie haben, wie ich mich genau erinnere, damals haben wollen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Den Durchsuchungsbericht.

Vors.:

Den Durchsuchungsbericht plus Haftbefehl ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Bundesanwalt Wunder, haben Sie den Haftbefehl herausgegeben?

Vors.:

Also meines Erachtens sind die Haftbefehle vorhanden, auch öffentlich in der Verhandlung ... im übrigen befinden Sie sich in dem Ordner 126 des Gerichts, können dort eingesehen werden.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja dann ...

Vors.:

Es ist also der Ordner betreffend für die Vernehmung Hoff.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann erlauben Sie, daß ich doch meine Verwunderung [9599] ausdrücke, daß dieser Antrag ... das ist ein formeller Antrag der Verteidigung gewesen, ihr den Haftbefehl Hoff zugänglich zu machen, daß der[pppp] bis heute also nicht beschieden ist, während offenbar seit einiger Zeit schon bei Ihnen dieser Haftbefehl ruht. Und ich habe dann noch eine Frage ...

Vors.:

Ich erlaube, daß Sie Verwunderung ausdrücken. Ich bin verwundert, daß Sie das nicht wissen; ich meine, das sei in der Sitzung ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das weiß ich nicht, Herr Vorsitzender, das weiß ich nicht.

Vors.:

Daß die Haftbefehle vorhanden sind?

RA Dr. He[ldmann]:

Woher sollte ich’s wissen, wann haben Sie mir das mitgeteilt?

Vors.:

Ihnen persönlich sicher nicht; aber ich meine, es sei in der Hauptverhandlung gesagt worden.

RA Dr. He[ldmann]:

Keiner meiner Kollegen weiß davon.

Ich habe noch eine Bitte, ob ich heute bereits eine Kopie Ihres Beschlusses bekommen kann?

Vors.:

Nein, dieser Beschluß ist verkündet worden und wird im Protokoll in der üblichen Form erscheinen. Er ist also nicht als gesonderter Beschluß abgefasst worden, er wird im Protokoll erscheinen.

Damit sind wir dann am Ende des heutigen Sitzungstages. Fortsetzung um 9.00 Uhr am kommenden Dienstag wie schon bekanntgegeben.

Ende der Sitzung um 12.12 Uhr.

Ende von Band 539.


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung stets fortgeführt werden, wenn nur einer dieser Verteidiger pro Angeklagte/n anwesend war. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[3] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[4] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[5] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Hierüber sind sie zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO).

[6] Grundsätzlich ist die Staatsanwaltschaft die Herrin des Ermittlungsverfahrens, d.h. Ermittlungshandlungen führt sie entweder selbst oder unter Zuhilfenahme der Polizeibehörden durch (§§ 160 Abs. 1, 161 StPO). Auch jenseits derjenigen Untersuchungshandlungen, für die richterliche Anordnungen gesetzlich vorgeschrieben sind, kann sie allerdings gerichtliche Untersuchungshandlungen beantragen (§ 162 StPO). So hat die richterliche im Vergleich zur polizeilichen Zeugenvernehmung den Vorteil, dass in bestimmten Situationen nur die Verlesung des richterlichen, nicht jedoch des polizeilichen Vernehmungsprotokolls in der Hauptverhandlung zulässig ist (§ 251 Abs. 1 StPO a.F.; entspricht heute weitestgehend § 251 Abs. 2 StPO). Zudem ist die Vernehmung der Verhörperson im Falle einer richterlichen Vernehmung in bestimmten Fällen von dem aus § 252 StPO hergeleiteten Beweisverwertungsverbot ausgenommen (s. dazu Ellbogen, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 252 Rn. 47 ff.). Auch im Verfahren gegen die vernommene Person selbst kommt - sofern sie als Beschuldigte richterlich vernommen wurde - eine Verlesung nach § 254 Abs. 1 StPO in Betracht.

[7] Zeug/innen sind grundsätzlich zur Aussage vor Gericht verpflichtet (seit 2009 explizit in § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelt; zuvor war dies bereits als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht angesehen, s. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 - 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, S. 280, 284).

[8] Zwischen dem 11. und 24. Mai 1972 verübte die RAF insgesamt sechs Sprengstoffanschläge in Frankfurt, Augsburg, München, Karlsruhe, Hamburg und Heidelberg. Dabei wurden vier Personen getötet und weitere verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 1 ff.; für eine zusammenfassende Darstellung s. auch Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 34 ff.).

[9] § 250 StPO enthält den Grundsatz der persönlichen Vernehmung. Nach § 250 Satz 2 StPO darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden (wobei die §§ 251 ff. StPO enge Ausnahmen von diesem Grundsatz enthalten). Zulässig ist im Rahmen des Zeugenbeweises aber der Vorhalt als Vernehmungsbehelf. Damit die Grenze zum (unzulässigen) Urkundenbeweis nicht überschritten wird, ist darauf zu achten, dass Beweismittel die anschließende Erklärung bleibt, sodass nur das verwertet werden darf, was der/die Zeug/in - ggf. nach entsprechendem Vorhalt - noch erinnert. Die bloße Bestätigung, die damalige Aussage sei ordnungsgemäß protokolliert worden, kann eine fehlende Erinnerung nicht ersetzen (BGH, Urt. v. 31.5.1960 - Az.: 5 StR 168/60, BGHSt 14, S. 310, 312). Sind alle Möglichkeiten des Zeugenbeweises erschöpft und erinnert sich der/die Zeug/in noch immer nicht, ermöglicht § 253 Abs. 1 StPO schließlich doch die Verlesung des entsprechenden Protokollteils einer früheren Vernehmung (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 253 Rn. 11). In diesem Fall wird das verlesene Protokoll selbst zum Beweismittel (Mosbacher, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 27. Aufl. 2019, § 253 Rn. 1; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 253 Rn. 1; s. aber auch Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 5 ff., wonach § 253 StPO abschließend die Möglichkeit des Vorhalts regeln soll mit der Konsequenz, dass nicht die verlesene Passage, sondern allein die Antwort des/der Zeug/in zum Beweisgegenstand werden soll).

[10] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[11] Am 22. Dezember 1971 fand ein Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern statt, in dessen Verlauf der Polizeibeamte Herbert Schoner erschossen wurde. Die mittäterschaftliche Beteiligung daran wurde auch den hier Angeklagten vorgeworfen (S. 175 f. der Anklageschrift; später wurde die Strafverfolgung allerdings nach § 154a StPO auf die Straftaten im Zusammenhang mit den Sprengstoffanschlägen, den Festnahmen der Angeklagten sowie der Bildung einer kriminellen Vereinigung beschränkt). Klaus Jünschke und Manfred Grashof wurden am 2.6.1977 vom LG Kaiserslautern u.a. wegen ihrer Beteiligung an dem Überfall zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt (Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30).

[12] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme. Das I.G.-Farben Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).

[13] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück (u.a. search and destroy, Phoenix-Programm), die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.).

[14] Nach § 70 Abs. 1 StPO können Zeug/innen, die sich ohne gesetzlichen Grund weigern auszusagen, die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden, außerdem wird ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen sie festgesetzt. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann zur Erzwingung des Zeugnisses auch Haft von bis zu sechs Monaten angeordnet werden.

[15] § 60 Nr. 2 StPO enthält ein Vereidigungsverbot u.a. für Personen, die der angeklagten Tat oder der Beteiligung an ihr verdächtig sind.

[16] Anlage 1 zum Protokoll vom 6.5.1976: Bestellung des Rechtsanwalts Dr. Augst als Vertreter für Rechtsanwalt Eggler.

[17] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK übte Kritik an zeitgenössischen Psychiatrieformen und einer als krankmachend empfundenen kapitalistischen Gesellschaft. Dagegen setzte die Gruppe auf antiautoritäre Therapien und Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Im Sommer 1971 wurden acht Mitglieder des SPK unter dem Verdacht der RAF-Unterstützung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Ab November 1972 folgten Prozesse u.a. wegen Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung. Besondere Bekanntheit erlangte das SPK darüber hinaus durch den Übertritt einiger seiner Mitglieder in die Reihen der RAF (Brink, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 137 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 90 ff.).

[18] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der Vorgang war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[19] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[20] S. Fn. 10.

[21] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[22] Carmen Roll war Teil des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Nach einem Schusswechsel mit der Polizei infolge einer Verkehrskontrolle bei Heidelberg und den anschließenden verstärkten Ermittlungen der Polizei gegen das SPK ging sie in die Illegalität zur RAF. Am 2. März 1972 wurde sie in Augsburg wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verhaftet und am 19. Juli 1973 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 80 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 761 f. Anm. 60).

[23] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[24] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und wurde später zu einem der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Das LG Hamburg verurteilte ihn mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Riederer, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[25] Beamt/innen des Erkennungsdienstes nehmen unterschiedliche Aufgaben wahr. Ihnen obliegt sowohl die Spurensuche und -sicherung an Tatorten als auch die Auswertung. Daneben führen sie auch sogenannte erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Beschuldigten (oder andere Personen) vor. Dazu gehören die Aufnahme von Lichtbildern, das Nehmen von Fingerabdrücken und Messungen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Rechtsgrundlage für erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Beschuldigten ist § 81b StPO. Die Vorschrift weist eine Doppelnatur auf, da sie sowohl Strafprozessrecht (§ 81b Var. 1 StPO) als auch materielles Polizeirecht (§ 81b Var 2 StPO) enthält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 81b Rn. 1).

[26] Anlage 2 zum Protokoll vom 6. Mai 1976: Aussagegenehmigung für KHM Fincke.

[27] Anlage 3 zum Protokoll vom 6. Mai 1976: Aussagegenehmigung für KOK Baer.

[28] Irmgard Möller schloss sich im Sommer 1971 der RAF an. Zuvor lebte sie in der Münchner Kommune Wacker Einstein, hatte 1969 als Teil der „Rechtshilfe der APO“ zum „Knastcamp“ aufgerufen und war Mitglied der Tupamaros München. Am 8. Juli 1972 wurde sie verhaftet, am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen sie und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. 1976 erfolgte ihre Verlegung zu den Angeklagten Baader, Ensslin und Raspe nach Stammheim. Dort überlebte sie als Einzige die sogenannte Todesnacht von Stammheim (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 68; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 111 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99, 100 f.).

[29] Anlage 4 zum Protokoll vom 6. Mai 1976: Aussagegenehmigung für KHK Mellenthin.

[30] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[31] Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen bereits ab dem 68. Verhandlungstag vernommen. Die Verteidigung war der Auffassung, die Bundesanwaltschaft habe in unzulässiger Weise Einfluss auf die Aussage Dierk Hoffs genommen, etwa durch das in Aussicht stellen nicht vorgesehener Vorteile, um ihn dadurch gesetzeswidrig als Kronzeugen zu gewinnen. Um dies zu beweisen, stellte Rechtsanwalt Dr. Heldmann am 89. Verhandlungstag den Antrag, den Generalbundesanwalt Siegfried Buback als Zeuge zu vernehmen (S. 7962 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[32] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.

[33] Das Freibeweisverfahren findet Anwendung zum Beweis von Tatsachen, die nicht die Straf- oder Schuldfrage, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe, betreffen. Im Unterschied zum dort anzuwendenden Strengbeweisverfahren ist das Gericht im Freibeweisverfahren nicht auf die Wahl bestimmter Beweismittel beschränkt, sondern kann grundsätzlich alle verfügbaren Erkenntnisquellen nutzen; auch an die im Strengbeweisverfahren vorgeschriebene Form ist es nicht gebunden (BGH, Urt. v. 28.6.1961 - Az.: 2 StR 154/61, BGHSt 16, S. 164, 166). Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 136a StPO wurde zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung wohl überwiegend das Freibeweisverfahren (auch für die Tatsacheninstanz) für ausreichend angesehen (s. etwa Sarstedt, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 136a Anm. 8). Heute mehren sich die Stimmen, die die teilweise oder sogar vollständige Anwendung des Strengbeweises fordern (für eine vollständige Anwendung des Strengbeweises s. Gleß, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 4/1, 27. Aufl. 2019, § 136a Rn. 77; für eine Anwendung des Strengbeweises in den Fällen, in denen die Aussage letztlich für die Straf- oder Schuldfrage verwertet werden soll s. Schuhr, in Knauer/Kudlich/Schneier [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 136a Rn. 99).

[34] Dort heißt es: „Beim Beweis des Verstoßes gegen § 136 a geht es um Verfahrensfragen; deshalb handelt es sich um einen ‚Freibeweis‘“.

[35] Der BGH entschied, dass das Revisionsgericht die Voraussetzungen der Unverwertbarkeit einer Aussage nach § 136a Abs. 3 StPO im Wege des Freibeweises feststellen könne, da es nicht um „den Inhalt des für die Schuldfrage bedeutsamen Geständnisses, sondern um die Art, wie es zustande gekommen ist, also um die Feststellung eines Verfahrensfehlers“ gehe (BGH, Urt. v. 28.6.1961 - Az.: 2 StR 154/61, BGHSt 16, S. 164, 166 f.).

[36] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache als auch des Beweismittels (früher bereits ständige Rechtsprechung, s. etwa BGH, Urt. v. 23.1.1951 - Az.: 1 StR 37/50, BGHSt 1, S. 29, 31; BGH, Urt. v. 7.5.1954 - Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128, 129; BGH, Urt. v. 12.8.1960 - Az.: 4 StR 48/60, NJW 1960, S. 2156, 2157; heute definiert in § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Ein Beweisermittlungsantrag liegt hingegen vor, wenn entweder die Beweistatsache oder das Beweismittel nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da § 244 Abs. 3-6 StPO begrenzte und abschließende Ablehnungsgründe für Beweisanträge enthält. Liegt keiner dieser Ablehnungsgründe vor, ist dem Beweisantrag zu entsprechen. Beweisermittlungsanträge berücksichtigt das Gericht hingegen nur nach § 244 Abs. 2 StPO im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungspflicht, die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags ist nicht auf die Gründe des § 244 Abs. 3-6 StPO beschränkt.

[37] Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO). Damit trifft die Aufklärungspflicht das Gericht unabhängig von Anträgen der Verfahrensbeteiligten.

[38] Dort heißt es: „Ist die Verlesung einer Erklärung oder eines Attests nach § 256 zulässig, dann darf Gericht den Beweisantrag auf persönliche Vernehmung des Ausstellers der Erklärung oder des Attestes ablehnen, sofern nicht besondere Umstände dies nach § 242 Abs. 2 (Anm. d. Verf.: gemeint sein dürfte § 244 Abs. 2 StPO, die gerichtliche Aufklärungspflicht) geboten erscheinen lassen“ (Hervorh. im Original).

[39] Das Bayerische Oberste Landesgericht führte hierin aus, dass die Vernehmung eines Arztes abgelehnt werden könne, wenn die Voraussetzungen der Verlesung des Gutachtens nach § 256 StPO erfüllt seien und die Wahrheitserforschungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) eine Vernehmung nicht gebiete (BayObLG, Urt. v. 4.11.1952 - Az.: 2 St 457/52, NJW 1954, S. 194).

[40] Das Wissen und Wollen der späteren Verwendung der Sprengkörper wäre relevant für die Begründung eines Gehilfenvorsatzes des Zeugen Hoff in Bezug auf die später begangenen Straftaten. Unter ein von § 136a StPO verbotenes Versprechen gesetzlich nicht zugelassener Vorteile würde etwa fallen, ihm zu versprechen, ihn im Falle einer Aussage trotz Vorliegens der Voraussetzungen nicht wegen Beihilfe zum Mord anzuklagen.

[41] § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO a.F. (heute: § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO) ermöglicht die Wahrunterstellung für erhebliche Tatsachen, die zur Entlastung der Angeklagten bewiesen werden sollen. Wird die Tatsache als wahr unterstellt, kann der hierauf gerichtete Beweisantrag abgelehnt werden. Die hier zitierten Aussagen finden sich allesamt in einem Interview des Generalbundesanwalts Buback mit den Spiegel-Redakteuren Rolf Lamprecht und Hans-Wolfgang Sternsdoff (DER SPIEGEL, Ausgabe 8/1976 vom 16.2.1976, S. 30 ff.).

[42] § 256 StPO benennt bestimmte Arten von Erklärungen die entgegen § 250 Satz 2 StPO verlesen werden können, darunter die „ein Zeugnis oder Gutachten enthaltenden Erklärungen öffentlicher Behörden“ (§ 256 Abs. 1 Satz 1, 1. Var. StPO a.F.; heute: § 256 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StPO).


[a] Maschinell ersetzt: Inheidner durch Ginnheimer

[b] Maschinell durchgestrichen: daß

[c] Handschriftlich durchgestrichen: amtlich bestellter

[d] Maschinell durchgestrichen: und gele

[e] Maschinell eingefügt: So wie sich das durch polizeiliche Vernehmungen dargestellt hat,

[f] Maschinell durchgestrichen: So, Raspe

[g] Maschinell eingefügt: wohl

[h] Maschinell ersetzt: könne durch konnte

[i] Maschinell eingefügt: und

[j] Maschinell eingefügt: halt

[k] Handschriftlich durchgestrichen: nun

[l] Maschinell durchgestrichen: nicht

[m] Handschriftlich ersetzt: also durch da so

[n] Maschinell eingefügt: an einzelne Gespräche oder

[o] Maschinell eingefügt: Zg. Pr.: Ja. V.:

[p] Maschinell eingefügt: Zg. Pr.: Ach so, ja sicher.

[q] Handschriftlich ersetzt: und durch oder

[r] Handschriftlich eingefügt: und

[s] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[t] Maschinell eingefügt: höchstwahrscheinlich

[u] Handschriftlich ersetzt: Ich durch Das

[v] Handschriftlich eingefügt: ich

[w] Handschriftlich eingefügt: nun

[x] Maschinell eingefügt: Ende Mai.

[y] Maschinell eingefügt: und

[z] Maschinell durchgestrichen: werden

[aa] Handschriftlich durchgestrichen: könnte

[bb] Handschriftlich durchgestrichen: es

[cc] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[dd] Maschinell eingefügt: Ereignis.

[ee] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[ff] Maschinell ersetzt: CIE aus begangen durch der GIs herausbegangen

[gg] Maschinell ersetzt: CIE durch GIs

[hh] Maschinell ersetzt: geschrieben durch geschildert

[ii] Maschinell ersetzt: CIE durch GIs

[jj] Handschriftlich ersetzt: rechtlich durch richtig

[kk] Maschinell eingefügt: Zg. Pr.: Unter einem anderen Namen.

[ll] Maschinell ersetzt: es der durch von

[mm] Maschinell eingefügt: Die

[nn] Maschinell durchgestrichen: irgendwelchen

[oo] Handschriftlich eingefügt: mal

[pp] Handschriftlich eingefügt: wäre

[qq] Handschriftlich ersetzt: dem durch dessen

[rr] Maschinell eingefügt: zu irgendwelchen

[ss] Maschinell eingefügt: aber ich weiß es nicht mehr genau.

[tt] Maschinell eingefügt: die

[uu] Handschriftlich eingefügt: es

[vv] Maschinell eingefügt: So hat er sich ausgedrückt.

[ww] Handschriftlich eingefügt: nur

[xx] Maschinell ersetzt: Vielmal durch Fielen mal

[yy] Maschinell ersetzt: vielmal durch fielen mal

[zz] Maschinell eingefügt: und

[aaa] Maschinell eingefügt: daß es

[bbb] Handschriftlich durchgestrichen: sich

[ccc] Handschriftlich durchgestrichen: das

[ddd] Handschriftlich ersetzt: werden durch wären

[eee] Maschinell eingefügt: und

[fff] Maschinell eingefügt: StPO

[ggg] Maschinell eingefügt: mehr

[hhh] Maschinell eingefügt: wieder

[iii] Handschriftlich ergänzt: delaborierten

[jjj] Handschriftlich ersetzt: wird durch werden

[kkk] Maschinell eingefügt: Pos. 47,

[lll] Handschriftlich ersetzt: 11 durch 10

[mmm] Maschinell eingefügt: war

[nnn] Maschinell eingefügt: Es ließ sich

[ooo] Maschinell durchgestrichen: Schreiben

[ppp] Handschriftlich durchgestrichen: passend

[qqq] Handschriftlich durchgestrichen: berichtet

[rrr] Maschinell eingefügt: KOK

[sss] Handschriftlich eingefügt: Ganzweit

[ttt] Maschinell eingefügt: in

[uuu] Maschinell eingefügt: noch darauf

[vvv] Handschriftlich ersetzt: einige durch eigene

[www] Maschinell eingefügt: er

[xxx] Handschriftlich ersetzt: Klappe durch Kladde

[yyy] Maschinell eingefügt: KHK

[zzz] Handschriftlich eingefügt: ich

[aaaa] Maschinell eingefügt: in

[bbbb] Handschriftlich ersetzt: gegeben durch begeben

[cccc] Maschinell eingefügt: nachträglichen

[dddd] Handschriftlich ersetzt: für durch zu

[eeee] Maschinell durchgestrichen: übergebe

[ffff] Handschriftlich ersetzt: sie durch sich

[gggg] Maschinell ersetzt: ... durch weiterhin

[hhhh] Maschinell ersetzt: verweigere durch verweise

[iiii] Maschinell ersetzt: ... durch er hat gesagt,

[jjjj] Maschinell ersetzt: es durch er

[kkkk] Handschriftlich ergänzt: genauso

[llll] Handschriftlich ersetzt: die durch dem

[mmmm] Handschriftlich durchgestrichen: im

[nnnn] Handschriftlich ersetzt: Juli durch Juni

[oooo] Maschinell eingefügt: hierzu

[pppp] Handschriftlich ersetzt: die durch der