[10198] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 8. Juli 1976, 9.05 Uhr.
(124. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
JOS Janetzko, JAss. z. A. Scholze
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als Verteidiger sind anwesend:
Prof. Dr. Azzola, RAe. Geulen (als Vertr. f. RA. Schily), Dr. Heldmann, Dr.[a] Hoffmann, Schwarz, Schnabel, Künzel, Eggler, Grigat und Schlaegel.
Als Zeuge ist anwesend:
Gerhard Müller,
vorgeführt aus Untersuchungshaft,
mit seinem Rechtsanwalt Huth.
Vors.:
Ich bitte, Platz zu nehmen. Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Es ist bedauerlich, daß wir die Sitzung vom Dienstag so kurzfristig abterminieren mußten, aber die Auskunft des Bundesjustizministeriums, die Herrn Rechtsanwalt Schily zugegangen ist und auch dem Senat, hat so eine kurzfristige Abterminierung notwendig gemacht.
Ich sehe auf der Verteidigerbank zur linken Seite ein neues Gesicht, wenn ich mich nicht irre?
RA Hoffmann:
Ich war schon einmal da, ich bin [b] Rechtsanwalt Hoffmann.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Hoffmann, bitte, entschuldigen Sie, aber die vielen Gesichter, die man hier sieht, gut.
Wir haben für heute früh und die nächsten Tage vorgesehen die Vernehmung Herrn Müller’s, als Zeugen.
Der Zeuge Müller wird gem. §§ 57, 55 StPO[2] belehrt.
[10199] Vors.:
Nun hat Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann mich gestern telefonisch verständigt, daß er vor Beginn der Vernehmung einen Antrag stellen wolle, der die Vernehmung an sich betrifft. Darf ich ganz kurz hören, welcher Antragsgegenstand es ist, weil ich möchte dann, wenn der Antrag entgegen genommen werden wird, Herrn Müller nochmals bitten, kurz in Abstand zu treten. Um was soll es dabei gehen, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann?
RA Dr. H[eldmann]:
Muß bei Erörterung dieser Thematik der Zeuge hierbleiben?
Vors.:
Muß er nicht. Aber ich würde mich bloß dafür interessieren, um was für einen Antrag es sich handelt. Ich meine, Gegenstand kann man ja kurz skizzieren.
RA Dr. H[eldmann]:
Der Inhalt, wenn Sie es vorab wissen wollen, ehe ich ihn formuliert vortrage ...
Vors.:
Nicht den Inhalt, Gegenstand des Antrags an sich ...
RA Dr. H[eldmann]:
Ich sage Ihnen jetzt gleich den Inhalt. Der Inhalt ist
a) bestimmte Akten, die die Bundesanwaltschaft nicht vorgelegt hat ...
Vors.:
Aha, gut ...
RA Dr. H[eldmann]:
... beizuziehen ...
Vors.:
Danke.
Der Zeuge Müller wird um 9.10 Uhr in Abstand verwiesen.
Vors.:
Ich habe vergessen, Herr Rechtsanwalt Huth ist anwesend und nimmt an der Sitzung teil. Er vertritt Herrn Müller.[3]
RA Huth:
Ja.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann ... Herr Rechtsanwalt Huth - vielleicht darf ich das noch vorher fragen - ich gehe davon aus, daß Ihr Mandant bereit ist, hier Aussagen zu machen, denn sonst würden sich wahrscheinlich diese Anträge jetzt erübrigen?
RA Huth:
Ja.
Vors.:
Danke. Herr Dr. Heldmann?
RA Dr. H[eldmann]:
Ja, ich gehe davon aus, wie der Senat weiß, daß dieser Antrag zu stellen ist, wenn Herr Müller Aussagen machen will. Bitte, vielleicht wenn Sie erlauben, zunächst das Wort an Herrn Geulen.[c] Rechtsanwälte Geulen-Schily haben gleichartigen Antrag, der allerdings modifiziert ist, jedoch auf dasselbe zielt.
[10200] Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr den aus Anlage 1 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll beigefügt wird.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitte?
Rechtsanwalt Dr. Heldmann verliest nunmehr den aus Anlage 2 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll beigefügt wird.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Geulen?
Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr den aus Anlage 3 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll beigefügt wird.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich stelle ebenfalls diesen Antrag, als Zeugin Frau Margrit Schiller[4], derzeit Hamburg zu laden. Sie wird aussagen, daß sie am 22. Oktober 1971 nachts gegen 1 Uhr zusammen mit Gerhard Müller in Hamburg auf der linken Straßenseite des Heegbarg in Richtung Sasler-Damm gegangen ist, daß Müller dann hinter dem Einkaufszentrum in Höhe des großen Parkplatzes einen Ford mit zwei Personen gesehen hat, der mit abgeschalteten Scheinwerfern auf diesem Parkplatz stand, daß Müller ihr gesagt hat, das seien aller Wahrscheinlichkeit nach Polizeibeamte, daß daraufhin der Ford langsam angefahren ist, daß von der anderen Seite eine Person zur Kreuzung Sasler-Damm gelaufen ist; daß Müller und Frau Schiller auf diese andere Straßenseite gegangen sind; daß der Ford gehalten hat, sich schräg auf den Bürgersteig gestellt hat, daß ein Mann, ein Insasse, die Beifahrertür aufgerissen hat - wie sie später erfahren hat, war das der Polizeibeamte Schmid - und gerufen hat; „Halt stehen bleiben“. Die dritte Person lief an Müller und Schiller vorbei auf die andere Straßenseite. Müller lief ihr hinterher. In einem Bogen kamen die beiden nebeneinanderlaufend zurück. Der Polizeibeamte Schmid verfolgte sie, und zwar dicht hinter diesen beiden. Müller und die dritte Person liefen quer über einen Rasen. Der Polizeibeamte Schmid hat sie erreicht. Frau Schiller hat dann [10201] gesehen, wie der Polizeibeamte Schmid die Handtasche jener dritten Person gepackt hat. Müller, neben jener dritten Person, hielt seine Pistole in der Hand und schoß auf den Polizeibeamten Schmid. Der Polizeibeamte Schmid ließ die Tasche los und fiel auf den Boden. Müller und jene dritte Person liefen weiter und dabei hat Frau Schiller weitere Schüsse gehört. Für die Bedeutung dieser Beweisanträge - sollte es hier eines erklärenden Worts noch bedürfen - weis ich auf das hin, was ich in dem Aktenbeiziehungsantrag gesagt habe, nämlich:
Die Strafverfolgungsbehörden haben in voller Kenntnis der Tatsache, daß der hier als Zeuge herbeigebrachte Gerhard Müller den Polizeibeamten Schmid am 22. Oktober 1971 erschossen hat, in der Hauptverhandlung gegen Müller u.a. wegen dieses Mordvorwurfs Freispruch für Müller beantragt - das war im März dieses Jahres - nachdem eben diese Strafverfolgungsbehörden belastende Aussagen von Müller, die zur Überführung der Angeklagten in diesem Prozeß dienen sollen, in den Schreibtischen hatten. Das ist Einkauf eines illegalen Kronzeugen, illegaler Einkauf eines Kronzeugen, den unsere Rechtsordnung nicht vorsieht.[5] Beeinflussung, Einkauf einer Zeugenaussage, die so, wie wir sie aus den uns vorgelegten Protokollen vom 31. März bis 26. Mai 1976 erscheinen, gezielt unwahr sind zum Nachteil unserer Mandanten hier.
Vors.:
Sonstige Anträge seitens der Verteidigung? Wobei ich darauf hinweisen möchte, daß mir gesagt worden ist telefonisch, es handle sich um ein ganz kurzes Antragsprogramm.
Herr Rechtsanwalt Hoffmann?
RA Hoff[mann]:
Ich schließe mich, Herr Vorsitzender, für Herrn Raspe den jeweils zwei Anträgen meiner Mitverteidiger an.
Vors.:
Sonstige Anträge sehe ich nicht. Ist die Bundesanwaltschaft in der Lage, sofort dazu Stellung zu nehmen oder ... Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender, meines Erachtens ist eine Bescheidung dieser Anträge nicht eilig. Sollte aber gleichwohl heute Vormittag noch eine Stellungnahme der Bundesanwaltschaft erwartet werden, so müßten wir um eine entsprechende Pause bitten, schon um uns mit den Vorgängen zu befassen, die die Herrn Verteidiger erwähnt haben, die bislang nicht von der Sitzungsvertretern bearbeitet worden sind.
[10202-10203][6] [10204][7] [10205][8] [10206] Vors.:
Wenn ich die Anträge nichtig verstanden habe, richtet sich zumindest ein Teil davon, ein Teil geht in Richtung [§ ]136a[ StPO],[9] der andere Teil aber scheint doch zur Grundlage zu haben, daß man bestimmte Unterlagen zur sachgerechten Vernehmung des Zeugen benötige. Und ich meine, über diesen Teil zumindest, müßte entschieden werden. Insofern würde ich, wenn Sie wünschen, daß Sie dazu Stellung nehmen, Sie dazu bitten, wenn Sie eine Pause benötigen, um insgesamt Stellung zu nehmen, werden wir Ihnen die Pause selbstverständlich ...
BA Dr. W[under]:
Ich würde zunächst um eine halbe Stunde Pause bitten.
Vors.:
Die Pause wird genehmigt. In einer halben Stunde Fortsetzung.
Pause von 9.22 Uhr bis 10.03 Uhr
Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.03 Uhr
Oberstaatsanwalt Zeis und Reg. Dir. Widera sind nicht mehr[d] anwesend.
Vors.:
Bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender, zu meinem Bedauern nimmt die Prüfung der Vorgänge, die sich auch gar nicht hier in Stuttgart-Stammheim befinden und mit denen die Sitzungsvertreter nur zum Teil bislang befaßt waren, etwas längere Zeit in Anspruch. Und wir glauben daher, eine eindeutige und dem Senat wohl ausreichende Erklärung erst ab Mittag abgeben zu können.
Vors.:
Was wäre zu verstehen ab Mittag. Könnten wir um 14 Uhr fortsetzen?
BA Dr. W[under]:
Ich glaube sicher, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Wäre es unter Umständen möglich, sich schon auf 13.30 Uhr zu verlegen. Denn wir müssen ja, wenn Ihre Stellungnahme kommt, dann auch noch entscheiden.
BA Dr. W[under]:
Das natürlich auch, ja.
Vors.:
Könnten wir 13.30 Uhr fortsetzen?
BA Dr. W[under]:
Ohne weiteres.
Vors.:
Gut. Es läßt sich leider nicht verhindern. Ich bedauere das sehr.
Herr Rechtsanwalt Schwarz?
RA Schwa[rz]:
Ich habe für 13.15 Uhr ein Haftprüfungstermin akzeptiert und der Herr Kollege Schnabel ist heute Nachmittag nicht da.
[10207] Vors.:
Könnten Sie bis 14 Uhr gewährleisten, daß Sie wieder da sind?
Ja. Dann wollen wir sicherheitshalber erst um 14 Uhr fortsetzen. 14 Uhr Fortsetzung.
Pause von 10.05 Uhr bis 14.00 Uhr
Ende von Band 587
[10208] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.00 Uhr
OStA Zeis und Reg. Dir. Widera sind wieder anwesend.
Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Geulen und Schnabel sind nicht mehr[e] anwesend.
Vors.:
Bitte Platz zu nehmen. Wir können die Sitzung fortsetzen, die Verteidigung ist gewährleistet. Nur der Hinweis, daß sich Herr Rechtsanwalt Karl-Heinz Weidenhammer aus Frankfurt für Herrn Raspe als zusätzlicher Verteidiger legitimiert hat. Ist die Bundesanwaltschaft imstande, ihre Stellungnahme abzugeben?
BA Dr. Wu[nder]:
Sie ist imstande, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Zunächst möchte die Anklagevertretung zum Ausdruck bringen, daß auch den Zeugen ein faires Verfahren zu gewähren ist.
RA. Geulen erscheint um 14.01 Uhr wieder in Sitzungssaal.
Deshalb läge es nahe, von der Glaubwürdigkeit des Zeugen auszugehen, ihn aussagen zu lassen, und nicht schon vorab seine Unglaubwürdigkeit für möglich zu halten. Soweit die Beiziehung der Akten 3 ARP 74/75 I und Einsicht in diese Vorgänge erbeten wird, sieht sich die Bundesanwaltschaft außerstande, dem nachzukommen, denn die Sperrerklärung des Bundesministers der Justiz gem. § 96 StPO[10] vom 23. Januar dieses Jahres wirkt fort. Aus dem Vorgang 1 BJs 7/76[11] haben wir alle für das hiesige Verfahren irgendwie relevanten Teile dem Gericht und der Verteidigung durch Ablichtungen zugänglich gemacht. Auf weitere Aktenteile besteht kein Anspruch. Schon deshalb nicht, weil es sich hier insoweit nur um einen Beweisermittlungsantrag[12] handelt. Im übrigen stünden weiterer Akteneinsicht auch entgegen, daß die Bundesanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben behindert würde, wenn sie Außenstehenden
[10209] RA. Dr. Heldmann erscheint um 14.02 Uhr wieder im Sitzungssaal.
Fahndungskonzepte und dergleichen zugänglich machen müßte. Sonstige Unterlagen oder Erklärungen des Zeugen Müller hat die Bundesanwaltschaft nicht im Besitz. Sie kann sie deshalb auch nicht vorlegen oder irgendwie Einsicht gewähren. Zur Klarstellung sei noch bemerkt, daß sich im Vorgang 3 ARP 74/75 I nichts befindet, das im Zusammenhang mit dem Mord an dem Polizeibeamten Schmid stehen könnte. Den Vorgängen 1 BJs 7/76 und 3 ARP 74/75 I sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß der Zeuge Müller zum Nachteil der hier Angeklagten die Unwahrheit gesagt hat. Die Behauptung, der Zeuge Müller sei gekauft, den wiederholten Vorwurf der Begünstigung im Amt[13] und der Aktenunterdrückung, sowie den verstecken Vorwurf der Beihilfe hierzu durch höchste Stellen des Staates weise ich mit aller Entschiedenheit als haltlos zurück. Solche Vorwürfe können auch nicht ohne Konsequenzen bleiben. Eine Stellungnahme zu den weitergehenden Anträgen, so auch Vernehmung der Frau Schiller, ist heute nicht veranlaßt. Danke.
Vors.:
Wir dürfen aus dieser Erklärung wohl schließen, daß das Bundesjustizministerium ausdrücklich gefragt wurde, ob der Sperrvermerk noch fortdauert.
BA Dr. Wu[nder]:
Das ist geschehen.
Vors.:
Danke. Können wir das schriftlich bekommen, diese Stellungnahme? Zumindest nur zwecks Beratung, wir müssen ja nun über die gestellten Anträge entscheiden.
BA Dr. Wu[nder]:
Für Gerichtszwecke ja.
Vors.:
Für Gerichtszwecke nur, ja. Das ist nur jetzt im Augenblick ... Wir möchten dann uns auch eine gewisse Zeit nehmen. Es sind immerhin bedeutsame Anträge gewesen. Jedenfalls dem Inhalte nach, was behauptet worden ist. Ich bitte, wieder um 14.45 Uhr anwesend zu sein. Herr Dr. Heldmann, ist noch irgendetwas vorher?
RA Dr. He[ldmann]:
Die Verteidigung bittet auch um eine Kopie, genauso wie ich Ihnen heute morgen von meinen Antrag Kopie habe [10210] geben lassen, bitte ich Kopie davon. Die Kopie scheint umso interessanter zu sein, als bestimmte Tatsachenbehauptungen glattweg abgestritten werden, ohne Rücksicht darauf ...
Vors.:
Gut ...
RA Dr. He[ldmann]:
... ob sich nicht für dieselben Tatsachenbehauptungen andere Beweismittel als ...
Vors.:
14.45 Uhr ... Bitte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann ...
RA Dr. He[ldmann]:
... Ich möchte ... Unterbrechen Sie mich doch nicht, ich möchte erwidern.
Vors.:
Herr Dr. Heldmann, darf ich Ihnen dazu sagen ...
RA Dr. He[ldmann]:
Ich möchte erwidern.
Vors.:
... nicht Stellung dazu zu nehmen. Im Augenblick kein Erwiderungsrecht in dieser Form. Ich würde Sie bitten, wenn Sie Wert legen auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft, daß Sie sich dann mit der Bundesanwaltschaft darüber unterhalten. Ich kann nicht darüber verfügen, wenn es uns für Gerichtszwecke, wenn es etwa nur ein Konzept oder Manuskript ist, zur Verfügung gestellt wird. Dann ist es für die Beratung notwendig, um nicht weitere Zeit zu verlieren. Aber die Genehmigung, daß Sie eine Ausfertigung der Ablichtung bekommen, muß die Bundesanwaltschaft erteilen, das kann das Gericht nicht.
RA Dr. He[ldmann]:
... für Gerichtszwecke, muß es der Prozeßgegner selbstverständlich erhalten.
Vors.:
Sie haben es ja gehört, es ist auch zu Protokoll gegeben ...
RA Dr. He[ldmann]:
Ja, ich möchte es aber lesen, Herr Vorsitzender ...
Vors.:
Wir werden es sofort schreiben lassen ...
RA Dr. He[ldmann]:
... umso mehr, als der Bundesanwalt Konsequenzen gegenüber der Verteidigung angedroht hat. Beachten Sie das.
Vors.:
Ich werde veranlassen, Herr Dr. Heldmann, daß jetzt sofort das Band geschrieben wird. Sie bekommen dann von dem Band sofort die Abschrift oder die Ablichtung des Erklärten. Damit bitte ich also wieder, eine Unterbrechung einzuhalten bis 14.45 Uhr.
Pause von 14.06 - 14.58 Uhr
Ende des Bandes 588.
[10211] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.58 Uhr.
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort. Der Senat hat folgenden Beschluß gefasst:
Die Anträge der Verteidiger vom heutigen Tage werden abgelehnt.
Gründe: Die Verteidigung beantragt, vor der Vernehmung des Zeugen Müller verschiedene Akten und Unterlagen beizuziehen. Soweit es sich um die Akten der Bundesanwaltschaft 3 ARP 74/75 I handelt, sind sie dem Gericht nicht zugänglich, weil der Bundesminister der Justiz die Herausgabe gem. § 96 StPO ablehnt. Aus den Akten 1 BJs [f] 7/76 hat die Bundesanwaltschaft, wie sie erklärt, alle relevanten Teile dem Gericht und den Prozeßbeteiligten zugänglich gemacht. Sie hat alles belastende und entlastende Material, das für das Verfahren vernünftigerweise von Bedeutung sein kann, dem Gericht zuzuleiten. Zweifel daran, daß die Bundesanwaltschaft dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wäre, hat der Senat nach seiner Aktenkenntnis nicht. Dabei ist zu beachten, daß es auch sachgerecht ist, bei einer in einem anderen Verfahren gemachten Zeugenaussage, wie hier der Fall, nur die für die Aussage bedeutsamen Aktenteile vorzulegen. Sonstige Unterlagen, Aufzeichnungen oder Erklärungen des Zeugen Müller hat die Bundesanwaltschaft nach ihren Angaben nicht im Besitz. Die im[g] mündlich vorgetragenen Antrag des Rechtsanwalts Geulen unter Ziff. 4 genannten Ermittlungsbehörden sind nicht näher bezeichnet. Soweit die Verteidigung darauf abhebt, es seien - um den Zeugen Müller als Belastungszeugen zu gewinnen - Aktenteile, die ihn wegen Mordes an dem Polizeibeamten Schmid belasten könnten, unterdrückt worden, hat die Bundesanwaltschaft erklärt, daß sich im Vorgang 3 ARP 74/75 I nichts befindet, das im Zusammenhang mit dem Mord an dem Polizeibeamten Schmid stehen könnte. Die Vernehmung der Zeugin Schiller käme nur in Betracht, wenn behauptet würde, die Zeugin habe den Zeugen Müller belastende Aussagen schon früher gemacht. Ihre Aussagen seien aber zurückgehalten worden. Das wird jedoch nicht behauptet. Im Gegenteil ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Akten - siehe Sonderordner 33 - daß die Zeugin Schiller keine Angaben gemacht hat. Wenn sie den Zeugen Müller erst jetzt belasten will, nachdem [10212] dieser seine Aussagen in der Sache 1 BJs 7/76 schon gemacht hatte, so berührt das seine Aussagen im anhängigen Verfahren nicht.
Der beantragten Zurückstellung der Vernehmung bedarf es somit nicht. Ich bitte den Zeugen Müller in den Saal ...
RA Dr. He[ldmann]:
Ich hätte einen Beweisantrag ...
Vors.:
Um was für einen Antrag soll es sich handeln, Herr ...?
RA Dr. He[ldmann]:
Um einen Beweisantrag.
Vors.:
Ein Beweisantrag ist jetzt nicht am Platze, wir sind jetzt ja wohl bei der Zeugenvernehmung.
RA Dr. He[ldmann]:
Meiner doch, Herr Vorsitzender, hätten Sie mir vorher eine Erwiderung zugestanden, dann wäre er wahrscheinlich überflüssig geworden.
Vors.:
Ich weiß es nicht, ob der Beweisantrag jetzt gestellt werden kann, bitte bezeichnen Sie mal den Gegenstand.
RA Dr. He[ldmann]:
Ich beantrage,
die Sperrerklärung vom 23. Januar 1976 des Bundesministers der Justiz beizuziehen. Ich beantrage weiter, eine Erklärung des Bundesministers für Justiz einzuholen, daß jene Sperrerklärung für das Verfahren im Landgericht Hamburg gegen Möller und Müller[14] auch heute noch und auch für dieses Verfahren noch gilt.
Antragsbegründung:
1. Der Senat hat davon auszugehen, daß § 147 der Strafprozeßordnung der Verteidigung für den Angeklagten ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gewährt.[15]
2. Der Senat hat davon auszugehen, daß er die Frage der Aufklärung des gesamten Sachverhalts, wozu auch gehört widersprechende Zeugenaussagen vor Augen zu führen, zu würdigen, wozu auch gehört, die Herbeiführung von Zeugenaussagen mit unerlaubten Vernehmungsmethoden aufzuklären, weil sie nämlich dann in einem positiven Prüfungsergebnis nicht verwertbar werden, davon hat der Senat auszugehen. Eine Ausnahme für die Beiziehung solcher Akten gibt § 96 Strafprozeßordnung, den die Bundesanwaltschaft für sich in Anspruch nimmt - ich wiederhole - für sich in Anspruch nimmt. Jedoch der Senat geht kurzerhand davon aus, daß es diese Sperrerklärung gibt, ohne daß er sie offenbar selber kennt, ohne daß sie in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Der Senat geht kurzerhand davon aus, daß diese Sperrerklärung, gäbe es sie, abgegeben ... angeblich ...
(nach einer kurzen Pause)[h]
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wir hören Ihnen zu, es wird schon Gelegenheit sein, daß ein Gericht sich gelegentlich mal etwas dabei, auch wenn Sie weiter fortfahren[i], zuflüstert. Im übrigen darf ich Sie [10213] darauf hinweisen, daß ich ausdrücklich die Bundesanwaltschaft gefragt habe, ob dieser Sperrvermerk nach der Prüfung der Bundesanwaltschaft noch heute gelte, positiv beantwortet worden ist. Es ist also nicht richtig, daß der Senat kurzerhand davon ausgeht. Er hat sich in dieser Richtung vergewissert.
RA Dr. He[ldmann]:
Wenn Sie jetzt erlauben, dann fahre ich fort und versuche, mich weiterhin kurz zu fassen, sei es, um dem Senat Gelegenheit zu geben, auch voll zu folgen. Wenn Sie aber abgelenkt[j] sein sollten, mache ich gerne Pause.
Nichts anderes als die Behauptung eines Prozeßbeteiligten, des Anklägers in diesem Verfahren, hat der Senat in Händen für die Begründung seines Beschlusses hier, diese Sperrerklärung gäbe es und diese Sperrerklärung gelte fort, obgleich sie für ein[k] diesem fremdes Verfahren gegeben worden ist, was bereits über ein halbes Jahr zurückliegt und zu einem anderen Gericht gegeben worden ist. Damit jedoch ist die Grundlage für diesen Beschluß, den Sie soeben gefasst haben, uns die Einsicht in jene Akten, soweit sie die Aussagen des hier als Zeugen benannten Herrn Müller umfassen, soweit sie uns die Einsicht in jene Akten verwehren, eben gerade nicht gegeben, denn es kann nicht schlichter Prozeßvortrag eines Prozeßbeteiligten sein, nimmt man es mit dem Prinzip der öffentlichen Hauptverhandlung ernst, darauf Beschlüsse zu gründen, die einschneidend wirken in die Verteidigungsrechte der Angeklagten, nämlich über das Akteneinsichtsrecht ihrer Verteidiger. Revisionsgrund ist bereits nach der hier sicher bekannten Rechtsprechung, daß der Vorsitzende in[l] einem Strafverfahren außerhalb der Hauptverhandlung von seinem Kämmerlein aus[m] versucht, die Erweiterung einer Aussagebescheinigung herbeizuführen.[16] Hier haben wir einen noch sehr viel stärkeren Eingriff, mit diesem Senatsbeschluß nämlich, in das Prinzip der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung, als der Senat seine Entscheidung getroffen hat lediglich auf eine telefonische Auskunft aus zweiter Hand. Darum sind meine Anträge, nämlich die Sperrerklärung herbeizuziehen und zum Gegenstand[n] der Hauptverhandlung zu machen, und eine Erklärung des Bundesministers der Justiz von Amts wegen durch das Gericht einzuholen, darum sind diese beiden Anträge begründet. So, wie der Herr Bundesanwalt sich die Freiheit nimmt, auf Prozeßerklärungen und Anträge der Verteidigung zu drohen: „Solche Vorwürfe können auch nicht ohne Konsequenzen bleiben“, so nimmt sich die Verteidigung die Freiheit zu sagen: Was der[o] Herr Bundesanwalt hier vorgetragen hat, ist für mich nicht relevant im Sinne des geltendes Prozeßrechts, darum sind diese Anträge begründet.
[10214] Vors.:
Zunächst die Frage an die Bundesanwaltschaft, ist es möglich, uns diese Sperrerklärung, die ja noch aus dem Hamburger Verfahren zu stammen scheint, zugänglich zu machen? Sei es auch nur in Form einer Ablichtung oder sonst irgendetwas.
BA Dr. Wu[nder]:
Ich habe sie jetzt im Augenblick nicht hier, aber es dürfte möglich sein im Laufe des Nachmittags.
Vors.:
Meint[p] die Erklärung, die Sie hier in der Sitzung abgegeben haben, ausdrücklich, daß Sie sich vergewissert haben, daß die Erklärung auch heute noch ihre Gültigkeit hat? Kann die aufrechterhalten werden trotz des Vortrags ...
BA Dr. Wu[nder]:
Herr Vorsitzender, ich habe mir etwas gedacht, wie ich diese Erklärung heute vormittag abgegeben habe und es ist selbstverständlich, daß sie aufrechterhalten wird.
Vors.:
Dann darf ich bitten, daß man uns diese Sperrerklärung aus dem anderen Verfahren zugänglich macht, wir wollen über den Antrag beraten.
RA Dr. He[ldmann]:
Verzeihung, dann habe ich eine Frage. Es ist doch wohl zweierlei, eine Schlußfolgerung hier zum Besten zu geben: „Es ist selbstverständlich daß“, und hier eine Tatsache auf den Tisch zu legen, nämlich die Weitergeltung der Sperrerklärung durch Erklärung des Bundesministers der Justiz.
Vors.:
Wir müssen ja über Ihren Antrag entscheiden, wir werden das bedenken ...
Ich bitte, in einer Viertelstunde wieder anwesend zu sein.
Pause von 15.09 Uhr bis 15.25 Uhr.
Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung ist RA Dr.[q] Hoffmann nicht mehr[r] anwesend.
Vors.:
Der Senat hat folgenden[s] Beschluß gefasst:
Der Antrag, beim Bundesminister der Justiz eine Erklärung über die Fortdauer des Sperrvermerks vom 23.1.76 einzuholen, wird abgelehnt.
Gründe: Der Sperrvermerk vom 23.1.76 liegt dem Gericht vor.
Er lautet: „An den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.“
Kopf: „Der Bundesminister der Justiz, Bad Godesberg, 23.1.76, 1. Ausfertigung“, die Tagebuchnummer angegeben, „Betrifft:
Vorlage von geheimhaltungsbedürftigen Akten der Bundesanwaltschaft in der Strafsache gegen Gerhard Müller und Irmgard Möller [10215] wegen Mordes und anderem beim Schwurgericht Hamburg. Bezug: Anlagen.“ Der Text: „Das Bekanntwerden des Inhalts Ihrer Akte 3 ARP 74/75 I - vs-vertraulich - würde dem Wohle des Bundes Nachteile bereiten, § 96 StPO. Die mir überlassene Akte gebe ich anliegend zu meiner Entlastung zurück. Im Auftrag“, es folgt die Unterschrift, beglaubigt, folgt die Unterschrift und der Dienststempel.
Die Bundesanwaltschaft hat wiederholt in der Hauptverhandlung erklärt, der Sperrvermerk wirke fort. Es besteht kein Grund, an der Verlässlichkeit dieser Auskunft einer Behörde über ihre eigenen Akten zu zweifeln. Herr Professor.
Prof. Dr. Azz[ola]:
Herr Prinzing, Ich möchte doch bitten, Herrn[t] Bundesanwalt Dr. Wunder zu veranlassen, zu der Drohung, die er zu Beginn der Nachmittagssitzung gegen die Verteidigung ausgesprochen hat, nämlich, ich zitiere „solche Vorwürfe können auch nicht ohne Konsequenzen bleiben“ zurückzunehmen, anderenfalls das nicht geschieht, eine solche Drohung zurückzuweisen, weil eine freie Verteidigung angesichts solcher Drohungen schlechterdings undurchführbar ist.
Der Zeuge Müller wird um 15.28 Uhr in den Sitzungssaal vorgeführt.
Vors.:
Ich sehe also, Herr Professor, [u] keinen Anlaß, ich finde, das ist in einer außerordentlich sachlichen Form geschehen, wenn darauf hingewiesen wird, nach Auffassung der Bundesanwaltschaft könne eine solche Äußerung nicht ohne Konsequenzen bleiben, muß auch nicht unbedingt als Drohung aufgefasst werden, außerdem dürfte wohl, weil Sie den Antrag stellen, nur gemeint sein, daß derjenige Rechtsanwalt sich überhaupt mit diesem Satz befassen müßte, der unmittelbar diesen Vortrag gehalten hat.
Der Zeuge Müller erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[17]
Vors.:
Zunächst bitte ich Sie um Ihre Personalien.
Der Zeuge Müller macht folgende Angaben zur Person:
Gerhard Müller, ohne Beruf,
geb. am [Tag].[Monat].48, z.Zt. in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg.
Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Ich möchte Sie zunächst pflichtgemäß über den Gegenstand Ihrer [10216] Vernehmung unterrichten.
Rechtsanwalt Dr.[v] Hoffmann erscheint um 15.30 Uhr wieder im Sitzungssaal.
Wir haben hier Vernehmungsprotokolle vorliegen, danach sollen Sie über ein weitgespanntes Wissen verfügen, das hier im Rahmen der Beweisaufnahme nur zum Teil interessiert, und wir wollen Sie, das möchte ich Ihnen in Umrissen jetzt klarmachen, hören zu folgenden Fragenkomplexen: a) ob Sie mit den hier Angeklagten, Baader, Ensslin und Raspe, bekannt geworden sind, wenn ja, wann und wodurch. Unter Voraussetzung, das wäre dann b), daß Sie mit diesen Angeklagten bekannt geworden sind und vielleicht mit ihnen zu einer gemeinschaftlichen Gruppierung gehört haben sollten, ob Sie die Verfassung und die Ziele dieser Gruppierung uns benennen können, c) ob zu diesen Zielen auch die Verübung von Gewaltaktionen, insbesondere Sprengstoffanschlägen gehört haben könnten und d) wenn das zutreffen sollte, ob Sie uns etwas sagen können über die Vorbereitung und Durchführung solcher Anschläge, insbesondere natürlich auch, welche Anteile die einzelnen Gruppenmitglieder bei diesen Aktionen gehabt haben, wie die Rollenverteilung gewesen ist. Und dann würde uns noch interessieren, ob unmittelbar vor Ihrer Verhaftung und nach Ihrer Verhaftung bestimmte Vorgänge vorgekommen sind, die im Zusammenhang mit der möglichen Fortdauer dieser Gruppierung stehen. Wenn ich davon spreche, ein Vorgang, der unmittelbar vor Ihrer Verhaftung stattgefunden haben könnte, so ist damit ein Schreiben gemeint, das Ihnen, beziehungsweise in Ihrem Beisein möglicherweise aus einer Haftanstalt herausgebracht und den noch auf freiem Fuß befindlichen Mitgliedern zugänglich gemacht worden ist. Das wäre der Gesamtrahmen, das heißt, wir konzentrieren uns hier dem Zwecke der Beweisaufnahme entsprechend vorwiegend auf die Vorwürfe, die den Angeklagten im Zusammenhang mit Sprengstoffanschlägen gemacht werden.
Ich möchte Sie bitten, im Rahmen der Komplexe dann möglichst im Zusammenhang von sich aus zu erzählen, was Sie wissen. Selbstverständlich werde ich versuchen, dort, wo es notwendig erscheint, durch entsprechende Erinnerungen, Stichworte und dergleichen, darauf hinzuwirken, daß es Ihnen möglich ist, eine für uns hier möglichst zusammenhängende und vollständige Aussage zu machen. Beginnen wir also mit dem Punkt 1, hier angeklagt Baader, Ensslin, Raspe. Sind Ihnen diese Personen bekannt, wenn ja, seit wann und wodurch.
[10217] Zeuge Mü[ller]:
Ja, die Personen sind mir bekannt. Baader und Raspe kenne ich seit ungefähr Frühjahr 1971. Ich habe sie damals kennengelernt im Rahmen der ... das SPK[18] wollte damals eine eigene Terrortruppe aufstellen, und im Rahmen der Kontakte zwischen dem SPK und der RAF hatte ich damals Baader und Ensslin kennengelernt und zwar war das in der Rohrbacherstraße in Heidelberg, soweit mir bekannt ist, in der Wohnung Achterrath.
Vors.:
Und nun schon der zweite Komplex. Kann man davon ausgehen, daß Sie nach den Kontaktaufnahmen, die Sie eben schilderten, zu einer Gruppierung übergewechselt haben, zu der auch diese drei Angeklagten gehört haben?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, ich bin dazu dann zu dieser Gruppe übergewechselt mit noch anderen SPK-Angehörigen.
Vors.:
Wäre es Ihnen möglich, nun diese Gruppierung ganz kurz den Personen nach anzugeben, wer sich damals versammelt hat, wenn wir, sagen wir mal, den Zeitraum ansehen[w], ab Mitte oder Herbst 71?
Zeuge Mü[ller]:
Also wer personell dazu gehört hat?
Vors.:
Ja.
Zeuge Mü[ller]:
Wer mir als Zugehöriger bekannt ist.
Ja, da waren also Baader, Ensslin, Meinhof, Raspe, Meins[19]. Dann waren die Mohnhaupt[20], Braun[21], Siepmann[22], Reinders[23], Mährländer[24], Möller[25]. Dann gehörte dazu Stachowiak[26], also wie gesagt, ich selbst auch, Schiller[27], Jünschke[28], Hausner[29], Proll[30], Hoppe[31], Petra Schelm[32], Manfred Grashof[33]. Ja und dann war es so, daß also später nochmal einige Leute dazu gekommen sind, soll ich die auch gleich nennen?
Vors.:
Ja, wenn sie also fest eingefügt waren in den Rahmen der Gruppe, dann würde ich sagen ja.
Zeuge Mü[ller]:
Ja dazu gehörte dann Weisbecker[34], Luther[35], Grundmann[36], Barz[37], das sind im Moment die Namen, die mir einfallen.
Vors.:
Hatten Sie den Namen Jünschke schon bedacht oder genannt?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Ist genannt, danke. Gut, das war nun die Gruppe personell gesehen, können Sie uns etwas über die Art, wie diese Gruppe nun untereinander Kontakte gewahrt hat, wie sie in ihren Planungen vorgegangen ist - nur in kurzen Umrissen - einige Angaben machen? Ich meine, das ist ja, was Sie jetzt, um es Ihnen zu verdeutlichen, was Sie jetzt genannt haben [x], ist[y] eine ganz stattliche Zahl. Man wird wohl richtig liegen, wenn man davon ausgeht, daß die nicht beieinander gewesen sind, sondern verstreut waren. Und wenn Sie uns also jetzt etwa [10218] sagen könnten, die Gruppe hat sich so und so aufgehalten. Es hat sich etwa so und so verteilt und wenn es um irgendetwas gegangen ist, dann hat man den Kontakt untereinander durch die und die Möglichkeiten gefunden und wenn es um Planungen gegangen ist, was geschehen sollte, richtungweisende Bemerkungen, dergleichen, dann ist es so und so in der Gruppe etwa verbreitet worden. Wenn Sie das kurz andeuten können.
Zeuge Mü[ller]:
Mir wäre es recht, wenn Sie das ein bißchen genauer sagen würden, weil, ich will mal sagen, wie die Schwierigkeit ist, weil das geht ja über einen längeren Zeitraum und das änderte sich zum Teil ja auch laufend und, also ich weiß nicht, auf was Sie da genau Wert legen.
Vors.:
Sozusagen das Verständigungssystem innerhalb dieser Vielzahl von Personen, die Sie im Augenblick aufgezählt haben, wie drang, wenn ein bestimmter Plan etwa gefasst wurde, wie drang das durch, sind da alle beteiligt worden oder sind das einzelne Zellen gewesen, die nur eine lose Verbindung untereinander gehabt haben?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, dann fange ich mal vorne an. Also ...
Vors.:
Es ist so, Herr Müller, Sie müssen eben möglichst versuchen, zunächst im Zusammenhang von sich aus zu erzählen. Weitere Fragen, die sich daraus ergeben, abschnittsweise, werden dann von mir jeweils gestellt werden zunächst, und[z] sicher, dann später kommen noch ergänzende Fragen zu diesen einzelnen Abschnitten. Aber wir wollen eine Gesamtaussage zunächst von Ihnen erreichen.
Zeuge Mü[ller]:
Ja also in geografischer Hinsicht war es so, daß es in verschiedenen Städten, und zwar sagen wir, hauptsächlich eine Zeit lang war das Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe, dann war das Frankfurt, dann war das Berlin, Hamburg. Da gab es feste Wohnungen und Stützpunkte, die nicht auf Aktionen bezogen waren, sondern als dauernde Stützpunkte zur Verfügung standen für die Gruppe. Mit der Zeit hat es sich dabei rausgebildet, daß da eben bestimmte Leute, wenn man es so nennen will, Stammhalter waren in bestimmten Städten. Also die betreuten dann die Logistik und die Sympathisanten und hielten einfach die Stadt, standen da zur Verfügung, sorgten dafür, daß die bestehende Wohnung, daß die also eben zu benutzen waren, weil da mußte man hingehen, mußte dieses und jenes machen, bezahlen und eben diese Kleinigkeiten, die mußten laufend gemacht werden und das hatten dann diese Leute quasi übernommen.
Vors.:
Also eine Art Ortsbeauftragte.
Zeuge Mü[ller]:
Genau. Als Beispiel, also um[aa] das zu charakterisieren, würde [10219] ich zum Beispiel sagen, die Möller war das für Stuttgart, Grashof war das für Hamburg.
Vors.:
Können Sie Frankfurt benennen?
Zeuge Mü[ller]:
Frankfurt war das Raspe, für Berlin war das Mohnhaupt, Braun, also mit Unterschieden und Differenzierungen. Und die Mitglieder, also die waren, die lebten, also wenn man jetzt die Gesamtheit der Mitglieder sieht, lebten die nicht alle fest in einer bestimmten Stadt oder so, sondern die wechselten von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort, einmal so und einmal auch im Bezug auf irgendwelche Aktivitäten, die da geplant waren oder durchgeführt werden sollten. Also es war dann mehr oder weniger eine ... herrschte da eine Fluktuation. Es gab nur ein paar bestimmte Leute, die eben für eine Vorliebe, wenn man es so will, für eine Stadt hatten und dort auch zum Teil auch Anweisung hatten, eben dort zu sein.
Vors.:
Ja, also wenn man es nachvollzieht, was Sie sagen, es war im Grunde genommen nicht so, daß die von Ihnen erwähnten Wohnungen, Stützpunkte zugeteilt waren für bestimmte Personen, sondern innerhalb der Gruppe wurde gewechselt unter Benutzung dieser Stützpunkte.
Zeuge Mü[ller]:
Genau, es war also nicht so, daß es zum Beispiel eine Zelle Stuttgart gegeben hätte, zu der bestimmte Leute gehört hätten und die dauernd während dieser ganzen Zeit dort gewesen wären, sondern das war eben so, es gab da Stammleute für Stuttgart und alle übrigen kamen eben dort und da hin durch die sogenannte Fluktuation.
Vors.:
Wechsel also je nach Bedarf, ist das richtig verstanden?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Wenn also irgendetwas Besonderes wäre, Sie hatten zum Beispiel einen Auftrag, könnte man annehmen, der sich auf Stuttgart bezieht, wären Sie dann auch in Stuttgart untergeschlupft?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, wenn es dafür notwendig gewesen wäre.
Vors.:
Also das war jetzt nur ein Beispiel.
Zeuge Mü[ller]:
Dann, was das Organisatorische angeht, dann ist es so, daß ... ich habe das jetzt aus dem ... das hat Baader mir nicht direkt gesagt, sondern ich hab das aus einem Streit zwischen Baader und Meins und es ging eben darum, daß Baader den Anspruch erhob, daß dort, wo er da ist, da ist quasi die Front, die vorderste Front der RAF, also ... wie soll ich das jetzt charakterisieren ... da muß ich jetzt wieder ... also es war so, daß die ganze Geschichte der RAF, das war ja nicht statisch, sondern das war eine Entwicklung und dabei gab es bestimmte Ziele, teils in politischer Hinsicht, teils in taktisch-technischer Hinsicht, und im Rahmen dieser Ziele war es eben not- [10220] wendig, also zum Beispiel das Niveau der Aktion oder die Qualität, oder wie man’s nennen will, also in dem Sinne, daß es[bb] eben einen Unterschied gibt zwischen einem Autodiebstahl und einem Banküberfall, daß sich Baader eben als derjenige verstand, der da immer vorne weg ist.
Vors.:
Kann man vielleicht, um Ihnen das zu erleichtern, sagen, daß der Sinn Ihrer Aussage sein könnte, Baader glaubte dort immer sein zu sollen, wo es um die bedeutendsten Angelegenheiten gegangen ist oder ist das falsch verstanden, wenn Sie jetzt die unterschiedliche Qualität benennen, Autodiebstähle oder was es sonst noch für kleine, kleinere Delikte gab?
Zeuge Mü[ller]:
Dann will ich’s mal andersrum versuchen. Wenn man das so sagt, es sind ja oft Leute zur RAF gekommen, die in krimineller Hinsicht keinerlei Erfahrung hatten, für die war ein Autodiebstahl oder ein Banküberfall ... war das ein Buch mit sieben Siegeln und im Rahmen also der Entwicklung oder der Ausbildung in der Gruppe ging es eben darum, die Leute einzuweisen und dazu zu bringen, daß sie das eben können und da fängt es eben ... das einfachste ist, wenn man mal so will, ist eben Autodiebstahl und dem Niveau nach kommt eben dann Banküberfall und dann kommt Sprengstoffanschläge und dann kommt Geiselnahme oder Entführung. Und in diesem Sinne wollte Baader diese ... diesen Lernprozeß auf diesem Sektor forcieren, und er selber war ja auch nicht derjenige, der jetzt zum Beispiel Aktionen hohen Niveaus vorbereiten konnte, also Geiselnahme oder was weiß ich, er mußte die ja auch erst, wenn man so will, lernen und in dem Sinne verstand er sich als derjenige, der immer vorne ist, also nachdem eben die Sprengstoffgeschichten gelaufen waren, wollte er eben dabei sein und natürlich daraus ergab sich auch dann ein Autoritätsanspruch, daß er eben dann bei den Geiselnahmen, die geplant waren, daß er da eben vorne dabei ist und natürlich auch bestimmen wird.
Vors.:
Das würde also ein bißchen bedeuten, daß er, was die Erfahrung und Kenntnisse für die Tätigkeit der Gruppe anlangte, immer im vordersten Glied[cc] stehen wollte?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Sozusagen an der Spitze der erfahrenen Leute?
Zeuge Mü[ller]:
Den Anspruch erhob er und natürlich daraus abgeleitet unter anderem auch seine Autorität innerhalb der Gruppe.
Vors.:
Wenn Sie jetzt von der Autorität sprechen, das ist dann das letzte, was ich im Augenblick gerne von Ihnen erfragen möchte, zur Struktur. Gab es hier eine Art Rangordnung oder sonst irgendwas sowas, wie man [10221] im Tierreich die natürliche Hack-Ordnung bezeichnet[dd], die sich zwangsläufig durch bessere Kenntnisse, größere Kräfte und dergleichen ergeben könnte, gab es Kernmitglieder und Randmitglieder und so weiter, und so weiter.
Zeuge Mü[ller]:
Ja, das gab es. Es gab erstensmal, also ich ... für mich ist Andreas Baader der führende Kopf, dann gab es diese Kernmitglieder, also Ulrike Meinhof, Meins, Raspe, Ensslin, dann gab es einfache Mitglieder, dann gab es eben noch Randmitglieder. Zur Charakterisierung zum Beispiel Ilse Stachowiak, die war in gewissem Sinne eben ein Randmitglied, sie wurde immer weit weggeschoben oder so, also Baader sagte, die taugt nichts, die ist dumm und so, weil sie eben schon mal dabei war und in dem Zusammenhang drin war und so wie es dargestellt wurde, eben nicht mehr raus konnte, hockte sie eben immer in irgendeiner Wohnung, wo nichts los war und so weiter.
Vors.:
Nun zu den Zielen. Hatten Sie selbst, das wäre wohl die Voraussetzung, daß Sie zu den Zielen irgend etwas sagen können, Zugang und Gedankenaustausch mit den Kernmitgliedern?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, also das, wenn ich jetzt noch mal auf das geografische zurückkommen darf, die Fluktuation bewirkte ja, daß es da einen permanenten Meinungsaustausch im Kreise gab. Außerdem haben eben diese Kernmitglieder, diese führenden Mitglieder haben eben dann dauernd eine Kontrolle ausgeübt. Also wenn jetzt, angenommen jemand von diesen Leuten war ja in Stuttgart, dann hat er laufend in Berlin angerufen, um dort die Situation zu überprüfen, ob die Leute alle funken wie sie sollen und so weiter und so fort. Es gab einen laufenden Kontakt, also zwischen einzelnen Städten und der Stadt, wo jetzt eben Kernmitglieder oder auch Baader oder so waren und aber auch auf der unteren Ebene. Die waren dann nicht getrennt oder isoliert voneinander, also es war, wenn man so sagen will, eine offene Gruppe.
Vors.:
Das ist ein interessanter Begriff, die offene Gruppe. Können Sie da den Gegensatz klar machen, der ja an sich hier dem gegenüber zu stellen ist, damit es etwas verständlicher wird.
Zeuge Mü[ller]:
Ein Zellensystem ist so aufgebaut, daß ... eine Zelle hat eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern und die Mitglieder haben zum Teil also bestimmte Funktionen und die nächste Zelle kennt jeweils wieder nur ein Mitglied, so daß das, zum Beispiel, wenn eine Person aus der einen Zelle gefasst wird und Aussagen macht, so daß dann nur, wenn es nicht gerade diese Person ist, die die anderen Zellen [10222] kennt, daß da dadurch, durch die Aussage das Ganze, also ein aus mehreren Zellen bestehendes System nicht gefährdet wird. Und in dem Sinne war das bei der RAF nicht so, jeder kannte ja im Prinzip zumindestens nach längerer Zeit die meisten ständigen Wohnungen in den verschiedensten Städten der Bundesrepublik und in dem Moment, wenn da jemand gefasst worden wäre, hätte er jederzeit, nicht nur jetzt über die Stadt, in der er war hauptsächlich, sondern auch in anderen Städten angeben können, welche Wohnungen das sind, oder auch ... er kennt ja auch Telefonnummern, also um die anrufen zu können, er wußte mit Sicherheit oder mit großer Wahrscheinlichkeit wußte jeder, wo eben immer jetzt gerade Baader oder einer der führenden Mitglieder zu erreichen ist und so weiter und so fort. Also es war eine ... eben die Kontakte waren offen und sie waren für jeden zu machen.
Vors.:
Das bezog sich jetzt zunächst mal auf die Kontaktmöglichkeiten, man wußte, wo sich der Einzelne möglicherweise aufhält, konnte die Verbindung herstellen, kannte auch in der logistischen Hinsicht vieles in der Gesamtgruppe. Bezog sich nun diese Offenheit der Gruppe auch auf Planungen, daß man sagen kann: Im Grunde genommen[ee] hat jeder alles gewußt, was geschehen sollte oder im Augenblick geplant wurde?
Zeuge Mü[ller]:
Ja ganz genau kann man so nicht sagen, weil ... also im Groben, im Allgemeinen ja, und wenn jemand interessiert gewesen wäre oder wenn er dazu in einer Beziehung stand, also irgendwie ein Teil dafür besorgen oder so, dann hätte er es jederzeit erfahren oder auch erfahren können. Also wenn jetzt ... also ich will das so charakterisieren, wenn jetzt eine Person aus dieser Gruppe in Hamburg sitzt, dann kann er verhindern, daß er davon nichts erfährt, also daß er davon erfährt, also indem er einfach sich darum nicht dafür interessiert und so weiter und wenn er nicht[ff] jetzt direkt in diesem Zusammenhang einen Auftrag kriegt oder so, dann weiß er über die konkreten Einzelheiten nichts, aber er weiß mit Sicherheit, daß da dieses oder jenes stattfinden soll.
Vors.:
Es hing also von der Eigeninitiative ab, inwieweit der Informationsaustausch über Planungen, beispielsweise, erreicht werden konnte, ist das richtig, wenn man das so versteht, was Sie sagten?
Zeuge Mü[ller]:
Nein, vielleicht habe ich das jetzt auch ein bißchen ...
RA Geu[len]:
... ich etwas sagen?
[10223] Vors.:
Bitte.
RA Geu[len]:
Ich möchte doch beanstanden, jetzt zum wiederholten Mal, wir haben uns bisher ja zurückgehalten, daß Sie an die Ausführungen des Zeugen sich anschließen mit Schlußfolgerungen, Sie werden das sicher zurückweisen, aber es sind nach meiner Meinung Schlußfolgerungen, die Sie dann dem Zeugen in den Mund legen und den Zeugen fragen: Ist das richtig oder nicht? Der Zeuge soll von sich aus unbefangen Äußerungen machen und Sie haben als Vorsitzender nur Fragen zu stellen und nicht Schlußfolgerungen zu ziehen aus den Ausführungen des Zeugen ...
Vors.:
Sie werden bemerkt ...
RA Geu[len]:
... aber ich möchte doch darum bitten, daß das in Zukunft unterbleibt.
Vors.:
Sie werden bemerkt haben, daß der Herr Zeuge nichts in den Mund gelegt bekommen hat, wir hatten gerade den typischen Beispielsfall, daß er meine Vergewisserungsfrage - und um was anderes handelt es sich nicht - sofort und prompt mit „nein“ beantwortet hat, wie es völlig korrekt ist. Wenn ich nachhole und frage, ob das richtig verstanden ist, ist es selbstverständlich und ich habe bisher nicht den Eindruck, daß der Herr Müller das verkannt hätte, eine Möglichkeit zu klären, ob es richtig verstanden worden ist. Im Augenblick haben wir erkannt, daß entweder ich Sie falsch verstanden habe oder wie Sie andeuten, sich möglicherweise nicht ganz präzise ausgedrückt haben. Es sollen also keine Schlußfolgerungen sein, Herr Müller, sondern selbstverständlich sind das alles Fragen. Sie können also hinter all diese Bemerkungen immer das Fragezeichen setzen, ist das richtig verstanden?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, das mache ich auch, ich versuche da ja gerade zu erklären. Also im Prinzip war das Ganze ja so, daß jeder ja in dieser Hierarchie aufsteigen sollte, also jeder sollte nicht einfaches Mitglied bleiben, sondern er sollte möglicherweise Fähigkeit und Funktion bekommen, die eben[gg] dem eines Kern- oder führenden Mitglieds entsprechen, und das ist aber wieder natürlich eine Sache von der Leistungsfähigkeit her, bis jetzt ... ich kann nicht mit Bestimmtheit für jedes Mitglied aussagen. Es hängt doch von der Leistungsfähigkeit ab, ob die eben in der Lage sind, es überall durchzusetzen und wenn da jetzt eben zu viel zu tun ist, ich meine, wenn zum Beispiel Fahndung läuft oder was, oder wenn was vorbereitet wird oder mehrere Sachen vorbereitet wird, dann ist es nicht unbedingt so, daß da jetzt hinter jedem ... der hat dann gewisse [10224] Rückzugsmöglichkeiten und in gewisser Weise waren die ja auch ... waren diese Hemmungen auch vorhanden, also ...
Vors.:
Vielleicht läßt sich die Frage, die gestellt worden ist, nach dem Informationsaustausch auch im Bereich der Planungen konzentrieren auf die Kernmitglieder, von denen Sie sprechen, die Sie auch namentlich genannt haben, auch hier also die Vorfrage, hatten Sie Einblick beim Kern und könnten Sie etwas darüber sagen, ob, wenn Planungen stattgefunden haben, davon ausgegangen werden kann, daß alle Kernmitglieder davon erfahren haben, daß das diskutiert worden ist und sozusagen auch der Zustimmung aller bedürft hätte.
Zeuge Mü[ller]:
Also, so ist es richtig, ja. Da kann ich das mit Bestimmtheit sagen, währenddessen bei anderen kann ich das eben nicht genau sagen.
Vors.:
So daß also dieser Austausch bezogen war auf die Kernmannschaft im Augenblick[hh], bei den anderen haben Sie keinen Einblick. Sie haben aber die Frage nicht ... also das ist jetzt eine Vergewisserung, ist das richtig, wenn ich so verstehe?
Zeuge Mü[ller]:
Es wäre jetzt von mir eine Schlußfolgerung, aber ich nehme an, daß zum Beispiel eben solche Leute wie die Stadthalter bestimmter Städte und genauso informiert waren, und die wurden ja auch in gewisser Weise gepuscht[ii] um[jj] eben aufzusteigen und Qualitäten der Kern- und führenden Mitglieder zu erreichen.
Vors.:
Nun ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob Sie so viel Einblick hatten in den Kernbereich ...
Zeuge Mü[ller]:
Ja, was mich betrifft, also ich hatte ... das kommt jetzt auf den Gegenstand drauf an, würde ich mal sagen, außerdem kommt es auch auf die Zeit drauf an, weil ich ja nicht von Anfang an denselben Status hatte.
Vors.:
Gibt es eine Zeit, die Sie etwa angeben könnten, ab[kk] der Sie im großen ganzen oder vielleicht vollständig oder nur zu einem geringeren Teile sagen könnten, hier weiß ich, was im Kern gedacht und geredet und geplant worden ist. Oder können Sie das zeitlich nicht festlegen und überhaupt nicht behaupten, daß es so eine Zeit gegeben hat?
Zeuge Mü[ller]:
Also ich würde mal gerne mit meinem Anwalt reden.
Besprechung des Zeugen Müller mit dem Rechtsanwalt Huth in der Zeit von 15.54 Uhr bis 15.56 Uhr.
Ende von Band 589.
[10225] Vors.:
Darf ich darauf hinweisen, Sie sind belehrt über den § 55 StPO. Wenn Sie davon Gebrauch machen wollen, steht Ihnen das jederzeit zu, das ist Ihr Recht. Sie kennen also die Frage. Es ging darum praktisch, ob Sie Einblick in den Kern hatten und mit eingeschlossen ist natürlich die Frage, wie nahe Sie dem Kern gestanden haben. Und ob sich das zeitlich festlegen ließ. Ich weiß nicht, ob Sie darüber Auskunft geben wollen. Wenn ja, dann bitte ich Sie es zu beantworten. Wenn nein, sagen Sie, darüber möchte ich nichts sagen.
Zeuge Mül[ler]:
Ja über einzelne Aktivitäten war ich eigentlich von Anfang an informiert. Aber voll informiert oder voll eingeweiht, war ich wohl erst, seit ich in Berlin direkt mit Baader und Ensslin war. Von der Zeit an bis zu der Verhaftungswelle ...
Vors.:
Ab wann war das?
Zeuge Mül[ler]:
... das war im Herbst/Winter 1971.
Vors.:
71. Verhaftet worden sind Sie, wie wir wissen, am 15. Juni 1972. Also über ein halbes Jahr müßten Sie dann doch sehr, wenn Ihre Antwort hier richtig verstanden worden ist, einen direkten Einblick gehabt haben in die Planungen usw. ...
Nun über die Ziele allgemeiner politischer Art wollen wir uns hier gar nicht unterhalten, sondern die Frage, gehörte zur Verwirklichung der Ziele auch die Begehung von Gewaltaktionen speziell von Sprengstoffanschlägen?
Zeuge Mül[ler]:
Wie darf ich das verstehen. Zu den erklärten Zielen von Anfang an oder ...
Vors.:
Nicht zu den erklärten Zielen von Anfang an, sondern wie soll ich es Ihnen nun verdeutlichen. Ich meine, das hat sich ja auch gesteigert. Man hatte eine bestimmte Zielvorstellung und eine bestimmte Vorstellung ...
RA Geu[len]:
Ich beanstande das. Es geht wirklich nicht, daß Sie sagen, es hat sich gesteigert. Das ist wirklich eine Unterstellung, die sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme und insbesondere der Aussage des Zeugen nicht ergibt.
Vors.:
Ich nehme das zurück. Sie haben recht ...
RA Geu[len]:
Ja, möchte ich auch darum bitten.
Vors.:
Das ist recht, Herr Rechtsanwalt Geulen. Also diese Steigerung meinerseits nehme ich weg. Sondern ich wollte nur sagen, man hatte bestimmte Zielvorstellungen und mußte demgemäß auch eine bestimmte [10226] Vorstellung entwickeln, welche Mittel zur Erreichung dieser Ziele geeignet sein könnten. Daher, ob bei den Zielvorstellungen auch eine Rolle gespielt hat, daß man die Ziele erreichen könnte, z.B. mittels Begehung von Sprengstoffanschlägen?
Zeuge Mül[ler]:
Für mich persönlich gesprochen, ich hab das erste Papier, und damit quasi über die Zielvorstellung der Gruppe, habe ich im Frühjahr 1971 bekommen und das war das „Konzept Stadtguerilla.“[38] Zu diesem Konzept, also die Vorstellung oder die Pläne Sprengstoffverbrechen zu verüben sind ungefähr, naja, es war ungefähr nach dem Tode von Petra Schelm, aufgetaucht.
Vors.:
Würden Sie heute noch etwa wissen, wann das gewesen sein könnt
Zeuge Mül[ler]:
Ich kann das nicht mehr genau angeben. Also ich kann als Fixpunkt angeben ...
Vors.:
Also Petra Schelm, das darf ich Ihnen vielleicht sagen, das ist eine Kenntnis, die das Gericht hat.
Zeuge Mül[ler]:
15. Juli ...
Vors.:
15. Juli 1971.
Zeuge Mül[ler]:
Ein Datum jedenfalls für ein solches Gespräch, was die Planung von Sprengstoffverbrechen angeht, war der Diebstahl einer 500 BMW in Hamburg. Ich weiß das Datum nicht, es würde sich daraus ergeben. Mehr kann ich im Moment nicht dazu sagen.
Vors.:
Gut. Und nun möchte ich Sie bitten, möglichst im Zusammenhang zu erzählen von sich aus, wie sich nun solche, offenbar hier erstmals ins Gespräch gekommene Ideen, realisiert haben. Es muß ja, wie man annehmen darf, ein Vorbereitungsstadium gegeben haben. Kennen Sie das? Was ist da geschehen?
Zeuge Mül[ler]:
Nach dem Tode von Petra Schelm wurden die Aktivitäten innerhalb der Gruppe weiter fortgesetzt. Darunter fiel, wie ich jetzt gerade erwähnt habe, der Diebstahl eines BMW-Motorrades. Anschließend nach diesem Diebstahl bin ich mit Andreas Baader in eine Wohnung gegangen, in der Heinrich-Hertz-Straße in Hamburg. In dieser Wohnung wohnte zu der Zeit Manfred Grashof. Und als wir eben dort waren in der Wohnung hat Grashof gegenüber Baader den Plan entwickelt, also Polizeihubschrauber in Hamburg zu sprengen und zwar aus Rache gegenüber dem Tod von Petra Schelm. Und ich habe diese ganze Diskussion nicht ganz verfolgt. Jedenfalls war es so, Baader war dagegen und er hat schließlich Manfred Grashof dazu gebracht, von diesem Plan eben abzulassen. Weiter [10227] wäre eben noch dazu, zu sagen, daß dies jetzt nicht nur so, wie das manchmal in diesen Zirkeln so ist, ebenso eine Diskussion ohne jeden konkreten Bezug war, sondern Manfred Grashof hatte da auch, wenn man es so will, logistische Vorarbeit geleistet. Er hatte sich Pläne besorgt, also Pläne, die über den normalen Stadtplan hinausgehen. Es gibt da von diesen Vermessungsämtern 1:5000 oder was weiß ich. Und Pläne solcher Art hatte er sich ... er hatte sich genau mit dem Problem beschäftigt. Er wußte, wo die standen genau. Er wußte, soweit ich mich noch erinnere, wie sie gesichert waren oder wo die nächsten Reviere sind. Also es war ein ernsthafter Plan von Grashof damals.
Vors.:
Gut. Der kam nicht zustande, wie Sie sagen. Baader hat sich dagegen ausgesprochen. Bestand seine Ablehnung aus prinzipieller Abneigung gegen solche Delikte oder steckten irgendwelche andere Gründe dahinter?
Prof. Dr. Azz[ola]:
Herr Vorsitzender, das ist eine unzulässige ... Man[ll] kann gar nicht wissen, aus welchen Gründen es bestand. Man kann nur nach den Gründen allgemein fragen, sonst legt man dem Zeugen irgend etwas schon in den Mund.
Vors.:
Das glaube ich nicht, daß die Frage unzulässig ist. Ich glaube, die Frage ist korrekt gestellt, wenn man fragt, ob eine generelle Abneigung gegen derartige Taten bestanden hat oder ob andere Gründe vorgelegen haben. Denn der Herr Zeuge erzählt ja, was er aus dem Gespräch mitbekommen hat. Was anderes wird er auch nicht gefragt.
Zeuge Mül[ler]:
Die konkrete Argumentation von Baader kenne ich nicht. Aber es war nicht eben eine generelle oder pauschale Ablehnung von der Ausführung von Sprengstoffverbrechen.
Vors.:
Wie ist es nun weitergegangen. Sie sollten also jetzt schildern, ob sich das überhaupt dann im Laufe der Zeit verdichtet hat, diese Vorstellung, so etwas tun zu können, und was man dann zur Realisierung getan hat. Denn irgendwie muß das ja dann, wenn es je zu einer konkreteren Planung gekommen sein soll, weiter zubereitet worden sein.
Zeuge Mül[ler]:
Ja, also jetzt bezüglich dieses geplanten Sprengstoffanschlages auf die Polizeihubschrauber war das ja so quasi, daß ...
Vors.:
Nicht. Herr Müller, verzeihen Sie bitte. Wir wollen also möglichst das, was im Rahmen unserer Anklage von Bedeutung ist, in den Vordergrund rücken. Deswegen sind also Dinge, die hier nicht ausge- [10228] führt worden sind in diesen frühen Stadium - Sie haben sie erwähnt, das ist korrekt - aber die müssen also im einzelnen nicht erläutert werden. Sie werden ja wohl wissen, daß Gegenstand der Anklage hier sind die Sprengstoffanschläge, die verübt worden sind in Frankfurt, Heidelberg, Karlsruhe, München, Augsburg, Hamburg.[39] Um die dreht es sich hier. Also wenn Sie dazu etwas sagen können, wie die Entwicklung gewesen ist innerhalb der Gruppe in Richtung auf diese Taten, die Gegenstand dieses Verfahrens sind. Das ist besonders wichtig.
Prof. Dr. Azz[ola]:
Herr Vorsitzender, damit unterstellen Sie schon wieder, daß diese Gruppe überhaupt mit diesen Taten in einem Zusammenhang stehen.
Vors.:
Ich habe gesagt, daß das Gegenstand dieser Anklage sei. Und wenn der Herr Zeuge wisse, ob in Richtung auf diese Anklagepunkte in dieser Gruppe irgendwelche Entwicklungen gewesen seien, dann soll er uns das berichten. Das speziell interessiere. Also vorsichtiger kann man es nicht ausdrücken. Ich muß dem Herrn Zeugen ja das Thema seiner Aussage, wie sie hier für das Verfahren von Bedeutung ist, klarmachen. Bitte, Herr Müller.
Zeuge Mül[ler]:
Ja, auf Andreas Baader bezogen hatte der, entweder vorher oder zeitlich nachher, auch einen Plan entwickelt als Rache für den Tod von Petra Schelm, eine Wohnung zu verminen. Also eine Art Splitterbombe in eine Wohnung einzubauen und die mit irgendeiner Art Mechanismus zu koppeln, so daß sie beim Öffnen, nachdem bei der Polizei ein Hinweis auf diese Wohnung eingegangen wäre, automatisch dann explodiert und die Personen, die da in die Wohnung eindringen wollen, verletzt oder tötet. Es gab, jedenfalls es war eine Wohnung ausgesucht worden, von der ich vage wußte, daß es sie gibt. Ich kannte sie aber nicht. Und diesen Plan hatte Baader ebenfalls, einmal war ich dabei, im größeren Kreis entwickelt. Zu der Ausführung ist es auch nicht gekommen. Ich kann da auch keine genauen Angaben machen. Ich habe noch in Erinnerung, daß es zu der Zeit relativ wenig Sprengstoff gab. Aber ob das ein ausschlaggebender Grund war, weiß ich nicht. Wie soll ich jetzt Ihre Frage verstehen, also daß es sich jetzt hier nur auf die Angeklagten bezieht.
Vors.:
Wie sich nun die jetzt von Ihnen angedeutete Überlegung, daß man Sprengstoffdelikte begehen könnte, weiter entwickelt hat. Etwa, um Ihnen Beispiele zu nennen, festere Gestalt genommen hat. Ob man [10229] dazu dann schon übergegangen ist, Materialien dazu zu beschaffen. Ob man sich Rezepturen beschafft hat, wie man das überhaupt treiben kann. Kurzum, wie die ganze Entwicklung nun in dieser Vorbereitungsphase, wenn es eine solche gegeben haben sollte, gewesen ist.
Zeuge Mül[ler]:
Ja, nach meiner Rückkehr aus Berlin, die ungefähr Mitte, Ende Januar 1972 stattfand, bin ich von Manfred Grashof aufgefordert worden, bei einer Firma Aluminiumpulver abzuholen. Manfred Grashof hatte also den Kauf dieses Aluminiumpulvers voll organisiert. Er hat verfälschte Schreiben hergestellt. Soweit ich mich erinnere, war der Briefkopf Norddeutscher Rundfunk. Und dieses Aluminiumpulver, das ich abholen sollte, da hatte er als Zweck angegeben, daß dieses für einen Film verwendet werden sollte, wegen so einem Astronautenfilm oder sowas. Also wie sagt man da gleich ... Und ich hab dann auch die Sachen abgeholt. Manfred Grashof hat mich bei dieser Abholung, er ist mit dem Wagen hinterher gefahren und hat eben[mm] und die Abholung überwacht.
Vors.:
Können Sie sagen, wo das war und vor allen Dingen, um welche Mengen es sich gehandelt hat? Und wo dieses Einkaufsgut schließlich gelandet ist?
Zeuge Mül[ler]:
Diese Firma befand sich in einem Industriegebiet ...
Vors.:
Es genügt, wenn Sie uns Orte benennen ...
Zeuge Mül[ler]:
Ach so, Hamburg. Also im südlichen Hamburg. Den Ortsteil kann ich jetzt nicht mehr genau sagen und an die Straße erinnere ich mich im Moment auch nicht mehr. Diese Sachen wurden also dann, sie verblieben erst einmal eine Weile in Hamburg. Ob die jetzt im Wagen verblieben oder ob zwischenzeitlich nochmal kurz in den Keller oder in eine Wohnung geschafft wurde, das weiß ich nicht. Aber letztlich sind diese, ist dieses Aluminiumpulver mit anderen Sachen, also Bleimennige, in eine Wohnung, in eine konspirativen Wohnung, im Keller davon, in Hannover-Latzen abgeblieben.
Vors.:
Ist es von dort aus später irgendwie weiter verlagert worden?
Zeuge Mül[ler]:
Ach so. Von dort aus, es war eben dann einige Zeit später, weil zwischendurch fällt wieder etwas an. Aber ich kann das jetzt auch sagen. Diese Sachen, also die Bleimennige und das Aluminiumpulver ist dann von Meins und mir in Hannover-Latzen abgeholt worden und nach Frankfurt gebracht worden.
Vors.:
Wohin in Frankfurt?
Zeuge Mül[ler]:
Ja wir waren zuerst mal zurückgefahren nach Hamburg und hatten ... wir kamen sehr spät zurück und hatten das im Wagen stehen [10230] lassen und soweit ich mich erinnere, war jedenfalls ein Teil des Zeugs in der Ginnheimer Landstraße in einer Garage abgeblieben.
Vors.:
Warum Frankfurt? Warum sind die Sachen nach Frankfurt gebracht worden?
Zeuge Mül[ler]:
Damals, als die Sachen in Hannover-Latzen abgeholt wurden, war schon die Herstellung von Sprengkörpern vorgesehen. Und dafür sollten diese Chemikalien verwendet werden.
Vors.:
Und wo sollten diese Sprengkörper, von denen Sie sprechen, hergestellt werden?
Zeuge Mül[ler]:
Wo?
Vors.:
Wo?
Zeuge Mül[ler]:
Das ist verschieden. Ein Teil dieser Sprengkörper ist direkt in der Wohnung ... Also man kann bei den Gasflaschen nicht sagen, daß die in der Wohnung hergestellt wurden. Aber sie wurden da eben präpariert. Und ein Teil dieser Sachen sollen von einem Mechaniker kommen namens „Pfirsich“.[40]
Vors.:
Ja. Ich meinte jetzt, stand der Gruppe, Sie sagten Frankfurt, Ginnheimer Landstraße die Garage, stand der Gruppe in Frankfurt damals irgendeine Wohnung ein Unterschlupf zur Verfügung, von wo aus man solche Dinge organisieren konnte oder wo man gar solche Dinge machen konnte, wie etwa die Herstellung von, wie Sie sagten, von Sprengkörpern oder Sprengstoff?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, die Hauptwohnung für diesen Zweck war die Wohnung in der Inheidnerstraße. Als weitere Wohnung standen zur Verfügung Raimundstraße und eine Wohnung in der Wienerstraße in Frankfurt-Oberad. Und in der Bergerstraße war eine noch und dann war noch eine ... Das ist Stadtteil Bornheim, Bergerstraße. Wienerstraße ist Stadtteil Oberad. Reimundstraße ist, kann man sagen Frankfurt. Den genauen Stadtteil kenne ich nicht. Und dann noch eine Wohnung in Heusenstamm. In der Umgebung von Frankfurt gab es dann schließlich noch eine Wohnung in Bad-Homburg.
Vors.:
Ja. Inheidnerstraße bloß noch, weil Sie sagten, das sei die Hauptwohnung gewesen damals. Erstens, welchen Zeitraum meinen Sie und gab es irgend jemand der speziell nun damals in der Inheidnerstraße untergeschlupft war, personell?
Zeuge Mül[ler]:
Also über die genauen Frankfurter Verhältnisse kann ich nur etwa sagen, ab Februar. Ich weiß aber nicht, ob Anfang, Mitte oder Ende Februar 1972, weil ich dann von Hamburg nach Frankfurt [10231] umgesiedelt bin. Also Ensslin hatte mir gesagt, ich solle nach Frankfurt kommen. Von diesem Zeitpunkt aus, kann ich da über die genaueren Verhältnisse was sagen. Die Inheidnerstraße war die Hauptwohnung, weil da eben gerade diese führenden Mitglieder Baader, Meins, Raspe und Ensslin wohnten.
Vors.:
Sie waren jetzt beim Beschaffen von Aluminiumpulver. Die Mengen? Sie sagten vorhin ...
Zeuge Mül[ler]:
Es waren mehrere, was ich im Kopf hab, sind 200 Kilo.
Vors.:
Also jedenfalls eine größere Menge für einen Zivilkunden. Und sind sonstige Chemikalien in dieser Zeit beschafft worden. Sei es durch Sie selbst, sei es durch andere. Wenn Sie uns also aufzählen könnten, in welchem Zeitraum, wenn es so gewesen sein sollte, wer[nn] beschafft hat und was beschafft worden ist?
Zeuge Mül[ler]:
Ungefähr in demselben Zeitraum, als dieses Aluminiumpulver gekauft wurde, ist auch 90 Kilo Bleimennige beschafft worden in Hamburg. Und zwar bei einer Farbengroßhandlung, das war über der Elbe, das ist Harburg und in Altona in einer Chemikalienhandlung. Das ist das Bleimennige und das Alupulver. Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat ist beschafft worden in einer Chemikalienhandlung in Frankfurt. Dann sind zur Herstellung des oder woraus dann eben der graue Sprengstoff resultierte, in verschiedenen Drogerien kleinere Mengen von Chemikalien wie Schwefel, Holzkohle, Holzmehl gekauft worden. Das Holzmehl ist z.B. in Frankfurt-Hoechst in einer Möbelherstellungsfirma gekauft worden. Die Holzkohle ist gekauft worden in einer Drogerie, soweit ich mich erinnere in der Mainzer-Landstraße. Der Schwefel ist dort auch gekauft worden. Dann ist noch gekauft worden Kaliumchlorat in Stuttgart.
Vors.:
Hat es sich hier um eine größere Menge gehandelt?
Zeuge Mül[ler]:
Das waren auch wieder mehrere 100 Kilogramm. 600 Kilo die in 12 Tonnen à 50 Kilo waren. Und die habe ich in Stuttgart gekauft und nach Frankfurt gebracht.
Vors.:
Sonstige Chemikalien. Wir sind ja oder solche Zusätze für diesen Zweck den Sie andeuteten, die Sie noch in Erinnerung haben?
Zeuge Mül[ler]:
Dann ist gekauft worden Quecksilber in einer Chemikalienhandlung in Stuttgart von mir. Und eine kleinere Menge Quecksilber ist gekauft worden in Frankfurt von Angela Luther. Dann sind gekauft worden verschiedene Säuren. Von mir z.B. in Gießen in Drogerien welche. In Offenbach in Drogerien sind Säuren und Alkohol gekauft worden. Einmal von mir und einmal zusammen mit [10232] Angela Luther. Ja und mehr fällt mir im Moment nicht ein.
Vors.:
Wenn Ihre Vernehmung das richtig wiedergibt, sollen Sie früher auch geäußert haben, das Eisenoxid beispielsweise eingekauft worden sein soll. Glyzerin. Erinnern Sie sich daran?
Zeuge Mül[ler]:
Ach so ja, stimmt. Andreas Baader war der Meinung, war auf der Suche nach anderen Sprengstoffen und hat unter anderem mich losgeschickt, also verschiedene Chemikalien zu kaufen, damit er eben diese ausprobieren ... Also er wollte sie erst mal in kleineren Mengen herstellen um sie zu testen quasi. Und dazu gehörten Chemikalien, also ich kann mich an den Namen nicht mehr erinnern, aber Eisenoxid war dabei, Glyzerin war dabei. Dann war Naphtha dabei und ein Teil dieser Chemikalien ist gekauft worden in einer auch wieder eher so Universitätschemikalienhandlung in Frankfurt und zwar Richtung Griesheim.
Vors.:
Hat man denn zum Beschaffen solcher Chemikalien irgendwelcher Bescheinigungen bedurft. Wurde dafür gesorgt, daß, wenn das der Fall gewesen sein sollte, jemand eine solche Bescheinigung dabei haben konnte, wenn er sie benötigte, von den Einkäufern?
Zeuge Mül[ler]:
Ja wie ich ja schon gesagt hatte, hat Grashof für einen der Käufe in Hamburg mir ein Schreiben gegeben, die eine Bestellung darstellten. Also es war nicht in der üblichen Art, sondern es war mehr ein Anschreiben mit der Bestellung. Und ich hatte in Stuttgart ein Desaster erlebt. Also ich hatte Schwierigkeiten beim Kauf dieses Quecksilbers und ich hab die dann auch weiter erzählt, also z.B. an Gudrun Ensslin. Und aufgrund dessen hatte sie mir dann einen kleinen Stapel Kopfbögen gegeben, wo irgendein Uniinstitut angegeben war, damit ich, wenn ich wieder in die Verlegenheit käme, darauf eine Bestellung schreiben könnte und dann eben sicherer die Sachen bekommen könnte.
Vors.:
Ja. Diese Materialien, Sie hatten ja gesagt, daß die Gruppe sich verteilt hatte, sind die nun irgendwie wieder konzentriert zusammen gezogen worden an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Unterschlupf, um verarbeitet zu werden?
Zeuge Mül[ler]:
Die Materialien sind anfänglich, also noch in der Phase der Besorgung sind die zum größten Teil in Garagen gelagert worden. Da war zum Beispiel die Garage Hofeckweg, da war die Garage Ginnheimer Landstraße und da war die Garage Marbachweg-Dornbusch. Dann ein Teil dieser Chemikalien ist auch in Stuttgart gewesen. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Quecksilber und [10233] Säuren. Also konkret kann ich nur etwas über das Quecksilber sagen, weil mir von verschiedenen Leuten, also von Andreas Baader und auch Gudrun Ensslin erzählt wurde, daß sie in einer Wohnung versucht hätten Knallquecksilber herzustellen. Daß da eben auch Säuren und Alkohol waren ...
Vors.:
Das ist also eine Folgerung daraus?
Zeuge Mül[ler]:
Ja. Und diese Sachen sind letztlich aber auch in Frankfurt gelandet.
Vors.:
Kann man, wenn das so immer wieder zurückgekehrt ist nach Frankfurt, davon ausgehen, daß das sozusagen die Zentrale gewesen ist?
Zeuge Mül[ler]:
Frankfurt war die Zentrale für die Herstellung und auch für die Ausführung, für die Herstellung der Sprengkörper und für die Ausführungen der Anschläge.
Vors.:
Und innerhalb Frankfurts. Wie steht es mit der Inheidner Straße. Spielte die da auch die zentrale Rolle?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Nun diese Bestandteile kann man ja nicht frei schöpferisch einkaufen wie man vermuten darf, sondern man muß irgendwelche Rezeptvorstellungen haben, um zu wissen, was braucht man eigentlich wenn man einkauft. Sind solche Rezeptvorstellungen vorhanden gewesen. Wenn ja, wie kam man zu solchen Rezepten?
Zeuge Mül[ler]:
Also es gab ein Rezept. Ja, das habe ich eigentlich schon in Hamburg erfahren und zwar soll es aus Jordanien stammen. Es betrifft den roten Sprengstoff. Die einzelnen Gruppenmitglieder, jedenfalls Grashof hatte nicht das genaue Rezept zur Verfügung, sondern wußte eben nur, daß dazu diese und diese Stoffe gehörten. Aber er wußte nicht das genaue Mischungsverhältnis. Und die Sachen wurden quasi mal auf Vorrat bestellt. Und als ich dann in Frankfurt war, da ging zweierlei vor sich. Einmal wurde Mohnhaupt und Braun, die ja, wenn man so will, in Berlin Statthalter waren, wurden angewiesen, über den „Langen“, d.h.[oo] Rechtsanwalt Ströbele, [pp] dieses Rezept aus Jordanien zu besorgen. Also nicht das Rezept jetzt in Jordanien zu holen, sondern dieses Rezept aus Jordanien zu besorgen. Ob das jetzt aber in der Form geschehen sollte, daß Herr Ströbele zu Mahler geht und das aus seinem Gedächtnis holt oder ob das so vor sich geht, daß der Herr Ströbele seine Akten durchkramt und dort das Rezept raussucht, das kann ich nicht sagen. Dieses Rezept ist dann schließlich auch angekommen von Berlin. Welche Postkontaktstellen und so benutzt wurden, das kann ich auch nicht [10234] sagen. Aber ich hab dieses Rezept dann gesehen.
Vors.:
Rezept für das rote Gemisch, sagten Sie. Sonstige Rezepte?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, Raspe hatte ein Buch über technische Chemie, speziell also über Sprengstoffchemietechnik in einer Universitätsbibliothek gestohlen, eben für den Zweck, um darin passende Rezepte zur Herstellung von Sprengstoffen zu finden. Weiter wurde, das weiß ich jetzt nicht mehr so genau, von einem der drei, von Meins, Ensslin oder Raspe auch ein anarchistisches Kochbuch[41] beschafft. Es hatte einen englischen Text und wurde auch wieder von einem der drei zum Teil übersetzt. Daraus stammte, soweit mir bekannt ist, das Rezept für den grauen Sprengstoff.
Vors.:
Ja. Wir befinden uns immer noch in der Vorbereitungsphase, so wie mir scheint. Einkäufe nach Rezepten, die Sie uns jetzt geschildert haben. Sind sonstige Materialien außer diesen chemischen Bestandteilen eingekauft worden? Etwa für technische Verrichtungen und dergleichen. Man brauchte möglicherweise Gerätschaften. Man brauchte möglicherweise Materialien um Sprengkörper und dergleichen herzustellen. Alles das sind Dinge, die hier interessieren würden in dieser Phase, soweit Sie es überblicken können.
Zeuge Mül[ler]:
Gekauft wurden von mir in Stuttgart verschiedene Batterien, elektrisches Kleinzeug wie Drähte, Litzen, Stecker, Bananenstecker, Klemmen, Drahtwiderstände. Ich sollte da erstmal nur möglichst verschiedene Sachen einkaufen, weil u.a., also ich hatte den Auftrag von Andreas Baader, weil er erst mal sehen wollte, was überhaupt brauchbar wäre, was er benutzen könnte. Über diese Voreinkäufe, wenn man so will, ist er darauf gekommen, also war er besonders scharf auf eine bestimmte Batterie, die hatte 40 oder 50 Volt Spannung. Die genaue Bezeichnung kenne ich nicht mehr. Und aufgrund dessen habe ich bei einer Bastelfirma, Radio Aralt, fünf Batterien dieses Typs bestellt. Weiter ist mir bekannt ...
Vors.:
Haben Sie diese Bestellung auch selbst abgeholt, wissen Sie das noch, wenn Sie von Bestellung sprechen? Und wenn ja, wüßten Sie heute noch, ob Sie mit Ihrem Namen aufgetreten sind, wenn Sie der Abholer gewesen sein sollten oder ob Sie sich eines anderen Namens bedient haben. Wenn ja, welchen Namens?
Zeuge Mül[ler]:
Also hier muß ich sagen, daß dieser Vorgang war Bestandteil meines Verfahrens. Dort, das weiß ich aufgrund dessen, deswegen ist mir das wieder in frischerer Erinnerung. Also ich hatte eine Anzahlung gemacht und mit dem Namen „Cremer“ unterschrieben und so- [10235] weit ich mich, erinnere, hatte ich auch die Batterien abgeholt.
Vors.:
Ja. Das waren die Batterien. Die Zahl, hatten Sie die genannt?
Zeuge Mül[ler]:
Fünf Stück waren das.
Vors.:
Wenn wir bei den Batterien jetzt sind, wissen Sie ob weitere Batterien beschafft wurden. Welcher Art, welcher Zahl?
Zeuge Mül[ler]:
Da ist ein kleiner Karton, ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob da zehn oder zwanzig drin waren, aber es waren dieselben Batterien. Ein kleiner Karton dieser Batterien, die ich bei Radio Arlt geholt hatte, waren von dem „kleinen Dicken“ gekommen.
Vors.:
Auf den „kleinen Dicken“ kommen wir noch zurück. Haben Sie irgendwie eine Namensvorstellung mit dem „kleinen Dicken“ zu verbinden?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, nach einer Bildvorlage bin ich der Meinung, daß es sich dabei um Böse handelt.
Vors.:
Wilfried Böse?[42]
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
RA Geu[len]:
Herr Vorsitzender, das ist mal wieder ein Beispiel. Das gibt doch keinen Sinn, wenn der Zeuge einfach einen Namen sagt oder einen Nachnamen sagt und sagt, er wäre der Meinung und Sie sagen dann den Vornamen dazu. Und er sagt dann ja und Sie sagen auch ja. Ich möchte es aber nur mal konstatieren, denn ...
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, also ich glaube, jetzt treiben Sie die Korrektheit nun wirklich zu weit. Wenn hier der Name Böse in dem Zusammenhang mit dieser Gruppierung genannt wird, so ist jedenfalls nach allen Kenntnissen und Unterlagen, auch nach Kenntnis der Aussage die der Herr Zeuge gemacht hat, nur diese Kombination bisher bekannt. Deswegen ging ich also davon aus, daß mit Böse dieser Name gemeint sei.
RA Geu[len]:
Ja das können Sie gerne machen, Herr Vorsitzender, aber der Name Böse ist in diesen Verfahren überhaupt noch nicht gefallen und außerdem hat es der Zeuge noch nicht gesagt. Die richtige Frage wäre doch, wissen Sie auch den Vornamen. Und Sie sagen Wilfried Böse und er sagt ja und Sie sagen ja.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich darf fragen, ob er, wenn er den Namen Böse meint, den Wilfried Böse meint. Das ist mein Recht. Das können Sie mir nicht absprechen.
RA Geu[len]:
Entschuldigung, Sie müssen ihn fragen, ob er den Vornamen weiß. Und wenn er den nicht weiß, dann können Sie vielleicht vorhalten. Das wäre aber in dem Fall auch nicht zulässig.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, das ist nicht richtig. Es ist selbstverständ- [10236] lich, möglich zu fragen, ob er auch den Vornamen dazu weiß. Wenn ich den Vornamen gleich dazu nenne, so können Sie unter Umständen daraus die Besorgnis der Befangenheit schließen, wenn Sie meinen, daß ich ihm damit etwas in den Mund legen will. Ich habe den deutlichen Eindruck, daß der Herr Zeuge genau unterscheidet, daß alle Fragen die ich stelle, von ihm zu korrigieren sind, sobald irgend etwas falsches vermerkt ist. Meine Frage ging also dahin, ob unter Böse der Wilfried Böse zu verstehen gewesen sei. Ist das richtig?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, der Vorname ist mir auch bekannt. Ich hatte ihn nur nicht gesagt.
RA Geu[len]:
Aber Herr Vorsitzender, abschließend noch. Daß der Zeuge Ihre Suggestivfragen korrigiert, das entschuldigt doch nicht Ihre Suggestivfrage, das wollen wir doch mal festhalten ...
Vors.:
Das war keine Suggestivfrage. Der Herr Zeuge konnte ...
RA Geu[len]:
Sie müssen ihn nach dem Vornamen fragen. Der Zeuge soll aus seiner Kenntnis schöpfen. Sie müssen fragen, wissen Sie auch den Vornamen. Und wenn er dann sagt nein, dann ist es gut und wenn er sagt ja, dann soll er den Vornamen sagen. Und Sie können nicht sagen, ist es Wilfried Böse. Mit Befangenheitsanträgen halten wir uns im übrigen zurück, nach den Erfahrungen mit diesem Senat,[43] obwohl Gründe genug vorlägen.
Prof. Dr. Azz[ola]:
Auch heute.
Vors.:
Herr Müller, wir wollen fortfahren. Wir waren jetzt bei den Batterien gewesen. Sind Ihnen sonstige solche Materialien bekannt, die beschafft wurden?
Zeuge Mül[ler]:
Zu den Batterien möchte ich noch sagen, daß ich auch noch versucht habe, andere Batterien und zwar kleinere in der Bauart und auch mit einer niedrigeren Spannung und zwar handelte es sich dabei um 9 Volt Batterien in einem Geschäft in Frankfurt zu kaufen und zwar aufgrund dessen, weil eben Andreas Baader z.B. bestrebt war, immer wieder andere Sachen anzuwenden um eben nicht Ermittlungsbehörden durch die Verwendung dauernd gleichen Materials, um sie eben zu verwirren. Um da nicht unnötig viele Spuren zu hinterlassen, die eben eine Handschrift darstellen für die RAF, wenn man es so will. Ich hab dann noch weitere elektrisches Kleinteil auch in verschiedenen Frankfurter Bastelläden und Kaufhäusern gekauft. So z.B. alte und neue Relais bei Arlt in einem Geschäft in der Sand- oder Bergerstraße, technische Gelegenheiten, so was [10237] ähnliches war das. Und dann war noch so ein Geschäft in der Nähe des Mains, in der Nähe des Kaiserdoms. Dort habe ich auch solche Sachen gekauft. Dort habe ich z.B. auch einen Lüfter gekauft zur Herstellung von Knallquecksilber.
Vors.:
Zur Herstellung von Knallquecksilber, wozu benötigte man da einen Lüfter?
Zeuge Mül[ler]:
Das beruht auf den Erfahrungen von Gudrun Ensslin und Irmgard Möller in Stuttgart. Ich hab das damals nicht miterlebt. Aber aus den Berichten von denen weiß ich, daß sie in der Wohnung versucht hatten, Knallquecksilber herzustellen und da haben sich giftige Dämpfe entwickelt. Und die waren gefährlich, weil sie auch schon körperliche Reaktionen entwickelt hätten. Und dieser Lüfter sollte eben dafür sorgen, daß diese dabei entstehenden Dämpfe aus der Wohnung geleitet werden und da den Leuten die da im Gange sind, nicht schaden.
Vors.:
Weil Sie jetzt schon gerade beim Knallquecksilber angelangt sind, wir wollen dann nachher zu den Materialien zurückkehren. Zu welchem Zwecke bedurfte man des Knallquecksilbers?
Zeuge Mül[ler]:
Das, jedenfalls das habe ich von Andreas Baader, das diente dem Zwecke der Initialzündung oder sollte diesem Zweck dienen.
Vors.:
Kann man das so formulieren, zum Zwecke des Herstellens von Zündern?
Zeuge Mül[ler]:
Es sollte diesem Zweck dienen, ja.
Vors.:
Zünder, die sollten in Sprengkörper eingebaut werden?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Nun, weitere Materialien die Sie nennen können. Sie hatten also jetzt eigentlich die Batterien erwähnt.
Zeuge Mül[ler]:
Ja dann kommt noch Uhren und ... Also es ging dabei hauptsächlich um Reisewecker und um Kurzzeituhren.
Vors.:
Zu welchem Zwecke sollten die dienen?
Zeuge Mül[ler]:
Die sollten zur Zündung dienen.
Vors.:
Also auch für die Zündanlage bestimmt sein?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Wissen Sie, sind da größere Mengen eingekauft worden, und welche Art, wenn es sich um größere gehandelt haben sollte.
Zeuge Mül[ler]:
Diese Wecker sind am Stück, jedenfalls meines Wissens nicht in größeren Mengen eingekauft worden, sondern immer klein, klein, da und dort und dort. Also in den ganzen verschiedenen Kaufhäusern [10238] in Frankfurt z.B. von mir u.a. bei Fotoquelle. In Frankfurt z.B. von einer Sympathisantin auf ihren Geldumtauschreisen im bayerischen Gebiet. Zum Teil von einem anderen Sympathisanten dem ich den Auftrag dazu gegeben hatte. Und da sind Wecker eigentlich, kann man sagen, in der verschiedensten Art gekauft worden. Zum Teil zum direkten Umbau, zum Teil auch für Versuchszwecke um einfach zu checken oder zu testen, ob sie möglicherweise geeignet wären. Es handelte sich dabei z.B. nicht nur um Uhrwerk mit Feder und so, sondern auch um Batteriewecker, um elektrische Uhren und auch zum Teil um professionelle Sachen, in Steckdosen eingebaute Schalter und so.
Vors.:
Ja, das sind jetzt Materialien zum Zwecke der Zündanlage, wie Sie schon ausdrückten. Nun sonst noch für die Sprengkörper selber, von denen Sie vorhin gesprochen haben, die hergestellt werden sollten, sind Sie da beteiligt gewesen oder andere, oder ist überhaupt eingekauft worden Material was dazu geeignet war?
Zeuge Mül[ler]:
Wie darf ich das verstehen?
Vors.:
Nun, die Batterien, Uhren, Sie haben von Relais gesprochen, von Drähten usw., sind ja wohl bei geringem technischen Verständnis und Sie haben es bestätigt, würde ich davon ausgehen, bestimmt für die Zündanlage. Nun muß aber ja, Sie sprachen vorhin von Sprengkörpern, für die im Zweifelsfall auch irgendwelches Material dienen. Sie haben z.B. vorhin erwähnt, Gasflaschen. Sind also Materialien die geeignet waren, die Sprengkörper selber zu bilden, beispielsweise beschafft worden?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, wenn Sie gestatten, würde ich ja noch mal, wenn wir gerade schon bei den Zündsachen waren. Da gab es nämlich einen Einbruch in einen Steinbruch. Und zwar war die Ulrike Meinhof und Klaus Jünschke auf dem Weg von Frankfurt nach Hamburg. Und sie sind unterwegs, jedenfalls ihren Erzählungen nach, wollten sie schießen gehen und sind dabei auf einen Steinbruch gestoßen. Und sie haben den Steinbruch daraufhin untersucht, ob er für einen Einbruch geeignet wäre. Und sind dann wieder zurück nach Hamburg gekommen. Ich war an diesem Tag, ja also sicher kann ich sagen, [qq] daß ich auf einem Fest war, was da in der Nähe ... Da gibt es so einen großen Festplatz, Nähe der Inheidnerstraße. Und ich war da auf dem Fest und war da nicht mit. Ich kenne also einen Teil nur vom Hörensagen. Und aufgrund des Hörensagens [10239] sind die eben u.a. Meins, Raspe, nein, Andreas Baader, mindestens Meins, Gudrun Ensslin, wieder zu diesem Steinbruch hingefahren. Haben dort in einem Werkzeugschuppen ein Schweißgerät herausgeholt und Andreas Baader soll die Türen aufgeschweißt haben. Und er soll[rr] ja auch noch gelobt worden sein von Gudrun Ensslin, weil er das anscheinend sehr clever gemacht hat. Er hätte da an den Angeln geschweißt. Und dort aus dem Diebstahl resultierten dann Sprengschnur, Zündkapseln, elektrische und einfache. Und dieses Material habe ich dann auch selbst gesehen in der Wohnung Inheidnerstraße.
Vors.:
Ja, ist irgendwie aus dieser Erfahrung, aus diesem gelungenen Unternehmen, ein Prinzip geworden, daß man sagte, das ist eine geeignete Quelle für alle Fälle?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, einzelne Leute sind angewiesen worden, speziell also bei ihren einzelnen Tätigkeiten die sie da zu verüben hatten, auch auf Steinbrüche zu achten. Genauso wurden Sprengstoffhandlungen, wenn man so will, aufs Korn genommen. Eben zum Abklären, ob sie überhaupt geeignet sind usw. und so fort. Also einzelne Mitglieder haben sich dann Wanderkarten oder so 1:25 000 oder 1:50 000 besorgt und haben dort Steinbrüche eingekreist, die eben abgefahren werden sollten und geprüft werden sollten, ob sie dafür geeignet sind. Weil dafür gibt es eben bestimmte Kriterien, wenn er stillgelegt ist, hat es keinen Sinn und wenn das ein riesen Betrieb ist mit Wohnhäusern, geht es auch nicht usw. und so fort. Sprengstoffhandlung wurde z.B. von mir eine in Sachsenhausen, also ich hab mir die mal angeguckt, ich bin mal vorbeigefahren, abgeklärt. Dann wurde mal, das habe ich vom Hörensagen, von Ulrike Meinhof und Ilse Stachowiak in Hamburg eine Sprengstoffhandlung abgeklärt. Dann habe ich aus der Erzählung von Meins, daß er mal eine richtige Sprengstofffabrik, daß er da mal hingefahren ist und sich das angeguckt hat. Und er sagte aber, die wird so bewacht, daß man da nichts machen kann. Er ist da sofort auf Posten gestoßen. Mir ist nicht bekannt, daß da weitere Diebstähle in Steinbrüchen begangen wurden.
Vors.:
Das war also zusätzliche Beschaffung in dieser Form, wie Sie es andeuteten von Sprengmitteln aus einem Steinbruch. Sie sagen, in der Inheidnerstraße selbst gesehen, ist Ihnen irgendwie ein Name im Zusammenhang mit diesem Einbruch genannt worden?
Zeuge Mül[ler]:
Korrekterweise muß ich sagen, ich hab das aus meinem Verfahren, daß es sich dabei um einen Steinbruch in der Nähe von Ober- [10240] aula oder so handeln soll. Genannt wurde der mir damals nicht.
Vors.:
Ja, das ist sehr korrekt, daß Sie darauf hinweisen. Das ist natürlich wichtig, da Sie selbst durch Ihr Verfahren ein Kenntnisstand in mancher Beziehung bekommen haben, der vielleicht über das hinausgehen könnte, was Ihr eigenes Wissen ist. Das müssen Sie natürlich hier klar machen. Sie sollen also nur das angeben, was Ihnen damals zur Kenntnis gekommen ist. Also kein Name genannt im Zusammenhang mit diesem Steinbruch.
Sonstige Beschaffungen, die Sie uns schildern können für die Sprengkörper?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, ich sehe das gerade da. Einzelne Rohre hier wurden, zumindestens von diesen Alurohren, ich weiß nicht, ob es dieselben waren. Aber Alurohre dieser Art wurden von mir gekauft in einer entsprechenden Handlung, zwischen Frankfurt und Offenbach. Und zwar sollten sie eben dazu dienen, dieses Knallquecksilber aufzunehmen. Also zur Herstellung von Zündern.
Vors.:
Zündkapseln. Ist das richtig ausgedrückt?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, also bastelmäßig.
Vors.:
Im Eigenbau hergestellt.
Ende von Band 590
[10241] Vors.:
Sonstige Beschaffungen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja - dann soll ich jetzt konkret auf die Bombenkörper oder auf ... -
Vors.:
Was Sie selbst noch wissen aus Einkäufen, die der Herstellung von Sprengkörpern gedient haben könnten.
Zeuge Mü[ller]:
Mhm -
Vors.:
Sie haben also vorwiegend jetzt Materialien genannt - soweit ich das überblicke - die im Zusammenhang mit der Zündanlage stehen könnten.
Zeuge Mü[ller]:
Ja, und die Chemikalien ...
Vors.:
... haben Sie auch genannt.
Sie haben angedeutet, man habe auch noch Sprengmittel besorgt in Steinbrüchen.
Zeuge Mü[ller]:
Ja notwendig waren dafür noch eben die ... das Werkzeug, um eben diese Chemikalien zu mahlen und zu vermischen.
Vors.:
Da kommen wir vielleicht dann später drauf.
Wir wollen jetzt mal beim Einkauf zunächst mal bleiben von den Materialien.
Zeuge Mü[ller]:
Ja mir fällt im Moment ... -
Vors.:
Wenn ich Ihnen das Stichwort geben darf: Sie haben vorhin auf Alurohre hingewiesen.
Sind sonstige Rohre beispielsweise gekauft worden, aus denen man irgend etwas hätte herstellen können?
Zeuge Mü[ller]:
Ach ja: ein Metallrohr, und zwar war das so; also ich weiß jetzt nur, daß ich von Meins gebeten wurde, im Transit, also ’n RAF-Transit, also im Wagen der RAF zu fahren und bei ’ner bestimmten Firma - ich würde das noch gesagt kriegen - ein Eisenrohr abzuholen. Also dieses Rohr sollte quasi illegal abgeholt werden und sollte dann an einen legalen Typen, und wie mir von Meins gesagt worden ist, an einen „Pfirsich“ übergeben werden, und der Einkauf, das wäre eigentlich schon alles organisiert. Als Firma sei angegeben „Messemetallwaren“ „STP“ - das ist ein Sympathisant, der würde mich eben zu dieser Firma führen und würde auch diese Bezahlungsgeschichte erledigen. Ich solle dabei nur fahren. Ich bin dann mit „STP“ in diesem Industriegebiet in Frankfurter Osten - das war, soweit ich mich erinnere Riederwald, hieß das - bin ich mit „STP“ - der hat mich dann entsprechend eingewiesen - zu dieser Firma hingefahren; zuerst zur Verwaltung. [10242] Dort ist er dann in die Firma reingegangen und hat den finanziellen Teil erledigt und hat sich da offensichtlich auch die Papiere geholt oder hat irgendwelche ... Entweder hat er ne Quittung gekriegt oder irgendwas mit Papieren war da - ich weiß das nicht mehr so genau.
Und dann ist er wieder zu mir in den Wagen gekommen und hat gesagt: „Das Lager ist woanders, und wir müssen da jetzt noch ein Stück fahren.“ Und dann sind wir zu dem Lager gefahren und haben dort das Rohr in Empfang genommen; ich kann jetzt nicht mehr genau sagen, ob es sich jetzt um zwei Teile handelt oder ob das Rohr an einem Stück war. Die Länge betrug ungefähr - das ist jetzt ganz vage; ich will mich da nicht ganz genau festlegen - ungefähr 1,50 m und sie entspricht, wenn ich mich da auf das Asservat beziehen kann, ungefähr dem Durchmesser von diesem ... -
Vors.:
... von den Asservaten, die Sie hier vor sich stehen sehen.
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Der Zeuge deutet auf die ausgebreiteten Asservate.
Vors.:
Wie würden Sie das schätzen?
Zeuge Mü[ller]:
Durchmessermäßig?
Vors.:
Ja. Ich meine, nach Ihrer Vorstellung ...
Zeuge Mü[ller]:
Ich würde sagen: 20 cm, unter 20 cm.
Vors.:
Sie haben früher im Zusammenhang mit der Schilderung dieses Vorfalls das darf ich Ihnen vorhalten aus Bl. 24 der hier vorliegenden Vernehmungsprotokolle - die Maße so angegeben: anderthalb bis zwei m lang, im Durchmesser etwa 15 cm breit.
Zeuge Mü[ller]:
Ja es ist so: Ich hab ja bei dieser Vernehmung die Sachen nicht vor Augen gehabt. Ich habe aus der Erinnerung geschätzt, und jetzt habe ich geschätzt konkret an den Körpern.
Vors.:
Das wäre nun ein Fehler - das ist nicht der Sinn der Sache, daß die hier stehen. Sie müssen Ihr Erinnerungsbild aus der damaligen Zeit wiedergeben. Deswegen die Frage:
Wenn Sie sich jetzt daran erinnern, wie Sie das im Kopfe hatten, nicht vor Augen gesehen, die Maße, die Sie damals angegeben haben - anderthalb bis zwei m, 15 cm - würden Sie das heute auch noch aufrechterhalten [10243] oder hätten Sie das auch, ohne dieser Dinge ansichtig geworden zu sein, berichtigt heute?
Zeuge Mü[ller]:
Jaja. Also ich hab ja gesagt: 1,50 m, und daß das nicht ne genaue Maßangabe ist, die da mit 1 % Toleranz stimmt.
Vors.:
Es kommt nur drauf an, Herr Müller, ob Sie heute diese Durchmesserangabe, die ich Ihnen vorhalte, aufrechterhalten hätten, oder ob Sie von sich aus Grund hatten, das zu korrigieren. Sie sollen sich also möglichst nicht hieran orientieren sondern an Ihr Erinnerungsbild von damals.
Zeuge Mü[ller]:
Nee, das kann ich aufrechterhalten. Das war meiner Erinnerung nach, so wie das dasteht, war das die Schätzung nach meiner Erinnerung.
Vors.:
15 cm Durchmesser?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Sonstige Beschaffungen?
Vielleicht können Sie noch angeben: Wissen Sie noch, wo nun solche Dinge hingekommen sind, wie etwa solche Materialien wie das Rohr?
Zeuge Mü[ller]:
Also - ja:
„STP“ war dann bei mir vorn im Wagen auf dem Beifahrersitz, und er hat mir dann ... also mir ist gesagt worden, daß es dann an einer bestimmten Stelle übernommen werden sollte, und „STP“ wisse das eben alles und er würde mir dann sagen, wohin ich da fahren sollte. Ich hab den Straßennamen nicht mehr im Kopf, aber es handelt sich um eine Straße im selben Gebiet.
Und dort sind wir dann auch hingefahren, da stand dann auch ein Bus, und ich hab mich dann mit dem Transit vor den Bus gesetzt und „STP“ hat dann das Rohr also dem ausgeladen und hat es dann - ob er’s eingeladen hat, hab ich nicht gesehen -, aber das ...
Vors.:
Also das Rohr ging in ein anderes Fahrzeug, ohne daß ...
Zeuge Mü[ller]:
Es ist da aufgeladen worden, ja.
Vors.:
Sonstige Einkäufe gerade im Zusammenhang mit solchen Metallteilen?
[10244] Zeuge Mü[ller]:
Ach so, ja:
Dann sind Rohre - also der korrekte Name ist eigentlich Nickel - Nickel gekauft worden, die an beiden Enden ein Gewinde haben; dann sind Verschlußkappen gekauft worden. Ich habe selbst solche Sachen gekauft [ss] u. a. in einem Klempnereibedarfsgeschäft im Sandweg oder Bergerstraße in Frankfurt.
Weiter weiß ich, daß z. B. Klaus Jünschke und Siegfried Hausner hat solche Sachen besorgt.
„STP“, den ich vorhin schon genannt hatte, der hat auf meine Anweisung hin eine größere Menge von diesen Rohren und Nickeln besorgt.
Ja, damit erschöpft sich das eigentlich auch schon.
Vors.:
Sind Ihnen ungefähre Maße noch im Gedächtnis, wobei Sie sich bitte nicht, wenn Sie irgendwie was Ähnliches hier sehen sollten, daran orientieren, sondern an Ihr Erinnerungsbild - nur ganz ungefähr.
Zeuge Mü[ller]:
Bei den Rohren handelt es sich und bei den Kappen im Prinzip - also so, wie ich jetzt die Erinnerung im Kopf hab - um zwei verschiedene Maße hauptsächlich: Das eine waren die großen, die hatten ungefähr 2 Zoll; und dann waren die kleineren, die hatten ungefähr 1 Zoll - ich will mich aber auch wieder nicht auf ein halbes oder ein Viertel Zoll festlegen.
Vors.:
Stichwort Cassetten - besagt Ihnen das etwas?
Zeuge Mü[ller]:
Hier lag auch wieder ein Auftrag vor von Andreas Baader. Der wollte neue Bombenformen auch erst mal testen, und da hab ich den Auftrag gehabt, Geldcassetten zu kaufen; und aufgrund eben dieses Auftrages habe ich z. B. in zwei Offenbacher Kaufhäusern verschiedene Geldcassetten gekauft. Weiter habe ich Angela Luther angewiesen, eben auch nach Geldcassetten Ausschau zu halten und solche zu besorgen - das hat sie auch gemacht.
Die Cassetten sind dann in der Wohnung in ... einer Wohnung in Bad Homburg verblieben. Ja, und zu diesen Cassetten gehört auch der Kauf eines Schweißgerätes. Ich sollte für Schweißzwecke ... im allgemeinen und insbesondere für diese Cassetten auch ein Schweißgerät kaufen, und ich hab mich da beim ersten Versuch ... ich bin da in ein Fachgeschäft gegangen für Schweißgeräte und Zubehör, und da kam es aus verschiedenen Gründen eben [10245] nicht[tt] zum Kauf, und ich hab dann ein Schweißgerät bei Neckermann in der Zeit in der Hobbyabteilung gekauft.
RA Künzel verläßt um 16.50 Uhr den Sitzungssaal.
Zu dem Gerät wäre vielleicht zu sagen, daß es eben zum Schweißen von Blechen ungeeignet war; es konnten nur drei Stufen eingestellt werden. Es ist aber verwendet worden. Ich weiß eben, daß da solche Cassetten zusammengeschweißt wurden u. a. von Andreas Baader.
Weiter für Schweißzwecke wurden von mir Bleche gekauft, auch wieder im Industriegebiet Riederwald, und damit sollte eben der Boden in der ... das wurde ja in der Wohnung geschweißt und nicht in der richtigen Werkstatt - damit sollte eben der Boden ausgelegt werden, damit da keine Schäden entstehen, auch daß es nicht anfängt zu brennen.
Vors.:
Haben Sie auch mit der Beschaffung der Elektroden irgend etwas zu tun gehabt zum Schweißen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, ich hab auch Elektroden besorgt; aber es gab ja - ich weiß nicht, ob ich jetzt der einzige war - also es gab in dieser Wohnung verschiedene Elektronen, weil man da auch ... man braucht auch bestimmte, wenn man ... Das haben die mir in dem Geschäft erklärt, wo ich meinen ersten Versuch gemacht hab - Kaufversuch gemacht hab -, und da haben die mir eben gesagt, daß man eben auch für den Zweck, um Bleche zu schweißen, eben diese braucht und andere. Ich hatte da ja auch ein Buch bekommen von denen, um mich zu informieren.
Vors.:
Herr Müller, das ist nun also der Abschnitt Materialbeschaffung, wenn ich es so überschreiben darf.
Haben Sie von sich aus irgendwie jetzt noch was in Erinnerung, was an Materialien beschafft worden sein könnte, sei es, von Ihnen, sei es von andern, wenn Sie das selbst beobachtet haben?
Ich darf Ihnen z. B. ein Stichwort nennen:
Ist Ihnen bekannt, ob Stahlkugeln beschafft worden sind? Wenn ja, wüßten Sie welcher Art und welche Menge?
[10246] Zeuge Mü[ller]:
Ja. Von mir sind bei einer Niederlassung einer bekannten Lagerfirma ne größere Menge von Stahlkugeln, aber mit verschiedenen Durchmessern, gekauft worden. Soweit ich mich erinnere, hat es sich um Durchmesser von etwa 4 mm - 9 mm gehandelt bei diesen Stahlkugeln. Mengenmäßig würde ich sagen, schätzungsweise waren’s mehrere Hundert und die Kaufsumme betrug auch mehrere Hundert Mark.
Vors.:
Zu welchem Zwecke waren die bestimmt? Wissen Sie das?
Zeuge Mü[ller]:
Diese Stahlkugeln sollten in die Sprengkörper eingefüllt werden mit dem Sprengstoff, um dann ne Art Splitterwirkung oder verstärkte Splitterwirkung zu erzielen.
Vors.:
Sonstige Materialbeschaffung, die Ihnen noch im Gedächtnis wäre?
Ist Ihnen noch irgendwas Zusätzliches eingefallen?
Zeuge Mü[ller]:
Also ich kann mich im Moment nicht erinnern.
Vors.:
Ich würde nun gern so fortschreiten und Ihnen wiederum den Gegenstand Ihrer Vernehmung klarmachen, daß wir von Ihnen erfragen, ob nun die Sprengkörper auch von anderer Seite geliefert worden sein könnten, ob da jemand zur Verfügung stand, ob jemand da war, der Materialien verarbeitet hat;
dann würde man weitergehen, wenn das der Fall ist, wie nun diese Sprengkörper präpariert worden sind - Sie haben vorhin von Mahlen was gesagt, nicht? Also wie da der Sprengstoff bearbeitet worden ist, wie man das vielleicht eingefüllt hat u. dergl., und dann käme man schon direkt zu der Frage: Wo sind solche Sprengkörper eingesetzt worden, d. h., ob Sie ein Wissen haben, über Sprengstoffanschläge. Ich möchte aber jetzt gerne mit den Beteiligten die Frage erörtern: Es wäre also jetzt noch nach einer Pause möglich, wenn die Beteiligten damit einverstanden sind, daß wir wenigstens noch diesen Abschnitt ansprechen, ob von anderer Seite von außenher Arbeiten erledigt worden sind im Zusammenhang mit der Herstellung von Sprengkörpern.
Wären Sie imstande, dazu heute noch sich zu äußern?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Die Zeit ist fortgeschritten. Wir würden dann, wenn sonst keine Einwendung ist - wir haben heute etwas Zeit verloren - [10247] eine Pause von einer Viertelstunde machen, treffen uns 10 nach 5.00 Uhr wieder und würden dann diesen Abschnitt noch besprechen und dann am nächsten Dienstag fortsetzen.
Bitte.
RA Geu[len]:
Ich möchte noch fragen, was Sie überhaupt für die ... für den heutigen Tag noch für eine Vorstellung haben über den Zeitablauf.
Ich darf vielleicht sagen, nach meiner persönlichen Meinung - ich hab das mit den Kollegen jetzt auch nicht abgesprochen - wäre schon ein Interesse daran, die Zeugenvernehmung heute möglichst bald abzuschließen.
Vors.:
Das Interesse hatten wir auch; aber Sie wissen, wir sind sehr spät zur Zeugenvernehmung gekommen.
Völlig unverbindlich möchte ich’s also möglichst nicht über 18.00 Uhr hinausdehnen heute. Aber ich glaube, das könnte man, nachdem, was man hier an den[uu] Unterlagen übersehen kann, wohl einhalten.
Eine Viertelstunde Pause; Fortsetzung 10 Minuten nach 17.00 Uhr.
Pause von 16.55 Uhr bis 17.12 Uhr.
Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:
RA Künzel ist wieder anwesend[vv].
Vors:
Wir können die Sitzung, wie ich sehe, fortsetzen - die Verteidigung ist gewährleistet.
Haben Sie, Herr Müller, Kenntnis davon erlangt, daß irgendeine Hilfsperson vorhanden war, die sich miteinschaltete in die Herstellung von Sprengkörpern?
Zeuge Mü[ller]:
Ja. Ich hatte vorhin schon beim Kauf eines Rohres beschrieben, dieses Rohr sollte an eine Person namens „Pfirsich“ gehen eben zum Zwecke der Weiterverarbeitung und zur Herstellung von Behältnissen eben für Sprengstoff.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein Streit zwischen Baader und Meins ein, wo es ... da ging es um die Form. Also aufgrund dieses Streits habe ich vermutet, daß eben Baader die Anweisungen gegeben hat, daß diese eine bestimmte Form haben sollen - [10248] - was weiß ich, ob das jetzt um Griffe ging oder wo der sein soll.
Jedenfalls, als dann die ersten Exemplare kamen, gab es dann eben zwischen Baader und Meins einen Streit, weil die Form nicht den Vorstellungen, wie sie Baader gehabt hatte, entsprach, und die haben sich da richtig gestritten und rumgeschrien und so.
Vors.:
Zur Person des „Pfirsich“:
Kann man davon ausgehen, daß das ein Deckname war oder ist es ein echter Name gewesen? Wissen Sie das?
Zeuge Mü[ller]:
Für mich war das ein Deckname.
Vors.:
Wissen Sie, in welcher Stadt oder Ortschaft dieser „Pfirsich“ leben sollte?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, in diesem Zusammenhang ist es so, daß ich ... mir war eben aus Gesprächen in der Gruppe bekannt, daß so eine Person mit diesem Namen existiert, daß er verschiedene Sachen gemacht hat und machen sollte. Also ich hab verschiedene Sachen gesehen, die eben von dieser Person stammen sollen. Und ich war bei dieser Person nie gewesen; ich sollte aber einmal einen Treff wahrnehmen anstelle von Meins, und der hatte mir für diesen Zweck die Lebensumstände und die Person, wo er wohnt und wie er wohnt, hat er mir das genau beschrieben, damit ich mich da eben sofort zurechtfinden würde.
Vors.:
In welcher Stadt?
Zeuge Mü[ller]:
Das ist in der Stadt Frankfurt, und zwar von der Mitte aus im westlichen Teil Frankfurts.
Vors.:
Haben Sie irgendwelche Beurteilungen gehört, die man in der Gruppe geäußert hat über diesen „Pfirsich“, wie er zur Gruppe stand, wie man ihn einschätzte?
Zeuge Mü[ller]:
Ja. Im allgemeinen war man also sehr zufrieden, wenn man so sagen will, über die Arbeiten, die er gemacht hat.
Da gab’s aber anscheinend mal einen Punkt, wo er eben nicht mehr so richtig wollte, nicht? Und ich weiß eben nur noch aus ner Bemerkung von Meins, daß eben der „Pfirsich“ wieder funktionieren würde; also ich hab eben den Gesprächen entnommen, daß er also nichts mehr machen wollte oder was weiß ich.
[10249] Und nem weiteren Gespräch war eben zu entnehmen, daß Meins sagte: Er funktioniert wieder.
Vors.:
Hat sich Baader jemals über den „Pfirsich“ geäußert, daß man schließen konnte, er sei ihm irgendwoher geläufig?
Zeuge Mü[ller]:
Jaja: Baader hat sich auch über „Pfirsich“ geäußert, und seine Meinung war nicht so gut, nicht? Also er hatte Bedenken gegenüber „Pfirsich“; er hielt ihn überhaupt für ein Sicherheitsrisiko und er hielt den „Pfirsich“ auch für nen Typ, der ihm nicht paßte.
Vors.:
Also Sie haben den „Pfirsich“ nie kennengelernt, keinen Kontakt zu ihm gehabt.
Haben Sie irgendwelche Hinweise bekommen, was er nun im einzelnen für die Gruppe getan hat?
Bitte, Herr Rechtsanwalt.
RA Dr. He[ldmann]:
Ich habe nicht gehört, daß der Zeuge gesagt hat, er hätte diesen Herrn namens „Pfirsich“ nicht kennengelernt.
Zeuge Mü[ller]:
Doch, ich habe es vorhin gesagt, daß ich den „Pfirsich“ nie kennengelernt hab.
Vors.:
Sie können fortfahren, Herr Müller, bei der Beantwortung der Frage,
ob Sie wissen, was er für die Gruppe getan hat?
Zeuge Mü[ller]:
Also ich kann nicht sagen, daß „Pfirsich“ diesen oder jenen Gegenstand hergestellt hat, weil ich das nicht gesehen hab; ich hab nur verschiedene Gegenstände gesehen, wo mir gesagt wurde: Dieses oder jenes soll von „Pfirsich“ stammen. Und in diesem Sinne soll also diese Weiterverarbeitung von diesem Eisenrohr, was ich abgeholt hab bei dieser Firma, weiterverarbeitet worden sein und eben diese großen Rohrbomben daraus gemacht worden sein.
Weiter sollen hergestellt worden sein verschiedene feldflaschenförmige Körper, also zur Aufnahme eben von Sprengstoff und zur Herstellung von Sprengkörpern.
Dann soll er mehrere - wie sagt man - Schloßauszieher also zum schnelleren Autoknacken hergestellt haben.
Weiter soll er eine Stütze an eine MP gemacht haben.
Dann weiß ich also speziell, weil ich gelegentlich mit Meins mal drüber geredet hab, von Meins: Meins war dahinterher, eine Schrot-MP herzustellen, also eine Schrotmaschinenpistole, [10250] wenn man so will, die ein Magazin hat mit vielen Schüssen, mehr als im allgemeinen üblich ist und die im Ablauf funktioniert wie eine Maschinenpistole. Und ich war mal dabei, als er sie ausprobiert hat im Wald. Er kam da immer wieder mit dem Ding an in der Wohnung, und dann funktionierte dieses nicht, und dann brachte er sie wieder weg, und dann kam er wieder mit an und dann funktionierte jenes nicht und so; und das Ding hat überhaupt nie richtig funktioniert.
Dann - ach ja, auch noch eine Sache, wo Meins hinterher war: Das war diese sog. Babybombe. Diese Bombe sollte, also wenn sie fertiggestellt war, gefüllt usw., sollte sie sich ne Frau vor den Bauch hängen mit Tragegurt und damit eben ne Schwangerschaft vortäuschen, in ein Gebäude reingehen und die dann dort ablegen; und das würde ja auffallen, wenn da plötzlich ne Schwangere reingeht und ne andere wieder rauskommt. Deswegen war da ein aufblasbarer Ball angebracht, der eben den Schein der Schwangerschaft aufrechterhält. Und da war er eben ziemlich genau hinterher, hat sich da um jedes Detail gesorgt und gekümmert.
Vors.:
Sie haben von Sprengkörpern erwähnt feldflaschen-förmige ...
Zeuge Mü[ller]:
Ach so, ja.
Vors.:
... Sie haben Rohrbomben erwähnt, Sie haben Babybombe erwähnt. Gibt’s noch irgendwelche ...?
Zeuge Mü[ller]:
Jaja. Also da gab’s noch solche, im Sprachgebrauch von der RAF waren das eben Handgranaten, die aus kleineren Rohrstücken waren und am Boden war ne Kappe an ... also waren sie zugeschlossen mit ner Kappe und oben waren sie zündungsmäßig so gebaut wie ne richtige Handgranate.
Diese sollen auch von ihm stammen.
Bei den feldflaschenförmigen Bomben fällt mir noch ein: Also da gab’s verschiedene Typs; die einen waren gebaut wie ... mit Zündung wie ne Handgranate und mit Griff; andere hatten Magnetfüße.
Ja mehr fällt mir im Moment nicht ein.
Vors.:
Wenn ich Ihnen noch sage: Schrotabschußgerät - ...
Zeuge Mü[ller]:
Ach so -
Vors.:
... könnten Sie mit dem Begriff etwas anfangen?
[10251] Zeuge Mü[ller]:
Ja: Das waren solche Dinger, da kann man eine Schrotpatrone reinpacken in einen ganz kurzen Lauf und hinten Schlagbolzen, und wenn man die abzieht, dann wird die Schrotpatrone gezündet. Und das ist so:
Ich hab die für mich als „Schrotderringer“ bezeichnet, und da sind mehrere davon in der Inheidnerstraße gewesen; und Meins hatte auch mal welche ausprobiert, und also er wollt’s nicht wieder machen, sagte er, weil eben der Rückstoß zu stark war, und es gab nichts an dem Ding, wo man das hätte irgendwie auffangen können diesen Rückstoß. Also die war nicht tauglich, wenn man so will.
Vors.:
Ist Ihnen ein Nitriergerät ein Begriff?
Zeuge Mü[ller]:
Ja. Das hängt mit diesen Handgranatenzündern zusammen, die also um jetzt ... Dieses Nitriergerät wurde von einem ... wurde gebaut nach Vorstellung eines Typs, der auch die Handgranatenzünder geliefert hat und zwei Edelstahltöpfe, die eben zusammengeschweißt wurden - das soll auch der „Pfirsich“ gemacht haben -, die sollten eben zum Nitrieren von Sprengstoff dienen, und dieser Typ, den ich mit dem Namen „Tübinger Chemiker“ bezeichne, der sollte damit eben Sprengstoffe herstellen, d. h. man muß dann anscheinend bestimmte Chemikalien nitrieren, um Sprengstoff zu bekommen.
Vors.:
... diente also auch der Zündmittelherstellung?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Nun haben Sie gesagt, soll er, weil Sie das alles nur aus Erzählungen erfahren haben.
Haben Sie die Gegenstände, die Sie im Augenblick erwähnt haben, selbst gesehen?
Zeuge Mü[ller]:
Die Gegenstände habe ich alle selbst gesehen.
Vors.:
Und wo befanden die sich?
Zeuge Mü[ller]:
Die sind letztlich alle - jedenfalls, wenn wir mal die Schloßauszieher weglassen - in der Inheidnerstraße gelandet, in der Wohnung Inheidnerstraße in Frankfurt, und die Schloßauszieher, die wurden dann einfach ... da hat sich dieser einen genommen und jener hat sich einen genommen und so. Und die „Schrotderringer“ und so, die lagen da rum; die nahm ja niemand mit.
[10252] Vors.:
Die Babybombe, sagten Sie, haben Sie dann auch gesehen. Ist das richtig?
Zeuge Mü[ller]:
Jaja.
Vors.:
Die feldflaschenförmigen Körper - zwei Konstruktionsarten, die Sie schilderten: einmal mit dieser Handgranatenzündung und einem Griff; einmal mit Haftmagneten - wissen Sie, wieviel Stück davon haben Sie selbst gesehen? Können Sie das heute noch sagen?
Zeuge Mü[ller]:
Also ne genaue Angabe kann ich nicht mehr machen; ich kann höchstens schätzen ...
Vors.:
... ungefähr, was Sie da noch in Erinnerung haben, in welcher Größenordnung hat sich das bewegt?
Zeuge Mü[ller]:
Ich würde sagen: Bei den großen Rohrbomben ...
Vors.:
Nicht große Rohrbomben.
Bleiben wir mal bei den feldflaschenförmigen Körpern.
Zeuge Mü[ller]:
Ich würde sagen, schätzungsweise mindestens sechs.
Vors.:
Ist es richtig, daß bei Ihrer Verhaftung, die ja wohl gleichzeitig mit Frau Meinhof erfolgt ist, so’n Ding auch dabei war?
Zeuge Mü[ller]:
Ja eins mit Griff und Granatzünder.
Vors.:
Jetzt Rohrbomben:
Wieviel Stück davon haben Sie gesehen Ihrer Meinung nach?
Zeuge Mü[ller]:
Das ist auch wieder eine Schätzung, und ich würde sagen: ungefähr acht.
Vors.:
Und können Sie auch noch ne Zahl benennen für die Handgranaten?
Zeuge Mü[ller]:
Also so auf die Schnelle aus dem Kopf nicht; ich müßte nachrechnen und gucken, welche da wer genommen hat oder so oder wer welche hatte und müßte das zusammenzählen und dann ungefähr schätzen. Na, ich würde sagen: auch so ungefähr acht.
Vors.:
Haben Sie selbst so ein Ding mal bei sich gehabt - Sie oder Frau Meinhof bei der Verhaftung?
Zeuge Mü[ller]:
In der Wohnung Rodewald muß mindestens eine von diesen Dingern also nicht hochgegangen, sondern von der Polizei gefunden worden sein.
Vors.:
Wenn Sie diese Wohnung nennen, das bezieht sich auf die Festnahme?
[10253] Zeuge Mü[ller]:
Das ist die Festnahmewohnung, also wo Ulrike Meinhof festgenommen wurde.
Weiter weiß ich also zu diesen Handgranaten, daß mal eine von Meins ausprobiert wurde, allerdings nicht in meinem Beisein. Er hatte da einen Geldtransport nach Stuttgart durchgeführt und hat unterwegs eine dieser Handgranaten ausprobiert, indem er sie - jedenfalls seinen Erzählungen nach - an einen Baum gebunden hat und dann mit ner längeren Schnur oder nem längeren Kabel abgezogen hat; und seiner Schilderung nach war die Wirkung jedenfalls zufriedenstellend.
Mir fällt dann in dem Zusammenhang auch noch ein, daß ihn die Ensslin deswegen kritisiert hat, weil: Zweck seines Fahrens war die Geldüberbringung und nicht ne Handgranate auszuprobieren.
Vors.:
Das waren also nun Sprengkörperhüllen, wenn man das so bezeichnen darf, die Sie im Augenblick schilderten als Arbeiten, von denen Sie erfahren haben, sie stammten von dem „Pfirsich“ nebst den andern Dingen, die Sie genannt haben.
Vorhin - wir kommen nochmals darauf zurück - haben Sie von Gasflaschen gesprochen.
Ist es richtig, daß auch Gasflaschen als Sprengkörperhüllen ins Auge gefaßt worden sind, und ist daraus, wenn es so sein sollte, was geworden?
Zeuge Mü[ller]:
Andreas Baader und zum Teil auch Gudrun Ensslin, die haben zwischen Frankfurt und Stuttgart gependelt, und Andreas [xx] Baader hatte eben als Bombenhüllen auch diese Gasflaschen ins Auge gefaßt. Ich war vorher in Frankfurt schon mal mit ihm unterwegs gewesen; wir hatten da solche Händler abgeklappert. Und jedenfalls lief das darauf hinaus, daß Baader einfach sagte: „Ich hab auf der Herfahrt oder auf der Hinfahrt nach Stuttgart oder auf der Herfahrt von Stuttgart Gasflaschen gesehen, die könnte man holen.“ Und aufgrund dessen bin ich, Meins und Baader in einem RAF-VW - also es war ne Doppelkabine mit Pritsche, ein grünes Fahrzeug - sind wir da losgefahren, um diese Gasflaschen zu holen.
[10254] Meins hatte sich für diesen Zweck ein bißchen schlampig angezogen, nicht nur schlampig, sondern auch mit den entsprechenden Kleidern, also wie sie eben ein Straßenarbeiter oder so anhat; er hatte auch noch ne rote Fahne dabei. Und da sind wir dann losgefahren zu der Stelle, wo die standen, und dort hatten wir uns so richtig verhalten wie ein Fahrzeug von der Straßenbaufirma: Meins winkte den Wagen von der Autobahn runter und so. Wir fuhren von der Autobahn direkt auf ne Wiese zu den Flaschen hin - die standen nicht direkt auf der Autobahn sondern daneben - und die standen in Gerätschaften, die dem Anschein nach dazu dienten, Teerdecken aufzuweichen oder so was ähnliches. Da waren dann unten solche ... naja, es ist schlecht, wenn man sagt, also ein umgekehrter Gasofen, aber so ähnlich war das. Da kam dann unten die Flamme raus, die eben die Fahrbahndecke erhitzt; und da waren dann auch noch Reifen dran, wo das ganze Ding fahren kann.
Und soweit ich mich erinnere, waren das insgesamt zwölf Flaschen, und die sind dann von den Schläuchen - da waren ... führten Schläuche eben zu den Düsen, wo dann das Gas verbrannt wurde - wurden die abgeschnitten und auf diesen Wagen verladen. Gleichzeitig wurden noch mitgenommen also solche Sachen, die eben Straßenarbeiter irgendwie wie solche Gummihüte mit ... rot-weißgestreifte Gummihüte und Straßenschilder, Absperrgeräte und solche Sachen. Dieses Gerät wurde dann eben über ... verschleppt und halt kaputt gemacht, um eben den Anschein zu erwecken, daß da hier eben zerstörungswütige Jugendliche am Werk[yy] gewesen seien.
In der Nähe des Diebstahlortes wurden dann die Gasflaschen gleich geleert, also es wurde das Gas rausgelassen; Meins und Raspe machten dann auch ein paar Schießübungen, und dann kam auch noch jemand hinzu, wie ich vermutete wegen der weißen Wolken im Wald und daß der irgend nen Brand vermutet hat. Und daraufhin haben wir sofort die Gegend verlassen. Die Gasflaschen sind dann gelandet in der Wohnung Schloßstraße in Offenbach; und die andere Hälfte der Flaschen mitsamt dem Gerät in der Garage Dornbusch ...
[10255] Vors.:
Könnten Sie noch sagen, wie groß, insbesondere nach dem Füllgewicht vielleicht benannt, diese Flaschen gewesen sind?
Zeuge Mü[ller]:
Soweit ich mich erinnere, 11 Kilo - also auch jetzt nicht präzise.
Vors.:
Haben Sie sonst noch eine Beschaffungsaktion, wenn wir’s so ausdrücken wollen, von Gasflaschen im Gedächtnis?
Zeuge Mü[ller]:
Ja. Meins hatte mich aufgefordert, ihn zu begleiten. Er wollte im Nürnberger Raum, speziell im Nürnberger Raum Gasflaschen stehlen, und zwar hatte der Diebstahl von Gasflaschen im Nürnberger Raum den Zweck, um die Spuren eben nach Nürnberg zu lenken, weil in diesem Raum die RAF nicht operierte und nicht war. Für diesen Zweck wurde der Opel-Diplomat benutzt. Und wir sind dann nach Nürnberg gefahren, und als wir dann dort waren - ich war der Beifahrer - ist Meins ziellos irgendwie durch die Gegend gekurvt und hat Baustellen gesucht, wo solche Dinger eben meistens oder oft zu finden sind. Und letztlich sind wir an einer großen Baustelle gelandet, und dort haben wir dann auch - da waren viel mehr Flaschen als mitgenommen werden konnten - drei Flaschen eingeladen.
Vors.:
Die Größe, wüßten Sie die?
Zeuge Mü[ller]:
Das waren große Flaschen, die fast mannshoch waren. Was da auf dem Schild stand - ich weiß es nicht.
Vors.:
Wo sind die schließlich gelandet?
Zeuge Mü[ller]:
Die sind in dem Wagen verblieben und wurden, was ich vom Hörensagen hab, von Baader und Meins entleert und verblieben in der Garage Hofeckweg.
Vors.:
Wir haben jetzt die Materialien besprochen, wir haben die Herstellung von Sprengkörperhüllen besprochen, Sie haben die Materialien für die Zündanlage angegeben, die beschafft worden seien.
Nun: Die Einzelteile, die zur Sprengstoffherstellung gedient haben könnten, die beschafft worden sind, sind die nun tatsächlich verarbeitet worden zu Sprengstoff? Wenn ja, wie ist man vorgegangen und wer war an dieser Herstellung von Sprengstoff beteiligt? Wobei [zz] vielleicht das von Ihnen erwähnte rote und graue Gemisch zunächst mal ein Anhaltspunkt sein könnte, sich zu äußern, wie das zustande kam.
[10256] Zeuge Mü[ller]:
Es wurden also die Chemikalien, die ja in Säcken waren - hauptsächlich zu 50 kg - wurden einzeln nacheinander in die Wohnung Inheidnerstraße gebracht, und eben zur Verarbeitung der Chemikalien erhielt ich eben Anweisung, verschiedenes Zubehör zu kaufen. Es handelte sich dabei um Kaffeemühlen, um Eimer, um Wannen, um Trichter, um ... ja, das war eigentlich so die Hauptsache. Die Sache mit den Kaffeemühlen, den Eimern und so, das beruhte auf ner Überlegung von Baader; der wollte eben diese Kaffeemühlen zum Mahlen des Sprengstoffs verwenden, weil da war ja Ammoniumnitrat war z. B. granuliert und Holzkohle war auch in größeren Stücken, und er hatte das auch schon ausprobiert, indem er in einen Eimer ein Loch geschnitten hatte und da ne Kaffeemühle eingepaßt hatte und das ganze funktionierte dann auch, und dann wurde das eben auf dieses System ausgebaut. Die Kaffeemühlen hatten nun einen ziemlichen Verschleiß, und deswegen erhielt ich den Auftrag, eine größere Kaffeemühle zu beschaffen, was ich auch gemacht hab; die war aber noch schneller kaputt als die kleinen. Und da blieb es eben dabei, und die gesamten ... die einzelnen Chemikalien wurden mit diesen Kaffeemühlen in der Wohnung Inheidnerstraße in unterschiedlichem Maße von Baader, von Ensslin, von Raspe und von Meins gemahlen. Wenn jetzt welche zu Besuch kamen oder so nur mal kurz irgend etwas in der Wohnung zu besprechen, ob die jetzt auch gemahlen haben, das kann ich nicht sagen.
Vors.:
Das würde also bedeuten, daß man zunächst begonnen hat, das Material so zu zerkleinern, daß es in die geeignete Form gebracht war und daß daran, wie Sie sagen, die vier beteiligt waren.
Sind das ausschließlich Beteiligte, oder wollen Sie über weitere Beteiligte nichts mehr sagen?
RA Geu[len]:
Die Frage versteh ich nicht, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Ich hoffe, daß der Herr Zeuge die Frage verstanden hat. Wenn Sie’s nicht verstanden haben; ich erläutere es Ihnen gerne.
RA Geu[len]:
Sie fragen, ob er also nichts mehr sagen will. Er ist Zeuge und muß Aussagen machen.[44]
[10257] Vors.:
Ich habe zu ihm gesagt, ob das die einzigen Beteiligten beim Mahlen dieser Chemikalien gewesen sind, ob weitere Beteiligte gewesen seien, ob er darüber Aussagen machen wolle.
Zum Beispiel, wenn ich Sie fragen würde:
Waren Sie beteiligt?
Wollen Sie dazu was sagen?
Zeuge Mü[ller]:
Dazu möchte ich die Aussage verweigern.
Vors.:
Können Sie, nur um die Größenordnung anzugeben, mitteilen, weil Sie sagten, die Kaffeemaschinen hätten großen Verschleiß gehabt, wieviel Maschinen hat man da etwa benötigt?
Zeuge Mü[ller]:
Das waren ungefähr auch acht bis zehn Maschinen.
Vors.:
Sind weitere oder Arbeiten zwecks Herstellung des Sprengstoffs notwendig gewesen?
Zeuge Mü[ller]:
Es waren noch Geräte notwendig zum Mischen, und dafür ... Also ich muß jetzt hier nochmals sagen: Kaffeemaschinen hab nicht nur ich allein besorgt, sondern die wurden auch von - ich erinnere mich - z. B. von Ensslin gekauft und auch von Raspe. Zum Mischen wurde ein Handmixer verwendet, wie er in Haushalten gebraucht wird. Dann wurde ... - es gab ne Bohrmaschine - wurde ein Schneebesen oder so was Ähnliches in die Bohrmaschine eingespannt und zum Mischen verwendet. Weiter hat Baader versucht, ein Gerät herzustellen und selber damit zu mischen. Er hatte die Vorstellung, daß, wenn er auf ein Gewinde ... Nee, Moment. Das muß ich sortieren. Da handelt es sich noch um den Versuch zum Mahlen. Also er hatte mich angewiesen, Messer zu kaufen, wie sie für Mixer in solchen Glocken[aaa] sind, und die wollte er dann eben mehrere zu Paaren auf eine Gewindestange schrauben und dadurch das Ding dann in ne Bohrmaschine einspannen, weil er dachte, das zerhaut alles oder was, also auch zum Mahlen verwenden.
Und zum Mischen wurde nur dieser Schneebesen und möglicherweise noch ein selbst hergestellter Schneebesen [bbb] verwendet.
Vors.:
Und das Gefäß, in dem gemischt war, um was hat sich’s da gehandelt?
[10258] Zeuge Mü[ller]:
Dabei handelt es sich um Eimer bzw. um Wannen.
Vors.:
Wer war nun beteiligt an dem Mischen?
Zeuge Mü[ller]:
Das ist wieder ungefähr dasselbe wie beim Mahlen, also genau die beteiligten Personen.
Vors.:
Die Mischungsverhältnisse, wer hat die bestimmt? Und haben Sie heute noch eine Erinnerung, welche Bestandteile beispielsweise verwendet wurden, wenn Sie differenzieren zwischen rotem[ccc] und grauem Gemisch.
Zeuge Mü[ller]:
Für den roten Sprengstoff, das ist das Rezept aus Jordanien, wurde verwendet: Ammoniumnitrat, Bleimennige und Aluminiumpulver; das Mischungsverhältnis war 4:3:2, soweit ich mich erinnere. Andreas Baader hatte einen Sprengversuch gemacht mit diesem Sprengstoff, und da war zu viel Bleimennige übriggeblieben, also war offensichtlich rot gewesen. Das ist jetzt nur wieder - ich war nicht dabei gewesen - das ist jetzt nur wieder aus der Erzählung - und aufgrund dieses Sprengversuches wurde das Mischungsverhältnis dann eben auf seine Anweisung geändert auf 4:2,5:2.
Vors.:
Also einen geringeren Bleimennigeanteil offenbar, ja?
Zeuge Mü[ller]:
Genau.
Vors.:
Graues Gemisch?
Zeuge Mü[ller]:
Die genaue Zusammensetzung kenn ich nicht; ich weiß nur, es wurde dazu verwendet: Ammoniumnitrat und Kaliumnitrat, Schwefel, Holzmehl[ddd], Holzkohle. Letztere drei: Schwefel, Holzkohle, in geringeren Mengen.
Vors.:
Und welche Mengen wurden da vorbereitet, wenn Sie das etwa an Eimern messen oder an solchen Wannen, wie Sie erzählen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja das ging in die Hunderte von Kilos insgesamt ...
Vors.:
... die zubereitet wurden?
Zeuge Mü[ller]:
... als Sprengstoff, ja.
[10259] Vors.:
Nun mußten ja die Sprengkörper, wenn sie zum Endzustand geführt werden sollten, auch abgefüllt werden?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, die Abfüllung ist auch in dieser Wohnung geschehen.
Vors.:
Auch in der Inheidenerstraße? Wer waren die Beteiligten?
Zeuge Mü[ller]:
Auch wieder die, eben die vorher, die Genannten. Und in kleinem Maße, soweit ich in Erinnerung habe, auch mal Irmgard Möller als sie mal da war. Die war mal aus Stuttgart und Frankfurt zu Besuch und da hat sie auch irgendwie mal ...
Vors.:
Und wie ist das Abfüllen geschehen? Was für Hilfsmittel?
Zeuge Mü[ller]:
Es wurden dafür Trichter verwendet.
Vors.:
Wissen Sie, was außer Sprengstoff beim Abfüllen mit in Erwägung gezogen wurde?
Zeuge Mü[ller]:
Zum Teil, weiß ich, daß einzelne, eben Stahlkugeln reingepackt haben[eee].
Vors.:
Zu dem Zweck, den Sie vorhin schon andeuteten?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Und war damit Genüge getan oder hat man beim Abfüllen schon darauf geachtet, daß andere Bestandteile, die eventuell notwendig sein konnten zum Funktionieren, mit in die Sprengkörper gelangten?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, beim Füllen wurde natürlich gleichzeitig auch die, wurde auch Sprengschnur und die Zündkapseln[fff] mit eingebaut. Für Sprengschnur gab es eine Anweisung, einen halben Meter für die großen Rohrbomben, ungefähr 1,50 Meter für die kleinen Gasflaschen. Zum Teil wurden Sprengkapseln doppelt genommen um sicherzustellen, daß wenn eine versagt, daß der Sprengkörper trotzdem explodiert. Bei einer Bombe weiß ich zum Beispiel, daß Meins, der hatte noch ein Aluminiumrohr, das mit diesem selbsthergestellten Knallquecksilber gefüllt war, auch in eine der großen Gasflaschen eingebaut.
Vors.:
Das war das Abfüllen. Und was war dann? Mußte noch etwas geschehen? Wenn ja, was, um den Endzustand, die Sprengfertigkeit zu erreichen?
Zeuge Mü[ller]:
Die ... viele oder die meisten der Bombenkörper wurden erstmal bis zu dem Stadium fertiggestellt, daß eben die Bomben abgeschlossen waren und die Drähte rausragten. Bei einzelnen Bomben mußte also, zum Beispiel bei Rohrbomben [10260] oder bei den feldflaschenförmigen Bomben mußten die Kappen durchbohrt werden um Ausführungen zu haben für die elektrischen Drähte, bei den Gasflaschen wurden die Ventile an einer bestimmten Stelle abgesägt, damit man das im Ventil befindliche Loch ausnutzen konnte für die Herausführung der Drähte und andererseits gleichzeitig das als ... damit man das dann mit dem Gabelschlüssel zum Beispiel wieder reindrehen konnte und die Flasche so fest zu verschließen.
Vors.:
Sind diese Bestandteile, die vorhanden waren zur Herstellung der Sprengkörper, schon so vorbereitet worden, daß im Bedarfsfalle rasch erledigt werden konnte, das Anfertigen des Endzustandes?
Zeuge Mü[ller]:
Es gab ... ja dafür waren ja, also zur Zündfertigmachung waren ja nur noch Batterien und die entsprechenden Zeitzündgeräte, also Kurzzeit- und normale Wecker notwendig. Und mit den Weckern war es ähnlich. Es[ggg] wurden auch eine große Menge auf Lager hergestellt. Also ich weiß, daß immer bestimmt in der Wohnung in Heusenstamm von Baader eine große Menge von Kurzzeitweckern und Stundenuhren zu Zündzwecken umgebaut worden war. Ich weiß, daß die ... Bernhard[hhh] Braun hatte welche umgebaut.
Vors.:
So daß eigentlich davon ausgegangen werden kann, wenn ich das recht verstehe, daß die Bestandteile im einzelnen präpariert waren und zum Schluß es nur noch der Zündanlage durch diese Wecker bedurfte, die noch anzubringen ist. Ist das richtig?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, es hieße dann eben, den elektrischen Teil zusammenzuschließen. Also Wecker, Batterie und die Bombe zu verbinden.
Vors.:
Hat man da irgendwelche Vorkehrungen getroffen, daß wenn man nun so etwas fertiggestellt hat und es transportiert werden sollte, daß da Sicherheiten gegeben war, daß das nicht vorzeitig in die Höhe geht?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, ich weiß zum Teil, daß da eben die Zündstromkreise eben nicht vollständig fertiggestellt wurden, um eben zu verhindern, daß auf dem Transport das Ding explodiert. So wurden für die Bomben, die nach Hamburg gefahren wurden, da wurden die Stromkreise eben nicht fertiggestellt, sondern [10261] da war das noch separat.
Vors.:
Das würde also bedeuten, daß der endgültige Endzustand, wenn man das so ausdrücken darf, nicht unbedingt in der Wohnung Inheidenerstraße, die Sie bisher genannt haben, hergestellt worden ist, sondern möglicherweise erst unmittelbar beim Einsatz?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, und nein. Das war verschieden.
Vors.:
Ja, ich sage, es mußte nicht unbedingt alles total fertig gemacht werden in der Inheidenerstraße. Sondern es gab auch Fälle, wo man erst, bei offenbar weiteren Fahrten oder Einsatzbewegungen die Sache zum Endzustand gebracht wird. Ist das richtig?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Nun, das setzt ja gewisse technische Fertigkeiten voraus. Insbesondere auch das Wissen, wie man so etwas macht. Von wem stammte denn dieses Wissen? Wer konnte da die entsprechenden Anweisungen geben?
Zeuge Mü[ller]:
Also einmal war es so, daß Andreas Baader verfügte über ausreichende Kenntnisse auf dem Sektor und was meine Person angeht, da verweigere ich die Aussage.
Vors.:
War nun, waren bloß die Personen oder die Person, die über ausreichende Kenntnisse verfügte, beteiligt bei der Herstellung des Endzustandes. Oder haben sich nach Anweisungen Sachkundiger auch andere daran beteiligt? Und wenn ja, welche Personen?
Zeuge Mü[ller]:
Mir ist bekannt von Ulrike Meinhof, daß sie eben Anweisungen erhielt, wie sie den Endzustand herstellen könnte. Sie hat [iii] in Hamburg mehrere große Rohrbomben abgeholt, und hat dafür Anweisungen bekommen, wie sie dann in Hamburg eben den Endzustand, die Bomben in den Endzustand bringen kann.
Vors.:
Sind nun jetzt, von den Hamburger Sprengkörpern abgesehen, sonst noch irgendwelche Personen beteiligt gewesen, in der Inheidenerstraße? Zum Beispiel bei dem Abschließen der Sprengkörper, bei dem Anbringen der Zündeinrichtung der elektrischen und dergleichen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, mir ist noch in Erinnerung, daß, Meins hatte sich zum Beispiel um zwei Fahrzeugbomben gekümmert, die von ihrem Ausgangspunkt dann, von der Garage Hofeckweg nahmen. Aber ich kann nicht sagen, daß er das gemacht hat, weil ich [10262] es nicht gesehen habe. Ich weiß nun, daß er da zugange war. Dann war nochmal, erinnere ich mich noch, an Bernhard Braun. Der war einmal in dieser Hinsicht auch aktiv.
Vors.:
Ich habe Sie deswegen gefragt, weil es in Ihrer Vernehmung, ich halte das vor aus Bl. 50, heißt: „Die Vorstellungen und die Anweisung der Sprengkörper bis ins kleinste Detail, kam von Baader. Ausführende waren die schon genannten ...“. Und dann kommen Namen. Sie haben ja inzwischen das etwas modifiziert, indem Sie hinsichtlich Ihrer Person ausklammern. Sie haben sich auf [§ ]55[ StPO] berufen. Sie sagten, Baader war einer von denen, die sachkundig gewesen sind. Sind nun weitere Ausführende zu nennen, außer Baader, Meins wie Sie genannt haben oder Frau Meinhof, von der Sie sagten, sie hätte die Anweisung nach Hamburg mitbekommen? Wissen Sie sonstige Ausführende, die beteiligt waren bei der Herstellung des Endzustandes von Sprengkörpern?
Zeuge Mü[ller]:
Außer den genannten fallen mir im Moment keine ein. Die was die ...
Vors.:
Herr Müller, nur noch eine Frage unter dem Stichwort: „Ein Verzögerungsglied“, ist Ihnen das ein Begriff und wenn, wie kam es dazu?
Zeuge Mü[ller]:
Ja ...
Vors.:
Daß das zum Begriff wurde.
Zeuge Mü[ller]:
Das ist also, wie gesagt, Baader hat sich also mit, zum Teil auch mit jedem kleinsten Detail beschäftigt. Also auch, so wollte er eben in den Zündkreis ein Verzögerungsglied einbauen, das praktisch verhindern sollte, daß die Bombe zündet, während einer, eben der Bombenleger noch in Reichweite ist. Und ein so ein Verzögerungsglied hatte er bei einem oder bei dem Mann, den ich als Tübinger Chemiker bezeichne in[jjj] Auftrag gegeben ... ach ja, jetzt fällt es mir ein, und dann gab es noch ein Verzögerungsglied von einem schweizer Sympathisanten und der Effekt war einfach der eben, daß das verhindern sollte ... hätte eben eine Sicherheit gegeben von ein paar Minuten, dann war eben der Stromkreis unterbrochen.
Vors.:
So hätten wir jetzt die Materialbeschaffung, die Verarbeitung des Materials, die Herstellung des Endzustandes von Sprengkörpern in groben Umrissen darstellen lassen. Nun die Anklage beinhaltet den Vorwurf, daß es in Frankfurt, [10263] Karlsruhe, Stichwort: „Buddenberg“, in München, Bayerisches Landeskriminalamt, in Augsburg, bei der Polizeidirektion, in Hamburg Springer-Verlag und schließlich in Heidelberg im US-Hauptquartier zu Sprengstoffanschlägen gekommen ist. Können Sie bei der Nennung dieser Orte uns angeben, ob diese Sprengstoffanschläge der Gruppe zuzurechnen sind und ob dazu die Materialien und die Sprengkörper verwendet worden sind, von denen Sie eben berichtet haben?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Das können Sie bestätigen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Können Sie, wir wollen das heute nicht vertiefen, aber in einem ganz kurzen Abriß noch mitteilen, wenn wir jetzt die Orte benennen, wer beteiligt gewesen ist? Wobei uns natürlich hier in dem Verfahren vorwiegend interessiert, inwieweit beteiligt waren, die hier Angeklagten? Zunächst haben Sie bei der allgemeinen Darstellung gesagt, im Kernbereich, zu denen Sie namentlich alle hier Angeklagten gezählt haben, seien Planungen so durchgeführt worden, daß nach Ihrem Wissen, jeder von jedem was gewußt haben müßte. Können Sie das auch im Hinblick nun konkret auf solche Sprengstoffanschläge bestätigen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, die, mir ist zum Beispiel eben bekannt, daß auch die in Berlin verbliebenen Mitglieder oder zumindestens zum Beispiel Brigitte Mohnhaupt, beziehungsweise Bernhard Braun darüber informiert waren, daß Sprengstoffanschläge stattfinden sollten.
Vors.:
Nun, ich meine jetzt konkret auf die genannten Namen: Frankfurt, Karlsruhe, München, Augsburg, Heidelberg, Hamburg. Können Sie da auch bestätigen, daß nach der Struktur, wie Sie sie kennen oder gar nach dem Einblick, den Sie direkt haben, davon auszugehen ist, daß der innere Kern der Mitglieder davon im Planungsstadium schon Kenntnisse hatte, als diese Geschichten geplant wurden?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, die kamen ja von denen.
Vors.:
Und ...
RA Geu[len]:
... wenn ich Strom haben dürfte bitte? Ich möchte doch diese Frage beanstanden.
Wenn Sie sagen, Sie hatten jetzt die Formulierung verwendet und im Grunde auch konsequent von „diesen Geschichten“ und [10264] gemeint sind anscheinend doch bestimmte Vorgänge oder bestimmte Tatsachenabläufe, das so allgemein den Zeugen zu fragen und daß der Zeuge dann ja sagt, das halte ich für unzulässig. Eine solche Frage beinhaltet eben keine konkrete Aussage zu einem konkreten Punkt. Daß es Geschichten gewesen sind und daß Sprengstoffanschläge gewesen sind, das kann man nur aus der Zeitung wissen, das hat der Zeuge hier auch noch gar nicht gesagt. Und auch die Hinweise auf bestimmte Orte halte ich für zu vage. Der Zeuge müßte gefragt werden, vom allgemeinen ausgehend, er müßte gefragt werden, ob er von konkreten Vorgängen weiß und was er davon weiß. Und das muß der Zeuge dann von sich aus sagen. Aber nicht unter Hinweis auf irgendwelche Geschichten, Beziehungen zwischen ihm und dieser Gruppe, von der er spricht und diesen Geschichten, diesen undefinierten, eben herzustellen. Ich darf vielleicht anregen auch zur späten Stunde, ich habe das jetzt auch so verstanden, daß Sie im Augenblick nur so eine tour d’horizon machen wollten, was ich angesichts der späten Stunde auch für, umgekehrt gesagt, daß ich es für sinnvoll halte, das jetzt nicht zu vertiefen, weil wir schon so spät sind, aber ich halte den Umkehrschluß daraus natürlich trotzdem nicht für richtig, solche oberflächlichen Fragen nach „Geschichten“ an den Zeugen zu stellen. Würde also, das nur ein anderer Punkt, anregen, daß die Zeugenvernehmung für heute beendet wird.
Vors.:
Ja, Herr Rechtsanwalt, ich weiß nicht ob Sie Ihre Beanstandung aufrecht erhalten wollen, wenn ich Ihnen sage, daß ich dem Herrn Zeugen, meines Wissens zwei- oder dreimal gesagt habe, Sprengstoffanschläge in Frankfurt, Hamburg, Heidelberg, Augsburg, München und damit hätten wir es glaube ich schon, das waren alle Orte, auf das war es bezogen. Ich wollte das nur nicht zum vierten Mal wiederholen, diese Liste von Ortsnamen. Deswegen habe ich das dann unter den Sammelbegriff, vielleicht etwas salopp, „Geschichten“ gekommen[kkk]. Ich glaube nicht, daß man das als oberflächliche Handhabung bezeichnen kann, wenn ich das nicht jedesmal runterspule. Ich glaube, die Frage ist konkret. Wollen Sie die Beanstandung aufrechterhalten?
RA Geu[len]:
Ja, nach meinem Dafürhalten hat das der Zeuge nicht [10265] gesagt. Der Zeuge wäre zu fragen gewesen, ob er von Sprengstoffanschlägen weiß und wo die gewesen sind. Und dann wäre man zu den konkreten Punkten gekommen. Stattdessen haben Sie die Orte genannt. Das halte ich für beanstandend. Und die daraus folgende Konsequenz, daß Sie dann von diesen Orten, die Sie ihm in den Mund gelegt haben, Entschuldigung, wenn ich das so formuliere, sagen, ob er weiß, daß diese Geschichten mit der Gruppe zu tun hatten, das ist natürlich konsequent und das ist daher nur umso schlimmer. Und deshalb beanstande ich das nur umso mehr. Ich halte meine Beanstandung also aufrecht.
Vors.:
Herr Professor.
Prof. Dr. Az[zola]:
Ich möchte bitten, dem Zeugen die Frage vorzulegen[lll] welche konkreten Tatbeteiligungen für Planung und[mmm] Durchführung er aus seiner unmittelbaren, aus seinem unmittelbaren Wissen berichten kann. Dann[nnn] entsteht[ooo] überhaupt kein Hineinlegen in seinen Mund.
Vors.:
Also die Absicht meiner Fragestellung war gewesen, daß wir noch einen Rahmen schaffen zu einer Vernehmung, die nicht mehr heute durchgeführt werden soll, um zum Abschluß zu kommen, wie wir gesagt haben, ungefähr gegen 6 Uhr. Wenn Sie meinen, ich sollte jetzt noch so vorgehen, ich habe nichts dagegen, ich nehme mir die Zeit, den Herrn Zeugen noch anzuhören und zwar wie Sie wollen, zu allen 6 Sprengstofforten nach Einzelheiten zu fragen, sofern der Herr Zeuge uns dazu zur Verfügung steht, nichts dagegen. Sind Sie imstande die Frage in dieser vertieften Form zu beantworten? Dann fahren wir mit der Vernehmung fort.
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
RA Geu[len]:
Vielleicht darf ich doch noch was dazu sagen. Ich bin dagegen, aber aus anderen Gründen, das ist was anderes als die Beanstandung, wenn es so spät ist. Aber die Beanstandung wird selbstverständlich aufrechterhalten und den Rahmen, Herr Vorsitzender, den hat doch der Zeuge zu schaffen. Sie können den Rahmen andeuten in Ihren Fragen, aber Sie können nicht den Rahmen selbst positiv bestimmen. Zum Beispiel, daß Sie jetzt schon wieder in Ihrer Entgegnung zu Herrn Azzola sagen, von diesen 6 Sprengstofforten, wo der Zeuge überhaupt noch nichts dazu gesagt hat, daß Sie die Orte selbst nennen ... Herr Vorsitzender, [10266] die Orte haben Sie genannt und nicht der Zeuge, das ist schonmal von vornherein unzulässig. Sie hätten den Zeugen zu fragen gehabt, ob er von Sprengstoffanschlägen weiß und wo die stattgefunden haben, das ist völlig selbstverständlich.
Vors.:
Ich habe ihm gesagt, daß in der Anklage erwähnt sei, daß an diesen Orten Sprengstoffanschläge passiert seien. Das sei Gegenstand der Vorwürfe gegen die Angeklagten. Ob er dazu diese ... ob die Gruppe, ob diese Sprengstoffanschläge an diesen Orten der Gruppe zuzuschreiben seien. Ich halte das für eine völlig legale und nicht beanstandungswerte Fragestellung. Ich kann es nicht vorsichtiger machen, als daß ich sage, in der Anklage wird angegeben und vorgeworfen. Das ist die Formulierung, ich halte sie für korrekt. Wir wollen aber jetzt, Ihrer Beanstandung wird ja in dieser Form abgeholfen, ich will keinen Rahmen mehr setzen, ich will jetzt in der Tat entsprechend der Bereitschaft des Herrn Zeugen dann noch den einzelnen Sprengstofforten nachgehen.
RA Geu[len]:
Ja, darf ich trotzdem anregen, das ist jetzt der zweite Punkt, unter den Prozeßbeteiligten, weil Sie ja auch die Zeit von 6 Uhr natürlich vorläufig genannt hatten. Ich will auch nicht darauf bestehen oder jetzt nur meine Interessen hier durchsetzen, aber doch bitten, darüber nochmal kurz zu befinden[ppp], ob Sie jetzt in diesem Punkt, der doch, soweit ich sehe, der Umfangreichste ist, noch einsteigen wollen heute. Ich wäre persönlich dagegen.
Vors.:
Sind die übrigen Prozeßbeteiligten einverstanden, daß wir noch fortfahren mit der Vernehmung des Herrn Zeugen, die ja meines Wissens erst gegen halbvier beginnen konnte? Keine Bedenken sehe ich auf der Seite, die Verteidigung stimmt zu. Danke. Ein Teil der Verteidigung stimmt nicht zu.
RA Dr. He[ldmann]:
So ist schon eher richtig.
RA Geu[len]:
Wahlverteidiger, Herr Vorsitzender.[qqq]
Vors.:
Nein, Sie sind nicht Wahlverteidiger,[45] es befinden sich auch Pflichtverteidiger[46] darunter.
RA Geu[len]:
[rrr] Gewählte Pflichtverteidiger.
Vors.:
Es ist kein Begriff, den die Prozeßordnung verwendet.[47] Darf ich jetzt fragen, Herr Müller, man hatte Sprengkörper prä- [10267] pariert. Was wissen Sie über den Einsatz solcher Sprengkörper, über die Beteiligung einzelner Personen, bei eventuellen Einsätzen dieser Art?
Zeuge Mü[ller]:
Also die Sprengkörper waren, wenn man so will, zur potentiellen Verwendung fertiggestellt worden. Die weiteren dazu notwendigen Geräte, wie Uhren und Batterien standen zur Verfügung. Am Tag, als in Deutschland bekannt wurde, daß die amerikanische Armee, die Häfen in Nordvietnam vermint hatte,[48] als die Nachricht dann eben kam, da gab es dann in der Wohnung Inheidenerstraße eine Diskussion und zwar unter den Leuten die dort wohnten. Das war eben Baader, Raspe, Meins, Ensslin und ich war an dem Tag auch da. Und Ensslin schlug dann eben vor, auf amerikanische Einrichtungen in Frankfurt ein Sprengstoffanschlag zu verüben. Und Baader sagte dann eben so anheizend: „Na denn mal los“. Also so aufforderungsmäßig und daraufhin sind Gudrun Ensslin und Raspe losgefahren um irgendeine amerikanische Einrichtung in Frankfurt zu checken. Auch inwiefern sie geeignet wären und so weiter. Sie sind dann nach einiger Zeit zurückgekommen ... ach so, zum Checken hatten sie einen roten VW benutzt. Nach einiger Zeit sind sie zurückgekommen und haben Örtlichkeiten gefunden, die sie eben für geeignet hielten. Ich habe noch in Erinnerung, daß es sich eben um zentrale Einrichtungen der amerikanischen Armee in Frankfurt handeln soll. Aus dem Prozeß weiß ich, daß es da um das Hauptquartier des 5. Corps[49] ging.
Vors.:
Also wir wollen immer nur das Wissen erfahren, das aus[sss] Ihrer unmittelbaren Beobachtung und Ihren unmittelbaren Eindrücken der damaligen Zeit entstanden ist.
Zeuge Mü[ller]:
Ja, nach der Rückkehr der beiden, also von Raspe und Ensslin, wurden dann eben die, wurden Bomben fertiggemacht. Es war eine kleine Gasflasche, die Nähe dem Autobahnkreuz Walddorf-Wiesloch gestohlen worden war. Es handelte sich dabei um eine große Rohrbombe und es handelte sich um eine Bombe aus zwei oder drei zusammengebastelten Rohrnippeln. Raspe wollte diese Rohrnippelbombe legen und er hat sie auch fertiggemacht, er hat sie in eine Ledertasche gesteckt. Die Gudrun Ensslin hatte ihre große Rohrbombe in einen grauen oder hellbraunen Karton gepackt. Und zur Tarnung für diesen Karton, wollte Sie sich noch einen Blumen- [10268] strauß und ein Kuvert besorgen und sie wollte das auf das Reisegepäck einer Reisegruppe legen und es sollte eben so aussehen, als wäre das noch ein Geschenk für den Verreisenden oder wieder Abreisenden. Und Baader und Meins hatten sich mit der kleinen Gasflasche beschäftigt und die war dann verpackt in einer Segeltuchtasche und da war ein Tuch drüber. Ich habe dann gesehen, wie die vier ihre Wohnung verlassen haben. Ich habe kurz darauf auch die Wohnung verlassen und habe gesehen, wie sie zu zwei Wagen gingen, einer davon war ein silbermetalliger[ttt] Volvo, den anderen kann ich nicht genau sagen, den habe ich nicht mehr genau in Erinnerung. Und die sind dann damit abgefahren und ich bin weitergegangen zu eben diesem roten VW, der dort in der Nähe, aber weiter nördlicher stand, um dort auftragsgemäß die Schilder zu wechseln, weil dieser Wagen eben durch diese Rumkurverei, durch dieses Amigelände aufgefallen sein könnte. Und ich bin dann nordöstlich rausgefahren, nach Frankfurt ... Moment mal ... es war Nähe Niederau und habe dort einen geeigneten Platz gesucht, um eben die Schilder zu wechseln und eben dann wieder zur Wohnung Inheidenerstraße zurückzukehren. Ich habe, der Wagen hatte Gießener Nummern, ich habe dann Hanauer Nummern drauf gemacht. In dem Zusammenhang fällt mir noch ein, also ich hatte die Frage auch mit Baader angesprochen, wegen der Verwendung, [uuu] welche Nummernschilder ich eben verwenden könnte, weil ich wußte, daß hinten, [vvv] im Auto lagen Nummern, die mit A anfangen. Möglicherweise Alsfeld. Ich kann das nicht mehr so genau sagen und da hat der Andreas Baader mich eben darauf hingewiesen, daß er, daß da ein Sympathisant ein ganzes Set zur Verfügung gestellt hätte, also Kraftfahrzeugschein, Paß und die Nummer von dem Fahrzeug. Also so daß das jemand, der kontrolliert wird, kann man bei der Polizei einen Kraftfahrzeugschein und einen Paß oder einen Personalausweis vorweisen, der identisch ist. So wie die RAF normalerweise gefahren ist, war es ja immer so, daß der Kraftfahrzeugschein auf einen anderen Namen lautete als der Ausweis. Und er sagte eben, daß ich das Nummernschild nicht verwenden könnte, weil er davon den Paß benützen würde und dabei handelte es sich um einen [10269] Herrn Burkhardt. Ich bin ungefähr nach 1 ½ Stunden wieder zurückgekommen und da waren die alle schon da. Ich habe dann mitgekriegt, wie, na ja, da waren zum Teil waren Geräte an, also Fernsehgeräte und Radiogeräte und Baader protzte da eben rum, daß, wie gut das organisiert sei und das eben die Zeiten so genau gestimmt hätten. Ich habe dann, an dem Abend habe ich mich also damit beschäftigt, daß ich die Leute beobachtet habe, weil mich eben ihre Reaktionen interessiert haben und da war es so, daß sich Baader eben ganz normal verhalten hat, als wäre überhaupt nichts gewesen, so wie er eben sonst immer ist. Und die Ensslin und Raspe, die waren so scheinbar gleichgültig, also gespielt, so daß man es eben merkte. Und na ja, der Meins hatte sich so in eine Ecke verdrückt und war eigentlich ein bißchen still. Und mehr kann ich dazu auch nicht sagen.
Vors.:
Wenn man Ihre Schilderung hört, dann wäre dieses Unternehmen ja sehr kurzfristig zustande gekommen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie irgendwann vorher im Zusammenhang mit diesem Anschlag Motive gehört, die genannt worden wären, warum man jetzt gerade die amerikanische Einrichtung raussuchte, oder ist das zum ersten Mal an diesem Tage Ihnen zu Ohren gekommen?
Zeuge Mü[ller]:
Es waren natürlich, wenn man so will, allgemein waren natürlich Sprengstoffanschläge vorgesehen, [www] dafür wurden ja die ganzen Bomben vorbereitet. Aber konkret war eigentlich keine geplant. Es war in dem Sinne wirklich eine spontane Entscheidung. Also die Ensslin sagte eben jetzt, gegen die Amis müssen wir loslegen. Das ging um eine Aktion, die Aktion sollte stattfinden, um aus Protest oder aus Vergeltung gegen die Aktion der Amerikaner, die in Nordvietnam Häfen vermint haben.
Vors.:
Haben Sie irgendwie gehört, ob bei dieser Einrichtung irgendein besonderer Gegenstand, eine besondere Einrichtung, eine besondere Einheit speziell getroffen werden soll?
Zeuge Mü[ller]:
Nein, es sollte nur eben Teile der amerikanischen Armee getroffen werden.
Vors.:
Und wie lange glauben Sie, wenn man das zeitlich überblickt, hat das eigentlich gedauert, von dem ersten Vorschlag, der [10270] von Frau Ensslin gekommen sein soll, bis zur Ausführung?
Zeuge Mü[ller]:
8 bis 10 Stunden.
Vors.:
Sie haben also früher in diesem Zusammenhang dazu etwas anderes angegeben, Bl. 62 ergibt das. Ich halte Ihnen das vor, „vom Entschluß diesen Anschlag auszuführen, bis zur Vollendung sind nicht mehr als 4 bis 6 Stunden vergangen“. Ich nenne Ihnen das nur, damit Sie Ihre Eindrücke, Ihr Erinnerungsbild überprüfen. Ich meine, wenn Sie den Eindruck haben oder das Wissen haben, daß das was Sie gerade gesagt haben, 8 bis 10 Stunden, dann müssen Sie natürlich darauf beharren, aber Sie sollten uns dann vielleicht erklären, wie kam es früher zu dieser kürzeren Zeitangabe.
Zeuge Mü[ller]:
Ja, ich weiß auch nicht.
Vors.:
Also es steht jetzt zur Auswahl 4 bis 6 Stunden sollen Sie früher gesagt haben. 8 bis 10 Stunden haben Sie gesagt, das haben wir mit eigenen Ohren gehört. Wenn wir das jetzt als zeitlichen Rahmen mal annehmen, wozu würden Sie heute neigen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja also ich habe damals 4 bis 6 Stunden gesagt und ich habe jetzt 8 Stunden gesagt. Ich habe mich aber jetzt länger mit dem ganzen, also ich war ja damit beschäftigt Aussagen und so, dauernd damit belastet und so weiter und ich meine, jetzt es wären 8 Stunden, das wäre dann nämlich vormittags gewesen.
Vors.:
Ja, also Sie würden heute die Aussage 8 bis 10 für maßgeblicher halten?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Die Nippelbombe, von der Sie gesprochen haben, daß die Raspe habe legen wollen, wissen Sie da irgendwie einen besonderen Zweck, die die erfüllen sollte?
Zeuge Mü[ller]:
Die wollte er, glaube ich, in einer Telefonzelle ablegen.
Vors.:
Telefonzelle. Sollte die etwas mit dem Objekt zu tun haben?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, die war ... das war eine Telefonzelle in der Nähe einer amerikanischen Einrichtung. Also ich kann ja jetzt auch nur, das sind natürlich auch nur Sachen, vom Hören-Sagen, ich habe nicht gesehen ob und ...
Vors.:
Aber Sie haben gehört, diese Nippelbombe solle in einer Telefonzelle abgelegt werden?
[10271] Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Ist Ihnen in Erinnerung, im Zusammenhang mit dem verwendeten oder den verwendeten Tatfahrzeugen, wir wissen es nicht, dem oder den, ob es mehrere waren, daß da auch von einem VW die Rede war?
Zeuge Mü[ller]:
Ach so ja. Da sollte auch ein hellblauer VW Verwendung finden und zwar, dieser Wagen stand da längere Zeit rum und er war nicht mehr verwendungsfähig, weil irgendwas kaputt war, Sturz oder was. Und da war die Meinung, ich weiß nicht mehr genau, wer das angebracht hatte, daß der ruhig dabei verwendet werden sollte und daß er auch ruhig hochgehen könnte. Das würde die Polizeibehörden eben auch nur auf falsche Gedanken bringen.
Vors.:
Wissen Sie, ob sich die Gruppe später zu diesem Anschlag in irgendeiner Form geäußert hat?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, es ist nicht sofort eine Erklärung abgegeben worden, sondern erst einige Zeit später. Und die sollte, zuerst sollte die Raspe schreiben. Der hat es aber nicht gemacht und daraufhin hat diese Erklärung Ulrike Meinhof geschrieben. Meiner Erinnerung nach war die Unterschrift, war das mit „Kommando Petra Schelm“ unterschrieben, diese Erklärung zu diesem Anschlag.[50]
Vors.:
Ja, also Sie meinen jedenfalls in der Erklärung, Sie sagen Unterschrift: „Petra Schelm“?
Zeuge Mü[ller]:
Nein, nicht Unterschrift, sondern als Ausführende oder Verantwortliche für die Aktion wurde das „Kommando Petra Schelm“ genannt und dieses Flugblatt bezog sich auch auf diesen Einmarsch oder diese Verminung der nordvietnamesischen Häfen.
Vors.:
Das ist Frankfurt gewesen. Können Sie sonst etwas berichten über die Verwendung solcher Sprengkörper, die hier hergestellt wurden?
Zeuge Mü[ller]:
Also über, ich war also über die nachfolgenden, also über den Abend und so weiter, die Nacht habe ich da kaum in Erinnerung, ich weiß, ich hab in dieser Wohnung geschlafen und ich weiß nicht, was die anderen gemacht haben. Am anderen Morgen bin ich geweckt worden und zwar ging es darum, daß eben Baader, Meins und Ensslin, die wollten nach München fahren um dort einen Anschlag zu verüben und zwar sollte dieser Anschlag eben ein Racheakt sein auf den [10272] Tod von Thomas Weisbecker.[51] Ich habe zu diesem Zweck eben den Auftrag gekriegt das Telefon zu besetzen und dann quasi als Reserve zur Verfügung zu stehen, wenn denen der Wagen streikt unterwegs. Also damit ich dahinfahren könnte und sie mit dem Wagen abholen könnte. Und mir ist beim Wegfahren von den Leuten eben nur gesagt worden, daß sie ja eben noch in die Garage Hofeckweg gehen, um dort den Wagen abzuholen, also das Bombenfahrzeug und daß sie dann nach München fahren. Und ich bin dann eben am Telefon geblieben und ... ach so ja, Baader sagte auch noch, daß danach ... machte eine Andeutung in Bezug auf ... daß auch noch ein Anschlag in Augsburg[52] stattfinden sollte. Also quasi sinngemäß etwa so: „Daß es da auch noch krachen würde“. Und, ja ich bin dann in der Wohnung geblieben und die kamen dann am Nachmittag kamen die zurück und dann fragte ich eben mal so, und Baader fragte mich eben, ob ich da Nachrichten gehört hätte und so, was ich bejaht habe. Da sagte er also in Bezug auf Augsburg, daß die beiden Mädchen, das heißt Angela Luther und Irmgard Möller gute Arbeit geleistet hätten und in Bezug auf den Anschlag in München[53] erzählte er mir eben, daß, na ja, es ist so gewesen, daß Meins soll das Bombenfahrzeug gefahren haben und Baader und Ensslin sind mit dem anderen Wagen hinterhergefahren und Baader machte eben seine Späße da, wie in welcher Gefahr sich eben Meins befunden hätte, er wäre da mit einer Bombe im Rücken gefahren und machte sich da auch ein bißchen lustig über den. Dazu wäre noch zu sagen, daß der Wagen für diesen Anschlag in München, der wurde in Ulm gestohlen, dies weiß ich jetzt auch wieder nur vom Hörensagen. Jedenfalls war es einmal so, daß ich zu einem Diebstahl für diesen, für so einen Zweck nach Ulm gefahren bin mit verschiedenen Leuten, unter anderem mit Baader, Meins und Ensslin und das hat dann nicht geklappt und darauf sind andere Leute nochmal losgefahren und dann jetzt endgültig diesen Wagen zu holen, den sie auch geholt haben. Und der Wagen ist dann in die Hofeckgarage gebracht worden. Und was ich eben weiß, daß Meins sich da damit beschäftigt hat, also, was die Bombe für diesen Wagen angeht und die Fertigstellung, die elektrische Installation und [10273] so. Ich habe also zum Beispiel eben mal gesehen, daß er da mit Eimern hin marschiert. Ich habe ihn selber mal hingefahren mit solchen Sachen und da habe ich das mitgekriegt.
Vors.:
Können Sie noch sagen, wenn wir bei diesem Tage bleiben, um welche Uhrzeit weggefahren wurde von den Beteiligten?
Zeuge Mü[ller]:
Ich kann nur noch sagen, daß es morgens war. Das sind jetzt 4 Jahre, ich kann es nicht sagen ...
Vors.:
Wenn Sie es nicht können, wir versuchen nur ob Sie zum Beispiel sagen können, es war vor 9 Uhr oder nach 9 Uhr.
Zeuge Mü[ller]:
Nein.
Vors.:
Das können Sie heute nicht mehr sagen. Und nochmals, wer alles ist gefahren?
Zeuge Mü[ller]:
Baader, Meins und Ensslin.
Vors.:
Und Sie sprachen von dem gestohlenen Fahrzeug, erwähnten Ulm. Was war das für ein Fahrzeugtyp?
Zeuge Mü[ller]:
Das war ein 17 M oder so ähnlich.
Vors.:
Farbe?
Zeuge Mü[ller]:
Die war blau. Und zwar, das habe ich von Meins, der hat mir das erzählt, also die haben sich speziell diesen Fahrzeugtyp ausgesucht, weil dieses Fahrzeug nie von der RAF gefahren werden sollte. Weil man eben damit, also er hat es so erklärt, daß man eben nicht einen Commodore nehmen kann, weil die RAF eben laufend Commodore fährt. Und das würde ja jetzt, wenn in so einem Auto eine Bombe hochgeht, würde ja die Polizei besonders scharf sein auf Autos diesen Typs.
Vors.:
Daß das was Sie vorhin sagten, eine Handschrift.
Zeuge Mü[ller]:
Genau.
Vors.:
Haben Sie noch in Erinnerung, ob sonst was erzählt worden ist? Wie es etwa gelungen ist, dieses Fahrzeug zu plazieren oder so was? Ist da die Rede davon gewesen?
Zeuge Mü[ller]:
Ja, ich habe dann noch, Baader hat mir dann noch erzählt, daß sie nicht auf Anhieb jetzt auf diesen Platz gefahren wären, sondern daß sie erst mal auf den Platz gefahren wären und er und Meins hätten da rumgekurvt und geguckt, wo ihrer Meinung nach eben der beste Standort für den Wagen auf dem Parkplatz ist. Weiter weiß ich aus den Erzählungen eben, daß Gudrun Ensslin angerufen hätte, in einem Amt angerufen hätte, um eben eine Warnung zu geben.
[10274] Vors.:
Also telefonische Vorwarnung?
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Ist da irgend etwas über die Zeit geredet worden, wie lange das vorher gewesen ist?
Zeuge Mü[ller]:
Nein, da ist nicht drüber geredet worden.
Vors.:
Und noch eine Frage im Zusammenhang mit dem Sprengkörper. Wissen Sie noch, was das für eine Art Sprengkörper war, mit der Meins gefahren sein soll?
Zeuge Mü[ller]:
Das war eine große Gasflasche, wie das andere im Einzelnen war, das weiß ich nicht.
Vors.:
Dann kommen wir jetzt noch zu Augsburg. Sie haben ja angedeutet, daß Herr Baader Ihnen morgens mitteilte, es soll gleichzeitig oder am selben Tag, wenn ich es richtig verstanden habe, auch in Augsburg krachen.
Zeuge Mü[ller]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie von dem Augsburger Anschlag, Sie erwähnten vorher die Namen Möller und Luther, irgend etwas von Direktbeteiligten gehört?
Zeuge Mü[ller]:
Also vorher nicht. Ich weiß nur, daß verschieden Bombenkörper für den Transport nach Stuttgart bereitgestellt worden waren.
Vors.:
Können Sie uns sagen, was das für ...
Zeuge Mü[ller]:
Dabei handelt es sich mindestens um eine große Rohrbombe und um eine kleine Preßluftflasche. Dann habe ich über diesen Anschlag später dann gehört, also aus den Erzählungen von Luther, beziehungsweise Möller, daß, das hat mir Irmgard Möller erzählt, daß sie eben dieses Gebäude vorher gecheckt hätte, indem sie eine Tasche, eine Einkaufstasche mit Kartoffel vollgemacht hätte und da reinmarschiert wäre, um eben zu prüfen, ob und inwieweit kontrolliert wird. Weiter weiß ich von den beiden, daß sie als direkten Ausgangspunkt die Wohnung eines Sympathisanten in Ulm und zwar handelt es sich dabei um einen Herrn Tropf, in der Brückenstraße oder Brückenweg 3 in Ulm benutzt haben. Dann war ja auch inzwischen durch die Nachrichten gekommen, daß da eben ein Bombenkörper nicht explodiert sein soll und in dem Sinne hatte eben die Möller sich auch geäußert, indem sie so sagte: „Also da habe ich Mist gebaut“. Und von der kleinen [10275] Preßluftflasche weiß ich, daß sie von Angela Luther in einem anderen Teil des Gebäudes abgelegt wurde.
Vors.:
Wissen Sie, weil Sie gerade diese Selbstkritik, wenn man es so nennen darf, von Möller erwähnen, wie sich Baader dazu geäußert hat?
Zeuge Mü[ller]:
Zuerst hat er sich ja, wie ich jetzt gerade gesagt, auch positiv geäußert, aber dann kamen genauere Nachrichten und das war eigentlich der Anlaß, der Andreas Baader Irmgard Möller als, für den Anschlag in Heidelberg mitzubestimmen. Also um das Versagen quasi von ihr wieder auszubügeln.
Ende des Bandes 592.
[10276] Vors.:
Würde das also bedeuten, daß die von Ihnen ursprünglich erwähnte Zufriedenheit nicht angehalten hat, bei ihm[xxx]?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, also es kam ja auch in den Nachrichten, daß da ein Bombenkörper anscheinend nicht explodiert ist und so, und dann hatte ich ja, hat die[yyy] Möller ja selber zugegeben, daß sie da quasi Mist gebaut hätte.
Vors.:
Wissen Sie noch von einem weiteren Anschlag?
Zeuge Mül[ler]:
Danach fand ein Anschlag in Karlsruhe statt, und zwar sollte der gegen den Richter Buddenberg gerichtet sein. Ich weiß, daß Irmgard Möller, die ja in Stuttgart war und Angela Luther, die auch in Stuttgart war, die wurden von Baader beauftragt, eben Buddenberg abzuchecken. Und aufgrund diesen Abcheckens sollte eben ... wollte er dann eben sehen, ob und in welcher Form dieser Anschlag durchgeführt werden sollte. Und die haben ... die beiden Frauen haben das auch gemacht. Ich war mal zwischenzeitlich in Stuttgart gewesen für irgendeinen Einkauf, und dabei haben sie mir eben erzählt, daß der Herr Buddenberg eben zu bestimmten Zeiten morgens von seiner Frau in den BGH gefahren wird; und dann hatten die da so einen Hund in der Wohnung, einen schwarzen Hund, und ich fragte dann natürlich komisch, weil das ja nicht gerade normal ist, unter diesen Bedingungen einen Hund zu halten, und dann sagten die eben, daß sie diesen für ihre Abklärung des Herrn Buddenberg verwenden würden. Sie würden da einmal mit und einmal ohne Hund hinfahren und das würde eben sie harmloser erscheinen lassen, wenn sie da mit Hund marschieren würden.
Der gegen Herrn Buddenberg verwendete Sprengkörper stammt auch eben aus dem in der Inheidener Straße befindlichen Arsenal. Es war ein feldflaschenförmiger Körper mit Haftmagneten. Wer genau im einzelnen den gefüllt hat und sich genau damit beschäftigt hat, das weiß ich nicht. Ich weiß nur noch, daß sich z. B. Meins, der hat sich extra Mühe gegeben, also er war eh so ein Typ, er hat z. B. den Draht mit Autolack angesprüht, damit er dunkel ist oder so. Die ... ach ja, doch, Baader hatte sich noch an einem RAF-VW, also einen gestohlenen VW, der in der Verfügung von der RAF war, damit beschäftigt, wo so ein Sprengkörper elektrisch zu befestigen sei, damit er eben beim Betätigen des Zündschlüssels explodiert. Das hatte er ja vorher an einen Fahrzeug, was die RAF gestohlen hatte, und was in der Garage Marbachweg stand, da hatte der das ausprobiert. Ja, und weggefahren, dazu sind dann am Abend Raspe, Meins und Baader, nur diese drei; und ... also ich war, ich weiß nicht mehr, ich war, in der Nacht war ich [10277] nicht wach, jedenfalls habe ich frühestens am nächsten Morgen dann von den einzelnen gehört, weil die saßen ja in der Wohnung und warteten eigentlich auf die Nachricht über diesen Anschlag. Und da sind mir ein paar Kleinigkeiten erzählt worden, also daß z. B. dieses Anbringen der Bombe beobachtet worden wäre von einem Nachbarn und daß sie sich kurz hätten zurückziehen müssen und daß das aber nicht weiter gestört hätte, weil der wieder verschwunden wäre. Zum noch späteren Zeitpunkt hat Baader mir erklärt, daß er das Zündkabel in der Nähe, oder am Verteiler angebracht hätte des VW, daß also ... daß es auch wieder direkt nach dem Anschlag, daß sie hinten den Kofferraumdeckel aufmachen mußten, um die Bombe elektrisch anzuschließen.
Ja, die sind dann eben zurückgefahren; und da kamen ja keine Nachrichten über den Anschlag, und die kam dann später, ich weiß es nicht mehr genau. Und da kam eben die Nachricht, daß Frau Buddenberg verletzt worden sei und Herr Buddenberg überhaupt nicht getroffen[54] worden sei; und das, naja, das haben die eben bedauert, sie hatten es ja auf Herrn Buddenberg abgesehen und als dann nichts war, dann waren die auch ziemlich sauer dann.
Vors.:
Herr Müller, fühlen Sie sich imstande, weiterhin noch Angaben zu machen? Wenn Sie also[zzz] jetzt erklären wollen, Sie können nicht mehr oder Sie wollen nicht mehr, dann könnte man darauf Rücksicht nehmen. Aber wenn Sie können, dann hören wir Sie gerne noch an.
Das war Karlsruhe; Sie haben also jetzt erwähnt Frankfurt, München, Augsburg, Karlsruhe. Weitere Einsätze?
Zeuge Mül[ler]:
Also zu dem Anschlag auf Herrn Buddenberg muß ich noch sagen, daß sie in Beziehung standen zu ... Herr Buddenberg war mal eine gewisse Zeit verantwortlich oder verantwortlicher Haftrichter für Manfred Grashof, und über irgendwelche Kanäle war eine Presseerklärung der Anwälte, unter anderem Groenewold, in die Hände der RAF gelangt, wo eben Herr Buddenberg angegriffen wurde, weil Herr Grashof, der Meinung dieser Anwälte nach, zu schnell aus dem Krankenhaus in eine normale Zelle verlegt wurde.[55]
Vors.:
Und wer kam denn auf diese Idee dafür dann sich zu rächen?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, diese Anschläge, also speziell jetzt gegen LKA und Augsburg und Herrn Buddenberg, da war Baader dahinterher. Also er wollte in gewisser Weise Exempel statuieren um eben einerseits Rache im Falle von Manfred Grashof um die Richter dazu zu bringen, daß sie sich anders verhielten; oder im Falle München und Augsburg, daß eben [10278] eine, wenn man so will, eine Warnung an die Polizei ... es bestand ja in der RAF, oder es wurde ja in der RAF gezielt Propaganda gemacht, daß Thomas Weißbecker kaltblütig, wenn man so will, abgeschossen worden war, und da sollte ... in diesem Sinne sollte diese Anschläge eben dazu dienen, der Polizei zu sagen, sie könnten nicht einfach die Leute abschießen und sie müßten dann eben mit Bomben etc. rechnen.
Vors.:
Das war Karlsruhe. Haben Sie zu weiteren oder Erinnerung an weitere Einsätze?
Zeuge Mül[ler]:
Ja. Es befand sich, also Ulrike Meinhof war nach Frankfurt gekommen und sie wollte - das war ihr Einsatz - sie wollte einen Anschlag gegen Springer[56] durchführen und hat es dann mit den anderen Leuten in der Gruppe, also mit Baader und Meins, mit Raspe, mit Ensslin besprochen; und es war ja ihre Idee und sie mußte diese Idee ja bei diesen Leuten durchsetzen. Sie konnte ja nicht einfach hergehen und sagen, ich mache jetzt das oder das; und das hatte sie schließlich auch durchgesetzt. Und für diesen Zweck hatte sie ... ja, wurden eben Rohrbomben hergerichtet - mehrere - es waren vier oder fünf Stück, und die wurden eben, so, wie ich das vorhin schon angedeutet hatte, teilweise ... also nicht zündfertig, die waren eben nur - na, es ist auch kein großer Unterschied, wenn man sagt, sprengfertig - also die elektrischen Drähte guckten raus, es waren Kabelklemmen angeschlossen, Bananenstecker, Kupplung usw., so daß sie eben in Hamburg elektrisch zusammenmontiert werden konnten und dann eben gelegt werden konnten.
Sie erhielt dann auch in Frankfurt Anweisungen dafür, wie sie das eben zu machen hätte, damit das richtig ist. Ja, und dann ist sie mit den Dingern losgefahren.
Ich war später nach Hamburg gefahren und dort habe ich mit ihr über eben diesen Anschlag gesprochen. Und aber dieses ganze Gespräch entzündete sich eigentlich am Verhalten von Hausner. Sie hatte diesen Anschlag in gewisser Weise organisiert, indem sie eben gesagt hat, so und so viele Fahrzeuge, und die Leute steigen nach dem Ablegen der Bomben in diesen Wagen und jene in jenen Wagen und so war ... sie war mit einem Opel-Diplomat dort und die Abmachung war, mit den Leuten, die da beteiligt waren, daß Hausner zu ihr in den Diplomat steigen sollte, Jünschke hatte dort ein anderes Fahrzeug. Und als sie da ihre Bombe abgelegt hatte, mußte sie ... kam der Hausner nicht, sie wartete auf ihn und sie saß dann in dem Auto, in dem Diplomat,
Rechtsanwalt Dr.[aaaa] Hoffmann verlässt um 18.32 Uhr den Sitzungssaal.
[10279] und den Hausner kam einfach nicht. Und dann ist sie einfach schließlich losgefahren ohne ihn, und später hat es sich dann rausgestellt, daß er sich nicht an die Abmachung gehalten hatte und in den[bbbb] Wagen zu[cccc] Jünschke gestiegen war.
Weiter weiß ich darüber, auch vom Hörensagen, daß sie eben versucht hätte, daß sie nun im Polizeirevier angerufen hätte und da nochmal eine Warnung durchgegeben hätte, weil sie den Eindruck hätte, daß die Warnung an Springer nicht ernst genommen werden würde, und sie sei da auch ziemlich aufgeregt gewesen. Und das war das, was ich von ihr erfahren hab. Jetzt fällt mir noch ein, am Tag des Anschlages also war ich in Frankfurt, und ich kam gerade vom Einkauf zurück in die Inheidener Straße, und ich hatte aber auch schon über Nachrichten über diesen Anschlag gehört. Und mir kam Baader entgegen, der gerade zu einer Telefonzelle wollte; und ich habe also mich da über diesen Anschlag kritisch geäußert und dann hat Baader gesagt, also ich soll mal gleich mitkommen, er würde eben die Meinhof anrufen. Und da hat er eben die Meinhof angerufen und was ich aus dem Gespräch mitgekriegt hab, war [dddd] eben, daß er sie angegriffen hat wegen des Anschlages. Er hielt es so aus politisch-taktischen Gründen für unmöglich, er hat dann eben angewiesen, daß sie eben eine bestimmte Erklärung[57] zu schreiben habe und sie solle da ein paar Minuten zu der Warnzeit dazu schwindeln und sie solle auch das große Bedauern eben der RAF über diesen Anschlag ausdrücken. Ja, das ist dann auch gemacht worden, von ihr ist dann eine Erklärung dazu abgegeben worden, zu diesem Anschlag. Und soweit ich mich erinnere, hat es auch nochmal eine zweite Erklärung gegeben, weil eben Herr Springer auf die tatsächlichen Warnungszeiten angesprochen hat.
Vors.:
Was hat denn diese Besorgnis wegen der politisch-taktischen Richtigkeit dieses Anschlags ausgelöst? Der Anschlag an sich oder waren es andere Umstände?
Zeuge Mül[ler]:
Nein, die RAF nimmt ja für sich in Anspruch, wenn man es mal in ihren eigenen Worten sagen will, die Avantgarde des Proletariats zu sein. Man kann das natürlich nicht sein, wenn man eben das Proletariat zusammenbombt.
Vors.:
Also wegen des Kreises der Opfer ...
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
... der hier betroffen worden ist, das hat nicht reingepasst.
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Rechtsanwalt Dr.[eeee] Hoffmann erscheint um 18.35 Uhr wieder[ffff] im Sitzungssaal.
[10280] OStA Holland verlässt um 18.35 Uhr den Sitzungssaal.
Vors.:
Nun noch eines. Es offenbart sich hier also offenbar eine Distanzierung, die Baader vorgenommen hat von der Durchführung, wie Frau Meinhof das gemacht hat. Sind denn damals schon irgendwelche Diskrepanzen, irgendwelche Streitigkeiten zwischen denen aufgefallen? Ich erinnere Sie vielleicht nachher, wenn Sie dazu nichts von sich aus sagen können, noch einmal einen anderen Vorgang. Gab es irgendwelche Spannungen, Differenzen?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, es gab natürlich, es gab Auseinandersetzungen oder Differenzen zwischen ... naja, wenn man die Verhältnisse innerhalb der Gruppe ansieht, war die Machtverteilung innerhalb der Führungsgruppe ansieht, war die Machtverteilung etwa so, daß sich ... auf der einen Seite standen eben Baader, Ensslin und Raspe, auf der anderen Seite standen als einzelne Meins und Ulrike Meinhof. Ulrike Meinhof hatte laufend so eine Tendenz entwickelt, eigene Vorstellungen zu verwirklichen, einen separaten Weg zu gehen ...
Vors.:
Eben, und haben Sie dafür Anhaltspunkte bekommen, daß sie vielleicht schon zu der damaligen Zeit die Absicht hatte, irgendetwas eigenes aufzubauen oder sonst ... weil Sie das jetzt erwähnen?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, sie brauchte dazu andere. Also sie kann das ja nicht allein machen und es sind eben so Fraktions- bzw. Machtkämpfe, sie muß erst mal versuchen, andere zu gewinnen und sich dann evtl. abzusetzen oder um ein größeres Machtwort innerhalb der RAF sprechen zu können. Also in diesem Sinne ist sie schon mal an mich rangetreten, also ich habe gemerkt, wie sie sich eben in diesen Sinne um mich bemühte, um mich für sich zu gewinnen; und wie ich natürlich auch gemerkt habe, wie die Ensslin versucht hat, bei Auseinandersetzungen z. B. zwischen Baader und Meins mich für sich zu gewinnen, und sie war damals wirklich fast gehässig.
Vors.:
Nun, ich frage das deswegen, weil Sie früher mal angedeutet haben, daß es der Frau Meinhof in Hamburg um die Bildung einer eigenen Gruppe gegangen wäre und sie hätte versucht, so drücken Sie das in Blatt 73 der Vernehmung aus, Sie eben für sich zu gewinnen, wie Sie das eben auch ausgedrücken.
Zeuge Mül[ler]:
Ach ja, sie hatte z. B. angegeben bei den Leuten in Frankfurt, also bei Baader, Meins und Ensslin und Raspe, daß sie mich oben brauchen würde für eigenen Einkauf und daß ich da nach Hamburg kommen sollte. Und ich bin dann eben, aufgrund dessen bin ich dann nach Hamburg gefahren und da hatte sich dann eben herausgestellt, daß da nichts war, also es ging nicht um einen Einkauf, sondern es ging eben darum, daß sie mich in Hamburg haben wollte, weil es war [10281] ja definitiv so, daß ... sie war ja nach Hamburg abgeschoben worden. Also nach der Verhaftung von Grashof und von Grundmann gab es ja in Hamburg nur noch Stachowiak und Jünschke, und sie sollte eben die Betreuung der Leute abnehmen und das war gleichzeitig mit ein Grund, um sie dahin nach Hamburg abzuschieben. Gleichzeitig war auch in Hamburg Hausner, der war auch nach dahin abgeschoben worden; und in diesem Zusammenhang, jetzt fällt es mir ein, war eben das, was mir Ulrike Meinhof über den Anschlag bei Springer erzählt hat, das fiel damit zusammen, mit dieser Geschichte.
Vors.:
Wollen Sie sonst zu diesem Vorfall Springer-Hochhaus ...?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, zu sagen wäre vielleicht noch, daß da, was ich so den Erzählungen entnommen habe, noch mehr Leute beteiligt waren[gggg], aber sich ja der Hauptpunkt um Hausner drehte, ist sie da nicht genauer darauf eingegangen. Ich weiß eben, daß zur Zeit, wie ich jetzt schon sagte, in Hamburg waren zu der Zeit, also zur Zeit des Anschlages, waren dort Hausner, Jünschke, Stachowiak, und dann hatten sie Leute zur Verfügung, die, also sehr aktive[hhhh] Mitglieder, wie eine Frau Marquardt und einen Herr Seken- oder Senkendorf. Sie hat sich aber nicht in dem Sinne über diese geäußert, ob sie jetzt da beteiligt waren, ob und in welcher Form.
Vors.:
Das war Hamburg. Vielleicht noch ganz kurz, wissen Sie, ob in Hamburg solche Wohnungen zur Verfügung gestanden haben, nur dem Namen nach, wissen Sie noch, wenn das der Fall gewesen sein sollte?
Zeuge Mül[ler]:
Zur Verfügung gestanden haben ... Zur Zeit des Springer-Anschlages?
Vors.:
Ja.
Zeuge Mül[ler]:
Das war die Wohnung Paulinen-Allee - das war der sogenannte Bunker - das war die Wohnung Ohlsdorfer Straße, das war das Dreieck, das war ... Ja, also ich weiß ni
cht, ob zu dem Zeitpunkt die Marquardt, ob die Wohnung auch schon benutzt wurde. Also jedenfalls später gab es die Wohnung auch.
Vors.:
Jetzt die Frage, können Sie noch und wollen Sie uns noch, wenn Sie etwas wissen, zu einem weiteren Anschlag etwas mitteilen?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Also nach den erfolgten Anschlägen gab es ja von ziemlich viel Leuten ziemlich viel Kritik. Also das war für manche, auch für direkte und aktive Sympathisanten doch ein dicker Brocken, so eine Reihe[iiii] von Anschlägen, die waren da nicht unbedingt mit einverstanden. Und daraufhin sollte eben nochmal ein Anschlag auf eine amerikanische [10282] Einrichtung durchgeführt werden, um eben diese Sympathisanten eben entweder zu neutralisieren und andere auch z. B. zu gewinnen. Und die ... jedenfalls was ich weiß, kam die Idee für diesen Anschlag von der Ensslin, und die Angela Luther erhielt eben den Auftrag, die amerikanische Einrichtung in Heidelberg, in allgemeinen und in besonderen eben das Hauptquartier,[58] das war, glaube ich, sogar ein Nato-Hauptquartier, abzuklären.
Oberstaatsanwalt Holland erscheint wieder um 18.43 Uhr in Sitzungssaal.
Zeuge Mül[ler]:
Ich hab ... zum Teil habe ich diese Sachen, also den Verkehr zwischen Ensslin und Luther habe ich zum Teil entweder an Telefon mitgekriegt oder ich habe auch das von der Luther direkt mitgekriegt, weil sie wohnte damals in der Raimundstraße 104, das war ihr Ausgangspunkt und sie wurde auch sowieso zu den Zeitpunkt leicht auf den Trockenen gehalten, weil es da ja Auseinandersetzungen gab zwischen Luther und Baader.
Rechtsanwalt Schlaegel verlässt um 18.44 Uhr den Sitzungssaal.
Zeuge Mül[ler]:
Und sie hat dann eben die Sachen dort abgeklärt und sie war ja auch dafür geeignet, weil sie so die Fähigkeiten hat, sich seriös anzuziehen, also als Dame zu erscheinen. Und sie hatte das auch abgeklärt und sie war auch, was ich aus ihren Erzählungen weiß, mehrmals eben auch im Gelände gewesen und hat auch beobachtet welche Fahrzeuge reinfahren und welche kontrolliert werden, welche nicht usw. Darauf ist eben beschlossen worden, daß da ein Anschlag verübt wurde; und zu den einzelnen Sachen, die Angela Luther wurde noch beauftragt amerikanische Nummernschilder zu stehlen, weil sie eben beobachtet hatte, daß amerikanische Zivilwagen mit amerikanischen Nummern nicht durchsucht und kontrolliert wurden; und so sollte sie nach Ulm gehen und dort amerikanische Nummernschildern von Fahrzeugen zu stehlen. Ich weiß also das von mindestens einem Paar, das da in die Wohnung Inheidener Straße gekommen ist. Dann waren zwei Wagen gestohlen worden, einer in Mannheim und einer in der Nähe von Köln. Bei den in Mannheim handelte es sich um einen VW, metallig, Käfer und in Köln, da war das ein heller Ford. Der Ford, der war wieder in der Garage Hofeckweg und wurde da, zumindestens unter anderen von Meins, fertiggemacht und der VW [10283] war in der Garage Marbachweg.
Für den Ford wurde eine große Gasflasche verwendet und für den ... in den VW wurden zwei kleine eingebaut.
Ja, und dann ist also, als die Autos fertig waren, die Bomben eingebaut waren, dann wurde eben die Abfahrt vorbereitet und der Treff, wenn man so will für die Abfahrt, war in der Nähe der Garage Ginnheimer Landstraße. Dort wurden dann die Autos, die einmal in der Dornbuschgarage standen, einmal in der Hofeckgarage hingefahren, außerdem kamen dort auch die Begleitfahrzeuge hin. Und ich war z. B. auch dort, weil ich einen der Fahrer für die Wagen dort, die von dort aus abfuhren, zu einer Garage fahren mußte um eben, damit er nicht laufen mußte oder mit der Straßenbahn fahren mußte. An dieser Abfahrtstelle haben schon die beiden ... also hier muß ich noch sagen, daß eben Luther für diesen Anschlag bestimmt wurde, weil sich der Streit zwischen Baader und Luther dahingehend war, daß sie eben von der RAF wegwollte und, soweit ich mitbekommen hatte, zum 2. Juni[59] wollte.
Rechtsanwalt Schlaegel erscheint wieder um[jjjj] 18.47 Uhr im[kkkk] Sitzungssaal.
Zeuge Mül[ler]:
Und Baader wollte, daß Angela Luther eine der Bomben da reinfährt, um absolut sicherzustellen, damit sie nicht zur Polizei geht oder im Falle einer Verhaftung Aussagen dazu macht oder ein Grund weniger hat, dies zu tun.
Die beiden Bombenfahrzeuge, also VW-Käfer metallig, grün-metallig oder blau-metallig, und der helle Ford wurden in Frankfurt von Irmgard Möller und Angela Luther gefahren. Die Fahrzeuge waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht elektrisch, also sprengfertig oder zündfertig, außerdem fuhren noch mit, mindestens zwei Begleitfahrzeuge und an Personen waren da noch dabei Andreas Baader und Meins. Ob Braun dabei war, kann ich nicht mehr sagen.
Die sind dann ... also es war so eine richtige Kolonne, es waren dann vier Wagen, die sind dann von dort weggefahren und sind dann von der Ginnheimer Landstraße von der Garage weggefahren nach Heidelberg. Und ich habe mich dann in Frankfurt bzw. in der Wohnung Inheidener Straße bewegt und [llll] Zeitpunkt[mmmm], also ihre Wegfahrt, das war so früher[nnnn] [oooo] Nachmittag. Und als die ... dann habe ich dann eben wieder von den einzelnen, als die wieder zurückkamen, von den einzelnen gehört, was die eben dazu sagten. Also wie gesagt z. B. Meins, der mir sagte, [10284] daß er schon auf der Rückfahrt im amerikanischen Radio, also in dem Radio für amerikanische Soldaten, daß er da bereits die Nachricht gehört hätte, über den Anschlag. Von Baader weiß, ich, daß sie in der Nähe Heidelbergs auf einem Waldweg oder Feldweg gefahren seien, und daß er dort beide Uhren gestellt und eben die Sache elektrisch fertiggemacht hätte. Weiter hat[pppp] er sich wieder, wie in der alten Art lustig gemacht über die beiden Mädchen, die da von diesem Weg aus mit den sprengfertigen Autos dann in die Kaserne und noch aber eine Strecke fuhren. Und dann hat[qqqq] er auch noch eben damit geprotzt wie genau die Zeiten gestimmt hätten, also daß sie noch besser gestimmt hätten als z. B. in Frankfurt.
Ja, ich habe dann noch mit den beiden Mädchen geredet und die waren einfach, wenn man so will, wenn man es so ausdrücken will, stolz auf die Ausführung. Also sie fühlten sich quasi als Stadt-Guerillas heißt es wohl, weiblich, bestätigt.
Ja, nun gab es eben noch ein weiteres Gespräch, also zwischen der Ensslin und der Möller, wo die Ensslin eben Bedenken zerstreute bei der Möller, wo sie eben sagte, naja, es wären eben Angehörige einer imperialistischen Streitmacht.
Vors.:
Also wegen des Todes?
Zeuge Mül[ler]:.
Ja, als dann später bekannt wurde, daß da mehrere Soldaten ums Leben gekommen waren. Zu allen Anschlägen wäre vielleicht noch zu sagen, daß da ... daß die Erklärungen dazu von Ulrike Meinhof geschrieben wurden, weil es war eben ihr Job unter anderem. Also sie war ja Journalistin und sie hatte eben diese Sachen immer zu machen.
Vors.:
Nun liegt die Tatzeit in Heidelberg etwas spät, nach 18.00 Uhr, hatte das einen besonderen Grund, nach dem, was wir bisher von Zeugen gehört haben?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, Andreas Baader hatte diese Zeit gewählt, um eben deutsche Zivilangestellte nicht zu gefährden.
Vors.:
Kann man daraus umgekehrt schließen, daß man sich in der Gruppe bewußt war, daß, wenn so ein Ding hochgeht, das es eben zu Menschengefährdung führt?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, es hat explizit keine Warnungen gegeben, es sind keine gegeben worden, mit der Absicht, eben so viel wie möglich zu treffen.
Vors.:
Hat man irgendwelche besonderen Überlegungen angestellt, hinsichtlich der Tatfahrzeuge, wie man die ausstattet oder zurücklässt, denn das war ja nun zu erwarten, daß die zertrümmert zurückbleiben müssen?
[10285] Zeuge Mül[ler]:
Ach so, ja, die Fahrzeuge waren ja alle in anderen Städten geholt worden. Und Meins hatte mir z. B. gesagt, also ich wollte z. B. aus einem der Fahrzeuge den Kraftfahrzeugschein mitnehmen, zu Fälschungszwecke usw., also für den Typ, der Fälschungen macht, weil er die evtl. brauchen könnte, und da hat er gesagt, das soll nicht sein, weil diese Papiere, wenn sie eben gefunden werden, dann würden sie eben der Polizei Hinweise geben und sie würden aber falsche Spuren legen, weil natürlich in diesen Städten war die RAF quasi nicht.
Vors.:
Und nun nochmals ganz zurück zum Anfang. Sie haben vorhin erwähnt, das Motiv sei auch gewesen eine Beruhigung zu erzielen wegen der Kritik die vorherige Anschläge ausgelöst hatten, auch im Sympathisantenkreis. Wer war an diesen Überlegungen beteiligt, daß man jetzt wieder mal etwas in der Richtung machen könnte?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, das kam explizit von Gudrun Ensslin. Das ist auch zu ersehen aus einem Schreiben von ihr, was von dem kleinen Dicken an Ulrike Meinhof übergeben wurde. Wo sie ja nochmal die Anweisung gibt, nochmal zwei Anschläge durchzuführen und zwar einen auf die Polizei und einen auf amerikanische Einrichtungen.
Vors.:
Wir kommen noch auf diesen Kassiber.
Das ist ja nun offenbar in Frankfurt besprochen worden, Inheidener Straße?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, das habe ich aus ... also ich habe das jetzt nicht immer ganz genau gesagt, also welche ... von welchem genau einzelnen, aber das ist eben so, daß da diese vier waren da eben in dieser Wohnung Inheidener Straße und zum Teil kann ich das auch gar nicht mehr sagen, habe ich jetzt das aus dem Gespräch zwischen Ensslin und Raspe oder aus einem Gespräch zwischen[rrrr] Ensslin und Meins.
Vors.:
Nein, ich meine also jetzt nur die Planung für Heidelberg ist auch ausgegangen, wenn wir sie richtig verstehen, von Frankfurt, Inheidener Straße?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Und in der Inheidener Straße, war da der von Ihnen bezeichnete „engere Kern“ vorhanden, die Namen, die Sie genannt haben, waren die alle beteiligt nach Ihrem Wissen, an diesen Überlegungen - Heidelberg - die Planung?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, das war sowieso die Entscheidungsebene.
Vors.:
Und zu diesem Motiv, wissen Sie sonst noch eine Überlegung, die man angestellt hat, welchen Zweck solche Anschläge verfolgen könnten?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, es war ja die, also im Sinne Baader’s, im Sinne seiner [10286] taktischen Überlegungen ging es ja bei diesen Anschlägen eigentlich darum, die RAF als eine Organisation vorzustellen, die eine gewisse Gewalt oder Verfügung hat, bei Entführungen oder Geiselnahmen einen entsprechenden Druck ausüben zu können, um Verhandlungspartner gegenüber den Erpressten darstellen zu können.
Vors.:
Also kann man das so zusammenfassen, durch verbreiteten Schrecken die Potenz der Gruppe zu beweisen, ihre Fähigkeit, solche Angriffe zu führen?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, ja.
Vors.:
Haben Sie irgendwie sonst was gehört, was Heidelberg nun als Ziel besonders wünschenswert gemacht hat, daß da besondere Einrichtungen oder sonst irgendwas vorhanden wäre, die es zu treffen gälte?
Zeuge Mül[ler]:
Nein.
Vors.:
Und jetzt die abschließende Frage für heute, wir sind dann wirklich am Ende des heutigen Sitzungsprogrammes. Wissen Sie noch, ob weitere Anschläge an anderen Orten oder an anderen Stellen geplant waren, die möglicherweise, soweit wir wissen, dann nicht zur Ausführung gekommen sind?
Zeuge Mül[ler]:
Ja, es war also, wenn man so sagen will, nach dieser Bombenwelle waren ja eben, wie gesagt, im taktischen Sinne Baader’s waren diese Bombenanschläge eigentlich eine Vorstufe zu Entführungen. Und jetzt war es aber so, daß natürlich diese Bombenanschläge haben natürlich ganz Deutschland mobilisiert, die sind da wie ein Blitz in den heiteren Himmel eingeschlagen, und dann ist natürlich die ganze Fahndungsmaschinerie angelaufen, und deswegen sollten in Berlin Anschläge durchgeführt werden, um die Fahndung, wenn man so will, nach Berlin zu lenken. Also wenn da jetzt in Berlin eine Reihe von Anschlägen stattfinden, dann würde oben, würden sich die Polizeibehörden eben mehr auf Berlin konzentrieren. Und diese Sache ... diese Anweisung stammte auch von den vieren, also aus der Inheidener Straße, Baader, Meins, Raspe, Ensslin. Und beauftragt waren damit eben Brigitte Mohnhaupt und Bernhard Braun.
Für die Sache waren schon gewisse Vorbereitungen getroffen worden, ich hatte z. B. zwei Transporte mit Chemikalien nach Berlin, wenn man so will, organisiert. Von Gruppenmitgliedern in Berlin waren anderen, dazu notwendige Chemikalien gekauft worden. Also die Sachen, die nach Berlin gekommen sind, von Frankfurt aus, dabei handelte es sich um Kaliumchlorat, um Ammoniumnitrat, um Kaliumnitrat und die Sachen, die noch in Berlin gekauft werden mußten, dabei [10287] handelte es sich z. B. um Aluminiumpulver, um Bleimennige. Zum Teil, ich weiß es aus Gesprächen mit Berlin, Telefongesprächen, sind die Sachen beschafft worden. Es war auch schon so weit gediehen, daß Objekte ausgekundschaftet worden waren, zum Teil Bombenhüllen beschafft worden waren. Und dann ist ja auch, also bei Mixversuchen ist ja dann auch die Wohnung Budapester Straße hochgegangen. Also über Mixversuche oder so in der Budapester Straße, da habe ich mit Braun telefoniert und der behauptete eben stur, daß er einen bestimmten Stoff genommen hat, wo das eigentlich nicht passieren kann, er muß was anderes genommen haben.
Vors.:
Wir danken Ihnen schön für heute, Herr Müller.
Wir setzen dann am Dienstag Ihre Anhörung fort. Es soll, um Ihnen gleich das mitzuteilen, dann nochmals die Sprache kommen, ob bestimmte Verhaltensmaßregeln in der Gruppe angeordnet waren für den Fall, daß man etwa verhaftet werden könnte. Wir kommen dann auf dieses Schreiben, diesen Kassiber zu sprechen, auf seinen Inhalt. Wir wollen Sie dann noch weiter fragen, ob nach Verhaftung der Mehrzahl der damaligen Gruppe oder einer großen Zahl, bestimmte Aktivitäten in der Zelle entfaltet worden sind, über die Sie uns Auskünfte geben können, und damit sind dann noch ein paar Einzelfragen anzuknüpfen, auch über die äußere Form der Vernehmung, wieso Sie Aussagen gemacht haben, das soll also Gegenstand Ihrer Anhörung am Dienstag sein.
Bis dahin unterbrechen wir die Sitzung. Ich danke allen Beteiligten für ihr Ausharren.
Fortsetzung um 9.00 Uhr Dienstag.
Ende der Sitzung um 19.00 Uhr
[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] Nach § 57 StPO werden Zeug/innen vor der Vernehmung zur Wahrheit ermahnt und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt, sowie auf die Möglichkeiten der Vereidigung hingewiesen; diese war damals, anders als heute, der Regelfall (§ 59 StPO a.F.). Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Hierüber sind sie zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO).
[3] 1974 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Recht auf ein faires Verfahren verlange, Zeug/innen grundsätzlich das Recht zuzugestehen, einen Rechtsbeistand des Vertrauens zur Vernehmung hinzuzuziehen, wenn sie es für die Wahrnehmung ihrer prozessualen Befugnisse erforderlich hielten. Insbesondere die Lage derjenigen Zeug/innen, die sich durch ihre Aussage der eigenen Strafverfolgung aussetzen könnten, sei mit der Lage von Beschuldigten in einem Strafverfahren vergleichbar (BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974 - Az.: 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, S. 105, 112 ff.). Inzwischen ist dieses Recht gesetzlich in § 68b StPO verankert.
[4] Die Psychologiestudentin Margrit Schiller war ein ehemaliges Mitglied des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Sie schloss sich im Laufe des Jahres 1971 der RAF an. Bereits am 22.10.1971 wurde sie zum ersten Mal festgenommen und am 5.2.1973 vom Landgericht Hamburg wegen Unterstützen einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen Auflagen wurde sie allerdings aus der Haft entlassen. Daraufhin schloss sie sich erneut der RAF an. Zusammen mit anderen RAF-Mitgliedern wurde sie am 4. Februar 1974 erneut verhaftet. Schiller wurde mit Urteil vom 28.9.1976 vom Landgericht Hamburg zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 78 ff., 116 ff.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 357 ff.; Straßner, in Ders. [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 209, 219).
[5] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).
[6] Anlage 1 zum Protokoll vom 8.7.1976: Antrag des Rechtsanwalts Geulen auf Beiziehung von Unterlagen und Akten sowie auf Akteneinsicht.
[7] Anlage 2 zum Protokoll vom 8.7.1976: Antrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann auf Beiziehung der Akten 3 ARP 74/75 I.
[8] Anlage 3 zum Protokoll vom 8.7.1976: Antrag des Rechtsanwalts Geulen auf Vernehmung von Margrit Schiller als Zeugin.
[9] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen. Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die umfassende Aussage Müllers u.a. durch das Versprechen diverser ungesetzlicher Vorteile unzulässig beeinflusst worden war (s. hierzu auch die Beweisanträge in den Anlagen 4 bis 19 zum Protokoll zum 20.7.1976, S. 10643 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).
[10] Ein Sperrvermerk kann nach § 96 StPO durch die oberste Dienstbehörde angebracht werden, wenn „das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“ (§ 96 StPO a.F.; entspricht heute § 96 Satz 1 StPO). Für die Akte 3 ARP 74/75 I betr. Gerhard Müller hatte der damalige Bundesjustizminister Vogel eine solche Sperrerklärung abgegeben (s. zu den Vorgängen und Vermutungen rund um diese Akte auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 368 ff.). Die Prüfung und Entscheidung darüber, die Sperrerklärung wieder aufzuheben, wurde später der Bundesanwaltschaft anvertraut (s. die Mitteilung des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 157. Verhandlungstag, S. 12215 des Protokolls der Hauptverhandlung). Erst am 158. Verhandlungstag gab die Bundesanwaltschaft schließlich nach erneuter Prüfung einen Großteil der Akte heraus (S. 12262 des Protokolls der Hauptverhandlung). Am 159. Verhandlungstag wurde schließlich ein Schreiben des Bundesjustizministers bekanntgegeben, in welchem die letzten noch geheimhaltungsbedürftigen Passagen konkretisiert wurden (s. Anlage 2 zum Protokoll vom 9.11.1976, S. 12306 des Protokolls der Hauptverhandlung, 159. Verhandlungstag).
[11] Die Akte 1 BJs 7/76 enthielt Protokolle über Vernehmungen des Zeugen Müller in einem Ermittlungsverfahren, das offiziell gegen „Unbekannt“ geführt wurde.
[12] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache, als auch des Beweismittels (früher bereits ständige Rechtsprechung, s. etwa BGH, Urt. v. 23.1.1951 - Az.: 1 StR 37/50, BGHSt 1, S. 29, 31; BGH, Urt. v. 7.5.1954 - Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128, 129; BGH, Urt. v. 12.8.1960 - Az.: 4 StR 48/60, NJW 1960, S. 2156, 2157; heute definiert in § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Ein Beweisermittlungsantrag liegt hingegen vor, wenn entweder die Beweistatsache oder das Beweismittel nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da § 244 Abs. 3-6 StPO begrenzte und abschließende Ablehnungsgründe für Beweisanträge enthält. Liegt keiner dieser Ablehnungsgründe vor, ist dem Beweisantrag zu entsprechen. Beweisermittlungsanträge berücksichtigt das Gericht hingegen nur nach § 244 Abs. 2 StPO im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungspflicht, die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags ist nicht auf die Gründe des § 244 Abs. 3-6 StPO beschränkt.
[13] Der Tatbestand der Begünstigung war bis 1975 weiter gefasst als die heute in § 257 StGB normierte Begünstigung, die sich nur auf die Sicherung der Tatvorteile bezieht (sachliche Begünstigung). Zum Tatzeitpunkt umfasste die Begünstigung gemäß § 257 StGB a.F. bzw. die Begünstigung im Amt § 346 StGB a.F. zusätzlich die heute als Strafvereitelung (§ 258 StGB) bzw. Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) kriminalisierte persönliche Begünstigung (zur Entwicklung der Tatbestände vgl. Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen [Hrsg.], Strafgesetzbuch, 5. Aufl. 2017, § 258 Rn. 1 und § 258a Rn. 1).
[14] Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen Irmgard Möller und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Die Anklagevorwürfe betrafen u.a. das Geschehen um die versuchte Festnahme des RAF-Mitglieds Margrit Schiller, in deren Verlauf ein Polizeibeamter erschossen, ein weiterer verletzt wurde. Der getötete Polizeibeamter Norbert Schmid war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren, Gerhard Müller u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).
[15] § 147 StPO enthält das umfassende Akteneinsichtsrecht der Verteidigung. Absatz 1 lautet: „Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.“ Dazu gehören zum einen alle Unterlagen, die die Polizei der Staatsanwaltschaft übersendet (§ 163 Abs. 2 Satz 1 StPO), zum anderen alle anschließend bei der Staatsanwaltschaft entstandenen Vorgänge, und zwar sowohl die belastenden, als auch die entlastenden. Ausgenommen sind die Handakten der Staatsanwaltschaft, sowie für die jeweiligen Beschuldigten bedeutungslose Vorgänge (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 199 Rn. 2).
[16] Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile, mit welchem Rechtsfehler, d.h. die Nicht- oder Falschanwendung einer Rechtsnorm, gerügt werden können (§ 337 StPO). In der Regel muss zudem dargelegt werden, dass das Urteil gerade auf diesem Rechtsfehler beruht („relative Revisionsgründe“), dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei korrekter Anwendung der Rechtsnorm eine andere Entscheidung ergangen wäre (Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 337 Rn. 33 ff.). Anders ist dies bei den absoluten Revisionsgründen, die in § 338 StPO aufgezählt sind. Die dort genannten Fehler gelten als so schwerwiegend, dass das Urteil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen ist. Auf welche Rechtsprechung sich Rechtsanwalt Dr. Heldmann konkret bezieht, konnte nicht ermittelt werden. § 338 Nr. 6 StPO enthält den absoluten Revisionsgrund der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 169 GVG). Entscheidungen dazu, dass der Versuch des/der Vorsitzenden, eine erweiterte Aussagegenehmigung außerhalb der Hauptverhandlung zu erwirken, den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt, konnten aber nicht ermittelt werden.
[17] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[18] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK übte Kritik an zeitgenössischen Psychiatrieformen und einer als krankmachend empfundenen kapitalistischen Gesellschaft. Dagegen setzte die Gruppe auf antiautoritäre Therapien und Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Im Sommer 1971 wurden acht Mitglieder des SPK unter dem Verdacht der RAF-Unterstützung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Ab November 1972 folgten Prozesse u.a. wegen Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung. Besondere Bekanntheit erlangte das SPK darüber hinaus durch den Übertritt einiger seiner Mitglieder in die Reihen der RAF (Brink, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 137 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 90 ff.).
[19] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).
[20] Bevor Brigitte Mohnhaupt ab Frühjahr 1971 zur ersten RAF-Generation in den Untergrund ging, war sie bereits in verschiedenen linken Organisationsformen in München wie den Tupamaros und der Kommune Wacker Einstein vernetzt. Innerhalb der RAF konzentrierte sie sich gemeinsam mit Bernhard Braun auf Aktivitäten in Berlin, wo sie im Juni 1972 zusammen verhaftet wurden. Am 30.8.1974 wurde sie vom Landgericht Berlin wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren verurteilt. Einen Teil ihrer Haftstrafe verbrachte sie zusammen mit den Stammheimer Gefangenen. Diese Nähe zu den führenden Mitgliedern ließ sie nach ihrer Entlassung im Februar 1977 selbst zu einer Führungsperson der zweiten RAF-Generation aufsteigen. Als solche war sie auch für die Gewalttaten während des sogenannten Deutschen Herbstes 1977 mitverantwortlich. Bis zu ihrer erneuten Festnahme 1982 war sie an weiteren Aktionen der Gruppe beteiligt. Sie blieb bis zum Jahr 2007 in Haft (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 92 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt[Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99 f., 105, 111 f., 118 f.; Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder, 1997, S. 196 f., 248 ff., S. 367 ff.).
[21] Der Kfz-Schlosser Bernhard Braun war seit 1971 Mitglied der RAF. Gemeinsam mit Brigitte Mohnhaupt war Braun vor allem in Berlin aktiv. Im Juni 1972 lösten in einer von ihnen genutzten Wohnung gelagerte Sprengstoffe eine Explosion aus. Eine Woche später wurden sie in West-Berlin festgenommen. Die Polizei konnte in der Wohnung Chemikalien und Anleitungen zur Herstellung von Bomben sicherstellen. Braun wurde, wie Mohnhaupt, wurden wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 54, 92 ff., 250; Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 112 f.).
[22] Ingrid (Ina) Siepmann war Gründungsmitglied der Tupamaros West-Berlin und der Bewegung 2. Juni, in der sie eine führende Rolle einnahm. Siepmann wird aber auch der zweiten RAF-Generation zugerechnet, in der sie u.a. Banküberfälle begangen haben soll. Im Oktober 1973 wurde sie festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwölf Jahren verurteilt. Am 3. März 1975 wurde sie jedoch in den Südjemen ausgeflogen, nachdem Mitglieder der Bewegung 2. Juni den CDU-Politiker Peter Lorenz entführt und erfolgreich die Freilassung von sechs Gefangenen gefordert hatten. Anders als die meisten blieb Siepmann daraufhin zusammen mit Gabriele Kröcher-Tiedemann längere Zeit im Jemen. Nach einer kurzen Rückkehr in die BRD im Jahr 1977, wo sie unter anderem an Entführung des österreichischen Unternehmers Walter Michael Palmers mitgewirkt haben soll, schloss sie sich endgültig dem Kampf der Palästinenser/innen im Nahen Osten an (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 100 ff.; Korndörfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 237, 241 f., 248, 251 ff.). Sie kam mutmaßlich 1982 im Libanon ums Leben (vgl. Kilgus, Deutsche Spuren im Libanon, abrufbar unter https://www.goethe.de/ins/lb/de/kul/sup/spu/20909376.html, zuletzt abgerufen am: 18.10.2021). Ihr Name wird auf der Liste der RAF-Opfer geführt, die sich am Ende der Auflösungserklärung der RAF vom März 1998 befindet (s. die Abbildung in Kraushaar, Das Ende der RAF, abrufbar unter https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/geschichte-der-raf/49302/das-ende-der-raf?p=all, zuletzt abgerufen am: 18.10.2021).
[23] Der gelernte Drucker Ralf Reinders politisierte sich im Umfeld verschiedener militanter Gruppen der West-Berliner Subkultur wie der Gammlerbewegung, den Haschrebellen, dem Bluesund den TupamarosWest-Berlin. 1972 gehörte Reinders zu den Gründern der Bewegung 2. Juni. Obwohl die Bewegung stets betonte, über keine hierarchisch geordnete Führung zu verfügen, gilt Reinders als einer ihrer Köpfe. Nach einer Flucht ins Ausland wurde Reinders im September 1975 festgenommen. Der Prozess gegen Reinders und fünf weitere Mitglieder der Bewegung 2. Juni begann im April 1978 vor dem Kammergericht Berlin; die Anklage enthielt Taten im Zusammenhang mit der Lorenz-Entführung im Februar 1975 sowie der Erschießung des Kammergerichts-Präsidenten von Drenkmann im November 1974. Mit Urteil vom 13.10.1980 wurde Reinders für seine Beteiligung an der Lorenz-Entführung sowie der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 15 Jahren verurteilt (Korndörfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 227, 239, 243 f., 252; Overath, Drachenzähne, 1991, S. 100, 135, 177 f.; Wunschik, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 531, 534, 536, 548, 557).
[24] Alfred „Shorty“ Mährländer war ab 1965 einer der ersten „Gammler“ Westberlins. Da er von der Polizei aufgrund von Zeugenaussagen dem Umfeld der Tupamaros West-Berlin zugerechnet wurde, tauchte er im Herbst 1970 zusammen mit Ralf Reinders und Bernhard Braun in Süddeutschland unter. Nachdem sie zunächst von den Tupamaros München unterstützt wurden, schloss sich Mährländer dem Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK) in Heidelberg an. 1971 wurde Mährländer im Rahmen einer Schießerei zwischen SPK-Mitgliedern und Polizei festgenommen und wegen versuchten Mordes angeklagt. Da ihm jedoch eine Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden konnte, wurde er lediglich wegen des Besitzes gefälschter Ausweisdokumente verurteilt (Siehe etwa Danyluk, Blues der Städte, 2019, S. 504 f.).
[25] Irmgard Möller schloss sich im Sommer 1971 der RAF an. Zuvor lebte sie in der Münchner Kommune Wacker Einstein, hatte 1969 als Teil der „Rechtshilfe der APO“ zum „Knastcamp“ aufgerufen und war Mitglied der Tupamaros München. Am 8. Juli 1972 wurde sie verhaftet, am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen sie und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. 1976 erfolgte ihre Verlegung zu den Angeklagten Baader, Ensslin und Raspe nach Stammheim. Dort überlebte sie als Einzige die sogenannte Todesnacht von Stammheim (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 68; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 111 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99, 100 f.).
[26] Ilse Stachowiak war ein frühes Mitglied der RAF. Im Sommer 1970 reiste sie im Alter von 16 Jahren mit anderen RAF-Mitgliedern für eine paramilitärische Ausbildung nach Jordanien. Stachowiak wurde zusammen mit Christa Eckes, Helmut Pohl und Eberhard Becker am 4.2.1974 in Hamburg verhaftet. Das Landgericht Hamburg verurteilte sie am 28.9.1976 zu einer Jugendstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren. Am 19.6.1978 wurde sie aus der Haft entlassen (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 116 ff.; Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 277; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 835).
[27] S. Fn. 4.
[28] Klaus Jünschke war Psychologiestudent und ehemaliges Mitglied des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). In der RAF überfiel er 1971 mit anderen eine Bank in Kaiserslautern. Im Verlaufe des Geschehens wurde der Beamte Herbert Schoner erschossen. Jünschke wurde am 9. Juli 1972 zusammen mit Irmgard Möller in Offenbach verhaftet. Ihm wurde neben den Straftaten im Zusammenhang mit dem Banküberfall auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie die Beteiligung an der Herbeiführung der Sprengstoffexplosion in Frankfurt a.M. am 11. Mai 1972 vorgeworfen. Im Hinblick auf die Sprengstoffexplosion wurde er zwar freigesprochen; das LG Kaiserslautern verurteilte ihn am 2.6.1977 aber u.a. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (Overath, Drachenzähne, 1991, S. 89 ff.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 257, 761 Anm. 59; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30 ff.; DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1977 vom 6.6.1977, S. 104).
[29] Siegfried Hausner war als Mitglied des Sozialistischen Patientenkollektivs im Juni 1971 nach einer Verkehrskontrolle in eine Schießerei mit der Polizei verwickelt, weshalb er bis zum Sommer 1974 er eine Jugendstrafe absaß. Nach seiner Entlassung schloss er sich der RAF an. Er war Teil des „Kommando Holger Meins“, das am 24. April 1975 bei dem Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm zwölf Geiseln nahm, zwei Menschen tötete und die Freilassung von 26 RAF-Gefangenen, darunter der Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof, forderte. Aus weiterhin unbekannten Gründen explodierte kurz vor der Stürmung des Gebäudes durch schwedische Spezialkräfte im Inneren der Botschaft ein Sprengsatz, infolgedessen Hausner schwer verletzt wurde. Trotz dieser Verletzungen wurde Hausner wenige Tage später in die Bundesrepublik ausgeliefert und auf die Intensivstation der JVA Stammheim verlegt. Hausner starb dort Anfang Mai 1975 (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 512, 515 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 95 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 766 Anm. 80).
[30] Die Fotografin Astrid Proll hatte bereits im Oktober 1967 im Zuge der Vietnam-Demonstration versucht, mit Baader einen Sprengstoff-Anschlag auf das Berliner Amerikahaus durchzuführen, der jedoch scheiterte. Zusammen mit Baader und Ensslin ging sie 1969 in den Untergrund. Anfang Mai 1971 wurde sie in Hamburg verhaftet. Während ihrer Einzelhaft in der JVA Köln-Ossendorf verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, sodass das Verfahren gegen sie vor dem LG Frankfurt im Herbst 1973 unterbrochen und sie im Februar 1974 schließlich wegen Haftunfähigkeit entlassen werden musste. Anschließend tauchte sie unter. Im September 1978 wurde sie schließlich in London verhaftet und im Sommer 1979 in die Bundesrepublik ausgeliefert, wo sie zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde. Da Proll bereits längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hatte, wurde ihr diese Zeit angerechnet und sie wurde auf Bewährung entlassen (Edschmid, Frau mit Waffe, 3. Aufl. 2014, S. 171 f.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 41; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 47, 150; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 125 f.).
[31] Werner Hoppe wurde am 15.7.1971 verhaftet. Dabei soll er versucht haben, sich seiner Festnahme durch mehrere Schüsse auf Polizeibeamte zu entziehen. Hoppe verbrachte ca. zehn Monate in Untersuchungshaft in einer isolierten Einzelzelle. Er wurde schließlich vom LG Hamburg mit Urteil vom 26.7.1972 wegen dreifachen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wurde bereits im Ermittlungsverfahren wegen fehlender Beweise eingestellt. Das Urteil wurde insbesondere für seine Beweiswürdigung stark kritisiert (Overath, Drachenzähne, 1991, S. 54 ff., 62).
[32] Die 20-jährige Petra Schelm starb am 15. Juli 1971 in Hamburg. Sie entkam in ihrem Auto zunächst einer Polizeisperre und flüchtete schließlich, nachdem sie durch ein weiteres Polizeifahrzeug gestoppt werden konnte, mit ihrem Begleiter Werner Hoppe zu Fuß vor der Polizei. Bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten wurde sie durch einen Kopfschuss getötet. Sie war das erste Todesopfer aus den Reihen der RAF. Ihr Tod löste nach Angaben von Mitgliedern eine Radikalisierung der Gruppe aus (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 312 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 64).
[33] Manfred Grashof war Mitglied der RAF und schon Teil der Gruppe, die nach Jordanien gereist war, um sich für den „bewaffneten Kampf“ ausbilden zu lassen. Er war außerdem an dem Banküberfall in Kaiserslautern am 22.12.1971 beteiligt, in dessen Verlauf der Beamte Herbert Schoner erschossen wurde. Bei seiner Festnahme am 2. März 1972 wurde er im Rahmen eines Schusswechsels, bei dem er einen Polizeibeamten erschoss, selbst schwer verletzt. Gegen ihn sowie gegen die Angeklagten Jünschke und Grundmann fand zu dieser Zeit die Hauptverhandlung vor dem LG Kaiserslautern statt. Mit Urteil vom 2.6.1977 wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, im Jahr 1988 jedoch bereits begnadigt (Peters, Tödlicher Irrtum, 3. Aufl. 2007, S. 199 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30 ff., S. 283 f.; s. zum Prozess vor dem LG Kaiserslautern auch DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1977 vom 6.6.1977, S. 104).
[34] Thomas Weisbecker trat im Juli 1971 zusammen mit Angela Luther von den Tupamaros West-Berlin zur RAF über. Bereits seit dem 14. Februar 1972 wurde er observiert. Er starb am 2. März 1972 in Augsburg. Die genauen Umstände von Weisbeckers Tod wurden nie geklärt. Bekannt ist nur, dass Weisbecker, der vermutlich bewaffnet war, am Nachmittag des 2. März von zwei Polizeibeamten verfolgt und dann von einem der beiden erschossen wurde. Weisbecker gehörte mit Petra Schelm und Georg von Rauch zu den ersten Opfern der RAF und galt fortan als Ikone der RAF (s. die Beiträge von König und Wunschik in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 430, 459 f., 464 ff., bzw. S. 531, 546 ff.).
[35] Angela Luther war Teil der Tupamaros West-Berlin (TW), die seit Ende 1969 in Berlin Anschläge verübte und Anfang 1972 in der Bewegung 2. Juni aufging. Im Sommer 1971 wechselte Angela Luther gemeinsam mit Thomas Weisbecker zur RAF. Dort soll sie auch an dem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) am 24. Mai 1972 beteiligt gewesen sein. Angeblich plante Luther nach dem Tod Weisbeckers, zur Bewegung 2. Juni zurückzukehren. Im Laufe des Jahres 1972 verschwand sie jedoch unter weiterhin ungeklärten Umständen (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 246; König, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 430, 459 f.; Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31ff.; Wunschik, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 531, 547).
[36] Wolfgang Grundmann gehörte der ersten Generation der RAF an. Er wurde am 2. März 1972 in einer Hamburger Wohnung zusammen mit Manfred Grashof verhaftet. Mit Urteil vom 2.6.1977 wurde er wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 258 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 31 f.; s. zum Prozess vor dem LG Kaiserslautern auch DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1977 vom 6.6.1977, S. 104).
[37] Ingeborg Barz war ein frühes Mitglied der RAF. Zuvor war sie Teil der Hilfsorganisation Schwarze Hilfe und bildete u.a. gemeinsam mit Angela Luther, Inge Viett, Verena Becker und Waltraud Siepert eine feministische Gruppe namens Die schwarze Braut. Über Barz’ Position in der RAF ist nicht viel bekannt. 1971 soll sie beim Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern mitgewirkt haben. Von der Verhaftungswelle 1972 war Barz nicht betroffen, gilt aber wie Angela Luther seitdem als verschwunden. Über ihren Verbleib existieren nur Spekulationen. Unter anderem stand der Verdacht im Raum, dass sie als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt und von Baader erschossen worden sei (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31 ff., 37 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S 299, 820). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die Behauptung, Baader habe Barz erschossen, von Gerhard Müller aufgestellt worden sei, um Baader wahrheitswidrig zu belasten (s. den Beweisantrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 142. Verhandlungstag, S. 11467 des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Beweis der Unwahrheit dieser Tatsache sollte die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Müller insgesamt erschüttert werden (s. dazu etwa die Diskussion um den am 147.Verhandlungstag gestellten Beweisantrag, S. 11684 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu den Angaben, die Müller über in diesem Zusammenhang gemacht haben soll, s. auch die Ausführungen des Vernehmungsbeamten KHK Opitz am 152. Verhandlungstag (S. 11855 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).
[38] Die RAF veröffentlichte 1971 mit dem „Konzept Stadtguerilla“ ihre erste Programmschrift. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1. Aufl. 1997, S. 27 ff.
[39] Zwischen dem 11. und 24. Mai 1972 verübte die RAF insgesamt sechs Sprengstoffanschläge in Frankfurt, Augsburg, München, Karlsruhe, Hamburg und Heidelberg. Dabei wurden vier Personen getötet und weitere verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 1 ff.; für eine zusammenfassende Darstellung s. auch Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 34 ff.).
[40] „Pfirsich“ war der Deckname für Dierk Hoff, der im Auftrag der RAF verschiedene Sprengkörper herstellte. Er wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen.
[41] Der Amerikaner William Powell veröffentlichte 1971 „The Anarchist Cookbook“, welches u.a. Anleitungen zur Herstellung von Waffen, Sprengstoffen, Drogen und elektronischer Überwachung enthielt sowie Informationen zu Guerilla-Training und Nahkampf. Das FBI wurde schnell auf das „Kochbuch“ aufmerksam, verboten wurde es allerdings nicht (Sanomir, The New York Times vom 30.3.3017, S. 16). Später distanzierte sich der Autor von dem Buch, das er als 19-jähriger verfasst hatte (Powell, The Guardian vom 19. Dezember 2013, abrufbar unter: https://www.theguardian.com/commentisfree/2013/dec/19/anarchist-cookbook-author-william-powell-out-of-print, zuletzt abgerufen am: 18.10.2021). Zu Teilübersetzungen aus dem „anarchistischen Kochbuch“ s. S. 9727 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (111. Verhandlungstag).
[42] Der Soziologiestudent Wilfried Böse war eine der Führungspersonen der Revolutionären Zellen(RZ). Dabei handelte es sich um eine 1973 von ihm mitgegründete terroristische Gruppe, die international vernetzt war. Teile der RZ waren an dem Attentat auf die OPEC-Konferenz 1975 in Wien sowie an der Entführung eines Flugzeugs und der anschließenden Geiselnahme in Entebbe im Jahr 1976 beteiligt. Obwohl die RZ sich als alternative Stadtguerilla-Formation zur RAF definierten, gab es dennoch Verbindungen zwischen ihnen. Böse selbst hatte die RAF wohl zumindest für eine gewisse Zeit mit verschiedenen logistischen Tätigkeiten unterstützt (Kraushaar, in Ders. [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 583, 592 ff.; Wörle, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 257, 258 ff., 265 f.).
[43] Nach den sehr akribisch geführten Zählungen des OStA Zeis wurde am 118. Verhandlungstag die bisher 50. (erfolglose) Ablehnung vorgetragen (S. 10039 des Protokolls der Hauptverhandlung, 118. Verhandlungstag).
[44] Zeug/innen sind grundsätzlich zur Aussage vor Gericht verpflichtet (seit 2009 explizit in § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelt; zuvor war dies bereits als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht angesehen, s. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 - 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, S. 280, 284). Nach § 70 Abs. 1 StPO können Zeug/innen, die sich ohne gesetzlichen Grund weigern auszusagen, die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden, außerdem wird ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen sie festgesetzt. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann zur Erzwingung des Zeugnisses auch die Haft von bis zu 6 Monaten angeordnet werden. Ein gesetzlicher Grund für die Weigerung ist aber die Inanspruchnahme des Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO (Fn. 2).
[45] § 137 StPO lautet: „Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen“.
[46] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf das zu diesem Zeitpunkt nur noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Rechtsanwalt Schily (hier vertreten durch Rechtsanwalt Geulen, für die Angeklagte Ensslin) zu.
[47] Die Formulierung dient hier der Abgrenzung von denjenigen Pflichtverteidigern, die den Angeklagten gegen ihren Willen zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren. Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger jedoch vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.
[48] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück, die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.). Am 13. Mai 1968 begannen die Pariser Friedensverhandlungen zur Beendigung des Vietnamkriegs. Die zähen Friedensverhandlungen wurden immer wieder von der Kompromisslosigkeit der amerikanischen Regierung beeinflusst und nahezu weitere fünf Jahre von Kämpfen in Vietnam begleitet. Nordvietnam reagierte am 30. März 1972 auf die schwierigen Friedensverhandlungen in Paris mit der sogenannten Oster-Offensive, bei der ca. 120.000 Soldaten nach Südvietnam vordrangen. Dies veranlasste wiederum die USA zu schweren Bombardierungen. Am 8. Mai erging eine Anordnung von Präsident Nixon zur Verminung nordvietnamesischer Häfen, um Nordvietnam durch die Unterbrechung von Versorgungswesen weiter unter Druck zu setzen und damit neue Verhandlungen zu erzwingen. Bei der „Operation Linebacker“ wurden innerhalb von sechs Monaten Bombenangriffe im Umfang von 155.000 Tonnen geflogen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 173 ff., 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.).
[49] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme. Das I.G.-Farben-Haus entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).
[50] Das „Kommando Petra Schelm“ bekannte sich in einer Erklärung vom 14. Mai 1972 zu dem Sprengstoffanschlag auf das I.G.-Farben-Hochhaus am 11. Mai 1972. Die Erklärung ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145. Zu Petra Schelm s. bereits Fn. 32.
[51] Das „Kommando Thomas Weisbecker“ bekannte sich in einer Erklärung vom 16 Mai 1972 zu den Sprengstoffanschlägen in Augsburg und München am 12. Mai 1972. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145 f. Zu Thomas Weisbecker s. bereits Fn 34.
[52] Am 12. Mai 1972 detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion Augsburg. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 85. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[53] Am 12. Mai 1972 explodierte in München auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Mehrere Personen wurden verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 87. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[54] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme..
[55] RAF-Mitglied Manfred Grashof war bei seiner Festnahme im März 1972 im Rahmen eines Schusswechsels, bei dem er einen Polizeibeamten erschoss, selbst schwer verletzt worden (Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 31 f.). Die RAF beschuldigte den u.a. für Haftfragen zuständigen Bundesrichter Buddenberg, die Verlegung von Grashof in eine Zelle zu einem Zeitpunkt veranlasst habe, als der Transport und die Infektionsgefahr für ihn noch lebensgefährlich gewesen seien. Damit habe Buddenberg „den Mordversuch an Grashof, der den Bullen nicht gelungen ist, an dem wehrlosen Grashof wiederholt“. Die hierzu veröffentlichte Erklärung des „Kommando Manfred Grashof“ vom 20.5.1972 ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 146. Buddenberg, der bereits 1937 Mitglied der NSDAP wurde, war im Jahr 1962 zudem an den Geschehnissen um die sog. SPIEGEL-Affäre beteiligt, indem er u.a. den Haftbefehl gegen Rudolf Augstein sowie diverse Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse unterzeichnete (DER SPIEGEL, Ausgabe 43/2002 vom 20. Oktober 2002, S. 62, 80).
[56] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der Vorgang war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[57] Die Erklärung vom 20. Mai 1972 ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147).
[58] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[59] Die Bewegung 2. Juni gründete sich im Jahr 1972. Sie war unmittelbar aus den Tupamaros West-Berlin und München sowie der Schwarzen Hilfe hervorgegangen, bestand jedoch auch aus ehemaligen Mitgliedern anderer Gruppierungen der Berliner Subkultur. Ihren Namen trug die Bewegung in Anlehnung an den Todestag des Studenten Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967. Sie machte mit Aktionen auf sich aufmerksam, die ihr teilweise den Namen einer „Spaßguerilla“ einbrachten. Allerdings schreckte sie auch nicht vor Entführungen oder Morden wie im Fall des Kammgerichtspräsidenten von Drenkmann zurück. Im Gegensatz zur RAF operierte die Bewegung jedoch nicht aus dem Untergrund, blieb auf West-Berlin beschränkt und ging bei ihrer Bekämpfung des „kapitalistischen Systems“ weniger planvoll vor. Gleichzeitig bestanden jedoch teils enge, auch personelle Verbindungen zur RAF. Nach einer Verhaftungswelle im Jahr 1975 konnten im Juli 1976 drei Mitglieder der Bewegung aus ihrem Gefängnis in Berlin flüchten und in der Folgezeit noch einmal terroristische Aktivitäten entfalten, darunter die Entführung des Millionärs Walter Palmer (Korndörfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus. Theorie, Ideologie, Fallbeispiele, Zukunftsszenarien, 2008, S. 237 ff., 245 ff.; Wunschik, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 531 f., 541 ff.).
[a] Handschriftlich eingefügt: Dr.
[b] Handschriftlich durchgestrichen: Herr
[c] Maschinell eingefügt: Geulen.
[d] Maschinell eingefügt: mehr
[e] Maschinell eingefügt: mehr
[f] Handschriftlich durchgestrichen: S
[g] Maschinell eingefügt: im
[h] Maschinell eingefügt: (nach einer kurzen Pause)
[i] Maschinell ergänzt: weiterfortfahren
[j] Maschinell ersetzt: abgeneigt durch abgelenkt
[k] Maschinell eingefügt: für ein
[l] Maschinell eingefügt: in
[m] Maschinell eingefügt: aus
[n] Maschinell ersetzt: Bestand durch Gegenstand
[o] Handschriftlich ersetzt: die durch der
[p] Maschinell ersetzt: Und durch Meint
[q] Handschriftlich eingefügt: Dr.
[r] Maschinell eingefügt: mehr
[s] Handschriftlich ersetzt: folgendes durch folgenden
[t] Maschinell ersetzt: ... durch Ich möchte doch bitten, Herrn
[u] Maschinell durchgestrichen: ich habe
[v] Handschriftlich eingefügt: Dr.
[w] Handschriftlich ersetzt: annehmen durch ansehen
[x] Maschinell durchgestrichen: müssten
[y] Maschinell eingefügt: ist
[z] Handschriftlich ersetzt: uns durch und
[aa] Maschinell ersetzt: ohne durch um
[bb] Maschinell eingefügt: es
[cc] Maschinell ersetzt: Licht durch Glied
[dd] Handschriftlich ersetzt: bezeichnen durch bezeichnet
[ee] Maschinell eingefügt: genommen
[ff] Maschinell ersetzt: mich durch nicht
[gg] Maschinell ersetzt: ihn durch eben
[hh] Maschinell ersetzt: hauptsächlich durch im Augenblick
[ii] Maschinell eingefügt: gepuscht
[jj] Handschriftlich eingefügt: um
[kk] Handschriftlich ersetzt: nach durch ab
[ll] Handschriftlich ersetzt: Sie durch Man
[mm] Maschinell ersetzt: irgendwie durch hat eben
[nn] Handschriftlich ergänzt: wer
[oo] Maschinell eingefügt: „Langen“, d.h.
[pp] Handschriftlich durchgestrichen: der
[qq] Handschriftlich durchgestrichen: daß ich sagen
[rr] Handschriftlich ersetzt: sei durch soll
[ss] Maschinell durchgestrichen: und habe
[tt] Maschinell ersetzt: nämlich durch nicht
[uu] Maschinell eingefügt: den
[vv] Maschinell ersetzt: anwesend durch wieder anwesend
[ww] Maschinell durchgestrichen: V.: Welche Stadt
[xx] Maschinell durchgestrichen: Baader und zum Teil auch Gudrun Ensslin, die haben
[yy] Handschriftlich ersetzt: Weg durch Werk
[zz] Maschinell durchgestrichen: das
[aaa] Maschinell ersetzt: Klappen durch Glocken
[bbb] Maschinell durchgestrichen: hergestellt
[ccc] Handschriftlich ergänzt: rotem
[ddd] Maschinell eingefügt: Holzmehl
[eee] Handschriftlich ersetzt: hat durch haben
[fff] Handschriftlich ersetzt: Zündkerzen durch Zündkapseln
[ggg] Handschriftlich ersetzt: Die durch Es
[hhh] Maschinell ersetzt: Werner durch Bernhard
[iii] Maschinell durchgestrichen: ihn
[jjj] Handschriftlich ersetzt: bezeichneten durch bezeichne in
[kkk] Handschriftlich ersetzt: bekommen durch gekommen
[lll] Maschinell ersetzt: ... durch Ich möchte bitten, dem Zeugen die Frage vorzulegen
[mmm] Maschinell eingefügt: und
[nnn] Maschinell ersetzt: Es durch Dann
[ooo] Maschinell ergänzt: entsteht
[ppp] Handschriftlich ergänzt: befinden
[qqq] Maschinell eingefügt: RA. Geu.: Wahlverteidiger, Herr Vorsitzender.
[rrr] Handschriftlich durchgestrichen: (spricht unverständlich)
[sss] Maschinell ersetzt: auch durch aus
[ttt] Handschriftlich ergänzt: silbermetalliger
[uuu] Maschinell durchgestrichen: wegen
[vvv] Maschinell durchgestrichen: lag
[www] Maschinell durchgestrichen: nach
[xxx] Handschriftlich ersetzt: Ihr durch Ihm
[yyy] Maschinell eingefügt: die
[zzz] Maschinell eingefügt: also
[aaaa] Handschriftlich eingefügt: Dr.
[bbbb] Handschriftlich ersetzt: zu dem durch in den
[cccc] Handschriftlich ersetzt: in durch zu
[dddd] Maschinell durchgestrichten: er
[eeee] Handschriftlich eingefügt: Dr.
[ffff] Maschinell eingefügt: wieder
[gggg] Handschriftlich ergänzt: waren
[hhhh] Handschriftlich ergänzt: aktive
[iiii] Maschinell eingefügt: Reihe
[jjjj] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[kkkk] Handschriftlich ersetzt: den durch im
[llll] Handschriftlich durchgestrichen: der
[mmmm] Handschriftlich ergänzt: Zeitpunkt
[nnnn] Handschriftlich ergänzt: früher
[oooo] Handschriftlich durchgestrichen: am
[pppp] Handschriftlich eingefügt: hat
[qqqq] Handschriftlich eingefügt: hat
[rrrr] Handschriftlich eingefügt: zwischen