[9825] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 19. Mai 1976, um 10.03 Uhr.
(113. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
JOS Janetzko
Just. Ass. Clemens
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als Verteidiger sind anwesend:
RAe Grigat, Schlaegel, Schnabel, Schwarz, Künzel und Eggler.
Als Sachverständige sind erschienen:
Dipl. Ing. Franz Windhaber
KHM Günther Neumann
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet durch die Herren Pflichtverteidiger.[2] Die Pflichtverteidiger Herr Rechtsanwalt Schily und Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann sind nicht anwesend.[3] Für Herrn Rechtsanwalt Schily wird laut schriftlicher Ankündigung Herr Rechtsanwalt Geulen in Vertretung kommen, was mit Herrn Dr. Heldmann los ist, weiß ich nicht. Es zeigt sich hier, daß das Verfahren niemals durchführbar gewesen wäre und bis zu diesem Stand hätte gebracht werden können, wenn das Gericht nicht durch Beiordnung der Pflichtverteidiger dafür Sorge getragen hätte, daß ein geordneter Verfahrensablauf hier ermöglicht wird.[4] Wir haben heute als Sachverständige die Herren ... Herrn leitenden Regierungsdirektor Dipl. Ingenieur Windhaber zum zweiten Mal und Herrn Kriminalhauptmeister Neumann.
Die SV Windhaber und Neumann werden gem. §§ 72, 57 u. 79 StPO[5] belehrt.
Die SV sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[6]
[9826] Vors.:
Herr Windhaber, dürfte ich Sie bitten, wenn Sie dann zunächst wieder am Ihnen schon bekannten Tisch Platz nehmen wollten. Gegen die Anwesenheit des Herrn Sachverständigen Neumann bestehen keine Bedenken.
Wir werden nachher wahrscheinlich Anlaß haben, bei einem bestimmten Abschnitt, wo es um Asservate geht die Sie möglicherweise schon begutachtet haben, Ihnen dann das Wort dazwischen hinein zu erteilen, damit Sie Ihre Ausführungen machen können. Sie werden also dann nicht abwarten müssen, bis Herr Windhaber, der ja heute eine ganz große Zahl von Gutachten erstatten soll, bis zu Ende gehört ist.
Der Sachverständige Windhaber macht folgende Angaben zur Person:
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Franz Windhaber,
Diplomingenieur, Chemiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundeskriminalamt, wohnhaft in Wiesbaden, 63 Jahre.
Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Wir wollen zunächst beginnen, daß wir Ihnen diese hier vorliegenden Schreibmaschinen übergeben, damit Sie sie darauf ansehen, ob Sie diese Maschinen zu Schriftbilduntersuchungen gehabt haben, ob diese Schriftbilduntersuchungen zu bestimmen Ergebnissen geführt haben, insbesondere, ob die Schriftbilder unter bestimmten Nummern registriert worden sind in Ihren Verzeichnissen.
Dem Sachverständigen Windhaber wird das Asservat
E 23 V 5/31
- Schreibmaschine „Erika“ - vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Diese „Erika“-Schreibmaschine ist gekennzeichnet mit der Seriennummer 571 609/6. 6, bedeutet das Modell, ist die Modellangabe, die Seriennummer lautet 571 609. Von dieser Maschine sind Schriftproben genommen worden. Ich habe hier Schriftproben. Es müßten auch, glaube ich, bei den Akten Schriftproben sein dieser Maschine.
Vors.:
Wir müssen die im einzelnen nicht einsehen, wenn nicht einzelne Prozeßbeteiligte darauf Wert legen. Ich darf vielleicht darauf [9827] hinweisen, Ordner 87 Bl. 141 finden sich die entsprechenden Ausführungen des Herrn Sachverständigen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dann kann ich dazu vielleicht gleich sagen, daß diese Maschine im zentralen Erkennungsdienst des Bundeskriminalamtes unter der Kennzeichnung T wie Theodor, 7205 erfasst ist, das heißt, das Schriftbild dieser Maschine.
Vors.:
Ja, das ist das, auf was es uns im Augenblick hier ankommt im Zusammenhang mit Ihrer Beurteilung dieses Asservates.
Sind dazu weitere Fragen?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und asserviert ist diese Maschine worden in Frankfurt am Main, Inheidenerstraße 69.[7]
Vors.:
Das sind Feststellungen, die wir bereits früher bei der Besprechung der einzelnen Asservate getroffen haben.
Dazu Fragen? Ich sehe nicht. Dann wollen wir dieses Asservat wieder zurückstellen.
Vielleicht, wenn Sie bei der Gelegenheit nochmals die Bedeutung dieser Registrierung der Schrift unter der Nummer T 7205 den Beteiligten klar machen wollen, das ist ja nachher der Anhaltspunkt für Ihre Arbeitsweise bei weiteren Schriftvergleichen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, das haben wir, soweit die Maschine also einen Merkmalskomplex ausweist, daß sie erkennungsdienstlich auswertbar ist, das heißt, daß sowohl die Systemelemente, als auch Typen, Mechanismusdefekte übereinstimmend und auswertbar sind, wird diese Maschine unter diesem Kennzeichnungen im Erkennungsdienst erfasst und ich habe dann die Möglichkeit, wenn Schriften von dieser Maschine wiederum, sagen wir zur Auswertung vorgelegt werden, über die Übereinstimmung in den Merkmalskomplexen dieser Schriftbilder die Zuordnung dieses neuen, sagen wir, dieser neuen Tatschrift zur Maschine durchzuführen.
Vors.:
Das heißt, es ist einfach eine Abkürzung. Im Grunde genommen könnte man genauso sagen, diese Schrift gehört zu der Reiseschreibmaschine, Fabrikatnummer „Erika“. Sie können sich’s vereinfachen und sagen gehört nach der hier registrierten ... zu der hier registrierten Schrift T 7205.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Sagen wir das Schriftbild ist erfasst und die Schriftbilder stimmen dann also überein.
Vors.:
Und was ist nun der Arbeitsgang für die Fälle, in denen Schriften anfallen, ohne daß schon eine zugehörige Maschine vorliegt?
[9828] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja es[a] ist eigentlich dasselbe Verfahren, sofern die Maschine, das heißt, das schriftbildlich auswertbar ist, ja, wird dieses Schriftbild im Erkennungsdienst erfasst.
Vors.:
Genauso erfasst ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich muß nicht [b] die Maschine haben.
Vors.:
Und das würde dann umgekehrt wiederum die Maschine, wenn sie später anfällt, dieser Nummer zugeordnet.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Über das Schriftbild, das heißt, jetzt über die Schriftprobe, die von dieser Maschine gefertigt wird, die inkriminiert ist.
Vors.:
Wenn Sie uns aus den Unterlagen, die Sie hier haben, oder vielleicht aus dem Gedächtnis noch ein paar charakteristische Merkmale des Schriftbildes gerade dieser Reiseschreibmaschine benennen könnten.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Maschine ist zu charakterisieren einmal über das kleine „t“, Type „t“ wie Theodor und zwar ist der Querbalken links stark verkürzt. Dann hat diese Type zudem einen Aufschlagsdefekt im oberen Bereich und zudem einen Zeilenjustierungsdefekt. Weiterhin das „u“, und zwar das kleine u, Ansatzelement links verkürzt, zudem einen sogenannten „Basisjustierungsdefekt“, das heißt, das „u“ ist etwas unter der Zeile zum Abdruck gekommen. Das „ß“, das linke Ansatzelement am Stammstrich, verkürzt, zudem im linken Bereich dieser Type ein Aufschlagsdefekt. Vielleicht kann ich das kurz erläutern, was ein Aufschlagsdefekt ist. Die Type oder die Typen der Maschine müssen so justiert werden zur Walze, daß die Konkavität und Konvexität die zwischen Walze und Typenkörper besteht, gewahrt ist, das heißt, daß die Type frontal gleichmäßig zum Abdruck kommt oder zum Aufschlag auf der Walze. Wenn durch eine unvorsichtige Handhabung oder durch den Gebrauch dieser Maschine eine Verdrehung des Typenhebels stattfindet, dann schlägt die Type nicht mehr, weil sie dejustiert ist, im Bereich der Walze gleichmäßig auf, also flächenmäßig, sondern sie wird bei einer Tieferstellung im oberen Bereich stärker des Typenzeichens zum Abdruck kommen als eine Kerbung, die[c] den Schriftträger verursachen, das heißt, das Bild wird in die Tiefe verlegt oder wenn es in der Gegenrichtung ist, wird es im unteren Bereich stärker aufschlagen. Wenn der Typenkörper gedreht ist etwas, wird er im linken Bereich stärker aufschlagen, gegenteilig im rechten Bereich. Also da gibt es bereits 4 Zonen, anhand welcher man Typenaufschlagsdefekte erfassen könnte.
Vors.:
Dankeschön. Wir wissen also jetzt, welche einzelnen typischen Kennzeichen für Sie ein solch charakteristisches Bild ergeben. [9829] Darf ich fragen nach der kriminalistischen Erfahrung, die gemacht worden ist, wie sind denn die Wahrscheinlichkeiten, daß sich derartige Defekte und typischen Merkmale wiederholen könnten.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Sagen wir die Maschine, wenn sie das Werk verläßt, hat sie natürlich auch bestimmte Merkmale, aber ich bezeichne diese als generelle Merkmale, sie sind allgemeiner Natur, das heißt, das hängt jetzt ab von Justage, wie genau über dem Schirm die einzelnen Intervertikale justiert werden und wie weit sie durch den Gebrauch dieser Maschine dann, unsachgemäßes Schreiben, oder unrhythmisches Schreiben und so weiter, führt natürlich mehr zur Ausbildung von Defekten. Und diese erworbenen Merkmale sind jene, die zur Identifizierung der Maschine herangezogen werden, das heißt, je mehr die Maschine im Gebrauch ist, je stärker sie frequentiert wird, umso mehr werden sich Merkmale ausbilden und diese Merkmale sind für den Kriminaltechniker die Fundgrube, das heißt anhand dieser kann er die Maschine identifizieren und zwar unterscheidet er dann auch, sagen wir, wertmäßig zwischen diesen sogenannten Typenformdefekten die natürlich wesentlich höher zu bewerten sind, als die Justagedefekte, ich habe einen genannt hier, das war der Aufschlagsdefekt. Es gibt dann den sogenannten Zeilenjustierungsdefekt, es gibt den Vertikaljustierungsdefekt, die Type kann ja auch aus der Vertikalen kommen und es gibt dann den sogenannten Spatiumjustierungsdefekt, das heißt, daß das Schriftzeichen nicht mehr dort erscheint, wo es eigentlich aufgrund des Wagenschrittes zum Abdruck kommen sollte. Es kann links und rechts verlagert zum Abdruck kommen.
Vors.:
Und ist nach den Erfahrungen Ihres wissenschaftlichen Gebietes die Sicherheit vorhanden, oder Wahrscheinlichkeit, je nachdem mit welchem Grade Sie das feststellen können, daß es nicht durch Zufall eine Wiederholung durch ... das Schriftbild einer anderen Maschine ist?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Wenn ... das heißt, ein sicheres Urteil gefällt werden kann dann in jenen Bereichen, wo Typenformdefekte vorliegen vor allem, und ob sie einwertig, zweiwertig oder dreiwertig, sind Merkmale. Es kann doch eine Type einen Aufschlagsdefekt zeigen, sie hat einen Typenformdefekt und kann einen Zeilenjustierungsdefekt haben, sogenannte dreiwertige Merkmale sind wesentlich höher zu bewerten, da können ein, zwei, drei solche Merkmale schon einen Wertcharakter finden, der zur Identifizierung der Maschine führt. Das heißt, daß sich das nicht wiederholen wird [9830] in der Form, an der Stelle, wie es hier an der Type gegeben ist.
Vors.:
Dankeschön.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich könnte noch einige Merkmale, sind noch etliche ...
Vors.:
Danke. Nein, wir wollten also nun einen Einblick gewinnen, wie das von Ihnen wissenschaftlich erarbeitet wird, Ihr Urteil. Es ist für das Gericht im Augenblick als Beispiel wie Sie es dargestellt haben, ausreichend um sich einen Eindruck zu verschaffen. Sollten Einzelfragen in dieser Richtung noch gewünscht werden, so können die ja jederzeit nachgeholt werden. Wir kommen jetzt zu dem Asservat E 37 E 361, das ist Ordner 116 Bl. 17.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 37 E 361
- 1 Schreibmaschine „Olympia“ - vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist die „Olympia“.
Vors.:
Jawohl, das ist die Büroschreibmaschine ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Schreibmaschine „Olympia“ und diese „Olympia“ ...
Vors.:
Es ist uns lieb, wenn Sie uns die Nummern, jeweils die Seriennummern oder Maschinen- oder Wagennummern bekanntgeben.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja das kann ich so, die Nummer lautet: 7 44 922. Und diese Maschine wurde sichergestellt in Hamburg, Paulinenallee und sie ist im zentralen Erkennungsdienst des Bundeskriminalamtes unter S wie Siegfried 71 51 erfasst.
Vors.:
Dankeschön. Zu diesem Asservat weitere Fragen? Sehe ich nicht
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 25 Schlafzimmer Pos. 214
- 1 Schreibmaschine ohne Fabrikatsbezeichnung -
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist die Reiseschreibmaschine - ohne Fabrikatsbezeichnung, ausgestattet mit Zebratypen - die in Hamburg asserviert worden ist und zwar in der Ohlsdorfer Straße 1 bis 3. Sie ist im Erkennungsdienst erfasst unter der Kennzeichnung D wie Dora 72 25.
Vors.:
Dankeschön. Ist Ihnen die Seriennummer noch gegenwärtig?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Seriennummer dieser Maschine ist 0 231 324 990.
Vors.:
Ja, die entsprechenden Ausführungen Ordner 67 Bl. 34. Wenn dazu keine Fragen mehr sind bitte die Maschine E 37 E 360.
[9831] Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 37 E 360
- 1 Schreibmaschine „Olivetti“ - vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Diese Schreibmaschine „Olivetti“ Lettera 32, die hat die Seriennummer 2 581 512[d] und wurde in Hamburg, Paulinenallee 36 sichergestellt und sie trägt die Kennzeichnungen im zentralen Erkennungsdienst „T“ wie „Theodor“ 72 87.
Vors.:
Dankeschön. Dazu Fragen?
Dem Sachverständigen wird das Asservat
HH 6 - F 6
- 1 Schreibmaschine „Carola“ - vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist die „Carola“-Schreibmaschine mit der Seriennummer 2 637 434. Sie wurde sichergestellt Hamburg 76, Bartholomäusstraße 20. Und sie ist im Erkennungsdienst erfasst unter „V“ wie „Viktor“ 74 29.
Vors.:
Dankeschön. Keine Fragen?
Dem Sachverständigen wird das Asservat
H 5/74 HI 5.115
- 1 Schreibmaschine „Elite“ vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist die „Elite“-Reiseschreibmaschine. Sie trägt die Seriennummer 2 235 082 316. Sie ist sichergestellt worden in Frankfurt/Main, Mainfeldstraße 23. Im Erkennungsdienst ist diese Maschine erfasst unter „V“ wie „Viktor“ 74 78.
Vors.:
Danke sehr.
Dem Sachverständigen werden die Schreibmaschinenschriftproben
U 7351 u.
U 7321
übergeben mit der Bitte zu erklären, ob sie zugeordnet werden können.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Schriftprobe mit der Kennzeichnung U 7321 habe ich zur Auswertung zur Verfügung gehabt und zwar bezieht sich das auf das Gutachten 73 11 73 und diese Maschine ... diese Schriftprobe bezieht sich auf eine 73 21 „Präsident de luxe“ und diese Maschine, soweit ich Angaben erhalten habe, befindet sie sich in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf[8] und gehörte Ulrike Meinhof, das heißt, stand ihr zur Verfügung in der Zelle.
Vors.:
Die Seriennummer, ist die Ihnen aus Ihren Unterlagen ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Seriennummer dieser Maschine lautet 1 921... halt, das ist nicht ganz richtig.
[9832] ... die lautet 4 804 162.
Vors.:
Dankeschön. Das war also die erste Schrift, wenn Sie vielleicht noch sagen würden, wie der Text beginnt, damit wir es ganz genau gekennzeichnet haben. Nur die ersten drei Worte, das genügt schon.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und zwar beginnt es mit: „LKA-NW Düsseldorf 29.8.1973“.
Vors.:
Dankeschön, jetzt die nächste Schrift.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die nächste Schriftprobe ist gekennzeichnet mit U 73 51.
Vors.:
Textbeginn?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
53 51.
Vors.:
Wenn Sie den Textbeginn vielleicht nochmals bekanntgeben.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und beginnt mit „Bundeskriminalamt Sicherungsgruppe zur Zeit 43 Essen, den 16.7.73.“
Vors.:
Danke.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und bei dieser Schriftprobe handelt es sich um das Fabrikat „Olivetti“ Dora und die Seriennummer lautet 1 921 801. Und laut Mitteilung befindet sich diese Maschine in der Justizvollzugsanstalt Essen[9] und stand Gudrun Ensslin in der Zelle zur Verfügung.
Vors.:
Bitte, noch eine Frage.
Richter Mai[er]:
Herr Sachverständiger, noch eine weitere Schriftbildnummer. Dazu haben wir weder eine Schreibmaschine, noch eine Schriftprobe hier. Es handelt sich um die Nummer V 7408. Hat Ihnen zu dieser Schrift eine Schreibmaschine einmal zur Verfügung gestanden?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja und zwar ist die, wenn ich mich richtig entsinne, gebracht worden, von einem Staatsanwalt, glaube ich, ins Amt. Die Maschine habe ich gehabt und zwar ist das die Maschine aus Schwalmstadt, sicher, Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt[10] und wurde gekennzeichnet, glaube ich, mit „Baader-Maschine“ ...
Richter Mai[er]:
Könnten Sie dazu das Fabrikat und die Seriennummer mitteilen?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Fabrikat war desgleichen eine „Olivetti Lettera 32“ und, ja hier habe ich einen Vermerk sogar, die ist mir vorgelegt worden am 8. Februar 1974. Und zwar hat sie die Seriennummer 6 546 592.
Richter Mai[er]:
Wir haben gestern einen Zeugen, den Kriminalhauptkommissar Pöter vom Bundeskriminalamt hier gehabt; er hat berichtet, er habe, aus der Zelle des Angeklagten Baader diese Maschine mitgenommen und Ihnen übergeben und ein Zeuge Bahr hat gestern berichtet, er habe dann die Maschine von Ihnen zurückerhalten und sie wieder in die Zelle zurückgebracht.
[9833] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Könnte sein, daß ich sogar Unterlagen darüber habe ...
Richter Mai[er]:
Das stimmt mit Ihrer Erinnerung überein?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja.
Richter Mai[er]:
Dankeschön.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Wenn es erforderlich wäre ich habe vielleicht ...
Vors.:
Danke. Diese Quittung haben wir auch schon gestern eingeführt, ist schon erledigt, vielen Dank.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 34 I 5/132
- 18 Bl. Bekennerbriefe, beginnend mit:
„Am Donnerstag, den 11. Mai 72 ...“ - vorgelegt.
Vors.:
Das Gutachten 57 22/72 und 57 23/72 vom 5.10.72 Ordner 121 Bl. 319 ff.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Diese ... sind diese Bekennerbriefe, diese 18 in Bad Homburg Heuchelbach sichergestellt worden. Und 14 dieser 18 Schriften stammen mit Sicherheit von der im Schreibmaschinenerkennungsdienst unter „T“ wie „Theodor“ 7205 erfassten „Erika“-Schreibmaschine.
Vors.:
In diesem Falle wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Blätter entnehmen würden und die einzelnen Blätter von den 44 - das sind ja insgesamt 48 Blätter - uns dadurch kennzeichnen würden, daß Sie jeweils den Anfang der Seite mit wenigen Worten kennzeichnen. Es wäre natürlich genau so einfach zu machen, wenn Sie die vier, die nicht dazu gehören, aussortieren, und die bezeichnen. Das wäre auch eine Möglichkeit.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das wäre einmal das Schriftstück das beginnt:
1. „Am Freitag, den 12. Mai 1972 hat das Kommando Thomas Weisbecker[11] ...“ endet mit „das gilt auch ...“. (Bl. 18) Und dies ist eine Schattenschrift und scheidet somit von dieser Seite schon aus von der „Erika“, weil wir hier eine Picaschrift haben und hier dreht es sich um eine Schattenschrift.
Richter Mai[er]:
Herr Sachverständiger, nur eine kurze Zwischenfrage. Bezieht sich diese Charakterisierung auch auf den Text, der sich auf der Rückseite dieses ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja ja, genau, ich habe gesagt, das Schreiben endet mit: „das gilt auch ...“.
Richter Mai[er]:
Sie können diese Schrift ... für diese Schrift haben Sie keine Schriftbildnummer?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die ist nicht erfasst im Erkennungsdienst.
[9834] Richter Mai[er]:
Es ist nicht möglich ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und zwar aus folgenden Gründen, weil im Schriftbild zu wenig Merkmale sind, daß eine erkennungsdienstliche Erfassung durchgeführt werden konnte.
Richter Mai[er]:
Können Sie aber so viel sagen ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Aber im Bezug auf das Schreibmaschinensystem stimmen die beiden vorder- und rückseitig überein ...
Richter Mai[er]:
Sie können aber nicht sagen, ob die beiden Texte von derselben Maschine stammen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja das geht genauso nicht, wenn ich sagen würde ... erkennungsdienstliche Erfassung ... ist der Auswertung der Maschine, das heißt die Identifizierung nicht gegeben.
Richter Mai[er]:
Es ist nur das Schriftbild dasselbe, es ist also dasselbe ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, als solchen, sagen wir Schriftart und Systemelemente.
Richter Mai[er]:
Es ist also wohl dasselbe Fabrikat.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
System, ich nenne es System.
Richter Mai[er]:
Dasselbe System, aber nicht notwendiger Weise dieselbe Maschine.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, es ist nicht gleichgesetzt das Wort System mit Fabrikat. Es kann von einem System mehrere Fabrikate geben.
Richter Mai[er]:
Dankeschön.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
... während sie systemgleich sind.
2. Dieses Schriftstück beginnt mit: „An die Nachrichtenredakteure der Westdeutschen Presse, soweit sie nicht Springerpresse ist und der Rundfunk und Fernsehanstalten ...“ unterzeichnet mit „Rote-Armee-Fraktion“ 28. Mai 1972. (Bl. 15) Das ist eine andere Maschine als die „Erika“, und zwar nach dem Schriftbild was ich hier auswerten kann, handelt es sich hier um die „Olympia“-Schreibmaschine 71 51, aber das ist ja jetzt hier wichtig, die Feststellung. Es handelt sich hier um die Schreibmaschine, mit Sicherheit, die zur Niederschrift dieses „An die Nachrichtenredakteure der Westdeutschen Presse“ Bl. 15 benutzt worden ist, ist identisch mit der „Olympia“-Schreibmaschine aus der Paulinenallee 36 und die ist im Amt erfasst unter S 71 51.
Vors.:
Dankeschön. Also für uns sind immer das maßgebliche die Nummerbezeichnung, weil wir ja inzwischen ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
... Nr. 15.
Vors.:
... wir haben ja inzwischen von Ihnen auch erfahren, welche Nummer zu welcher Maschine gehört, so daß es für Sie prinzipiell genügt, [9835] wenn Sie uns sagen, S 71 51 in diesem Fall.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
3. Dann das Blatt mit der Kennzeichnung Nr. 16. Hier handelt es sich um eine Durchschrift und das Schriftstück beginnt mit: „Alle Arten von Ungeheuern werden besiegt werden ...“ unterzeichnet mit „Kommando 15. Juli Rote-Armee-Fraktion“.[12] Und dieses Schriftbild ist desgleichen zuzuordnen S 71 51 „Olympia“-Schreibmaschine. (Bl. 16)
Vors.:
Dankeschön, und jetzt muß noch ein Blatt kommen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ein Blatt noch und zwar
4. Nr. 17. Es beginnt mit: „Gestern am Freitag, den 19. Mai 1972 ...“ und endet mit „Kommando 2. Juni“.[13] (Bl. 17)
Dieses Schriftstück stammt nicht von der 72 05 sondern ist zuzuordnen der Maschine T 72 25 und zwar ist das die Maschine Ohlsdorfer Straße.
Vors.:
Und mit welchem Grad der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit kann das gesagt werden?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die 72 25 mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad, also kein sicheres Urteil.
Vors.:
Wir können also zusammenfassen: 14 Blatt mit Sicherheit Schrift T 72 05 ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die „Erika“, ja ...
Vors.:
... 2 Blatt mit Sicherheit S 71 51, 1 Blatt ... wahrscheinlich T 72 25 und das restliche Blatt nicht.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Nicht zu identifizieren, ja.
Vors.:
Dankeschön, es werden nun aus diesen Asservaten einige Stellen durch Verlesung im Urkundenbeweis hier eingeführt.
Gem. § 249 StPO[14] wird im Urkundenbeweis von dem Asservat
E 34 I 5 Pos. 132
- Maschinenschrift mit handschriftlichen Korrekturen - das Bl. 18 Vorderseite (beginnend mit „Am Freitag, den 12. Mai 1972 hat das Kommando Thomas Weisbecker ...“ bis „Ausbeutung und Unterdrückung des Volkes“) verlesen.
Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweis von dem Asservat
E 34 I 5 Pos. 132
- maschinenschriftlicher Text, zum Teil durchgestrichen - das Bl. 3 (beginnend mit „Am Freitag, den 12. Mai 1972 hat das Kommando Thomas Weisbecker ...“ bis „ROTE ARMEE FRAKTION - 16. Mai 1972“) verlesen.
[9836] Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren von dem Asservat
E 34 I 5 Pos. 132
von Bl. 18 die Rückseite (beginnend mit „daß ihre Anstrengungen, die sozialen Probleme ...“ bis „... auf Widerstand stoßen werden. Das gilt auch ...“) verlesen.
Richter Mai[er]:
Hinzuweisen ist ferner darauf, daß ein Exemplar eines Kommandobriefes „Thomas Weisbecker“ der mit der Post versendet worden ist, bereits verlesen worden ist in einem früheren Zusammenhang.
Dem Sachverständigen Windhaber wird das Asservat
E 34 I/5 Pos. 133
- 2 Kohlebogen mit Fotografie -
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Durch ein fototechnisches Verfahren, sogenannte Reflexaufnahmen ist es erforderlich ... ist es möglich, daß man Kohlepapierbeschriftungen lesbar machen kann und das beweist ja die Wiedergabe dieser Fotografien. Und anhand dieser Schriftbilder kann ich feststellen, daß diese beiden Kohlepapierblätter zur Anfertigung von Durchschriften benutzt worden sind, wovon auch eine, glaube ich, in der Akte ist und zur Niederschrift oder Beschriftung dieser Kohlepapiere im Durchschreibeverfahren ist die Schreibmaschine benutzt worden, die im zentralen Erkennungsdienst unter der Bezeichnung „T“ wie „Theodor“ 72 05 erfasst ist.
Vors.:
Würden Sie freundlicherweise zunächst uns mal den Text zugänglich machen indem Sie nur den ersten Satz und vielleicht den letzten Satz der Texte hier mitteilen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Schreiben beginnt mit: „An die Nachrichtenredaktuere der Westdeutschen Presse, soweit sie nicht Springerpresse ist und der Rundfunk und Fernsehanstalten ...“.
Vors.:
Und der letzte Satz dieses ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und der letzte Satz dieser Seite endet mit: „die Erjlärung[e]“ - ist ein Schreibfehler drinnen - „des Kommandos“.
Vors.:
Dankeschön, beim 2. Blatt?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das zweite Blatt beginnt: „An die Nachrichtenredakteure der Westdeutschen Presse, soweit sie nicht Springerpresse ist und der Rundfunk und Fernsehanstalten“ und endet desgleichen mit „diese Erklärung, die Erklärung des Kommandos“.
Vors.:
Dankeschön.
[9837] Und das sind jetzt schon Ablichtungen des fototechnischen Reproduktionsverfahrens.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist ... nein, das ist die Originalaufnahme.
Vors.:
Sogar das Original.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Original.
Vors.:
So läßt sich das also praktisch ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich habe eine Kopie hier ... aber das ist das Originalfoto.
Vors.:
Sind das hier Kohlebögen, die einfach beschrieben sind, oder in mehreren, ... mehrfach verwendet worden sind ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Soweit man hier aus dem Schriftbild also sehen kann, ist es, ausgenommen der obere Bereich hier, da ist reingeschrieben, sonst einmalige Beschriftung.
Vors.:
Einmalig benützt.
Dankeschön. Zu diesem Asservat weitere Fragen? Sehe ich nicht, danke sehr.
Ende von Band 557.
[9838] Vors.:
Dann kommen wir jetzt zu einem weiteren Gutachten und zwar haben wir hier eine RAF-Schrift, die wir Ihnen hiermit übergeben wollen. Sie trägt vorne das Emblem, das schon bekannt ist, der fünfzackige Stern mit der Maschinenpistole, und es ist aufgeschrieben mit Schreibmaschine „Dem Volk dienen, Rote-Armee-Fraktion, Stadtguerilla und Klassenkampf“.[15] Es handelt sich hier um das Gutachten O. 118 Bl. 6.53/1 - 57.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
KT IV 2 - 4138/72.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück: „Stadtguerilla und Klassenkampf“ Maschinenschriftl. Manuskript mit Handschrift, Zürich, (Kopie) vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Gleich vorweg kann ich darauf hinweisen, daß es sich hier nicht um Original-Schriften handelt, sondern um Xero-Kopien. Und Xero-Kopien mindern die Auswertung, weil die Wiedergabe der Merkmale nicht in der Form ist, wie es für eine Feststellung sicher erforderlich ist. Aus diesem Grunde konnte ... kann ich lediglich vermuten, daß zum Beschriften dieser 47 Bl. „Dem Volk dienen“, „Rote-Armee-Fraktion“ vermutlich die Schreibmaschine T 7205 benutzt worden ist.
Vors.:
Also T 7205, ja?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Vermutlich, ja.
Vors.:
Das ist die Maschine „Erika“.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Mehr läßt sich in diesem Fall nicht ermitteln und sagen, über die kriminaltechnische Auswertung der Maschinenschrift.
Richter Ma[ier]:
Herr Sachverständiger, wir haben in den Akten verschiedene Kopien von dieser Schrift. Bei dem Stück, das Ihnen hier vorgelegt wurde, soll es sich um eine Kopie handeln, die von Zürich beschafft wurde.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja.
Richter Ma[ier]:
Hat Ihnen diese Kopie, die Ihnen jetzt vorliegt, auch bei der Erstattung Ihres Gutachtens, bei der Prüfung dieses Exemplares vorgelegen?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das könnte sein, daß es dieses Exemplar war, denn ich weiß, ich kann mich erinnern, es war eine Xero-Kopie. Und nach dem Bild, also Wiedergabe, Qualität, müßte es eine 1. Kopie sein, nicht daß ich wieder weiterkopiere, dann würde sich das Schriftbild verschlechtern. Also qualitativ minderwertiger aussehen, als ich es hatte.
[9839] Vors.:
Danke.
Gem. § 249 StPO wind im Urkundenbeweisverfahren von dem Schriftstück: „Stadtguerilla und Klassenkampf“ (Maschinenschriftl. Manuskript mit Handschrift, Zürich) (Kopie) der wesentliche Inhalt festgestellt.
Vors.:
Wir kommen jetzt zu dem Asservat E 23 V-5 Pos. 84. Hierzu liegt ein Gutachten vor vom 16. März 1973, Ordner 81, Blatt 85.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 23 V-5 Pos. 84 vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Es betrifft das Gutachten mit der KT-Nummer IV 2-5617/72. Das Schriftstück beginnt mit „A.Ladungen-zum-Brennen-“, besteht aus 3 Blatt und endet mit Punkt 3: „Glühkopfzünder in Knallquecksilber (Elektrozündschnur)“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist mit Sicherheit die im Zentralen Erkennungsdienst des Bundeskriminalamtes erfaßte Reiseschreibmaschine „Erika“ unter der Kennzeichnung T 7205 benutzt worden.
Vors.:
Danke. Sind dazu irgendwelche Fragen? Ich sehe nicht. Das Schriftstück ist bereits durch Verlesung eingeführt in den Prozeß, am 13. Mai. Dann können wir zum nächsten Asservat kommen. Hier handelt sich’s um E 34 II Pos. 129.10. Hierzu ein Gutachten KT IV-2-6575/72 vom 24.1.73, Ordner 114, Blatt 277.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 34 II 5/129.10 vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schriftstück beginnt mit: „A.Ladungen“, besteht aus 3 Blatt und endet mit Punkt 3: „Glühkopfzünder in Knallquecksilber (Elektrozündschnur)“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist mit Sicherheit die Schreibmaschine benutzt worden, die unter der Kennzeichnung T 7205 erfaßt ist. Es handelt sich dabei um die „Erika“-Maschine.
Vors.:
Danke. Ich darf davon ausgehen, wenn irgendjemand irgendwelche Wünsche hat, Fragen hat, daß sich die Prozeßbeteiligten selbst melden. Sonst fahren wir fort. Bitte.
[9840] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich kann dazu noch sagen, daß hier die Seite 1 und, sehe ich gerade, die Seite 3 übereinstimmen mit dem vorhergehenden Schreiben. Das heißt, daß die in einem Arbeitsgang gefertigt worden sind, mit Durchschrift.
Vors.:
Es ist ja auch textlich das gleiche.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja. Ausgenommen die Seite 2, die stimmt nicht.
Vors.:
Auch dieses Schriftstück ist am 13.5. durch Verlesen in den Prozeß eingeführt worden. Wir kommen damit zum nächsten Asservat. Hier handelt es sich um einen Brief an den Norddeutschen Rundfunk. Gutachten Ordner 121, Bl. 97 vom 12.2.1975.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück „Brief an NDR“ (beginnend: „Heute um 15.55 Uhr ...“) vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schreiben beginnt mit: „Heute um 15.55 Uhr sind zwei Bomben im Springerhochhaus in Hamburg ...“ und endet mit: „Kommando 2. Juni“. Das Schriftbild dieser Schreibmaschine ist jenes, das im Zentralen Erkennungsdienst unter T 7225 erfaßt ist. Es handelt sich hier um die Schreibmaschine aus der Ohlsdorfer Straße 1-3.
Vors.:
Der Sicherheitsgrad?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Der Sicherheitsgrad dieser Maschine, das habe ich schon darauf hingewiesen heute, ist ein Wahrscheinlichkeitsgrad, das heißt, kein sicheres Urteil.
Vors.:
Ja, ich bitte das grundsätzlich zu kennzeichnen. Wo Sie zweifelsfrei oder sicher sagen, gehen wir davon aus, daß es die höchste Stufe ist.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
„Erika“-Maschine, sicher die T 7205. Und die 71, die wir hatten, 51 S aus Hamburg, die „Olympia“ auch ein sicheres Urteil.
Vors.:
Also bei der 7225 aus der Ohlsdorfer Straße grundsätzlich nur wahrscheinlich.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Grundsätzlich ein Wahrscheinlichkeitsurteil.
Vors.:
Danke. Dann haben wir jetzt ... das Schreiben, das eben Gegenstand des Gutachtens war, ist verlesen worden am 28.4.
Herr Rechtsanwalt Schlaegel ist entschuldigt ab 11.00 Uhr.
RA. Schlaegel verläßt um 10.55 Uhr den Sitzungssaal.
Wir haben jetzt noch das weitere, ein Brief an dpa-Hamburg. Beginnend: „Gestern, am Freitag, 19. Mai ...“, unterschrieben wieder: „Kommando 2. Juni“. Das Gutachten findet sich in Ordner 121, Blatt 108.
[9841] Dem Sachverständigen wird das Schriftstück „Brief an dpa-Hamburg“ (beginnend mit: „Gestern, am Freitag, ...“) vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, dieses Schreiben beginnt: „Gestern am Freitag, den 19. Mai um 15.55 Uhr ...“ und endet mit: „... ENTEIGNET DIE FEINDE DES VOLKES. Kommando 2. Juni“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist desgleichen die Schreibmaschine benutzt worden, die ich eben genannt habe, und zwar die Maschine unter der Kennzeichnung T 7225. Und hier wiederum das Wahrscheinlichkeitsurteil.
Vors.:
Dieses Schriftstück ist am 28.4. in der Verhandlung verlesen worden.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und ging an die Deutsche Presse Agentur in Hamburg.
Vors.:
Ja. Danke. Wir kommen zum Gutachten Nr. 7 in unserer Aufzeichnung, Briefe an die Frankfurter Rundschau und westdeutschen Rundfunk „Alle Arten von Ungeheuern ...“ beginnend[f], mit Kuvert, unterschrieben: „Rote-Armee- Fraktion“. Die Gutachten finden sich im Ordner 121, Blatt 166 und 177.
Dem Sachverständigen werden die Schriftstücke „Briefe an Frankfurter Rundschau und Westdeutscher Rundfunk“ (beginnend: „Alle Arten von Ungeheuern ...“) vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schriftstück beginnt mit: „Alle Arten von Ungeheuern werden besiegt werden ...“, und endet mit: „Rote-Armee-Fraktion“. Und das zweite desgleichen: „Alle Arten von Ungeheuern werden besiegt werden ...“ Und zur Niederschrift dieser beiden Schriftstücke, die übrigens in einem Arbeitsgang entstanden sind, wiederum einen Einspannvorgang in die Maschine, ja, wurde die Schreibmaschine benutzt, die im Erkennungsdienst erfaßt ist unter S 7151. Diese Maschine ist mit Sicherheit zu identifizieren.
Vors.:
Eines dieser beiden Schriftstücke ist verlesen worden. Sie sind textidentisch. Beim zweiten Asservat wird jetzt der wesentliche Inhalt durch Verlesen eingeführt.
Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren der wesentliche Inhalt des Schreibens an den Westdeutschen Rundfunk (beginnend[g]: „Alle Arten von Ungeheuern ...“, endend[h] mit: „... Rote-Armee-Fraktion“) festgestellt.
Vors.:
Danke. Ich glaube jetzt ... Verzeihung ...
[9842] Sachverst. Wi[ndhaber]:
... (spricht unverständlich) ...
Vors.:
Ja, in einem Arbeitsgang, Sie haben es bereits erwähnt. Danke. Ich glaube, jetzt, bevor wir hier weiterfortfahren, mit Ihren Angaben, wollen wir Herrn Sachverständigen Neumann bitten, sich zu äußern.
Der Sachverständige Neumann macht folgende Angaben zur Person:
Günther Neumann, 45 Jahre alt,
Kriminaltechnischer Spezialbeamter, bei der KTO Hamburg.
Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Was ist Ihr Spezialgebiet?
Sachverst. Neu[mann]:
Ich bin speziell auf dem Gebiet der Urkundenbegutachtung tätig.
Vors.:
Wir haben hier ein Asservat E 25 Schlafzimmer Pos. 231.4, ein Kohlebogen. Auch an Sie die Frage, ob Ihnen dieser Kohlebogen zur Entspiegelung, so heißt wohl der technische Ausdruck, vorgelegen hat. Und ob Sie den Text lesbar machen konnten. Wenn ja, würden wir Sie bitten, den Text zu charakterisieren. Wir übergeben Ihnen gleichzeitig mit derselben Bitte das Asservat E 37 Pos. E 215 - 219. Es handelt sich auch hier jeweils um Kohlebogen.
Dem Sachverständigen Neumann werden die Asservate E 25 Schlafzimmer Pos. 231.4 - Kohlebogen - und E 37 E 215 - 219 - Kohlebogen - vorgelegt.
Das Gericht nimmt die beiden Asservate in Augenschein.[16]
Die Verfahrensbeteiligten haben die Möglichkeit, am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Für die Verfahrensbeteiligten darf ich darauf hinweisen, die entsprechenden Gutachten finden sich mutmaßlich im Ordner 116, Blatt 153 und Ordner 84, Blatt 176 ff.
Sachverst. Neu[mann]:
Ja, zunächst einmal zu dem Asservat E 25 Schlafzimmer Pos. 231.4. Diese Kohlebogen habe ich untersucht. Und zwar unter Ausnutzung einer speziellen Belastungstechnik, zunächst mal fotografieren lassen, um den Text [9843] zu entziffern. Die Kohlebogen unterscheiden sich einmal darin, daß drei Kohlebogen mit der Aufschrift „Pelikan 1022 G“ interplastik vorlagen, ein Kohlebogen aus einem Schnellschreibsatz und zu diesen Asservaten eine[i] löschbare Notiztafel mitgeschickt wurde. Ich habe diese Kohlebogen zunächst einmal zur Untersuchung nummeriert. Die Pelikan-Kohlebogen 1 + 1a, 2 + 2a, 3 + 3a und den Schnellschreibsatz mit der 4 versehen. Ich konnte folgenden Text sichtbar machen ... soll ich das mal vorlesen, Herr Vorsitzender, den ganzen lesbar gemachten Text?
Vors.:
Uns interessiert nur das Kohleblatt, das Ihnen vorliegt, also die Nr. 4. Insoweit wären wir Ihnen allerdings sehr dankbar, wenn Sie uns den Text mitteilen.
Sachverst. Neu[mann]:
Nr. 4, das ist der Kohlebogen des Schnellschreibsatzes. Der Kohlebogen ließ folgenden Text erkennen:
„Alle Arten von Ungeheuern[j] werden besiegt werden“. Er beginnt: „Im Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Heidelberg sind gestern Abend, am Mittwoch den 24. Mai 72, drei Bomben mit einer Sprengkraft von 200 kg. TNT explodiert.
Vors.:
Wir würden bitten, daß Sie vielleicht den ersten Absatz voll bekannt geben und dann übergehen auf den Schlußabsatz.
Sachverst. Neu[mann]:
„Der Anschlag wurde durchgeführt, nachdem General Daniel James, Abteilungsleiter im Pentagon, am Mittwoch in Washington erklärt hatte: „Für die US-Luftwaffe bleibt bei Bombenangriffen in Vietnam künftig kein Ziel nördlich und südlich des 17. Breitengrades ausgenommen“.[17] Am Montag hat das Außenministerium von Hanoi die Vereinigten Staaten erneut beschuldigt, dichtbesiedelte Gebiete in Nordvietnam bombardiert zu haben“. Soweit der erste Abschnitt.
Vors.:
Und jetzt der letzte: „Wir fordern ...
Sachverst. Neu[mann]:
„Wir fordern die ...“ dann kann ich nichts entziffern. Es geht weiter „... in der Bundesrepublik und Westberlin auf, in ihrem politischen Kampf gegen den US-Imperialismus alle amerikanischen Einrichtungen zum Ziel ihrer Angriffe zu machen.“ Das wäre der Text zum Schnellschreibsatz 4.
Vors.:
Danke. Ist dieser Kohlebogen mehrfach benutzt worden?
Sachverst. Neu[mann]:
Dieser Kohlebogen ist nur einmal benutzt worden.
Vors.:
Sind da, zu diesem Bogen, zu diesem Asservat irgendwelche
[9844] Fragen? Sehe ich nicht. Dann können wir zu E 215 bis 219 kommen.
Sachverst. Neu[mann]:
Auch diese Kohlebogen habe ich fotografieren lassen und sie gekennzeichnet mit Ziffern[k] 1 bis 1.1 und 5 bis 5.1. Diese Kohlebogen lassen erkennen, daß sie für mehrere Schreibvorgänge benutzt worden sind. Sie enthalten überwiegend den gleichen Text. Zu Kohlebogen 1 und 1.1 konnte folgender Text erkannt werden: ...
Vors.:
Wir würden auch hier Sie vielleicht freundlicherweise bitten, daß Sie den 1. Absatz voll bekanntgeben und dann den Schlußteil wieder.
Sachverst. Neu[mann]:
Ist recht, ja. „Die beiden aus Buchstaben zusammengesetzten Bombendrohungen für den 2. Juni, für nächsten Freitag in Stuttgart[18] stammen nicht von der Roten-Armee-Fraktion. Die echten Erklärungen der Kommandos der Stadtguerillas sind in[l] ihrem Inhalt und ihren Formulierungen nach bei einem Vergleich mit anderen Veröffentlichungen der RAF leicht als authentisch zu identifizieren. Sie sind auf Schreibmaschinen geschrieben worden, die die Bullen schon kennen“. Soweit der 1. Absatz. Das Schreiben endet, geschrieben in Großbuchstaben: „Kampf den Faschisten! Zersplittert und zerschlagt die Kräfte des Imperialismus! Enteignet Springer! Rote-Armee-Fraktion 29. Mai 72“. Kohlebogen 2.1 bis 5.1, diese Unterlagen konnten nur bis zum oberen Drittel ausgewertet werden. Die anderen Teile waren unlesbar. Der Text beginnt: „Gestern, am Freitag den 19. Mai um 15.55[m] Uhr sind zwei Bomben im Springer-Hochhaus in Hamburg explodiert. Weil trotz rechtzeitiger und eindringlicher[n] Warnungen das Haus nicht geräumt worden ist, sind dabei 17 Menschen verletzt worden. Um 15.29 Uhr ist unter der[o] Nr. 3471 die 1. Warnung durchgegeben worden, mit der Aufforderung, das Haus wegen Bombenalarm binnen 15 Minuten zu räumen. Die Antwort war: Hören Sie auf mit dem Blödsinn ... Es wurde aufgelegt. Zweiter Anruf um 15.31 Uhr: Wenn sie nicht sofort räumen, passiert was fürchterliches.
Vors.:
Ja, wir könnten jetzt vielleicht den Schlußsatz ...
Sachverst. Neu[mann]:
Der Schlußsatz ...
Vors.:
Ab: „... zwei Telefonistinnen“.
Sachverst. Neu[mann]:
Heißt: „Springer ging lieber das Risiko ein, daß seine Arbeiter und die Angestellten durch Bomben verletzt [9845] werden als das Risiko ein paar Stunden Arbeitszeit ...“ Text nicht mehr zu erkennen. Kohlebogen 2 bis 5, in Großbuchstaben oben zu erkennen: „Alle Arten von Ungeheuern werden vernichtet werden. Mao[19].“ Und weiter: „an die Nachrichtenredakteure der westlichen Presse, soweit sie nicht Springer-Presse ist und der Rundfunkfernsehanstalten. Willi Brandt hat in seiner Fernsehrede am 2. Mai behauptet, für die Bombenattentate der[p] letzten Wochen gebe es keine einsehbare politische Begründung, das Leben Unschuldiger sei durch sie gefährdet worden. Der Bundeskanzler konnte mit diesen Behauptungen die Bevölkerung täuschen, weil die westdeutsche Presse die Erklärung der Stadtguerillas ...“.
Vors.:
Danke. Sind zu diesen Asservaten irgendwelche Fragen an den Herrn Sachverständigen? Ich sehe nicht. Soll der Herr Sachverständige vereidigt werden? Es wird kein Antrag gestellt.
Ein Antrag auf Vereidigung des Sachverständigen Neumann wird nicht gestellt.
Der Sachverständige Neumann bleibt gem. § 79 StPO[20] unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 11.07 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir wollen die Asservate jetzt gleich weitergeben an Herrn Sachverständigen Regierungsdirektor Windhaber mit der Bitte, sich zu äußern, ob sich[q] daraus irgendwelche Schriftvergleiche zu Maschinen ziehen ließen.
Dem Sachverständigen Windhaber werden die Asservate
E 25 Schlafzimmer/231.4
E 37 E 215 - 219
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Beschichtungen von ...
Just. Ass. Cle[mens]:
Bitte Mikrofon für den Herrn Sachverständigen einstellen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
... sind erkennungsdienstlich auszuwerten. Und zwar im Bezug auf die Schreibmaschinen, die zu ihrer Niederschrift benutzt worden sind. Und zwar handelt es sich bei diesen[r] Kohlepapierbogen mit der Kennzeichnung E 215-219. [9846] Und zwar sind die zusätzlich gekennzeichnet mit 1, 1.1, 2, 2.1, 3, 3.1 und das Kohlepapier Nr. 4, das soeben erwähnt worden ist und das aus der Position 2 ... aus E 25 stammt, diese 6 genannten Kohlepapiere, also 1 bis 5 aus E 37 und das mit 4 gekennzeichnete Kohlepapier aus E 25, diese 6 Kohlepapiere sind mit Hilfe der Schreibmaschine beschriftet worden, die im Zentralen Erkennungsdienst unter S, [s] 7151 registriert ist. Und diese Identifizierung mit Sicherheit, ein sicheres Urteil.
Vors.:
Danke. Wir kommen jetzt zu dem Gutachten mit der Bezeichnung 10 in unserer Aufstellung. Dazu das Asservat E 37 I E 214.2 und 3.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 37 1 2 214.2 und 3
vorgelegt.
Vors.:
Das Gutachten vom 21. Mai 73, in dem Aktenordner 121 Blatt 257.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, unter KT IV 2/8369/72. Diese beiden DIN-A-4-Blätter[t] sind mit Schreibmaschine beschriftet, und zwar trägt das eine Blatt mit der Kennzeichnung E 214-2 folgenden Text:
„Die Rote-Hilfe in Frankfurt hat die Anschläge gegen das Polizeipräsidium“ und so weiter ... Und endet mit: „... lebensnotwendig.“ Das zweite Blatt, mit der Kennzeichnung E 214-3, beginnt mit: „Was die Genossen als Vermittlungsproblem darstellen ...“ und endet mit: „... laufen wird[u], wenn sie“. Zur Niederschrift dieser beiden Texte ist mit Sicherheit die im Schreibmaschinenerkennungsdienst unter S 7151 erfaßte Schreibmaschine benutzt worden.
Vors.:
Auch hier mit Sicherheit?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Also auch ein sicheres Urteil.
Vors.:
Danke. Diese Asservate sind verlesen worden am 28.4. Danke. Das nächste Asservat ist ein Brief an die Westfälische Rundschau vom 28.5.72. Das entsprechende Gutachten findet sich im Ordner 122, Blatt 350.
Dem Sachverständigen wird ein Schriftstück „Brief an die Westfälische Rundschau vom 28.5.72“ vorgelegt. (beginnend: „An die Nachrichtenredakteure ...“)
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und dieses Gutachten trägt die Kennzeichnung KT IV 2/5889.
[9847] Vors.:
Vom 5.2.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, vom 5.2. Und dieses Schreiben an die Westfälische Rundschau Dortmund beginnt mit: „An die Nachrichtenredakteure der Westdeutschen Presse, soweit sie nicht Springer-Presse ist ...“ und endet mit: „Rote-Armee-Fraktion, 28. Mai 1972“. Dieses Schriftstück ist mit Sicherheit auf der Schreibmaschine geschrieben worden, die unter S 7151 erfaßt ist.
Vors.:
Verlesen ist das Asservat am 28.4. Danke. Wir kommen jetzt zu einem weiteren Brief. Gerichtet an die Frankfurter Rundschau vom 28.5.1972. Das entsprechende Gutachten in Ordner 122, Blatt 360. KT IV 2/3378.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück „Brief an die Frankfurter Rundschau vom 28.5.1972“ vorgelegt.
(Beginnend: „An die Nachrichtenredakteure ...“).
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Schreiben beginnt wiederum: „An die Nachrichtenredakteure der Westdeutschen Presse, soweit sie nicht Springer-Presse ist ...“ und endet mit: „Rote-Armee-Fraktion, vom 28. Mai 72“. Und dieses Schreiben ist gerichtet an die Frankfurter Rundschau, Redaktion, Große Eschenheimer Str. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist mit Sicherheit die Schreibmaschine unter der Kennzeichnung S 7151 benutzt worden.
Vors.:
Verlesen am 28.4. Danke. Die Nr. 13 ist bereits erledigt, sie ist zweimal aufgeführt, weil es sich hier um diese verschiedenen Schichten der Kohlebögen gehandelt hat. Wir fahren fort mit der Nr. 14, Brief der RAF vom 29.5.72, beginnend mit den Worten: „Die beiden aus Buchstaben ...“ gerichtet an die Frankfurter Rundschau ... Gutachten 122, Blatt 399, Ihre Nr. 3486 aus 72.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück Brief an die Frankfurter Rundschau vom 29.5.72 vorgelegt.
(beginnend mit: „Die beiden aus Buchstaben ...“).
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schreiben beginnt: „Die beiden aus Buchstaben zusammengestückelten Bombendrohungen ...“ und endet mit: „Rote-Armee-Fraktion, 29. Mai 72“. Zur Niederschrift dieser Durchschrift ist mit Sicherheit die Schreibmaschine benutzt worden, die unter S 7151 Zentralen Erkennungsdienst erfaßt ist[v].
Vors.:
Danke. Ebenfalls verlesen am 28. 4. Danke. Jetzt die Nr. 15. [9848] Ein Brief der RAF vom 29.5.72 an den „Stern“, mit demselben Text. Gutachten Ordner 122, Blatt 415/2 und 3.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück, Brief an „Stern“ v. 29.5.72, vorgelegt.
(beginnend mit: „Die beiden aus Buchstaben ...“).
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das bezieht sich auf mein Gutachten in KT IV 2/3715/72. Dieses Schreiben beginnt: „Die beiden aus Buchstaben zusammengestückelten Bombendrohungen ...“ Und endet mit: „Rote-Armee-Fraktion, 29. Mai 72“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist wiederum die unter S 7151 erfaßte Schreibmaschine benutzt worden. Und das Werturteil lautet auch wiederum: Mit Sicherheit.
Vors.:
Danke. Sie werden bemerken, daß das ein Originalschreiben ist?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja.
Vors.:
Kann man aus Ihrer Sicht sagen, daß das das Original sein könnte zu dem vorhergehenden Asservat?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, da müßte ich ...
Vors.:
Wir wollen Ihnen das nochmal übergeben.
Dem Sachverständigen wird nochmals das Schriftstück Brief[w] an die Frankfurter Rundschau - vom 29.5.72[x] übergeben.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, das ist ... ist wiederum in einem Schreibakt entstanden. Das heißt, die Durchschrift von dieser Originalschrift. Ein Schreibakt, oder einem Einspannvorgang in der Maschine.
Vors.:
Danke.
Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren der wesentliche Inhalt des Orig.[y] Schreibens an den „Stern“ v. 29.5.72 festgestellt.
(beginnend mit: „Die beiden aus Buchstaben...“).
Vors.:
Danke. Das Gutachten Nr. 16 ist bereits erledigt. Auch bei der Nr. 9, auch hier handelt es sich um ein Gutachten zu dem Text der Kohlebögen. Wir können jetzt übergehen zu der Nr. 17. Hier liegt vor ein Schreiben vom 16.5.72 an „dpa Hamburg“ vom „Kommando Thomas Weisbecker“. Ordner 121, Blatt 46.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück „Schreiben an DPA-Hamburg v. 16.5.72“ vorgelegt.
(beginnend mit: „Am Freitag, den 12.5.72 hat das...“.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schriftstück beginnt mit: „Am Freitag, den [9849] 12. Mai 72, hat das „Kommando Thomas Weisbecker ...“ und endet mit: „16. Mai 1972, Rote-Armee-Fraktion“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist eine Schreibmaschine benutzt worden, die mit Schriftart Prysell ausgestattet ist. Und soweit im Schreiben Merkmale zum Ausdruck kommen, zur kriminaltechnischen Auswertung, kann ich dazu sagen, daß diese Maschine erkennungsdienstlich nicht zu erfassen ist und aus diesem Grunde auch nicht zu identifizieren.
Richter Ma[ier]:
Herr Sachverständiger, wir haben bereits bei dem ersten Asservat E 34 I 5 Pos. 132 eine Schattenschrift Prysell ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Aus Lörrach.
Richter Ma[ier]:
Es handelt sich hier ebenfalls um eine ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ebenfalls um eine Schattenschrift Prysell.
Richter Ma[ier]:
Dasselbe System aber nicht notwendigerweise dieselbe Maschine.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, das heißt, sie ist nicht zu identifizieren. Systemmäßig ja, haben wir die Übereinstimmung.
Richter Ma[ier]:
Danke.
Vors.:
Wir kommen jetzt zu 18. Hier haben wir das Asservat E 25 Schlafzimmer Pos. 198 f und g. Gutachten Ordner 118, Seite 5.59 ff.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 25 Schlafzimmer Pos. 198 f und g
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich habe hier vermerkt, in meinem Gutachten bekanntgegeben, daß das 31 Blatt, ja, mit Deckblatt sind es 31. Das 31 Blatt umfaßende Original- und maschinenschriftlich vorliegende Schreiben „Rote-Armee-Fraktion, das Konzept Stadtguerilla“, sowie die zur Niederschrift „Anweisungen für den Satz“ und zwar mit Fliessatz 10, und endet „reichlich Zeilenabstand“ und gekennzeichnet mit E 25 Schlafzimmer 198g. Zu dieser Beschriftung dieser beiden Schriftstücke, also Manuskript und „Anweisungen für den Satz“, ist eine Schreibmaschine benutzt worden, und zwar mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad festgestellt, die im Schreibmaschinenerkennungsdienst unter[z] 7193 S erfaßt ist.
Vors.:
Eine Maschine zu dieser Schrift scheint nicht vorzuliegen?
[9850] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Nein habe ich nicht. Die Maschine ist nicht bekannt. Das heißt ihr Standort.
Vors.:
Danke.
Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren von dem Asservat E 25 Schlafzimmer Pos. 198 f der wesentliche Inhalt festgestellt.
Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 11.23 Uhr den Sitzungssaal.
Vors.:
Danke. Wir kommen damit zu dem nächsten Gutachten Nr. 19, Asservat C 6.4.2 Pos. 116. Ordner 171/2 Blatt 116.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
C 6.4.2 Pos. 116
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das bezieht sich auf das Gutachten KT IV 2 4082/72. Dieses Schreiben beginnt mit: „Liesel, Sack, Hut, Befehl ...“ und endet mit: „Hat dies ne Funktion und lange sowieso nicht“. Zur Niederschrift dieses Schriftstückes ist eine elektrische IBM-Schreibmaschine benutzt worden und zwar mit einem Typenkopf, Kugelkopf, der die Schrift dual gotic trägt. Und diese Schreibmaschine ist erfaßt unter T 7234. Diese Schreibmaschine ist aber nicht bekannt. Das heißt, ich habe keine Zusammenhänge, erkennungsdienstliche, und auch nicht natürlich der Standort.
Vors.:
Danke.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ein einmaliges Schreiben, das erfaßt ist.
Vors.:
Wir kommen zu dem Gutachten Nr. 20. Ein Schreiben mit dem Beginn „Wer mordet? In Augsburg, Frankfurt, München, Karlsruhe“ und so weiter ... unterschrieben: „Die Anarchisten Hamburg“. Gutachten findet sich in Ordner 121, Blatt 18. Darf ich den Prozeßbeteiligten folgenden Hinweis geben: Wir wollen versuchen, da ja die Anhörung des Herrn Sachverständigen sich doch sehr rasch abwickeln läßt, vielleicht nachher noch mit einer kleinen Pause noch vor der Mittagspause zwischenrein ihn heute noch vollends zu Ende anzuhören.
Heute Nachmittag ist allerdings noch eine Verlesung vorgesehen. Es könnte sein, daß wir jetzt, wenn es zeitlich noch reinpaßt, noch kurz vor der Mittagspause nochmals eine kleine Pause dazwischen legen, danke.
Dem Sachverständigen wird das Schriftstück, beginnend „Wer mordet? In Augsburg, Frankfurt, München, Karlsruhe ...“
[9851] und endend „Die Anarchisten Hamburg“, vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Dieses Schriftstück ist im Gutachten KT IV 2 3407/72 begutachtet worden. Und zwar handelt ... beginnt dieses Schreiben mit: „Wer mordet? ...“ und endet mit „... sei es im Westen oder im Osten“. Diese Schreibmaschine ist erfaßt im Erkennungsdienst unter der Kennzeichnung T, 72140. Die erkennungsdienstliche Auswertung ergibt keine Anhaltspunkte auf da - Zusammenhänge. Das heißt, daß Schriftstücke unter dieser Nummer im Erkennungsdienst erfaßt wären. Dazu kann ich noch sagen, daß hier desgleichen Standort und die Maschine nicht bekannt ist.
Bundesanwalt Dr. Wunder erscheint wieder um 11.27 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Dieses Schriftstück ist verlesen worden am 28.4. Die Frage ist, ist es den Prozeßbeteiligten angenehm, wenn wir jetzt eine kurze Pause machen würden? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender, wenn es möglich ist, würde ich nach der Pause eine verfahrenserhebliche Erklärung abgeben, beziehungsweise einen Antrag stellen.
Es wäre nur kurz.
Vors.:
Das ist möglich, wir haben also so viel Zeit heute sicher.
Wir werden uns in 10 Minuten hier wieder treffen. Bitte um 40 wieder hier zu sein.
Pause von 11.28 Uhr bis 11.36 Uhr.
Ende des Bandes 558
[9852] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.36 Uhr
Oberstaatsanwalt Holland ist nicht mehr anwesend[aa].
Vors.:
So, wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, ich darf Ihr Einverständnis voraussetzen, daß wir zunächst vollends die Anhörung des Herrn Sachverständigen abschließen, sie wird schätzungsweise höchstens noch 15-20 Minuten in Anspruch nehmen, und Ihnen dann Gelegenheit geben, noch vor der Mittagspause die Erklärung abzugeben.
BA Dr. W[under]:
Ich bin einverstanden.
Vors.:
Dankeschön. Wir kommen dann zu dem Gutachten 21.
Dem Sachverständigen Windhaber werden die
Asservate
Meinhof Material Pos. VIII/20
Meinhof Material Pos. II/1 - 6
Ensslin Material Pos. II/27/3-4
Baader Material Pos. 11 und 16.1 u. 2
vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Schriftstück mit der Kennzeichnung VIII/20, grüne Kennzeichnung, ja, beginnt mit: „Über Theorie - Studium, Schulung, Marxismus“, und endet mit: „... zu dem übrigen paßt, ist gut, wenn erstmal nicht, macht man es auch.“ Dieses Schriftstück ist mit Wahrscheinlichkeit zuzuordnen jener Schreibmaschine, die im zentralen Erkennungsdienst unter U 7321 erfaßt ist. Es handelt sich bei dieser Maschine um die Präsident de Luxe“, die in Ossendorf sichergestellt worden ist.
Oberstaatsanwalt Holland erscheint wieder um[bb] 11.37 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Ich darf noch die Prozeßbeteiligten darauf hinweisen, Ordner 124 Blatt 423/46 ff. Jetzt könnten wir zur Pos. II/1-6 und II/27/3-4 kommen.
Reg. Dir. Widera verläßt um 11.37 Uhr den Sitzungssaal.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und zwar handelt es sich hier mit der Schrift: „t“[cc] wiederum „mit Durchschlag A“. Und zwar betrifft es die Position II/1-6. Und bei der zweiten Position II/27/3 und 4, 5, 6. Und zwar handelt [9853] es sich hier bei diesen Schriftstücken um die Schreibmaschine 7351, die „Olivetti Dora“, die sich im Besitze von Ensslin befindet.
Vors.:
Sicherheitsgrad?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, [dd] hier ist es ein Sicherheitsurteil.
Vors.:
Dankeschön. Jetzt kämen wir noch zu dem Baader-Material Pos. 11 und 16.1.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das beginnt: „Das Schema kann sich nur entwickeln, wie sich die Schulung/Information usw.“ und endet mit: „... teilig gelesen wird, IST EI...“ Und das zweite mit 16.1 und 16.2. Da war noch ein Blatt 16.2, Rückseite. Dieses Schreiben beginnt: „Das ist so ein Entwurf zu einem Informationsprogramm“ und endet: „Publikationen der Organisationen, die kämpfen, Ausland, die Basisspekulationen hier.“ Diese beiden Schriftstücke mit der Kennzeichnung Pos. 11 und 16.1 und 16.2 stammen wahrscheinlich von der „Olivetti Lettera“[ee] 32, die im Erkennungsdienst unter V 7408 registriert ist. Und hier ist wiederum bei dieser Maschine, das habe ich eingangs ja schon erwähnt, die Baader-Maschine, d.h. ein Wahrscheinlichkeitsurteil.
Vors.:
Sie haben jetzt „wahrscheinlich“ gesagt. In Ihrem schriftlichen Vorgutachten Blatt 423-50 ist von „sehr wahrscheinlich“ die Rede. Ist das ein Unterschied?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ich sage ein Wahrscheinlichkeitsurteil.
Vors.:
Diese Urkunden, die soeben jetzt Gegenstand des Gutachtens waren, sind gestern verlesen worden. Wir kommen jetzt zum 22. Gutachten.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
H 4/74 III/5/2/65 Pos. 13 vorgelegt.
Vors.:
Das entsprechende Gutachten Ordner 124 Blatt 512.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das bezieht sich ja auf das Gutachten mit dem Kennzeichen KT IV 1 1244/74.
Vors.:
Richtig, ja. Und 2783/74, jedenfalls hier noch aufgeführt. Aber es ist die Nummer, die Sie angeben.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und zwar beginnt dieses Schreiben: „Eure Sache, aber ich denke a) ...“ und da sind drei Blätter und endet: „Können die Argentinier ...“ Und das bezieht sich auf die Asservat-Kennzeichnung H 4/74 III/5/2/65 Pos. 13.0 - 13.2. Und diese drei Blatt sind auf der Schreibmaschine geschrieben worden, die im Erkennungsdienst erfaßt ist unter V 7408. Das ist wiederum die [9854] Maschine, die wir vorher gerade gehabt haben, Baader-Maschine und ein Wahrscheinlichkeitsurteil.
Vors.:
Auch hier nur ein Wahrscheinlichkeitsgrad, wie Sie sagten. Wir kommen jetzt zum 23. Gutachten.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
H 4/74 III/5/2/65 Pos. 14 vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die Kennzeichnung H 4/74 III/5/65 Pos. 14 und bezieht sich auf das Gutachten KT IV 2 1628. Es sind hier wiederum drei Blatt, Maschinenschrift. Beginnt mit: „Hör ma Vorschläge ...“, und endet mit: „euch ein Konzept entwickeln“. Diese maschinenschriftlichen Aufzeichnungen sind wahrscheinlich auf der Reiseschreibmaschine „Olivetti Lettera“ entstanden, die im Erkennungsdienst unter V 7408 erfaßt ist.
Vors.:
Vielen Dank.
Reg. Dir. Widera erscheint um 11.45 Uhr wieder[ff] im Sitzungssaal.
Dem Sachverständigen wird die Schrift aus Ordner 118 Bl. 7.1 - „Die Aktion des Schwarzen September in München“ - „Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes“[21] - vorgelegt, mit der Bitte, sich auch hierzu zu äußern.
Vors.:
Diese Schrift wurde am 18.3. im Prozeß verlesen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Die maschinenschriftlichen Teile dieser RAF-Schrift „Den antiimperialistischen Kampf führen“ und die Schriftproben der „Carola“-Schreibmaschine, die dem Erkennungsdienst unter V 7429 erfaßt ist, stimmen sowohl in den Systemelementen, als auch in den Typeneffekten zweifelsfrei überein.
Es besteht somit kein Zweifel darüber, daß diese maschinenschriftlichen Teile der RAF-Schrift auf dieser Schreibmaschine geschrieben worden sind.
Vors.:
Vielen Dank. Wir kommen zum 25. Gutachten.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
E 25 Wohnzimmer Pos. 62 -Briefkuvert-
vorgelegt.
Vors.:
Hier geht’s nun wohl um einen anderen Gutachterauftrag, nicht um einen Maschinenschriftenvergleich. Das Gutachten findet sich dazu in Ordner 122 Blatt 350/3
[9855] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Zu diesem Asservat ist das Gutachten erstattet worden KT IV 1-7510/73. Ich hatte zur kriminaltechnischen Auswertung ein Briefumschlagsfragment bekommen, das in Hamburg, Ohlsdorferstraße, asserviert worden ist, und dazu hatte ich in der Sammlung verschiedene Briefhüllen, in welchen RAF-Schreiben zum Versand gebracht worden sind. Und zwar bezieht sich das auf: Versand der Süddeutschen Zeitung München, Frankfurter Rundschau, DPA[gg] Hamburg, Tagesspiegel in Berlin, Saarländischer Rundfunk, Stern in Hamburg und Westfälische Rundschau in Dortmund. Ich konnte auf dem Briefhüllenfragment eine 1,- DM Marke vorfinden, aufgeklebt, desgleichen einen Aufkleber „Eilzustellung“ und weiterhin hatte ich unter meinen Asservaten im Erkennungsdienst eine Briefhülle, und zwar einen Umschlag an die Westfälische Rundschau, die auch eine 1,- DM Briefmarke hatte und einen Eilzustellungsaufkleber. Über diese beiden Marken konnte ich über absolut übereinstimmende Trennspuren im Bezug auf die Perforationsseiten der Marken, über diese absolute Übereinstimmung den sicheren Beweis führen, daß die beiden 1,- DM Marken und die beiden Eilzustellaufkleber, die sich einerseits auf der Briefhülle an die Westfälische Rundschau befand, ja, im Erkennungsdienst war, und daß jene Marken, die sich auf dem Briefhüllenfragment aus der Ohlsdorferstraße befunden haben, daß diese Marken[hh] ursprünglich Nachbarmarken waren, d.h. auf einem und demselben Bogen, als Nachbarmarke.
Vors.:
Das wird sicher unter dem Mikroskop ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, ich habe ja Aufnahmen dazu, Lichtbilder gefertigt. Sind die nicht hier?
Vors.:
Ja, wir haben sie hier. Die sind im Ordner enthalten Blatt 350/8 und 9. Nein, wir wollten bloß die Methode bestätigt haben, daß das durch mikroskopische Vergleiche hergestellt worden ist, nicht etwa bloß mit dem Vergrößerungsglas und dergleichen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Genau. Eine mikroskopische Auswertung der Trennspuren. Es ergeben sich dort Ergänzungen über Papiereinrisse, Papierabspaltungen, die ganz wesentlich sind, flachgespalten vor der Rückseite, und darin eine absolute Ergänzung. Daher ursprünglich ein Stück ... einer Nachbarmarke, die mit der Perforation verbunden ist.
Vors.:
So daß also nicht nur in der Draufsicht, sondern auch in der Seitensicht verglichen wird. Dankeschön.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Vorder- und Rückseite.
Vors.:
Dazu weitere Fragen? Herr Rechtsanwalt Schnabel, bitteschön.
[9856] RA Schn[abel]:
Herr Sachverständiger, Sie haben sich bislang als Sachverständiger für Schreibmaschinenschriften hier eingeführt. Könnten Sie mir sagen, wie Sie irgendwelche fachliche Qualifikationen für Feststellungen von entsprechenden Briefmarkentrennungen oder sonst etwas mitbekommen haben, wie, wann und wo?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Und zwar, Kriminaltechnik befaßt sich in der Urkundenprüfung ja nicht nur, da will ich ja darauf hinweisen, das ist also nicht nur mein Aufgabengebiet, Schreibmaschinenschriften auszuwerten. Ich befasse mich gleichzeitig mit der Auswertung von Druckerzeugnissen und zudem allgemein mit der Urkundenprüfung. Ob es jetzt Reisepässe sind oder Personalausweise, Führerscheine usw., also mit der gesamten Arbeit, die in Frage kommt auf dem Sektor Urkundenprüfungen. Und diese Trennspurenvergleiche kommen sehr oft vor in der Kriminaltechnik, d.h., werden sehr oft ausgewertet. Und[ii] zwar nur allein die Feststellung darüber, ob ein Blatt aus diesem Block herrührt, oder ob ein Teil des Bogens, der getrennt worden ist, im Briefschreiben, ursprünglich ein Bestandteil von einem DIN A 4 Blattes oder-3 Blattes war. Und daher die kriminaltechnische Auswertung der Trennspuren, das ist sogar ein großes Gebiet, mit dem ich mich befasse, seit etwa 25 Jahren schon.
RA Schn[abel]:
Was die Trennspuren jetzt anbelangt bei Briefmarken, die ja perforiert sind, ist ja etwas schon vorgegeben im Gegensatz zu irgendwelchen Papieren, die man eben willkürlich zerreißt ...
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, Sie meinen, durch die Perforation, daß da eine vorgegebene Spur ist ...
RA Schn[abel]:
Ja bitte, dürfte ich noch die Frage stellen. Wie groß sind denn die Wahrscheinlichkeiten und die Möglichkeiten bei einer Briefmarke, die vielleicht 20 oder 25 Zacken auf der Perforationsspur hat, daß dann noch typische Merkmale bei der Perforationstrennung vorhanden sind, die eine Identifikation ermöglichen?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, diese Merkmale wird der Trenner selbst verursachen, d.h., je nachdem, wie er die beiden Marken hält und in welcher Richtung er trennen will. Und dadurch ist die unterschiedliche Ausbildung der Trennspuren bedingt. Und Sie können es nicht schaffen, eine gleiche Trennspur hinzukriegen, wenn Sie einmal durchreißen die Marke, also ziehen. Ob Sie stark ziehen, schwach ziehen, welche Lage, es werden immer andere Spuren auftreten.
RA Schn[abel]:
Soll das heißen, daß trotz vorgegebener Perforation jede Trennspur individuell typisch ist?
[9857] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Ja, charakteristische Spuren auftreten.
RA Schn[abel]:
Danke.
Vors.:
Herr Berichterstatter, bitteschön.
Richter Ma[ier]:
Herr Sachverständiger, Sie sagen, Sie hatten das verglichen mit einer Briefhülle an die Westfälische Rundschau. Zu welchem Schreiben war diese Hülle Ihnen vorgelegt worden. Könnte man das näher konkretisieren?
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das müßte ich mal sehen, Moment, ob ich das hier habe. Das bezieht sich auf das Gutachten KT IV 2 5889/72.
Richter Ma[ier]:
Das haben wir heute schon einmal gehabt. Das war ein Brief der RAF an die Nachrichtenredakteure usw. vom 28.5.1972.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Brief, ja, an die Rote Armee Fraktion vom 28.5.1972 an die Westfälische Rundschau in Dortmund. Und dieser Vorgang ist zugeleitet worden mir von München. Und ist in meinem Gutachten 5889/72[jj] behandelt, in dem ich bekannt gebe, das Schreiben an die Redaktion der Westfälischen Rundschau in Dortmund stammt zweifelsfrei usw. von dieser Maschine, die unter S 7151 registriert ist.
Und dazu gehört diese Briefhülle.
Vors.:
Dankeschön.
Dem Sachverständigen wird das Asservat
H 4/74 II/5/ 221.1 vorgelegt.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das ist ein Schreiben, 14 Seiten. Dieses Schreiben stammt wahrscheinlich von der im ED unter V 7478 erfaßten „Elite“ Schreibmaschine, die in Frankfurt, Mainfeldstraße 23, sichergestellt wurde.
Vors.:
Dankeschön. Und jetzt kämen wir zum letzten Gutachtenauftrag, der Ihnen schriftlich noch übermittelt worden ist und den Prozeßbeteiligten mitgeteilt worden ist.
Dem Sachverständigen werden die Asservate
Baader-Material Pos. 7/1
Meinhof-Material Pos. XV/21, 27 und 28
vorgelegt.
RA Schn[abel]:
Herr Vorsitzender, nur eine Frage?
Vors.:
Bitte, Herr Rechtsanwalt.
RA Schn[abel]:
Sowohl bei diesem als auch bei den letzten zwei Gutachten finde ich auf der Terminsverfügung keine Positionen. Könnten Sie mir sagen, wann das irgendwann uns zugestellt wurde. Vielleicht ist das [9858] bei mir verloren gegangen.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, nein, nein, ich habe in der Sitzung darauf hingewiesen, daß hier entsprechende Schreiben an den Herrn Sachverständigen ergangen sind. Ich habe darauf hingewiesen zu dem letzterstatteten Gutachten, daß es sich nicht in den Akten befände. Ich habe die Fundstellen der übrigen Gutachten genannt. Ich habe mitgeteilt, daß wir hier dem Herrn Sachverständigen diese Materialien, die er soeben übergeben erhalten hat, zuleiten mit der Bitte, hier noch mündlich sein Gutachten zu erstatten. Mehr konnten wir nicht tun, da wir das Gutachten selbst ja auch nicht hatten. Das ist also mitgeteilt worden, ich glaube vor 8 Tagen.
RA Schn[abel]:
Ja sicher, ist das aber richtig, wenn ich davon ausgehe, daß ich bislang davon weder das Material gesehen habe noch den Brief, der an den Herrn Sachverständigen abging.
Vors.:
Das ist falsch, denn das Material ist eingeführt worden gestern und vorgestern. Nein, gestern war es gewesen. Es ist verlesen worden und in übrigen es befindet sich in den Akten in Ablichtungen.
RA Schn[abel]:
Sie sagten doch eben, es würde sich nicht ... Es geht ja um das letzte. Sie haben eben gesagt, es würde sich nicht in den Akten befinden.
Vors.:
Das Gutachten wird mündlich erstattet. Es ist erbeten worden durch ein Schreiben, das ich bekanntgegeben habe. Es heißt: „In oben bezeichneter Sache bitte ich noch um die Erstattung eines Gutachtens über die Maschinenschrift in dem Asservat Baader-Material 7/1 1.f und Meinhof Material XV 21, 27 und 28,“ das habe ich bekanntgegeben. Der Herr Sachverständige ist gebeten worden, hier sein Gutachten dann mündlich vorzutragen. Sie haben also insofern Recht, das Gutachten ist nicht bei den Akten.
RA Schn[abel]:
Ja, ja, das meinte ich. Danke.
Vors.:
Auch für uns nicht zugänglich gewesen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Das Schriftstück mit der Kennzeichnung grün 7/1, Rückseite 7/1.2 stellt eine Elektrokopie dar, also kein Original oder Durchschrift und ist dementsprechend schwierig auszuwerten, und zudem befinden sich in dem Schriftbild kaum Merkmale zur Erfassung der Maschine, d.h. kurz gesagt, daß dieses Schriftstück weder in Bezug auf die Maschine zuzuordnen ist, noch erkennungsdienstlich daher auszuwerten.
Vors.:
Ja, danke. Zur Unterrichtung der Prozeßbeteiligten, das war also das Asservat aus den Baader-Materialien. Und dann haben wir Ihnen noch übergeben die drei Schriftstücke aus den Meinhof-Materialien.
[9859] Sachverst. Wi[ndhaber]:
Hier handelt es sich um Schriftstücke, die grün gekennzeichnet sind mit XV/21, XV/27 und XV/28.
Vors.:
Ich darf darauf hinweisen, gestern wurden diese Asservate verlesen.
Sachverst. Wi[ndhaber]:
Zur Niederschrift dieser drei Schriftstücke ist die Schreibmaschine benutzt worden, die im Schreibmaschinenerkennungsdienst unter U 7321 erfaßt ist und zwar handelt es sich bei ihr um die „Präsident De Luxe“, die in Ossendorf steht; und hier ein Wahrscheinlichkeitsgrad wiederum.
Vors.:
Diese Maschine U 7321 ist ja bereits mehrfach von Ihnen jetzt im Gutachten schon erwähnt worden.
Sämtliche dem Sachverständigen Windhaber vorgelegten Asservate und Schriftstücke wurden vom Gericht in Augenschein genommen.[22]
Die Verfahrensbeteiligten hatten die Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Dankeschön. Wir wären damit am Ende der Fragen an den Herrn Sachverständigen. Sind weitere Fragen an den Herrn Sachverständigen? Ich sehe nicht. Wird ein Antrag auf Vereidigung gestellt? Auch das nicht.
Ein Antrag auf Vereidigung des Sachverständigen Windhaber wird nicht gestellt. Der Sachverständige Windhaber bleibt gem. § 79 StPO unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 12.02 Uhr entlassen.
Der Sachverständige Windhaber übergibt noch seine Aussagegenehmigung[23] dem Gericht. Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.
Vors.:
Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, Sie hatten ums Wort gebeten.
BA Dr. W[under]:
Nachdem die Voraussetzungen der §§ 154 Abs. I und 154a Abs. I der StPO[24] gegeben sind, stelle ich hiermit den Antrag und rege an:
Das Verfahren gegen die Angeklagten Baader, Ensslin und Raspe insoweit abzutrennen, als es folgende noch nicht in der Hauptverhandlung behandelte Straftaten zum Gegenstand hat.
1. Überfälle auf die drei Bankinstitute in Berlin am 29. September 1970 unter der Ziffer I. B 1 der Anklageschrift.
[9860][25] [9861] 2. Einbrüche in die Gemeindeverwaltungen von Neustadt am Rübenberge und Lang Göns am 16. und 21. November 1970, I B 2 der Anklageschrift.
3. Vorbereitung von Banküberfällen in Gladbeck, Nürnberg und Oberhausen im November 1970, I A 3 der Anklageschrift.
4. Banküberfälle in Kassel am 15. Januar 1971, I A 2 a der Anklageschrift.
5. Banküberfall in Kaiserslautern am 22. Dezember 1971, I A 2 a und b der Anklageschrift.
6. Versuchter Mord in Köln-Niehl am 17. Januar 1972, I C 2 der Anklageschrift.
Hinsichtlich dieser Anklagepunkte beantrage ich die vorläufige Einstellung gem. § 154 Abs. II der StPO. Einer einstweiligen Beschränkung der Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat und der Gesetzesverletzungen nach § 154a Abs. II StPO würde zugestimmt werden.
Ich möchte ausdrücklich folgende Bemerkung anschließen, daß dieser Schritt nicht durch den Tod von Frau Meinhof ausgelöst worden ist. Ich hatte entsprechende Prüfungen bekanntlich schon am 4. Mai 1976 hier in der Sitzung in Aussicht gestellt. Dankeschön.
Vors.:
Ich danke auch. Es ist Gelegenheit gegeben, will sich jemand sogleich dazu äußern? Ich sehe nicht. Es ist ein sehr bedeutsamer Antrag, der für die Gestaltung des weiteren Verfahrens entscheidende Bedeutung gewinnen kann. Der Senat möchte sich dazu natürlich auch seine Gedanken noch machen. Wir werden uns so bald wie möglich dazu äußern. Jetzt treten wir in die Mittagspause ein. Wir setzen um 14 Uhr fort mit Verlesungen. Die Mittagssitzung wird mit Sicherheit nicht länger als bis etwa 15.15 Uhr maximal dauern, möglicherweise ist sie gegen 15 Uhr schon beendet.
Pause von 12.06 Uhr bis 14.05 Uhr
Ende von Band 559
[9862] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.05 Uhr
Rechtsanwalt Künzel ist nicht mehr anwesend[kk].
Vors.:
Wir können die Sitzung fortsetzen.
Die Verteidigung ist gewährleistet. Von den Herrn Pflichtverteidigern Dr. Heldmann und Herrn[ll] Rechtsanwalt Schily fehlt weiterhin jede Erklärung darüber, warum sie heute ausbleiben; an sich für Pflichtverteidiger ein absolut pflichtwidriges Verhalten,[26] das jederzeit Konsequenzen[27] rechtfertigen würde, die lediglich im Augenblick deswegen nicht ins Auge gefasst werden, weil der ordnungsgemäße Verfahrensablauf dadurch nicht mehr beeinträchtigt werden kann, dadurch, daß die vom Gericht bestellten Herrn Verteidiger ihren Pflichten regelmäßig und pünktlich nachkommen.
Wir setzen die Sitzung mit der Verlesung des Urteils Ruhland fort. Bitte, Herr Dr. Breucker.
Richter Dr. Breu[cker]:
Gemäß § 249 StPO wird in Urkundenbeweisverfahren das Urteil des OLG Düsseldorfs vom 15.3.1972, - AZ: IV 12/71 - gegen Karl-Heinz Ruhland[28] ab B Seite 8 bis Seite 17 „... Überfallobjekte aus“ verlesen.[29]
Das Urteil befindet sich im Ergänzungsband Urteile I. 1 Bl. 55 ff.
Während der Verlesung:
Oberstaatsanwalt Zeis und Regierungsdirektor Widera verlassen um 14.06 Uhr den Sitzungssaal.
Rechtsanwalt Schlaegel erscheint wieder um[mm] 14.14 Uhr im Sitzungssaal.
Die Verlesung wird dann wie folgt unterbrochen:
Vors.:
Ich muß um eine kurze Unterbrechung bitten. Es melden sich hier die Herren Rechtsanwälte Dr. Heldmann und Schily, allerdings mit einem Schreiben vom gestrigen Tage, wo sie sich - geht heute ein - entschuldigen, weil sie dringende Mandantengespräche haben. Das[nn] gilt also nur für gestern.
[9863] Es ist ein Antrag damit verbunden auf Unterbrechung für 10 Tage, über den ich sofort einen Bescheid geben möchte.
Ich bitte also um eine kurze Pause, die jetzt geschwind eingelegt werden wird. Ich darf noch darauf hinweisen, wir beabsichtigten dieses Urteil hier zu Ende zu verlesen. Der Senat beabsichtigt dann einen Beschluß zu verkünden, betreffend einen Beweisantrag der Verteidigung; und sofern noch Äußerungen dann zu dem heute früh gestellten Antrag beabsichtigt sind, würden die entgegengenommen. Der Senat selbst beabsichtigt gleichfalls sich dazu noch zu äußern.
Ich bitte also jetzt um 10 Minuten Pause.
Bitte, Herr Rechtsanwalt Schwarz.
RA Schw[arz]:
Herr Vorsitzender, ich[oo] wäre dankbar, wenn, bevor der Senat über diesen Antrag, den Sie eben erwähnen, entscheidet, wir wenigstens Gelegenheit hätten zur Kenntnis zu nehmen, worauf dieser Antrag gestützt wird.
Ich glaube als ... Der Antrag wird ja für den Angeklagten gestellt und nicht für den Verteidiger, so daß es vielleicht zweckmäßig wäre, wenn wir auch davon Kenntnis hätten.
Vors.:
Das ist an sich richtig. Es ist nur, sagen wir mal, der Antrag so direkt gerichtet im Zusammenhang mit den Obduktionsbefunden von Frau Meinhof.[30] Es werden Dinge daran angeknüpft, für die der Senat überhaupt nicht zuständig ist, so daß [pp] also vorweg wohl die Pause nicht all zulange dauern wird, um diesen Antrag zu bescheiden. Das ist der Grund, warum ich zunächst mal ..., aber ganz allgemein heißt es also hier, „wir beantragen, 1. uns das Obduktionsgutachten von Herrn Prof. Rauschke, treffend Leichenöffnung Ulrike Meinhof, das dem Senat gem. seinem Beschluß vom 11.5.76 vorliegt - trifft nicht zu - in Fotokopie zuzusenden oder uns zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen; 2. die Berichte über die ergänzenden Untersuchungen, unter anderem toxikologische Untersuchungen beizuziehen und uns zur Einsicht überlassen. 3. die graphischen und fotografischen Aufzeichnungen über den Leichenfundort beizuziehen, uns zur Einsicht zu überlassen; 4. die Hauptverhandlung - mit Rücksicht darauf - für die Dauer von 10 Tagen zu unterbrechen.
Ich habe es hier schon in der Sitzung[qq] klargemacht, daß der Senat mit den Vollzugsangelegenheiten, auch mit dem Todesfall von Frau Meinhof nicht befasst ist; er ist nicht zuständig gewesen. Frau Meinhof ist Strafgefangene gewesen,[31] also geht der Antrag völlig an die unzuständige Stelle[32] und lässt sich relativ leicht beantworten; deswegen bedarfs nur einer kurzen Pause. Ich bitte also nochmals zur Kenntnis zu nehmen, im [9864] Anschluß an die Verlesung werden dann noch einige Dinge zu klären sein. Die Verhandlung wird trotzdem nicht länger dauern, als wir sie heute früh angekündigt haben.
Pause von 14.22 Uhr bis 14.31 Uhr
Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:
Oberstaatsanwalt Holland ist nicht mehr anwesend.
Vors.:
Wir können die Sitzung fortsetzen.
Bitte, Herr Dr. Breucker.
Die Verlesung des Urteils gem. § 249 StPO - Urteil gegen Karl-Heinz Ruhland des OLG Düsseldorf vom 15.3.1972 - wird daraufhin ab Seite 17 „Schon Anfang September ...“ bis Seite 44 „... nicht beendet worden.“ fortgesetzt und beendet.
Während der Verlesung:
Oberstaatsanwalt Holland erscheint wieder[rr] um 14.33 Uhr wieder im Sitzungssaal.
Oberstaatsanwalt Zeis erscheint um 14.46 Uhr im Sitzungssaal für ½ Minute.
Oberstaatsanwalt Zeis erscheint wieder um[ss] 14.48 Uhr im Sitzungssaal.
Oberstaatsanwalt Holland verlässt um 14.48 Uhr den Sitzungssaal.
Richter Dr. Breu[cker]:
Das endet jetzt auf Seite 44.
Vors.:
Vielen Dank, das war nun Seite 44 des Urteils. Werden weitere Verlesungen aus diesem Urteil gewünscht? Keiner der Herren Prozeßbeteiligten.
Dann ist jetzt der Beschluß zu verkünden, den der Senat gefasst hat zu dem Beweisantrag der Angeklagten und Verteidiger, betreffend die Kriegsereignisse von Vietnam.[33]
Der Beschluß lautet:
Die Beweisanträge der Angeklagten und der Verteidiger vom 4.5.1976 (den Krieg in Vietnam betreffend) werden abgelehnt.
[9865] Gründe:
Mit der beantragten Beweisaufnahme wollen Angeklagte und Verteidigung nachweisen (hier in den wesentlichen Punkten in Kürze dargestellt),
daß die von den USA im Zusammenhang mit dem Krieg in Vietnam vorgenommenen politischen, militärischen und sonstigen Handlungen völkerrechtswidrig, ja verbrecherisch gewesen seien,
daß solche Handlungen von den USA auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder von diesem Gebiet aus vorgenommen worden seien, so auch im IG-Farben-Haus in Frankfurt und im US-Hauptquartier in Heidelberg,
daß Regierung und sonstige verantwortliche Politiker der Bundesrepublik solche Handlungen der USA untersützt, jedenfalls nicht verhindert hätten (letzteres mangels Wollens oder mangels Könnens),
daß der in Heidelberg erfolgte, in der Anklage enthaltene Sprengstoffanschlag durch Vernichtung des dort aufgestellten Computers zu einer empfindlichen Störung der militärischen Operationen der USA in Indochina geführt habe,
daß der Anschlag in Heidelberg zusammen mit anderen Anschlägen innerhalb der USA und sonst im Ausland zum Rückzug der US-Streitkräfte aus Indochina beigetragen haben.
Das Ergebnis der beantragten Beweisaufnahme werde - so die Antragsteller - aus rechtlicher, insbesondere völkerrechtlicher Sicht ein Nothilfe- und Widerstandsrecht des einzelnen Bürgers (auch des Bürgers der Bundesrepublik) gegen die USA begründen und so die in der Anklage aufgeführten Sprengstoffanschläge gegen die US-Streitkräfte in Heidelberg[34] und Frankfurt[35] rechtfertigen.[36]
Der Senat vermag diesen Überlegungen nicht zu folgen. Ein Nothilfe- oder Widerstandsrecht, das solche Anschläge rechtfertigt hätte, bestand nicht. Sonstige Anhaltspunkte dafür, daß die beantragte Beweisaufnahme die zu treffende Entscheidung beeinflussen könnte, sind nicht ersichtlich. Die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, sind somit für die[tt] Entscheidung ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3, S. 2 StPO). [9866] Mit der Frage, ob die Angeklagten subjektiv der Meinung waren, es verhalte sich so, wie in den Beweisanträgen dargestellt,[37] hat das nichts zu tun; diese Frage bleibt offen. Zu ihrer Beantwortung könnten die benannten Zeugen und Sachverständigen nichts beitragen.
Das war dieser Beschluß.
Soll zu den Anträgen, die heute früh dem Antrag gestellt worden sind, etwas geäußert werden?
Herr Rechtsanwalt Schwarz, bitte.
RA Schw[arz]:
Die Bundesanwaltschaft hat am Ende der heutigen Vormittagssitzung einen, wie Herr Bundesanwalt Dr. Wunder sich ausdrückte, prozeßgestaltenden Antrag gestellt. Ich sehe mich außerstande, für den Angeklagten Baader dazu Stellung zu nehmen. Deshalb beantrage ich, bevor der Senat über diesen Antrag der Bundesanwaltschaft entscheidet,
dem Angeklagten Baader den Antrag der Bundesanwaltschaft zuzustellen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Soweit dagegen eingewandt werden sollte, der Angeklagte Baader bleibe aus freien Stücken[38] oder falls Verhandlungsunfähigkeit[39] der Grund des Fernbleibens sein sollte, aus von ihm zu vertretenden Gründen[40] der Hauptverhandlung fern, so muß ich gegen eine solche Auffassung ernste Bedenken anmelden, weil meines Wissens keine neueren Erkenntnisse über das Vorliegen von Verhandlungsfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit vorliegen, und zumindest heute nichts über die Ursache einer etwaigen Verhandlungsfähigkeit bekannt ist.
Vors.:
Danke.
Bitte, Herr Rechtsanwalt Schnabel.
RA Schn[abel]:
Ich schließe mich dem Antrag an, den der Herr Kollege Schwarz eben vorgetragen hat, auch seiner Begründung. Und möchte nur noch zu bedenken geben, daß es zumindest denkbar ist, daß Ereignisse der letzten Tage[41] eine absolute Verhandlungsunfähigkeit bei dem Angeklagten Baader ausgelöst haben, die er dann in dieser Art seinerseits nicht mehr zu vertreten hat, so daß man unter Umständen die Frage ventilieren könnte, ob und weshalb dann diese Verhandlungsfähigkeit eingetreten ist.
Vors.:
Danke.
Herr Rechtsanwalt Grigat.
[9867] RA Gri[gat]:
Herr Kollege Schlaegel und ich schließen uns dem Antrag, wie er von Herrn Schwarz gestellt ist, für Herrn Raspe an, auch in seiner Begründung.
Vors.:
Danke.
Herr Rechtsanwalt Eggler.
RA Egg[ler]:
Ich gebe für die Angeklagte Ensslin dieselbe Erklärung ab. Ich schließe mich dem Antrag an.
Vors.:
Danke.
Der Senat hat schon angedeutet, daß eine Erklärung abgegeben werden sollte. Wir wollen uns aufgrund der jetzt gestellten Anträge und Überlegungen die Sache nochmals kurz überlegen.
Ich bitte in ¼ Stunde wieder anwesend zu sein.
Pause von 15.13 Uhr bis 15.31 Uhr
Vors.:
Der Senat gibt zu dem Antrag folgende Erklärung ab:
Er beabsichtigt dem heute Vormittag gestellten Einstellungsantrag der Bundesanwaltschaft zunächst in der Form Rechnung zu tragen, daß die Beweisaufnahme vorläufig auf die schon eingeführten Anklagekomplexe - nämlich Straftaten im Zusammenhang mit der Festnahme der Angeklagten und mit Sprengstoffanschlägen und dem Vorwurf der kriminellen Vereinigung - beschränkt wird.
Danach wäre - evtl., wenn rechtlich erforderlich, nach Abtrennung der übrigen Verfahrensteile - mit den Schlußvorträgen zu dem angeführten Anklagekomplexen zu rechnen.
Im Hinblick darauf, daß der Einstellungsantrag auch schwerwiegende Tatvorwürfe betrifft, will der Senat jedenfalls erst nach solchen Schlußvorträgen über die Einstellung entscheiden. Zu der soeben von den Herrn Verteidigern beantragten Stellungnahme der Angeklagten, ist somit immer noch Gelegenheit gegeben.
In der Praxis heißt das nun, daß der Senat das Beweisprogramm fortführt, wie es bis zum 8.6.1976 festgelegt ist. Danach ist vorgesehen die Vernehmung der Vernehmungsbeamten der Zeugin Sorenson, die des Zeugen Claude Meier - wenn er zur Aussage bereit ist - und evtl. seiner Vernehmungsbeamten.
Weitere Beweiserhebungen hängen von entsprechenden Anträgen ab. Ich bitte deshalb erneut, solche Anträge alsbald zu stellen und präsente Beweismittel ins Auge zu fassen. Ferner stehen noch umfang- [9868] reiche Verlesungen an.
Für die Terminierung bedeutet das, - heute früh, Herr Rechtsanwalt Schnabel haben Sie sich ja schon danach erkundigt - daß in Zukunft keine so feste Vorausplanung mehr möglich ist, wie das bisher geschehen ist; das bitte ich zu verstehen, das lässt sich technisch nicht anders machen. Es ist auch nicht sicher, ob wir den bisherigen Rhythmus der Sitzungstage aufrechterhalten können, d. h. es könnte sein, daß wir, je nachdem, wie rasch wir die Entscheidungen, insbesondere die Mitteilungen aus dem Ausland bekommen bezüglich des Zeugen Claude Meier, genötigt sein könnten, das Wochenprogramm von 3 Tagen auf 2 oder gar auch im Einzelfall mal auf 1 Tag zu reduzieren. Wir sind selbstverständlich mit Rücksicht auf die Herren Verteidiger bemüht, das möglichst frühzeitig dann mitzuteilen und anzukündigen.
Ganz vorsorglich, ich betone, ganz vorsorglich, möchte ich noch darauf hinweisen, daß das nunmehr geänderte Verhandlungsprogramm auch auf die vorgesehene Sitzungspause vom 27.7. bis zum 9.8. Einfluß haben könnte. Das ist aber ganz vorsorglich gesprochen.
Wir sind am Ende der heutigen Sitzung. Für morgen sind vorgesehen, die Zeugen Fernstädt, Kraus, Sammet, Heinze und Metzner; notwendig sind nach unserer Beobachtung die Ordner 124 und 118. Es kann mit aller Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß die Sitzung nur morgen früh andauert[uu] und morgen Nachmittag sitzungsfrei ist.
Damit bis morgen früh um 9.00 Uhr
Ende des 113. Verhandlungstages um 15.35 Uhr
Ende Band 560
[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Der Vorsitzende Dr. Prinzing meint an dieser Stelle allerdings nur diejenigen Pflichtverteidiger, die den Angeklagten (gegen ihren Willen) zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren.
[3] Ursprünglich war den Angeklagten je mindestens ein/e Pflichtvertediger/in des Vertrauens beigeordnet. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf dies zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Schily (für die Angeklagte Ensslin) zu.
[4] Zwischen der Vertrauensverteidigung und dem Senat bestand Uneinigkeit darüber, ob die Verteidigung durch die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger auch ordnungsgemäß sei (s. dazu bereits die Diskussionen am 1. Verhandlungstag, S. 90 ff., sowie den Entpflichtungsantrag der Rechtsanwältin Becker in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975, S. 184 ff., 3. Verhandlungstag). Die Angeklagten weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.
[5] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen im Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; die Regel ist hier die Nichtvereidigung. Heute ist auch die Vereidigung für Zeug/innen nur noch in Ausnahmefällen vorgesehen (§ 59 StPO).
[6] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[7] In der Inheidener Straße in Frankfurt a.M. befand sich eine Wohnung, die u.a. für die Herstellung von Sprengstoff verwendet wurde. Die Wohnung und die darin aufgefundenen Gegenstände waren ab dem 91. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[8] Ulrike Meinhof saß nach ihrer Verhaftung im Juni 1972 zunächst in Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97).
[9] Gudrun Ensslin wurde am 7. Juni 1972 in Hamburg festgenommen und war bis Februar 1974 in der JVA Essen untergebracht, bevor sie im Februar 1974 für zwei Monate nach Köln-Ossendorf und im April 1974 zusammen mit Ulrike Meinhof nach Stammheim verlegt wurde (Bressan/Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 417; Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 123).
[10] Nach seiner Verhaftung im Juni 1972 war Andreas Baader bis zu seiner Verlegung nach Stuttgart-Stammheim im November 1974 in der JVA Schwalmstadt untergebracht (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97).
[11] Das „Kommando Thomas Weisbecker“ bekannte sich in einer Erklärung vom 16 Mai 1972 zu den Sprengstoffanschlägen in Augsburg und München am 12. Mai 1972. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145 f. Thomas Weisbecker starb am 2. März 1972 in Augsburg. Erst im Juli 1971 war er mit Angela Luther von den Tupamaros West-Berlin zur RAF übergetreten. Weisbecker wurde bereits seit dem 14. Februar 1972 observiert. Die genauen Umstände von Weisbeckers Tod wurden nie geklärt. Bekannt ist nur, dass Weisbecker, der vermutlich bewaffnet war, am Nachmittag des 2. März von zwei Polizeibeamten verfolgt und dann von einem der beiden erschossen wurde. Weisbecker gehörte mit Petra Schelm und Georg von Rauch zu den ersten Opfern der RAF und galt fortan als Ikone der RAF (s. die Beiträge von König und Wunschik, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 430, 459 f., 464 ff., bzw. S. 531, 546 ff.).
[12] In einer durch das „Kommando 15. Juli“ unterschriebenen Erklärung wurde der Anschlag in Heidelberg mit den vorangegangenen Bombenangriffen der USA im Vietnam-Krieg gerechtfertigt. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147 f. Der Name „Kommando 15. Juli“ nimmt Bezug auf den Todestag des RAF-Mitglieds Petra Schelm, die im Alter von 20 Jahren am 15. Juli 1971 in Hamburg bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten durch einen Kopfschuss getötet wurde. Sie war das erste Todesopfer aus den Reihen der RAF. Ihr Tod löste nach Angaben von Mitgliedern eine Radikalisierung der Gruppe aus (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 312 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 64).
[13] Mit der Erklärung vom 20. Mai 1972 nahm das „Kommando 2. Juni“ Bezug auf den Sprengstoffanschlag auf das Springer-Verlagshaus in Hamburg am 19. Mai 1972. Die Erklärung ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147). Der Name des Kommandos bezieht sich auf den Todestag des Studenten Benno Ohnesorg, der am 2. Juni 1967 anlässlich einer Demonstration der Studentenbewegung gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien durch einen Polizisten erschossen wurde (Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 72 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 157 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 21 f.).
[14] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).
[15] Der RAF-Text „Dem Volk dienen. Stadtguerilla und Klassenkampf“ (April 1972) ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 112 ff.
[16] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).
[17] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück, die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.). Am 13. Mai 1968 begannen die Pariser Friedensverhandlungen zur Beendigung des Vietnamkriegs. Die zähen Friedensverhandlungen wurden immer wieder von der Kompromisslosigkeit der amerikanischen Regierung beeinflusst und nahezu weitere fünf Jahre von Kämpfen in Vietnam begleitet. Nordvietnam reagierte am 30. März 1972 auf die schwierigen Friedensverhandlungen in Paris mit der sogenannten Oster-Offensive, bei der ca. 120.000 Soldaten nach Südvietnam vordrangen. Dies veranlasste wiederum die USA zu schweren Bombardierungen. Am 8. Mai erging eine Anordnung von Präsident Nixon zur Verminung nordvietnamesischer Häfen, um Nordvietnam durch die Unterbrechung von Versorgungswesen weiter unter Druck zu setzen und damit neue Verhandlungen zu erzwingen. Bei der „Operation Linebacker“ wurden innerhalb von sechs Monaten Bombenangriffe im Umfang von 155.000 Tonnen geflogen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 173 ff., 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.).
[18] Am 2. Juni 1972 wurde aufgrund einer Bombendrohung die Stuttgarter Innenstadt gesperrt. In einem Schreiben unbekannter Herkunft war zuvor ein Sprengstoffanschlag auf drei Autos durch „RAF-Pionier-Sprengexperten“ angekündigt worden. Die Drohung bewahrheitete sich nicht, fand jedoch große mediale Aufmerksamkeit. Die Echtheit des Schreibens wurde schon kurze Zeit später in Zweifel gezogen (Balz, in Hürter/Rusconi [Hrsg.], Die bleiernen Jahre, 2010, S. 76 f.).
[19] Mao Tse-tung (1893-1976) war offiziell von 1945 bis 1976 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Von 1927 bis 1937 sowie von 1945 bis 1949 führte er im chinesischen Bürgerkrieg gegen die nationalistische Kuomintang-Partei einen Partisanenkrieg, den er auch theoretisch ausarbeitete (Haffner, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 157, 160 ff.). Als Staatsoberhaupt der 1949 gegründeten Volksrepublik China verfolgte er die kommunistische Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft. Eine landesweit umgesetzte Bodenreform und der ungeordnete Versuch, die agrarisch geprägte Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit zu industrialisieren, führten zu einer Hungerkatastrophe und dem Tod von - groben Schätzungen zufolge - 20 bis 40 Millionen Menschen. Als Mao den Rückhalt in der KPCh zu verlieren drohte, rief er 1966 mit Hilfe einer fanatisch entfesselten Jugend die sog. Kulturrevolution aus, die die Ausschaltung „reaktionärer“ Kräfte innerhalb der Partei und dem Staat zum Ziel hatte und in deren Folge erneut Millionen Menschen ihr Leben verloren. Von verschiedenen Guerillabewegungen weltweit wurde Mao dagegen als Theoretiker und Stratege bewundert (Dabringhaus, Mao Zedong, 2008, S. 31 ff., 53 ff., 61 ff., 83 ff., 89 ff.; Nerb, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 87 f., 93 f.).
[20] Die Vereidigung von Sachverständigen erfolgt nach dem Ermessen des Gerichts (§ 79 Abs. 1 StPO), wenn besondere Umstände die Vereidigung zweckmäßig erscheinen lassen; der Regelfall ist die Nichtvereidigung (BGH, Urt. v. 22.2.1967 - Az.: 2 StR 2/67, BGHSt 21, S. 227, 228). Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung aber zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).
[21] Die entsprechende RAF-Schrift ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 151 ff. Die Terrorgruppe Schwarzer September überfiel während der Olympischen Spiele in München am 5. September 1972 die israelische Mannschaft. Mit der Geiselnahme von elf israelischen Sportlern versuchten die Terroristen über 200 palästinensische Inhaftierte in Israel freizupressen. Das „Olympia-Attentat“ endete mit einem Schusswechsel auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck, von dem die Geiselnehmer ausgeflogen werden wollten. Insgesamt starben an diesem Tag alle elf israelischen Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizeibeamter (Dahlke, Demokratischer Staat und transnationaler Terrorismus, 2011, S. 57 ff., insbes. 62 ff. und 68 ff.).
[22] Ein Beweisstück kann Gegenstand sowohl des Augenscheins-, als auch des Urkundenbeweises sein. Beide Beweisarten zielen auf unterschiedliche Erkenntnisse. Während mittels Inaugenscheinnahme Merkmale wie das Vorhandensein an sich, die äußere Beschaffenheit o.ä. festgestellt werden können, dient der Urkundenbeweis der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 249 Rn. 7).
[23] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.).
[24] Nach § 154 Abs. 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft von der Erhebung der öffentlichen Klage von der Strafverfolgung absehen, wenn die zu erwartende Strafe neben einer anderen Strafe, die bereits rechtskräftig gegen den/die Beschuldigten wegen einer anderen Tat verhängt wurde, oder zu erwarten ist, nicht ins Gewicht fällt. Nach Erhebung der öffentlichen Klage kann das Gericht das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft (vorläufig) einstellen (Abs. 2). § 154a StPO ergänzt diese Vorschrift, die nur für „andere Taten“ gilt, auch für einzeln abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind. Fallen diese für die zu erwartende Strafe nicht ins Gewicht, so kann die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränken (Abs. 1); nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht die Strafverfolgung in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft beschränken (Abs. 2).
[25] Anlage 1 zum Protokoll vom 19.5.1976: Aussagengenehmigung für den Sachverständigen Windhaber.
[26] Da die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), gehen mit ihr besondere Pflichten einher. Darunter fällt auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.).
[27] Eine mögliche Konsequenz pflichtwidrigen Verhaltens ist die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung). Diese war zwar als Reaktion auf pflichtwidriges Verhalten gesetzlich nicht vorgesehen, es war allerdings in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass dies im Falle eines Fehlverhaltens von besonderem Gewicht und nach voriger Abmahnung ausnahmsweise zulässig ist (Willnow, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 143 Rn. 4). Bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter wird auch der Fall der groben Pflichtverletzung gefasst (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26).
[28] Der Schlosser Karl-Heinz Ruhland wurde im Dezember 1970 verhaftet. Erst wenige Monate zuvor hatte Ruhland wohl aus Geldsorgen begonnen, die RAF mit dem Frisieren gestohlener Autos zu unterstützen. Am 29. September 1970 beteiligte sich Ruhland an den Berliner Banküberfällen. Bis zu seiner Verhaftung kundschaftete er u.a. gemeinsam mit Meinhof und Jansen mögliche Einbruchsziele aus und beging Diebstähle. In mehreren Verfahren gegen RAF-Mitglieder fungierte Ruhland, der sich von der RAF losgesagt hatte, als umstrittener Belastungszeuge. Mit Urteil vom 15.3.1972 wurde er vom OLG Düsseldorf wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; nach nur zweieinhalb Jahren wurde er vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann begnadigt. Im Laufe seiner verschiedenen Aussagen verstrickte er sich in zahlreiche Widersprüche (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 243 ff., 253 ff., 260, 271 ff.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 243 ff.). Rechtsanwalt Heinrich Hannover bezeichnete ihn auch als „berühmtesten oder richtiger ruhmlosesten aller bisherigen Kronzeugen“ (Hannover, Terroristenprozesse, 1991, S. 140).
[29] Die hier verlesenen Entscheidungsgründe und die darin festgehaltenen und zugrunde gelegten Tatsachen sind zwar für andere Verfahren nicht bindend, da sie nicht in (materieller) Rechtskraft erwachsen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 170). Gleichwohl ist es anderen (Straf-)Gerichten nicht verwehrt, die dort dokumentierten Ergebnisse der Beweiserhebung im Wege des Urkundenbeweises in die Hauptverhandlung einzuführen und sie zur Grundlage der eigenen Überzeugungsbildung (§ 261 StPO) zu machen; dies gilt sogar für nichtrechtskräftige (z.B. aufgehobene) Entscheidungen (BGH, Urt. v. 18.5.1954 - Az.: 5 StR 653/53, BGHSt 6, S. 141; Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019 § 249 Rn. 17).
[30] Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Nach der öffentlichen Bekanntgabe, Ulrike Meinhof habe Selbstmord begangen, entstanden in mehreren deutschen Städten Proteste. In anderen europäischen Ländern wurden deutsche Einrichtungen angegriffen. Die übrigen RAF-Insass/innen sowie weitere Sympathisant/innen und Unterstützer/innen gingen von einem Mord aus. Meinhofs Tod wurde damit zu einem auch medial breit diskutierten Ereignis. Auf Druck u.a. von Meinhofs Angehörigen wurde schließlich eine Nachobduktion durchgeführt, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führte. Außerdem nahm sich eine internationale Untersuchungskommission des Falls an. Sie bestand überwiegend aus Jurist/innen, Ärzt/innen und Journalist/innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark; unter den Mitgliedern befanden sich auch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Simone de Beauvoir. In ihrem Bericht aus dem Jahr 1978 kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Selbstmord Meinhofs nicht erwiesen sei. Gegenteilige Beweise erbrachte die Kommission allerdings ebenfalls nicht. Die genauen Umstände von Meinhofs Tod blieben weiterhin umstritten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.; zum Bericht der Kommission s. Internationale Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs, Der Tod Ulrike Meinhofs: Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, 1979).
[31] Ulrike Meinhof wurde vom LG Berlin mit Urteil vom 29.11.1974 wegen ihrer Beteiligung an der Befreiung von Andreas Baader aus der Haft am 14. Mai 1970 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 95 ff.). Ab dem 29.1.1976 wurde die Freiheitsstrafe schließlich vollstreckt (s. den entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 71. Verhandlungstag, S. 6396 des Protokolls der Hauptverhandlung).
[32] Ulrike Meinhof wurde vom LG Berlin mit Urteil vom 29.11.1974 wegen ihrer Beteiligung an der Befreiung von Andreas Baader aus der Haft am 14. Mai 1970 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 95 ff.). Ab dem 29.1.1976 wurde die Freiheitsstrafe schließlich vollstreckt (s. den entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 71. Verhandlungstag, S. 6396 des Protokolls der Hauptverhandlung). Die konkrete Ausgestaltung des Strafvollzugs war vor 1977 nicht gesetzlich geregelt, sondern erfolgte überwiegend durch Verwaltungsvorschriften (maßgeblich war vor allem die Dienst- und Vollzugsordnung vom 1.12.1961). Gegen Maßnahmen der Vollzugsbehörden stand dem/der Strafgefangenen nur der allgemeine Rechtsbehelf nach § 23 EGGVG zur Verfügung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung), über den gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 EGGVG das Oberlandesgericht zu befinden hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dies in seiner sogenannten Strafgefangenen-Entscheidung beanstandet hatte (BVerfG, Beschl. v. 14.3.1972 - Az.: 2 BvR 41/71, BVerfGE 33, S. 1), wurde das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) erlassen, das am 1.1.1977 in Kraft trat (BGBl. I, S. 581). Danach hatten über Anträge auf gerichtliche Entscheidung die Strafvollstreckungskammern zu befinden (§ 110 StVollzG). Gegen diese Entscheidung war die Rechtsbeschwerde gemäß § 116 StVollzG statthaft, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hatte (§ 117 StVollzG). Nachdem die Gesetzgebungskompetenz im Rahmen der Föderalismusreform 2006 den Ländern übertragen wurde (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 70 Abs. 1 GG), haben diese mittlerweile sämtlich von ihrer Ersetzungskompetenz (Art. 125a Abs. 1 GG) Gebrauch gemacht und entsprechende Landesgesetze erlassen.
[33] Am 106. Verhandlungstag stellte die Verteidigung eine Reihe von Beweisanträgen mit dem Ziel, hochrangige Militärs und politische Entscheidungsträger (z.B. den früheren US-Präsidenten Nixon) als Zeugen zu laden. Durch ihre Aussagen sollten völkerrechtswidrige Handlungen der USA in Vietnam bewiesen werden (s. dazu die Anlagen 2 bis 11 zum Protokoll vom 4.5.1976, S. 9379 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 106. Verhandlungstag).
[34] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[35] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme. Das I.G.-Farben Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).
[36] S. hierzu die Erklärung des Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Anlage 12 zum Protokoll vom 4.5.1976, S. 9425 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 106. Verhandlungstag.
[37] Ein Irrtum über das Bestehen eines Rechtfertigungsgrundes kann auf zwei verschiedenen Ebenen stattfinden: Zum einen auf Tatsachenebene, d.h. dass eine Person irrig von Umständen ausgeht, bei deren Vorliegen sie tatsächlich gerechtfertigt wäre (sog. Erlaubnistatbestandsirrtum), zum anderen auf der Ebene des Rechts, d.h. dass eine Person einem Rechtsirrtum über das Bestehen eines tatsächlich nicht existierenden oder über die Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes erliegt (sog. Erlaubnisirrtum bzw. indirekter Verbotsirrtum). Die rechtliche Einordnung des „Erlaubnistatbestandsirrtums“ ist im Einzelnen streitig; gerechtfertigt ist der/die Täter/in aber grundsätzlich nicht. Nach überwiegender Auffassung ist der Irrtum nach § 59 Abs. 1 StGB a.F. (heute: § 16 Abs. 1 StGB) analog zu behandeln: Eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung ist damit ausgeschlossen; möglich bleibt allerdings eine Verurteilung wegen fahrlässiger Begehung, wenn es einen entsprechenden Fahrlässigkeits-Tatbestand gibt und der Irrtum bei Einhalten aller Sorgfaltspflichten vermeidbar gewesen wäre (s. zum Ganzen Joecks/Kuhlhanek, in Joecks/Miebach [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 4. Aufl. 2020, § 16 Rn. 199 ff.). Bei Vorliegen eines Erlaubnisirrtums ist die Schuld ausgeschlossen, wenn der Irrtum unvermeidbar war. Der hierfür anwendbare § 17 Satz 1 StGB wurde zwar erst zum 1.1.1975 durch das Zweite Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) in das StGB eingefügt; sein wesentlicher Regelungsgegenstand war allerdings seit einer Entscheidung des Großen Senats aus dem Jahr 1952 (BGH, Beschl. v. 18.3.1952 - Az.: GSSt 2/51, BGHSt 2, S. 194) anerkannt. Die Anforderungen an die Unvermeidbarkeit werden in der Rechtsprechung durchaus hoch angesetzt. Unvermeidbar ist ein Irrtum nur, wenn ein/e Täter/in trotz der ihm/ihr „zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige [des] Tuns nicht zu gewinnen vermochte“ (BGH, Beschl. v. 18.3.1952 - Az.: GSSt 2/51, BGHSt 2, S. 194, 201). In der Regel kommt daher nur ein vermeidbarer Verbotsirrtum in Betracht. Nach der bereits zitierten Entscheidung des Großen Senats waren in diesem Fall die in § 44 Abs. 2 und 3 StGB a.F. für die mildere Bestrafung des Versuchs vorgesehenen Grundsätze anzuwenden (BGH a.a.O., S. 211); heute enthält § 17 Satz 2 StGB für diesen Fall die Möglichkeit einer Strafmilderung gem. § 49 Abs. 1 StGB. Treffen beide Irrtümer zusammen - eine Person irrt sich bei der Vorstellung über die Existenz (oder Reichweite) eines Rechtfertigungsgrundes und auch die Tatsachen, die nach dem vorgestellten Rechtfertigungsgrund erforderlich wären, werden irrtümlich angenommen - finden die Regeln über den Erlaubnisirrtum Anwendung (Sternberg-Lieben/Schuster, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 17 Rn. 11).
[38] S. bereits Fn. 1.
[39] Verhandlungsfähigkeit ist die Fähigkeit „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18). Nachdem die vollständige Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten durch die Verteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten wurde, beauftragte das Gericht mit Beschluss vom 18.7.1975 schließlich eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die abschließenden Gutachten, die am 39. Verhandlungstag bekannt gegeben wurden, legten eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nahe. Auszüge der Gutachten finden sich in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 207 ff., sowie Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 117 ff. Dem lässt sich entnehmen, dass die Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit von drei Stunden pro Tag ausgingen, wobei kürzere Pausen nicht mit einzubeziehen seien (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 208). Zur Behandlungsmöglichkeit führte der Sachverständige Prof. Dr. Rasch aus: „[D]ie Durchführung einer Behandlung dürfte während der Dauer der Hauptverhandlung und bei Beibehaltung der jetzt gegebenen Haftbedingungen nicht möglich sein“ (so die Wiedergabe des Vorsitzenden Dr. Prinzing auf S. 3112 des Protokolls der Hauptverhandlung, 39. Verhandlungstag). Am 40. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Dr. Prinzing schließlich den Senatsbeschluss, wonach die Hauptverhandlung aufgrund der vorsätzlich und schuldhaft selbst herbeigeführten Verhandlungsfähigkeit gem. § 231a StPO in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt werde (s. Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag).
[40] Dass die Angeklagten ihren Zustand selbst verschuldet hätten, stützte der Senat auf zwei Aspekte: Zum einen seien die Hungerstreiks mitursächlich für ihren Zustand, insofern hätten die Angeklagten diesen vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführt (S. 3128 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag). Zum anderen seien auch die Haftbedingungen, die einer Besserung des Zustandes nach Auffassung etwa des Sachverständigen Prof. Dr. Rasch entgegenstünden, dem Verantwortlichkeitsbereich der Angeklagten zuzuordnen. Sie hätten gewusst, dass die Beeinträchtigungen des Hungerstreiks unter den bekannten Haftbedingungen nicht zu beheben seien; zudem verweigerten sie sich der Behandlung (S. 3138 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag).
[41] Zum Tod von Ulrike Meinhof nur wenige Tag zuvor s. Fn. 30.
[a] Handschriftlich eingefügt: es
[b] Maschinell durchgestrichen: immer
[c] Handschriftlich eingefügt: die
[d] Handschriftlich ergänzt: 2 581 512
[e] Handschriftlich ersetzt: Erklärung durch Erjlärung
[f] Handschriftlich ergänzt: beginnend
[g] Handschriftlich ergänzt: beginnend
[h] Handschriftlich ersetzt: endet durch endend
[i] Handschriftlich ergänzt: eine
[j] Handschriftlich ergänzt: Ungeheuern
[k] Maschinell ersetzt: die kennzeichnenden Ziffern durch sie gekennzeichnet mit Ziffern
[l] Maschinell eingefügt: in
[m] Maschinell ersetzt: 15.15 durch 15.55
[n] Maschinell ersetzt: einiger durch eindringlicher
[o] Maschinell eingefügt: der
[p] Maschinell eingefügt: der
[q] Maschinell ersetzt: es durch sich
[r] Handschriftlich ersetzt: diesem durch diesen
[s] Maschinell durchgestrichen: wie Siegfried
[t] Maschinell eingefügt: Demalvierblätter durch DIN-A-4-Blätter
[u] Maschinell ersetzt: lautem Wert durch laufen wird
[v] Handschriftlich eingefügt: ist
[w] Maschinell eingefügt: Brief
[x] Handschriftlich ergänzt: 29.5.72
[y] Maschinell eingefügt: Orig.
[z] Maschinell ersetzt: von der durch unter
[aa] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend
[bb] Maschinell durchgestrichen: um durch wieder um
[cc] Handschriftlich eingefügt: „t“
[dd] Handschriftlich durchgestrichen: bis
[ee] Maschinell eingefügt: Lettera“
[ff] Maschinell eingefügt: wieder
[gg] Handschriftlich ergänzt. DPA
[hh] Handschriftlich durchgestrichen: Markenbahre
[ii] Maschinell eingefügt: Und
[jj] Handschriftlich ersetzt: 5829/72 durch 5889/72
[kk] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend
[ll] Handschriftlich ergänzt: Herrn
[mm] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[nn] Handschriftlich ersetzt: Es durch Das
[oo] Maschinell ersetzt: ... durch Herr Vorsitzender, ich
[pp] Maschinell durchgestrichen: er
[qq] Maschinell eingefügt: in der Sitzung
[rr] Maschinell eingefügt: wieder
[ss] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[tt] Handschriftlich eingefügt: die
[uu] Maschinell eingefügt: andauert