118. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung an Mittwoch, 9. Juni 1976, 9.06 Uhr



[9979] Fortsetzung der Hauptverhandlung an Mittwoch, 9. Juni 1976, 9.06 Uhr

(118. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

JOS Janetzko

J. Ass. Clemens

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:

Rechtsanwälte Schily, Dr. Heldmann, Eggler, Künzel, Schnabel, Grigat und Herzberg (als min. bestellter Vertreter für Rechtsanwalt Schlaegel).

Als Zeugen sind erschienen:

KHK Franz Schulze

KKA’in Birgit Anni Jakob

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Die Verteidigung ist gewährleistet.

Wir haben heute zunächst Frau Jakob und Herrn Schulze als Zeugen.

Die Zeugen KHK Schulze und KKA’in Jakob werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

Die Zeugen KHK Schulze und KKA’in Jakob erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

[9980] Die Zeugin KKA’in Jakob wird um 9.08 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge KHK Schulze übergibt dem Gericht seine Aussagegenehmigung.[4]

Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Der Zeuge KHK Schulze macht folgende Angaben zur Person:

Franz Schulze, 40 Jahre alt, Kriminalhauptkommissar beim Bundeskriminalamt in Bonn,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Schulze, ist Ihnen Frau Bonnie Sorenson ein Begriff?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, die Frau Bonnie Sorenson ist mir bekannt. Und zwar lief Sommer vorigen Jahres ein Einsatz und während dieses Einsatzes haben wir die Wohnung des Dierk Hoff[5] in Frankfurt durchsucht. Ich war bei der Durchsuchung der Wohnung und Werkstatt zugegen und hatte damals die Frau Sorenson gebeten, ob sie mitkommen wolle zum Polizeipräsidium nach Frankfurt, wir möchten sie als Zeugin vernehmen. Frau Sorenson ist dann mitgekommen zum Polizeipräsidium und ich habe Frau Sorenson vernommen, zunächst als Zeugin, weil mir nicht klar war, wie eng die Kontakte zwischen dem Beschuldigten Hoff und der Frau Sorenson waren.

Im Laufe dieser Vernehmung stellte sich dann heraus, daß Frau Sorenson den Beschuldigten Hoff schon in den Jahren 72, und auch davor, gekannt hat, daß sie öfter bei ihm zu Hause gewohnt hat, daß die Kontakte offensichtlich sehr eng waren, so daß ich dann aus dem Gesamtzusammenhang sie zur Beschuldigten gemacht habe wegen des Verdachtes des Nichtanzeigens eines geplanten Verbrechens nach § 138 des Strafgesetzbuches.[6] Ich habe sie dann anschließend belehrt über ihre Rechte, die nunmehr[a] für sie als Beschuldigte[7] in Frage kamen. Frau Sorenson verlangte einen Rechtsanwalt zu sprechen, das wurde ihr erlaubt, ich habe die Verbindung hergestellt vom Polizeipräsidium. Es erschien dann ein Rechtsanwalt, ein amerikanischer Rechtsanwalt, und der hat sich mit Frau Sorenson beraten, und hat gesagt, er kenne sich in dieser Rechtsmaterie [9981][8] [9982] nicht so gut aus, er wolle versuchen, einen deutschen Rechtsanwalt zu bekommen.

Nach einiger Zeit erschien er dann wieder im Polizeipräsidium und erklärte, er habe keinen deutschen Rechtsanwalt bekommen können. Er hatte zuvor schon Frau Sorenson beraten, nicht weiter auszusagen, sie hatte noch keine Angaben mehr gemacht, und damit war diese Vernehmung beendet.

Vors.:

Das war der äußere Hergang. Bevor wir nun zum Inhalt kommen, noch einige Fragen. Können Sie sich heute noch erinnern, wann diese Vernehmung durchgeführt worden ist?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, es war im Sommer, und ich meine Ende Juni Anfang Juli müßte das gewesen sein.

Vors.:

Es liegt hier ein Protokoll vor, daß das Datum 3.7.1975 trägt und die Unterschrift der Vernehmungsbeamten Schulze KHK und Jakob KKA’in. Ist das die Vernehmung, die Sie damals durchgeführt haben?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, es handelt sich um die Vernehmung, die ich damals durchgeführt habe.

Vors.:

Sind Sie damals alleingewesen oder tatsächlich, wie hier angezeigt, in Begleitung von ... Mitanwesenheit?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, Frau Jakob war von Anfang an dabei, sie nahm auch schon an der Durchsuchung teil, und hat auch während der Vernehmung teilgenommen und hat die Vernehmung geschrieben.

Vors.:

Die Vernehmung ist also von zwei Vernehmungsbeamten durchgeführt worden. War Frau Sorenson während der Vernehmung solange, bis sie dann einen Anwalt verlangte, alleingewesen?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, sie ist während der Vernehmung nie allein gewesen, sondern es war immer entweder Frau Jakob oder ... nein, wir waren ... meistens ... waren wir beide da.

Vors.:

Nein, ich meine jetzt auf Ihrer Seite; Sie waren also als Vernehmungsbeamte zu zweit, sagten Sie?

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Ist Frau Sorenson vernommen allein oder war irgendjemand zur ihrer Unterstützung, als Beistand etwa dabei, ein Bekannter oder ...?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, der Rechtsanwalt hat mit ihr gesprochen und während dieser Zeit haben wir das Vernehmungszimmer verlassen.

Vors.:

Das war aber erst ab dem Zeitpunkt, als sie einen Rechtsanwalt verlangte?

Zeuge Schu[lze]:

Als sie einen Rechtsanwalt verlangte. Der Inhalt der Ver- [9983] nehmung bis zu diesem Zeitpunkt, der geschah in Anwesenheit der beiden unterzeichnenden Beamten, also Frau Jakob und mir.

Vors.:

Und Frau Sorenson war Ihnen allein gegenübergestanden in dieser Zeit?

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Hat sie damals, weil Sie sagen, Sie hätten die engen Beziehungen zu Herrn Hoff nicht erkannt, anfänglich, sich auf ein Verlöbnis[9] berufen?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, das hat sie nicht, ich habe sie vorher noch belehrt, und es müßte auf Seite 1 der Vernehmung ersichtlich sein, ich habe ihr das noch ausführlich erklärt, und sie sagte nein, sie sind nicht verlobt. Ich habe sie ausdrücklich noch gefragt, ob sie verlobt seien und da hat sie gesagt; nein, sie sind nicht verlobt.

Vors.:

Können Sie sich noch erinnern, in welcher Form die Zeugin vor ihren Aussagen belehrt worden ist, überhaupt?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich habe sie sinngemäß nach den in Frage kommenden Paragraphen belehrt; ich habe sie zunächst gefragt, ob sie in irgendeiner Weise verwandt, verschwägert ist, ob sie verlobt ist, denn sie hatte ja bei ihm gewohnt; und das Verlöbnis kann sich ja auch darin ausdrücken, ohne daß es förmlich durchgeführt wird,[10] darauf hat sie gesagt, nein, sie betrachtet sich nicht als verlobt und dergleichen mehr. Ich habe sie ferner daraufhin[b] hingewiesen, daß, wenn irgendwelche Fragen kommen, die sie selbst belasten, sie die Aussage dahingehend verweigern kann.

Vors.:

Also so wie sie sich eingelassen hat, zunächst Ihnen gegenüber, verstehe ich das richtig, sahen Sie wohl keinen Anlaß, ein Zeugnisverweigerungsrecht anzunehmen und sie darüber zu belehren oder ...?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe überhaupt keinen[c] Anlaß gesehen, denn eben weil ich wußte, daß sie da wohnte; denn sie hielt sich ja auch in der Wohnung auf, habe ich gerade diesen Punkt nochmals besonders angesprochen und habe sie gefragt, ob sie sich irgendwie als verlobt betrachtet und dergleichen mehr, und da hat sie das ausdrücklich verneint.

Vors.:

Nun haben Sie gesagt, Sie hätten sie darauf hingewiesen, daß Fragen, die ihr selbst die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung eintragen, von ihr nicht beantwortet werden müßten, ist das richtig?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das habe ich auch gesagt.

Vors.:

Das wäre also die Belehrung nach § 55 der Strafprozeßordnung,[11] die ist erteilt worden?

[9984] Zeuge Schu[lze]:

Ja, die ist auch erteilt worden.

Vors.:

War Frau Sorenson aussagebereit?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, Frau Sorenson war aussagebereit bis zu dem Zeitpunkt, als ich sie dann als Beschuldigte belehrt habe.

Vors.:

Bedurfte es bis zu diesem Zeitpunkt irgendwelchen Zuredens oder gar irgendwelcher Zusagen, um sie zur Aussage zu veranlassen?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, überhaupt nicht, überhaupt nicht, in keiner Weise. Sie hat ...

Vors.:

Sind irgendwelche Zusagen, Versprechungen in irgendeiner Richtung gemacht worden?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, überhaupt nicht, gar nicht.

Vors.:

Sie haben schon angedeutet, daß Sie dann durch die Vernehmung erfahren haben, wie eng die Beziehungen[d] gewesen sind zu Herrn Hoff.

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Wir können also davon ausgehen, daß Sie zunächst die Zeugin schildern ließen, in welchen Beziehungen zu Herrn Hoff sie stand?

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Verlöbnis hat sie ja keines angegeben. Hatten Sie damals schon das Wissen, daß Herr Hoff bestimmte Einräumungen gemacht hatte?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe Sie jetzt nicht verstanden.

Vors.:

Haben Sie damals bei der Vernehmung von Frau Sorenson schon gewußt, daß Herr Hoff selbst bestimmte Einräumungen gemacht hat, bei seinen Vernehmungen?

Zeuge Schu[lze]:

Ob Frau Sorenson das wußte?

Vors.:

Nein, ob Sie es wußten?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich wußte, daß er keine gemacht hatte ...

Vors.:

Keine Angaben?

Zeuge Schu[lze]:

... zu dem Zeitpunkt. Er war auch in der Vernehmung drin; natürlich habe ich die Vernehmung nicht gekannt, aber er hatte zu dem Zeitpunkt noch keine gemacht, soweit mir bekannt war.

Vors.:

Hatten Sie damals das Wissen, daß aber gegen Herrn Hoff ein bestimmter Verdacht bestand?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, sicherlich habe ich ihr das mitgeteilt, nachdem ich sie zur Beschuldigten gemacht habe.

Vors.:

Es geht jetzt nur darum, ob Sie wußten, welcher Art der[e] Verdacht, der sich gegen Herrn Hoff richtete, gewesen ist?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, natürlich habe ich das gewußt; das habe ich im vollen Umfange gewußt.

Vors.:

Das wußten Sie, ja.

Und nun die Einzelheiten, was Ihnen Frau Sorenson gesagt hat über [9985] ihre Beziehungen zu Herrn Hoff, daß die schon länger andauerten, scheinen mir im Augenblick nicht so wichtig zu sein. Was war ihre Aussage zu der Frage, ob sie über bestimmte Tätigkeiten von Herrn Hoff etwas gewußt habe, was sagte sie dazu?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das hat sich wohl verneint und hat gesagt, daß sie in dieser Art nie etwas festgestellt habe und dergleichen mehr, daß sie über seinen Umgang in dieser Beziehung nichts wüßte. Ich müßte mich da auf das Vernehmungsprotokoll beziehen, ich kann es jetzt nicht mehr ... das liegt 1 Jahr zurück, ich kann es jetzt nicht mehr wortwörtlich wiederholen; aber den Eindruck, den ich auch heute noch habe, daß sie gesagt hat, sie habe von dieser Art der Tätigkeit ... ich habe ihr natürlich auch nicht den umfassenden Tatvorwurf, den wir gegen den Herrn Hoff hatten, erklärt, sondern einige Sachen angedeutet und dergleichen mehr, daß sie aber davon offensichtlich nichts wußte, so gab sie an.

Vors.:

In welcher Form haben Sie diese Fragen eingeleitet? Also, wenn jetzt zunächst die Vernehmung so abgelaufen ist, wie ich wohl Ihren bisherigen Ausführungen entnehmen kann, zunächst ließen Sie sich schildern, welche Beziehungen bestanden haben, und jetzt kommen dann die Fragen, welches Wissen Frau Sorenson gehabt haben könnte. Wie haben Sie diese Fragen, diesen Komplex von Fragen eingeleitet, wissen Sie das heute noch?

Zeuge Schu[lze]:

Herr Vorsitzender, ich müßte mich da auch wieder auf das Protokoll beziehen. Ich kann das jetzt nicht mehr sagen, was ich, und wie ich begonnen habe damals; möglicherweise habe ich damit begonnen, ob sie weiß, daß er zu Mitgliedern, die anarchistischen Kreisen zuzurechnen sind, Kontakt hat, und was sie davon weiß, möglicherweise habe ich so begonnen.

Vors.:

Also das läßt sich dem Protokoll entnehmen. Ich halte Ihnen das vor, daß Frau Sorenson geantwortet hat auf Frage: „Dierk Hoff hat einen großen Freundes- und Bekanntenkreis“. Kann es sein, daß Sie diese Frage ganz allgemein dadurch eingeleitet haben, daß Sie nach dem Bekannten- und Freundeskreis gefragt haben?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, so kann es gewesen sein.

Vors.:

Und es wäre uns natürlich schon wichtig, wenn Sie sich jetzt rückerinnern würden oder überlegen würden, ob es so gewesen ist? Sein kann vieles, sein kann fast alles.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, Sie haben ja gerade die Passage vorgelesen und wenn ich die jetzt richtig interpretiere, so schließe ich daraus, daß es so [9986] gewesen ist.

Vors.:

Aber Sie selbst könnten sich, daran jetzt nicht mehr erinnern?

Zeuge Schu[lze]:

Ich kann mich jetzt nicht mehr daran erinnern, ob ich konkret diese Frage gestellt habe.

Vors.:

Nun haben Sie gerade die Beziehung ... ich meine, man kann ja nun im Zusammenhang mit der Frage nach dem Freundeskreis und Bekanntenkreis die Sache einengen und sagen, sind durch diesen Freundes- und Bekanntenkreis auch Beziehungen zu anarchistischen Kreisen vorgelegen?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, sicherlich habe ich diese Frage darauf eingeengt und habe konkret dann darauf angesprochen.

Vors.:

Und wie hat sich darauf Frau Sorenson nun verhalten, können Sie das ...?

Zeuge Schu[lze]:

Frau Sorenson sagte wohl, daß sie öfter abends ausgehen, daß sie in Gaststätten sind und sich dort hin und wieder auch mit irgendwelchen Personen treffen, und ich glaube, sie sagte allgemein, global, die linke Ansichten vertreten oder so ähnlich.

Vors.:

Hat sie irgendwie angedeutet, daß sie oder Herr Hoff mit diesen Ansichten übereinstimmten, oder waren das nur Andeutungen von Zufallsbekanntschaften oder Gesprächsbekanntschaften im Gasthaus oder in sonstigen Lokalen?

Zeuge Schu[lze]:

Das kann ich Ihnen jetzt auch nicht[f] sagen, da müßte ich mich wieder auf das Protokoll beziehen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Sie sollen die Frage vorgelegt haben, das halte ich Ihnen aus diesem Vernehmungsprotokoll vom 3.7.1975 der dritten Seite, dritten Seite unten und vierten Seite oben, vor: „Frau Sorenson, welche Kontakte hat Ihr Freund Dierk Hoff zu Mitgliedern anarchistischer Kreise unterhalten oder welche hat er heute noch?“.

Zunächst die Frage, es ist hier wörtlich mit Anführungszeichen zitiert, ist diese Frage auch so gestellt worden?

Zeuge Schu[lze]:

Dann ist diese Frage auch so gestellt worden.

Vors.:

Und dann soll sie gesagt haben: „Soweit ich weiß, unterhält Dierk keine engen Verbindungen zu Angehörigen dieser Gruppe. Wir besuchen gemeinschaftlich hin und wieder den „Club Voltaire“ in Frankfurt, sowie Gaststätten in der näheren Umgebung unserer Wohnung. Wir sitzen dann mal ... sitzen wir dann mal mit Leuten zusammen, die „linke Ansichten“ vertreten, haben jedoch keine[g] näheren Kontakte zu ihnen.“ Wenn ich Ihnen das vorhalte, fällt Ihnen diese Antwort wieder ein oder müßten Sie nur sagen, wenn es hier drin [9987] steht, dann ist es so?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, wenn ich es so damals niedergeschrieben habe, dann wird das auch so gewesen sein.

Vors.:

Sie selbst haben an diese Aussage keine Erinnerung?

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte?

Vors.:

Sie selbst haben keine Erinnerung mehr, daß Ihnen Frau Sorenson so etwas gesagt hat?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich kann mich jetzt nicht mehr daran erinnern, ob sie wörtlich das sagte, aber wenn es so niedergeschrieben ist, dann wird sie es damals gesagt haben.

Vors.:

Das Wort „keine engen Verbindungen“, ruft das bei Ihnen irgendeine Erinnerung zurück? Blieb das im Raume so stehen „keine engen Verbindungen“, das würde ja doch das Eingeständnis beinhalten, daß Verbindungen bestanden haben.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich verstehe schon was diese „enge“ in diesem Zusammenhang bedeutet, und möglicherweise war das auch mitausschlaggebend, daß ich sie dann zur Beschuldigten gemacht habe.

Vors.:

Erinnern Sie sich daran vielleicht, ob Frau Sorenson zu dieser Aussage noch irgendeine weitere Aussage fügte, die das näher erläutert hat?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe sie, glaube ich, konkret angesprochen oder sie hat es mir erzählt, welche Personen aus einem engerem ... oder welche ... wie die heißen, die Namen der Personen, die zu seinem engerem Bekanntenkreis gehören. Und da sind einige Namen gefallen, und die Namen habe ich dann auch notiert, bzw. in der Vernehmung festgehalten.

Vors.:

Das ist richtig, ja.

Zeuge Schu[lze]:

Bitte?

Vors.:

Das ist richtig, ja. Das war in Zusammenhang mit der Frage wohl nach dem Bekanntenkreis?

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Es geht jetzt hier darum, daß Sie also zu klären versuchten, welche Beziehungen Herr Hoff zu anarchistischen Kreisen gehabt haben könnte, und wie sich darauf Frau Sorenson verhalten hat.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich kann Ihnen eigentlich nur das erwidern, was ich vorhin schon sagte und mich wieder auf den Inhalt der Vernehmung von damals beziehen.

Vors.:

Ja, dann muß ich Ihnen vorhalten, daß Sie im Anschluß an diese Frage, die ich Ihnen gerade vorgehalten habe, wo die Antwort kam mit den „keine engen Verbindungen“; haben Sie dann weiter gefragt, [9988] „Frau Sorenson ...“ oder sollen Sie weiter gefragt haben laut Bl. 4 dieser Vernehmung „Frau Sorenson, die zuvor gestellte Frage bezieht sich besonders auf Kontakte, die Ihr Freund Dierk Hoff in den Jahren 71 und 72 zu diesen Kreisen unterhielt, was wissen Sie darüber?“, diese Frage sollen Sie im Anschluß daran gestellt haben.

Zeuge Schu[lze]:

Diese Frage war deshalb ja von Bedeutung, weil nach unseren vorliegenden Erkenntnissen der Dierk Hoff zu dieser Zeit aktiv geworden war und deshalb interessierte mich, ob sie in diesem Zusammenhang vielleicht irgendwelche Personen in Erinnerung noch hatte, die zur damaligen Zeit mit Dierk Hoff Kontakt aufgenommen hatten.

Vors.:

Können Sie heute noch aus der Erinnerung sagen, wie dann diese Zusatzfrage beantwortet worden ist?

Zeuge Schu[lze]:

Ich kann das nicht wörtlich wiederholen, aber ...

Vors.:

Sinngemäß ...

Zeuge Schu[lze]:

... sie hatte sinngemäß hat sie diese Kontakte verneint; oder jedenfalls verneint, sie hat sich sinngemäß derart eingelassen, daß sie sagte, sie habe davon nichts gewußt und sie glaube wohl nicht, daß er diese Kontakte gehabt habe.

Vors.:

Ich will Ihnen zur Gedächtnisstütze vorhalten, was sie laut dem Protokoll geantwortet haben soll und es kommt uns darauf an, ob Sie sich daran erinnern können, wenn nicht, müssen Sie eben nein sagen. Sie soll dann geantwortet haben: „Seine Kontakte zu Mitgliedern anarchistischer Kreise ...“, dann müßte sie nach der Darstellung im Protokoll gestockt haben und dann fortgefahren sein ... „ich bin gerade falsch verstanden worden. Meines Wissens hat Dierk in den Jahren 71, 72 keine Kontakte zu Mitgliedern anarchistischen Kreise oder irgendwelche Terrorgruppen gehabt“.

Zeuge Schu[lze]:

Ach ja, jetzt erinnere ich mich. Ich hatte zu Anfang diese Formulierung gewählt ... ich habe das bei der Vernehmung sowieso derart gemacht, daß ich den Komplex bzw. die Frage zunächst in der Formulierung schon festlegte und sie gefragt habe: „Sind Sie damit einverstanden“. Sie ist ja Amerikanerin und spricht allerdings sehr gut deutsch, ich habe sie gefragt: „Wollen Sie, daß ich einen Dolmetscher hinzuziehe?“ oder ähnliches, darauf verzichtete sie. Auch während der Vernehmung habe ich sie ein paarmal gefragt. Und was diese Formulierung anbetraf, die hatte sie sogar noch verbessert, in dem sie sagte: „Nein, so ist das nicht“ usw. und deshalb habe ich dann diese andere Passage da reingefügt, damit da nicht irgendwie ein falscher Schlenker[h] reinkam.

[9989] Vors.:

Es würde also dann bedeuten, ich weiß nicht, ob Sie sich nun tatsächlich daran erinnern, daß Frau Sorenson solche Kontakte ihres Freundes zu anarchistischen Kreisen in Ergebnis dann verneint hat.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, so ist es gewesen.

Vors.:

Und hat sich daran nun nicht ein Vorhalt Ihrerseits angeknüpft? Sie sagten ja, Sie kannten den Verdacht, der sich gegen Herrn Hoff richtete.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das war, glaube ich, nachdem ich jetzt das ganze Vorleben wußte, die engen Verbindungen zwischen ... und das war dann der Ausgangspunkt, daß ich mir gesagt habe, das kann ich mir nicht vorstellen, daß, wenn sie bei ihm zu Hause ist und dergleichen mehr, und das alles nicht gesehen haben will oder nicht davon erfahren hat und dergleichen mehr, und so enge Beziehungen zu ihr unterhält, so daß ich sie dann zur Beschuldigten erklärt habe; habe sie entsprechend belehrt und dann ...

Vors.:

Haben Sie ihr nicht vorher ein Vorhalt gemacht? Sie hat also jetzt, wie Sie sich wieder erinnern, selbst Kontakte zu Mitgliedern anarchistischer Kreise oder irgendwelchen Terrorgruppen, wie es hier heißt, wohl verneint. Sie aber hatten Kenntnis vom Verdacht, der sich gegen Herrn Hoff richtete, der genau das Gegenteil besagte, daß er eben doch solche Kontakte gehabt hat. Haben Sie ihr das dann vorgehalten und gesagt ...?

Zeuge Schu[lze]:

Möglicherweise habe ich diesen Vorhalt in der Vernehmung direkt gemacht.

Vors.:

Wissen Sie es nicht mehr heute?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich kann es jetzt nicht mehr sagen.

Vors.:

Dann möchte ich Ihnen zur Gedächtnisstütze bekanntgeben, laut Bl. 4 dieser Vernehmung, sollen Sie im Anschluß an diese verneinende Antwort gesagt haben: „Frau Sorenson, wir wissen, daß Dierk Hoff in den Jahren 71 und 72 für die RAF und Mitglieder der Baader-Meinhof Bande gegen Bezahlung Sprengkörper, Handgranaten und Schloßauszieher angefertigt und Waffen gekauft bzw. verkauft hat.“ Das sollen Sie ihr so ...

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das habe ich ihr denn auch gesagt. Und in diesem Zusammenhang werde ich ihr auch diesen Tatvorwurf, den wir gegen Herrn Hoff hatten, in der Form geschildert haben.

Vors.:

Also das fällt Ihnen wieder ein, daß Sie ihr dann vorgehalten haben, „Sie sagen nein, keine Kontakte, aber wir wissen, daß er doch Kontakte hatte“, und wie hat sie sich daraufhin ... Zunächst also die Frage, fällt Ihnen das jetzt wieder ein, nach ...?

[9990] Zeuge Schu[lze]:

Ja, sie hat dann ... ob ich sie dann sofort zur Beschuldigten machte und dann ... sie hat dann wohl gesagt, daß sie nichts mehr sagen will.

Vors.:

Zunächst die Frage, haben Sie ihr, nachdem sie Kontakte verneint hat, diesen Ihnen soeben vorgehaltenen Vorhalt gemacht?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, den habe ich ihr gemacht.

Vors.:

Und wie hat sie sich daraufhin verhalten?

Zeuge Schu[lze]:

Ich meine, daß sie dann nichts mehr gesagt hat.

Vors.:

Hat sie sich nicht geäußert dazu, ob sie davon was weiß oder ...?

Zeuge Schu[lze]:

Ob sie dann auch diesen Vorhalt noch gesagt hat[i], daß sie davon nichts weiß, was sie vorher in der Vernehmung ja schon ein paarmal gesagt hatte, das weiß ich nicht mehr, das kann ich jetzt nicht sagen. Aber unmittelbar darauf war dann die Vernehmung so gut wie beendet.

Vors.:

Dann auch hier zur Gedächtnisstütze, im Anschluß an den Vorhalt, Sie wüßten oder wir wissen, daß er doch solche Kontakte gehabt hat und das und das gemacht hat, soll sie geantwortet haben: „Ich weiß davon nichts und kann mir nicht vorstellen, daß Dierk so etwas gemacht haben soll“, fällt Ihnen das wieder ein, daß sie sich ...?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ja.

Vors.:

Daß sie also ihr eigenes Wissen verneint hat?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das hat sie ... sie hat das verneint; wenn ... also sinngemäß, wenn derartiges gewesen ist, dann habe ich davon nichts gewußt.

Vors.:

Und daraufhin sollen Sie laut Protokoll ihr gesagt haben: also bei diesen engen Beziehungen, die Sie jetzt erfahren haben, müßten Sie sie als Beschuldigte behandeln und entsprechend belehrt haben wegen Nichtanzeige von drohenden Verbrechen.

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie im Anschluß daran eben, wie Sie schon vorher geschildert haben, praktisch keine Angaben mehr gemacht hat, sondern nach einem Rechtsanwalt verlangte und ...?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das ist[j] richtig, sie hat dann überhaupt keine Angaben mehr gemacht und hat nach dem Rechtsanwalt verlangt und der hat sie auch aufgesucht.

Vors.:

Hat sie dieses Vernehmungsprotokoll in irgendeiner Form unterschrieben.

Zeuge Schu[lze]:

Nein, das hat sie nicht unterschrieben. Ich erinnere mich, daß der Rechtsanwalt ihr riet, nichts zu unterschreiben, auch nichts mehr auszusagen und sie hat auf Anraten ihres Rechtsanwalts die Unterschrift verweigert.

[9991] Vors.:

Wissen Sie, ob Frau Sorenson später nochmals vernommen worden ist?

Zeuge Schu[lze]:

Das ist mir nicht bekannt.

Vors.:

Ist Ihnen nicht bekannt.

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe Frau Sorenson noch nicht wiedergesehen.

Vors.:

Danke.

Zeuge Schu[lze]:

Doch, ich habe sie ... ich muß einflechten, ich habe sie nochmal wiedergesehen. Und zwar bin ich noch einmal in ihrer Wohnung gewesen, mit Kollegen und da habe ich sie nochmal kurz gesehen. Also damit wollte ich nur berichtigen, daß ich sie doch noch einmal wiedergesehen habe, später.

Vors.:

Ich darf Ihnen doch noch zur Gedächtnisstütze mitteilen: laut Bl. 5 des Protokolls, ist es nicht ganz so gewesen, daß nach ihrer Belehrung, daß sie nunmehr als Beschuldigte behandelt werde und der Belehrung, daß sie sich jetzt nicht mehr zu äußern brauche usw. und so fort, soll sie doch noch einen Satz gesagt haben, nun nicht mehr als Zeugin, sondern als Beschuldigte.

Zeuge Schu[lze]:

Also da würde ich Sie bitten, mir[k] den Satz vorzulesen, ich kann mich daran nicht mehr erinnern.

Vors.:

Gut, aber bitte, Sie sollen uns dann eben nur sagen, ja, ich erinnere mich daran oder ich kann mich nicht erinnern, das ist dann klar.

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

Vors.:

Sie soll dann erklärt haben: „Ich kann zu dem Tatvorwurf nichts sagen, denn ich weiß von der ganzen Angelegenheit nichts; das, was ich sagen kann, habe ich bereits in meiner Vernehmung als Zeugin ausgesagt“.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich glaube, sie legte sogar Wert darauf, daß diese Passage mit reinkam, in die Vernehmung.

Vors.:

Das würde also bedeuten, daß sie auch als Beschuldigte sagte, ich weiß von der Sache nichts. Ist das richtig?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, sie blieb dabei.

Vors.:

Sonstige Fragen beim Gericht an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Die Herren der Bundesanwaltschaft?

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Zeuge, ich habe eine Frage. Sie sind bereits gefragt worden, wie Frau Sorenson reagiert hat, nachdem Sie ihr den strafrechtlichen Vorwurf, der gegen Herrn Hoff bestand, mitgeteilt haben. Mich interessiert nun weniger, was Frau Sorenson gesagt, was sie Ihnen geantwortet hat, sondern wie sie sich verhalten hat. Ob Sie als Kriminalbeamter eine Gemütsbewegung feststellen konnten,[l] [9992] war sie unbewegt, war sie überrascht oder war sie erschüttert, was konnten Sie hier feststellen?

Zeuge Schu[lze]:

Ich meine, sie war ein bißchen verwirrt, als ich ihr das sagte. Ich konfrontierte sie da mit einem Sachverhalt, den sie wohl nicht erwartet hatte, und ich hatte den Eindruck, als wenn sie verwirrt war und deshalb zunächst mit dem Rechtsanwalt Rücksprache halten wollte.

BA Dr. Wu[nder]:

Dankeschön.

Vors.:

Bitte, Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Schulze, war Herr Hoff zum Zeitpunkt der Vernehmung von Frau Sorenson schon vernommen?

Zeuge Schu[lze]:

Die Vernehmung des Herrn Hoff lief parallel zu der Vernehmung der Frau Sorenson.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Woher haben Sie dann, wenn die Vernehmung parallel lief, die Beschuldigung von Herrn Hoff gewußt?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich war ja schon zu Anfang, morgens gleich bei der Durchsuchung zugegen und ich wußte aus dem Gesamtsachverhalt, welcher Tatvorwurf Herrn Hoff gemacht wurde.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Haben Sie auch noch während der Vernehmung der Frau Sorenson mit den Kollegen, die den Herrn Hoff vernommen haben, Kontakt gehalten?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, es waren ... mit den Kollegen eigentlich nicht, zu der Zeit war ein Vertreter der Bundesanwaltschaft auch im Polizeipräsidium, und ich habe nochmal mit dem Vertreter der Bundesanwaltschaft gesprochen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich möchte gerne wissen, ob Sie während der Vernehmung der Frau Sorenson über den Stand, also den inhaltlichen Stand der Vernehmung des Herrn Hoff Kenntnis erlangt haben?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich habe nicht den gesamten Inhalt, ich habe nur gewußt, daß der Herr Hoff die ihn belastenden Tatvorwürfe verneint hat, also sinngemäß, daß er keine Angaben gemacht hat in diesem Sinne.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Hatte denn Frau Sorenson, evtl. über ihren Rechtsanwalt, die Möglichkeit, mit Herrn Hoff während ihrer Vernehmung in irgendeiner Form irgendeinen Kontakt zu bekommen?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, das ist nicht möglich gewesen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke sehr.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Schulze, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie sagen, Sie haben mit Frl. Sorenson die Frage erörtert, ob ein Verlöbnis [9993] besteht, Frl. Sorenson hat das verneint und daraufhin haben Sie davon abgesehen, eine Belehrung vorzunehmen über ein evtl. Zeugnisverweigerungsrecht, habe ich Sie da richtig verstanden?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, da haben Sie mich nicht richtig verstanden. Ich habe sie belehrt, wie ich es vorhin schon erklärte, und habe besonders noch darauf, eben weil sie diese engen Kontakte hatte zu Herrn Hoff, habe ich sie nochmal darauf hingewiesen bzw. habe sie nochmal intensiv gefragt, ob sie sich als verlobt betrachtet und dergleichen, aber die Belehrung ist trotzdem erfolgt.

RA Schi[ly]:

Über ein Zeugnisverweigerungsrecht ...

Zeuge Schu[lze]:

Ja, und ...

RA Schi[ly]:

... gleichwohl.

Zeuge Schu[lze]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Ja, ich meine, ich wollte nur klarstellen, weil, ich glaube, auch der Herr Vorsitzende ...

Vors.:

Ja, ich habe es auch mißverstanden, das ist richtig.

RA Schi[ly]:

Dann, Herr Schulze, Sie wurden gefragt nach den Vorkenntnissen, die Sie nun hatten für die Vernehmung.

Rechtsanwalt Oberwinder erscheint um 9.37 Uhr im Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie dafür irgendwelche Unterlagen, für die Vernehmung von Frl. Sorenson, irgendwelche Vermerke oder ... oder haben Sie das so freihändig gemacht?

Zeuge Schu[lze]:

Der Tatvorwurf gegenüber dem Herrn Hoff, der ist ja[m] in etwa auch in dieser Antwort, bzw. in dem Vorhalt der Vernehmung zusammengefasst und dazu benötige ich keine Unterlagen oder irgendetwas, denn ich war ja unmittelbar bei der Durchsuchung auch zugegen und wußte, um was es ging.

RA Schi[ly]:

Ja, haben Sie denn praktisch von den Vorgang Hoff erst durch die Durchsuchung erfahren, da erst Kenntnisse erworben durch die Durchsuchung oder waren Sie mit diesem Vorgang schon längere Zeit beschäftigt?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich war mit dem Vorgang nicht längere Zeit beschäftigt. Ich hatte ja auch mehr oder weniger hier nur eine Aushilfsfunktion, ich habe die Frau Hoff vernommen und war ja nicht an dem ...

RA Schi[ly]:

Frau Sorenson, meinen Sie?

Zeuge Schu[lze]:

Entschuldigung, habe die Frau Sorenson vernommen und war ja nicht mit Herrn Hoff beschäftigt.

[9994] RA Schi[ly]:

Ja, ich meine, haben Sie irgendwelche Akten gesehen, Ermittlungsvorgänge, die Ermittlungen gegen Herrn Hoff betreffend?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe nicht intensiv in diese Akten Einblick genommen und dergleichen mehr ...

RA Schi[ly]:

Ja, ich frage jetzt nicht nach der Intensität, sondern ob überhaupt?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich wollte gerade weitersprechen, Herr Schily.

RA Schi[ly]:

Ja, bitte.

Zeuge Schu[lze]:

Es ist üblich bei uns, daß wir Einsatzbesprechungen durchführen und dergleichen mehr, so daß jeder in etwa Bescheid weiß, um was es geht, und im Rahmen dieser Einsatzbesprechungen oder wie man es bezeichnen will habe ich dann auch von dem Tatvorwurf erfahren.

RA Schi[ly]:

Ja wie, nur mündlich oder haben Sie Akten studieren können?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich sagte Ihnen schon, daß ich keine Akten studiert habe und dergleichen mehr, daß ich[n] in diesem Rahmen, wie ich ihn vorher erwähnte, von dem Tatvorwurf erfuhr.

RA Schi[ly]:

Ja, mündlich?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich sagte Ihnen doch, daß es mündlich gewesen ist.

RA Schi[ly]:

Also durch eine Einsatzbesprechung.

Zeuge Schu[lze]:

Durch eine Besprechung habe ich davon erfahren.

RA Schi[ly]:

Ja, Sie sagten aber auch, Sie hätten sich nicht intensiv mit Akten beschäftigt; daraus würde ich den Schluß ziehen, daß Sie sich mit Akten beschäftigt haben, aber eben nicht intensiv.

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, möglicherweise habe ich den Durchsuchungsbeschluß gelesen, da kann ich nur sagen, möglicherweise; und in dem Durchsuchungsbeschluß war ja in etwa auch der Tatvorwurf enthalten, aber wenn ich den gelesen habe, dann ist das für mich kein Aktenstudium, dann habe ich lediglich einen Beschluß von einer Seite gelesen und der mir in etwa das gesagt hat ... Ich muß aber sagen, möglicherweise habe ich den gelesen, ich bezweifle es allerdings, ob ich ihn überhaupt gelesen habe, denn das war für mich eine derartige Routineangelegenheit, die man an einem Tag erledigt.

RA Schi[ly]:

Haben Sie im Rahmen dieser Vorkenntnisse auch davon erfahren, daß Herr Hoff in Verdacht steht, Waffen gekauft bzw. verkauft zu haben?

Zeuge Schu[lze]:

Ich glaube nicht, daß der Tatvorwurf gegen Herrn Hoff damals schon so konkretisiert war.

RA Schi[ly]:

Wie kommen Sie dann dazu, Frau Sorenson einen entsprechenden Vorhalt zu machen?

[9995] Zeuge Schu[lze]:

Wenn dieser Vorhalt gemacht worden ist, der Herr Hoff, der stand ja in Verdacht, Sprengkörper für die Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande hergestellt zu haben.

RA Schi[ly]:

Ja, und Sie haben den Vorhalt gemacht, Herr Hoff, er habe Waffen gekauft bzw. verkauft.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, dann, Herr Schily, muß ich mich wieder auf die Vernehmung beziehen, dann werde ich auch darüber vorher etwas erfahren haben. Ich kann in diesem Falle ...

RA Schi[ly]:

Ja, das widerspricht sich ja nun, erst sagen Sie ...

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich weiß, was Sie meinen, Herr Schily, aber ich kann jetzt nach einem Jahr, kann ich Ihnen nichts mehr sagen, was ich da erfahren habe. Wenn ich es damals in der Vernehmung so geschildert habe, und habe es damals in der Vernehmung so festgehalten, dann ist es auch damals so gewesen, und dann habe ich auch in dieser Einsatzbesprechung oder irgendwie in dieser Art der Einsatzbesprechung davon erfahren, denn sonst hätte ich ja diesen Vorhalt nicht machen können.

RA Schi[ly]:

Ja, nur auf meine erste Frage, da haben Sie geantwortet, das ist noch nicht so konkret gewesen, und da haben Sie sich nicht etwa auf die lange Zeit berufen, nicht?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, Herr Schily, ...

RA Schi[ly]:

Da haben Sie es zunächst einmal verneint und dann, nachdem ich Ihnen sage, daß Sie einen entsprechenden Vorhalt gemacht haben, da haben ... berufen Sie sich jetzt auf diesen langen Zeitraum.

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, ich habe mich vorhin, bei der Vernehmung durch den Herrn Vorsitzenden auch immer auf die Vernehmung bezogen und habe gesagt, wenn ich es damals so geschrieben habe, dann ist es damals auch so gewesen, ich hätte ja gar keine andere Veranlassung gehabt. Und wenn ich mich heute, nach 1 Jahr nicht mehr an diese oder jene konkrete Frage erinnern kann, dann ist das für mich jedenfalls ganz selbstverständlich, denn in 1 Jahr, da läuft so viel Arbeit durch unsere Hände, daß man sich an derartige Einzelheiten nicht mehr erinnern kann, sondern da muß man ... jedenfalls kann ich mich dann wieder nur auf das Vernehmungsprotokoll beziehen.

RA Schi[ly]:

Wer war der Kollege, der Sie in der Einsatzbesprechung sozusagen eingewiesen hat?

Zeuge Schu[lze]:

Darauf möchte ich die Antwort verweigern.

RA Schi[ly]:

Warum?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe ... das sind Internas[o] unserer Dienststelle, und [9996] meine Aussagegenehmigung geht nicht so weit.

RA Schi[ly]:

Dann stelle ich den Antrag

eine Aussagegenehmigung einzuholen, die es dem Zeugen gestattet, auch diese Frage zu beantworten.

Ich würde gerne ... im übrigen, ich kenne sie nicht, die ...

Vors.:

Die Aussagegenehmigung lautet: Der Zeuge darf aussagen über sein Wissen, betreffend Vernehmung Sorenson.

Die Ausnahmen sind noch gekennzeichnet, beispielhaft: Einsatzgrundsätze, Auswertungs- und Bekämpfungssysteme, technische Einrichtungen und Einsatzmittel, Methoden der Forschung und Ausbildung in Zusammenarbeit mit anderen Behörden, sowie vertraulich erlangte Informationen, die sind also ausgenommen. Im übrigen erstreckt sich die Aussagegenehmigung nur auf den Bereich, in dem der Beamte im Rahmen seiner Ermittlungen tätig geworden ist.

RA Schi[ly]:

Naja, also ich sehe eigentlich die Aussage ... ich meine, Sie müssen es beurteilen, Herr Zeuge.

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Ich bin eigentlich der Meinung, daß an sich die Aussagegenehmigung durchaus die Beantwortung dieser Frage erfasst; also ...

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich finde, das ist ... ich finde, das sind taktische Einsätze unserer Dienststelle, und ich möchte ...

RA Schi[ly]:

Gehört es zu den taktischen Einsätzen, wenn Sie ...

Zeuge Schu[lze]:

... von der Aussagegenehmigung Gebrauch machen.

RA Schi[ly]:

... das ist mir neu, daß das also zu den taktischen Einsätzen gehört, wenn man vorher Informationen bekommt für eine bestimmte Vernehmung, aber da sind möglicherweise die Auffassungen unterschiedlich. Ich stelle also in erster Linie dann den Antrag,

eine Klarstellung herbeizuführen.

Oder vielleicht kann ich auch mal erfahren, wie der Herr Vorsitzende über diese Frage denkt, denn ich bin der Meinung, daß die Aussagegenehmigung das durchaus umfasst.

Vors.:

Es ist ja nun nicht an sich das Maßgebliche, was ich darüber denke, aber ich gebe Ihnen gerne die Antwort. Ich meine, daß es korrekt ist nach dem Inhalt dieser Aussagegenehmigung, wenn der Herr Zeuge sagt: so weit reicht sie nach meiner Auffassung nicht. Es ist aber nicht meine Beurteilung, es ist seine Beurteilung: „Wissen betreffend Vernehmung Sorenson, ausgenommen Zusammenarbeit, vertraulich erlangte [9997] Informationen und nur ...“

RA Schi[ly]:

Also ich bin nicht der Meinung, daß das darunter fällt und stelle den Antrag

den Zeugen mit den notwendigen prozessualen Mitteln dazu zu[p] veranlassen, die Frage zu beantworten.[12]

Vors.:

Will sich die Bundesanwaltschaft zu diesem Antrag äußern?

BA Dr. Wu[nder]:

Die Bu. Anw.[q] gibt keine Stellungnahme dazu ab.

Vors.:

Keine Stellungnahme dazu ab.

Wir wollen uns die Sache kurz überlegen.

Pause von 9.45 Uhr bis 9.50 Uhr

Ende Band 570

[9998] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 9.50 Uhr.

Vors.:

Wir sind wieder vollzählig. Wir können fortsetzen.

Der Senat hat beschlossen:

1. Der Zeuge ist der Auffassung, seine Aussagegenehmigung decke nicht die Angabe, von wem er über den gegen Herrn Hoff bestehenden Verdacht unterrichtet wurde. Diese Auffassung ist rechtlich vertretbar, so daß kein Anlaß für Maßnahmen zur Erzwingung der Aussage besteht.

2. Der Senat sieht keinen Anlaß, im Rahmen seiner Aufklärungspflicht[13] auf eine Ausdehnung der Aussagegenehmigung des Zeugen hinzuwirken.

Bitte weitere Fragen zu stellen.

RA Schi[ly]:

Herr Schulze, also wenn ich ... bitte berichtigen Sie mich, wenn ich Sie falsch verstanden habe - Ihr Aktenstudium hat sich darin erschöpft, daß Sie den Durchsuchungsbefehl gesehen haben?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, daß ich kein Aktenstudium betrieben habe, ich habe lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die Möglichkeit, daß ich den Durchsuchungsbeschluß gelesen habe. Und daß ich daraus im Zusammenhang mit der ... dieser Einsatzbesprechung den Tatvorwurf erfahren[r] habe. Ob ich den jetzt allerdings gelesen habe, das weiß ich gar nicht mal, das kann ich nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Gut. Also dann können wir es insoweit vielleicht eingrenzen, daß Sie sagen, möglicherweise haben Sie den Durchsuchungsbefehl gelesen. Nun meine Frage, haben Sie möglicherweise auch noch weitere Schriftstücke vorher einsehen können?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich sagte Ihnen doch, daß ich mit Sicherheit durch die Einsatzbesprechung davon erfahren habe und zusätzlich möglicherweise auch das andere noch gelesen habe. Das Schriftstück habe ich in diesem Zusammenhang nicht gelesen, bis auf möglicherweise den Durchsuchungsbefehl.

RA Schi[ly]:

Ah ja, das wollte ich wissen. Also wenn Sie Schriftstücke gelesen haben, dann allenfalls den Durchsuchungsbefehl.

Zeuge Schu[lze]:

Ansonsten ...

RA Schi[ly]:

Weitere nicht, da sind Sie sicher?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, da bin ich sicher.

[9999] RA Schi[ly]:

Und in der Einsatzbesprechung, wie gesagt, wer das war, das dürfen wir hier nicht wissen. Kennen Sie einen Herrn Fernholz?

Zeuge Schu[lze]:

Ich weiß nicht, ob diese Frage im Zusammenhang mit dem anstehenden und zu verhandelnden Stoff steht und bin nicht bereit, die Frage ohne Aufforderung des Herrn Vorsitzenden zu beantworten.

RA Schi[ly]:

Das allerdings ist wohl nicht ... ich meine, das[s] ist vielleicht Ihr Verständnis von der Prozeßsituation Herr Zeuge, aber daß Sie einer Aussagegenehmigung durch den Herrn Vorsitzenden bedürfen, ich glaube, so ist es nicht, aber vielleicht sehen Sie[t] Ihre Situation hier so, dann würde mich das auch interessieren.

Zeuge Schu[lze]:

Ich möchte die Frage deshalb nicht beantworten, Sie können mich doch konkret irgend etwas fragen.

RA Schi[ly]:

Ja was ich kann fragen, da[u] kann ich mir auch einiges vorstellen, nur was ich frage, das bestimme nun mal ich, Herr Schulze.

Vors.:

Es ist natürlich, Herr Rechtsanwalt, immer daran zu denken, der Herr Zeuge ist Beamter. Sein Wissen betreffend Vernehmung Sorenson ist ihm hier als Aussagegebiet genehmigt worden. Wenn jetzt die Frage nach einer weiteren Person kommt, wäre es vielleicht zur Erleichterung seiner Entscheidung, ob er das sagen darf nach seiner Meinung, nützlich, ihm zu erklären, was die Nennung des Namens mit seinem Wissen betreffend mit der Vernehmung Sorenson zu tun hat.

RA Schi[ly]:

Nein, nein, Herr Vorsitzender, also ich denke nicht daran, nun noch den Zeugen meine Fragen zu erklären. Ich habe eine ganz konkrete Frage gestellt, ob er einen Herrn Fernholz kennt, die mag der Zeuge beantworten.

Vors.:

Der Herr Zeuge scheint nicht beurteilen zu können, insofern versuche ich ...

RA Schi[ly]:

Nein, er hat ja nicht an Sie jetzt ...

Vors.:

Darf ich vielleicht, Herr Rechtsanwalt ... darf ich zu Ende führen?

RA Schi[ly]:

Ja, bitte.

Vors.:

Er scheint nicht beurteilen zu können, ob das, was er jetzt antworten soll, mit seinem Wissen über die Vernehmung Sorenson zusammenhängt und deswegen würde ich Ihnen empfehlen, dem Herrn Zeugen vielleicht zu [v] erläutern, inwiefern das damit zusammenhängt.

RA Schi[ly]:

Also ich bedanke mich für die Empfehlung, die ich aber leider nicht verwenden kann. Sie werden aus den Akten wissen, was da [10000] für ein Zusammenhang besteht. Insofern haben Sie offenbar auch gar keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Frage gehabt, und der Herr Zeuge hat sich gar nicht hier irgendwie auf irgendwas ... sondern hat hilfesuchend sich an Sie gewandt.

Zeuge Schu[lze]:

Nein ...

RA Schi[ly]:

Indem er gesagt hat, wenn das ... der Herr Vorsitzende mir die Frage stellt, dann wäre ich vielleicht, würde ich mir überlegen, ob ich sie beantworte, aber ...

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, entschuldigen Sie, wenn ich unterbreche ...

RA Schi[ly]:

Bitte ja, gerne.

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe nicht hilfesuchend an den Herrn Vorsitzenden gewandt, sondern ich habe nicht den Sinn und Zweck dieser Frage im Zusammenhang mit der anstehenden Vernehmung ...

RA Schi[ly]:

Ja, das ist nun nicht Ihre Sache, darüber jetzt sich ... sondern es geht nur zunächst einmal darum, den Inhalt der Frage, wenn Sie den Inhalt der Frage begreifen, dann reicht das.

Vors.:

Das ist eben Ihr Irrtum. Der Herr Zeuge hat ein beschränktes Aussagegebiet nur genehmigt bekommen und deswegen muß er den Zusammenhang erkennen können. Das ist eben die Konsequenz einer Aussagegenehmigung, deswegen habe ich Ihnen die Empfehlung gegeben. Ich kann Sie dazu nicht zwingen, aber ich kann auch nichts dazu, wenn dann der Zeuge sagt: solange ich keinen Zusammenhang zu dem mir genehmigten Aussagegebiet sehe, gebe ich keine Antwort. Das müssen Sie dann ...

RA Schi[ly]:

Ne ne, Herr Vorsitzender, also das wäre ja doch wohl sehr merkwürdig. Wenn ich zum Beispiel fragen würde, ob er Frau Jakob kennt, nicht? Würden Sie mir dann auch erst nochmal die Empfehlung geben ob ich das noch gütigst erläutern soll, was Frau Jakob ... die Frage nach Frau Jakob nun eigentlich mit dem ... mit der Vernehmung heute zu tun hat. Wenn Sie so verfahren wollen, bitte sehr, dann ist das wiederum etwas, was darüber aussagt, wie dieses Verfahren hier gehandhabt wird.

Vors.:

Das ist ein unpassendes Beispiel, aber ich bemerke ...

RA Schi[ly]:

Wieso? Das ist ein sehr passendes Beispiel.

Vors.:

Nein, weil die Zeugin Jakob ja zusammen gearbeitet hat mit dem Herrn Zeugen, so daß der Zusammenhang ohne weiteres erkennbar ist. Es ist ein unpassendes Beispiel, aber ich bemerke wieder, daß die absolut nicht unfreundlich sondern nur zur Vereinfachung gemeinte Empfehlung hier offenbar bei Ihnen eine Protesthaltung [10001] hervorruft. Ich sehe es nicht, warum. Wollen Sie die Frage beantworten nach Herrn Fernholz? Ja oder nein. Sehen Sie einen Zusammenhang?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich beantworte die Frage.

Vors.:

Bitte?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich beantworte Sie.

Vors.:

Bitteschön.

Zeuge Schu[lze]:

Ich kenne Herrn Fernholz.

RA Schi[ly]:

Ja. Und haben Sie ihn im Zusammenhang mit der Vernehmung von Frau Sorenson kennengelernt?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe ihn nicht im Zusammenhang mit der Vernehmung der Frau Sorenson kennengelernt.

RA Schi[ly]:

War Herr Fernholz derjenige, der Sie zunächst mal eingewiesen hat und Ihnen Vorkenntnisse vermittelt hatte für die Vernehmung von Frau Sorenson?

Zeuge Schu[lze]:

Dazu bedurfte es keiner Einweisung, denn das ergab sich aus der Situation, was ich zu tun und zu lassen hatte und ...

RA Schi[ly]:

Sie haben doch von einer Einsatzbesprechung gesprochen, in der Ihnen bestimmte Vorkenntnisse für die Vernehmung vermittelt worden sind. War das Herr Fernholz, der Ihnen diese Vorkenntnisse vermittelt hat?

Zeuge Schu[lze]:

Ich sehe in Ihrer Frage eine Umgehung meiner damaligen Antwort, die ich gegeben habe, als ich mich darauf bezog, daß ich keine Angaben mache zu dem Leiter der Einsatzbesprechung und dergleichen.

RA Schi[ly]:

War der Herr Fernholz derjenige, der diese Verbindungsadresse war, Sie sagten ja, diese beiden Vernehmungen gingen parallel von Herrn Hoff und Fräulein Sorenson. War der Herr Fernholz der Vertreter der Bundesanwaltschaft, an den Sie sich da gewandt haben?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe mich nicht an Herrn Fernholz gewandt.

RA Schi[ly]:

Wer war das?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe in dem Zusammenhang nicht mit ihm gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wer war denn das?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe mit Herrn Nehm gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wie hieß der?

Zeuge Schu[lze]:

Herr Nehm.

RA Schi[ly]:

Können Sie mal buchstabieren?

Zeuge Schu[lze]:

N - E - H - M.

RA Schi[ly]:

Nehm.

[10002] Bundesanwalt Nehm? Staatsanwalt Nehm?

Zeuge Schu[lze]:

Staatsanwalt Nehm.

RA Schi[ly]:

Staatsanwalt Nehm. Was hatte denn Herr Staatsanwalt Nehm mit diesem Ermittlungsvorgang zu tun?

Zeuge Schu[lze]:

Ja also ich bin eigentlich nicht gewillt, weiter in dieser Angelegenheit weiter solche Fragen zu beantworten.

RA Schi[ly]:

Ja das verstehe ich nicht, Herr Schulze. Auf die Frage des Herrn Bundesanwalts, ich glaube, es war Herr Widera, wenn ich das jetzt noch richtig im Kopf habe, da haben Sie die Frage an sich doch ohne große Reserven beantwortet und warum jetzt bei der Verteidigung anders?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe Ihnen doch, obwohl ich nach meiner Auffassung nicht zu antworten brauchte in diesem Komplex, solange Sie mich[w] darüber im unklaren lassen, welchen Zusammenhang Sie zwischen dieser Fragestellung und dem zur Sache anstehenden Komplex herstellen wollen und dergleichen mehr, habe ich mich trotzdem bereit erklärt, einige Fragen in dieser Richtung und so weiter zu beantworten. Aber ...

RA Schi[ly]:

Da sind Sie schon ... naja. Wollen wir uns nicht in solche Debatten einlassen, aber ich sehe überhaupt keine ...

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, ist das nicht, was ich Ihnen ... ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, stellen Sie mir doch bitte konkrete Fragen wo ich den Sachzusammenhang ...

RA Schi[ly]:

Ja, die Frage war doch konkret wohl genug, nicht?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, wo ich auch den Sachzusammenhang zur Vernehmung erkenne, hier erkenne ich den nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, das ist aber wirklich nicht Ihre Sache, darüber ... das ist Sache des Gerichts, das ist Sache des Gerichts und ich würde auch vorschlagen, daß die Heiterkeit vielleicht sich ein bißchen eingrenzt beim Gericht.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, es ist keine Heiterkeit, die Ihnen irgendwie kränkend[x] vorkommend müßte[y], es geht darum, daß ich dem Herrn Zeugen ...

RA Schi[ly]:

Nein, ach wissen Sie, ich habe hier so viele Sachen erlebt, also da habe ich eine Hornhaut.

Vors.:

... daß Sie nicht dem[z] Herrn Zeugen etwa eine rechtliche Belehrung geben, die nicht zutrifft. Dazu sind Sie weder kompetent noch stimmt es, was Sie sagen. Er muß beurteilen können, ob er darüber eine Aussage machen darf oder nicht nach der gegebenen Genehmigung, [10003] deswegen muß er ein eigenes Urteil über den Sachzusammenhang treffen können. Es läßt sich nicht umgehen, das ist nun mal bei einer Einschränkung der Aussagegenehmigung notwendig.

RA Schi[ly]:

Ja sicher, bei der Aussagegenehmigung, das hat er zu beurteilen, sonst nichts und über Sachzusammenhang hat er überhaupt nichts, es ist Sache des Vorsitzenden.

Vors.:

Das ist doch der Sachzusammenhang ...

RA Schi[ly]:

Nur die Frage nach der ...

Vors.:

... Sachzusammenhang zu seinem Wissen betreffend Vernehmung Sorenson, und solange Sie ihm den nicht klar machen, laufen Sie die Gefahr - deswegen versuchte[aa] ich, zu vermitteln - daß der Herr Zeuge Ihnen eben keine Antwort gibt.

RA Schi[ly]:

Nein nein, ich meine, da muß schon auch, wenn Sie sagen, als ich kann jetzt jede Frage erst nochmal erläutern, das wäre natürlich eine hübsche Sache dann mit der Aussagegenehmigung. Ich meine, ich finde ohnehin diese Frage der Aussagebeschränkung, wie man das wohl besser nennt, eine sehr fragwürdige Angelegenheit, aber ich wundere mich, daß die Fragen nach dem sogenannten Sachzusammenhang nur kommen, wenn die Verteidigung fragt, Wenn die Bundesanwaltschaft fragt, dann hat offenbar der Zeuge überhaupt gar keine Schwierigkeiten, den zu erkennen und ich bin ja jetzt bei derselben Frage wie der Herr Bundesanwalt Widera. Herr Widera hat sich danach erkundigt, darf ich zunächst mal zu Ende, dann unterbreche ich gerne, Herr Widera, hat sich doch zunächst einmal danach erkundigt, wie[bb] hat der Herr Zeuge etwas über den Fortgang der Vernehmung des Herrn Hoff erfahren. Durch wen. Und dann hat er gesagt, durch einen Vertreter der Bundesanwaltschaft.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

RA Schi[ly]:

Ja, bitte.

Vors.:

Bitte, Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Wie immer beliebt es Herr Schily, Herr Rechtsanwalt Schily, mit kleinen Unrichtigkeiten hier zu hantieren. Ich habe nicht nach irgendeiner Person gefragt, der Zeuge hat auch nicht gesagt, daß er irgendetwas durch einen Vertreter der Bundesanwaltschaft erfahren habe. Meine Frage ging dahin, ob er, der Zeuge, mit dem Vernehmungsbeamten des Herrn Hoff während der Vernehmung der Frau Sorenson Kontakt gehalten habe. Ob ein Kontakt bestanden habe, ob er die Möglichkeit gehabt habe, zu dem Stand, dem inhaltlichen Stand der Vernehmung, von diesem Stand der Vernehmung [10004] Kenntnis zu erhalten. Nicht durch wen.

RA Schi[ly]:

Ja, das ist sicherlich richtig, Herr Bundesanwalt Widera, und Ihre merkwürdige Sensibilität, die Sie hier produzieren und mir dann gleichzeitig wieder so hier vorwerfen „wie immer mit kleinen Unrichtigkeiten“ das können wir vergessen ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

... Ihre Vorhalte, die ...

RA Schi[ly]:

... aber die Antwort war doch zunächst einmal, die Frage ging nach dem Kontakt, und die Antwort bezog sich auf die Person, und wenn ich da etwas falsch gehört habe, dann können wir ja gerne mal das Protokoll noch einmal zurückspulen, das ist ja das so schöne, daß wir das Tonband haben, das werden Sie doch hoffentlich nicht[cc] bestreiten, daß der Zeuge gesagt hat, daß da ein Vertreter der Bundesanwaltschaft war, an den er sich gewandt hat und den hat er uns ja sogar namentlich bekanntgegeben. Und nun frage ich, nun habe ich gefragt ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Rechtsanwalt ...

RA Schi[ly]:

Nun habe ich gefragt, welche Aufgaben und welche ... welche Aufgaben, und da würde ich jetzt bitten, mich nicht weiter zu unterbrechen ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Rechtsanwalt Schily, darf ich ...

RA Schi[ly]:

Moment, nein ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, dann darf ich um’s Wort bitten.

RA Schi[ly]:

... jetzt bin ich bei meiner Frage und bei meiner Befragung des Zeugen, welche Aufgaben hatte der Herr Nehm im Zusammenhang mit der Vernehmung des Fräulein Sorenson.

Vors.:

Augenblick, ich darf jetzt zunächst mal feststellen, daß dieses Hin und Her doch gezeigt hat, daß es neue Fragen sind, die gestellt werden, die keineswegs von der Bundesanwaltschaft in dieser Weise gestellt worden sind, und daß also der Herr Zeuge im Einzelfall nach wie vor die Möglichkeit hat, zu beurteilen, ob die Aussagegenehmigung eine Antwort deckt oder nicht. Herr Bundesanwalt Widera, ich glaube, es war keine Entscheidung des Gerichts gefordert. Bedarf es einer Erwiderung zu dem, was gesagt worden ist? Ich glaube nicht mehr.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

RA Schi[ly]:

Nein, Herr Vorsitzender, ich bin jetzt nicht ... werde einen Antrag stellen, [dd] die Bundesanwaltschaft beanstandet die Frage, dann ist es in Ordnung, sonst habe ich jetzt das Fragerecht.

[10005] Vors.:

So ist es an sich richtig. Deswegen meine ich auch, es ist keine Entscheidung des Gerichts gefordert, so daß es keiner weiteren Ausführung mehr bedarf, es ist allerdings so, Herr Rechtsanwalt Schily, daß Sie Herrn Bundesanwalt Widera zitiert haben, und wenn Sie ihn nach seiner Auffassung, was der Fall zu sein scheint, nicht richtig zitiert haben, muß er schon die Möglichkeit haben, eine kurze Korrektur anzubringen.

RA Schi[ly]:

Ja, natürlich, die Bundesanwaltschaft hat hier immer das Recht, das ist ja wohl klar.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, mir reicht an sich[ee] das, was Sie gesagt haben mit der kleinen Ergänzung, daß das, als von der Bundesanwaltschaft die Rede war und der Name Nehm ...

RA Schi[ly]:

Ja, Herr Vorsitzender, wie ist es ... wird ein Antrag gestellt oder was ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

... auf die Frage des Herrn Schily vom Zeugen geantwortet wurde und nicht auf meine Frage.

Vors.:

Gut. Das ist klar erkannt[ff]. Für alle Prozeßbeteiligten der Name des Herrn der Bundesanwaltschaft ist von Herrn Schily erfragt worden.

RA Schi[ly]:

Das ist sicher richtig, das habe ich auch nie anders behauptet, Herr Widera.

Vors.:

Gut. Jetzt bitte ich weitere Fragen zu stellen ...

RA Schi[ly]:

So, ja und jetzt frage ich, ich komme auf die Frage wieder zurück, es ist etwas mühsam, Herr Zeuge, tut mir leid, was, welche Aufgaben hatte der Herr Nehm im Zusammenhang mit der Vernehmung von Herrn Hoff und Fräulein Sorenson.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich bin nicht gewillt, diese Fragen weiter zu beantworten. Ich sehe darin, daß ich in gewisser Weise ein Einsatzkonzept preisgebe, wenn ich zu den Aufgabenbereichen der eingesetzten Beamten Stellung nehme und ich bin der Meinung, daß das durch meine Aussagegenehmigung nicht abgedeckt ist, daß ich darauf antworte.

RA Schi[ly]:

Ja, aber ich spreche doch ausdrücklich von der Vernehmung Sorenson. Ich dachte, das ist immerhin in Ihrer Aussagegenehmigung enthalten. Welche Mitteilungen hat Ihnen denn der Herr Nehm im Einzelnen gemacht?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe mit Herrn Nehm Rücksprache gehalten, habe ihm gesagt, wie die Vernehmung bei mir gelaufen ist und habe dann [10006] den Stand der Vernehmung Hoff erfahren und habe die Beschuldigte Sorenson entlassen.

RA Schi[ly]:

Ach, Sie haben erst nach Abschluß der Vernehmung von Fräulein Sorenson von dem Stand der Vernehmung Hoff erfahren?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe nicht nach Abschluß der Vernehmung davon erfahren.

RA Schi[ly]:

Sondern?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe mir auch schon zwischenzeitlich, als der Rechtsanwalt geholt wurde, habe ich auch mit dem Vertreter der Bundesanwaltschaft gesprochen.

RA Schi[ly]:

Als der geholt wurde, aber da war die Vernehmung ja schon praktisch abgeschlossen von Fräulein Sorenson, nicht?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich weiß nicht, Herr Schily, worauf Sie raus wollen, ich möchte Sie doch bitten, mir eine konkrete Frage zu stellen.

RA Schi[ly]:

Das ist doch, ein Vorhalt ist das.

Zeuge Schu[lze]:

Ich erkenne den Vorhalt nicht, würden Sie ihn bitte nochmal formulieren?

RA Schi[ly]:

Ja gerne, Sie sagten, Sie hätten schon gesprochen mit dem Herrn Nehm, als der Rechtsanwalt geholt wurde und da halte ich Ihnen vor, daß doch praktisch zu diesem Zeitpunkt die Vernehmung von Fräulein Sorenson abgeschlossen war. Können Sie jetzt den Inhalt des Vorhalts erkennen, Herr Zeuge?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe vorhin schon mal gesagt, daß ich während der Vernehmung den Stand der Vernehmung Hoff erfahren habe.

RA Schi[ly]:

Ja, wann war denn das? In welchem Stadium der Vernehmung?

Zeuge Schu[lze]:

Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, ob das nach der ersten halben Stunde gewesen ist, oder wann es gewesen ist, das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie die Vernehmung dann unterbrochen?

Zeuge Schu[lze]:

Ich mußte da ... natürlich habe ich die Vernehmung unterbrochen, weil doch der Rechtsanwalt geholt werden mußte und dergleichen mehr.

RA Schi[ly]:

Nein, ich meine, Sie sagten ja, während der Vernehmung haben Sie sich über den Stand orientiert. Haben Sie die Vernehmung unterbrochen?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich weiß nicht, wenn ein Herausgehen aus dem Zimmer als Unterbrechung einer Vernehmung angesehen werden kann ...

RA Schi[ly]:

Würde ich schon sagen.

Zeuge Schu[lze]:

Dann kann es möglich gewesen sein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie das in’s Protokoll aufgenommen?

[10007] Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich weiß nicht, wann, zu welchem Zeitpunkt ich rausgegangen bin. Herr Schily, ich nehme auch nicht in’s Protokoll auf, wenn ich mal kurzfristig während der Vernehmung zur Toilette gehe.

RA Schi[ly]:

Das ist vielleicht doch ein Unterschied, Herr Zeuge.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich weiß nicht, da ist auch nach Ihrer Interpretation eine Unterbrechung der Vernehmung.

RA Schi[ly]:

Also wenn Sie mit jemand Rücksprache halten, die Vernehmung unterbrechen, würde ich sagen, gehört das ins Protokoll, aber das ist sicher ...

Vors.:

Ich bitte doch, Fragen zu stellen und nicht solche Belehrungen zu geben ...

RA Schi[ly]:

Das ist ein Vorhalt, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ich kann keine Frage daran jetzt im Augenblick geknüpft sehen ...

RA Schi[ly]:

Ich frage ob das ins Protokoll aufgenommen wird.

Vors.:

Der Herr Zeuge sagte, soweit ich ihn verstanden habe, nein.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Vors.:

Der Herr Zeuge hat, soweit ich ihn verstanden habe, gesagt, nein.

RA Schi[ly]:

Das habe ich nicht gehört. Das habe ich nicht gehört, Herr Vorsitzender, wann hat er nein gesagt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, wollen Sie jetzt mit mir ...

RA Schi[ly]:

Ja, ja, wann hat er nein gesagt?

Vors.:

Ich sagte, soweit ich ihn verstanden habe, hat er auch das Beispiel dazu gebracht, auch wenn er auf die Toilette ginge, würde so etwas nicht als Unterbrechung eingetragen ...

RA Schi[ly]:

Ja, das ist eine andere Sache ...

Vors.:

Daraus schloß ich, daß er den Fall genauso behandelt ...

RA Schi[ly]:

Ach gut, naja mit Schlüssen wollen wir doch ein bißchen vorsichtig ... sie können doch nicht etwa sagen, soweit ...

Vors.:

Und Sie sollen Fragen stellen ...

RA Schi[ly] (mit lauter Stimme):

Nein, nein, Herr Vorsitzender, Sie können hier nicht einfach auftreten und sagen, soweit ich weiß, hat er gesagt, und dann hinterher sagen, das habe ich geschlossen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie kriegen wahrscheinlich die Gelegenheit nicht mehr, daß Sie irgendwie durch diese Art, wie Sie jetzt im Augenblick die Fragen betreiben, hier wieder Unruhe in das Verfahren bringen, das ist sicher nicht der Fall.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, was ist denn das[gg] eigentlich ...

[10008] RA Dr. He[ldmann]:

Wie ist das gemeint, Sie geben die Gelegenheit nicht mehr?

Vors.:

Ich darf Sie jetzt darauf hinweisen, daß ich es nicht zulassen kann, daß im Rahmen einer Befragung des Zeugen der Zeuge nun belehrt wird, was seine Pflicht gewesen wäre, einzutragen ins Protokoll oder nicht. Sie können Fragen stellen, aber ich bitte Sie nochmals, unterlassen Sie derartige Belehrungen. Und Ihre Ansichten darüber, was Sie für notwendig halten, was ins Protokoll gehört und so weiter, können Sie in einer Erklärung nach § 257[ StPO],[14] wenn Sie wollen, kundtun, hier haben Sie nur Fragen zu stellen an den Herrn Zeugen ...

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, Sie irren sich, Sie irren sich gründlich. Ich habe selbstverständlich das Recht als Verteidiger, einen Vorhalt[15] zu machen, was meiner Meinung nach üblicherweise ins Protokoll gehört, und Sie irren sich noch viel gewaltiger und ich bitte Sie, auch in Zukunft das zu unterlassen, wenn Sie meinen, Sie könnten eine falsche Aussage hier wiederholen, Ihres Wissens und dann hinterher noch sagen, ja das ist eine Schlußfolgerung Diese Form [hh] der Verhandlungsführung, die beanstande ich ausdrücklich. Und wenn Sie sagen, die Unruhe, hier soll Unruhe produziert werden, dann kann ich nur sagen, Sie sind der Anlaß dafür, Herr Vorsitzender, nicht die Verteidiger.

Vors.:

Stellen Sie jetzt bitte Fragen.

RA Schi[ly]:

Und jetzt die Frage, Herr Zeuge, was haben Sie nun gemacht, haben Sie die Unterbrechung der Vernehmung im Protokoll vermerkt oder nicht?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe Ihnen gesagt, wenn ich mal auf den Flur gegangen bin, dann ist das für mich keine Unterbrechung der Vernehmung weil es dann so kurzfristig gewesen ist, daß es sich höchstens um Minuten oder eine Minute gehandelt hat und dergleichen.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie das noch, wie lange Sie mit Herrn Nehm gesprochen haben?

Zeuge Schu[lze]:

Nein. Auf keinen Fall ist es lange gewesen.

RA Schi[ly]:

Kann es eine Viertelstunde gedauert haben?

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Kann es eine Viertelstunde gedauert haben, die Rücksprache mit Herrn Nehm?

Zeuge Schu[lze]:

Ich bezweifle, daß es so lange gewesen ist. Wissen Sie, Herr Schily, die Frau Sorenson war für uns ja gar nicht so interessant zu [10009] diesem Zeitpunkt. Und allein aus dieser Situation heraus ergibt sich vielleicht auch schon, daß man da gar nicht so viel Arbeit investiert.

RA Schi[ly]:

Zu welchem Zeitpunkt ist sie denn für Sie interessant geworden?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe Ihnen doch gesagt, wenn sie so interessant gewesen wäre oder irgendetwas, wir haben ... ich habe sie doch nur zur Beschuldigten gemacht nach [§ ]138[ StGB][16] oder irgend etwas ... nicht irgend etwas, sondern nach [§ ]138[ StGB] und daraus können Sie doch auch schon schließen, daß Sie im Endeffekt doch für uns gar nicht als derartig interessante Person galt.

RA Schi[ly]:

Herr Schulze, Sie sagten, zu dem Zeitpunkt war sie doch für uns gar nicht interessant. Ich frage Sie, war sie zu einem anderen Zeitpunkt für Sie interessant?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, dann habe ich ... wenn ich das vorhin gesagt habe, dann dürfen Sie das nicht so interpretieren, daß es heißt, zu einem anderen Zeitpunkt ... für mich, ich sagte vorhin schon, ich sagte vorhin schon, ich habe nur an diesem einen Tag mit der Frau Sorenson zu tun gehabt und das ist für mich eine derartige Routinesache gewesen, die ich alle Tage durchführe ähnlicher Art.

RA Schi[ly]:

Sie haben Frau Sorenson später nochmal gesehen, sagten Sie?

Zeuge Schu[lze]:

Ja ich sagte ...

RA Schi[ly]:

... mit einem Kollegen, wer war der Kollege?

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Sie haben später Fräulein Sorenson noch einmal gesehen sagten Sie.

Zeuge Schu[lze]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Und zwar in der Wohnung zusammen mit einem Kollegen. Können Sie mir sagen, wer der Kollege war?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich möchte mich auch hier auf mein[ii] Aussageverweigerungsrecht beziehen.

RA Schi[ly]:

Aussageverweigerungsrecht?

[jj] Zeuge Schu[lze]:

Oder meine Aussagegenehmigung deckt das nach meiner Meinung nicht ab, daß ich Ihnen die Namen meiner Kollegen preisgebe, die irgendwann eingesetzt sind.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da mit Frau Sorenson auch gesprochen bei diesem Besuch in der Wohnung?

[10010] Zeuge Schu[lze]:

Sicherlich habe ich „Guten Tag“ gesagt, aber über die Sache nicht.

RA Schi[ly]:

Keinerlei Gespräche mehr?

Zeuge Schu[lze]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Was war der Anlaß denn dieses Besuches in der Wohnung? „Guten Tag“ zu sagen?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich hatte im Rahmen einer Ermittlungsmaßnahme dort zu tun.

RA Schi[ly]:

In welcher Art war diese Ermittlungsmaßnahme?

Zeuge Schu[lze]:

Die bezieht sich nicht hier auf die Vernehmung der Frau Sorenson und aus diesem Grunde möchte ich dazu nichts sagen.

RA Schi[ly]:

Bezog sich die auf das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Hoff?

Zeuge Schu[lze]:

Ich bin hier, um zur Sache Sorenson auszusagen und zu Vernehmungskomplexen, auf diese Frage antworte ich nicht.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, außerhalb von Vernehmungen haben Gespräche mit Fräulein Sorenson stattgefunden, von denen Sie entweder unmittelbar oder mittelbar Kenntnis erhalten haben.

Zeuge Schu[lze]:

Ich bin darüber nicht informiert, ich sagte vorhin schon, daß ich nur dieses eine Mal und das spätere Mal noch ganz kurz ... das eine mal intensiver mich mit der Frau Sorenson beschäftigt habe und was nachher geschehen ist, weiß ich nicht, kann ich nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie einen Herrn Freter?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, Herr Schily, ich kann Ihnen eigentlich nur wieder das sagen, allein die Frage erweckt bei mir den Verdacht, als wenn Sie auf diese Art Kollegen, die irgendwo eingesetzt sind, die Namen der Kollegen und so weiter, als sie nicht hier in einem Sachzusammenhang und so weiter, erzählen soll und deshalb bin ich wenig geneigt, Ihnen auch hierauf etwas zu sagen.

RA Schi[ly]:

Wenig geneigt.

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich habe Ihnen vorhin gesagt, als[kk] ich den Namen des Vertreters der Bundesanwaltschaft gesagt habe, da habe ich Ihnen gesagt, daß ich das aus ... nicht aus Überzeugung heraus daß ich dazu verpflichtet bin, sondern ich habe es deshalb gesagt, ich habe gedacht, naja, damit Sie nicht den Eindruck haben, ich verweigere Fragen, die Sie stellen, den sollen Sie überhaupt nicht haben. Aber ich muß doch hinter diesen Fragen [10011] irgendetwas erkennen können[ll], Herr Schily, und ich bin auch hier, das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt, um zur Sache Sorenson vernommen zu werden.

RA Schi[ly]:

Ja, genau. Herr Freter ...

Zeuge Schu[lze]:

Und die Vernehmung, Vernehmung Sorenson, die hat sich doch bezogen auf den 3.7. ...

RA Schi[ly]:

Jaja.

Zeuge Schu[lze]:

... und dazu haben Sie mich doch gefragt und jetzt fragen Sie auf einmal, kennen Sie den Herrn Freter, kennen Sie den und jenen.

RA Schi[ly]:

Ja nur der ist nicht der und jener sondern der spielt hier im Verfahren [mm] durchaus eine Rolle, der Herr Freter und meine Frage geht dahin, ob Sie ihn vor Ihrer heutigen Aussage hierbei in der Verhandlung gesprochen haben. Und wann zuletzt.

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte, ich habe das nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Ob Sie Herrn Freter ... mit Herrn Freter gesprochen haben vor Ihrer heutigen Vernehmung und wann das letzte Mal.

Zeuge Schu[lze]:

Natürlich habe ich, und damit beantworte ich Ihnen auch schon die Frage, ob ich Herrn Freter kenne oder nicht, Herr Freter ist ein Kollege von mir und natürlich sieht man sich im Haus und spricht mal auch über dieses oder jenes, aber über die Vernehmung haben wir überhaupt nicht gesprochen. Jetzt habe ich Ihnen auch die Frage beantwortet, ob ...

RA Schi[ly]:

Hat Ihnen Herr Freter über seine eigene Vernehmung mal berichtet hier, der ist nämlich hier auch vernommen worden?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe von Herrn Freter in diesem Zusammenhang nichts erfahren. Das ist für mich auch gar nicht ... das ist für mich auch nicht interessant, oder so interessant, um das zu erfragen, was hier oder da gelaufen ist und dergleichen mehr. Und um Ihre Frage ganz konkret zu beantworten, Herr Schily, ich habe mit Herrn Freter über diese Vernehmung und auch über das, was da gelaufen ist oder was er hier was ihm für Fragen gestellt worden sind und was er zu dem Komplex gesagt hat, nicht gesprochen.

RA Schi[ly]:

Gut. An wen haben Sie [nn] eigentlich dann den Aktenvorgang, also diese Vernehmung ist das, war da[oo] eigentlich schon eine Akte da?

Zeuge Schu[lze]:

Ich weiß nicht ...

RA Schi[ly]:

Im Zusammenhang mit der Vernehmung von Fräulein Sorenson. Gab es da eine Akte oder gab’s da noch gar nichts.

[10012] Zeuge Schu[lze]:

Ich weiß nicht, was ist bei Ihnen eine Akte?

RA Schi[ly]:

Eine Akte ist meinethalben schon ein Aktendeckel und vielleicht ein Vordruck, ich weiß nicht, Vordruck 95 oder was der Teufel, wie das bei Ihnen anfängt.

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, wir pflegen immer vorbereitete ... irgendwelche Einsätze zu gehen, ja, und sicherlich heften wir auch Papier ... nicht Papier sondern schriftliche Unterlagen, die für das Verfahren für den Einsatz und so weiter, interessant erscheinen, ab in einem Ordner oder Aktendeckel und somit dürfte dann nach Ihrer Auffassung eine Akte da gewesen sein, aber ...

RA Schi[ly]:

War die Akte schon vorher da, bevor Sie mit der Vernehmung begonnen haben, oder war ... begann die dann mit dem Protokoll hier Vernehmung Sorenson.

Zeuge Schu[lze]:

Herr Schily, Sie stellen mir wieder Fragen, die ich zum Teil vorhin schon beantwortet habe und die ich Ihnen einfach nicht beantworten kann, denn ich benötigte für diese Vernehmung keine Akte.

RA Schi[ly]:

Ob Sie sie benötigt ... das ist eine andere Frage, ob Sie sie hatten, deshalb ...

Zeuge Schu[lze]:

Da habe ich mich ja auch nicht darum gekümmert.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Schu[lze]:

Ich habe mich auch nicht darum gekümmert, ob irgendwo Akten vorhanden sind oder dies oder jenes ist.

RA Schi[ly]:

Hier nicht irgendwo interessiert doch gar nicht, jetzt geht es doch nur mal, Sie gehen da, nehmen wirs doch ganz konkret, Sie sind da irgendwo im Vernehmungszimmer, haben Sie da vor sich eine Akte auf dem Tisch oder nicht?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, das habe ich Ihnen doch vorhin gesagt.

RA Schi[ly]:

Haben Sie nicht. Und jetzt machen Sie also ... nehmen sich irgendwie hier den Vordruck, den Sie da offenbar verwenden in Bonn und machen also die Vernehmung. Wurde die eigentlich erst stenografisch oder wurde die sofort in die Maschine diktiert?

Zeuge Schu[lze]:

Die wurde sofort in die Maschine diktiert.

RA Schi[ly]:

Gut, also ...

Zeuge Schu[lze]:

Und die Vernehmung, ich möchte nur berichtigen, Sie sagten den Vordruck, den Sie in Bonn verwenden, wir haben die Vernehmung ja in Frankfurt beim Polizeipräsidium ...

RA Schi[ly]:

Oder in Frankfurt, Entschuldigung. In Frankfurt, ja. [10013] Aber mit dem Vordruck des Bundeskriminalamtes, nicht? Ja?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, das ...

RA Schi[ly]:

Gut. Den haben Sie also immerhin dabei gehabt, insofern waren Sie doch ausgerüstet, und jetzt wird es in die Maschine diktiert, ja was passiert nun?

Zeuge Schu[lze]:

Ja zunächst mal zum Ausrüsten, es gehört doch dazu, daß, wenn man unterwegs ist und arbeitet, daß man Arbeitsmaterial mitnehmen sollte ...

RA Schi[ly]:

Ja, Herr Schulze ...

Zeuge Schu[lze]:

... und Herr Schily, was passiert nun? Dann beginnt die Vernehmung.

RA Schi[ly]:

Ja gut, das meine ich, also dann haben Sie Vernehmung gemacht ... was ist dann mit diesem Vorgang, mit diesem Vordruck geworden?

Zeuge Schu[lze]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Was ist mit dem Vordruck geschehen?

Zeuge Schu[lze]:

Sie meinen mit der Vernehmung?

RA Schi[ly]:

Ja, mit dem Vernehmungsprotokoll.

Zeuge Schu[lze]:

Ja was ist damit geschehen, das Vernehmungsprotokoll, das geht zur Einsatzleitung und wird von dort aus in die entsprechende Akte eingefügt, zu der es gehört.

RA Schi[ly]:

Ja, haben Sie das der Einsatzleitung übergeben?

Zeuge Schu[lze]:

Ja, ich habe es sicherlich in das Zimmer reingegeben, wo die Einsatzleitung war.

RA Schi[ly]:

Reingegeben zur Einsatzleitung.

Zeuge Schu[lze]:

Reingegeben, reingebracht oder reingelegt, aber sehen Sie ich kann auch mit dieser[pp], Herr Schily, ich kann auch mit der Vernehmung ...

Vors.:

Es war keine weitere Frage an Sie gestellt, Herr Schulze, ich würde Sie bitten, tatsächlich nur die Fragen zu beantworten.

RA Schi[ly]:

Wer war die Person, der Sie dann quasi den Vorgang übergeben haben, welcher Kollege war das? War das Herr Freter?

Zeuge Schu[lze]:

Das weiß ich nicht, kann ich Ihnen nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Das wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Schu[lze]:

Nein das kann ich Ihnen nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Von dem Herrn Nehm, was haben Sie da im einzelnen erfahren? Wie oft haben Sie eigentlich mit dem Herrn Nehm gesprochen?

Zeuge Schu[lze]:

Das kann ich Ihnen jetzt auch nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Mehrfach?

Zeuge Schu[lze]:

Ich weiß es nicht.

[10014] RA Schi[ly]:

Das wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Schu[lze]:

Ich kann Ihnen nicht sagen, ob ich mit Herrn Nehm zweimal gesprochen habe, dreimal oder wie oft, das weiß ich nicht. Sie meinen möglicherweise den Zeitraum innerhalb der Vernehmung, aber das kann ich Ihnen jetzt auch nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, Herr Zeuge, waren Sie mal zur Ausbildung in sogenannter „Terroristenbekämpfung“ in Brasilien, in Uruguay?

Zeuge Schu[lze]:

Ich wüßte nicht, was diese Frage mit dem Sachverhalt, der hier ansteht, zu tun hat und bin nicht gewillt, sie zu beantworten.

RA Schi[ly]:

Ich stelle die Frage ausdrücklich, da sie[qq] für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen von Bedeutung ist ...

Vors.:

Die Frage wird nicht beantwortet. Der Herr Zeuge hat es bereits erklärt. Bitte, weitere Fragen zu stellen.

RA Schi[ly]:

Dann die Frage, waren Sie im Zusammenhang mit diesem Verfahren einmal in Brasilien und in Uruguay?

Zeuge Schu[lze]:

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren habe ich mich nicht in Südamerika aufgehalten.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich einmal in Kanada aufgehalten? Im Zusammenhang mit diesem Verfahren?

Zeuge Schu[lze]:

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren habe ich mich auch nicht in Kanada aufgehalten.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie die gegenwärtige Anschrift von Frau Sorenson?

Zeuge Schu[lze]:

Nein, ich habe von der Frau Sorenson nichts mehr gehört und weiß auch nicht, wo sie sich aufhält.

RA Schi[ly]:

Dann habe ich keine Fragen mehr, danke.

Vors.:

Weitere Fragen bitte? Sehe ich nicht.

Der Zeuge Schulze versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[17] und wird vorläufig um 10.26 Uhr entlassen.

Die Zeugin KKA’in[rr] Jakob erscheint um 10.27 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugin übergibt ihre Aussagegenehmigung dem Gericht. Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.

[10015] Die Zeugin Jakob macht folgende Angaben zur Person:

Zeugin Ja[kob]:

Birgit Anni Jakob, geb. am [Tag].[Monat].1954 in Trier, beschäftigt beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden,

Wohnort Wiesbaden.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Haben Sie zu Ihrer dienstlichen Tätigkeit Frau Sorenson kennengelernt?

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, was uns der Herr Zeuge, der zuvor gehört worden ist, gesagt hat, daß Sie mit ihm zusammen eine Vernehmung durchgeführt haben?

Zeugin Ja[kob]:

Ja, das ist richtig.

Vors.:

Wer hat die Fragen gestellt von den vernehmenden Beamten?

Zeugin Ja[kob]:

Der Herr Schulze.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie dann mehr ...

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich bitte jetzt nach der Strafprozeßordnung zu verfahren und die Zeugin im Zusammenhang ihre Aussage machen zu lassen.[18]

Vors.:

Wird sofort geschehen, es ist nur die Abgrenzung des Gegenstandes ihrer Aussage, über die die Zeugin unterrichtet werden muß, dazu dienen diese einleitenden Fragen. Sie haben es ja vorhin wahrscheinlich mitbekommen, daß es auch beim Herrn Zeugen so gehandhabt wurde und daß er dann völlig im Zusammenhang erzählen durfte. Es wird auch bei dieser Zeugin so geschehen.

Kann man also davon ausgehen, daß Sie mehr anwesend waren um zuzuhören, nicht um selbst in die Vernehmung einzugreifen?

Zeugin Ja[kob]:

Ja, und auch um zu schreiben.

Vors.:

Und um zu schreiben.

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Wenn Sie uns nun schildern wollten, wie Sie den Ablauf der Vernehmung in Erinnerung haben, ob Sie sich noch erinnern können an Belehrungen, die erteilt worden sind, ob Sie sich noch inhaltlich an das, was Frau Sorenson gesagt hat, erinnern können.

Zeugin Ja[kob]:

Frau Sorenson wurde über Ihre Beziehung zu Herrn Hoff befragt. Wie lange sie ihn kennt, seit wann sie mit ihm zusammen ist ...

Hinweis an die Zeugin[ss], etwas näher ins Mikrophon zu sprechen

[10016][19] [10017] Zeugin Ja[kob]:

Frau Sorenson wurde über Ihre Beziehung zu Herrn Hoff befragt, wie lange sie ihn kennt, wie gut sie ihn kennt, ob sie seine Bekannten kennt, ob sie in anarchistischen Kreisen verkehrt ist oder Herr Hoff dort verkehrt ist, was sie verneint hat. Frau Sorenson wurde zuerst also als Zeugin vernommen und im Verlauf der Vernehmung dann als Beschuldigte belehrt, wonach sie einen Anwalt zu sprechen wünschte, was auch geschah. Nachdem sie sich mit dem Anwalt unterhalten hatte, machte Sie dann keine weiteren Angaben mehr. Das ist so im Großen und Ganzen, was mir noch in Erinnerung ist.

Vors.:

Ja. Die Vernehmung als Zeugin wird ja normalerweise auch mit Belehrungen eingeleitet. Ist das hier auch geschehen?

Zeugin Ja[kob]:

Soweit ich mich erinnern kann, ja, ich weiß es nicht mehr genau.

Vors.:

Sie wissen es nicht mehr, insbesondere wissen Sie, ob man Frau Sorenson auch darauf hingewiesen hat, daß sie als Zeugin die Möglichkeit hat, Aussagen, die ihr selbst die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung eintragen, nicht zu machen?

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich an diesen ...

Zeugin Ja[kob]:

Das wurde ihr zu Anfang gesagt, genauso wie Sie auch gefragt wurde, ob Sie mit Herrn Hoff verlobt ist.

Vors.:

Was hat sie darauf geantwortet?

Zeugin Ja[kob]:

Nein.

Vors.:

Nein. Und nun haben Sie die Fragen, die gestellt worden sind, hier im einzelnen angedeutet, die Beziehung zu Herrn Hoff, dann aber insbesondere wohl auch, welche Kenntnisse sie erlangt hat oder quasi mitbeobachtet hat, über die Beziehung des Herrn Hoff zu, wie Sie sagten, anarchistischen Kreisen.

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Dieses Thema würde uns noch näher interessieren. Können Sie sich da im Einzelnen erinnern, wie sind diese Fragen eingeleitet worden, wie hat sie dann inhaltlich, sinngemäß darauf etwa geantwortet?

Zeugin Ja[kob]:

Es wurde generell gefragt, welchen Bekanntenkreis sie hätten, auch was Herr Hoff beruflich mache, ja und dann wurde gefragt, ob sie wüßte, ob Herr Hoff Beziehungen zu Anarchisten hätte, was sie dann verneinte, das wüßte sie nicht.

Vors.:

Hat sie sich darüber geäußert nur, sie wisse das nicht und sich [10018] dann vielleicht in der Richtung geäußert, sie könne allerdings nicht sagen, wie es bei Herrn Hoff stünde, oder hat sie seine eigene Rolle auch beurteilt, wie sie die Dinge sah?

Zeugin Ja[kob]:

Soweit ich mich erinnern kann, sagte sie, daß sie das nicht wüßte.

Vors.:

Sie wüßte es nicht. Ist Ihr dann irgendwie vorgehalten worden, daß man trotzdem Kenntnisse davon hat, daß solche Beziehungen bestanden haben müssen? Wissen Sie was davon?

Zeugin Ja[kob]:

Ich glaube nicht, daß ihr das vorgehalten wurde, ich weiß es nicht mehr genau.

Vors.:

Sie wissen es nicht mehr. Ich möchte dann zu ihrer Erinnerungsstütze aus diesem Protokoll, das hier vorliegt, vom 3.7.1975, und das unterschrieben ist von Herrn Schulze und dann auch den Namen Jakob trägt, man kann wohl annehmen, dann den Ihren, daß es dort heißt: nachdem Sie verneint hat, solche Beziehungen solche Kontakte zu anarchistischen Kreisen: „Frau Sorenson, wir wissen, daß Dierk Hoff in den Jahren 71/72 für die RAF und Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande gegen Bezahlung Sprengkörper, Handgranaten und Schloßauszieher angefertigt und Waffen gekauft, beziehungsweise verkauft hat.“ Dieser Vorhalt soll nach dem Inhalt des Protokolls gemacht worden sein. Zunächst die Frage, erinnern Sie sich, nachdem ich Ihnen das jetzt mitteile, daran, daß tatsächlich so ein Vorhalt gemacht worden ist.

Zeugin Ja[kob]:

Ich erinnere mich daran nicht, aber wenn es in der Vernehmung steht, die ich ja geschrieben habe, dann wird das auch schon stimmen.

Vors.:

Sie selbst haben heute keine konkrete Erinnerung mehr daran, können Sie sich daran erinnern, ob generell die Aussage der Frau Sorenson dahin gegangen ist, zunächst mal als Zeugin, sie wisse[tt] von solchen Dingen nichts? Alles, was man sie gefragt hat, oder gab es mal Dinge, wo Sie sagte, ja, davon weiß ich was? Oder war sie immer auf dem Standpunkt, ich weiß nichts?

Zeugin Ja[kob]:

Sie wußte, soweit ich mich erinnern kann, da drüber gar nichts.

Vors.:

Und nun, als sie dann belehrt wurde als Beschuldigte, wissen Sie, ob sie dann sich noch geäußert hat?

Zeugin Ja[kob]:

Nein, sie hat sich nicht mehr geäußert, sie wollte einen Anwalt sprechen.

Vors.:

Auch hier ergibt das Protokoll, daß sie nicht mehr viel geäußert hat, aber doch noch etwas gesagt hat.

[10019] Zeugin Ja[kob]:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Sie soll gesagt haben: „Ich kann zu dem Tatvorwurf nichts sagen, denn ich weiß von der ganzen Angelegenheit nichts, das was ich sagen kann, habe ich bereits in meiner Vernehmung als Zeugin ausgesagt.“

Zeugin Ja[kob]:

Kann ich mich nicht mehr dran erinnern, aber es wird schon stimmen.

Vors.:

Können Sie generell also sagen ... das heißt nicht also sagen, sondern ich frage Sie, können Sie generell sagen, daß die verneinende Aussage der Frau Sorenson gegenüber Fragen, ob sie über Beziehungen ihres Freundes Hoff zu Anarchisten und dergleichen etwas wisse, gleich geblieben ist in der Rolle als Zeugin wie auch als Beschuldigte? Oder können Sie dazu gar nichts mehr heute sagen?

Zeugin Ja[kob]:

Soweit ich das in Erinnerung habe, hat sie das also alles verneint.

Vors.:

Alles verneint.

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Wie ist nun dieses Protokoll zustande gekommen. Wir haben hier fünf Seiten Schreibmaschine. Haben Sie geschrieben?

Zeugin Ja[kob]:

Ja.

Vors.:

Und wie ist das geschehen, wurde es wörtlich aufgenommen, was sie sagte, oder hat man über bestimmte Abschnitte hinweg gefragt und das dann zusammengefasst und Formulierungen gemeinschaftlich ...

Zeugin Ja[kob]:

Soweit ich weiß, wurde sie befragt und dann wurde ihr das, was geschrieben wurde, diktiert und immer wieder gefragt, ob das richtig sei so.

Vors.:

Hatte sie sprachlich irgendwelche Schwierigkeiten, sie ist ja Ausländerin?

Zeugin Ja[kob]:

Nein.

Vors.:

Hatten Sie Schwierigkeiten, Frau Sorenson zu verstehen?

Zeugin Ja[kob]:

Ich glaube, es kam einmal zu einem Mißverständnis, aber ansonsten nein.

Ende von Band 571.

[10020] Vors.:

Wissen Sie, wie die Vernehmung dann geendet hat? Sie sprachen grade davon, sie habe einen Rechtsanwalt verlangt.

Zeugin Jakob:

Ich glaube, es war ein amerikanischer Rechtsanwalt, weil ein deutscher Anwalt im Moment wohl nicht zu bekommen war, der ihr dann wohl auch geraten hat, nicht weiter auszusagen und auch die Vernehmung nicht zu unterschreiben, bevor sie nicht mit einem deutschen Anwalt gesprochen hat.

Vors.:

Und ist die Vernehmung dann tatsächlich - das Protokoll - ununterschrieben geblieben?

Zeugin Jakob:

Ja.

Vors.:

Als Sie zu dieser Vernehmung von Frau Sorenson gegangen sind, hatten Sie da irgendein besonderes Wissen bekommen darüber, was für ein Verdacht gegen Herrn Hoff besteht?

Zeugin Jakob:

Ja, es wurde wohl schon gesagt, generell vorher, um was es überhaupt ging.

Vors.:

Sind Sie speziell für diese Vernehmung durch irgend jemand unterrichtet worden?

Zeugin Jakob:

Nein, eigentlich nicht ...

Vors.:

... sondern wie sind Sie dann zu Kenntnissen dieser Art gelangt? Wissen Sie das heute noch?

Zeugin Jakob:

Es wurde mir kurz vorher gesagt, daß eben Frau Sorenson als Zeugin vernommen werden sollte über ihre Beziehung zu Herrn Hoff.

Ja, das war, soweit ich weiß, alles.

Vors.:

Es geht jetzt drum, ob Sie irgendwelche Kenntnisse vermittelt bekommen haben über die Vorwürfe, die man gegen Herrn Hoff erhebt?

Zeugin Jakob:

Ja.

Vors.:

Und auf welche Weise sind Sie in Kenntnis gesetzt worden über diese Vorwürfe?

Zeugin Jakob:

Ja von den Sachbearbeitern, die dafür zuständig waren.

Vors.:

Waren Sie vorher in die Ermittlungen, die hier gelaufen sind, irgendwie eingeschaltet?

Zeugin Jakob:

Nein.

Vors.:

Könnte man davon ausgehen, daß Sie eben, weil Sie eine Frau waren, dazu geholt worden sind bei einer Vernehmung der Frau?

Zeugin Jakob:

Ja.

[10021] Vors.:

Ist das möglicherweise der Grund gewesen?

Zeugin Jakob:

Das war wahrscheinlich der Grund.

Vors.:

Ist Ihnen der nicht ausdrücklich genannt worden?

Zeugin Jakob:

Nein, es wurde nicht ausdrücklich gesagt.

Vors.:

Hatten Sie irgendwelche speziellen Aufträge bei der Vernehmung, auf irgend etwas Spezielles zu achten oder sonst irgendwas?

Zeugin Jakob:

Nein.

Vors.:

Haben Sie beobachtet, ob man Frau Sorenson irgendwelche Vorhalte, Zusagen oder sonst etwas gemacht hat, was abwich von dem normalen Schema einer Vernehmung?

Zeugin Jakob:

Nein.

Vors.:

Würden Sie sagen, das war eine ganz normale Vernehmung, wie sie in jedem Feld-, Wald- und Wiesenfall auch durchgeführt wird?

Zeugin Jakob:

Ja.

Vors.:

Weitere Fragen an die Frau Zeugin?

Beim Gericht seh ich nicht;

die Herrn der Bundesanwaltschaft - nein.

Herr RA Schily, bitte sehr.

RA Schi[ly]:

Frau Zeugin, wer war der Sachbearbeiter, der Sie da informiert hat?

Zeugin Jakob:

Daran kann ich mich jetzt nicht mehr so genau erinnern. Ich weiß das nicht, wer das war.

RA Schi[ly]:

Namen sind Ihnen nicht mehr geläufig?

Zeugin Jakob:

Nein, das ist ja schon so lange her.

RA Schi[ly]:

Ist die Vernehmung eigentlich in einem Zuge gemacht worden oder ist sie auch mal unterbrochen worden?

Zeugin Jakob:

Wenn Frau Sorenson auf die Toilette mußte oder so, dann wurde ihr das selbstverständlich gestattet.

RA Schi[ly]:

Ja. Aber sonst irgendwie unterbrochen worden war ...?

Zeugin Jakob:

... soweit ich weiß, nicht.

RA Schi[ly]:

Ist der Herr Schulze mal weggegangen, weil er eine Rücksprache machen mußte mit irgend jemand?

Zeugin Jakob:

Das ist möglich, aber das weiß ich nicht mehr so genau.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie einen Herrn Staatsanwalt Nehm?

Zeugin Jakob:

Dem Namen nach vielleicht; ich kann mich aber nicht dran erinnern.

[10022] RA Schi[ly]:

War der da in dem Zusammenhang irgendwie auch tätig in der Vernehmung Sorenson?

Zeugin Jakob:

Nein.

RA Schi[ly]:

Da sind Sie sicher?

Zeugin Jakob:

Ja.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie oder Herr Schulze irgendwelche Unterlagen für die Vernehmung?

Zeugin Jakob:

Soweit ich mich erinnern kann, nein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie an einer Besprechung zusammen mit Herrn Schulze teilgenommen, in der Sie also über die Art der Befragung dann also quasi Vorinformationen erhalten haben, damit Sie also die Vernehmung ordnungsgemäß durchführen konnten?

Zeugin Jakob:

Nein. Ich hab ja sowieso keine Fragen gestellt, sondern nur geschrieben.

RA Schi[ly]:

Naja - aber Herr Schulze hat ja nun Fragen gestellt, nicht?

Zeugin Jakob:

Ja.

RA Schi[ly]:

Waren Sie da mit Herrn Schulze zusammen oder sind Sie getrennt unterrichtet worden?

Zeugin Jakob:

Soweit ich weiß, bin ich mit Herrn Schulze zusammen überhaupt nicht unterrichtet worden. Es wurde nur vorher allgemein gesagt.

RA Schi[ly]:

Wahrscheinlich ist es doch zweckmäßig gewesen, daß man Ihnen bestimmte Kenntnisse vermittelt über die Ermittlungen gegen Herrn Hoff, damit Sie auch oder Herr Schulze in vernünftiger Form die Vernehmung von Frl. Sorenson durchführen konnten?

Zeugin Jakob:

Ja, das ist richtig.

RA Schi[ly]:

Hat denn so etwas stattgefunden?

Sie sagten doch auf die Frage des Herrn Vorsitzenden, wenn ich das richtig verstanden habe, es ist Ihnen ein bißchen da so von den Sachbearbeitern erläutert worden, um was es ging.

Zeugin Jakob:

Ja natürlich. Es wurde uns ja gesagt, damit wir überhaupt wissen, um was es ging so im großen und ganzen. Aber speziell auf die Vernehmung wurde ich nicht unterrichtet.

RA Schi[ly]:

Ja hier sind doch bestimmte Vorhalte gemacht worden ausweislich des Protokolls, also beispielsweise der Vorhalt, den der Herr Vorsitzende schon zitiert hatte, über die Waffenkäufe [10023] und -verkäufe des Herrn Hoff und die Lieferung von Sprengkörpern und Handgranaten und Schloßausziehern.

Woher hatten Sie denn diese Kenntnisse, um solche Vorhalte machen zu können?

Zeugin Jakob:

Die Kenntnisse hatte ich überhaupt nicht.

RA Schi[ly]:

Aber der Herr Schulze, woher hat er die?

Zeugin Jakob:

Das weiß ich nicht, woher er die Kenntnisse hatte.

RA Schi[ly]:

Aber jedenfalls würden Sie dann sagen, daß diese Kenntnisse nicht in dieser Einsatzbesprechung vermittelt worden sind?

Sie sagten doch, Sie waren mit Herrn Schulze zusammen irgendwie vorher, ne Art Einsatzbesprechung oder wie man das nennen will oder Vorbesprechung - Einsatzbesprechung, dieser Ausdruck ist vielleicht nicht richtig, aber Vorbesprechung - mit den zuständigen Sachbearbeitern. Wenn ich jetzt Ihre Antwort richtig verstehe, sagen Sie, ist darüber - über diese konkreten Dinge - nicht gesprochen worden, oder habe ich Sie da falsch verstanden?

Zeugin Jakob:

Das haben Sie schon richtig verstanden. Soweit ich dabei war, wurde über so konkrete Sachen nicht geredet.

RA Schi[ly]:

Aha -

Haben Sie eigentlich etwas davon erfahren, daß auch gleichzeitig der Herr Hoff vernommen wurde?

Zeugin Jakob:

Ja, das habe ich so am Rande mitbekommen.

RA Schi[ly]:

Und haben Sie auch etwas über den Stand der Vernehmung mitbekommen?

Zeugin Jakob:

Nein.

RA Schi[ly]:

Im Verlauf der Vernehmung?

Zeugin Jakob:

Nein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie etwas davon erfahren, [uu] ob der Herr Schulze etwas darüber erfahren hat?

Zeugin Jakob:

Darüber habe ich auch nichts erfahren.

RA Schi[ly]:

Haben Sie eigentlich mit Herrn Schulze vor Ihrer heutigen Vernehmung mal gesprochen über den Inhalt Ihrer heutigen Befragung?

Zeugin Jakob:

Nein. Aber wir sind ja zusammen hierhergefahren; daß wir uns darüber unterhalten haben, das ist ja klar.

[10024] RA Schi[ly]:

Haben Sie später nochmals was mit dem Fall Sorenson zu tun gehabt?

Zeugin Jakob:

Nein.

RA Schi[ly]:

Das war das einzige Mal?

Zeugin Jakob:

Ja.

RA Schi[ly]:

Danke schön. Keine Fragen mehr.

Vors.:

Den Herrn Rechtsanwälten darf ich bekanntgeben, daß die Angeklagten telefonisch Ihnen ausrichten lassen:

Die RAe Schily, Dr. Heldmann und Oberwinder möchten sich in die Vollzugsanstalt begeben; die Angeklagten möchten Sie sprechen.

Ich geb’s wunschgemäß bekannt.

Sind sonstige Fragen an die Frau Zeugin?

Ich sehe, nicht.

Können wir die Frau Zeugin vereidigen? Keine Einwendungen.

Die Zeugin Jakob wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.44 Uhr entlassen.

Der Zeuge Schulze wird ebenfalls endgültig im allseitigen Einvernehmen um 10.44 Uhr entlassen.

Ich möchte noch die Meinung der Herrn Prozeßbeteiligten zu der Frage hören, ob das Protokoll vom 3.7.1975, das jetzt Gegenstand der Vernehmung war, durch Verlesung eingeführt werden soll, auch die Meinung, ob’s eingeführt werden kann[20] - es handelt sich um ein nichtunterschriebenes Protokoll.

BA Dr. Wu[nder]:

Die Anklagevertretung hält es nicht für erforderlich; die Zeugen haben die maßgeblichen Dinge eben bekundet.

Ich stelle aber anheim.

Vors.:

Die Herren Rechtsanwälte?

RA Schi[ly]:

Ich stelle keinen Antrag.[vv]

RA Dr. He[ldmann]:

Ich widerspreche.

Vors.:

Sie widersprechen, Herr RA Dr. Heldmann, der Verlesung. Wir wollen dann eine Pause einlegen. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns um 11.00 Uhr wieder.

[10025] RA Schi[ly]:

Darf ich nur etwas vielleicht, weil wir ja zwei Protokolle haben, wie ich durch Akteneinsicht festgestellt habe: Hat das Gericht in Erfahrung bringen können, von wem das Protokoll vom 17.11.75. ...?

Vors.:

Sie meinen, unterschrieben ist?

RA Schi[ly]:

... unterschrieben von den Beamten? Also ich kann’s hiernach nicht feststellen.

Vors.:

Nein. Wir haben also genau dieselben Ablichtungen erhalten, die Sie weiterbekommen haben. Es sieht aus wie „Fenchel“ oder sonst irgendwie, aber es läßt sich ... -

RA Schi[ly]:

Also ich würde die Anregung dem Senat unterbreiten, festzustellen, wer dieses Protokoll ... weil ich dann den Antrag beabsichtige, zu stellen, auch noch diesen Zeugen ergänzend zu hören, weil wir jetzt ja ... Ich dachte ursprünglich, der Herr Schulze möglicherweise auch für dieses Protokoll zuständig sei; aber offenbar ist das ja nicht der Fall.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist natürlich draus wohl zu ersehen, was wir hier vorliegen haben, daß es sich hier um einen Vermerk handelt, der offenbar nicht unmittelbar ... -

RA Schi[ly]:

Es ist ein richtiges Protokoll.

Vors.:

Ja, aber der Vermerk gehört wohl nicht zum Protokoll. Er lautet:

„Das Original dieses Blattes ...“

RA Schi[ly]:

Ja, richtig, das wird wahrscheinlich gar nicht der ...

Vors.:

Es heißt dann:

„Karlsruhe, 27. Februar 1976“.

RA Schi[ly]:

Jaja, insofern sicher. Aber das ist an sich ein Protokoll. Nur durch diese Art der Aktenführung ist nicht erkennbar, wer dieses Protokoll gemacht hat.

Vors.:

Nun, ich darf drauf hinweisen, daß die Zeugin hier ja ausdrücklich sagt: „Ich will nicht aussagen“. Sie hat sich hier auf ihr Verlöbnis berufen an diesem späteren Zeitpunkt.

[ww]

RA Dr. He[ldmann]:

Genau, das ist’s.

RA Schi[ly]:

Und das ist damit genau der Punkt,[21] nicht wahr?

Also ich kann auch einen Antrag stellen ... den Beweis, daß in der Tat dann ein Beweisermittlungsantrag[22] ...

[10026] Vors.:

Sie wünschen, zu erfahren, wer dieses Protokoll aufgenommen hat.

RA Schi[ly]:

Genau.

Vors.:

Das wird sich wahrscheinlich anhand der Telefonnummer 393, die verzeichnet ist, ziemlich mühelos klären lassen. Wir wollen mal sehen, ob das geschehen kann; wir geben Ihnen dann Bescheid darüber.

Um 11.00 Uhr treffen wir uns wieder.

Pause von 10.47 Uhr bis 11.03 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:

RA Oberwinder ist nicht mehr anwesend[xx].

Der Zeuge, OStA Walter Griebel, ist anwesend.

So, wir können die Sitzung fortsetzen.

Wir haben jetzt noch als Zeugen Herrn OStA Griebel.

Der Zeuge, OStA Griebel, wird gemäß § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge, OStA Griebel, erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge, OStA Griebel, macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Gri[ebel]:

Walter Griebel, 49 Jahre,

Oberstaatsanwalt in Frankfurt,

wohnhaft in Butzbach;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Zeuge, hatten Sie und wenn ja, welche Funktion in der Sache, die später den Namen Kaufhausbrandstifterprozeß[23] bekommen hat, gehabt?

[10027] Zeuge Gri[ebel]:

Ich war Sachbearbeiter und Anklageverfasser sowie Sitzungsvertreter.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie [yy] im Rahmen dieser dienstlichen Tätigkeit auch eine Anhörung der damaligen dort Angeklagten und hier wieder Angeklagten Frau Ensslin zu ihren persönlichen Verhältnissen[24] vorgenommen haben?

Zeuge Gri[ebel]:

Ja.

Vors.:

Wir haben hier ein Protokoll vorliegen, das vom 24. Juli 1968 stammt.

Trifft das mit Ihrer Erinnerung zusammen, daß es in diese Zeit gefallen sein könnte?

Zeuge Gri[ebel]:

Ich weiß es, denn es war einmal auf der Ladung erwähnt, und ich hab auch in der Handakte nochmals nachgeschaut, daß das Datum stimmt.

Vors.:

Wir können also davon ausgehen, daß es sich ...

Zeuge Gri[ebel]:

... ich meine, von mir gefertigtes oder mit ihr gemachtes Protokoll, ja ...

Vors.:

... so daß Sie sich dieses Protokoll vor der heutigen Vernehmung nochmals offenbar angesehen haben ...

Zeuge Gri[ebel]:

... in Frankfurt. Ja.

Vors.:

Uns interessiert nun im Zusammenhang, ob Sie uns noch benennen können, was Frau Ensslin zu ihrem Werdegang insgesamt gesagt[zz] hat. Es kommt weniger auf einzelne konkrete Daten an als zum gesamten Werdegang und vielleicht auch, wenn sie Angaben gemacht hat zu bestimmten Beweggründen, die sie zu bestimmten Verhaltensweisen gebracht haben.

Zeuge Gri[ebel]:

Anlaß des Protokolls war wohl sowohl ein wiederholtes Gespräch, das ich mit ihr in der Haftanstalt oder auch sonst hatte bei Haftprüfungen u. ä. und ein Gespräch wohl mit ihrem Verteidiger, der die Absicht hatte, eine psychiatrische Untersuchung in die Wege zu leiten. Und man kam überein - ich glaube, ich hatte mit Herrn Prof. Heinitz dieserhalb auch Rücksprache gehabt -, daß es günstig sei, daß sie die Anhaltspunkte, die für eine Untersuchung sprechen könnten, darlegt, und zwar protokollarisch niederlegen läßt; und so kam es dann zu der auf Vernehmung zur Person beschränkten Anhörung, in der sie nur ihren Lebenslauf schilderte, ihr Geburtsdatum angab, daß sie [10028] in Bartholomä geboren ist, daß sie das vierte von sieben Kindern wohl war; ihr Vater war Pfarrer, wurde später dann hier in den Stuttgarter Raum nach Tuttlingen und Stuttgart versetzt, wo sie zunächst auch nach ihrer Schilderung in Bartholomä, später dann hier im Raum die Grundschule und Gymnasien besuchte; als Austauschschülerin wohl in Amerika war und nach hier zurückkehrend das Abitur ablegte; dann ein Studium ergriff: zunächst wohl in Tübingen, später auf einer pädagogischen Hochschule und wohl auch an der Freien Universität in Berlin Germanistik zunächst und später dann Vorbereitung für das Lehramt wohl.

RA Oberwinder erscheint um 11.07 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Sie schilderte im Rahmen dieser Vernehmung, daß in ihrer Familie Fälle von [Gesundheitsdaten] vorgekommen seien. Sie nannte meiner Erinnerung nach einen Bruder, [Gesundheitsdaten]. Sie nannte auch eine Schwester, [Gesundheitsdaten].

Sie schilderte wohl auch - allerdings nur ganz kurz - ihr erstes Zusammentreffen mit politisch engagierten Kreisen wohl in Berlin, wo sie dort wohl den ersten Kontakt bekam, aber auf meine weitere Frage in dieser Richtung dann mir bedeutete, daß das nicht zur Person gehöre und auch sie keine weiteren Angaben darüber machen wolle.

Sie hat auch wohl noch ihre Bekanntschaft oder ihr Verhältnis zu Herrn Vesper geschildert, von dem sie ja wohl ein Kind hat. Das war im großen Rahmen, möchte ich meinen, der Inhalt der Vernehmung, der mir von einem einmaligen oder mal kurzem Überfliegen in Frankfurt nicht mehr so geläufig ist.

Vors.:

Aber wir können davon ausgehen, daß das, was Sie jetzt geschildert haben, Ihnen wieder in die Erinnerung zurückgekehrt ist, zumindest, als sie dieses Protokoll durchgesehen haben.

[10029] Zeuge Gri[ebel]:

Ohne weiteres. Ich kann mich an die Vernehmung sehr gut sogar erinnern, auch an die Umstände noch aus verschiedenen Gründen.

Vors.:

Was wir an Sie an Fragen zu richten haben, dient ja der Persönlichkeitserforschung. Deswegen noch [aaa] einige Einzelheiten, ob Sie dazu irgend etwas bemerken können:

Es ist nicht besonders auffällig, aber nicht ganz gewöhnlich, daß jemand, der, wie Sie schon schilderten, das Hochschulstudium beginnt, d. h. an der Universität, hier Germanistik, Anglistik und Philosophie ist angegeben worden, dann die Lehramtsprüfung für Volksschulen ablegte ...

Ist Ihnen an diesen Vorgang irgendwie eine Erinnerung geblieben, warum man gefragt hat, warum das Studium nun an der Universität nicht mehr fortsetzte?

Zeuge Gri[ebel]:

Nicht, daß es irgendwie motiviert wurde.

Vors.:

Ist also damals nicht irgendwie aufgefallen?

Zeuge Gri[ebel]:

Nein.

Vors.:

Hat sie generell Angaben dazu gemacht, wie ihre schulischen Leistungen waren, ob sie Schwierigkeiten gehabt hat?

Zeuge Gri[ebel]:

Ich meine, sie hat angegeben, sie sei sogar gut mit der Schule fertig geworden und auch sowohl in der Schule, ich glaube, das Abitur mit der Gesamtnote „gut“ abgeschlossen und auch später dann Stipendiat bekommen, und der Studienhilfe des deutschen Volkes oder wie das heißt, war sie angehörig, auch zur Zeit, als die Verhaftung damals erfolgte.

Vors.:

Ja, das ist richtig Ihre Erinnerung, wenn das Protokoll zutrifft. Im Protokoll heißt es - das möchte ich zum [bbb] Gedächtnisvorhalt bekanntgeben - S. 2:

„Ich hatte in der Schule nie Schwierigkeiten und mußte insbesondere keine Klasse wiederholen. Die Reifeprüfung legte ich mit der Gesamtnote ‚gut‘ ab.“

Deckt sich das mit Ihrer Erinnerung?

Zeuge Gri[ebel]:

Das ist auch meine Erinnerung, die nicht nur durch das Protokoll jetzt ... sondern ich weiß es noch.

Vors.:

Nun haben Sie diese Studienstiftung angesprochen, und hier heißt es im Protokoll:

[10030] „Seit Sommersemester 1964 bin ich Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes.“[25]

Haben Sie diese ... Erinnern Sie sich an diese Angaben?

Zeuge Gri[ebel]:

Ob die Zeit das Jahr 1964 ist, weiß ich nicht. Wir haben uns speziell darüber unterhalten auch noch, das weiß ich noch genau, ob das jetzt durch die Verhaftung wohl unterbrochen sei; und ich habe - einige Zeit davor oder danach - auch festgestellt, daß - ich meine, es wären 590,-- DM oder wie die Beihilfe damals war -, daß die sogar noch überwiesen waren, obwohl die Verhaftung zwischenzeitlich erfolgt war.

Also das ist mir noch besonders in Erinnerung geblieben damals.

Vors.:

Also Frau Ensslin hat als Stipendiatin hier einen monatlichen Zuschuß bekommen. Sie nannten grad die Summe von ...

Zeuge Gri[ebel]:

Ich bin nicht sicher: 520,- DM, 590,- DM - ich meine, das ist so meine Erinnerung aus der damaligen Zeit; ist im Protokoll ja auch gar nicht festgehalten meines Wissens.

Vors.:

Hat sie zu irgendwelchen Erkrankungen sich geäußert, ob sie in ihrer Jugend oder in ihrer weiteren Entwicklung eine besondere Krankheit ...?

Zeuge Gri[ebel]:

Ich meine, sie hätte von normalen Erkrankungen gesprochen, daß sie also keine außergewöhnlichen hätte.

Das war ja eigentlich Sinn der Vernehmung: in der Familie zu forschen und auch bei ihr; und auf Befragen hat sie, glaube ich, bestimmt angegeben, sie selbst hätte keine außergewöhnlichen Erkrankungen außer den normalen: Erkältungen, Masern oder sonstige Kinderkrankheiten.

Vors.:

Hat sie sich zum Verhältnis zum Elternhaus geäußert?

Zeuge Gri[ebel]:

Sowohl dabei als[ccc] auch bei sonstigen Unterredungen - ihr Vater war ja auch wiederholt in Frankfurt - hat sie gesagt, das Verhältnis sei gut.

Vors.:

Ist das irgendwie vertieft worden, ob sich das Verhältnis geändert hat durch die Tatsache, daß sie, was Sie schon erwähnt haben, dann ein Kind geboren hat?

Zeuge Gri[ebel]:

Wohl gar nicht. Ich möchte sogar meinen - obwohl ich nicht weiß, ob das im Protokoll Niederschlag gefunden hat -, daß wir damals wiederholt gesprochen haben darüber, ob es durch die [10031] ihr zur Last gelegte Tat eine Trübung erfahren hätte. Und selbst das hat sie meines Wissens verneint.

Vors.:

Richtig, jedenfalls, wenn der Inhalt des Protokolls stimmt, Dann - das möchte ich Ihnen vorhalten - heißt es hier:

„Auch die Geburt meines Kindes im Mai 1967 hatte auf dieses Verhältnis keinerlei nachteiligen Einfluß.“

Das entspricht Ihrer Erinnerung?

Zeuge Gri[ebel]:

Ja.

Vors.:

Nun hat sich Frau Ensslin auch über irgendwelche Beweggründe geäußert, die nun eine Erklärung abgeben konnten, warum sie sich da in Untersuchungshaft befindet?

Zeuge Gri[ebel]:

Meines Wissens gar nicht, denn sie hat ja wohl ganz abrupt beschränkend wissen wollen die Vernehmung auf die Verhältnisse zur Person und wollte sich zur Tat nicht äußern.

Also in Bezug auf den Kaufhausbrand hat sie sich sicher nicht geäußert - das weiß ich.

Später in der Hauptverhandlung mal, aber nicht in der Vernehmung.

Vors.:

Wenn das Protokoll zutrifft, dann müßte sie begründet haben, warum sie zur Außerparlamentarischen Opposition[26] gestoßen ist.

Zeuge Gri[ebel]:

Es wurde gegen Ende des Protokolls meines Wissens davon gesprochen. Ich kann aber jetzt wirklich nicht mehr im einzelnen sagen ... Ich hab’s aufgenommen, aber ich weiß es im einzelnen nicht mehr.

Vors.:

Ich möcht’s Ihnen dann mal vorhalten, ob Sie noch eine Erinnerung daran gewinnen können:

Von der Schule an habe sie sich über gesellschaftliche Probleme und das Verhältnis des einzelnen zur Gesellschaft Gedanken gemacht, sei also in dieser Richtung interessiert gewesen.

„Die Tatsache, daß die verdeckten Zusammenhänge anhand sog. politischer Ereignisse periodisch mehr oder weniger sichtbar wurden und auch z. B. der Vietnamkrieg[27] immer öffentlicher diskutiert wurde, ist nicht ohne Einfluß auf mich geblieben, wobei der in Berlin immer offener geführte Kampf um die Mitbestimmung an der Universität noch dazukommt.“

Sie hat dann gesagt:

[10032] „Ich habe mich der Außerparlamentarischen Opposition angeschlossen“,

die sich in Berlin herausgebildet habe; sie habe sich an Demonstrationen und an deren Vorbereitungen teilweise beteiligt; sie gehöre aber weder einer studentischen Organisation noch sonst einer politischen Vereinigung an.

Das soll laut Protokollinhalt eine Erklärung gewesen sein von Frau Ensslin.

Wenn ich Ihnen das vorhalte, fällt Ihnen das wieder ein?

Zeuge Gri[ebel]:

Es fällt mir ein, daß es Gegenstand der Vernehmung war, und ich weiß, daß sie sinngemäß die gleichen Worte mir gegenüber des öfteren gebraucht hat; denn ich hab sie ja nicht nur einmal zu Protokoll, sondern wiederholt aus anderen Anlässen gehört oder angehört - vernommen kann man nicht sagen, weil’s nie zum Protokoll sonst kam -, aber angehört habe ich sie wiederholt, und sie hat die sinngemäße Erklärung, die sie auch bei der Vernehmung abgegeben hat, auch wiederholt sonst abgegeben.

Vors.:

Als Sachbearbeiter werden Sie nun wissen, ob diese Vernehmung ihren Zweck erreicht hat. Sie sollte ja vorbereiten, ob eine psychiatrische Untersuchung notwendig sein sollte.

Was ist daraus geworden?

Zeuge Gri[ebel]:

Ja - ich muß von hinten anfangen:

Sie hat sicher den Zweck nicht erreicht, daß ihre Zurechnungsfähigkeit[28] irgendwie vermindert war, wie sich während der Verhandlung herausgestellt hat. Ich meine, daß Prof. Heinitz auch einen Antrag gestellt hätte und auch eine Untersuchung stattgefunden hat - ich glaube, bei Herrn Rehtag; ich weiß es nicht mehr genau -, die aber in dem, wenn ich so sagen darf, gewünschten Sinne erfolglos war; also es führte nicht zur [ddd] Feststellung irgendeiner Erkrankung: Gemüts-, Nervenerkrankung oder dergleichen.

Vors.:

Ich habe also die Frage völlig wertfrei gemeint.

Zweck - Sie sagten ja, es diente der Vorbereitung einer Untersuchung -, und was ich als Zweck verstanden habe: Ob es tatsächlich zu einer Untersuchung gekommen ist?

Zeuge Gri[ebel]:

Ich glaube, ja.

[10033] Vors.:

Und Sie erinnern sich, soweit Sie noch daran ein Gedächtnisbild haben, wohl an einen negativen Ausgang?

Zeuge Gri[ebel]:

Ja.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Herr B. Anw. Holland, bitte sehr.

OStA Ho[lland]:

Herr Kollege Griebel, zunächst mal eine ganz allgemeine Frage:

Herr Kollege Griebel, können Sie uns aus Ihrer Erinnerung aus der damaligen Zeit noch sagen, wie ganz allgemein gesehen das Auftreten, das Verhalten der Frau Ensslin Ihnen gegenüber war?

Zeuge Gri[ebel]:

Im Rahmen dessen, was Anlaß unserer Bekanntschaft war, sehr gut und sehr anständig, würde ich sagen. Also wir haben uns unter der Würdigung dessen, daß der Staatsanwalt dem Beschuldigten gegenüberstand, sehr gut vertragen. Das hängt auch in etwa mit dieser Vernehmung hier zusammen; deswegen ist mir die Vernehmung noch recht gut in Erinnerung. Ich weiß nicht, auf die Frage hin kann ich das vielleicht sagen:

Sie schrieb mir am Tag dieser Vernehmung einen Brief - die Vernehmung hat sicher irgendwann mal auch zuvor gebracht, daß ich sie noch schnell anhöre, [eee] aber ab morgen dann in Urlaub gehe - und sie schrieb einen Brief, der etwa lautete:

Ich habe leider vergessen, Ihnen für Ihre bevorstehenden Ferien alles Gute zu wünschen. Nehmen Sie den Willen für die gute Tat, und ich will das hiermit versuchen, nachzuholen. Mit freundlichen Empfehlungen - Gudrun Ensslin.

Also das war ein Beispiel dafür.

OStA Ho[lland]:

Danke schön, Herr Griebel.

Dann noch eine weitere Frage:

Herr Griebel, können Sie uns aus Ihrer Erinnerung sagen, ob Frau Ensslin aus Anlaß der eben durchgesprochenen Vernehmung oder auch vielleicht aus anderem Anlaß Ihnen irgend etwas mitgeteilt hat über bestehende oder nichtbestehende Bindungen zu dem Kind, von dem wir vorhin gesprochen haben?

Oder ich möchte es vielleicht mal dahin präzisieren: Wissen Sie, ob Frau Ensslin sich irgendwie damals über die oder hinsichtlich der Lebensumstände des Kindes besonders oder nicht besonders interessiert gezeigt hat?

[10034] Zeuge Gri[ebel]:

Ach, ich meine doch, daß sie an dem Kind hing. Sie stand auch - und das weiß ich wohl aus der Briefkontrolle - in ständiger Verbindung mit dem Kindesvater, mit dem sie immer Briefe wechselte und sich auch nach dem Kind erkundigte; auch in Gesprächen hat sie wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß ihr das Kind irgendwie fehlt oder daß sie an ihm hängt.

OStA Ho[lland]:

Ich darf dann davon ausgehen, daß das Kind damals noch bei dem früheren Verlobten Bernhard Vesper war?

Zeuge Gri[ebel]:

Ja, auf irgendeinem Gut; ich nehme an, daß Herr Vesper Landwirt war oder zumindest sein Bruder, und da befand sich wohl damals das Kind.

OStA Ho[lland]:

Vielen Dank.

Vors.:

Weitere Fragen, bitte?

Ich sehe, nicht.

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Der Zeuge, OStA Griebel, wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.21 Uhr entlassen.

Der Zeuge, OStA Griebel, übergibt noch seine Aussagegenehmigung dem Gericht.

Die Aussagegenehmigung wird als Anl. 3 zum Protokoll genommen.

Die B. Anwaltschaft möchte das Wort ergreifen? Bitte sehr.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, zwei Dinge:

Einmal darf ich mitteilen, daß die telefonische Rücksprache in Karlsruhe ergeben hat, daß die Unterschrift unter dem mit 27. Februar 1976 datierten Vermerk „Fernholz“ lautet.

Damit bin ich der Bitte nachgekommen.

Vors.:

Danke schön.

BA Dr. Wu[nder]:

Als zweites hätte ich die Bitte, daß ich Gelegenheit bekomme, einen kurzen Beweisantrag zu stellen.

Geht das jetzt?

Vors.:

Es geht. Bitte schön.

Ja, vielleicht darf der erste Punkt, weil Sie sich ja dafür interessiert haben, noch ergänzt werden.

[10035] RA Schi[ly]:

Herr Dr. Wunder, ich ... wir haben uns ja mißverstanden jetzt wohl:

Auf den Hinweis des Herrn Vorsitzenden hatte ich gesagt: Das trifft ja zu, diese Unterschrift; da hatte ich mich geirrt. Die betrifft ja nur den Vermerk vom 27. Februar über die Aktenführung. Warum also ne Kopie usw., und ich hätte mich dafür interessiert:

Wer hat die Vernehmung vom 17. November oder den Vernehmungsversuch gemacht? - Dafür hätte ich mich interessiert und nicht, wer diesen Aktenvermerk ... Also vielleicht kann man das noch klären.

Vors.:

Die Nummer 393 - das war wohl der Anhaltspunkt dafür gewesen, und ich wäre dankbar in der Tat.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich hole das noch nach.

Vors.:

Vielen Dank.

Sie wollten den Beweisantrag stellen. Bitte sehr, Herr Bundesanwalt.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich beantrage,

zu laden und als Zeugen zu vernehmen

Gerhard Müller,[29] z.Zt. Justizvollzugsanstalt Hamburg.

Der Zeuge wird bekunden, daß die drei Angeklagten alle Aktivitäten der sog. RAF, jedenfalls im Rahmen der Sprengstoffanschläge, gemeinsam geplant, befohlen und auch in den Einzelheiten ihrer Ausführung maßgeblich mitbestimmt haben.

Er wird auch darüber aussagen, wer die Sprengbomben abgestellt und gezündet hat.

Der Zeuge hatte selbst an verschiedenen Straftaten der Angeklagten mitgewirkt. Er ist deswegen inzwischen verurteilt worden und hat sich von der Gruppe gelöst.

Soweit der Beweisantrag.

Falls es gewünscht wird, kann ich dem Gericht eine Niederschrift über die kürzlich erfolgte polizeiliche Vernehmung des Zeugen zur Verfügung stellen.

Vors.:

Danke schön.

Ich wäre sehr dankbar, wenn wir diese Niederschrift baldmöglichst und in möglichst großer Anzahl bekommen würden. Darf ich zunächst fragen: Wie umfangreich ist sie denn?

[10036][30] [10037] BA Dr. Wu[nder]:

Ich schätze es auf etwas über 150 Seiten.

Vors.:

Wir müssen dann, um die Vernehmung allen Prozeßbeteiligten so rechtzeitig bekanntgeben zu können, daß sie sich vorbereiten, doch darum bitten, diese Unterlagen zu bekommen, damit wir sie den Herrn Verteidigern dann weitergeben.

Ich darf aber dann gleich folgendes als Hinweis geben:

Wir haben unser Sitzungsprogramm ausgefüllt bis zum

Donnerstag, 24.6.1976.

Wenn wir unter Berücksichtigung des noch anstehenden Beweisprogramms und des Umfangs der Vernehmungsprotokolle jetzt eine Zeit von drei Wochen ansetzen, bis die Vernehmung von Herrn Müller dann in Betracht käme - ich möchte dem Beweisantrag stattgeben -, dann würde das bedeuten, daß mit der Vernehmung ...

RA Schi[ly]:

Eine Pause bitte. Ich bitte um eine Pause. Ich bitte um eine Pause.

Vors.:

Bitte sehr.

Darf ich fragen: Um welchen ... geht es?

RA Schi[ly]:

Ich werde ein Gesuch stellen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ja können Sie das nicht sofort machen?

RA Schi[ly]:

Nein, nein. Ich bitte um eine Pause.

Vors.:

Wie lange benötigen Sie für die Pause?

RA Schi[ly]:

Fünf Minuten.

Vors.:

Fünf Minuten. Bitte schön.

Pause von 11.25 Uhr bis 11.33 Uhr.

Ende von Band 572.

[10038] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.33 Uhr

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Rechtsanwalt Schily, Sie hatten um die Pause gebeten.

RA Schi[ly]:

... folgendes Ablehnungsgesuch vorzutragen.

In der Strafsache gegen Baader u.a., hier Gudrun Ensslin,

lehnt die Angeklagte Gudrun Ensslin den Vorsitzenden Richter am OLG Stuttgart Dr. Prinzing, wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Zur Begründung wird folgendes ausgeführt:

Nachdem Bundesanwalt Dr. Wunder in der heutigen Sitzung einen Beweisantrag betreffend Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller vorgetragen hatte, erklärte der abgelehnte Richter wörtlich: „Ich möchte dem Beweisantrag stattgeben.“ Zur Glaubhaftmachung[31] wird auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Vor Abgabe dieser Erklärung hat weder eine Beratung des Senats noch eine Anhörung der übrigen Prozeßbeteiligten zu dem Beweisantrag stattgefunden. Zur Glaubhaftmachung wird wiederum auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Der abgelehnte Richter hat mit seiner Äußerung daher zu erkennen gegeben, daß er ohne Rücksicht auf die Stellungnahme der Verteidigung und ohne Rücksicht auf die erforderliche Mitwirkung und Beratung des Senats in seiner Entscheidung über den Beweisantrag bereits festgelegt ist. Das begründet mindestens aus der Sicht der Antragstellerin die Besorgnis der Befangenheit.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, bitteschön.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Baader schließt sich diesem Antrag an. Er bezieht sich insoweit auf die Begründung des Herrn Schily und hebt insbesondere hervor: Die Unterlassung, sein Verteidiger, des Herrn Baader Verteidiger anzuhören zu dem Beweisantrag der Bundesanwaltschaft zeigt, daß der abgelehnte Vorsitzende Richter auf die Belange der Verteidigung des Herrn Baader offensichtlich und demonstrativ in öffentlicher Hauptverhandlung keinen Wert zu legen scheint und begründet somit die Besorgnis der Befangenheit für den Angeklagten Baader.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen dazu sehe ich im Augenblick nicht. Will sich die Bundesanwaltschaft dazu äußern? Bitte, Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, meine Herren Richter, zunächst möchte ich [10039] daran erinnern, daß es heute der 50. Ablehnungsantrag ist, der am 118. Sitzungstage gestellt wird. Wenn jemals in diesem Sitzungssaal ein Institut rechtsmißbräuchlich angewendet worden ist, dann ergibt sich das aus dieser Zahl 118 und 50. Nun aber zum Ablehnungsantrag als solchem: Sie haben wörtlich gesagt, Herr Vorsitzender: „Ich möchte dem Beweisantrag stattgeben - dann würde das bedeuten“ ... an dieser Stelle wurden Sie dann, wie schon so oft, von Herrn Rechtsanwalt Schily unterbrochen. Zunächst einmal folgendes: Sie haben gesagt, ich möchte dem Beweisantrag stattgeben, also wohl doch im Konjunktiv. Das heißt also, Ihre persönliche Ansicht kundgetan. Im übrigen kommt es darauf auch nicht an. Gem. § 214 StPO verfügt der Vorsitzende die Ladung von Zeugen. Und er nur allein, ohne Rücksprache mit dem Senat. Hinzu kommt noch, daß nach diesem Beweisantrag und nach dieser Begründung, die Bundesanwalt Dr. Wunder gegeben hat, auch nicht im Entferntesten theoretisch die Möglichkeit bestünde, diesen Beweisantrag abzulehnen. Es ist nicht denkbar, daß nach § 244 Abs. 3-6[ StPO][32] hier irgendwelche Gründe vorliegen könnten, daß diesem Beweisantrag nicht stattgegeben wird. Und da ich sicher bin, daß die Herren Rechtsanwälte Schily und Dr. Heldmann auch den § 214 StPO kennen, muß ich davon ausgehen, daß hier wiederum nach § 26a Abs. 1 Ziffer 3 StPO[33] dieser Beweisantrag nur zum Zwecke, verfahrensfremde Zwecke, gestellt worden ist. Ich beantrage deshalb, den Beweisantrag gem. § 26[ StPO], pardon, das Ablehnungsgesuch gem. § 26a Abs. 1 Ziffer 3 StPO als unzulässig zurückzuweisen.

Vors.:

Ich bitte, in einer Viertel-Stunde anwesend zu sein. Es wird dann bekannt gegeben, wie es weiter geht.

Pause von 11.40 Uhr bis 12.26 Uhr.

Vors.:

Wir können, wie ich sehe, die Sitzung fortsetzen. Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt.

Der Vorsitzende verliest den Beschluß, der dem Protokoll als Anlage 4 beigefügt ist.

Vors.:

Ich knüpfe damit an meine Ausführungen, die zum Gegenstand der Ablehnung gemacht worden sind, an. Diese Ausführungen haben gelautet: „Wenn wir unter Berücksichtigung des noch anstehenden Beweisprogramms und des Umfangs der Vernehmungsprotokolle jetzt [10040][34] [10041][35] [10042] eine Zeit von drei Wochen ansetzen, bis die Vernehmung von Herrn Müller in Betracht käme. - Ich möchte dem Beweisantrag stattgeben - dann würde das bedeuten, daß mit der Vernehmung ...“, ich bin dann unterbrochen worden. Ich wollte den Prozeßbeteiligten andeuten, daß mit der Vernehmung dann begonnen werden könnte in drei Wochen, sprich am 30.6., das wäre ein Mittwoch. Die Fortsetzung der Vernehmung wäre dann vorzusehen gewesen auf Donnerstag, 1.7. und Freitag, 2.7. - das ist eine Regelung, die aus dem Rahmen des sonstigen Prozeßtagesrhythmus fällt -. Ich wollte mit meinen Ausführungen das Gespräch dazu einleiten, bin dann unterbrochen worden. Ich ordne aber jetzt an, mache von meinem Recht Gebrauch, ich gebe dem Beweisantrag statt und setze die Vernehmung, den Beginn der Vernehmung fest, auf Mittwoch, den 30.6., Fortsetzung Donnerstag 1.7., Freitag 2.7. Ich mache lediglich die Einschränkung, wenn [fff] bis spätestens Anfang der nächsten Woche den Herrn Prozeßbeteiligten die Unterlagen, die Vernehmungsprotokolle zugeleitet werden können, so daß Sie sich rechtzeitig vorbereitet werden, dann würde ich noch über den Termin neu befinden müssen. Unter dieser Voraussetzung bitte ich also, sich auf die Vernehmung ab Mittwoch 30.6. einzustellen.

Herr Rechtsanwalt Schnabel?

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, ein Tag hin oder her wird wohl die Sache nicht viel ändern. Wäre es wohl nicht möglich, daß man den Turnus beibehalten könnte und daß dann auch in dieser Woche Dienstag, Mittwoch und Donnerstag verhandelt würde und nicht am Freitag.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel, ich habe an sich die vollen drei Wochen einhalten wollen im Interesse insbesondere auch der Herrn Verteidiger. Es ist mir kein Herzensanliegen, den Dienstag zu vermeiden. Ich räume Ihnen das ohne weiteres ein. Wenn die übrigen Prozeßbeteiligten dazu ihr Einverständnis geben könnten, dann würde ich gerne am Dienstag, den 29.6. beginnen. Ich mache jetzt folgenden Vorschlag: Dem Beweisantrag ist stattgegeben. Am nächsten Dienstag zu Beginn der Sitzung werden wir den Termin dann endgültig festlegen. Ich habe ihn heute festgesetzt auf Mittwoch, 30.6., lasse gerne mit mir reden, daß er um einen Tag vorverlegt wird. Dann wird sich auch zeigen, ob wir die Unterlagen haben, ob wir nicht unter Umständen sogar noch weiter hinausschieben müssen.

Herr Rechtsanwalt Schily?

RA Schi[ly]:

Die Verteidigung darf ihrerseits ankündigen, daß sie Herrn [10043] Generalbundesanwalt Buback[36] unmittelbar als Zeugen laden wird. Ich darf daran erinnern, daß wir einen Beweisantrag gestellt haben und die Befragung des unmittelbar zu ladenden Zeugen wird in etwa auch diese Beweisthemen, die in dem Beweisantrag gekennzeichnet sind, umfassen. Möglicherweise auch noch weitere Beweisthemen, die mit diesem Verfahren zusammen hängen. Wir wären dankbar, wenn wir uns mit dem Herrn Vorsitzenden dann über den Termin verständigen könnten, zu dem wir diese unmittelbare Ladung vornehmen könnten.

Vors.:

Ich würde als Termin vorschlagen, jetzt mal ohne es genau festzulegen, im Anschluß dann an die Vernehmung, die im Augenblick gesagt worden ist, weil ja jetzt ein volles Terminsprogramm bis zu diesem Zeitpunkt vorgesehen ist.

RA Schi[ly]:

Gut, ja. Aber dann in der darauf folgenden Woche, das ist vielleicht dann zweckmäßig.

Vors.:

Ja. Morgen setzen wir fort mit der Vernehmung der Zeugen Röter, Vogel und dem Sachverständigen Dr. Werner. Wir haben die beiden letztgenannten Beweispersonen auf den Vormittag geladen. Wir hoffen, daß es klappt. Bis jetzt scheint die Zusage erfolgt zu sein. Das würde bedeuten, daß dann mit größter Wahrscheinlichkeit morgen Nachmittag keine Sitzung ist. Wir sind damit am Ende des heutigen Sitzungtages. Fortsetzung 9 Uhr morgen.

Ende der Sitzung um. 12.31 Uhr

Ende von Band 573


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[5] Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen.

[6] Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung bestimmter näher bezeichneter Straftaten glaubhaft zu einem Zeitpunkt erfährt, zu dem die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, und es unterlässt, dies der Behörde (oder der bedrohten Person) rechtzeitig anzuzeigen, wird gem. § 138 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zu den genannten Straftaten gehört u.a. Mord (§ 211 StGB) sowie die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion als „gemeingefährliches Verbrechen“ (§ 311 StGB a.F., heute: § 308 StGB). Mit Gesetz vom 18. August 1976 (BGBl. I, S. 2181) wurde Abs. 2 eingefügt: „Ebenso wird bestraft, wer von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a StGB [Anm. d. Verf.: Bildung terroristischer Vereinigungen, ebenfalls eingefügt durch das Gesetz vom 18.8.1976], zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten.“ In der heutigen Fassung ist Abs. 2 zudem ergänzt durch Straftaten nach § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat). Aufgrund des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots (Art. 103 Abs. 2 GG) konnten diese Änderungen aber für das Geschehen im Jahr 1972 keine Anwendung finden.

[7] Die Eigenschaft einer Person als Beschuldigte/r wird ab der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens angenommen (BGH, Urt. v. 18.10.1956 - Az.: 4 StR 278/56, BGHSt 10, S. 8, 11; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 76 f.) Die Beschuldigteneigenschaft hat u.a. zur Folge, dass die Person nicht mehr als Zeug/in, sondern nur als Beschuldigte/r unter Wahrung der Beschuldigtenrechte vernommen werden darf: Vor der ersten polizeilichen Vernehmung ist ihr zu eröffnen, welche Tat ihr zu Last gelegt wird; außerdem ist sie u.a. darauf hinzuweisen, dass es ihr freistehe, zur Sache auszusagen oder sich nicht zu äußern, sowie jederzeit Verteidiger/innen ihrer Wahl zu befragen (§§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 StPO).

[8] Anlage 1 zum Protokoll vom 9.6.1976: Aussagegenehmigung für KHK Schulze.

[9] Nach § 52 Abs. 1 StPO steht den dort genannten Angehörigen (u.a. Verlobten, Eheleuten, in gerader Linie Verwandten) von Beschuldigten ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zu.

[10] Eine Verlobung erfordert ein ernsthaftes, wechselseitiges Heiratsversprechen (Roth, in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg [Hrsg.], Münchener Kommentar zum BGB, Band 9, 8. Aufl. 2019, § 1297 Rn. 9).

[11] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Hierüber sind sie zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO), in der Regel allerdings erst, sobald Anhaltspunkte für eine solche Gefahr erkennbar werden (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 55 Rn. 14).

[12] Zeug/innen sind grundsätzlich zur Aussage vor Gericht verpflichtet (seit 2009 explizit in § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelt; zuvor war dies bereits als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht angesehen, s. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 - 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, S. 280, 284). Nach § 70 Abs. 1 StPO können Zeug/innen, die sich ohne gesetzlichen Grund weigern auszusagen, die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden, außerdem wird ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen sie festgesetzt. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann zur Erzwingung des Zeugnisses auch die Haft von bis zu 6 Monaten angeordnet werden. Das Fehlen einer Aussagegenehmigung (s. Fn. 4) ist aber ein solcher gesetzlicher Grund, der zur Verweigerung der Aussage berechtigt. Ob das Beweisthema von der erteilten Aussagegenehmigung erfasst ist, müssen Zeug/innen zunächst selbst entscheiden. Zweifel sind durch eine Anfrage bei der/dem Dienstvorgesetzten zu klären (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 54 Rn. 15, 17).

[13] Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO). Damit trifft die Aufklärungspflicht das Gericht unabhängig von Anträgen der Verfahrensbeteiligten.

[14] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[15] Das Fragerecht, das nach § 240 Abs. 2 StPO auch der Verteidigung zusteht, umfasst auch (kurze) Vorhalte als Vernehmungsbehelf (Schneider, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 240 Rn. 5).

[16] § 138 StGB enthält den Straftatbestand der Nichtanzeige geplanter Straftaten (s. Fn. 6).

[17] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[18] Diese Reihenfolge ist in § 69 StPO vorgesehen: „Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben“ (Abs. 1 Satz 1). „Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des Zeugen beruht, sind nötigendenfalls weitere Fragen zu stellen“ (Abs. 2 a.F., heute Abs. 2 Satz 1).

[19] Anlage 2 zum Protokoll vom 9.6.1976: Aussagegenehmigung für KKA’in Jakob.

[20] Der Verlesung von polizeilichen Vernehmungsprotokollen in der Hauptverhandlung können verschiedentliche Hürden entgegenstehen. Besteht für die Zeugin ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO als Verlobte eines Beschuldigten, so sieht § 252 StPO vor, dass auch das Protokoll einer früheren Vernehmung nicht verlesen werden darf - dies gilt auch unabhängig davon, ob das Zeugnisverweigerungsrecht bereits zum Zeitpunkt der Vernehmung bestand (BGH, Beschl. v. 30.7.1968 - Az.: 2 StR 136/68, BGHSt 22, S. 219, 220). In diesem Fall wäre allerdings auch die Vernehmung der polizeilichen Verhörpersonen unzulässig gewesen, um eine Umgehung des Verlesungsverbots zu verhindern (BGH, Urt. v. 15.1.1952 - Az.: 1 StR 341/51, BGHSt 2, S. 99, 104 f.). Da § 52 StPO aber das Verhältnis zu Beschuldigten betrifft, ist schon fraglich, ob die Vorschrift auch in einem Verfahren gegen andere (Mit-)Beschuldigte - hier gegen Baader u.a. - Anwendung finden kann. Dies wird z.T. bejaht, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt - z.B. im Ermittlungsverfahren - eine prozessuale Gemeinsamkeit der Verfahren bestand und die Gemeinsamkeit auch noch nicht wieder - etwa durch rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gegen den/die beschuldigte/n Verlobte/n - erloschen ist. Ob diese Voraussetzung hier gegeben war, kann nicht abschließend beurteilt werden, da hierfür nach überwiegender Ansicht eine (stillschweigende oder ausdrückliche) Entscheidung der Staatsanwaltschaft erforderlich ist (s. zum Ganzen Percic, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 52 Rn. 18 ff.). Dass die Vernehmung der Verhörpersonen unbeanstandet durchgeführt wurde, deutet eher darauf hin, dass die Voraussetzungen durch die Prozessbeteiligten nicht angenommen wurden. Der Zeugin Sorenson hätte zwar das Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO zugestanden, das dazu berechtigt, die Auskunft auf einzelne Fragen zu verweigern, die sie selbst oder Angehörige, wie ihren Verlobten (unabhängig von der Beschuldigteneigenschaft), der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würden. Auf diese Fälle ist das Verlesungsverbot des § 252 StPO aber nicht anwendbar (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 59. Aufl. 2016, § 252 Rn. 5). In Betracht käme schließlich noch das Verlesungsverbot aus § 250 Satz 2 StPO, wonach die Vernehmung der Zeugin grundsätzlich nicht durch eine Verlesung des Vernehmungsprotokolls ersetzt werden darf. Anders als im Rahmen des § 252 StPO wird dieses Verbot nicht auf die Vernehmung der Verhörpersonen erstreckt. Ausnahmen für dieses Verlesungsverbot ergeben sich aber aus § 251 StPO, darunter nach § 251 Abs. 2 StPO a.F. für den Fall, dass die Zeugin in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann (heute: § 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Das rechtliche Hindernis, das sich aus ihrem für diesen Themenkomplex wohl anzunehmenden umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO ergibt, genügt für die Anwendung dieser Verlesungsmöglichkeit zwar nicht (erstmals durch den BGH entschieden mit Urt. v. 27.4.2007 - Az.: 2 StR 490/06, BGHSt 51, S. 325; bereits zum damaligen Zeitpunkt fand sich diese Auffassung aber in der Kommentarliteratur, s. Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 251 Anm. 5 lit. c). Das tatsächlich bestehende Hindernis des unbekannten Aufenthaltsortes würde aber genügen, sodass im Ergebnis eine Verlesung wohl zulässig wäre (dazu Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 251 Rn. 9). Das Fehlen der Unterschrift steht der Verlesung dabei nicht entgegen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 251 Rn. 14 m.w.N.).

[21] Das Verlöbnis dürfte einer Verlesung in dieser speziellen Konstellation wohl nicht entgegenstehen (Fn. 20).

[22] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache, als auch des Beweismittels (früher bereits ständige Rechtsprechung, s. etwa BGH, Urt. v. 23.1.1951 - Az.: 1 StR 37/50, BGHSt 1, S. 29, 31; BGH, Urt. v. 7.5.1954 - Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128, 129; BGH, Urt. v. 12.8.1960 - Az.: 4 StR 48/60, NJW 1960, S. 2156, 2157; heute definiert in § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Ein Beweisermittlungsantrag liegt hingegen vor, wenn entweder die Beweistatsache oder das Beweismittel nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da § 244 Abs. 3-6 StPO begrenzte und abschließende Ablehnungsgründe für Beweisanträge enthält. Liegt keiner dieser Ablehnungsgründe vor, ist dem Beweisantrag zu entsprechen. Beweisermittlungsanträge berücksichtigt das Gericht hingegen nur nach § 244 Abs. 2 StPO im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungspflicht, die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags ist nicht auf die Gründe des § 244 Abs. 3-6 StPO beschränkt.

[23] Am 2. April 1968 verübten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein Brandanschläge auf Kaufhäuser in Frankfurt am Main, bei denen zwar erhebliche Sachschäden entstanden, aber keine Menschen verletzt wurden. Die Kaufhausbrandstiftungen zählen zu den ersten politischen Gewalttaten von Baader und Ensslin vor Gründung der RAF. Motiviert wurden sie durch eine Kampagne der Kommune I, die eine Brandtragödie mit mehr als 200 Toten in einem Brüsseler Kaufhaus im Jahr 1967 für Kritik am Vietnamkrieg nutzte. Im Oktober 1968 begann der Prozess am Landgericht Frankfurt gegen Baader, Ensslin, Proll und Söhnlein. Mit Urteil vom 31.10.1968 wurden sie zu Haftstrafen in Höhe von je drei Jahren verurteilt. Da der BGH auch im Juni 1969 noch nicht über die Revision entschieden hatte, das Urteil also noch nicht rechtskräftig war, und die in der Zwischenzeit in Untersuchungshaft verbrachte Zeit einer ausgeurteilten Haftstrafe angerechnet werden würde, hob das LG Frankfurt den Haftbefehl am 13. Juni 1969 vorläufig auf. Als der BGH die Revision schließlich im November 1969 zurückwies, tauchten Baader, Ensslin und Proll unter, um sich der weiteren Haft zu entziehen (s. die Beiträge von Bressan/Jander, sowie Hakemi/Hecken, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 407 ff., sowie S. 316 f., 322 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 27 ff.).

[24] Die Vernehmung der Angeklagten zur Person nach § 243 Abs. 2 StPO dient in erster Linie der Feststellung der Identität, sowie der Klärung weiterer Prozessvoraussetzungen. Verweigern Angeklagte entsprechende Angaben, kann das Gericht die fehlenden Informationen im Wege des Freibeweises, etwa durch Würdigung des Akteninhalts, feststellen. Darüber hinausgehende Informationen über die persönlichen Verhältnisse, wie das Vorleben, familiäre und wirtschaftliche Verhältnisse, beruflicher Werdegang etc., gehören zur Vernehmung zur Sache und unterliegen dem Strengbeweis. Fehlende Angaben können insbesondere durch die Vernehmung von Verwandten als Zeug/innen in den Prozess eingeführt werden (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 243 Rn. 10 ff.).

[25] Nicht nur Gudrun Ensslin, auch Ulrike Meinhof und Horst Mahler waren Stipendiat/innen der Studienstiftung des deutschen Volkes. Zentrale Aktenbestandteile sind inzwischen in einer editierten Version veröffentlicht in Gallus (Hrsg.), Meinhof, Mahler, Ensslin. Die Akten der Studienstiftung des deutschen Volkes, 2016.

[26] Die Außerparlamentarische Opposition (APO) entstand 1966 als Antwort auf die Große Koalition und die damit einhergehende Schwächung der Opposition im Bundestag. Getragen wurde die APO von der Studentenbewegung, insbesondere dem Sozialistischen Studentenbund (SDS), von einer breiten bürgerlichen Bewegung gegen die geplanten Notstandsgesetze, von der Ostermarschbewegung bzw. der Kampagne für Abrüstung und von einzelnen Gewerkschaften. Einen gemeinsamen Nenner fanden sie vor allem in ihrer Ablehnung der geplanten Notstandsgesetzgebung und später in der Anti-Springer-Kampagne. Die APO vermochte eine Vielzahl von Unterstützer/innen zu mobilisieren und mit Protestmärschen, Kundgebungen, politischen Diskussionsrunden, Flugblättern und vermehrt auch politischen Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Mit der Verabschiedung der Notstandgesetzgebung im Mai 1968 und einer fortschreitenden Distanzierung verschiedener Strömungen innerhalb der Bewegung, zerfiel auch die APO schließlich im Laufe des Jahres 1968 (Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 129 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 163 f.; Straßner, Historisch-Politische Mitteilungen 14, 2007, S. 99, 104 ff.).

[27] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück, die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.).

[28] Mit „Zurechnungsfähigkeit“ wurde die Fähigkeit bezeichnet, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Folgen ihres Fehlens bzw. ihrer Einschränkung waren in § 51 StGB a.F. geregelt. So wäre etwa im Falle einer eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit eine Strafmilderung nach § 44 StGB a.F. in Betracht gekommen. Mit Wirkung zum 1.1.1975 wurde der Allgemeine Teil des StGB durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) vollständig neu strukturiert. Seitdem wird die beschriebene Fähigkeit als „Schuldfähigkeit“ bezeichnet, die Folgen ihres Fehlens bzw. ihrer Einschränkung finden sich in §§ 20, 21 StGB.

[29] Gerhard Müller - ehemals Mitglied der RAF - wurde später zu einem der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Das LG Hamburg verurteilte ihn mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Riederer, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[30] Anlage 3 zum Protokoll von 9.6.1976: Aussagegenehmigung für OStA Griebel.

[31] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung, als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[32] § 244 Abs. 3 bis 6 StPO enthalten die abschließenden Gründe, aus denen Beweisanträge abgelehnt werden können. Für Anträge auf Zeugenvernehmung ist insbesondere Abs. 3 relevant. Abgelehnt werden können entsprechende Anträge, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die zu beweisende Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon bewiesen ist, das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, oder eine erhebliche Behauptung, die zum Nachteil des/der Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr. Der bis Dezember 2019 ebenfalls in Absatz 3 enthaltene Ablehnungsgrund der Prozessverschleppung wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) aufgehoben, was allerdings nicht zur Folge hat, dass derartige Anträge nun ungehindert gestellt werden könnten; vielmehr sieht § 244 Abs. 6 Satz 2 StPO nun vor, dass ein solcher Antrag nicht mehr durch förmlichen Beschluss abgelehnt werden muss, da in ihm schon kein wirksamer Beweisantrag zu sehen sei (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/14747, S. 34).

[33] Die Ablehnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn „durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.

[34] Dienstliche Erklärung vom 9.6.1976 des Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie Verfügung des Richters Dr. Foth (Frist zur Stellungnahme und voraussichtliche Fortsetzung der Hauptverhandlung).

[35] Anlage 4 zum Protokoll vom 9.6.1976: Senatsbeschluss (Zurückweisung der Ablehnung als unbegründet).

[36] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).


[a] Maschinell ersetzt: nur noch durch nunmehr

[b] Maschinell ergänzt: daraufhin

[c] Handschriftlich ergänzt: keinen

[d] Handschriftlich ergänzt: Beziehungen

[e] Maschinell eingefügt: der

[f] Maschinell eingefügt: nicht

[g] Handschriftlich durchgestrichen: keinen

[h] Maschinell ersetzt: ... durch Schlenker

[i] Maschinell eingefügt: hat

[j] Maschinell eingefügt: ist

[k] Handschriftlich ersetzt: mit durch mir

[l] Handschriftlich durchgestrichen: was sie

[m] Maschinell eingefügt: ja

[n] Maschinell eingefügt: ich

[o] Maschinell ersetzt: Intern... durch Internas

[p] Handschriftlich eingefügt: zu

[q] Maschinell eingefügt: Die BuAnw.

[r] Handschriftlich durchgestrichen: verfahren

[s] Maschinell eingefügt: das

[t] Handschriftlich ersetzt: ehrt sich durch sehen sie

[u] Handschriftlich durchgestrichen: das

[v] Maschinell durchgestrichen: erklären

[w] Handschriftlich ersetzt: nicht durch mich

[x] Maschinell ergänzt: kränkend

[y] Maschinell ersetzt: ist durch müßte

[z] Handschriftlich ersetzt: vom durch dem

[aa] Maschinell ergänzt: versuchte

[bb] Maschinell ersetzt: hier durch wie

[cc] Maschinell eingefügt: nicht

[dd] Maschinell durchgestrichen: ich beantrage

[ee] Maschinell eingefügt: an sich

[ff] Handschriftlich ersetzt: Er kann durch erkannt

[gg] Maschinell eingefügt: das

[hh] Maschinell durchgestrichen: ist

[ii] Maschinell durchgestrichen: meine

[jj] Maschinell durchgestrichen: RA.Sc

[kk] Handschriftlich ersetzt: das durch als

[ll] Maschinell eingefügt: können

[mm] Maschinell durchgestrichen: sondern der spielt hier im

[nn] Maschinell durchgestrichen: dann

[oo] Handschriftlich durchgestrichen: das

[pp] Handschriftlich ersetzt: diesen durch dieser

[qq] Maschinell ersetzt: damit durch sie

[rr] Handschriftlich ergänzt: KKA’in

[ss] Handschriftlich ersetzt: Zeugen durch Zeugin

[tt] Handschriftlich durchgestrichen: wissen

[uu] Maschinell durchgestrichen: daß

[vv] Maschinell eingefügt: RA Schi.: Ich stelle keinen Antrag.

[ww] Maschinell durchgestrichen: RA Schi.: Und wahrscheinlich ist

[xx] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[yy] Maschinell durchgestrichen: in dieser

[zz] Maschinell eingefügt: gesagt

[aaa] Maschinell durchgestrichen: einzelne

[bbb] Maschinell durchgestrichen: Gedächtnis vorhalten

[ccc] Maschinell eingefügt: als

[ddd] Maschinell durchgestrichen: Beein

[eee] Maschinell durchgestrichen: weil

[fff] Handschriftlich durchgestrichen: ich