[9680] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, 12. Mai 1976, 14.03[a] Uhr.
(110. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag, mit Ausnahme von Oberstaatsanwalt Holland.
Als Urkundsbeamte sind anwesend: JOS Janetzko
JAss. Clemens
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als Verteidiger sind anwesend: Rechtsanwälte Schnabel, Schwarz, Grigat und Dr. Augst (als amtlich bestellter Vertreter von Rechtsanwalt Eggler).
Als Sachverständige sind anwesend:
Dr. Stupp und Dr. Trimborn.
Als sachverständige Zeugen sind anwesend:
Dr. Kexel, Dr. Megges, Dr. Müller, Rainer Goebel.
Vors.:
Ich bitte Platz zu nehmen. Wir können die Sitzung fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet. Herr Rechtsanwalt Augst anstelle von Herrn Rechtsanwalt Eggler. Herr Rechtsanwalt, Sie sind noch als amtlich bestellter Vertreter zur Zeit tätig? Dankeschön.
Wir haben für heute die Herrn Sachverständigen Dr. Stupp und Dr. Trimborn anwesend, Herr Dr. Kexel, Herr Dr. Megges, Herr Dr. Müller und Herr wissenschaftlicher Oberrat Goebel. Wir kennen uns ja schon hier durch eine Anhörung als Zeugen. Sie sind als sachkundige Zeugen[2] geladen.
Die sachverständigen Zeugen Dr. Kexel, Dr. Megges, Dr. Müller und Rainer Goebel werden gem. § 57 StPO[3] belehrt.
Die Sachverständigen Dr. Stupp und Dr. Trimborn werden gem. §§ 72, 57 und 79 StPO[4] belehrt.
Die Sachverständigen und sv.[b] Zeugen sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[5]
[9681] Vors.:
Es ist so gedacht, daß wir die Herrn Sachverständigen bitten möchten, jetzt zunächst den Aussagen der Herrn Zeugen, sachkundigen Zeugen, zu folgen. Sie werden dann gebeten werden, nicht nur das Gutachten vorzutragen, es ist ja bezeichnet in Ihrer Ladung, das Sie selbst erstellt haben, sondern Vergleiche zwischen Ihrem Gutachten und unter den Untersuchungsergebnissen, die die Herrn sachkundigen Zeugen berichten, zu ziehen. Sozusagen also die damit gutachterlich miteinander zu vergleichen. Wogegen die Herrn sachkundigen Zeugen jeweils zu einzelnen Untersuchungsergebnissen in der Form der Zeugenaussage gehört werden. So daß also Ihre Aufgabe, Herr Dr. Stupp und Herr Dr. Trimborn, heute nur im Zuhören zunächst besteht, wobei ich Sie bitten möchte, wenn Sie selbst Fragen haben, steht Ihnen das jederzeit zu.
Rechtsanwalt Schlaegel erscheint um 14.07 Uhr im Sitzungssaal.
Die sachverständigen Zeugen Dr. Kexel, Dr. Müller und Rainer Goebel werden um 14.07 Uhr in Abstand verwiesen.
Die Aussagegenehmigung[6] wird vom sachverständigen Zeugen Dr. Megges dem Gericht übergeben.
Diese wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.
Vors.:
Ich darf zunächst um Ihre Personalien bitten, Herr Dr. Megges.
Der sachverständige Zeuge machte folgende Angaben zur Person:
Sachverständige Zeuge Dr. Megges
Dr. Gerhard Megges, 38 Jahre alt,
ver. Diplomchemiker, Leiter des Sachgebiets Chemie beim Bayerischen Landeskriminalamt in München, Maillingerstr. 15,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Dr. Megges, welches ist das Sachgebiet, das Sie bearbeiten in Ihrer dienstlichen Tätigkeit?
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Meine jetzige dienstliche Tätigkeit ist der Leiter des Sachgebiets Chemie. Zur damaligen Zeit, zur Zeit dieser Vor- [9682][7] [9683] fälle, um die es hier geht, war ich wissenschaftlicher Sachbearbeiter im Sachgebiet Chemie des Bayerischen Landeskriminalamts.
Vors.:
Ist Ihnen heute noch der Sprengstoffanschlag in Augsburg gegenwärtig; ist er Ihnen noch ein Begriff?
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Dazu muß ich sagen, daß ich zum Zeitpunkt der Anschläge in Augsburg und[c] München[8] mich in Urlaub befunden habe und erst am 15. Mai wieder in den Dienst zurückgekehrt bin.
Vors.:
Die Benennung des 15. Mai, wobei Sie sicher das Jahr 1972 meinen, zeigt, daß Sie den Zeitraum richtig noch vor sich haben, um den es sich hier dreht. Es ist Ihnen jedenfalls dienstlich bekannt geworden, daß es dort ein Sprengstoffanschlag in Augsburg gegeben hat. Haben Sie in der Folge irgendwelche Untersuchungen auf Sprengstoffrückstände durchzuführen gehabt?
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Ja. Das ist dergestalt abgelaufen, daß ich nach meiner Rückkunft in den Dienst von meinem damaligen Vorgesetzten, Herrn Dr. Koll, auch Chemiker und damaliger Sachgebietsleiter des Sachgebiets Chemie, informiert wurde, über die bis dahin durchgeführten orientierenden Voruntersuchungen Sprengstoff chemischer Art im Zusammenhang mit den Anschlägen in Augsburg und in München. In der Folgezeit haben wir dann die sprengstoffchemischen Untersuchungen gemeinsam durchgeführt und zwar sowohl der Herr Dr. Koll als auch ich, zusammen mit den beiden Chemotechnikern Herr Scheller und Herr Röder. Diese Untersuchung erfolgte dergestalt, daß gleichzeitig untersucht wurde und wir uns über die Untersuchungsbefunde informiert haben. Diese Untersuchungsbefunde sind dann schließlich niedergelegt worden in den Untersuchungsprotokollen und im Untersuchungsteil unserer drei Gutachten Nr. 20-87 und 20-88/72. Wir haben diese Gutachten dann gemeinsam unterschrieben, weil wir die Untersuchungen gemeinsam durchgeführt haben.
Vors.:
Dankeschön. Ich würde Sie bitten, die Untersuchungsergebnisse gerade bezüglich des Aktenzeichens 2087, das ist ja wohl Augsburg, nun hier vorzutragen.
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Die Spurenträger, die wir hier untersucht haben, habe ich von Herrn Dr. Koll erhalten. Sie waren zu diesem Zeitpunkt bereits bezeichnet. Die Bezeichnungen sind im Gutachten niedergelegt. Es handelt sich zunächst einmal um Spurenträger aus dem 4. Stock der Polizeidirektion in Augsburg und zwar zerfetzte Teile einer braunen Skaitasche, sowie verschmauchte Wandfliesen.
[9684] Dem Zeugen wird das Asservat B 48 Pos. 20 vorgelegt.
Das Gericht hat dieses Asservat bereits schon in Augenschein[9] genommen.
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Die Teile dieser Tasche wurden untersucht und zwar durch wäßrige Extraktion zunächst. Wir haben darin im wäßrigen Extrakt Nitrit nachweisen können, neben Nitrat viel Chlorid, Ammonium, Natrium und Kalium und Calciumionen. Chlorationen konnten wir nicht nachweisen, dagegen allerdings Zucker nach salzsaurer Hydrolyse mit Fehling’scher Lösung. Die dünnschichtohromatographische Untersuchung auf Salpetersäureester, also Sprengöle, Nitroaromaten und Nitramine verliefen mit negativem Befund.
Die Fliesen vom gleichen Tatort wurden ebenfalls untersucht, auch hier durch wäßrige Extraktion. Es konnten nachgewiesen werden Ammonium, Natrium, Kalium, Calcium, Nitrit und Chloridionen.
Nitrat- und Chlorationen waren nicht zu fassen. Zucker war ebenfalls nach salzsaurer Hydrolyse mit Fehling’scher Lösung nachweisbar. Auch hier verlief die Prüfung auf Salpetersäureester, Nitroaromaten und Nitramine in einem Acetonauszug negativ. Spektralanalysisch konnte Schmauch, Aluminium und Blei nachgewiesen werden.
Nun zum dritten Stock des Gebäudes der Polizeidirektion Augsburg. Hier dienten als Spurenträger drei Stahlflaschensplitter des explodierten Behältnisses. Wir konnten im wäßrigen Auszug wiederum Nitrit-, Nitrat-, Thiosulfat-, wenig Chlorid-, sowie Ammonium-, Kalium-, und in den Spuren Natriumionen nachweisen. Die Prüfung auf Chlorat und Zucker verlief auch hier negativ. Im unlöslichen schwarzen Bodensatz konnte weder Aluminium noch Blei gefaßt werden.
Das Asservat Nr. 3, Bezeichnung aus meinem Gutachten hier. Es handelt sich um den Sprengstoff der nach dem Beschuß aus der nicht explodierten Sprengkörper herausgerieselt war. Es war ein grauer Sprengstoff. Das Schüttgewicht wurde zu 0,625 g pro Kubikzentimeter bestimmt. Das Ergebnis der quantitativen Untersuchung dieses grauen Pulvers ergab einen Schwefelgehalt von 1,8 %, Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat gemeinsam 80,0 %, wobei Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat etwa im Verhältnis 9:1 vorlagen. Daneben Holzmehl und Kohlepartikelchen sowie Mörtelstaub, möglicher- [9685] weise vom Tatort selbst, Verunreinigungen, insgesamt 18,1 %. Wir konnten in diesem Sprengstoff weder Chlorid- noch Chlorationen, noch Zucker, Dinitro- und Trinitrotoluol, Nitroglycerin, Nitroglykol, Hexogen und Nitropenta nachweisen. Also alle diese Stoffe waren nicht nachweisbar. Der Pulversprengstoff aus dem unteren Teil der Bombe, es handelt sich hier um eine rote Substanz, die uns in wäßriger Lösung zur Untersuchung vorlag, offenbar eine Folge der Delaborierungsmethode. Die Bestimmung der quantitativen Zusammensetzung war aufgrund dessen, daß der Sprengstoff teilweise in wäßriger Lösung vorlag, nicht möglich. Er wurde aber qualitativ untersucht. Und das Ergebnis der qualitativen Untersuchung war: Ammoniumnitrat, Aluminiumpulver und Bleimennige.
Mit Hilfe der Spektralanalyse konnten als Hauptkomponenten Blei und Aluminium nachgewiesen werden. Die qualitativchemische Prüfung auf Chlorat und Chloridionen, auf Zucker, Dinitro- und Trinitrotoluol, Nitroglycerin, Nitroglykol, Hexogen und Nitropenta verlief negativ.
Vors.:
Dankeschön. Das waren also die Untersuchungsergebnisse in den Einzelteilen, die Sie uns darstellen können. Sind zu diesem Untersuchungsbericht 2087/72 gleich Ordner 99, Blatt 244, weitere Fragen? Beim Gericht sehe ich nicht. Die übrigen Herrn Verfahrensbeteiligten gleichfalls nicht.
Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 14.15 Uhr den Sitzungssaal.
Vors.:
Herr Dr. Megges, darf ich Sie dann gleich um den weiteren Bericht 2088 bitten. Es handelt sich um den Ordner 108 Blatt 116.
Sachverst. Zeuge Dr. Meg[ges]:
Diese Asservate stammen aus dem Anschlag auf das Bayerische Landeskriminalamt am 12.5.1972. Sie wurden mir mit den Bezeichnungen vorgelegt, die ich im Gutachten verwendet habe und zwar zunächst einmal, verzinkte Blechteile aus Feld 5/6. Hier haben wir wiederum einen wäßrigen Extrakt angefertigt und konnten allerdings lediglich Nitritionen und in Spuren Chlorid nachweisen. Nitrat-, Chlorat- und Ammoniumionen waren nicht nachweisbar. Negativ verlief darüber hinaus die Prüfung auf Zucker, nitrierte Aromaten und Sprengöle. Die spektralanalytische Untersuchungen des Schmauches auf Blei und Aluminium war positiv.
Dann Asservat B, ein poliertes Aluminiumblechstück. Wiederum im [9686] wäßrigen Auszug konnten wir Nitrit-, (und zwar viel), Chlorid- und Kaliumionen nachweisen. Nitrat-, Chlorat- und Ammoniumionen waren nicht nachweisbar. Die Reaktion auf Zucker verlief schwach positiv. Dünnschichtchromatographisch konnten nitrierte Aromaten und Sprengöle nicht gefaßt werden. Spektralanalytisch waren wiederum Blei und Aluminium nachweisbar.
Und c) Schmauch von der Böschungsmauer beim Explosionszentrum. Hier konnten wir im wäßrigen Auszug folgende Anionen und Kationen nachweisen: Nitrit, wenig Nitrat, Chlorid, Ammonium, Kalium, Natrium, und Calcium, letzteres wieder wenig. Chlorationen waren nicht faßbar.
Vors.:
Dankeschön. Sind zu diesem Bericht weitere Fragen, an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Damit wären wir am Ende der Untersuchungsberichte, die Sie uns vortragen können, Herr Dr. Megges. Sind Sie imstande, solange zu warten, bis wir noch die beiden anderen Herrn, die nur einzelne Berichte vorzutragen haben ...
Der sachverständige Zeuge Dr. Megges bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der sachverständige Zeuge Dr. Kexel erscheint um 14.17 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Herr Dr. Kexel, darf ich Sie um Ihre Personalien bitten?
Der sachverständige Zeuge machte folgende Angaben zur Person:
Sachverständige Zeuge Dr. Kexel
Dr. Hugo Kexel, Diplomchemiker,
37 Jahre alt, wohnh. Freising,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Dem sachverständigen Zeugen wird das Asservat B 47 Pos. 14 vorgelegt.
Das Asservat B 47 Pos. 14 wird vom Gericht in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Herr Dr. Kexel, ist es richtig, daß Sie bis zum 31.12.1972 Mitarbeiter im Hessischen Landeskriminalamt gewesen sind?
[9687][10] [9688] Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Das ist richtig.
Bundesanwalt Dr. Wunder erscheint wieder um[d] 14.18 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Was war Ihr Sachgebiet?
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Mein Sachgebiet war die Bearbeitung, also im Bereich der Chemie.
Vors.:
Ist Ihnen dieses Asservat, daß Sie hier links vor sich liegen haben, bekannt.
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Ich erkenne meine Schrift hier drauf. Also die Schrift erkenne ich wieder, und dann wird es auch eine Sache gewesen sein, die ich untersucht habe.
Vors.:
Kann es sein, daß das im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf das US-Hauptquartier, d.h. auf das Hauptquartier des 5. Corps in Frankfurt[11] gestanden hat, diese Untersuchung?
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Jawohl.
Vors.:
Dann darf ich Sie bitten, daß Sie uns berichten, was Ihre damaligen Untersuchungen dieses Asservats erbracht haben?
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Jawohl, da muß ich mal mein Gutachten sehen. Ich sehe gerade die Nummer 1 hier drauf. Ich habe drei verschiedenartige Untersuchungen ...
Vors.:
Wir haben nur die unter Nummer 1 verzeichnete ...
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Steinplatte mit schwarzen Anhaftungen, so heißt es im Untersuchungsbericht. Und an der Steinplatte wurde festgestellt, das steht hier auch drauf, Chlorat, Nitrit, Nitrat und Chlorit.
Vors.:
Und nun hatten Sie noch weitere, wie Sie uns erwähnt haben, Asservate vorliegen gehabt. Wenn Sie uns bezeichnen, um was für Asservate es sich gehandelt hat?
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Es handelt sich einmal, das steht bei mir hier unter Tatort 2, Metallteile mit rot-braunen Anhaftungen. 2 a) und b) Sperrholzstücke mit schwarzen Anhaftungen und Tatort 3; da habe ich hier stehen Metallteile mit schwarzen Anhaftungen. Das ist ein Fehler, das muß heißen, mit roten Anhaftungen. Da bin ich in die falsche Zeile geraten.
Vors.:
Und welche Untersuchungsergebnisse bei diesen zwei Stücken?
Sachverst. Zeuge Dr. Kex[el]:
Da wurde nachgewiesen, genau wie beim 1. Chlorat, Nitrat und Chlorit, ferner Nitrit bei 1 und 2 b) Und dann Tatort 2 a), also die Metallteile und Nr. 3 wurden Aluminium, Blei, Kalium, das wurde [9689] mittels Ultraviolettspektralanalyse, Sachgebiet Physik, Dr. Kremling nachgewiesen, ferner Ammonium. Und nun wurden die Untersuchungen weiter präzisiert. Es waren rote Anhaftungen festzustellen. Der Verdacht auf Phosphor bestätigte sich nicht, sondern es war Mennige und zwar bei Tatort 3 kann es als gesichert angesehen werden. Bei Tatort 2 ist es wahrscheinlich. Schließlich wurde noch Aluminium nachgewiesen, das vermutlich als Metall vorliegt.
Vors.:
Dankeschön. Sind zu diesen Untersuchungsergebnissen weitere Fragen?
Herr Berichterstatter? Nein. Beim Gericht nicht. Die Herrn von der Bundesanwaltschaft und die Herrn Verteidiger? Ebenfalls nicht.
Sachverst. Dr. Trimborn:
Darf ich mal eine Zwischenfrage stellen?
Vors.:
Bitte gerne, Sie haben also das Recht, als Sachverständiger die Herrn Zeugen auch zu befragen. Das ist selbstverständlich.
Sachverst. Dr. Trim[born]:
Zu diesem Vorgang liegen uns keine Unterlagen vor. Für den Fall, daß wir also dazu irgendwie Stellung nehmen sollen, müßte ich erst um Unterlagen bitten.
Dem Sachverständigen Dr. Trimborn wird aus Ordner 86 Blatt 274 übergeben.
Sachverst. Dr. Trim[born]:
Danke schön.
Vors.:
Ich bitte dann, das mir wieder zurück zu geben, es ist Bestandteil der Unterlagen. Ich danke Ihnen sehr.
Der sachverständige Zeuge Dr. Kexel bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Der sachverständige Zeuge Goebel erscheint um 14.23 Uhr im Sitzungssaal.
Der sachverständige Zeuge Goebel übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.
Diese wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.
Vors.:
Herr Goebel, ich darf Sie um Ihre Personalien bitten?
Der sachverständige Zeuge machte folgende Angaben zur Person
Sachverständige Zeuge Goebel
Rainer Goebel, 39 Jahre alt,
Physiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im BKA,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
[9690][12] [9691] Dem Zeugen wird das Asservat E 22 I 5 Pos. 1 vorgelegt.
Das Asservat E 22 I 5 Pos. 1 wird vom Gericht in Augenschein genommen.
Vors.:
Über das Sachgebiet, in dem Sie tätig sind, haben Sie bereits bei Ihrer Anhörung als Sachverständiger Auskunft gegeben. Hier handelt es sich jetzt nur um einen einzelnen Untersuchungsbericht, zu diesem Asservat. Haben Sie dieses Asservat vorliegen gehabt?
Sachverst. Zeuge Goe[bel]:
Ja, das dürfte nach der Bezeichnung zumindestens das Asservat sein, das damals von mir untersucht worden ist und auch nach der ganzen Ausführung, wie es hier vorliegt.
Vors.:
Die Bezeichnung ist, wenn Sie uns die ...
Sachverst. Zeuge Goe[bel]:
Die Bezeichnung ist einmal gegeben durch das Aktenzeichen des Gutachtens, das damals gemacht worden ist, steht hier auf dem Aufkleber 4985/72 und zum Zweiten gegeben durch die Asservatennummer, die ebenfalls auf einem anderen Aufkleber steht E 22 I 5 Pos. 1.
Vors.:
Dankeschön. Das entspricht dem Untersuchungsbericht Ordner 111 Blatt 3. Ich bitte Sie, wenn Sie das Stück untersucht haben, um die Bekanntgabe des Ergebnisses.
Sachverst. Zeuge Goe[bel]:
Diese sogenannte Schöpfkelle wurde von uns untersucht und zwar zunächst mikroskopisch. Bei der mikroskopischen Untersuchung wurde festgestellt, daß Anhaftungen an dieser Schöpfkelle vorhanden waren, und zwar insbesondere in dem inneren Teil, also in dem eigentlichen Hohlraum der Schöpfkelle, außerdem aber auch am Griff. Und bei eben dieser mikroskopischen Untersuchung stellte sich heraus, daß es einmal sich um rote, bis rot-braune Anhaftungen handelte, zum Zweiten um graue, die sich unter dem Mikroskop allerdings dann als mehr silberfarben, als grau herausstellten. Schließlich um schwarze Anhaftungen und um weiße Salzkörnchen, wobei Salz jetzt hier in Anführungszeichen zu setzen ist, also salzartige Körnchen. Wir haben versucht, diese diversen eben genannten Anhaftungen zu identifizieren. Zunächst zu den roten Anhaftungen. Diese wurden durch Röntgenfeinstrukturuntersuchung identifiziert als BP 3 O 4, d.h. mit dem Handelsnamen Mennigepulver. Zum Zweiten die grauen bzw. silberfarbenen Anhaftungen wurden identifiziert, einmal ebenfalls durch Röntgenfeinstrukturuntersuchungen als Aluminium. Zum Zweiten, um hier noch etwas mehr Information zu gewinnen, mit Hilfe des Raster-Elektronenmikroskopes. Hierbei wurde festgestellt, daß die Oberfläche der Einzelkörnchen eine Struktur, [9692] eine ganz charakteristische Struktur zeigte, die wir, zunächst mal intern, als eine sogenannte Brombeer-Struktur bezeichnet haben, weil die Oberfläche so aussieht, im mikroskopischen Bereich wie eine Brombeere im makroskopischen. Schließlich haben wir die schwarzen Teilchen als Holzkohleteilchen identifizieren können, durch Nachweis der typischen Holzröhrenstruktur. Die weißen salzartigen Teilchen konnten nicht genau identifziert werden. Wir haben eine Laser-Mikro-Spektralanalyse durchgeführt, um die chemische Zusammensetzung festzustellen. Haben dabei vier chemische Elemente als Bestandteile nachweisen können, Silizium, Calcium, Blei und Magnesium. Eine genaue Zuordnung dieser Teilchen zu irgend einer chemischen Substanz war allerdings nicht möglich, weil aufgrund der geringen Menge, der geringen Anzahl dieser Teilchen weitere Untersuchungen nicht möglich waren.
Vors.:
Dankeschön. Sind zu diesem Untersuchungsbericht irgendwelche Fragen? Ich sehe nicht. Dann können wir die Herrn sachverständigen Zeugen vereidigen.
Die sachverständigen Zeugen Herr. Dr. Megges, Herr Dr. Kexel und Herr Goebel werden einzeln[e] vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.30 Uhr entlassen.
Der sachverständige Zeuge Dr. Kexel übergibt noch seine Aussagegenehmigung dem Gericht.
Diese wird als Anlage 3 zum Protokoll genommen. (siehe Bl. 9687)[f]
Der sachverständige Zeuge Dr. Müller erscheint um 14.30 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Zunächst bitte ich um die Angaben der Personalien.
Der sachverständige Zeuge machte folgende Angaben zur Person
Sachverständige Zeuge Dr. Müller
Dr. Ernst Müller, Diplomchemiker,
Leitender wissenschaftlicher Direktor am BKA, 42 Jahre alt,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Dr. Müller, ist es richtig, was die Unterlagen zu besagen scheinen, daß Sie im Zusammenhang mit Sprengstoffanschlägen im [9693] Jahre 1972 Untersuchungen hinsichtlich der Rückstände, die dabei verblieben sind, durchgeführt haben?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Trifft das auch zu im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf das Ehepaar Buddenberg?[13]
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, das ist richtig.
Vors.:
Ich darf dann vielleicht zunächst verweisen auf einen Untersuchungsbericht von 31.5.1972, halt falsch, 3.11.1972. Ihr Kennzeichen KT II 3 2984/72. Wenn Sie in diesem Untersuchungsbericht die Ergebnisse festgehalten haben von der damaligen Untersuchung, so bitten wir, uns das vorzutragen.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja. Der Personenkraftwagen und die gesicherten, dem Sprengkörper zugeordneten Stahlteile haben wir auf Sprengstoffrückstände untersucht. Hierbei handelte es sich also meistens um sogenannte Schmauchanhaftungen, die in dem Fall an der Unterseite des Bodenbleches sichtbar waren und in ihnen konnte chemisch, in diesen Schmauchanhaftungen konnte Schwefel nachgewiesen werden, Ammonium und Nitrationen. Und dann konnten wir röntgenfeinstrukturanalytisch Kaliumnitrat nachweisen. Ich darf vielleicht hinweisen, das ist die Seite 9 unseres Untersuchungsberichtes, da stand Aluminium. Das haben wir versucht, daß es in allen Kopien ausgebessert wurde, das ist ein Schreibfehler. Es heißt also Ammoniumionen
Vors.:
Das ist, ich darf noch die Herrn Prozeßbeteiligten darauf hinweisen, Ordner 69 Blatt 55 ff.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Nun, nach diesem Ergebnis spricht nichts dagegen, daß als Sprengstoff im Falle Buddenberg ein sogenanntes „graues Gemisch“ Verwendung fand, das aus Kaliumnitrat, Ammoniumnitrat, Schwefel, Holzteilchen und Kohlepartikel Verwendung fand.
Vors.:
Herr Dr. Müller, verzeihen Sie bitte, es ist für die Angaben, so wie wir sie hier jetzt als Zeugen von Ihnen erfragen wollen, ausreichend, wenn Sie uns die Bestandteile, die Sie bei den Untersuchungen feststellen konnten, angeben. Dazu sind dann die beiden Sachverständigen später da. Wir wissen, daß Sie selbstverständlich auch die Sachkunde hätten. Aber die Rolle, die Sie hier im Verfahren jetzt als sachverständiger Zeuge spielen, läßt diese Beschränkung zu. Wir bitten also nur um Mitteilung in allen Fällen der Untersuchungsberichte der jeweiligen Bestandteile, die festgestellt werden konnten.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Jawohl.
[9694] Vors.:
Sind zu diesem Komplex irgendwelche weiteren Feststellungen dann mitzuteilen? Ich glaube nicht.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Nein, nein.
Vors.:
Sind irgendwelche Fragen hierzu? Ich sehe nicht.
Dann darf ich die Frage an Sie richten, ob im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf das Axel-Springer-Hochhaus in Hamburg[14] von Ihnen ähnliche Untersuchungen oder gleiche Untersuchungen durchgeführt wurden?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, ja.
Vors.:
Es handelt sich hier um den Untersuchungsbericht vom 12. Februar 1973 KT II 3 3112/72, Ordner 66, Blatt 353 ff.
Dem sachverständigen Zeugen werden die Asservate B 51 12. Stock/Pos. 1.1 und B 51 12. Stock/Toilette Pos. 1.1 vorgelegt.
Das Gericht nimmt die Asservate B 51 12. Stock/Pos. 1.1 und B 51 12. Stock/Toilette Pos. 1.1 in Augenschein.
Die Prozeßbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, die Bomben sahen natürlich, als wir sie zur Untersuchung hatten, etwas anders aus. Es sind in der Zwischenzeit durch die Bundesanstalt für Materialprüfung untersucht worden und zwar im Metallbereich, d.h. also es sind metallogische Untersuchungen vorgenommen worden. Die Sprengstoffe, die diese Bomben enthielten, wurden bei uns sowohl ausgewogen als auch analytisch untersucht. Der Sprengkörper 2, das ist also der Sprengkörper aus dem zweiten Stock des Springer-Hochhauses, enthielt 3720 gr. Sprengstoff. Der Sprengkörper aus dem 12. Stock 1, das ist also der 12. Stock der Flur, der enthielt 4250 gr. Sprengstoff. In den drei Sprengkörpern befand sich am Boden, also in der unteren Schicht ein sogenanntes graues Material und darüber war das von uns als rotes Gemisch bezeichnete Material eingefüllt worden. Wir haben die beiden Schichten, so gut es ging, getrennt. Es stellte sich immer wieder heraus, daß das also sehr schwer war. Das Material war sehr inhomogen. Wir hatten in den roten Bereichen[g] immer graues Material und umgekehrt auch in der [9695] grauen Schicht auch Bestandteile des roten Materials, so daß es also sehr schwer war, Material zu entnehmen, das also einigermaßen analytischen Ansprüchen entsprach. Im grauen Material konnten wir mikroskopisch Holzpartikel und Kohleteilchen nachweisen und naßchemisch mit den klassischen Methoden Ammonium und Nitrationen, sowie Schwefel und röntgenfeinstrukturanalytisch Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat. Spektralanalytisch wurde das Kalium, das Blei und das Aluminium ebenfalls nachgewiesen, außerdem Calcium und Spuren von Kupfer und Magnesium. Im roten Material, das ist also die qualitative Untersuchung, konnten mikroskopisch metallische Partikel, die aussahen wie Aluminium, nachgewiesen werden, und Spuren von Holz- und Kohlepartikeln. Naßchemisch hatten wir Ammonium, Nitrationen, Aluminium und geringe Mengen Schwefel. Röntgenfeinstrukturanalytisch wurde Ammoniumnitrat nachgewiesen. Spektralanalytisch konnten wir dann Blei, Aluminium, Kalium, Calcium und Spuren von Kupfer, Magnesium und Silber nachweisen. Diese Spuren die treten also sehr häufig auf und haben also keine Relevanz für die Analyse. In dem roten Material der Sprengkörper 12.1 und 12.2, also der aus dem 12. Stock, außerdem Eisen und Silizium. Kleinste Spuren von Eisen waren auch im Sprengkörper 2 nachzuweisen. Die schmauchartigen Anhaftungen an den Splittern der Sprengkörper 3 und 6, das waren also die Splitter der explodierten Sprengkörper aus dem 3. und dem 6. Stockwerk, da konnten wir aufgrund der geringsten Materialmengen nur wenig aussagen. Wir haben sie der Laser-Emissionsspektralanalyse unterworfen, einer Methode, die kleinste Mengen von Metallen noch nachweisen läßt. Wir konnten dabei Calcium, Silizium, Aluminium, Eisen und bei den Splittern des Sprengkörper 3 auch Blei. Nun, das ist aber zu wenig für eine relevante Aussage. Wir konnten somit bei den Sprengstellen im 3. und im 6. Stock die ursprüngliche Zusammensetzung der Sprengstoffe nicht mehr ermitteln. Das zu den qualitativen Untersuchungen. Die quantitativen Untersuchungen wurden an den Sprengstoffen aus den Sprengkörpern 2 und 12.2 und 12.1 durchgeführt. Es wurden bei den grauen Gemischen folgende Mengen gefunden: Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat 87 - 90,3 %. Schwefel 2,3 - 3,1 %, Kohle und Holz, das ist ja nun also chemisch nicht trennbar, 6,7 - 10,7 %. Der Vergleich, den darf ich mir hier schenken. Dann geht es also zu den quantitativen Untersuchungen der „roten Gemische“. Wir hatten folgende Mengen gefunden: Ammonium- [9696] nitrat mit etwas Kaliumnitrat 47, 2 - 50 %, Mennige 25,8 - 27,2 %, Aluminium 20,3 - 23,4 %, Eisenoxid in einem Sprengkörper nur Spuren und zwar in dem Sprengstoff des Sprengkörpers 2 nur Spuren, während in den beiden anderen Sprengkörpern 1,7 und 1,8 % vorhanden waren. Schwefel 0,1 - 0,3 %, also auch nur kleinste Mengen, und dann noch Verunreinigungen wie Kohleteilchen, Holzteilchen usw. Größenordnung inzwischen 0,4 und 1,9 %. Ich darf nochmals darauf hinweisen, die Toleranzen sind deshalb relativ groß, weil es eben sich um nicht homogene Sprengstoffgemische handelt, sondern um Sprengstoffe, die an verschiedenen Stellen etwas unterschiedliche Analysenergebnisse gebracht haben. Das heißt, sie waren also nicht so voll durchgemischt, daß sie homogene Zusammensetzungen aufwiesen.
Vors.:
Dankeschön. Damit sind auch die Einzelheiten dieser Untersuchungsergebnisse bekanntgegeben worden. Dazu irgendwelche Fragen? Ich sehe nicht. Wir kommen dann als nächstes zum Untersuchungsbericht vom 29.3.1973 KT II 2 3210/72. Das entspricht Ordner 104 Blatt 99 ff. Hier haben wir keine Asservate vorliegen. Es handelt sich hier um Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf das US-Hauptquartier in Heidelberg.[15]
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, ein Blechstück vom Tatort 2 Heidelberg, das ist also der Tatort am Funkmast, war mit roten Antragungen zur Untersuchung bei uns gelangt. Die Probe, das Blechteil hatte eine Lackierung, eine grüne Lackierung und damit konnte gesagt werden, daß es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von dem VW stammte, in dem der Sprengkörper explodierte. Das sah man also auch an den Teilen dieses VW’s, die am Tatort rumlagen, daß also innerhalb dieses Pkw’s diese Sprengung erfolgen mußte. Die Teile waren also richtig nach außen aufgebogen und der Wagen war also vollkommen zertrümmert worden. Und dieses kleine Teil enthielt flächige rote Antragungen, die wir röntgenfeinstrukturanalytisch untersuchten. Wir konnten Mennige feststellen und Aluminium. Und wir konnten naßchemisch Spuren von Ammonium und Nitrationen nachweisen. Spektralanalytisch wurden ebenfalls Blei, Aluminium, nachgewiesen, außerdem Eisen, Silizium, Calcium, daneben wieder Spuren von Kupfer, Magnesium und Silber. Außerdem war noch eine rote Substanzprobe zu untersuchen. Die war in der Nähe des Explosionsortes 2 gefunden und gesichert worden. Sie erbrachte aber keine weiterreichende Er- [9697] kenntnisse. Somit kann aufgrund dieser Analysenergebnisse ein explosives Gemisch verwendet worden sein, das also aus diesen drei Bestandteilen bestand.
Vors.:
Dankeschön. Zu diesem Bericht weitere Fragen? Im allgemeinen? Nein. Dann könnten wir jetzt zum Bericht vom 25. Mai 1973, KT II 3 1450/73, kommen. Das ist ein sehr umfassender Bericht. Hier handelt es sich um Ordner 61 beginnend Blatt 205 ff. Maßgeblich für die hier mitzuteilenden Untersuchungsergebnisse scheinen zu sein Blatt 284 ff.
Dem sachverständigen Zeugen werden die Asservate B 54 III 2-5 Pos. 1 und 2 vorgelegt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Die Untersuchung der Sprengstoffe aus den nicht eingesetzten Sprengkörpern, d.h. also aus Sprengkörpern, die nicht an Tatorten zur Explosion gebracht worden waren oder deren Mechanismus nicht funktionierte, sind folgende Ausführungen zu machen. Als erstes wurde der Sprengstoff einer Handgranate untersucht, Asservatennr. B 54 III 2-5 Pos. 2.
Vors.:
Dankeschön. Sie ist jetzt durch Materialuntersuchungen zerlegt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Über die Handgranate selbst brauche ich keine Ausführungen machen. Sie enthielt 170 gr. Sprengstoff, der aber nicht in den Rahmen der in diesem Komplex angefallenen Sprengstoffe passte. Es war ein Sprengstoff, der sich ganz anders verhielt, der nach unseren Voruntersuchungen Sprengöl enthielt, der Nitrozellulose enthielt, der auch noch Metalle enthielt. Insoweit waren wir, oder anders ausgedrückt, wollten wir wissen, woher dieser Sprengstoff eventuell stammen kann, ob es sich vielleicht um einen gewerblichen Sprengstoff gehandelt hat, und wir haben also dann diese Untersuchung bei der Firma Dynamit Nobell machen lassen. Die Werte, die die Firma Dynamit Nobell festgestellt hat, die sind hier im Gutachten enthalten. Ich glaube nicht, daß ich sie vorlesen brauche. Sie sind also nicht von uns gemacht worden, sie sind von der Firma Dynamit Nobell gemacht worden. Der Sprengstoff ist von anderer Art als die zur Debatte stehenden Sprengstoffe in diesem Komplex. Wir haben das nur gemacht, um eventuell den Hersteller festzustellen. Aber auch die Firma Dynamit Nobell konnte den Hersteller nicht feststellen. Es scheint sich um ein Gemisch von Sprengstoffen zu handeln.
[9698] Vors.:
Eine Einzelangabe der Bestandteile dieses Sprengstoffes wird von keinem der Prozeßbeteiligten verlangt. Danke.
Dann können wir jetzt zum nächsten Asservat kommen.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ein Sprengkörper in Kassettenform B 54 III 2-5 Pos. 1. Der Sprengkörper war laut Untersuchungsantrag in dem Porsche vor der Garage Hofeckweg sichergestellt worden. Er enthielt 2,56 kg Sprengstoff. Wir hatten eine quantitative [h] Analyse gemacht und hatten folgende Werte erhalten: Ammoniumnitrat 56,5 %, Aluminium 23,7 %, Mennige mit Spuren Eisenoxid 29,9 %, Schwefel 0,03 %, ebenso Kleinstmengen an Kohle, die aber bei der quantitativen Untersuchung vernachläßigt wurden.
Ende von Band 546
[9699] Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Weiter zu einer Handgranate mit der Pos. 79 a C 6.4.2 - sichergestellt bei Frau Meinhof in Hannover.
Das Asservat C 6.4.2 Pos. 79 a wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Die Handgranate enthielt 186 g Sprengstoff. Wir konnten hier röntgenfeinstrukturanalytisch Ammoniumnitrat und Caliumnitrat nachweisen; chemisch Schwefel, Ammonium und Nitrationen und außerdem mikroskopisch Kohle- und Holzteilchen - alle Bestandteile des grauen Sprengstoffgemisches.
Handgranate Pos. 79 b C 6.4.2.
Das Asservat C 6.4.2 Pos. 79 b wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Die Handgranate enthielt 203 g Sprengstoff. Röntgenfeinstrukturanalytisch wurden Ammoniumnitrat und Caliumnitrat; chemisch Schwefel, Ammonium und Nitrationen, dünnschichtgrammatographisch Sprengöl TNT und DNT, also Trinitrotoluol und Dinitrotoluol nachgewiesen. Nach dem Aussehen des Sprengstoffes und den Analysenergebnissen dürfte es sich bei diesem Sprengstoff um ein artgleiches Gemisch handeln wie als erstes beschrieben bei der Handgranate aus Frankfurt, Hofeckweg aus dem Porsche, die von der Dynamit AG analysiert worden war.
Dann das Asservat C 6.4.2 Pos. 55 - ein Sprengkörper in[i], wie wir sagen, Feldflaschenform.
Das Asservat C 6.4.2 Pos. 55 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Er enthielt 1,3 kg Sprengstoff. Es wurden hier qualitativ die gleichen Untersuchungsergebnisse erhalten wie unter unserer Nr. 6.2.3, d. h., es wurden also alle Bestandteile des grauen Sprengstoffgemisches nachgewiesen.
[9700] Vors.:
Also der Zusammenhang ist dann gegeben mit dem Asservat C 6.4.2 Pos. 79 a.
Wir können uns hier vielleicht der Einfachheit halber, Herr Dr. Müller, ruhig der von Ihnen geprägten Begriffe „graues Gemisch“ oder „rotes Gemisch“ bedienen. Also hier: Das entspräche dem von Ihnen immer wieder festgestellten grauen Gemisch.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Nun zur Wohnung Frankfurt, Inheidner Straße 69.[16]
Das Asservat E 23 V-5 Pos. 349 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Ein Sprengkörper in halbkugelform, der 2,77 kg Sprengstoff enthielt. Es wurden sämtliche Komponenten des sog. grauen Gemisches nachgewiesen.
Nächstes Asservat E 23 V-5 Pos. 351 - ein Sprengkörper in Gasflaschenform.
Das Asservat E 23 V-5 Pos. 351 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Er enthielt 32 kg Sprengstoff. Es konnten sowohl die Bestandteile des roten als auch die Bestandteile des grauen Gemisches nachgewiesen werden. Es handelt sich also hauptsächlich hierbei um ein ... das rote Gemisch; es war jedoch also mit Bestandteilen des grauen verunreinigt oder vermischt.
Vors.:
Hier sind die Einzelbefunde angegeben, welche Bestandteile es waren. Wenn Sie freundlicherweise das hier nochmals erwähnen würden.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja. Also röntgenfeinstrukturanalytisch wurden Mennige und Caliumnitrat, chemisch Schwefel, Ammonium und Nitrationen aufgefunden. Mennige, ein Bestandteil des roten Gemisches; Calium, Bestandteil des grauen Schwefelammonium; und Nitrationen sind also Bestandteile des grauen Gemisches, Ammonium und Nitrationen natürlich auch des roten Gemisches. Die spektrale Analyse ergab also die Sicherheit, daß es sich hierbei um Blei, Aluminium und Calium handelt, um Eisen. Daneben wurden einige Spurenelemente nachgewiesen, die hier nicht relevant sind.
[9701] Vors.:
Dann kommen wir jetzt zu dem Asservat E 23 V-5 Pos. 352.
Das Asservat E 23 V-5 Pos. 352 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Auch ein Sprengkörper in Gasflaschenform aus der Inheidner Straße. Er enthielt 33,5 kg Sprengstoff. Die Analysen ergeben: Sie waren die gleichen wie im letzten Fall des Sprengkörpers C 6.2.7 des E 23 V-5 Pos. 351.
Vors.:
Asservat E 23 V-5 Pos.354.
Das Asservat E 23 V-5 Pos. 354 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Ein Sprengkörper in Feldflaschenform, der 1,13 kg Sprengstoff enthielt und die Analysenergebnisse ...
In dem Sprengstoff konnten alle Bestandteile nachgewiesen werden, wie sie das graue Gemisch enthält.
Vors.:
Asservat E 23 V-5 Pos. 355.
Das Asservat E 23 V-5 Pos. 355 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Ein Sprengkörper in Feldflaschenform, der 1,08 kg Sprengstoff enthielt. In seinem Sprengstoff konnten ebenfalls die Bestandteile des grauen Gemisches nachgewiesen werden.
Vors.:
Vielen Dank.
Jetzt geht es auf S. 84 weiter.
Wir kommen zu dem Asservat E 34 III-5 Pos. 2.
Das Asservat E 34 III-5 Pos. 2 wird den Verfahrensbeteiligten vorgelegt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Eine Handgranate aus Bad Homburg aus dem Schloßteich. Sie enthielt 198 g Sprengstoff, der feucht war durch das Wasser des Teiches. Dadurch war vermutlich die Menge des eingefüllten Sprengstoffes kleiner - das Wasser wurde ja mitgewogen.
Der Sprengstoff enthielt die Bestandteile des grauen Gemisches.
[9702] Vors.:
Dann jetzt zu demselben Asservat Pos. 3.
Das Asservat E 34 III-5 Pos. 3 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ebenfalls eine Handgranate, die 195 g Sprengstoff enthielt. Hierbei wurden Bestandteile gefunden, wie sie indem einleitend vorgestellten, untersuchten Gemisch festgestellt worden waren, das wir bei der Fa. Dynamit Nobel untersuchen ließen.
Vors.:
Asservat E 34 III-5 Pos. 4.
Das Asservat E 34 III-5 Pos. 4 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Eine Handgranate, die 195 g Sprengstoff enthielt. In ihrem Sprengstoff wurden die Bestandteile des grauen Gemisches nachgewiesen.
Vors.:
Dann E 34 III-5 Pos. 5.
Das Asservat E 34 III-5 Pos. 5 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Eine sog. Doppelrohrbombe, ein Explosivkörper aus zwei zusammengebundenen Rohrbomben. Die beiden Teile enthielten 667 g bzw. 439 g nassen Sprengstoffs. Es konnten hier Mennige, Aluminium, Schwefel, Ammonium, Nitrationen, Kohleteilchen aufgefunden werden, d.h., nach Aussehen und in Analysenergebnissen handelt es sich auch bei dem Sprengstoff dieses Körpers um das rote Sprengstoffgemisch - verunreinigt, vermischt - mit den Bestandteilen des grauen.
Vors.:
Asservat E 34 III-5 Pos. 6.
Das Asservat E 34 III-5 Pos. 6 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ebenfalls eine Doppelrohrbombe - zwei zusammengebundene Rohrkörper mit 649 bzw. 322 g feuchten Sprengstoffs. [9703] Die Analysenergebnisse zeigten, daß es sich um ein der ersten Doppelrohrbombe gleichartiges Gemisch handelt. Die grauen Gemischteile waren jedoch in größerer Menge vorhanden.
Vors.:
E 34 I-5 Pos. 68.
Das Asservat E 34 I-5 Pos. 68 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ein Sprengkörper in Feldflaschenform, der 1,13 kg Sprengstoff enthielt. In seinem Sprengstoff wurden alle Bestandteile des sog. grauen Gemisches nachgewiesen.
Vors.:
Nun kommen wir zu anderen Asservaten, nämlich E 23 VI-5 Pos. 135 - das ist nicht vorhanden.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Da werden die meisten Asservate nicht hier sein, denn das sind Eimer mit Sprengstoffen, die ja aus Sicherheitsgründen ...
Vors.:
Es handelte sich um lose unverdämmte Sprengstoffe wohl, nicht?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, in Eimern, bzw. in Gefäßen mit so einem Papier sack dabei - ich komme im einzelnen da noch drauf.
Wünschen Sie einige Details?
Zuerst wurde ein Papiersack untersucht in einer Wanne.
Der Papiersack enthielt graues Material und zwar 35 kg Sprengstoff, bzw. ich muß zuerst sagen 35 kg graues Material.
In ihm konnten Ammoniumnitrat, Caliumnitrat, Schwefel, Ammoniumnitrationen naßchemisch, außerdem Holz- und Kohlepartikel nachgewiesen werden.
Es handelte sich somit nach den Analysenergebnissen um die Bestandteile des grauen Gemisches.
Vors.:
E 23 VI-5 Pos. 136 - wird auch nicht hier sein.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Das war ein Papiersack in einem Karton mit rotem Material - es waren 33 kg. Es konnten die Bestandteile des roten Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden.
Dann weiter ein blauer Eimer mit rotem Material mit der Asservatenbezeichnung E 23 VI-5 Pos. 137 1 c mit einem gelben Deckel.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 137 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
[9704] In diesem Eimer waren 13 kg Gemisch. Auch hier konnten die Bestandteile des roten Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden. Gelber Eimer mit rotem Material, Asservaten-Nr. E 23 VI-5 Pos. 138 a d.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 138 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Der Eimer enthielt 15 kg Sprengstoff. Aufgrund analytischer Ergebnisse konnten alle Bestandteile des roten Sprengstoffes in ihm nachgewiesen werden.
Weiterhin ein gelber Eimer mit weißem Deckel und grauem Material, enthaltend 9 kg.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 139 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Aufgrund der Analyse handelt sich’s also dabei um das graue Gemisch. Es wurden alle[j] Bestandteile des grauen Gemisches nachgewiesen.
Außerdem ein Rei-Behälter[k] mit grauem Material. Er enthielt 6 kg - Asservatenbezeichnung E 23 VI-5 Pos. 140 1 f. In dem Material konnten sämtliche Bestandteile des grauen Gemisches nachgewiesen werden.
Weiterhin ein roter Eimer mit rotem Material.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 141 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Er enthielt 19 kg. In dem Material konnten sämtliche Bestandteile des roten Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden.
Weiterhin ein hellblauer Eimer mit rotem Material. Er enthielt 19 kg Sprengstoff.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 142 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
In dem Material konnten sämtliche Bestandteile des roten Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden.
Außerdem ein gelber Eimer mit grünem Deckel. Er enthielt 15 kg eines roten Materials - Asservatenbezeichnung E 23 VI-5/143 a i.
In dem Material konnten sämtliche Bestandteile des roten Sprengstoffgemischs nachgewiesen werden.
[9705] Und schließlich ein roter Eimer in einem blauen Plastiksack mit rotem Material. Er enthielt 14 kg dieses roten Materials - Asservatenbezeichnung E 23 VI-5 Pos. 144 1 k.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 144 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
In dem Material konnten sämtliche Bestandteile des roten Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden.
Nun kämen wir zum Hofeckweg in Frankfurt und Garage.
Hier wurde ein grüner Eimer zur Untersuchung übergeben mit grauem Material - Asservatenbezeichnung B 54 II-5 Pos. 3.
Dazu muß gesagt werden, diese 9 - 10 kg, das war der einzige Eimer, der nicht ausgewogen wurde; das war der erste. Wir wußten also nicht, wie gefährlich das Material war. Diese Massenangabe wurde dann aufgrund einer Schätzung des Füllzustandes angegeben. Es handelt sich also bei diesen 9 - 10 kg nicht um eine Angabe, die aufgrund einer [l] Wägung hier angegeben wird, sondern nur aufgrund einer Schätzung - das ist der einzige.
Das Material wurde untersucht. Es konnten in ihm die Bestandteile - sämtliche Bestandteile - des sog. grauen Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden.
Vors.:
Danke schön.
Sind zu diesem Untersuchungsbericht und den einzeln aufgeführten Asservaten irgendwelche Fragen?
Ich sehe, nein.
Wir können dann fortfahren mit dem Untersuchungsbericht vom 5.6.1973, Karte 2 31993/73, entspricht dem
Ordner 79 Bl. 239 ff.
Hierzu wären die Asservate E 23 VI-5 Pos. 145, 147 und 148 von Bedeutung.
Die Asservate E 23 VI-5 Pos. 145, 147 und 148 werden den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
[9706] Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, das sind Proben davon.
Wir erhielten Materialien, die laut Anschreiben in der Wohnung Frankfurt, Inheidner Straße 69 gesichert worden waren zur Identifizierung. Es handelte sich dabei um einen braunen Papiersack mit 51 kg Inhalt - E 23 VI-5 Pos. 145.
Wir haben aus dem Sack eine Probe gezogen - diese Probe wird wohl hier vorliegen.
Weiterhin ein Kunststoffbehälter mit 3 kg Inhalt - E 23 VI-5 Pos. 147;
und ein Kunststoffbehälter mit ca. 9 kg Inhalt - E 23 VI-5 Pos. 148.
Nach den spektralanalytischen und röntgenfeinstrukturanalytischen Untersuchungen besteht der Inhalt des Asservates 1, also des braunen Papiersacks, aus Aluminiumpulver, der der Asservate 2 und 3 aus Ammoniumnitrat ... Bestandteile wurden ja, wie vorhin auch, in den Gemischen aufgefunden.
Vors.:
Danke sehr.
Zu diesem Bericht Fragen? Seh ich nicht.
Dann käme jetzt der Bericht vom 4.9.1973 - Karte 2 31380/73 =
Ordner 79 Bl. 242/6 ff.
Hierzu die Asservate E 23 VI-5 Pos. 28, 146, 149, 98 und 95.
Die Asservate E 23 VI-5 Pos. 28, 95, 98, 146 u. 149 werden den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Wir bekamen Gegenstände, die laut Anschreiben in der Wohnung Frankfurt, Inheidner Str. 69 gesichert worden waren, zur Untersuchung. Es waren also außer diesen hier vorgezeigten Gegenständen Küchenwaagen und alle möglichen Einrichtungsgegenstände.
Ich beziehe mich auf die vorgestellten und relevanten Gegenstände.
[9707] Zuerst zum Asservat E 23 V-5 Pos. 302.
Ein Plastikbeutel mit 200 g eines verschiedenfarbigen Substanzgemisches. In ihm konnten Aluminiumteilchen, Ammoniumnitrat, Mennige, Eisenoxid, Holzkohleteilchen und Holzteilchen aufgefunden werden, ein Konglomerat von Einzelbestandteilen der Sprengstoffgemische.
Weiterhin das Asservat E 23 VI-5[n] Pos. 28:
Ein Plastikbeutel, der ca. 1 kg Schwefel enthielt.
E 23 VI-5 Pos. 95:
An einer der drei „Braun“-Kaffeemühlen haftet eine weißliche zusammengebackene Substanz. An der Oberfläche konnten Kohle und Holzteilchen nachgewiesen werden, röntgenfeinstrukturanalytisch in der Masse Ammoniumnitrat.
An der zweiten Kaffeemühle ebenfalls eine weiße, eine kohlenartige Substanz, ebenfalls rostfarbene Partikel. Wir konnten Ammoniumnitrat und Schwefel röntgenfeinstrukturanalytisch nachweisen.
An der dritten „Braun“-Kaffeemühle mit dem angebauten ovalen Kunststoffdeckel waren graue Anhaftungen sichtbar. Es konnten hier Ammoniumnitrationen, Schwefel und Kohlepartikel nachgewiesen werden. Die Maschinen waren offensichtlich also zum Mischen der Sprengstoffgemische verwendet worden.
Asservat E 23 V-5 Pos. 98:
Die zwei ovalen Plastikeimer mit Deckel zeigen graue Anhaftungen von unterschiedlicher Stärke. An einem Eimer wurden Schwefel, Aluminiumpartikel, kohle- und mennigeartige Teilchen aufgefunden. Am ovalen Plastikeimer ohne Deckel haften vorwiegend rote bis rotbraune Substanzen. Es konnten hier Ammoniumnitrat, Mennige, Eisenoxid, Holzpartikel, Bleinitrat und Schmutz nachgewiesen.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 146 - der Plastiksack:
In ihm befinden sich 24 kg Kaliumnitrat.
Asservat E 23 VI-5 Pos. 149:
In der Verpackung befinden sich entsprechend der Aufschrift 2,3 kg Schwefel.
[9708] Vors.:
Danke. Damit ist auch dieser Bericht zu Ende.
Irgendwelche Fragen? Seh ich nicht.
Ist’s Ihnen angenehm, eine kurze Pause zu haben?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Gerne.
Vors.:
Dann machen wir zehn Minuten Pause.
Pause von 15.10 Uhr bis 15.26 Uhr.
Vors.:
Wir können, wie ich sehe, fortfahren und kämen zum Untersuchungsbericht vom 28.7.1972; Ihr Aktenzeichen: 4726/72 - entspricht dem
Ordner 79 Bl. 154
und das Asservat dazu: E 23 VI-5 Pos. 64 - das muß ’ne Papiertüte sein. Mehr nicht.
Das Asservat E 23 VI-5 Pos. 64 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Untersucht wurde eine laut Anschreiben in der Wohnung Frankfurt, Inheidener Straße sichergestellte Papiertüte mit dem Originaletikett „Eisen (III)oxid (Ferrioxid) rot, rein der FA. Riedel de Haen AG Seelze-Hannover“.
An der Tüte konnten Anhaftungen gefunden werden, die aufgrund ihres Aussehens aus Sprengstoffbestandteilen bestehen.
Diese Sprengstoffgrundstoffe, die sind in der Wohnung Inheidener Str. 69 ubiquidär aufgetreten, d.h., also an allen Gegenständen in der Wohnung, hauptsächlich in diesem einen Raum, der als Werkstatt bezeichnet wurde. Wir haben also auch nach Sachlage der Dinge auf eine Identifizierung dieser einzelnen Anhaftungen verzichtet, da die Tüte ja aus diesem Raum stammt.
[9709] Vors.:
Danke schön.
Dazu Fragen - seh ich nicht.
Dann der Untersuchungsbericht vom 31.7.1973 - 2893/73.
Dazu das Asservat E 23 I-5 Pos. 1.
Das Asservat E 23 I-5 Pos. 1 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
... entspricht dem Ordner 79 Bl. 136. ff.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Laut Untersuchungsantrag aus Frankfurt, Inheidner Straße waren uns fünf Behältnisse mit unbekanntem Inhalt zur Untersuchung übergeben worden, und zwar handelte es sich dabei um zwei grau-blaue Kunststofflaschen mit schwarzem Schraubverschluß. Diese Flaschen enthielten - sie haben ein Gewicht von 730 g und 1270 g; eine Flasche ist angebrochen, d.h., sie ist nicht mehr ganz voll - die Flaschen enthielten elementares Quecksilber.
Weiterhin wurde eine 50-mm-Flasche mit der Aufschrift „Tetra-Clor-Kohlenstoff“ untersucht, die mit einem Stück Styropor verschlossen war. Die Flasche enthielt 6 g gelbliches kristallines Material. Bei dem Material handelte es sich um Pikrinsäure.
Weiterhin war eine weiße Kunststoffdose mit grünem Schraubverschluß zur Untersuchung übersandt worden. Der Deckel trägt die Aufschrift „11 Vitamine Multibionta forte“. Die Dose enthielt 25 g eines stark verunreinigten gelben Materials.
Bei diesem Material handelte es sich ebenfalls wieder um Pikrinsäure, die aber stark verunreinigt war.
Weiterhin ein Schraubglas „Nescafé gold“. Dieses Schraubglas enthielt 88,5 g Nitrozellolosepulver in Blättchen- und Stäbchenform - das war zu erkennen, daß es sich ... dieses Nitrozellulosepulver wies Farb- und Formunterschiede auf.
Vors.:
Danke schön.
Sind zu diesem Bericht Fragen?
Ich sehe, nicht.
[9710] Dann kämen wir jetzt zu dem Untersuchungsbericht vom 14.8.1972 - 4751/72 und dazu das Asservat E 23 VII-5 Pos. 6.
Das Asservat E 23 VII-5 Pos. 6 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ein Karton mit zwölf Flaschen wurde zur Untersuchung übergeben. Es handelt sich dabei um Glasflaschen - braune sechseckige Glasflasche mit Korkstopfen und Aufkleber „Schwefelsäure“. Der Inhalt entspricht der Aufschrift: Dichte der Schwefelsäure 1,836. Es handelt sich also damit um konzentrierte Schwefelsäure handelsüblicher Art.
Zweite Flasche: sechseckige Glasflasche, ebenfalls mit Aufschrift „Schwefelsäure“. Inhalt: 860 ml, Dichte: 1835. Es ist ebenfalls handelsübliche konzentrierte Schwefelsäure.
Weiterhin braune sechseckige Glasflasche, ebenfalls Aufschrift „Schwefelsäure“, Dichte: 1835 - für die Flasche gilt das gleiche, wie oben gesagt.
Weiterhin eine grüne viereckige Plastikflasche mit rotem Schraubverschluß, Aufkleber „Schwefelsäure“, Dichte: 1834 - ebenfalls Schwefelsäure konzentriert.
Weiterhin Glasflasche mit schwarzem Schraubverschluß und Aufkleber „Schwefelsäure“, 1830 - gilt das gleiche; für die Flasche 6 ebenfalls.
Flasche 7: runde Glasflasche mit schwarzem Schraubverschluß, Aufkleber „Salpetersäure 64 %“, Inhalt: 232 ml - die Flasche war also angebrochen, war nur zu einem Drittel etwa gefüllt -, Dichte: 1363. Es handelt sich damit um handelsübliche konzentrierte Salpetersäure etwas niederer Konzentration wie an sich üblich. Diese Dichte entspricht etwa 59 %.
Weiterhin eine Glasflasche, ebenfalls mit Aufschrift „Salpetersäure“. Für diese Flasche gilt das gleiche wie unter 7 erwähnt. Für die Flasche“9, Aufschrift „Schwefelsäure“, handelt es sich um 990 ml einer konzentrierten Schwefelsäure.
Dann die Flaschen 10, 11 und 12 mit der Aufschrift „Weingeist 96 %“. Die Flaschen waren voll, jeweils 1000 ml. Der Inhalt entsprach der Aufschrift.
[9711] Vors.:
Danke schön.
Zu diesem Bericht keine Fragen?
Dann kommen wir jetzt zum Bericht vom 15.8.1972 - 4781/72.
Dazu das Asservat E 23 VII-5 Pos. 7 - entspricht
Ordner 79 Bl. 271.
Das Asservat E 23 VII-5 Pos. 7 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Übergeben wurden uns 3 viereckige grüne 1-l-Plastikflaschen mit rotem Schraubverschluß und dem Aufkleber „Salpetersäure“. Die Flaschen enthalten etwas über einen Liter der Salpetersäure von der Dichte 1,337 - der Inhalt entspricht der Aufschrift. Quecksilberrückstände konnten in den Flaschen nicht nachgewiesen werden.
Vors.:
Danke schön.
Dazu Fragen? - Seh’ ich nicht.
Dann kommt der Bericht vom 13.6.1973 - 9446/72,
Asservat B 54 II-5 Pos. 11 - 19.
Das Asservat B 54 II-5 Pos. 11 - 19 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Wir bekamen 9 Pakete mit Materialien zur Untersuchung. Die waren laut Anschreiben in der Garage Frankfurt, Hofeckweg sichergestellt worden zur Untersuchung.
Es wurde gebeten, festzustellen, ob der Inhalt der Pakete den Aufschriften entspricht. Die 4 Pappkartons tragen den sichtbaren Aufkleber; der Inhalt entspricht der Aufschrift.
Die Pakete wogen zwischen 1,692 und 1,71 kg, wobei also etwa 107 g für den Karton abzuziehen waren.
Vors.:
Inhalt Holzkohle. Ist das richtig?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Inhalt Holzkohle, ja.
Die Asservate sind original verschlossen, bis auf das Asservat 5/14, das halb[o] geöffnet worden war.
[9712] Weiterhin waren fünf Pappkartons übergeben worden. Nach der Aufschrift sollten sie Schwefel enthalten. Sie tragen die Asservatenbezeichnung B 54 II-5 Pos. 15 - 19; die Asservate 5 Pos. 16, 5 Pos. 17 tragen die Aufkleber; bei den Asservaten 5 Pos. 15, 18 und 19 sind die Stellen, an denen die Aufkleber hafteten, noch deutlich zu sehen. Die Aufkleber waren nicht mehr vorhanden. Die Pakete wogen zwischen 2,371 und 2,380 kg, wobei der Karton etwa 70 g wog. Bis auf das Asservat 5 Pos. 19, das an einer Kartonseite aufgerissen ist, sind alle Kartons original verschlossen. Die Pakete enthielten Schwefel.
Vors.:
Danke schön.
Dazu Fragen? Keine.
Dann kommen wir jetzt zu dem Bericht vom 28.5.1973 - 4855/72.
Dazu die Asservate B 54 II-5 Pos. 4 - 9, 21 - 25.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Die AGS, d. h. also die [p] Ermittlungsdienststelle, gab laut Anschreiben Asservate, die in der Garage Hofeckweg in Frankfurt sichergestellt worden waren, zur Untersuchung auf Sprengstoffrückstände. Bei den Asservaten handelt es sich also um Kunststoffabfülltrichter - B 54 II-5 Pos. 4,
Die Asservate B 54 II-5 Pos. 4 - 9, 21 - 25 werden den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Kunststoffschaufel, grau - B 54 II-5 Pos.5
Kunststoffeimer mit Deckel - B 54 II-5Pos.6,
Kunststoffeimer mit Deckel, gelb - B 54 II-5 Pos.7,
Eimer mit Deckel - B 54 II-5 Pos. 8,
und Kunststoffdeckel, gelb - B 54 II-5 Pos. 9,
eine Krups-Plastikrührschüssel, weiß - B 54 II-5 Pos. 21,
Plastik-Küchenschaber, weiß - B 54 II-5 Pos. 22,
Plastikabfülltrichter, weiß mit weißem Schild - B 54 II-5 Pos. 23,
Plastikschaufel, grau, auch mit Aufkleberresten - B 54 II-5 Pos. 24
und Schöpfkelle aus Edelstahl mit Holzgriff - B 54 II-5 Pos. 25.Die Asservate zeigten schwarzgraue bis schwarze Anhaftungen bzw. Restinhalte. Die Röntgen-Feinstruktur, Diagramme der Rückstände, der Wasserauszüge, aller Anhaftungen stimmten mit den entsprechenden Auszügen des sog. grauen Sprengstoffgemisches überein.
[9713] Nur bei dem Asservat B 54 II-5 Pos. 9 reichten diese Anhaftungen für eine Untersuchung nicht aus - 5 Pos. 9 war also der Kunststoffdeckel, der gelbe Kunststoffdeckel.
Außerdem konnten in den Anhaftungen aller Asservate, die ich hier aufgezählt habe, naßchemisch Ammonium und Nitrationen sowie mikroskopisch Kohlepartikel aufgefunden werden.
Holzteilchen fanden sich an den Asservaten - alles B 54 II - 5/4, 5/5, 5/6, 5/7, 5/8, 5/21, 5/23 und 5/24.
Silberfarbene Tröpfchen, bei denen es sich nach der Spektralanalyse um Aluminiumpartikel handelt, waren an den Asservaten B 54 II-5/4, 5/7, 5/21, 5/22, 5/23 und 5/25 zu erkennen.
Außerdem waren rote einzelne Partikel, nach ihrem Aussehen Mennigeteilchen, an den Asservaten B 54 II-5/5, 5/21, 5/23 und 5/25 sichtbar. Somit konnten an allen Asservaten Bestandteile des sog. grauen Sprengstoffgemisches nachgewiesen werden und an einigen Asservaten zusätzlich Spuren von Bestandteilen des roten Sprengstoffgemisches.
Vors.:
Danke schön.
Dazu noch irgendwelche Fragen? Seh ich nicht.
Dann kämen wir jetzt zum zweitletzten Bericht: 21.2.1973 - 4895/72. Dazu das Asservat B 54 III-2.5 Pos. 17.
Das Asservat B 54 III-2.5 Pos. 17 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Laut Anschreiben war in der brauen Ledertragetasche im Pkw Porsche Targa eine Kunststoffschaufel sichergestellt worden. Wir bekamen diese Schaufel zur Untersuchung. Die Anhaftungen sollten untersucht werden. An der Schaufel wurden mikroskopisch Kohleteilchen metallische und rote Partikel und vereinzelt weiße Kristalle festgestellt. Röntgenfeinstrukturanalytisch konnten die roten Partikel als Mennige, die metallischen als Aluminium identifiziert werden. Die weißen Kristalle ergaben eine positive Difinilamin(?)-[q] Schwefelsäurereaktion.
Für weitere Untersuchungen waren sie zu gering. Es dürfte sich hierbei um Alkali und Ammonium oder Ammoniumnitrat handeln.
[9714] Vors.:
Danke schön.
Zu diesem Bericht Fragen? Keine.
Der letzte Bericht vom 28.7.1972 - 4713/72. Dazu das Asservat E 22 I-5 Pos. 3.
Das Asservat E 22 I-5 Pos. 3 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Wir bekamen einen Plastiksack zur Untersuchung. Laut Anschreiben war er in Frankfurt, Ginnheimer[r] Landstr. 42 in einer [s] Doppelgarage sichergestellt worden. Der gefüllte Sack hatte ein Bruttogewicht von 21,6 kg. In ihm konnten röntgenfeinstrukturanalytisch und naßchemisch[t] Ammoniumnitrat als Granulat nachgewiesen werden.
Alle den Verfahrensbeteiligten vorgezeigten Asservate wurden auch vom Gericht in Augenschein genommen.
Vors.:
Danke schön.
Dazu Fragen? - Seh ich nicht.
Es sind noch drei weitere Gutachten, wie ich sehe.
Der Herr Berichterstatter wird Fragen stellen.
Bitte sehr.
Richter Mai[er]:
Herr Dr. Müller, haben Sie einmal ausprobiert, wieviel von dem roten und dem grauen Sprengstoffgemisch in die Ihnen vorliegenden Gasflaschen hineinging, also in die 11-Kilo-Flasche mit 27 l.-Volumen und in die 33-Kilo-Flasche mit 79 l.-Volumen?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, das haben wir gemacht.
Richter Mai[er]:
Wir haben bei den Akten - ich weise drauf hin - einen Untersuchungsbericht vom 2.1.1974 in
Ordner 104 Bl. 80 a.
[9715] Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja, hier war diese Frage gestellt worden.
Die Propangasflaschen, die zur Diskussion standen, hatten einen Rauminhalt von 27,2 l bzw. 79 l. Es handelte sich also dabei um die 11-kg-Flasche mit dem kleineren Volumen und die 33-kg-Flasche mit dem Volumen von 79 Litern.
Wenn man nun annimmt, daß die roten und grauen Sprengstoffe ohne zusätzliche Manipulationen in die Gasflasche eingefüllt werden, d. h. also einfach reingeschüttet werden, dann muß man als Berechnungsgrundlage eine sog. Schüttdichte annehmen, und man kann natürlich dann ausrechnen, welches Volumen eine gewisse Menge Sprengstoff einnimmt.
Unter Verwendung dieser Schüttdichte, die sowohl wir als das CTI festgelegt hatten - bei uns haben sich also auch Werte zwischen 1,1 und 1,2 g pro ml beim roten Gemisch und 0,6 - 0,7 g für das graue Gemisch ergeben - kommt man bei dem roten Sprengstoff und der kleinen Gasflasche zu einer Menge von 32,9 kg; bei dem grauen Sprengstoff und der kleinen Gasflasche auf eine Menge von 19 kg. Das heißt also:
Diese beiden Mengen gehen einfach hineingeschüttet in diese 11-kg-Gasflasche, also in diese Gasflasche mit dem Volumen von 27 Litern. Es waren ja auch in den Flaschen, die wir ... Nein, das ist dann die Größe - Entschuldigung, das kommt später.
Dann zur zweiten Gasflasche, zur Gasflasche mit dem Volumen von 79 Litern, d. h. also diese Butangasflasche für 33 Kilo.
Bei rotem Sprengstoff lassen sich 95,59 kg in die Flasche einfüllen und vom grauen 55,3 kg.
Unter Verwendung der Rütteldichte, d.h., wenn man den Sprengstoff etwas durch Rütteln etwas verdichtet, d.h. also, es wird ein idealerer Packungszustand erreicht, die kleinen Kriställchen, die gehen etwas näher aufeinander, dann wird natürlich etwas mehr Sprengstoff in die Flaschen gehen. Wir haben das auch gemacht: Wir haben also diese Rütteldichten nicht mit irgendwelchen Rüttelmaschinen festgestellt, sondern einfach durch Rütteln mit der Hand, wie es also evtl. auch dort durchgeführt worden sein könnte. Und unter Verwendung dieser Rütteldichten haben wir folgende Werte festgestellt:
[9716] Bei der kleinen Gasflasche gehen 36,45 kg des roten Sprengstoffs in die Flasche und 19,86 kg des grauen; bei der großen Flasche gehen 105,86 kg des roten oder 57,67 kg des grauen in die Flasche.
Dazu ist auch zu sagen, daß die Gasflaschen, die in der Inheidner Straße gefunden und von uns untersucht worden sind, daß diese Flaschen ja auch 32 kg, das waren also die Flaschen, die hier stehen, daß also diese Flaschen 32 kg Sprengstoff enthielten bzw. 33 kg Sprengstoff, außerdem aber noch Stahlkugeln, die aber einen geringen Raum einnehmen.
Richter Mai[er]:
Dann noch ein anderer Punkt:
Herr Dr. Müller, hatten Sie vor dem Mai 1972 beim B. Kriminalamt polizeiliche Erkenntnisse über das Vorkommen dieses roten Sprengstoffgemisches?
Sachverst. Zeuge Dr. Mül[ler]:
Ja.
Ende von Band 547.
[9717] Richter Mai[er]:
Ist das bei Ihnen bis dahin schon einmal in Erscheinung getreten?
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Nein. Also wir hatten keine Erkenntnisse über das Vorkommen von diesem roten Gemisch, zumindestens also im europäischen Raum - unser Erkenntnisse aus außereuropäischen Ländern sind relativ gering gewesen zur damaligen Zeit, aber innerhalb des europäischen Raumes, wo wir nun doch ..., oder die viel Erkenntnisse hatten - waren also diese Gemische bestimmt nicht verwendet worden, vorher.
Richter Mai[er]:
Wie verhält es sich mit dem grauen Sprengstoff?
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Dieser graue Sprengstoff, der wurde z. B. im Anarchistischen Kochbuch[17] bereits beschrieben, er war auch in bestimmten Aufzeichnungen im BM-Komplex aufgefunden worden. Ich glaube, es gibt aber auch noch andere Literaturstellen, so weit ich das weiß, wo diese Aufzeichnungen über diesen Sprengstoff gefunden werden konnte. Ich habe ...
Richter Mai[er]:
Also Sie hatten lediglich bis dahin Aufzeichnungen über diesen Sprengstoff, aber in Natura ...
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Nein, nein.
Richter Mai[er]:
... war er Ihnen noch nicht erschienen.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Weder in Natura, noch hatten wir Nachrichten, daß er irgendwo anders angewendet worden war.
Richter Mai[er]:
Ja, danke.
Und dann hätte ich noch einen letzten Punkt, Herr Dr. Müller. Sie haben in diesem großen Bericht, den wir vorhin hatten, bereits erwähnt, daß, insgesamt 9 Proben, waren es, glaube ich, an das Chemisch Technische Institut, von dem ja auch die beiden Herren Sachverständigen hier anwesend sind, versandt haben. Nun ist es offenbar so, wie ich den Akten entnehmen, daß das Chemisch Technische Institut in Bonn für diese Proben eine eigene Nomenklatur hat, eigene Bezeichnungen hat. Könnten Sie uns sagen, welche Bezeichnungen des CTI den Asservatenbezeichnungen, die hier üblich sind, entsprechen, wenn das möglich ist?
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Das muß ich richtig stellen, das sind keine Bezeichnungen des CTI, sondern das sind die Bezeichnungen, die die Kriminaltechnik zu dieser Zeit den Asservaten gab. Die Asservatenbezeichnungen, die Sie hier haben, mit dem E, mit den Komplexnummern, das sind nachträgliche Asservatenbezeichnungen der Ermittlungsdienststellen. Diese Asservatenbezeichnungen, die Sie im Bericht des CTI lesen, sind nichts anderes, als die vierstelligen Ziffern, das sind also die Gutachtennummern, zu denen diese Sprengstoffe gehören; d.h. [9718] also 3112-3 r heißt nichts anderes, also das ist „Springer“, unser Gutachten hat die Nummer KT II 3 - 3112/72 und das 3 r ist also ..., daß es der Tatort 3 war und r, der rote Anteil des Gemisches, 3 g ist der graue; die Nummern 12 waren für die Explosionsorte im 2. und 6. Stock reserviert. Ich darf wiederholen, 3112-3 r, ist das rote Gemisch aus der Bombe, aus dem 2. Stockwerk.
Richter Mai[er]:
Das wäre also B 51 2. Stock Pos. 1, dieser rohrförmige Sprengkörper.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Da muß ich erst wieder nachschauen, kleinen Moment.
Richter Mai[er]:
Herr Dr. Müller, wenn Sie sagen, diese Probe entstammt dem Sprengkörper aus dem 2. Stock; B 51, das würde schon genügen ...
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Genau, nur weil Sie die Nummer wissen wollten, die habe ich im Augenblick ... Ja, B 51 ...
Richter Mai[er]:
Es ist uns aus anderem Zusammenhang bekannt, daß Hamburg „Springer“ die Komplexnummer B 51 hat.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
3112-4 r ist dann der rote Anteil aus der Bombe 12. Stock 1 also 12. Stock/Flur und 3112-5 r ist der rote Anteil aus der Bombe 12.2, das heißt also 12. Stock/Toilette. Weiterhin die Bezeichnung 3484-II-5-3, das ist das graue Material aus dem Eimer der Garage Hofeckweg; das ist also 3484, ist auch unsere Asservatenbezeichnung.
Richter Mai[er]:
Könnte das B 54 II/5 Pos. 3 sein?
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
B 54 II/5 Pos. 3, ja. Also B 54 II/5 Pos. 3, das ist das graue Material.
Richter Mai[er]:
Und wie verhält es sich dann mit 4093-I-A ...?
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Ich darf vielleicht umgekehrt vorgehen, 3484-III-2-1, es ist also die Reihenfolge des CTI-Gutachtens. Das ist das rote Material aus der Kassette aus dem Porsche-Targa. Das ist hier B 54 III 2/5 1.
Dann kommt 4093-I-A, das sind also nun, genau wie die nachfolgenden Proben, Proben aus der Inheidener Straße, und zwar die I-A ist der graue Papiersack in der gelben Wanne mit grauem Material.
Vors.:
Seite 85 ist es wohl in dem Gutachten.
Sachverst. Zeuge Dr. Mü[ller]:
Ja, E 23 VI/5/136 1 B ..., nein, das stimmt nicht, das kann nicht stimmen. Entschuldigung, eins höher, 1 A, das ist also hier E 23 VI 5/135 1 A, das ist also der Papiersack in der Wanne mit dem grauen Material. Die 1 B ist dann der Papiersack im Karton, E 23 VI 5/136 1 B. Dann die 4093-I-C, das ist rotes Material im blauen Eimer, und zwar E 23 VI 5/137 1 C; und die 4093-I-D, das ist der gelbe Eimer mit den roten Material - E 23 VI 5/138 1 D.
Richter Mai[er]:
Danke, Herr Doktor.
[9719] Vors.:
Sonst sehe ich keine Fragen an den Herrn Zeugen.
Wir können den Herrn Zeugen dann wohl vereidigen. Wir beabsichtigen dann noch ein Urteil zu verlesen. Es wird also die Sitzung etwa bis gegen 16.30 Uhr andauern.
Keine Fragen mehr.
Der Sachverständige Zeuge Dr. Müller wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.56 Uhr entlassen.
Vors.:
Die Herren Dr. Stupp und Dr. Trimborn können wir für heute auch entlassen.
Wir wollen das Gutachten von Ihnen dann, Ihr eigenes, und das vergleichende Gutachten zu den jetzt gehörten Untersuchungsberichten von Ihnen morgen entgegennehmen. Wir würden Sie also morgen früh um 9.00 Uhr bitten, wieder anwesend zu sein. Es wird dann auch noch eine Schrift, das erwähnte Anarchistische Kochbuch, zum Teil übersetzt, das wird ja auch noch Gegenstand Ihrer Ausführungen mit sein müssen, so daß wir heute Ihr Gutachten nicht mehr entgegennehmen können.
Die Sachverständigen Dr. Stupp und Dr. Trimborn werden ebenfalls um 15.56 Uhr entlassen.
Gemäß § 249 StPO[18] wird im Urkundenbeweisverfahren das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 21.1.1974
AZ: 4 Kls 3/73 gegen Wolfgang Pracht
- rechtskräftig[19] seit 19.11.1974 -
ohne Lebenslauf bis S. 11 - Ende des 1. Absatzes - verlesen.
Das Urteil ist abgelegt im Ergänzungsband Urteile III, Bl. 125 - 144.
Während der Verlesung:
Bundesanwalt Dr. Wunder und Oberstaatsanwalt Zeis verlassen um 15.57 Uhr den Sitzungssaal.
[9720] Richter Dr. Breu[cker]:
Es folgt dann die Beweiswürdigung, die nicht mehr vorgelesen zu werden braucht.
Vors.:
Ich glaube weitere Teile aus dem Urteil werden von den Prozeßbeteiligten nicht gewünscht.
Wir wollen dann noch einen Beschluß bekanntgeben.
Der Senat hat beschlossen:
Der Antrag, Werkstatt und Wohnung des Zeugen Hoff in Frankfurt, [Anschrift], in Augenschein zu nehmen, wird abgelehnt.
Gründe:
Der beantragte Augenschein soll
„ergeben, daß es entgegen den Bekundungen des Zeugen Hoff die Beschaffenheit der Vordertür der genannten Wohnung nicht zulässt, von außen eine Person, die sich im Innern der Wohnung befindet, zu erkennen.“
(Tonbandniederschrift Bl. 6517).
Der Antrag bezieht sich auf die Aussage des Zeugen Hoff:
„Das ist eine Milchglasscheibe ..., das ist also zumindest ein Schemen, das ist ziemlich genau zu sehen ... Das ist also eine halbdurchsichtige Tür, und wenn ich also da in den Keller gelaufen wäre, hätte mich dieser vor der Tür stehende Freund sehen müssen ...“
(Tonbandniederschrift Bl.“6228/29).
Der Zeuge Hoff wollte aber unter allen Umständen vermeiden, von diesem Freund gesehen zu werden, da er ihm zuvor durch die Tür wahrheitswidrig zugerufen hatte, er befinde sich im Bad.
Der Antrag soll dazu dienen, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu überprüfen. Der Senat hat den Kriminalhauptmeister Fincke aus Frankfurt damit beauftragt, die genannte Tür zu betrachten und auf ihre Durchsichtigkeit zu überprüfen. Fincke sagte als Zeuge aus, der Eingang sei mit Milchglas verglast, die Tür selbst sei mit Plexiglas versehen. Bei der Milchglasscheibe sei eine Person lediglich dann, wenn sie unmittelbar hinter der Scheibe stehe, schemenhaft etwas zu erkennen. Eine bessere - wenngleich immer noch sehr beschränkte - Sicht habe man durch die Plexiglasscheibe. Wenn sich eine Person bei beleuchtetem Raum etwa bis 1 Meter hinter der Scheibe aufhalte, sei sie noch schemenhaft zu erkennen. [9721] Im Hinblick auf diese[u] Aussage und auf die Bedeutung der Angelegenheit für das Verfahren hält der Senat die Einnahme eines Augenscheins nicht für erforderlich.
- - -[v]
Wir fahren morgen mit der Sitzung fort.
Vorweg darf ich vielleicht noch auf folgende Ergänzungen des Terminplanes hinweisen. Am 18.5.76 ist der Zeuge Klaus vorgesehen. Er wird auch gehört zu den bereits verlesenen RAF-Schriften; das sind also Fragen der Sicherstellung dieser RAF-Schriften, sowie zur Frage der Sicherstellung einer in der Anklageschrift zitierten Zeitschrift „Agit“ 883 Nr. 61 und 63, Jahrgang 70, die auf der Geschäftsstelle eingesehen werden können.
Es ist dann ferner darauf hinzuweisen, daß der Sachverständige Windhaber, der am 19.5.1976 gehört wird - Mittwoch - noch vier weitere Gutachten erstatten soll. Zunächst handelt es sich um ein Gutachten vom 26.4.1974 - Fundstelle: Ord. 122, Bl. 350/5 -.
Dann ein Gutachten vom 15.11.74, das sich nicht bei den Akten befindet, das eine Schreibmaschine, eine Schriftprobe Elite ..., eine Schreibmaschine Elite, zu dieser Schreibmaschine sich äußern kann. Es hat das AZ: KT[w] 42 1630/74. Die Fundstelle und das Datum konnte deswegen benannt werden, weil der Sachverständige selbst die Mitteilung gemacht hat, daß dazu ein Gutachten vorliege, das allerdings bis jetzt noch nicht zu den Akten gebracht ist.
Gegebenenfalls bitte ich, wenn vorher das Gutachten eingesehen werden soll, dann den Herrn Sachverständigen, vor seiner Anhörung, darum zu bitten oder das Gericht darum zu bitten, daß dieses Gutachten den Herrn Verteidigern zugänglich gemacht wird. Einige Zeit wird ja vergehen, da der Sachverständige an diesem Tag ausschließlich gehört wird[x], so daß hinreichend Gelegenheit gegeben ist, sich mit diesem Gutachten noch zu befassen.
Dann ein Gutachten vom 19.11.74 - Fundstelle: Ord. 124, Bl. 423/46 -.
Und schließlich ein Gutachten, das Bezug hat auf, in der Zelle von Herrn Baader sichergestellten Material; dazu ist der Herr Sachverständige heute beauftragt worden mit folgendem Schreiben:
„Sehr geehrter Herr Windhaber, in oben bezeichneter Sache bitte ich noch um die Erstattung eines Gutachtens über die Maschinenschrift in dem Asservat „Baader-Material 7/1.1 f“ und „Meinhof-Material XV Pos. 21, 27 und 28“.
Schließlich wird der Sachverständige Hecker, der am 25.5.1976 [9722] gehört wird, voraussichtlich 2 weitere Gutachten erstatten. Dazu sind heute Auftragsschreiben an ihn ergangen. Sie lauten:
Sehr geehrter Herr Hecker, in oben bezeichneter Sache bitte ich noch um die Erstattung eines Schriftgutachtens zu den Asservaten „Ensslin-Material III Pos. 3.1 - 12 und II 27 Pos. 139 - 42“, das war das erste Zusatzgutachten. Das zweite, hier wird er gebeten ein Gutachten zu erstatten, über die Handschrift in dem Asservat „Baader-Material 7/1.2“.
Morgen sind vorgesehen, zunächst die Sachverständigen Dr. Stupp, Dr. Trimborn - dazu erforderlich Ord. 80 -. Am Nachmittag, außer Verlesungen - die Asservate sind benannt - es kommen auch die, auf die hingewiesen worden ist, hinzu. So z. B. die Äußerung des Generalbundesanwaltes. Nachmittags, Sachverständiger Hecker - dazu erforderlich die Ord. 81 und 113 -.
Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Fortsetzung morgen früh um 9.00 Uhr.
Ende der Sitzung: 16.23 Uhr
Ende Band 548
[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 - Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2). Im Unterschied dazu vermitteln Sachverständige Sachkunde oder wenden diese bei der Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts an. Bei der Bekundung von Tatsachen ist zu unterscheiden: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 85 Rn. 2 f.).
[3] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).
[4] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen als Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; der Regelfall ist hier die Nichtvereidigung.
[5] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[6] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.
[7] Anlage 1 zum Protokoll vom 12.5.1976: Aussagegenehmigung für OCR Dr. Megges.
[8] Am 12. Mai 1972 detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion Augsburg. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). Am selben Tag explodierte in München auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Auch hierbei wurden mehrere Personen verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Beide Vorgänge waren Bestandteil des Anklagevorwurfs in diesem Verfahren und ab dem 85. Verhandlungstag (München) bzw. 87. Verhandlungstag (Augsburg) Gegenstand der Beweisaufnahme.
[9] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).
[10] Anlage 3 zum Protokoll vom 12.5.1976: Aussagegenehmigung für Dr. Kexel.
[11] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme. Das I.G.-Farben Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).
[12] Anlage 2 zum Protokoll vom 12.5.1976: Aussagegenehmigung für den Angestellten beim BKA Göbel.
[13] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[14] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der Vorgang war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[15] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[16] In der Inheidener Straße in Frankfurt a.M. befand sich eine Wohnung, die u.a. für die Herstellung von Sprengstoff verwendet wurde. Die Wohnung und die darin aufgefundenen Gegenstände waren ab dem 91. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[17] Der Amerikaner William Powell veröffentlichte 1971 „The Anarchist Cookbook“, welches Anleitungen für zur Herstellung von Waffen, Schalldämpfern, Sprengstoffen, Drogen, elektronische Überwachung, Guerilla-Training und Nahkampf enthielt. Das FBI wurde schnell auf das „Kochbuch“ aufmerksam, verboten wurde es allerdings nicht (Sanomir, The New York Times vom 30.3.3017, S. 16). Später distanzierte sich der Autor von dem Buch, das er als 19-jähriger verfasst hatte (Powell, The Guardian vom 19. Dezember 2013, abrufbar unter: <https://www.theguardian.com/commentisfree/2013/dec/19/anarchist-cookbook-author-william-powell-out-of-print>, zuletzt abgerufen am 15.10.2021).
[18] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).
[19] Ein gerichtliches Urteil erwächst in (formeller) Rechtskraft, wenn kein Rechtsmittel mehr dagegen erhoben werden kann, es also im selben Verfahren unanfechtbar geworden ist. Dies ist der Fall, wenn die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels abgelaufen ist, oder wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind und eine letztinstanzliche Entscheidung ergangen ist. Mit der Rechtskraft entfaltet die Entscheidung auch ihre dauerhafte Wirkung, die nur in Ausnahmefällen wieder durchbrochen werden kann (Nestler, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3.1, 1. Aufl. 2019, § 449 Rn. 27). Die sog. materielle Rechtskraft, setzt die formelle voraus und betrifft den Inhalt des Urteils. Sie ist in zweifacher Hinsicht beschränkt: Zum einen bezieht sie sich nur auf die Personen, gegen die das Verfahren gerichtet war (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Auflage 2014, Einleitung Rn. 510). Zum anderen entsteht sie auch nur im Hinblick auf den Tenor, also die Entscheidungsformel, die im Falle einer Verurteilung den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch (sowie bestimmte Nebenentscheidungen) umfasst. Die Entscheidungsgründe entfalten daher keine Bindungswirkung für die Zukunft - weder für andere Straf- noch für Zivilgerichte (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 170). Gleichwohl ist es anderen (Straf-)Gerichten nicht verwehrt, die auch in den Entscheidungsgründen dokumentierten Ergebnisse der Beweiserhebung im Wege des Urkundenbeweises in die Hauptverhandlung einzuführen und sie zur Grundlage der eigenen Überzeugungsbildung (§ 261 StPO) zu machen; dies gilt sogar für nichtrechtskräftige (z.B. aufgehobene) Entscheidungen (BGH, Urt. v. 18.5.1954 - Az.: 5 StR 653/53, BGHSt 6, S. 141; Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019 § 249 Rn. 17).
[a] Handschriftlich ergänzt: 14.03
[b] Maschinell eingefügt: sv.
[c] Handschriftlich ersetzt: in durch und
[d] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[e] Maschinell eingefügt: einzeln
[f] Maschinell eingefügt: (siehe Bl. 9687)
[g] Handschriftlich ergänzt: Bereichen
[h] Maschinell durchgestrichen: Untersuchungen
[i] Handschriftlich ersetzt: und durch in
[j] Maschinell eingefügt: alle
[k] Handschriftlich ersetzt: Reybehälter durch Rei-Behälter
[l] Maschinell durchgestrichen: Erwägung
[m] Maschinell durchgestrichen: Das Asservat E 53 VI-5 Pos. 145 wird den Verfahrensbeteiligten vorgezeigt.
[n] Handschriftlich ergänzt: E 23 VI-5
[o] Handschriftlich ersetzt: halt durch halb
[p] Maschinell durchgestrichen: Ermittlungsstelle
[q] Handschriftlich ersetzt: ... durch Difinilamin(?)- [Gemeint sein dürfte „Diphenylamin-“]
[r] Maschinell ersetzt: Inheidner durch Ginnheimer
[s] Maschinell durchgestrichen: Garage
[t] Maschinell ersetzt: ... durch und naßchemisch
[u] Maschinell ergänzt: diese
[v] Handschriftlich eingefügt: - - -
[w] Handschriftlich ergänzt: KT
[x] Maschinell eingefügt: wird