167. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 8. Dezember 1976 um 9.03 Uhr



[12867] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 8. Dezember 1976 um 9.03 Uhr

(167. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von Reg. dir. Widera - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

J. Ass. Clemens

J. Ass. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen, Rechtsanwälte Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel und Maixner (als Vertreter von RA Grigat).

Als Zeuge ist anwesend:

KHK Helfried Habekost

Vors.:

Ich benütze gleich den Beginn, darauf hinzuweisen, daß Zeitungsmeldungen angeben, es sei eine Sitzungspause vom 23. bis zum 10. Januar; das trifft nicht zu, das würde die Fristen überschreiten, die hier uns gegeben sind.[2] Es ist in Wirklichkeit auch Sitzung am 31. Dezember vorgesehen und war auch nie anders bestimmt worden. Ich weiß nicht, wie diese Daten überhaupt reinkommen; ich bin aber ausdrücklich gebeten worden, von Seiten der Prozeßbeteiligten, darauf hinzuweisen.

Herr Rechtsanwalt Weidenhammer ist nicht anwesend. Er hat mich gestern außerhalb der Sitzung nochmals abgelehnt,[3] und zwar wegen Maßnahmen, die[a] in der Haftanstalt drüben zur Sicherung durchgeführt werden; Untersuchungsmaßnahmen, für die weder meine Entscheidung notwendig war, noch ich mich zuständig fühlen kann. Der Senat hat diesen Ablehnungsantrag beschieden, und hat die Ablehnung verworfen. Wir werden jetzt Herrn Rechts- [12868] anwalt Weidenhammer zur Kenntnis, wenn er je kommen sollte, dann diesen Beschluß übergeben; nur wenn Herr Rechtsanwalt Weidenhammer kommt, daß er davon Kenntnis erlangt.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann erscheint um 9.05 Uhr im Sitzungsaal.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

Zunächstmal die Feststellung, daß Herr Rechtsanwalt Maixner heute für Herrn Rechtsanwalt Grigat erschienen ist; ist genehmigt.

Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA Kün[zel]:

Für Herrn Rechtsanwalt Eggler kommt Herr Rechtsanwalt Dr. Augst.

Vors.:

Für Herrn Rechtsanwalt Eggler wird Herr Rechtsanwalt Augst die Vertretung übernehmen; wird auch genehmigt.

Ist bekannt, was mit Herrn Rechtsanwalt Schily ist heute?

RA Dr. He[ldmann]:

Ist nebenan, er kommt sofort.

Vors.:

Kommt sofort, danke.

Sie wollten das Wort ergreifen oder war das das, was zu sagen war?

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, ich bitte ums Wort.

Vors.:

Bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe vor[b] der heutigen Hauptverhandlung ein unaufschiebbares Gespräch mit meinem Mandanten zu führen. Als ich ihn heute früh in der Justizvollzugsanstalt aufsuchen wollte, hat mich der Justizbeamte Götz in Gegenwart eines weiteren Anstaltsbeamten aufgefordert, über die hier üblich gewordenen Durchsuchungen und Untersuchungen hinaus, 1. meine Schuhe auszuziehen, 2. meine Hose zu öffnen. Auf meine Frage nach dem Erfinder dieser Zumutung gab er die Anstaltsleitung an. Meine weitere Frage, ob der Vorsitzende Richter Dr. Prinzing von dieser neuen Untersuchungsmethode gegenüber Verteidigern wisse, hat er bejaht.

Vors.:

Ja, durch einen Ablehnungsantrag habe ich es erfahren. Ich habe es gerade bekanntgegeben; Sie waren noch nicht da. Ich habe mit den Maßnahmen nichts zu tun, das habe ich gestern schon erklärt. Aber ich werde Ihnen dann Antwort geben, wieso das zustande kam.

RA Dr. He[ldmann]:

Selbstverständlich bin ich nicht bereit, als Verteidiger meine Schuhe auszuziehen und meine Hose zu öffnen, [12869] ehe ich meinen Mandanten sprechen darf. Darum fordere ich den Senat auf, sogleich das Ausmaß von Belästigungen der Verteidiger wenigstens auf denjenigen Standard von Unzumutbarkeiten zurückführen zu lassen, welche in den vergangenen 1 ½ Jahren hier zur schlechten Übung geworden ist.

Rechtsanwalt Schily erscheint um 9.07 Uhr im Sitzungssaal.

RA Dr. He[ldmann]:

Ferner beantrage ich, alsdann die Hauptverhandlung so lange zu unterbrechen, bis ich die vor Sitzungsbeginn mir verwehrte unaufschiebbare Mandantenbesprechung haben konnte, und selbstverständlich ohne vorangegangene Entkleidungen.

Vors.:

Nun will ich Ihnen zu diesem Punkte - ich habe Sie sprechen lassen, obwohl es an sich nicht zur Hauptverhandlung gehört - auch erschöpfende Auskunft geben.

Gestern nachmittag kam ich zur Geschäftsstelle, sah dort Herrn Rechtsanwalt Weidenhammer beim Diktat eines weiteren, - des zweiten - Ablehnungsgesuches dieses Tages gegen mich. Ich habe ihn nicht davon abgehalten und[c] habe ihm gesagt, das sei seine Sache, um was es denn[d] ginge. Er hat mir dann diese Umstände, die Sie soeben erwähnen, auch mitgeteilt. Ich sagte ihm darauf, das seien Maßnahmen der Anstaltsleitung, mit denen der Haftrichter nichts zu tun hätte. Ich hätte auch von der Sache nichts gewußt.

Rechtsanwalt Dr. Augst (als Vertreter von RA Eggler) erscheint um 9.08 Uhr im Sitzungssaal.

Ich sei weder gehört worden, noch hätte ich in dieser Richtung irgendetwas angeordnet. Meiner Meinung nach richte sich also das Ablehnungsgesuch gegen einen, der mit der Sache nichts zu tun habe. Wenn er eine juristisch wirkungsvollere Maßnahme betreiben wolle, so wäre ihm allenfalls zu empfehlen, sich dagegen zu beschweren, wobei ich nicht aus dem Stegreif beantworten könnte, wer dafür zuständig ist; ob die Aufsichtsbehörde für die Anstaltsleitung, nämlich das Justizministerium, oder der Haftrichter, der ja auch im Wege der Maßnahmen der Untersuchungshaft zuständig sein könnte.[4] Herr Rechtsanwalt Weidenhammer hat daraufhin „höchst vorsorglich“, wie er bemerkt hat, zu dem Ablehnungsgesuch, [12870] das er trotzdem gestellt hat, trotz meiner Aufklärung, noch geschrieben, er lege Beschwerde ein gegen diese Maßnahmen. Und das hat den Senat veranlaßt, bei der Haftanstalt anzufragen, was denn dazu geführt hat, daß diese Maßnahmen jetzt neuerdings angeordnet worden sind. Und dazu kann ich Ihnen folgende Aufklärung geben: Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Festnahme des ehemaligen Rechtsanwalts Haag[5] haben ja dazu geführt, daß auch Lichtbilder ins Gespräch gekommen sind, die Details aus der Haftanstalt wiedergeben. Daraus war es nicht allzu schwer zu schließen, daß den Untersuchungsgefangenen möglicherweise oder sonst irgendjemand, der bei ihnen gewesen ist, ein Fotoapparat zur Verfügung gestanden haben muß, um diese Bilder herzustellen. Das hat sich bestätigt. Inzwischen hat die Strafgefangene Schubert[6] mitgeteilt, in einem von ihr selbst abgefaßten und unterschriebenen Schreiben, sie habe sich eine Kamera beschafft gehabt - legal - und habe die nach Stuttgart-Stammheim bei der Verlegung mitgebracht, sie sei nicht versteckt gewesen. Damit habe man diese Fotografien hergestellt. Und jetzt heißt der Satz wörtlich: „Danach habe ich Kamera und Filme rausgegeben. Die Möglichkeiten[e], die dazu zur Verfügung stehen, sind der Anstaltsleitung bekannt: Privat- und Anwaltsbesuche“. Und die Privatbesuche werden restlos überwacht. Das heißt, es könnte bei einem Privatbesuch - nach menschlichem Ermessen - ein Fotoapparat nicht übergeben werden, ohne daß das[f] dem Überwachungsbeamten auffällt. Es bleibt somit - nach menschlichem Ermessen - mit aller Vorsicht gesprochen, übrig, daß der Fotoapparat mit den belichteten Aufnahmen durch Anwaltsbesuche herausgebracht[g] werden muß; nach ausdrücklichen Ausführungen von Frau Schubert. Und nun sagt die Anstaltsleitung folgendes dazu: Sie müsse nun in konsequenter Anwendung der bisherigen Sicherheitsmaßnahmen die eben strenger durchführen. Es sei überhaupt keine Erweiterung der bisher angeordneten Sicherheitsmaßnahmen; man habe die nur bisher etwas großzügiger gehandhabt. Wenn das Metallsuchgerät anspricht, dann müsse die Quelle festgestellt werden. Wenn nun ein Besucher oder ein Anwalt an der Kleidung Metallteile trägt, sei es die Gürtelschnalle, sei es ein Reißverschluß aus Metall, dann spricht dieses Gerät an und dann muß die Quelle festgestellt werden. Es muß sichergestellt werden, daß es tatsächlich [12871] nur dieses Metallteil, das an der Kleidung etwa enthalten ist, die den Anschlag des Metallsuchgeräts bedingt hat. Und dazu fordert, nach den Erfahrungen, die hier Frau Schubert bekanntgegeben hat, die Anstaltsleitung inzwischen, daß hier die Besucher oder Anwälte durch Öffnen der Kleidung diesen Nachweis erbringen, sonst sei Schmuggeln von Metallgegenständen überhaupt nicht zu[h] kontrollieren; denn man habe zwar dann einen Anschlag des Metallsuchgeräts, aber man kenne die Quelle nicht. Und das sei nicht mehr zu verantworten, nachdem Frau Schubert das mitgeteilt hat. Ich betrachte das, was Sie vorgetragen haben, als eine zusätzliche Beschwerde im Sinne der Untersuchungshaftsvollzugsordnung, die Ihnen zusteht. Über diese Beschwerde kann ich natürlich nicht hier am Tisch entscheiden. Ich möchte ganz kurz mit den Kollegen Rücksprache nehmen wegen Ihres Antrags, die Hauptverhandlung jetzt für kurze Zeit zu unterbrechen, damit Sie Ihr Gespräch mit dem Mandanten durchführen können. Dabei möchte ich Sie allerdings darauf[i] hinweisen, Sie hätten es durchführen können, denn bei Kenntnis dieser Umstände werden Sie vielleicht die Sicherheitsmaßnahmen, die die Haftanstalt jetzt gegenwärtig verlangt, nicht mehr so verblüffend finden, wie das vielleicht heute früh bei Ihnen gewesen sein mag, nachdem Sie in den letzten Tagen ja hier nicht gewesen sind, trotzdem Sitzung war.

Bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Erlauben Sie mir ganz wenige und[j] kurze Anmerkungen zu dem, was Sie mir erwidert haben. Festnahme Haag, Bilderproduktion, ich weiß nicht wo, welche Bilder, was für Bilder und von wem. Ich habe weder mit dem einen noch mit dem anderen etwas zu tun. Ich habe auch Frau Schubert keinen Besuch abgestattet. Es ist auch nicht mein Problem, darüber nachzusinnen, ob hier Beschwerde zu erheben sei und an wen sie zu richten sei. Ich wiederhole aber meine Aufforderung an dieses Gericht mir das unaufschiebbare Mandantengespräch, das ich heute vergeblich versucht habe, rechtzeitig vor Beginn dieser Hauptverhandlung zu ermöglichen, und zwar vor Eintritt in die heutige Sitzung, und zwar ohne die geschilderten Belästigungen, und verzeihen Sie noch die Schlußbemerkung: Ihre Meinung, ich hätte diesen Mandantenbesuch [12872] ja haben können, hätte ich nun Schuhe und Hose ausgezogen, ist ja wohl eine Fortsetzung der Zumutung, die ich soeben da drüben erfahren habe.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie pflegen, das habe ich gelegentlich festgestellt, schon die Dinge etwas einseitig zu sehen; Sie erklären halt schlicht: Es ist nicht mein Problem, aber es ist das Problem der Haftanstalt ...

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, es ist das ...

Vors.:

... des Anstaltsleiters; das ist sein Problem, nachdem ganz eklatant ist, daß ein Fotoapparat, mit dem Bilder gemacht worden sind, herausgeschmuggelt worden ist, nachdem auf diese Weise auch geklärt ist, daß auch andere Gegenstände raus- oder reinkommen können; denn wenn sie rauskommen können, dann könnten sie auch reinkommen und ...

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Nein, darf ich noch[k] dazu sagen: Ich akzeptiere selbstverständlich, daß Sie Frau Schubert nicht besucht haben. Aber es ist nun so, daß eine Umschlußregelung besteht, die selbstverständlich die Möglichkeit gibt, daß auch innerhalb der Gruppe, die zusammenkommt, Gegenstände ausgetauscht werden; und das ist eben die Konsequenz daraus, daß deswegen die Sicherungsmaßnahmen, die wir auch für sehr bedauerlich halten, - aber im Augenblick kann ich also nicht sagen, daß darüber jetzt schon eine definitive Entscheidung zu fällen wäre, daß sie nicht statthaft wären -, daß solche Maßnahmen eben ganz allgemein auf den Kreis, der Kontakt hat, ausgedehnt werden müssen. Das muß man doch eigentlich einsehen.

Und Sie sollen nicht die Hose ausziehen und[l] die Schuhe, sondern Sie sollen eben nachweisen - ich weiß nicht, wie das im Einzelnen geschieht -, daß tatsächlich nur etwa der Reißverschluß an der Hose das Anschlagen des Metallsuchgerätes verursacht. Mehr will man doch nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Hose öffnen.

Vors.:

Ja, sicher - nicht ausziehen - sonst könnten Sie doch jederzeit unter der Hose etwas tragen, was dieses Piepsen des Gerätes verursacht. Aber ...

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das habe ich ja ...

RA Schi[ly]:

... nicht eigentlich allmählich, wie Sie[m] eine solche ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das habe ich ja 1 ½ Jahre lang getan.

[12873] Vors.:

Ich darf bitten, Herr Rechtsanwalt Schily, wir haben es in ruhigen Ton bisher besprochen, nicht mit „allmählich ...“ sagen Sie es auch sachlich. Ich habe Ihnen gesagt, ich hatte mit den Maßnahmen bisher nichts zu tun, mit Ausnahme - durch einen Ablehnungsantrag bin ich mit der Sache konfrontiert worden.

RA Schi[ly]:

Aber die Logik, Herr Vorsitzender, ist nicht auf Ihrer Seite. Es wird Ihnen doch bekannt sein, daß, also wenn Sie das jetzt begründen mit einem Heraustransportieren eines ...

Vors.:

Ich begründe nicht[n], die Anstalt.

RA Schi[ly]:

Doch, doch, doch, Sie haben das[o] doch selber auch als verständlich bezeichnet, nicht wahr ...

Vors.:

Ich habe gesagt ...

RA Schi[ly]:

... dann wird Ihnen ja bekannt sein, daß schon die Logik eher dagegen spricht, denn bisher ist noch nie jemand beim Verlassen[p] des Gefängnisses mit einem Metallsuchgerät; also die Behauptung, es würde jetzt wegen irgendeines Fotoapparates notwendig sein, die Hosen zu öffnen, da ist die Logik schon absurd. Und wo wollen Sie denn aufhalten, nicht wahr, dann kommen wir vielleicht wieder zu der früheren Zumutung, die ja auch schon mal an einen Verteidiger gestellt worden sein soll, einer rektalen Untersuchung, nicht, das ist dann vielleicht das nächste. Dann kann man auch sagen, naja, Sie müssen ja Verständnis dafür haben, es ist von irgendeinem Gefangenen die Behauptung aufgestellt worden, es sei das und das, hätte stattgefunden, und nun müssen sich alle Verteidiger einer rektalen Untersuchung; wenn Sie das für richtig halten. Die Verteidigung ...

Vors.:

Das hat ja niemand behauptet; bleiben Sie doch bei der Sache, Herr Rechtsanwalt.

RA Schi[ly]:

... hält das nicht für richtig. Und wenn Sie auf diese Weise verhindern, daß wir Mandantengespräche führen können, ich meine, mir sind diese Prozeduren gestern nicht zugemutet worden - das darf ich ausdrücklich betonen, zur Vervollständigung des Bildes - das hat man also mit dem jungen Kollegen Weidenhammer hier veranstalten wollen, und nun neuerdings auch mit dem Kollegen Dr. Heldmann. Wenn mir das zugemutet wird, dann werde ich sagen, da ist die Verteidigung, wie soll dann noch verteidigt werden, wenn wir nicht mal mehr in die Haftanstalt können, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, nur ein Hinweis: Wenn das Gerät anspricht, [12874] muß die Quelle festgestellt werden können, nach den jetzigen Erfahrungen. Wenn ein Anwalt tatsächlich, wie hier Frau Schubert es als sehr naheliegende Möglichkeit andeutet, bereit ist, etwas herauszunehmen, was nicht der Zensur zugeführt wird, dann sind das mögliche Konsequenzen, über die ich erst[q] entscheiden muß, ob ich da irgendetwas dazu zu sagen habe; grundsätzlich scheint mir das eine Sache zu sein, die[r] das Ministerium angeht und nicht den Haftrichter.[7]

Wir werden jetzt über die Frage, ob unterbrochen werden soll zwecks Durchführung eines Mandantengespräches, uns kurz[s] entscheiden. Will sich die Bundesanwaltschaft dazu äußern?

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Der Bundesgerichtshof hat schon in einer Entscheidung vom Juli 1973[8] die Durchsuchung von Verteidigern grundsätzlich für rechtens erklärt. Ich sehe nicht, daß die jetzt praktizierte Durchsuchungsmaßnahme, angesichts des Anlasses, der dazu geführt hat, bereits ein erträgliches oder vertretbares Maß überschreitet. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß vier Anwälte bzw. frühere Anwälte, nämlich Mahler[9], Becker[10], Haag und Lang[11] nicht unerheblich in die Straftaten der Angeklagten verstrickt sind. Der Unterbrechungsantrag erscheint deshalb nicht begründet.

Ich beantrage, ihn zurückzuweisen.

Vors.:

Ich bitte um ¼ Stunde, dann werden wir uns hier wiedertreffen.

Pause von 9.20 Uhr bis 9.44 Uhr

In dieser Pause wird RA Weidenhammer die Entscheidung über seinen Ablehnungsantrag vom 7. Dez. 1976 zur Kenntnisnahme vorgelegt.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 9.44 Uhr ist der Zeuge KHK Habekost nicht mehr anwesend.

RA Weidenhammer ist nun auch anwesend.

Vors.:

Wir sind zu folgendem Ergebnis gekommen:

Die Rechtsfrage ist nicht entschieden. Der Senat wird hier noch eine Entscheidung zu treffen haben.

[12875] Mit Rücksicht darauf, daß einerseits die Rechtsfrage nicht entschieden ist, andererseits Herr Rechtsanwalt Heldmann glaubhaft angibt, er habe ein[t] unaufschiebbares Mandantengespräch durchzuführen - denn Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann war in den vergangenen Tagen sicherlich nicht sprechbar für die Untersuchungsgefangenen, da er nicht hier geweilt hat -, will der Senat eine Pause einlegen bis um 10.30 Uhr. 10.30 Uhr wird die Verhandlung fortgesetzt. Die Haftanstalt ist auf die Besonderheit dieses Falles hingewiesen worden. Und ich hoffe, daß die Haftanstalt, obwohl sie in eigener Zuständigkeit weitgehend über diese Fragen zu befinden hat, die Besuche oder den Besuch ermöglicht ohne Komplikationen.

10.30 Uhr Fortsetzung.

Pause von 9.45 Uhr bis 10.32 Uhr.

Ende Band 762.

[12876] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.32 Uhr.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie haben um 9.46 Uhr Pause verfügt bis 10.30 Uhr.

Ich bin unverzüglich in die Vollzugsanstalt, war also eine gute Minute später drüben. Derselbe Herr Götz sagt:

1. Wenn ich meinen Mandanten dort sprechen will, werde ich die Untersuchungen - also Schuhe aus und Hose auf - über mich ergehen lassen müssen;

2. im übrigen sollte ich warten - da ich das nicht wollte, wie er weiß, daß ich’s nicht will; die Mandanten kämen herüber.

Das war 9.47 Uhr bis 9.48 Uhr.

Mein Mandant hat um 10.08 Uhr die JVA verlassen. Ich habe ihn 10.10 Uhr bis 10.11 Uhr hier erstmals heute gesehen.

Zu der Sache stelle ich fest:

1. An dem Unrechtszustand der abgenötigten Verteidigerentblößung hat sich nichts geändert - ich finde das nun so lustig wirklich nicht.

Vors.:

Ach, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie haben eine Beschwerde eingelegt; der Senat wird drüber entscheiden. Sie sollten als Jurist zuwarten, wie entschieden ist, dann könnten Sie vielleicht noch das ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe ...

Vors.:

Aber Sie müssen’s doch jetzt nicht in dieser Form gleich wieder qualifizieren.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe keine Beschwerde eingelegt.

Vors.:

Doch. Vorhin.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich erwarte es als eine Selbstverständlichkeit, daß ohne eine solche unzumutbare Schikane der Verteidiger Zutritt zu seinen Mandanten hat.

Vors.:

Was wollen Sie jetzt, bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

2. stelle ich fest, daß infolge dieses erneuten Nötigungsversuchs die von Ihnen vorgesehene Sprechzeit von einer Dreiviertelstunde durch die Pause reduziert worden ist auf knapp nicht einmal 20 Minuten - weniger also als die Hälfte.

[12877] 3. Ich bestehe auf der sofortigen Aufhebung dieser neuen Verteidigerschikanierung; und

4. setze ich jetzt mein Mandantengespräch fort.

Vors.:

Ich darf Sie noch auf folgendes hinweisen:

Ich bin von der Haftanstalt vorhin drauf angesprochen worden, daß in der Tat Verzögerungen eingetreten sind. Sie sind weitgehend darin zu suchen - nach Mitteilung der Haftanstalt; ich teil’s Ihnen nur mit; ich hab’s nicht weiter überprüft -, daß Herr Baader nach der Mitteilung, er wolle hier rüberkommen, noch eine Viertelstunde lang in seinen Unterlagen nachgesucht hat, die er offenbar mitbringen will. Es lag also an Herrn Baader, daß sich diese Möglichkeit, mit Ihnen zusammenzutreffen, um diese Zeit verschoben hat.

Wenn Sie glauben, jetzt das Mandantengespräch fortsetzen zu müssen, tun Sie das.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, das tu ich.

Vors.:

Aber Sie wissen, daß Ihre Pflicht Sie hierhalten müßte.[12]

RA Dr. He[ldmann]:

Und Ihre Pflicht, Herr Vorsitzender, ist, dem Verteidiger ohne solche üblen Schikanen den Zutritt zum Gefangenen zu gestatten, zu ermöglichen.

Vors.:

Und ich darf Ihnen dazu sagen: Ich habe Sie weder übel schikaniert, noch kann man wohl eine solch scharfe Qualifizierung, auch wenn noch nicht drüber entschieden ist, auf einen Zustand anwenden, der begründet worden ist durch die Mitteilung einer Untersuchungsgefangenen: Die Wege kenne man ja, wie man aus der Haftanstalt Dinge herausbringen könne, nämlich Besuche von Privatleuten, die ausscheiden, weil sie überwacht sind, oder Anwälte.

RA Dr. He[ldmann]:

Damit habe ich nichts zu tun.

Vors.:

Das mag sein; aber die Haftanstalt hat das Problem vor sich, und es geht der Haftanstalt darum, dieses Problem zu lösen. Ob Sie persönlich etwas damit zu tun haben oder nicht, es sind jedenfalls Anwälte angesprochen worden.

Ich habe Ihnen gesagt, Ihre Pflicht ist, hierzubleiben. Sie sind Pflichtverteidiger.[13] Wir haben Sie ja nachdrücklich drauf hingewiesen in einem Schreiben, das Ihnen jüngst zugegangen ist. Ich kann Sie aber nicht halten, wenn Sie glauben gehen zu müssen. Ihre Pflicht ist damit verletzt.

Die Zeugen KHK Habekost und Heinrich Collisi erscheinen um 10.37 Uhr im Sitzungssaal.

[12878] RA Dr. He[ldmann]:

Ihre Pflicht ist, solche unzumutbaren Schikanen von Verteidigern unverzüglich abzustellen.

Vors.:

Ich bitte Sie jetzt, nicht weiterhin zu stören.

RA Dr. Heldmann verläßt daraufhin um 10.37 Uhr den Sitzungssaal.

Wir haben jetzt beide Zeugen da - ich danke Ihnen schön.

Herr Habekost, Sie sind gekommen, obwohl Sie mit der Gesundheit wohl noch zu tun haben.

Es taucht jetzt die Frage auf, ob es möglich wäre, Herrn Collisi vorzuziehen, da ich vermute, daß die Vernehmung von Herrn Collisi nicht sehr lange in Anspruch nehmen würde; im Gegensatz - bei Ihnen könnte es sein, daß sich’s etwas ausdehnt.

Läßt sich das mit Ihrem Gesundheitszustand vereinbaren?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja.

Vors.:

Dann darf ich die Belehrung für beide Herrn vornehmen.

Die Zeugen KHK Habekost und Heinrich Collisi werden gemäß § 57 StPO[14] belehrt.

Die Zeugen erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[15]

Der Zeuge KHK Habekost wird um 10.38 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Collisi macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Co[llisi]:

Heinrich Collisi, 69, Rentner,

Kaiserslautern, [Anschrift];

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Wir haben Sie geladen auf Antrag der Verteidigung. Die Verteidigung stellt in Ihr Wissen, daß Sie bestimmte Beobachtungen bei einem Banküberfall gemacht haben, der vor der Bayrischen Hypo-Bank in Kaiserslautern am 22.12. d. J. 1971 stattgefunden hat.

Trifft das zu?

Zeuge Co[llisi]:

Ja.

[12879] Vors.:

Es dreht sich hier ganz besonders um die Person, die einen VW-Bus gefahren hat.[16] Zunächst die Frage:

Haben Sie diesen einen VW-Bus, der aufgefallen ist im Zusammenhang mit dieser Tat, beobachten können?

Zeuge Co[llisi]:

Ja.

Vors.:

Welche Farbe hatte der Bus?

Zeuge Co[llisi]:

Der Bus hatte eine rote Farbe.

Vors.:

Dann sprechen wir vermutlich vom nämlichen Bus, der bisher immer besprochen worden ist.

Wenn Sie nun schildern wollen, was Sie zu der Person dieses Fahrers sagen können.

Zeuge Co[llisi]:

Zu der Person dieses Fahrers könnte ich in dem Moment, wo er an mir vorbeigefahren ist, nichts sagen. Das waren nur Sekunden. Aber wie nach einigen Wochen die Flugblätter erschienen sind, auf denen die Köpfe dieser Anarchisten oder Terroristen - wie man’s nennen mag - aufgezeichnet sind, da ist mir aufgefallen, daß nach dem Bild Nr. 5 dieses der Fahrer gewesen sein könnte, denn so in etwa hat er auf mich herabgeschaut, wie ich den Fahrer angeschaut hatte, als er an mir vorbeigefahren ist. Also zum Zeitpunkt, am Tag des Überfalles konnte ich mir praktisch kein Bild von dem Fahrer machen. Dem Aussehen nach - das waren ja nur Sekunden - scheint’s ein männlicher Fahrer gewesen zu sein; und nachdem, wie gesagt, die Flugblätter erschienen sind, wo diese 27 Köpfe, glaube ich, darauf waren, da war mir aufgefallen: Das Bild Nr. 5, so in etwa könnte der Fahrer auf mich geschaut haben, wie ich da stand und hab in die Höhe geschaut[u].

Vors.:

Wenn Sie nun[v] noch im Zusammenhang schildern wollen, in welcher Position Sie waren?

Zeuge Co[llisi]:

Es war folgendermaßen:

Ich hab mein Fahrzeug aus der Garage gefahren - unsere Garage, die war[w], die Verhältnisse in Kaiserslautern kennen Sie ja wahrscheinlich nicht, in der Wagnerstraße, Ecke Löwenstraße; - fuhr mein Fahrzeug raus und stellte es so bis kurz vor den Bordstein. Und da gewahre ich so im Rücken ein starkes Motorengeräusch und dachte noch: Na, was für ein Idiot kommt denn heute früh so schon die Löwengasse runtergebrummt, so richtig hochgezüchtet und bin nicht mehr weitergefahren; hab gestoppt und hab da mal ge- [12880] guckt - das macht man als passionierter Autofahrer wer da am Steuer sitzt, und so habe ich mir eben diese Geschichte angeschaut.

Vors.:

Haben Sie nun die betreffende Person von vorne gesehen oder von der Seite?

Zeuge Co[llisi]:

Wenn ich das so erklären darf: Er saß so am Steuer auf der linken Seite und ich in meinem Wagen und konnte durch die Windschutzscheibe so hochschauen. Die Situation war so: Vielleicht 10 m von der Kurve weg ist er schon um die Ecke gefahren und hat so runtergeschaut. Wahrscheinlich war er sich nicht klar: Bleib ich stehen oder fahr ich weiter.

Vors.:

Also er saß erhaben; höher als. Sie ...

Zeuge Co[llisi]:

Er saß höher.

Vors.:

... und guckte auf Sie runter. Sie selbst saßen auch in einem Fahrzeug?

Zeuge Co[llisi]:

... in meinem Karawan eben, im Fahrzeug und hab mir das dann so von unten angeschaut, wer da vorbeifährt. Und das ist so schnell gegangen - das sind ja nur Sekunden, die haben ’nen schönen Zahn draufgehabt, so daß ich mir praktisch gar kein Bild machen konnte: Hat er ’nen Schnurrbart oder war er rasiert oder sonst irgendwas.

Nur muß ich nochmals betonen: Wie [x] später diese 27 Köpfe erschienen sind - die hab ich mir genau angeschaut, und da dachte ich: Guck mal, so wie der da guckt, so in etwa hat der Fahrer auf mich geschaut, so daß er das gewesen sein könnte, will ich betonen: könnte.

Vors.:

Hatten Sie damals am Steuer volle Sehkraft?

Zeuge Co[llisi]:

Ja, ja.

Vors.:

Wie geht das, Herr Collisi, wenn man durch den, unmittelbaren Vorgang kein Bild gewinnt, wie Sie sagen, eben wegen der Schnelligkeit des Vorgangs, wie kann man dann später rekonstruieren und sagen: Ja jetzt vervollständigt sich das Bild. Wir wollen das nur mal klären, wie das bei Ihnen dann ...

Zeuge Co[llisi]:

Also den Blick, wie der auf mich herabgeschaut hat, den hab ich immer noch im Gedächtnis gehabt, verstehen Sie richtig. Den Blick, so wie er auf mich herabgeschaut hat. Man hat nicht gewußt: Fährt der jetzt weiter oder bleibt er da stehen, ja? Es geht ja jedem Fahrer so.

[12881] Vors.:

Wenn man Sie unmittelbar nach dem Vorgang gefragt hätte nach dem Fahrer, wären Sie imstande gewesen - nach der Person -, wären Sie imstande gewesen, eine Beschreibung abzugeben?

Zeuge Co[llisi]:

Nee. Das hab ich auch bei meiner ersten Vernehmung gesagt, daß ich leider nicht in der Lage bin, eine genaue Beschreibung der Person abzugeben.

Vors.:

Hätten Sie z. B. sagen können, ob diese Person ein Mann oder ’ne Frau, weiblichen oder männlichen Geschlechts ist?

Zeuge Co[llisi]:

Also der Eindruck war für mich, daß es ein Mann war; also weibliche Züge[y] konnte ich nicht feststellen.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche markanten Einzelheiten noch im Gedächtnis behalten, immer ausgehend von der ersten Beobachtung? Sie dürfen jetzt nicht evtl. in den Fehler verfallen, anhand der später gesehenen Bilder uns eine Beschreibung zu geben, sondern versuchen Sie, nur das wiederzugeben, was Ihnen damals am Steuer Ihres Karawans aufgefallen ist.

Zeuge Co[llisi]:

Mir ist von dem Zeitpunkt, wo das Fahrzeug am Tag des Überfalls an mir vorbeigefahren ist, da hat mir ... wochenlang hat mir das Gesicht und dieser ganze Vorfall vorgeschwebt.

Vors.:

Ja. Und was waren das für markante Einzelheiten?

Sie sagten jetzt, wie er Sie angeguckt hat - das kann man sich sehr wohl merken.

Zeuge Co[llisi]:

Das war der Blick.

Vors.:

Und ist Ihnen sonst noch was, außer dem Blick, also die Augen vielleicht, Haarfarbe, Nase, Bartträger, Brillenträger oder sonst irgendwas ...?

Zeuge Co[llisi]:

Nichts. Da drin könnte ich nicht sagen, daß er ’nen Schnurrbart getragen hätte, er wäre unrasiert gewesen oder ein Brillenträger. Es war ja nur ein ... - Sie müssen denken, in einem überhöhten Tempo sind die gekommen um die Ecke rum und an mir vorbei. Aber für mich war es maßgebend, zu sehen, wer sitzt denn da am Steuer und brummt heute früh schon so in der Gegend rum.

Vors.:

Ist es richtig, Herr Collisi, daß Sie bald nach diesem Geschehnis von der Polizei mal angerufen worden sind?

Zeuge Co[llisi]:

Ja, der Kriminalbeamte hat mich im Lauf des Vormittags angerufen.

[12882] Vors.:

Wissen Sie noch, ob er damals auch gefragt hat, ob Sie Personen erkannt haben und was, wenn das gefragt worden sein sollte, Sie darauf geantwortet haben?

Zeuge Co[llisi]:

Er hat mich gefragt, ob ich eine Beschreibung des Fahrers geben könnte, und da habe ich gesagt: Leider nicht; das ist so schnell gegangen, daß ich ihm keine markanten Einzelheiten sagen kann.

Vors.:

Es liegt hier eine Notiz vor, die stammt vom 30.12.1971

- Bl. 258 des Ordners 43; Kaiserslautern -

und hier heißt es folgendermaßen - das möchte ich Ihnen vorhalten und dann eine Frage dran knüpfen:

„Ihm

- also Ihnen -

ist ebenfalls der rote VW-Bus aufgefallen.

Personen, insbesondere den Fahrer des roten VW-Busses, sah Herr Collisi nicht.“

Das hat also der Polizeibeamte damals als Inhalt des Gesprächs mit Ihnen festgehalten.

Was können Sie dazu sagen?

Zeuge Co[llisi]:

Ja, das hat er vielleicht nicht richtig formuliert. Es ist mir ja gestern auch gesagt worden, daß ich bei der ersten Aussage angegeben habe, daß ich den Fahrer ... daß ich keine Beschreibung über den Fahrer geben kann. Vielleicht hat er’s ... Das war auch wahrscheinlich damit gemeint.

Vors.:

Also Sie meinten damit, wenn ich’s richtig verstehe, nicht, daß Sie niemand gesehen haben sondern nur, daß Sie ihn nicht genau genug gesehen haben, um ihn beschreiben zu können.

Zeuge Co[llisi]:

So in etwa: ... nicht genau genug gesehen habe, ja.

Vors.:

Sie sagten grade, gestrige Vernehmung? Da spielen Sie wohl an auf die [z] in Kaiserslautern[17] gestern in der Hauptverhandlung durchgeführte Zeugenvernehmung?

Zeuge Co[llisi]:

Ja, gestern.

Vors.:

Es ist in den Akten vermerkt, daß Sie später einigen Personen gegenübergestellt worden sein sollen. Ist das richtig?

Zeuge Co[llisi]:

Ja.

[12883] Vors.:

Was hat dazu nun geführt? Denn ursprünglich hatten Sie ja angegeben, Sie könnten den Fahrer nicht beschreiben. Nun kam’s doch dazu, daß Sie zur Gegenüberstellung geholt wurden.

Zeuge Co[llisi]:

Ich bin dann nach Zweibrücken beordert worden, um die Täter evtl. zu ermitteln, und das war ja, nachdem die Bilder in der Zeitung waren; und da habe ich aufgrund dieses Bildes, von welchem ich immer [aa] gesprochen habe, mir rekonstruiert[bb], das könnte er unter Umständen gewesen sein.

Aber wenn ich hier erwähnen darf: Die Art der Vorführung von den Leuten, und die Zeugen sollen dort vielleicht jemand erkennen, finde ich nicht richtig. Die gebärden sich ja so, daß Sie sich praktisch gar kein Bild über einen Gesichtsausdruck machen können.

Vors.:

Nun, man kann sie nicht wie ein Paket verschnürt reintragen, sondern man muß die Leute schon versuchen, als lebendige Personen durchzugeben.

Herr Collisi, Sie sagten grade: Aufgrund der Bilder, die inzwischen erschienen seien, hätten Sie bei der Gegenüberstellung dann gesagt, der könnt’s gewesen sein.

Jetzt Frage:

Wenn Sie den Eindruck bei der Gegenüberstellung gewonnen haben, es könnte eine bestimmte Person gewesen sein, haben Sie da zurückgegriffen auf das Bild, das Sie damals noch im Kopfe hatten, wie der Mann auf Sie runterguckt? Oder könnte es sein, daß die Bilder, die Sie gesehen haben, die Grundlage für Ihre Mitteilung waren: Der könnt’s gewesen sein?

Zeuge Co[llisi]:

Ich hab ja gesagt, ich hab mich dann auf das Bild Nr. 5 gestützt, hab mir das gemerkt, und so in etwa war der bei der Vorführung auch. Aber wie gesagt, man kann ja bei dieser Vorführung - die haben sich ja so gebärdet - sich kein richtiges Bild machen.

Vors.:

Jedenfalls, glaube ich, kann man zusammenfassen - ich frage Sie, ob das richtig ist: Sie sind der Meinung, es war ein Mann?

Zeuge Co[llisi]:

Ich bin der Meinung, es war ein Mann.

Vors.:

Und bei der Gegenüberstellung hat sich’s auch um männliche Personen gehandelt?

Zeuge Co[llisi]:

Ja, es war eine männliche Person.

[12884] Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Herr B. Anw. Zeis.

OStA Zeis:

Herr Collisi, wie weit war denn der Ort, an dem Sie die Person gesehen haben, von der Bank etwa entfernt?

Zeuge Co[llisi]:

In Zweibrücken?

OStA Zeis:

Nein, nein.

Zeuge Co[llisi]:

Oder am Tag der Fahrt[cc]?

Na, da nehmen Sie mal in etwa die Höhe vom Sitz aus ...

OStA Zeis:

Nein, nein, Herr Collisi, Sie haben mich mißverstanden.

Sie haben doch vorhin auf Frage des Herrn Vorsitzenden gesagt, Sie hätten an irgendwelcher Kreuzung oder Ecke diesen Fahrer für wenige Sekunden, diesen Fahrer des VW-Busses, gesehen.

Jetzt meine Frage:

Wie weit war dieser Ort von der Bank entfernt?

Zeuge Co[llisi]:

Ach so, diese ...

OStA Zeis:

... überfallene Bank?

Zeuge Co[llisi]:

Ach, von der Überfallbank? Von der Hypo-Bank?

OStA Zeis:

Ja.

Zeuge Co[llisi]:

Ach so. Moment mal: Das dürften gewesen sein 30, 60 - ich will die Wahl haben ca. 60, 70 m. Wenn ich mir das so rekonstruiere von der Ecke bis an die Löwengasse ca. 30 m und darunter 30 m - ich will mich nicht festlegen: 60, 70 m, um dieses Maß herum.

OStA Zeis:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Bitte sehr, Herr B. Anw. Holland.

OStA Ho[lland]:

Eine Frage noch, Herr Vorsitzender, und zwar folgendes, Herr Collisi:

Wie sind dann von Ihrem damaligen Standpunkt aus gesehen die örtlichen Verhältnisse? Konnten Sie von Ihrem damaligen Standpunkt aus die Bank, die dann überfallen worden war, selbst sehen, oder sind da etwa noch Ecken oder ...?

Zeuge Co[llisi]:

Nein. Sie müssen sich das so vorstellen:

Vor unserer Garagenausfahrt war ein Parkplatz, und dieser Parkplatz war an dem fraglichen Vormittag ziemlich leer. Und die [12885] Bank ist in der Ecke hier; das Fahrzeug ist etwa 30 m dann vorgefahren, ist durch die Löwengasse reingebogen - da steht ein Gebäude, so eine Metzgerei, die hat ungefähr 15 m Länge -, und von dort konnte ich schon sehen, wie das rote Fahrzeug gekommen ist.

OStA Ho[lland]:

Und die Bank, um das nochmals aufzugreifen, Herr Collisi, die Bank selbst war nicht in Ihrem Blickfeld?

Zeuge Co[llisi]:

Nein, nein. Die Bank nicht.

OStA Ho[lland]:

Ich hab dann keine Fragen mehr.

Vors.:

Ich sehe sonst keine Fragen.

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen und entlassen? Kein Widerspruch.

Der Zeuge Heinrich Collisi wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allgemeinen Einverständnis um 10.52 Uhr entlassen.

Der Zeuge KHK Habekost erscheint um 10.53 Uhr im Sitzungssaal.

Die Aussagegenehmigung[18] des Zeugen KHK Habekost wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.[dd]

Der Zeuge KHK Habekost macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Ha[bekost]:

Helfried Habekost, 43, Kriminalhauptkommissar, Bonn;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Sie sind geladen auf Antrag der Verteidigung. Voraussetzung, daß das, was die Verteidigung in Ihr Wissen stellt, auch bekundet werden kann, ist, ob Sie Herrn Gerhard Müller[19] als Zeugen oder als Beschuldigten[20] vernommen haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, ich habe Herrn Müller als Zeugen vernommen.

Vors.:

Können Sie noch sagen, welche Vernehmung das war?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja: Das war die Vernehmung ab[ee] 31.3. dieses Jahres.

Vors.:

Das ist also die Akte, die bei uns [ff] die Bezeichnung 1 B Js 7/76[21] trägt?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, richtig.

Vors.:

Diese Bezeichnung ist Ihnen geläufig.

Zeuge Ha[bekost]:

... ist mir geläufig, ja.

[12886][22] [12887] Vors.:

Zunächst soll Herr Müller im Verlaufe dieser Vernehmung einen Vorfall geschildert haben, bei dem es sich darum handelt, daß Düngemittel in einem Pkw zwischen Hannover-Laatzen und Frankfurt transportiert worden seien.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, das ist richtig.

Vors.:

Diesen Transport soll er durchgeführt haben. Da soll noch eine weitere Person mitbeteiligt gewesen sein.

Können Sie diesen Zusammenhang noch herstellen und uns schildern?

Zeuge Ha[bekost]:

Dazu hat Herr Müller angegeben, daß er mit Herrn Meins[23] aus Frankfurt nach Hannover gefahren sei. Meins habe gefahren, er habe danebengesessen; und in Hannover-Laatzen, an einem vorher vereinbarten Treffpunkt habe er von anderen diese Düngemittel übernommen. Die Rückfahrt sei wieder erfolgt von Hannover über die Autobahn nach Frankfurt. Diesmal habe er gefahren. Auf der Rückfahrt habe man tanken müssen. Zu diesem Zwecke hätten beide die Autobahn verlassen, und Müller hätte eine Münztankstelle gesucht, um dort tanken zu können. Eine solche ist gefunden worden. Als sie dort ankamen, sei Meins ausgestiegen und habe den Wagen verlassen, und er habe versucht, den Wagen zu betanken. Bevor er tanken konnte, sei eine Zivilstreife der Polizei gekommen und hätte ihn und das Fahrzeug kontrolliert. Diese Streife sei aber wieder fortgefahren; und nachdem die fort sei, sei Meins wieder zugestiegen. Sie seien wieder auf die Autobahn gefahren und hätten an einer öffentlichen Tankstelle getankt. Zuvor sei Meins jedoch ausgestiegen und sei nachher wieder zugestiegen, und auf der Rückfahrt hätten sie bei der nächsten Abfahrt die Autobahn verlassen.

Vors.:

Das Wesentliche war also, Sie sind sich sicher, daß er Herrn Meins als den zweiten ...

Zeuge Ha[bekost]:

Er hatte Herrn Meins als Fahrer auf der Hintour und als Rückfahrer auf der Rücktour.

Vors.:

War Ihnen damals gegenwärtig, daß es schon Unterlagen gegeben hat, in denen Herr Müller eine andere Person als zweiten Teilnehmer bezeichnet haben soll?

Zeuge Ha[bekost]:

Mir war gegenwärtig, daß es andere Unterlagen gab; aber daß eine andere Person bezeichnet war, das ist mir nicht bekannt gewesen. Das war mir dann nicht mehr in Erinnerung.

[12888] Vors.:

Ich hab dann grad zu diesen andern Unterlagen noch Fragen:

Wir haben hier einen weiteren Vernehmungsvorgang, der unter dem Aktenzeichen 3 ARP[24] in diesem Verfahren bekannt geworden ist. Das sind Aussagen, die Herr Müller in einem früheren Zeitpunkt gemacht hat.

Waren Ihnen diese Aussagen bei der Vernehmung bekannt? Sind die als Arbeitsgrundlage verwendet worden oder sonst irgendwie?

Zeuge Ha[bekost]:

Mir sind diese Unterlagen bekannt; die sind mir aber nicht bekannt als ARP-Verfahren. Wir haben von diesen Aussagen Ablichtungen von der Hamburger Polizei direkt an unser Amt übersandt bekommen, und diese Unterlagen habe ich auch gelesen, aber schon 1975, als sie kamen.

Vors.:

Nun, wenn man Vernehmungen durchführt - und so, wie ich das sehe, waren Sie an mehreren Vernehmungen beteiligt: vom 31.3.76 bis zum 8.4.76. Könnte das stimmen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, ich habe die ersten 14 Tage vernommen.

Vors.:

Da könnte es ja sein, daß man bekannte frühere Unterlagen dazu verwendet, um zu klären, ob irgendwelche Widersprüche auftauchen in der neuen Vernehmung. Sind diese Unterlagen dazu auch verwendet worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Wir haben von der Dienststelle genau vorgegeben bekommen, zu was Herr Müller vernommen werden sollte, nämlich zu Sprengstoffanschlägen der „RAF“. Ich selbst habe keine Unterlagen mitgenommen; die Unterlagen hatte sich der Herr Freimuth, der mit mir war in Hamburg, genommen, und er hatte sie vor sich liegen.

Vors.:

Ist es richtig, daß Herr Freimuth bei den Vernehmungen, die Sie mitgemacht haben, jeweils auch beteiligt war? Wir hatten ihn schon als Zeugen.

Zeuge Ha[bekost]:

Herr Freimuth war, während ich dort vernommen habe, immer beteiligt.

Vors.:

Um einen ganz besonders deutlichen Fall hervorzukehren:

Haben Sie bei Ihren Vernehmungen auch noch den Punkt gestreift, ob Herr Müller Herrn Hoff und dessen Werkstatt[25] persönlich gesehen und kennengelernt hat?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, da war ich auch Vernehmungsbeamter.

Vors.:

Waren Sie da bei der Vernehmung dabei.

[12889] Erinnern Sie sich noch, was Herr Müller da bei diesem Vorgang 1 BJs 7/76 dazu gesagt hat?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja. Da hat er gesagt, daß er mit dem „Pfirsich“, wie er ihn nannte, nicht zusammengetroffen sei ...

Vors.:

... und auch nicht in der Werkstatt gewesen ist.

Ist das richtig?

Zeuge Ha[bekost]:

... und auch nicht in der Werkstatt gewesen ist. Ja.

Vors.:

Und wir kennen ja die Akte 3 ARP, diese früheren Vernehmungen. Und aus denen ergibt sich im Zusammenhang eine Aussage des Herrn Müller, die man dahin verstehen muß - man kann sie gar nicht anders verstehen -, daß er dort einräumt - im Gegensatz zu dieser Behauptung -, doch Hoff kennengelernt zu haben und auch in der Werkstatt gewesen zu sein.

Zunächst mal Frage:

War Ihnen das bei der Anhörung des Herrn Müller zu diesem Punkte geläufig?

Zeuge Ha[bekost]:

Das war mir geläufig, ja.

Vors.:

Nun entdeckt man in dieser Aussage hier keinen Vorhalt, keine nähere Erläuterung des Herrn Müller zu diesem Punkte. Es ist an sich ein ganz kategorischer Satz -:

„Ich selbst habe nie Kontakt usw. gehabt ...“

-, so daß man draus schließen muß, es seien ihm bei dieser Vernehmung, an der Sie beteiligt waren, zu diesem Punkte keine Vorhalte, keine Hinweise auf den Widerspruch gegeben worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Wir haben ihm das zwar vorgehalten. Er hat aber drauf bestanden, daß es so zu Protokoll gebracht wird, wie er’s jetzt sagt; andernfalls würde er die Vernehmung nicht unterschreiben. Und wir waren drauf angewiesen an der Vernehmung des Zeugen Müller und waren auch bemüht, ihn aussagen zu lassen.

Vors.:

Nun ist die Frage natürlich - generell -: Werden Vorhalte gekennzeichnet? Wenn man hier diese Vernehmung sieht, dann fällt auf, daß in der Tat nirgends Kennzeichnungen für Stellen sind, die - sagen wir mal -, aufgrund von Vorhaltungen zustande gekommen wären.

[12890] Zeuge Ha[bekost]:

Dieses war gleich zu Anfang der Vernehmung. Wir wollten mit ihm natürlich erst mal einen guten Kontakt herstellen. Ich habe später, wie man der Vernehmung entnehmen kann, ihm zu jedem mir gravierend erscheinenden Punkt Vorhalte gemacht; und diesen Vorhalt hätte man ohne weiteres noch nachvollziehen können. Nur ist das leider offensichtlich unterblieben, da ich nach 14 Tagen rausgezogen wurde.

Vors.:

Also Sie können bestätigen:

Herr Müller hat trotz des Vorhaltes, er habe früher Aussagen gemacht, die einen andern Sinn ergeben könnten, verlangt, daß man bei der Formulierung bleibt, wie man sie aufgenommen habe?

Zeuge Ha[bekost]:

Jawohl.

Vors.:

Ich versuche, mich grade zu erinnern, ob Herr Freimuth vom Vorhalt gesprochen hat. Das wäre dann noch zu überprüfen. Noch eine generelle Frage:

Herr Müller gehörte nach seinen Aussagen einer Gruppierung zu, die bei Festnahme im allgemeinen nicht bereit war, Aussagen zu machen - das ist ja bekannt.

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist bekannt, ja.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte oder sind Sie selbst irgendwie beteiligt gewesen, wie es zu der Aussagebereitschaft des Herrn Müller überhaupt gekommen ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, darüber kann ich nichts sagen. Ich selbst war daran nicht beteiligt.

Vors.:

Es wird von der Verteidigung in verschiedenen Beweisanträgen die Beweisbehauptung aufgestellt, es seien Herrn Müller Versprechungen gemacht worden.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Herrn Müller keine Versprechungen gemacht.

Vors.:

Um es ganz konkret zu sagen: Man habe ihm Versprechungen hinsichtlich der Strafhöhe gemacht, auch daß er Kontakte mit der Presse erlangen könnte und dadurch zu Honoraren käme; und andererseits sei ihm allerdings auch gedroht worden: Wenn er nichts aussage, dann könne man auch anders - das bedeutet dann lebenslang.

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, das ist ganz sicher[gg] falsch. Es ist niemals gedroht worden. Herr Müller hat bei Vernehmungsbeginn, nachdem er belehrt worden ist, darauf bestanden, daß er einen einführenden Satz gibt und [12891] dazu sagt, warum er überhaupt aussagt. Meiner Ansicht nach hat er völlig freiwillig ausgesagt.

Vors.:

Ist das dieser Vermerk ...

Zeuge Ha[bekost]:

... nach der Belehrung hat er darauf bestanden, daß dieser Satz auch mit in die Vernehmung kommt.

Vors.:

Also zusammenfassend: Herr Müller war bei Ihren Vernehmungen nach Ihren Beobachtungen aussagebereit, ohne daß Sie ihn mit irgendwelchen Mitteln, die die Prozeßordnung und überhaupt das Gesetz nicht erlauben, hätten beeinflussen müssen.

Ist das richtig?

Zeuge Ha[bekost]:

Überhaupt nicht.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Bei den Herrn Kollegen nicht.

Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen.

Die Herrn Verteidiger?

Herr RA Schily.

RA Schi[ly]:

Herr Habekost, war Ihnen[hh] aufgrund Ihrer Vorkenntnisse der Akten aus Hamburg - 3 ARP verwende ich jetzt nur als Arbeitstitel, weil wir es unter der Aktenbezeichnung kennen - auch bekannt, daß der Herr Müller da eine Lichtbildidentifizierung vorgenommen hatte anhand eines Lichtbildes?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, das war mir bekannt.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie:

Es sei[ii] ja ein Vorhalt gemacht worden, aber ist das nicht eigentlich doch ein sehr gravierender Widerspruch? Wenn jemand vorher in den Akten jemanden identifiziert anhand eines Lichtbildes, müßte man dann nicht mindestens erwarten, wenn ein Vorhalt gemacht worden ist, daß der Herr Müller irgendwie noch eine Passage ins Protokoll gibt, in der er nun erklärt, warum er früher was anderes gesagt hat und jetzt wiederum seine Angaben ändert?

Zeuge Ha[bekost]:

Natürlich ist es ein Widerspruch; nur, ich habe schon gesagt, warum wir ihn auf diesen Widerspruch, zu diesem Widerspruch nicht vernommen haben. Wir haben ihn angesprochen, aber nichts zu Papier gebracht. Der hätte ohne weiteres auch noch später erfolgen können.

[12892] RA Schi[ly]:

Also zur Herstellung des guten Klimas? Oder wie war das?

Zeuge Ha[bekost]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Zur Herstellung eines besseren Klimas, Vernehmungsklimas?

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist lediglich geschehen zur Verbesserung des Vernehmungsklimas.

RA Schi[ly]:

Machen Sie das häufiger, daß Sie bei solchen schwerwiegenden Vorhalten, die vielleicht auch die Glaubwürdigkeit eines Zeugen dann doch betreffen können, wegen des Verhandlungsklimas dann bestimmte Sachen gar nicht ins Protokoll aufnehmen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nur meine ich, daß es grade in diesem Punkte nicht so sehr wesentlich war, daß der Herr Müller in etwa die Wahrheit gesagt hat; zum mindesten nach bestem Wissen, meine ich, haben wir durch andere Punkte vorher schon überprüft.

RA Schi[ly]:

Ja es ist ja so, Herr Zeuge: Später hat ja der Herr Müller diese Angaben, die ja in Ihr Protokoll eingegangen sind, hat er ja hier wiederholt vor Gericht. Und gehen wir mal davon aus, daß seine Angaben falsch sind, daß er den Herrn Hoff nicht gekannt hat - und das hat er an zwei Tagen wiederholt -, und dann erst aufgrund sehr intensiven Ermahnungen des Herrn Vorsitzenden hat er dann seine Aussage geändert.[26] Es wäre ja aufgrund dann dieser relativ eingeschränkten Protokollierung vielleicht hier zu einer Falschaussage gekommen, immer unter der Voraussetzung, daß [jj] seine erste oder zweite Version - ist vielleicht richtiger gesagt - die falsche ist?

Haben Sie das Risiko miteinbezogen? Haben Sie das Risiko auf sich genommen?

Zeuge Ha[bekost]:

Mir war ja von vornherein bekannt, daß da ein Widerspruch drin lag; nur wurde auf ... anhand der ersten Aussage die Person, die er als „Pfirsich“ bezeichnet hatte, ja klar identifiziert.

RA Schi[ly]:

Das habe ich jetzt akustisch nicht verstanden.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Sie nicht verstanden.

Vors.:

Der Herr Zeuge sagte, er habe den Widerspruch klar erkannt; aber es sei ja der Herr Hoff von Herrn Müller bereits in der ersten Aussage klar identifiziert worden. Vermutlich soll daran die Schlußfolgerung geknüpft werden, deswegen sei man nicht näher auf den Punkt draufgestanden - ich weiß nicht, ob es so zu verstehen ist.

[12893] Zeuge Ha[bekost]:

Nein. Nicht weil Müller ihn identifiziert hat, sondern der ist ja später auch durch uns identifiziert worden. Er hat ja dann auch selbst eingestanden, daß er ...

Vors.:

Danach wurde aber nicht gefragt, Herr Habekost, sondern, ob Sie nicht auf diese Weise den Zeugen sehenden Auges in eine mögliche Falschaussage laufen lassen, wenn Sie da nicht draufstehen und versuchen, das zu berichtigen.

RA Schi[ly]:

Vielleicht darf ich die Vorfrage noch stellen:

ob Ihnen bekannt war, daß diese Unterlagen, die Sie aus Hamburg zur Kenntnis erhalten haben, mit dem Stempel „VS vertraulich“[27] versehen waren?

Zeuge Ha[bekost]:

Natürlich ist es erkannt worden; nur, ich kann den Zeugen nicht zwingen, daß er seine Aussage so macht, wie ich sie haben möchte. Ich muß das nehmen, was der Zeuge mir sagt.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, aber Sie müssen doch sehen, daß mindestens Widersprüche in das Protokoll irgendwie auch für das Gericht erkennbar werden?

Zeuge Ha[bekost]:

Dazu habe ich ja schon Stellung genommen. Der Widerspruch hätte ja wohl ohne weiteres noch Tage später behoben werden können.

RA Schi[ly]:

Ja ist das dann geschehen?

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist nicht geschehen, weil ich aus der Vernehmung rausgelöst wurde. Da ist das leider nicht geschehen - das habe ich auch schon zu Anfang der Aussage gesagt.

RA Schi[ly]:

Ja ist dann der Herr Müller überhaupt nicht mehr darauf angesprochen worden polizeilich?

Zeuge Ha[bekost]:

Von mir ist er nicht mehr darauf angesprochen worden. Ob ihn jemand anders angesprochen hat, weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, daß der Herr Müller danach, nachdem er hier vor Gericht ausgesagt hatte, nochmals weiter im Rahmen dieses Verfahrens 1 B Js 7/76 vernommen worden ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich weiß, daß er weiter vernommen worden ist, aber ich selbst habe ihn nicht vernommen.

RA Schi[ly]:

Also Sie waren daran nicht mehr beteiligt. Also Ihre Vernehmungstätigkeit beschränkt sich auf ...

Zeuge Ha[bekost]:

... die ersten 14 Tage.

[12894] Vors.:

Entschuldigung. Nur, daß das nicht stehenbleibt: Die 14 Tage, ist das eine Schätzung oder ist das eine präzise Angabe?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja ich kann es nicht genau sagen, aber es waren nicht genau 14 Tage, sondern ...

RA Schi[ly]:

... wie man so sagt: 14 Tage.

Zeuge Ha[bekost]:

... aber in der darauffolgenden Woche beendet.

Vors.:

Vom 31. März bis zum 8. April waren Sie an Vernehmungen beteiligt.

RA Schi[ly]:

Wer hat Ihnen denn den Auftrag zur Vernehmung erteilt, Herr Zeuge?

Zeuge Ha[bekost]:

Den Auftrag zu der Vernehmung haben mir meine Vorgesetzten erteilt.

RA Schi[ly]:

Und wer war das?

Zeuge Ha[bekost]:

Das war mein Dezernatsleiter.

RA Schi[ly]:

Und wie heißt der?

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist der Kriminaldirektor Ruckmich.

RA Schi[ly]:

Und Sie sagten ja, wenn ich das richtig verstanden habe, haben Sie die Mehrzahl verwendet: Ihre Vorgesetzten. Wer war der Weitere, der Ihnen den Auftrag erteilt hat?

Zeuge Ha[bekost]:

In diesem Falle nur der eine.

RA Schi[ly]:

Nur der Herr Ruckmich.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, aber bei uns ist es so, daß ich meine Weisungen an Aufträgen[kk] von meinem Vorgesetzten bekomme.

RA Schi[ly]:

Jetzt haben wir ja hier ein Protokoll, das fängt am 31. März an, was Sie erwähnt haben mit der Akte 1 B Js 7/76. Als Sie diese Vernehmung begonnen haben, lag diese Akte da bereits vor?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich weiß, daß das Amt einen Ermittlungsauftrag vom Generalbundesanwalt bekommen hat. Ich selbst habe den Auftrag bekommen, Herrn Müller als Zeugen zu vernehmen.

RA Schi[ly]:

Ja ich meine, haben Sie die Akte, ist[ll] die Ihnen dann übergeben worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Es bestand keine Akte. Es bestand ein Ermittlungsauftrag des Generalbundesanwalts und von meiner Dienststelle die Weisung, daß ich den Müller als Zeugen zu vernehmen habe.

[12895] RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, haben Sie denn den Ermittlungsauftrag der B. Anwaltschaft gesehen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe ihn gesehen, ja.

RA Schi[ly]:

Und welchen Inhalt hatte der?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich nicht mehr sagen. Es war eine Ermittlungsauftrag[mm] gegen „Unbekannt“ wegen Verdachts der Fortführung der „RAF“ aus der Haft u. a.

RA Schi[ly]:

Sie hatten ja nun den Auftrag, wie Sie gesagt haben, die Sprengstoffanschläge zu behandeln. War das auch innerhalb dieses Auftrages?

Zeuge Ha[bekost]:

Den Auftrag habe ich von meinem Vorgesetzten bekommen, hab ich gesagt.

RA Schi[ly]:

Ja ich frag Sie jetzt auch, ob Inhalt des Auftrags der B. Anwaltschaft ...

Zeuge Ha[bekost]:

Der stand meiner Ansicht nach in dem Ermittlungsauftrag nicht drin.

RA Schi[ly]:

Stand nicht drin?

Zeuge Ha[bekost]:

... stand nicht drin, glaube ich. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen; aber das stand nicht drin.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie noch, wer diesen Ermittlungsauftrag unterzeichnet hatte?

Zeuge Ha[bekost]:

Der Ermittlungsauftrag wurde von B. Anw. Dr. Krüger unterzeichnet.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mit Herrn Dr. Krüger mal gesprochen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe sicher schon mal mit Herrn Dr. Krüger gesprochen.

RA Schi[ly]:

Ja ich meine nun - damit wir das abgrenzen - nicht ein zufälliges Zusammentreffen, wo man sich „guten Tag“ sagt, sondern im Rahmen dieses Auftrages, den Sie erhalten haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist so üblich, daß die B. Anwälte sich an meinen Vorgesetzten halten, und ich meinen Auftrag von meinem Vorgesetzten bekomme. Ich habe mit Dr. Krüger über dieses Verfahren oder über spezielle Aufträge nicht gesprochen.

RA Schi[ly]:

Überhaupt nicht? Nur der Herr Ruckmich?

Zeuge Ha[bekost]:

Das weiß ich nicht. Er kann auch sicher mit anderen Vorgesetzten darüber gesprochen haben, der Herr Dr. Krüger.

RA Schi[ly]:

Sie haben also im Rahmen dieses Auftrages mit Herrn Dr. Krüger nicht gesprochen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein.

[12896] RA Schi[ly]:

Sie haben praktisch Ihren Auftrag bekommen von Herrn Ruckmich und haben den ausgeführt.

Welche Unterlagen hatten Sie denn nun? Können Sie das mal ein bißchen konkretisieren, was Sie da aus Hamburg bekommen haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Jetzt hab ich Sie nicht richtig verstanden.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie das persönlich ... hat man Ihnen gesagt ... haben Sie das ... Sie sagten ja, das haben Sie 75 gesehen, nicht?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, das habe ich 1975 gesehen.

RA Schi[ly]:

Wie ist ... in welcher Amtstätigkeit haben Sie denn das zu Gesicht bekommen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja nun, ich bin ja Ermittlungsbeamter beim BKA, und dann bekomme ich auch solche Dinge zu sehen.

RA Schi[ly]:

Naja - was haben Sie denn da zu Gesicht bekommen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Ablichtungen zu sehen bekommen, die von Befragungsvermerken und auch Vernehmungen, die durch Hamburger Polizeibeamte gemacht worden sind.

RA Schi[ly]:

Können Sie noch etwa den Zeitraum angeben, innerhalb dessen diese Vernehmungen bzw. Gespräche stattgefunden haben, von deren Sie dann Unterlagen gesehen haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja ich meine, die begannen Mitte April 1975. Aber zu welchem Zeitraum - das kann ich nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

War Ihnen bekannt, wo die Originale dieser entsprechenden ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir haben die nicht gemacht sondern die Polizei in Hamburg, und die werden die Originale irgendwo gelassen haben.

RA Schi[ly]:

Haben Sie nur Ablichtungen gesehen oder haben Sie auch Urschriften von solchen Gesprächen ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe schon gesagt, wir haben Ablichtungen von der Polizeibehörde in Hamburg bekommen von diesen Vernehmungen und Befragungsberichten.

RA Schi[ly]:

In welche Akten sind denn diese Unterlagen dann bei Ihrer Behörde eingegangen?

Zeuge Ha[bekost]:

Die sind in keine Akten eingegangen, sondern das sind Arbeitsakten, mit denen wir gearbeitet haben.

RA Schi[ly]:

Das kann ich mir nicht vorstellen, Herr Zeuge - gestatten Sie diesen Vorhalt -, daß Sie da nur so mal so’n paar lose Blätter irgendwo in einem Arbeitsheft haben. Das muß doch irgendwo gesammelt und archiviert werden.

[12897] Zeuge Ha[bekost]:

Ja natürlich werden die gesammelt und auch archiviert.

RA Schi[ly]:

Ja, und das frage ich Sie.

Zeuge Ha[bekost]:

Nur ist mir das nicht möglich, wie die archiviert werden und was wir damit machen, denn das fällt in den internen Dienstbereich; darüber habe ich gar keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Über die Aktenführung?

Zeuge Ha[bekost]:

Über die Aktenführung habe ich keine Aussagegenehmigung. Ich habe lediglich eine Aussagegenehmigung für die Vernehmung des Zeugen Müller.

RA Schi[ly]:

Dann muß ich mich bei dem Herrn Vorsitzenden erkundigen - ich hab also die Aussagegenehmigung von Herrn Habekost nicht hier.

Vors.:

Ich hab sie ja auch nicht hier.

Zeuge Ha[bekost]:

Die hat der Herr Freimuth abgegeben, als er hier war - hat er mir gesagt. Ich habe sie auch nicht in Händen gehabt.

Vors.:

Nun war ja seitens der Verteidigung noch eine Ergänzung der Beweisthemen mitgeteilt; die hab ich sofort fernschriftlich an Ihre Behörde abgeschickt.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, da ist aber noch nicht drüber entschieden worden. Darüber hab ich keine Aussagegenehmigung.

Vors.:

... entspricht also der Aussagegenehmigung Freimuth. Das war Vernehmungen Müller; und der zweite Punkt, das war ein ganz spezieller. Um was ist es dabei gegangen? Das können wir jederzeit klären lassen.

RA Schi[ly]:

Bei Herrn Freimuth müßte[nn] an sich das Beweisthema identisch mit dem für Herrn Habekost gewesen sein.

Vors.:

Verzeihung, es ist klar: Es war das Beweisthema ...

RA Schi[ly]:

Aber ich hatte ja nochmals telefonisch durchgegeben - ich weiß nicht ... -

Vors.:

Ja es ist so: Sie hatten einen ganz speziellen Beweisantrag gestellt, nämlich nur diesen Transport Laatzen-Frankfurt für Herrn Habekost - sonst nichts; und ich habe dann aufgrund Ihres Hinweises und unserer eigenen Bedenken gebeten, man möge eine möglichst umfassende Aussagegenehmigung geben. Die wurde dann auch erteilt, nämlich: Vernehmungen des Zeugen Müller.

[12898] Und dann kamen von Ihnen noch so’n paar Einzelheiten; und da wurde vom Präsidenten des BKAs, Herrn Dr. Herold, mitgeteilt, daß die Beweisthemen zum Teil den innerdienstlichen Betrieb betreffen und dazu die Entscheidung des Innenministers notwendig wäre ...

Ende von Band 763.

[12899] ... so daß also Herr Habekost jetzt gegenwärtig nur ausgestattet ist mit der sehr weiten Aussagegenehmigung, zu allem aussagen zu können, was die Vernehmung des Herrn Müller anlangt und zu dem Vorfall Laatzen, Frankfurt. So sieht es aus.

RA Schi[ly]:

Ja. Er darf also nicht über das Schicksal von Akten praktisch Auskunft geben und wo die Akten geführt werden. Ob sie bei der Bundesanwaltschaft geführt werden oder bei der ...

Vors.:

Nun also ...

RA Schi[ly]:

... wenn ich ihn jetzt richtig verstehe ...

Vors.:

Man müßte es im Einzelfall abgrenzen. Soweit es im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vernehmung des Herrn Müller stünde, beispielsweise, mit seinen Vernehmungen des Herrn Müller, wie er die Akten dann angelegt hat usw., glaube ich, würde die Aussagegenehmigung reichen.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe gesagt, daß wir die Akten bei uns verwahren; aber wie die verwahrt werden und was damit geschieht, darüber kann ich keine Angaben machen.

Vors.:

Ja, das ist sicher. Das sind innerdienstliche Dinge; und da ist wohl auch nicht allzusehr zu erwarten, daß da Aussagegenehmigung erteilt wird. Aber bitte, das ist nicht entschieden.

RA Schi[ly]:

Ja nun, ist noch gar nicht entschieden darüber, der Innenminister hat noch nicht entschieden?

Vors.:

Nein, ist noch nicht entschieden. Augenblick, ich sehe, hier liegt es sogar. Es heißt hier: Aussagegenehmigung erteilt für Herrn Kriminalhauptkommissar Habekost. Beweisthema: 1. Gespräch des Gerhard Müller mit dem Journalisten Schwarberg betreffend Transport usw. 2. Vernehmungen des Zeugen Gerhard Müller in den Jahren 74-76, soweit nicht der Sperrvermerk[28] des Bundesjustizministers hinsichtlich der Akte 3 ARP entgegensteht. Und zu den übrigen Punkten, die Sie hier genannt haben - das ging gerade um die Aktenführung; da wurde mitgeteilt: Ergreift in einigen Punkten innerdienstliche Bereiche des BKA. Die Frage,[oo] ob und inwieweit Aussagegenehmigung erteilt werden kann, bedarf eingehender Prüfung, gegebenenfalls Entscheidung [12900] des Bundesministers des Inneren.

Also wir müssen uns mit der doch schon sehr weit gespannten Aussagegenehmigung - Vernehmungen des Zeugen Gerhard Müller in den Jahren 74-76, soweit nicht der Sperrvermerk entgegensteht zufrieden geben hier.

RA Schi[ly]:

Ja, also mich interessiert konkret folgendes, Herr Zeuge: Wir haben ja hier diese Protokolle vom 31. März, die am 31. März beginnen mit dem Aktenzeichen der Bundesanwaltschaft. Und da gibt es auch ein Aktenzeichen, bei dem ich davon ausgehe, daß es ein Aktenzeichen des BKA ist. Es ist eine sechsstellige Zahl ...

Vors.:

Die Tagebuchnummer?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich meine, das hat auch nichts mit der Vernehmung Müller zu tun, was wir für Tagebuchnummern oder nicht darauf schreiben.

RA Schi[ly]:

Ja Moment, Herr Zeuge. Da steht also 110 009/76. In manchen Protokollen steht sowohl diese Zahl als auch weitere. Also manchmal 79/75 zum Teil steht dann auch noch VSV dahinter oder 99/75 oder 207/75. Und nun die Frage und vielleicht noch zusätzlich den Vorhalt: Der Herr Dr. Krüger hat gesagt, wir haben praktisch auch nur eine sogenannte Überwachungs- und Beobachtungsakte gehabt, die aus verschiedenen Vorgängen, die uns zugeleitet worden sind, zusammengestellt worden ist. Die Akte ist auch erst praktisch angelegt worden im Juni, auf Geheiß wohl von Herrn Bundesanwalt Dr. Krüger. Und nun waren ja schon vor dem, also April waren schon Vernehmungen bzw. Gespräche mit dem Herrn Müller. Und nun würde sich der Verteidigung der Eindruck aufdrängen, daß also die eigentlichen Akten mit diesen Aktenzeichen gar nicht bei der Bundesanwaltschaft geführt werden, sondern beim Bundeskriminalamt. Und das ist die Frage, die ich habe, ob das - diese Annahme der Verteidigung - richtig ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja auch das würde den inneren Dienstbetrieb betreffen. Aber ich kann Ihnen sagen, daß selbstverständlich die Akten zunächst bei uns geführt werden - denn[pp] wir müssen ja damit arbeiten -, ehe sie an den Generalbundesanwalt ab- [12901] gegeben werden. Es sei denn, es ist eine Anweisung des Generalbundesanwalts, daß[qq] auch im Zwischenstadium die Akten schon abgegeben werden. Aber grundsätzlich werden die bei uns begonnen und auch bei uns geführt.

OStA Holland verläßt um 11.22 Uhr den Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Ja und werden dann mitunter nur Teile dieser Akten an die Bundesanwaltschaft weitergegeben?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, das gibt es überhaupt nicht. Teile werden nicht ... Das Thema geht mir sowieso zu weit. Darüber habe ich gar keine Aussagegenehmigung, Herr Rechtsanwalt.

Vors.:

Wir könnten es vielleicht konkretisieren auf diesen Fall hier, ob diese Vernehmungsprotokolle vollständig abgegeben wurden.

Zeuge Ha[bekost]:

Die Vernehmungsprotokolle sind vollständig abgegeben worden.

RA Schi[ly]:

Ja auch aus diesen Vorgängen, also jetzt wieder Arbeitszettel 3 ARP ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, die habe ich nicht gemacht. Die sind durch die Hamburger Polizei gefertigt worden. Auch wir haben lediglich nur Abschriften bekommen.

RA Schi[ly]:

Ja aber[rr] Sie haben es doch bekommen.

Zeuge Ha[bekost]:

Wir haben Abschriften bekommen von der Hamburger Polizei.

OStA Holland erscheint um 11.23 Uhr wieder im Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie u.a. auch ein Protokoll vom 9. April 75 über eine Vernehmung von Herrn Müller?

Zeuge Ha[bekost]:

Das habe ich sicher gelesen; aber im Augenblick ist mir das nach dem Datum nicht erinnerlich.

RA Schi[ly]:

Ja das wird zwar nun in der Akte 3 ARP 74/75 erwähnt, ist aber darin nicht enthalten.

Zeuge Ha[bekost]:

Das kenne ich nicht. Wir haben die Akte 3 ARP nie gehabt. Von der Existenz einer solchen Akte habe ich gesprächsweise auf meiner Dienststelle erfahren, nachdem [12902] der Zeuge Müller hier vor Gericht ausgesagt hat.

RA Schi[ly]:

Nachdem er hier ausgesagt hat?

Zeuge Ha[bekost]:

Nachdem er hier ausgesagt hat.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, wer war eigentlich bei den Vernehmungen, die Sie mit Herrn Müller durchgeführt haben, zugegen?

Zeuge Ha[bekost]:

Mit mir war der Herr Freimuth zusammen.

RA Schi[ly]:

Sonst noch jemand?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, sonst keiner. Und natürlich die Schreibkraft. Zeitweilig waren zwei Beamte des Kriminalamts Hamburg dabei.

RA Schi[ly]:

Ist das der Herr Opitz und der Herr Petersen.

Zeuge Ha[bekost]:

Herr Opitz und Herr Petersen, ja.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, waren die Herrn Opitz und Petersen eigentlich auch zugegen, als Sie den Herrn Müller gefragt haben zu diesem Herrn Hoff oder „Pfirsich“.

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist mir nicht mehr erinnerlich, ob die gerade zu diesem Zeitpunkt drin waren. Die waren drin und gingen wieder raus. Dann kamen sie mal wieder. Es kam auch vor, daß sie den ganzen Tage[ss] nicht da waren. Es kam auch vor, daß sie nur einen halben Tag da waren. Das[tt] kann ich [uu] mit Sicherheit nicht mehr sagen[vv].

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn mal mit den Herrn Opitz und Petersen gesprochen über den Gang der Ermittlungen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, darüber habe ich nicht gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wie, die saßen da wie die Mönche, die ein Schweigegebot haben, und haben mit Ihnen nicht geredet oder wie?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kann Sie gar nicht verstehen, Herr Rechtsanwalt.

RA Schi[ly]:

Sie sagten, Sie hätten mit den beiden Herrn nicht gesprochen.

Zeuge Ha[bekost]:

Das habe ich überhaupt noch nicht gesagt, heute.

RA Schi[ly]:

Wie? Dann habe ich Sie mißverstanden. Das mag sein.

Zeuge Ha[bekost]:

Sicher habe ich mit denen gesprochen, mit beiden[ww] Kollegen.

RA Schi[ly]:

Ja gut und das wollte ich nun mal fragen. Was haben Sie mit ...

Zeuge Ha[bekost]:

Aber ich habe nicht speziell mit den Kollegen darüber gesprochen, daß nun der Widerspruch bezüglich des Hoff aufgetreten ist.

[12903] RA Schi[ly]:

Danach hatte ich bisher noch gar nicht gefragt. Aber es ist interessant ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das haben Sie aber angedeutet vorhin. So habe ich das entnommen, Ihrem Anfang.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn überhaupt mit den Herrn Opitz und Petersen mal über das gesprochen, was die Herrn früher so mit Herrn Müller erörtert haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja natürlich wurde das eine oder das andere mal angesprochen.

RA Schi[ly]:

Wann hat denn diese Besprechung stattgefunden?

Zeuge Ha[bekost]:

Welche Besprechung? Da hat keine Besprechung stattgefunden, das hat sich in Vernehmungspausen oder nach der Vernehmung oder so ergeben.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie mal, Herr Habekost, wollen Sie mir sagen, daß Sie vor Beginn der Vernehmung mit Herrn Müller nicht mit Herrn Opitz und Petersen gesprochen haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Sicher habe ich mit ihnen gesprochen. Wir haben aber keine Besprechung gemacht über die anstehende Vernehmung.

RA Schi[ly]:

Eine was nicht?

Zeuge Ha[bekost]:

Wir haben keine Besprechung gemacht über die anstehende Vernehmung. Sicher haben wir zusammen gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wie lange sind Sie als Kriminalbeamter tätig, Herr Habekost.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich bin schon ziemlich lange als Kriminalbeamter tätig. Ich habe mein 25-jähriges Dienstjubiläum hinter mir.

RA Schi[ly]:

Ja, dann herzlichen Glückwunsch ...

Zeuge Ha[bekost]:

Dankeschön.

RA Schi[ly]:

Dann würde ich nur[xx] meinen; Ist es dann nicht aus Ihrer Erfahrung so, daß, wenn Sie eine Vernehmung durchführen und wissen, daß zwei Kollegen schon mal Gespräche geführt haben, sich vielleicht mal so ein bißchen orientieren, was die beiden Herrn vielleicht schon an Erkenntnissen gewonnen haben. Das würde[yy] doch eigentlich sehr naheliegen[zz].

Zeuge Ha[bekost]:

Das hatte unsere Dienststelle ja schriftlich vorliegen.

RA Schi[ly]:

Ja aber, es gibt ja mitunter auch so Erkenntnisse, die vielleicht noch zusätzlich aus solchen Gesprächen sich heraus hergeben könnten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß Sie nicht mal gesagt haben: Naja, so und so, das hat er [12904] gesagt, ich hab die Protokolle gelesen. Wann hatten Sie die eigentlich zuletzt in der Hand gehabt, diese Protokolle aus dem Jahre 75?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, das kann ich Ihnen nicht sagen. Das war im Jahr 75.

RA Schi[ly]:

Ja nun, dann liegt es doch um so näher, wenn es so lange zurückliegt, Ihr Studium dieser Unterlagen, daß Sie jetzt vielleicht entweder die beiden Herrn bitten, nochmal sich [aaa] orientieren oder ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe anfangs gesagt, daß der Herr Opitz oder der Herr Petersen bei den Vernehmungen zeitweilig anwesend waren. Wenn so was anstand, haben die schon ihren Einwand erhoben und haben gesagt: Damals hat er so was gesagt, damals hat er so gesagt. Dadurch hat sich das völlig erübrigt.

RA Schi[ly]:

Ach die haben öfter da eingegriffen?

Zeuge Ha[bekost]:

Die haben nicht öfter da eingegriffen, habe ich nicht gesagt. Nur wenn es erforderlich war.

RA Schi[ly]:

Ja wann war es denn nun erforderlich?

Zeuge Ha[bekost]:

Wenn sich eben Widersprüche ergeben haben.

RA Schi[ly]:

Ja und wann haben sich denn[bbb] nun Widersprüche ergeben?

Zeuge Ha[bekost]:

Es haben sich Widersprüche ergeben mit dem Kennenlernen des Hoff oder Betreten der Werkstatt.

RA Schi[ly]:

Haben sich da auch noch andere Widersprüche ergeben?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich wüßte keine anderen Widersprüche, die sich ergeben haben. Sicher wird es auch andere Widersprüche geben, das weiß ich nicht. Aber mir ist zu der Zeit, wo ich vernommen habe, kein Widerspruch in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Haben sich z.B. bei der Personenzahl ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ja - das habe ich gesagt - der ist eben[ccc] nicht erkannt worden, der Widerspruch. Wahrscheinlich dann auch nicht von Hamburg, wenn die anwesend waren. Das kann ich aber nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Was, was denn. Ich hab ja noch gar nicht zu Ende gesprochen. Was ist nicht erkannt worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Sie haben ja[ddd] gesagt, Baader und Meins.

RA Schi[ly]:

Also wenn ich zu undeutlich spreche, Herr Zeuge, dann bitte unterbrechen Sie mich ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, Sie sprechen sehr undeutlich.

[12905] RA Schi[ly]:

Ich hab gefragt oder wollte die Frage stellen, ob bei der Personenzahl, die sich an einem bestimmten Sprengstoffanschlag beteiligt haben sollen, ob da z.B. ein Widerspruch aufgetreten ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe zu den Sprengstoffanschlägen, habe ich lediglich vernommen den Sprengstoffanschlag auf das US-Hauptquartier in Heidelberg.[29] Und da hat er von vier Personen gesprochen. Und da sind meiner Ansicht keine Widersprüche.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie eigentlich Kenntnis der Ermittlungsakte gegen Herrn Müller zur Vorbereitung Ihrer Vernehmung?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich bin in den Ermittlungen seit Beginn des Problems, das auf uns zukam. Ich kenne in etwa den Ermittlungsverlauf von Anfang an.

RA Schi[ly]:

Sie kennen also auch die Ermittlungsakten gegen Müller?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kenne in etwa auch die Ermittlungsakten gegen Müller. Selbstverständlich nicht in allen Einzelheiten, denn da war das zu umfangreich, das Gesamtverfahren.

RA Schi[ly]:

Sind eigentlich in dem Strafverfahren gegen Herrn Müller[30] sämtliche Ermittlungsunterlagen, die also das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller betrafen, vorgelegt worden der Staatsanwaltschaft?

Zeuge Ha[bekost]:

Nun muß ich Ihnen jetzt wieder sagen, daß ich dazu keine Aussagegenehmigung habe, denn ich habe nur eine Aussagegenehmigung zu der Vernehmung des Müllers. Aber ich kann Ihnen sagen, daß die alle vorgelegt worden sind. Alles, was bei uns an Ermittlungsunterlagen vorgelegenen hat, ist auch an die Bundesanwaltschaft gegangen oder an eine andere Staatsanwaltschaft, wenn das so verfügt worden war von der Bundesanwaltschaft.

RA Schi[ly]:

Und auch an das Gericht?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, das ist nicht meine Aufgabe, die Akten an das Gericht zu geben.

RA Schi[ly]:

Also Sie meinen zu dem Ermittlungsverfahren, zu dem Strafverfahren gegen Herrn Müller sind alle Unterlagen eingegangen.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Ihnen schon gesagt, diese Fragen lassen meine Aussagegenehmigung gar nicht zu, Herr Rechtsanwalt.

RA Schi[ly]:

Auch die Unterlagen aus dem Jahre 1975?

[12906] Zeuge Ha[bekost]:

Die Unterlagen aus 75 sind von der Hamburger Kriminalpolizei gefertigt. Wir haben lediglich Ablichtungen bekommen. Ich habe mit der Versendung oder mit der Verschickung oder Weitergabe überhaupt nichts, oder unsere Dienststelle hat damit... - ich persönlich überhaupt nichts - überhaupt nichts mit zu tun gehabt.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, ich ...

Zeuge Ha[bekost]:

Diese Fragen werden immer wieder wiederholt. Ich muß immer die gleichen Fragen beantworten.

Vors.:

Bitte sehr, geht es um eine Beanstandung?

BA Dr. Wu[nder]:

Es geht jetzt genau um die Ziffer 4 der Fragen, über die noch nicht wegen einer Aussagegenehmigung entschieden worden ist.

Vors.:

Ja nun, der Herr Zeuge kennt den Umfang seiner Aussagegenehmigung. Ich habe bisher den Eindruck, soweit Sie selbst die Meinung haben, Sie seien durch die Aussagegenehmigung nicht berechtigt, hier sich zu äußern ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich bin zum Teil schon weit drüber weggegangen.

Vors.:

... werden Sie das auch äußern. Und im Streitfalle müßten wir dann versuchen, unsere Meinung dazu zu sagen.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, da Sie ja nun das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller kennen, sind eigentlich die Angaben die Herr Müller, soweit wir sie kennen aus dieser Akte 3 ARP, im Jahre 1975 gemacht hat, sind die zu weiterführenden Ermittlungen gegen Herrn Müller ausgewertet worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Sämtliche Aussagen sind ausgewertet worden; und zwar ohne Rücksicht auf die Person, die durch diese Aussagen belastet wird. Das heißt auch gegen Herrn Müller dann.

RA Schi[ly]:

Ja dann würde ich Sie fragen, ist gegen Herrn Müller auch im Zusammenhang mit dem Banküberfall in Ludwigshafen ermittelt worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kann mich nicht daran erinnern, daß Herr Müller gesagt hat, daß er an einem Banküberfall teilgenommen hat.

RA Schi[ly]:

Sind nicht Erklärungen von Herrn Müller in den Akten, die immerhin den Verdacht begründen könnten, daß er an diesem Banküberfall teilgenommen hat?

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist natürlich sehr weit hergeholt. Man kann den Verdacht so oder so anfangen. Den Verdacht, daß der Müller daran [12907] beteiligt war, ist uns daraus nicht entstanden.

RA Schi[ly]:

Haben Sie ihn denn mal danach gefragt, ob er daran beteiligt war?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Herr Müller vernommen zu den Sprengstoffanschlägen der RAF. Ich habe ihn nicht dazu befragt.

RA Schi[ly]:

Dann die Frage: War Ihnen[eee] bekannt, daß[fff] ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe mit Herrn Müller keine Privatgespräche geführt und auch keine Gespräche neben der Vernehmung, sondern lediglich eine Vernehmung geführt und habe das, was Herr Müller gesagt hat, zu Papier gebracht.

RA Schi[ly]:

Wann haben Sie eigentlich Herrn Müller kennengelernt?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Herrn Müller kennengelernt unmittelbar nach seiner Festnahme.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da Gespräche mit ihm geführt?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe auch da Gespräche mit ihm geführt, ja.

RA Schi[ly]:

Und wie oft haben Sie dann Gespräche mit ihm geführt seit seiner Festnahme?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Gespräche mit ihm geführt im Rahmen von Besuchsüberwachung. Nur meine ich, das schränkt meine Aussagegenehmigung wieder ein. Ich habe nur eine Aussagegenehmigung zu der Vernehmung, die gemacht worden ist jetzt zu der jetzigen Zeit, und zu den vorangegangenen Vernehmungs- und Befragungsberichten der Polizei Hamburg.

Vors.:

Vernehmungen Müllers 74-76 ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, das ist ja nun schon weit vorher. Ich kann Ihnen aber sagen, ich habe an Besuchsüberwachungen teilgenommen, wenn Müller besucht worden ist. Ich habe Müller kennengelernt bei Gegenüberstellungen, die durchgeführt worden sind. Ansonsten nicht. Ich habe ihn selbstverständlich auch mal gefragt, ob er Aussagen machen will.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn Gespräche mit ihm geführt in den Jahren 1974 und 1975?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, da habe ich keine Gespräche geführt mit ihm.

RA Schi[ly]:

In den Jahren haben Sie ihn gar nicht gesehen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, da habe ich ihn nicht gesehen.

RA Schi[ly]:

Wenn Sie also diese Unterlagen kannten aus Hamburg, ist Ihnen daraus bekannt, daß Herr Müller eine sehr präzise Schilderung eines Banküberfalles in Ludwigshafen gibt. Ist Ihnen das bekanntgeworden?

[12908] Zeuge Ha[bekost]:

Das habe ich gelesen, ja.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen daraus vielleicht doch der Verdacht entstanden, daß eigentlich, wenn jemand das so schildert, und auch nicht etwa[ggg] die Einschränkung macht: Ich kenne das nur vom Hörensagen, daß vielleicht man zumindest mal Anlaß haben könnte, das zu überprüfen, ob er an einem solchen Banküberfall beteiligt war.

Zeuge Ha[bekost]:

Die Gedanken sind uns sicher gekommen, auch daß Müller daran beteiligt war. Nur an überprüfbaren Fakten gab es da ja nichts.

RA Schi[ly]:

Ja wieso. Hätte man doch eine Gegenüberstellung vornehmen können oder ...

Zeuge Ha[bekost]:

Bitte hätte man?

RA Schi[ly]:

Eine Gegenüberstellung ...

Zeuge Ha[bekost]:

Gegenüberstellungen sind gemacht worden, auch mit Herrn Müller.

RA Schi[ly]:

Auch im Rahmen des Banküberfalles in Ludwigshafen?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Aber es waren einige Gegenüberstellungen. Ob das nun jetzt im Rahmen dieses Banküberfalles, aber da wir die Täter überhaupt zu Anfang nicht kannten, sind alle Beschuldigten mit in diese Gegenüberstellungen[hhh] einbezogen worden. Worauf ich mich jetzt aber nicht festlegen kann, daß es Müller war. Aber ich nehme sicher an, daß Müller auch dabei war.

RA Schi[ly]:

Sind Sie sicher, ja?

Und ein Banküberfall in Kiel. Auch dort eine Schilderung von Herrn Müller, die vielleicht einen solchen Verdacht begründen konnte. Hat man da [iii] etwas unternommen, um vielleicht aufzuklären, ob Herr Müller daran beteiligt war?

Zeuge Ha[bekost]:

Auch da hat man nichts unternommen, ob Müller daran beteiligt war. Müller hat ja über alles Schilderung gegeben. Da müßten wir davon ausgehen, daß Müller an allem beteiligt war. Er hat auch die Sprengstoffanschläge in etwa[jjj] geschildert, als wenn er selbst dabei gewesen war. Zumindest den Sprengstoffanschlag in Frankfurt,[31] den ich vernommen habe.

RA Schi[ly]:

Ja Herr Habekost, das war ja auch vielleicht nachher ein Ausgangspunkt, gerade weil Sie diesen Sprengstoffanschlag Frankfurt erwähnen, um bestimmte weitere Ermittlungen auch[kkk] gegen [12909] Herrn Müller. Allerdings ist da auch die Frage, weil Sie gerade darauf kommen, ob man eigentlich die Angaben von Herrn Müller, betreffend die Sprengstoffanschläge im Jahre 1975, auch verwertet hat für sein eigenes Strafverfahren oder nicht?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, das war nicht meine Aufgabe. Ich habe ihn weder befragt noch vernommen, noch hatten wir Unterlagen. Wir hatten lediglich Ablichtungen zur Kenntnisnahme ...

RA Schi[ly]:

Ich frage das auch nicht deshalb - entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbreche - ich frage das auch nicht deshalb, weil ich, das weiß ich ja nun inzwischen von Ihnen, daß Sie da nicht Vernehmungen durchgeführt haben, auch keine Gespräche. Aber Sie kennen ja das Ermittlungsverfahren; und insofern werden Sie vielleicht auch Kenntnis davon haben, ob diese Unterlagen auch in das Strafverfahren von Herrn Müller eingegangen sind ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Da kann ich Ihnen keine Antwort darauf geben, weil ich es nicht weiß.

RA Schi[ly]:

... bewußt, Herr Zeuge, um das [lll] mal etwas markanter zu formulieren, diese Unterlagen aus den Akten von Herrn Müller herausgelassen hat, einfach um ihn vielleicht ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, Herr Rechtsanwalt. Zu dem Zeitpunkt war das Verfahren Müller durch die Bundesanwaltschaft an die Staatsanwaltschaft Hamburg abgegeben. Sachbearbeitende Dienststelle war damit die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Kriminalpolizei Hamburg.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas von einem Banküberfall in Hannover, den der Herr Müller geschildert hat?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja ich weiß davon, daß Herr Müller den geschildert hat.

RA Schi[ly]:

Ist da irgendwie gegen Herrn Müller ermittelt worden, ob er daran beteiligt war?

Zeuge Ha[bekost]:

Es ist allen Hinweisen, allen Erklärungen in diesen Dingen, in dieser Befragung nachgegangen worden - habe ich schon einmal gesagt - ohne Rücksicht auf die Person.

RA Schi[ly]:

Ich frage konkret, ist ermittelt ... sind weiterführende Ermittlungen, ob Herr Müller an dem Banküberfall in Hannover teilgenommen hatte, durchgeführt worden?

[12910] Zeuge Ha[bekost]:

Speziell auf Müller bezogen sind keine Ermittlungen angestellt worden.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Müller ...

Zeuge Ha[bekost]:

Zumindesten weiß ich nichts davon. Ich weiß nicht, ob eine andere Dienststelle es gemacht hat. Wir sind ja nicht Ausgangspunkt dieser Befragung oder Vernehmungsprotokolle gewesen.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Müller in seinen Darstellungen durchaus zu differenzieren weiß bei Beobachtungen, die er aus eigener Kenntnis oder vom Hörensagen zum Besten gibt?

Zeuge Ha[bekost]:

Das hat er in der Vernehmung, die ich gemacht habe, zumindesten immer gesagt, ob er das aus eigenem Erleben kennt oder nur vom Hörensagen. Und[mmm] er hat auch die Person bezeichnet dann, von wem er es gehört hat.

RA Schi[ly]:

Das tut er auch bei Schilderung von Banküberfällen.

Zeuge Ha[bekost]:

Das weiß ich nicht. Ich habe Herr Müller nicht zu Banküberfällen vernommen.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, wann ist Ihnen der Auftrag erteilt worden für diese Vernehmung von 31. März?

Zeuge Ha[bekost]:

Das war unmittelbar davor. Da kann ich nicht den Tag sagen. Es kann der 30. gewesen sein, es kann der 29. gewesen sein.

RA Schi[ly]:

Es war aber ganz kurz davor, nicht?

Zeuge Ha[bekost]:

Es war ganz kurz davor, ja.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie zufällig auch noch, wann der Auftrag der Bundesanwaltschaft erteilt worden ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Das lag auch nicht viel weiter davor. Das ist auch Tage vorher gekommen.

RA Schi[ly]:

Wußten Sie, daß Herr Müller da gerade eine 10jährige Freiheitsstrafe bekommen hatte in Hamburg, und daß die Rechtsmittelfrist der Staatsanwaltschaft abgelaufen war?[32]

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Sie nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

War Ihnen bekannt, als Sie den Ermittlungsauftrag erhalten haben, daß zu diesem Zeitpunkt das Strafverfahren gegen Herrn Müller vor dem Landgericht Hamburg beendet war und daß zu diesem Zeitpunkt auch die Rechtsmittelfrist der Staatsanwaltschaft abgelaufen war, so daß das Urteil, was die [12911] Staatsanwaltschaft anbetrifft, rechtskräftig war.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich wußte, daß er in Hamburg verurteilt worden ist. Aber wann die Frist der Rechtsmitteleinlegung verlaufen ist, wußte ich nicht.

RA Schi[ly]:

Sie haben ja diese Unterlagen gesehen, die in Hamburg angefertigt worden ist. Da findet sich also neben der Unterschrift von Herrn Opitz, Herrn Petersen, mitunter noch andere Unterschriften u.a. auch mal Matthis mit der Bezeichnung MS. Ist das eine Bezeichnung für eine Schreibkraft oder?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich nehme an, daß das die Maschinenschreiberin ist. Ich habe die Protokolle nicht gemacht.

RA Schi[ly]:

Ach so, Sie[nnn] kennen diese Abkürzung nicht bei Ihnen. Ich wollte es nur wissen zu meiner ...

Vors.:

Das ist beim letzten Mal geklärt worden ...

RA Schi[ly]:

Gut. Da war ich ja nicht zugegen. Gut, also MS heißt Maschinenschreiberin.

Sagen Sie, in den Unterlagen, die Sie da gesehen haben aus Hamburg, waren da auch Unterlagen über einen Schußwechsel, der in Hamburg staatgefunden haben soll und bei dem ein Polizeibeamter zu Tode gekommen ist?[33]

Zeuge Ha[bekost]:

Daran kann ich mich nicht erinnern, ob die auch dabei waren.

RA Schi[ly]:

Aber Sie kennen solche Unterlagen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kenne Unterlagen aus Hamburg. Aber an eine solche Unterlage kann ich mich nicht erinnern.

RA Schi[ly]:

Ja kennen Sie Angaben von Herrn Müller zu diesem Vorfall?

Zeuge Ha[bekost]:

Da sind auch Anlagen dabei, die ich aber nicht gelesen habe.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie denn ...

Vors.:

Das ist mißverstanden. Die Frage lautete, ob Sie Angaben Müllers zu diesem Komplex kennen. Der Herr Zeuge hat Anlagen verstanden und hat jetzt die Antwort hinsichtlich der Anlagen gegeben. Also zum Komplex Hamburg ...

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, kenne ich nicht.

RA Schi[ly]:

Ich hatte Sie so verstanden. Es sind Angaben von Herrn Müller vorhanden, aber Sie kennen sie nicht. Habe ich Sie da richtig verstanden?

[12912] Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe zu Anfangs meiner Vernehmung gesagt, daß wir Ablichtungen der Protokolle oder Vermerke bekommen haben, die die Hamburger gemacht haben. Ob die vollzählig sind, darüber hatten wir gar keine Kontrolle und das haben wir auch nicht nachgeprüft. Die dort gefertigten Protokolle sind an die Bundesanwaltschaft gegangen von der Polizeidienststelle in Hamburg. Das war nicht unsere Sache.

RA Schi[ly]:

Herr Habekost, ich hatte Sie aber eben so verstanden, wenn ich Sie richtig gehört habe, es sind Angaben von Herrn Müller zu diesem Schußwechsel vorhanden, ich kenne sie aber nicht.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kann es nicht sagen, ich kenne solche Angaben nicht.

RA Schi[ly]:

Wird der Herr Müller eigentlich noch gegenwärtig weiter vernommen in diesem Verfahren?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich nicht sagen, ich vernehme ihn nicht weiter.

RA Schi[ly]:

Das könnten Sie ja auch vielleicht so aus Ihrer Kenntnis wissen.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich bin seit gestern wieder im Dienst. Gestern war ich zum Prozeß[ooo] in Kaiserslautern. Heute bin ich hier. Ich habe mit keinem meiner Kollegen gesprochen. Ich war drei Monate nicht im Dienst.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, wie die Vernehmung zustande gekommen ist, die dann noch für ein, man könnte sagen, benachbartes Verfahren durchgeführt worden sein soll. Oder fällt das auch in die Zeit, in der Sie dienstunfähig waren?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich weiß nicht, was Sie ansprechen, aber das ist mir nicht geläufig.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen etwas darüber bekannt, daß Herr Müller zu irgendeinem Zeitpunkt von Ermittlungsbeamten eine Zusage gemacht worden ist, daß seine Angaben zunächst einmal nur vertraulich behandelt werden, d.h., daß sie also nicht ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe Herr Müller ab 31.3. vernommen. Diese Vernehmung ist offiziell gemacht worden und die ist an die Staatsanwaltschaft gegangen. Eine andere Vernehmung oder solche Versprechungen oder Zusagen oder was habe ich nicht gemacht. Und darüber weiß ich auch nichts.

[12913] RA Schi[ly]:

Ja steht auf diesem Protokoll nicht auch zunächst mal der Stempel „VS-vertraulich“?

Zeuge Ha[bekost]:

Die ab 31.3.?

RA Schi[ly]:

Ja.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, es steht „VS-vertraulich“ drauf.

RA Schi[ly]:

Wer hat denn diese Anordnung getroffen?

Zeuge Ha[bekost]:

Diese Anordnung trifft unsere Dienststelle.

RA Schi[ly]:

Wer denn?

Zeuge Ha[bekost]:

Nur hat das mit der Vernehmung überhaupt nichts zu tun.

RA Schi[ly]:

Das ist eine andere Frage.

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, darüber kann ich Ihnen gar keine Auskunft geben.

RA Schi[ly]:

Aber die Anordnung hat Ihre Dienststelle getroffen.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja natürlich.

RA Schi[ly]:

Hat nicht die Bundesanwaltschaft ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann auch die Bundesanwaltschaft gewesen sein, und dann über unsere Dienststelle an mich. Aber das gehört meiner Ansicht nach überhaupt nicht zu der Vernehmung. Da habe ich keine Aussagegenehmigung dazu.

RA Schi[ly]:

Doch, doch, doch. Das gehört sicherlich zu den Umständen der Vernehmung, Herr Zeuge.

Zeuge Ha[bekost]:

Das sind interne Dinge, meine ich, wie wir eine Vernehmung machen. Denn bevor sie zur Bundesanwaltschaft oder zum Gericht geht, der VS-Schutz kann jederzeit wieder aufgehoben werden. Und zwar von der Dienststelle, die ihn erlassen hat.

RA Schi[ly]:

Also Sie können, also Sie konnten also selbstständig oder haben selbstständig diesen VS-Schutz da verfügt.

Zeuge Ha[bekost]:

Das habe ich nicht gesagt.

RA Schi[ly]:

Aber Ihre Behörde hat den verfügt.

Zeuge Ha[bekost]:

Meine Behörde.

RA Schi[ly]:

Und wann ist der verfügt worden? Mit Beginn des Ermittlungsverfahrens?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Ich nehme aber an. Das weiß ich nicht genau.

RA Schi[ly]:

Und wann ist der aufgehoben worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Der ist aufgehoben worden, als die Akten wahrscheinlich ans Gericht gingen. Das kann ich Ihnen aber nicht genau sagen, denn ...

[12914] RA Schi[ly]:

Ja nun, jetzt komme ich noch einmal auf meine frühere Frage zurück, Herr Zeuge. Sie sagten doch, Sie haben diese Unterlagen gesehen aus dem Jahr 75 oder haben das in 75 gesehen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, die habe ich gesehen.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie vielleicht aus dieser Kenntnis heraus, ob dem Herrn Müller bestimmte Zusagen gemacht worden sind hinsichtlich der ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe lediglich die Ablichtungen gesehen. Ich war bei keiner der Besprechungen dabei.

RA Schi[ly]:

Haben Sie vielleicht mit Herrn Opitz oder Herrn Petersen in dieser Richtung mal gesprochen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, darüber habe ich nicht gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, ob mit Herrn Müller eine Absprache getroffen worden ist, daß seine Angaben nur für ein bestimmtes Verfahren womöglich verwendet werden dürfen und für andere nicht.

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, solche Absprachen sind mir auch nicht bekannt.

RA Schi[ly]:

Sind die nicht bekannt.

Zeuge Ha[bekost]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sind Sie ganz sicher?

Zeuge Ha[bekost]:

Da bin ich ganz sicher.

RA Schi[ly]:

Haben Sie die Unterlage gesehen, in der, aus der sich ergab, daß der Herr Müller diese Lichtbildidentifizierung, ich glaub, wir hatten es ganz kurz schon mal angesprochen ...

Zeuge Ha[bekost]:

Das hatte ich schon gesagt, die habe ich gesehen.

RA Schi[ly]:

Diese Unterlage haben Sie gesehen.

Dann möchte ich noch einmal fragen, ich weiß jetzt nicht, notfalls muß ich halt dann die Unterbrechung beantragen und Erweiterung ... z.B. auf dieser Unterlage, aus der sich das ergibt, da wurden also 13 Lichtbilder vorgelegt, da ist Ihnen das Kennzeichen: T 97/75 VS-vertraulich. So eine Bezeichnung kehrt also bei verschiedenen Protokollen wieder. Man könnte denken, das ist also eine der Akten, die beim Bundeskriminalamt geführt werden. Es gibt vielleicht auch noch 99/75 und vielleicht noch andere. Vielleicht auch diese 110 usw. Und daß das dann die eigentlichen Akten sind, aus denen sich nur Auszüge bei dieser Akte 3 ARP befinden.

[12915] Rechtsanwalt Schlaegel verläßt um 11.50 Uhr den Sitzungssaal.

Dem Zeugen wird der Kopf von Blatt 129 der Akte 3 ARP 74/75 I (Ord. 128) - der übrige Teil des Blattes wird abgedeckt - vorgelegt.

Zeuge Ha[bekost]:

Ich darf dazu vielleicht allgemein sagen. Bei VS-Sachen ist es so, daß jede Dienststelle, die mit diesen Sachen zu tun hat, grundsätzlich ihre eigene VS-Tagebuchnummer drauf schreibt, beim Eingang und beim Rausgang. Das ist einwandfrei eine Tagebuchnummer von Hamburg. Das ist ganz klar zu ersehen aus dem Ding, das steht ja oben drüber.

RA Schi[ly]:

Haben Sie eigentlich mit Herrn Opitz und Herrn Petersen in jüngster Zeit mal gesprochen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ja, der Herr Petersen hat mich mal im Krankenhaus angerufen und hat mir gute Besserung gewünscht. Ansonsten habe ich keinen gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wann hat er Sie denn angerufen?

Zeuge Ha[bekost]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Wann hat er Sie denn angerufen?

Zeuge Ha[bekost]:

Als ich im Krankenhaus lag.

RA Schi[ly]:

Ja wann denn?

Zeuge Ha[bekost]:

Vor vier Wochen ungefähr.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie da schon Ihre Ladung zu der ...

Zeuge Ha[bekost]:

Da hatte ich noch keine Ladung.

Vors.:

Also das Datum Ihres Antrags, Herrn Habekost wiederholt zu hören, können Sie wohl selbst feststellen.

RA Schi[ly]:

Und danach hat er nicht mehr mit Ihnen gesprochen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, danach hat er nicht mehr mit mir gesprochen.

RA Schi[ly]:

Darf ich dann aber davon ausgehen, daß an sich ein guter auch persönlicher Kontakt zwischen Ihnen besteht. Zwischen dem Herrn Opitz und Ihnen?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe nicht nur mit Herrn Opitz und Petersen einen guten Kontakt, sondern mit allen Kollegen, mit denen ich zusammenarbeite im Land.

RA Schi[ly]:

Bestand dieser gute persönliche Kontakt auch im Jahre 1975?

[12916] Zeuge Ha[bekost]:

Die stammen nicht aus dem Jahre 1975, denn davon habe ich nur durch die Ablichtung erfahren, was ich mindestens schon fünfmal gesagt habe.

RA Schi[ly]:

Soll ich aus dieser Antwort entnehmen, daß Sie also im Jahre 75 mit Herrn Opitz und Herrn Petersen über den Fortgang der Gespräche mit Herrn Müller nicht gesprochen haben?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, da habe ich nicht gesprochen. Da war ich überhaupt nicht daran beteiligt. Wie Sie den Protokollen entnehmen können, war da ein anderer Beamter unserer Dienststelle daran beteiligt. Und das ist nicht tunlich, wenn wir uns jetzt mit der ganzen Dienststelle anlegen, nur weil irgendwo jemand befragt wird. Dann bleibt der Mann dabei und damit ist es aus.

RA Schi[ly]:

Aber wenn ich Sie recht verstanden habe, aber vielleicht habe ich Sie falsch verstanden, waren Sie doch irgendwie auch mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller beschäftigt.

Zeuge Ha[bekost]:

War ich auch, ja.

RA Schi[ly]:

Lag es dann nicht nahe, mal sich[ppp] nach dem Fortgang ... Wann haben Sie denn erstmals Unterlagen aus Hamburg gesehen. Haben Sie die auf einen Schwung bekommen oder haben Sie die so portionsweise bekommen?

Zeuge Ha[bekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen mit Sicherheit. Ich meine aber, daß die stoßweise kamen.

Rechtsanwalt Schlaegel erscheint wieder um 11.53 Uhr im Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Ja, konnten Sie vielleicht dann aus den Unterlagen zum Teil entnehmen, daß da noch was zu erwarten war. Haben Sie sich denn da nicht mal bei dem Herrn Opitz oder dem Herrn Petersen erkundigt?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, das habe ich nicht. Ich habe Ihnen ja gesagt, es war ein anderer Kollege unseres Amtes damit beschäftigt.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie eigentlich einen Journalisten namens Schwarberg?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, den kenne ich nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mal Gespräche mit Journalisten geführt, die [12917] irgendwie für Gespräche mit Herrn Müller vorgesehen waren?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe solche Gespräche nicht geführt.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie mal etwas zu tun mit der Frage, daß der Herr Müller Angaben gemacht hat über eine angebliche Ermordung von Ingeborg Barz?[34]

Zeuge Ha[bekost]:

Das habe ich auch gelesen in den Ablichtungen, die wir von Hamburg bekommen haben.

RA Schi[ly]:

Sind diese Angaben von Herrn Müller eigentlich dazu verwendet worden, auch in seinem eigenen Ermittlungsverfahren gegen ihn zu ermitteln wegen einer Beteiligung an der von ihm behaupteten Ermordung von Ingeborg Barz?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich kann Ihnen das nicht sagen. Das Verfahren war abgegeben an die Staatsanwaltschaft Hamburg. Sachbearbeitende Dienststelle war die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Kriminalpolizei in Hamburg.

RA Schi[ly]:

Ich dachte, das Ermittlungsverfahren in dieser Sache sei bei der Bundesanwaltschaft geführt worden?

Zeuge Ha[bekost]:

Welches Ermittlungsverfahren meinen Sie?

RA Schi[ly]:

Wegen des angeblichen Todesfalles Ingeborg Barz.

Zeuge Ha[bekost]:

Das ist wiederum beim Bundeskriminalamt geführt worden, bei uns in Bad Godesberg.

RA Schi[ly]:

Ja sehen Sie, und das wollte ich nun wissen, ob der Herr Müller da in diese Ermittlungen einbezogen worden ist?

Zeuge Ha[bekost]:

Es lagen ja die Angaben des Müller’s zugrunde. Diese Angaben haben wir versucht, zu überprüfen.

RA Schi[ly]:

Ja, ja. Aber er schildert doch da bestimmte Vorfälle; und er soll auch selber einen Platz ausgesucht haben, wo nachher die Leiche von Ingeborg Barz vergraben werden sollte. Also man könnte so bei ...

Zeuge Ha[bekost]:

An diese vermeintliche Stelle ...

RA Schi[ly]:

Ob von Beihilfe oder sonstwie redet, will ich jetzt nicht differenzieren. Aber immerhin könnte man daran denken, daß auch der Herr Müller nun vielleicht irgend etwas Strafbares dabei getan haben könnte, nach seinen eigenen Bekundungen das ist ja ...

Zeuge Ha[bekost]:

Wir hatten gar keinen Grund zu der Annahme. Denn jemand, der einen Mord begeht, wird das nicht freiwillig der Polizei zur Kenntnis geben, wenn dafür gar keine Anhaltspunkte vorliegen.

[12918] RA Schi[ly]:

Ach so, wenn Sie also von jemanden hören, daß er was erklärt, wo er auch seine eigene Tatbeteiligung irgendwie, dann ist das für Sie vollkommen obsolet, weil Sie davon ausgehen ...

Zeuge Ha[bekost]:

Ja nun, Sie haben gesagt, ob wir nicht auf den Gedanken gekommen wären, daß der Müller daran beteiligt war. Das heißt, daß er selbst Mit-Mörder oder -Gehilfe[35] gewesen wäre.

RA Schi[ly]:

Ja genau, ja.

Zeuge Ha[bekost]:

Ja nun, wir gehen aber davon aus, wenn uns jemand eine solche Angabe macht, die bislang nie bekannt war, wo nie etwas darüber geschrieben stand, nie irgendwo was gehört hat, daß der sich nicht bei der Polizei meldet und sagt, ich weiß ja, ich habe jemand ermordet, wo es überhaupt keine Leiche gab. Das glaube ich nicht.

RA Schi[ly]:

Ich hatte Ihnen schon Glück gewünscht zu Ihrer langjährigen Kriminalbeamtentätigkeit, Herr Zeuge; aber ich könnte mir vorstellen, daß Ihnen das in Ihren 20 Jahren schon mal vorgekommen ist, daß mitunter Leute dann zur Kriminalpolizei ...

Zeuge Ha[bekost]:

Mir ist das noch nicht vorgekommen.

RA Schi[ly]:

Bei Ihnen ist es noch nicht vorgekommen. Wir haben aber die Angaben von dem Herrn Müller. Und haben Sie da nicht einmal geprüft, ob auch dieser Sachverhalt, den er schildert, auch ein eigenes strafbares Verhalten enthält?

Zeuge Ha[bekost]:

Aus diesen Angaben ist ein eigenes Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sachbearbeiter war ich nicht in diesem Ermittlungsverfahren. Ich kann also nicht weitergehen. Ich kann Ihnen jetzt nicht 100%ig, es kann durchaus möglich sein, daß auch gegen Müller ermittelt worden ist, was ich nicht glaube.

RA Schi[ly]:

Oder war es so, daß das Verhandlungsklima mit Herrn Müller auch insoweit nicht verschlechtert werden sollte, daß man ihn vielleicht noch mit einem so unangenehmen Ermittlungsverfahren überziehen wollte?

Zeuge Ha[bekost]:

Ich habe schon einmal gesagt, wir haben alle Angaben, die Müller gemacht hat, überprüft. Und zwar ohne Rücksicht darauf, wer durch diese Angaben belastet wird. Und da wurde Müller mit einbezogen.

[12919] RA Schi[ly]:

Wissen Sie denn etwas darüber - ich hoffe, daß es keine Wiederholungsfrage ist, dann bitte ich mich zu unterbrechen - ob alle Unterlagen, die Sie gesehen haben aus Hamburg kommend oder sonstwie auf Ihren Tisch gelangt sind, auch in die Akte des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Müller eingegangen sind oder daß dann vielleicht aus diesen Unterlagen neue Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller geworden sind?

Vors.:

Die Frage ist beantwortet. Der Herr Zeuge sagte, das sei an die Staatsanwaltschaft Hamburg abgegeben worden das Verfahren, alle diese Unterlagen. Er habe keinen Einblick.

Zeuge Ha[bekost]:

Der Herr Rechtsanwalt meint sicher die Vernehmungsprotokolle und[qqq] Befragungsberichte, die 1975 gemacht worden sind.

RA Schi[ly]:

Genau, ja.

Zeuge Ha[bekost]:

Die sind in das ARP-Verfahren gegangen. Und das ARP Verfahren habe ich nie gesehen.

RA Schi[ly]:

Also die sind nicht an die Staatsanwaltschaft in Hamburg gegangen?

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, das ist zur Bundesanwaltschaft gegangen, soviel ich weiß.

Vors.:

Ja nun, es war ja jetzt die Frage, verzeihen Sie, damit das ganz klar ist, die Frage war ja gerichtet, welche Aktenteile eingegangen sind in das Hamburger Gerichtsverfahren. Und da sagten Sie doch vorhin, das wüßten Sie nicht.

Zeuge Ha[bekost]:

Das Ermittlungsverfahren, was zunächst bei uns geführt worden ist gegen Müller wegen des Verdachts der Beteiligung einer kriminellen Vereinigung, ist von uns bearbeitet worden, [rrr] ist von uns an die Bundesanwaltschaft gegangen. Die Bundesanwaltschaft hat dieses Verfahren abgegeben an die Staatsanwaltschaft Hamburg.[36] Dort ist dann das Ding angeklagt worden.

Vors.:

Aber Sie sagten vorhin, wenn ich es recht in Erinnerung habe, Sie hätten keinen Einblick mehr, welche Akten dann dem Gericht ...

Zeuge Ha[bekost]:

Nein, da habe ich ja nichts mehr mit zu tun.

RA Schi[ly]:

Ja aber dann muß ich Ihnen den Widerspruch vorhalten. Denn eben auf meine Frage, Herr Zeuge, haben Sie gesagt, [12920] die sind nicht nach Hamburg gegangen, sondern die sind nur in die Akte 3 ARP gegangen.

Zeuge Ha[bekost]:

Dann haben wir uns mißverstanden. Ich gehe davon aus, daß Sie meinen, wo die Unterlagen geblieben sind, die in Hamburg erstellt worden sind 1975.

RA Schi[ly]:

Genau, die meine ich ja.

Zeuge Ha[bekost]:

Und diese Unterlagen die sind von den Hamburgern an die Bundesanwaltschaft geschickt worden.

RA Schi[ly]:

Und nicht an die Staatsanwaltschaft in Hamburg.

Zeuge Ha[bekost]:

Das weiß ich nicht, ob die auch an die Staatsanwaltschaft in Hamburg gegangen sind. Ich war nicht Sachbearbeiter; die Sachbearbeiter waren die Hamburger Kollegen.

RA Schi[ly]:

Ja und soweit Sie Unterlagen hatten, haben Sie sie dann weitergegeben an die Staatsanwaltschaft in Hamburg?

Zeuge Ha[bekost]:

Wir?

RA Schi[ly]:

Ja.

Zeuge Ha[bekost]:

Wir haben die nicht weitergegeben an die Staatsanwaltschaft Hamburg.

RA Schi[ly]:

Ich habe hier durch Akteneinsicht festgestellt, Herr Zeuge, daß eigentlich zum Teil Aktenführung in der Form durchgeführt worden ist, daß dann beispielsweise eine Arbeitsgemeinschaft oder eine Sonderkommission oder was gebildet worden ist; und dann steht in der Verfügung über die Aktenführung, wer nun entsprechende Kopien enthält von solchen Akten. Also beispielsweise die Staatsanwaltschaft, das Bundeskriminalamt, amerikanische Dienststellen und ...

OStA Z[eis]:

Der CIA-Dampfer, Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Dampfer? Ich wußte nicht, daß es ein Dampfer ist. Aber wenn Sie es meinen.

Vors.:

Jetzt darf ich doch bitten, nochmals die Frage zu formulieren. Es ist nicht erkennbar, um was es jetzt geht.

RA Schi[ly]:

Ja jetzt muß ich erst mal von dem Dampfer wieder runterkommen.

Zeuge Ha[bekost]:

Über Kommissionen und so, damit wir uns klar sind, kann ich sowieso keine Angaben machen.

RA Schi[ly]:

Über was?

Zeuge Ha[bekost]:

Über Kommissionen, die bei uns gebildet werden und wie das verschickt wird, mache ich Ihnen sowieso keine Angaben. [12921] Ich mache lediglich Angaben über die Vernehmung des Müller.

RA Schi[ly]:

Ja ich will nur allgemein wissen, ob Sie nicht ...

Zeuge Ha[bekost]:

Auch allgemein mache ich dazu keine Angaben.

RA Schi[ly]:

Ich muß es dann fragen und Sie werden dann[sss] sagen, Sie haben keine Aussagegenehmigung. Ich werde dann eine Aussagegenehmigung beantragen, Herr Zeuge.

Ende von Band 764

[12922] Zeuge Hab[ekost]:

Ja bitte.

RA Schi[ly]:

Ist es so, daß bei solchen Akten eine Original-Akte vorhanden ist und dann eine entsprechende Verfügung getroffen wird, wer Kopien von diesem Original erhält, so daß jeder Sachbearbeiter eigentlich auch die Übersicht haben müßte, wohin gehen Kopien?

Zeuge Hab[ekost]:

Das ist bei uns nicht üblich, das kann ich Ihnen sagen: Wir machen ein Original. Das Original geht zur Staatsanwaltschaft oder zur Bundesanwaltschaft und ist später[ttt] die Gerichtsakte. Wir behalten lediglich eine Durchschrift für uns als Arbeitsakte.

RA Schi[ly]:

Also zum Teil ist es hier nicht so geschehen ... Also, ich setze das also als gerichtsbekannt voraus ...

Zeuge Hab[ekost]:

Auch[uuu] mit den Vernehmungen, die wir mit Müller gemacht haben[vvv], da ist es ganz genauso geschehen. Das Original haben wir in diesem Falle behalten und die Durchschrift ist an die Bundesanwaltschaft gegangen und zwar unverzüglich.

RA Schi[ly]:

Bei Müller ist das Original bei Ihnen geblieben?

Zeuge Hab[ekost]:

Da ist das Original bei uns geblieben zunächst.

RA Schi[ly]:

Warum ist denn da anders verfahren worden?

Zeuge Hab[ekost]:

Weil das Verfahren noch nicht abgegeben wurde. Ich habe gesagt von Verfahren, die wir abgeben.

RA Schi[ly]:

Wann haben Sie das Verfahren abgegeben?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe das Verfahren selbst nicht abgegeben, ich habe nach 14 Tagen, habe ich[www] schon gesagt, aufgehört mit der Vernehmung Müller.

RA Schi[ly]:

Ach so, Sie meinen jetzt wieder Ihr 1 BJs-Verfahren. Sind denn mal in irgendeiner Akte, Herr Zeuge, sämtliche Gespräche, also sämtliche Vermerke über Gespräche, bzw. Gesprächsversuche und Vernehmungen mit Herrn Müller mal zusammengefaßt worden?

Zeuge Hab[ekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir haben nur die Vernehmung Müller gemacht ab 31.3. Die sind zusammengepackt worden.

RA Schi[ly]:

Also wir haben beispielsweise hier, allerdings in Akten, die nicht zum Bestandteil der Gerichtsakten geworden sind, sondern hier irgendwo noch so in einem anderen Kämmerlein lagern, als Verfügungsakten oder wie man [12923] die bezeichnen will, also zur Disposition ...

Vors.:

Zur Einsicht den Herren Verteidiger, um es den Herrn Verteidigern zu vereinfachen.

RA Schi[ly]:

Eine Akte des Entgegenkommens und in der befinden sich nun Vermerke über Gespräche bzw. Gesprächsversuche mit Herrn Müller im Original. Und zwar eine ganze Reihe von solchen Vermerken. Und nun würde ich Sie gerne fragen, da sich aus diesen Vermerken auch ergibt, daß diese Gespräche weitergeführt worden sind unter bestimmten Motiven, wo sich die denn nun eigentlich befinden ...

Zeuge Hab[ekost]:

Darf ich fragen, von wem die Vermerke sind. Von welcher Dienststelle? Sind die von unserer Dienststelle gemacht worden? Sind die von mir gemacht worden?

RA Schi[ly]:

Ne, ne, die sind nicht von Ihnen gemacht worden.

Zeuge Hab[ekost]:

Da kann ich keine Auskunft darauf geben, weil ich das nicht weiß.

RA Schi[ly]:

Na ja, wenn Sie das nicht wissen, wissen Sie es nicht. Ich dachte vielleicht, Ihre Kenntnisse als Bearbeiter des, Mitbearbeiter des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Müller, würden [xxx] so weit reichen, daß Sie auch darüber was sagen können. Aber das ist nicht der Fall. Nein?

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, das ist nicht der Fall.

RA Schi[ly]:

Ja, dann habe ich an Herrn Habekost zur Zeit keine weiteren Fragen. Ich muß mir aber vorbehalten, wegen der Erweiterung der Aussagegenehmigung dann nochmal die erneute Ladung zu beantragen. Und aus formellen Gründen stelle ich also zunächst den Antrag,

die Vernehmung des Herrn Zeugen zu unterbrechen und eine erweiterte Aussagegenehmigung zu den Fragen, deren Beantwortung der Herr Zeuge unter Berufung auf seine, auf eine fehlende Aussagegenehmigung verweigert hat, einzuholen.

Vors.:

Bevor der Senat darüber entscheidet noch 2 Punkte, die zu klären sind. Es ist vorhin nicht ganz klar geworden, Sie haben ja erwähnt, die Vernehmungen hatten zum Gegenstand die Sprengstoffanschläge. Welche Rolle spielte da- [12924] bei Heidelberg. Waren Sie dabei beteiligt oder nicht beteiligt?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich meine, da war ich nicht mehr beteiligt an der Vernehmung Heidelberg.

Vors.:

Könnte also Ihre Aussage dahingegangen sein, daß Sie sagten, ich habe bei den Sprengstoffanschlägen die Vernehmung durchgeführt, nur nicht in Heidelberg?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich meine, ich habe Frankfurt vernommen und dann München und Augsburg[37] und dann habe ich aufgehört, meine ich, ich kann es aber nicht mehr mit Sicherheit sagen.

RA Schi[ly]:

Ich will Sie nicht unterbrechen, aber Sie haben meiner Meinung nach erwähnt, Heidelberg hätten Sie vernommen ...

Vors.:

Ja, das ist das, warum wir nachhaken.

RA Schi[ly]:

... und haben dann auch 4 Personen erwähnt. Und ich habe ja dann abgebrochen, aber bitte.

Vors.:

Genau das ist der Grund, warum wir eingreifen. Ich kann Ihnen das vorhalten, man hat ja die Akten hier. In Heidelberg haben Sie, wie Sie schon eben andeuteten, nicht vernommen, jedenfalls auf den Vernehmungsprotokollen betreffend Heidelberg taucht Ihr Name und Ihre Unterschrift nicht auf.

Zeuge Hab[ekost]:

Ja, wenn ich Heidelberg gesagt habe, dann war es ein Irrtum, ich meine natürlich Frankfurt.

Vors.:

Und das, was wir eigentlich ...

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, das war ein Irrtum. Ich habe zu Heidelberg hier nicht vernommen.

Vors.:

Also Sie haben erwähnt, Sie waren beteiligt Augsburg, München, Frankfurt ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ich meine, ich habe mit Frankfurt angefangen und dann Augsburg/München noch gemacht und dann aufgehört.

Vors.:

Und Karlsruhe.[38]

Zeuge Hab[ekost]:

Und den Anschlag auf den Richter Buddenberg.

RA Schi[ly]:

Weil es jetzt in den Sachzusammenhang gehört, würde ich gerne an der Frage nochmal anknüpfen. Sie werden sich erinnern Herr Zeuge, daß ich Sie gefragt habe wegen Widersprüchen zwischen den Unterlagen, die Sie im Jahre 1975 [12925] gesehen haben und Angaben des Herrn Müller dann im Jahre 76. Mit Rücksicht auf diesen Sprengstoffanschlag in Frankfurt sind Ihnen da irgendwelche Widersprüche, haben Sie Widersprüche festgestellt zwischen den Angaben, die Herr Müller früher gemacht hatte?

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, die habe ich auch nicht festgestellt.

RA Schi[ly]:

War der Herr Opitz und der Herr Petersen da zugegen, als diese Vernehmung hinsichtlich ...

Zeuge Hab[ekost]:

Das kann ich nun nicht mehr mit Sicherheit sagen, an welchem Tag. Ich habe jeweils unter die Vernehmung geschrieben, wer bei der Vernehmung anwesend war oder nicht.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, ist das eigentlich nicht doch nützlich, gerade bei solchen Vernehmungen, die vielleicht für die Bundesanwaltschaft eine besondere Bedeutung haben, dann auch festzuhalten, wer bei welcher Passage zugegen ist, Herr Zeuge. Vor allen Dingen wenn Ihr Gedächtnis dann so schwach ist, daß Sie nach einem ½ Jahr nicht mehr sagen können, wer bei was zugegen war?

Zeuge Hab[ekost]:

Es ist ja festgehalten worden, wer ...

RA Schi[ly]:

Ja, da steht nur zeitweise und Sie sagen, ich weiß nicht mehr, war er da, war er nicht da.

Zeuge Hab[ekost]:

Ja nun, ich kann doch nicht sagen, ob nun im Augenblick der Herr Opitz da war oder der Herr Petersen da war über den Zeitraum. Es war jeden Tag jemand da von den beiden. Es waren auch mal beide zusammen da.

RA Schi[ly]:

Kann man so sagen, daß mindestens immer einer von den beiden Herrn da war?

Zeuge Hab[ekost]:

Es war immer einer da, bis auf wenige Augenblicke.

RA Schi[ly]:

So daß man den Schluß ziehen kann ...

Zeuge Hab[ekost]:

Aber in der Hauptsache war Herr Petersen da.

RA Schi[ly]:

Aber man kann den Schluß vielleicht ziehen, daß also, wenn hier eine längere Abhandlung ist über Sprengstoffanschlag in Frankfurt in Ihrem Protokoll, daß dann mindestens zeitweise einer der Herren anwesend war?

Zeuge Hab[ekost]:

Den Schluß können Sie ziehen, ja.

RA Schi[ly]:

Kannten Sie denn überhaupt Unterlagen aus dem [12926] Jahr 75, in denen der Herr Müller den Sprengstoffanschlag in Frankfurt schildert?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich kann mich an solche Unterlagen nicht erinnern. Ich weiß nicht, ob wir sie hatten. Ich kann mich an solche Unterlagen nicht erinnern.

RA Schi[ly]:

Wir haben, aus der Akte 3 ARP haben wir solche Unterlagen. Meinen Sie, Sie haben weniger bekommen als die Bundesanwaltschaft zur Überwachung und Beobachtung?

Vors.:

Ja, was ist nun die Frage? Die Frage nach der Meinung des Herrn Zeugen oder um was geht es jetzt konkret.

RA Schi[ly]:

Es war ein Vorhalt, daß wir Unterlagen darüber in der Akte 3 ARP haben und nun die Frage an den Herrn Zeugen, ob nach diesem Vorhalt er sich doch nicht noch erinnern kann, daß er solche Unterlagen vielleicht auch im Jahre 75 gesehen hat.

Zeuge Hab[ekost]:

Ich kann mich daran nicht erinnern, ob auch Unterlagen über Sprengstoffanschläge da waren. Wir hatten auch gar keine Vergleichsmöglichkeiten, was nun dahingegangen ist und was wir hatten. Denn wir haben das ARP-Verfahren nie bei uns in Godesberg gehabt. Wir haben gar keine Kenntnis darüber gehabt bis zu dem Zeitpunkt, als der Müller hier ausgesagt hat. Also Vergleichsmöglichkeiten, was wir haben und was da ist, haben wir gar nicht gehabt.

RA Schi[ly]:

Nur soweit Sie zufällig aus Hamburg irgendwelche Protokolle gesehen haben.

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe Sie nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Sie hatten die Vergleichsmöglichkeiten dann nach Ihrer Aussage wohl nur, soweit sie zufällig irgendwelche Unterlagen aus Hamburg gesehen haben.

Vors.:

Bis jetzt hat natürlich der Herr Zeuge von keinem Zufall gesprochen, sondern soweit sie ihm vorlagen.

RA Schi[ly]:

Zufall insofern, als ich ja nun aus seinen Angaben entnehmen muß, daß er sich zur Vorbereitung dieser Vernehmung offenbar nicht mehr mit diesen Unterlagen beschäftigt hat, was ja doch vielleicht hätte nahegelegen.

[12927] Vors.:

Gut, also die Frage geht dahin, ob Sie von den Unterlagen nur soweit Kenntnis genommen haben, als sie Ihnen vorgelegen haben. Und insofern sehe ich eigentlich hinter der ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe zu Anfang ausgesagt, daß ich die Unterlagen nur 1975 eingesehen habe ...

RA Schi[ly]:

Ja, die Frage habe ich auch nicht gestellt, Herr Vorsitzender. Ich habe nicht gesagt; das wäre ja wohl auch eine etwas unsinnige Frage.

Vors.:

So sagte ich, nicht viel Sinn könnte ich dann dahinter sehen.

RA Schi[ly]:

Ich würde vorschlagen, daß Sie meine Fragen nicht so umformulieren, daß sie unsinnig werden, denn ich hatte eine sinnvolle Frage gestellt.

Vors.:

Ich habe nur den Zufall beanstandet, weil davon war nicht die Rede, aber ...

RA Schi[ly]:

Ja, den Zufall hatte ich ja versucht, zu erläutern, was ich damit meine. Ich bin auch gern bereit, dieses Wort „zufällig“ dann zu streichen und zu fragen, ob er die praktisch nur im Rahmen irgendeiner sonstigen Tätigkeit im Jahre 1975 Unterlagen gesehen hat, aus Hamburg oder sonstwo, oder ob er dann nachher zur Vorbereitung der Vernehmung sich diese Unterlagen noch einmal zu Gemüte geführt hat.

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe sie 1975 eingesehen und nicht zur Vorbereitung der Vernehmung benutzt.

RA Schi[ly]:

Gut dann ...

Vors.:

Dann ist noch 1 Punkt vielleicht mit einem Mißverständnis belastet. Sie sind gefragt worden, ob Sie wüßten, daß Müller hinsichtlich der Verwertung seiner Aussagen gewisse Einschränkungen mache. Wir haben zwei Vorgänge und Sie haben von zwei Vorgängen Kenntnis. Bleiben wir zunächst bei dem, den Sie selber miterstellt haben: 1 BJs 7/76.

Zeuge Hab[ekost]:

Da gab es überhaupt gar keine Einschränkungen. Es war von vornherein klar, daß diese Aussagen dem Gericht zugänglich gemacht werden.

Vors.:

Und nun die Frage, ist Ihnen aus den Unterlagen aus Ham- [12928] burg irgendwie zu Gesicht bekommen, daß er dort solche Einschränkungen gemacht hat?

Zeuge Hab[ekost]:

Das ist mir nicht bekannt.

Vors.:

Es ist in den Akten 3 ARP, die wir hier vorliegen haben, in Bl. 129 in einem Vermerk enthalten, daß Herr Müller bestimmte Einschränkungen machte. Hier dreht es sich um die Verwertung in einem Ehrengerichtsverfahren[39] aber nicht in einem Gerichtsverfahren. Ist Ihnen dieser Vermerk zu Gesicht gekommen?

Zeuge Hab[ekost]:

Das ist mir bekannt, das bezog sich meiner Ansicht nach nur auf seine Angaben bezüglich der Verteidiger.

Vors.:

Also jedenfalls Ihre Aussage vorhin, daß er Einschränkungen nicht gemacht habe, konnte ganz pauschal [yyy] verstanden werden.

Zeuge Hab[ekost]:

... bezog sich aber nur auf einen gewissen Komplex meine ich.

Vors.:

Dann ist das damit auch geklärt. Nur daß da nichts Falsches stehenbleibt.

RA Schi[ly]:

Dann habe ich eine andere Frage.

Vors.:

Bitte.

RA Schi[ly]:

Sie sagten jetzt Ehrengerichtsverfahren. Ist Ihnen denn in Erinnerung oder wissen Sie etwas davon, ob er dann vielleicht auch negativ gesagt hat für ein bestimmtes Verfahren, da möchte ich aber, daß die Angaben nicht verwertet werden?

Zeuge Hab[ekost]:

Einzelheiten sind mir überhaupt nicht bekannt. Ich habe mich nie darum gekümmert, weil das gar nicht meine Aufgabe war, ob da noch Ehrengerichtsverfahren laufen oder was weiß ich.

RA Schi[ly]:

Nein, nein ich sagte gerade, jetzt nicht um Ehrengerichtsverfahren, sondern daß er vielleicht gesagt hat, also für ein bestimmtes Strafverfahren, da sollen aber diese Angaben nicht verwertet ...

Zeuge Hab[ekost]:

Darüber ist mir nichts bekannt, nein.

RA Schi[ly]:

Also es ist Ihnen nur bekannt ...

Zeuge Hab[ekost]:

Das weiß ich, weil es in der Vernehmung drinsteht.

RA Schi[ly]:

Ja, ja, das mit dem Ehrengerichtsverfahren. Aber daß er gesagt hat „für ein bestimmtes Strafverfahren“, davon ist [12929] Ihnen nichts bekannt.

Zeuge Hab[ekost]:[zzz]

Darüber ist mir nichts bekannt nein.

Vors.:

Herr RA Künzel, bitte.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, Sie haben vorhin gesagt, wir - und dann sinngemäß fuhren Sie fort - haben die Angaben des Zeugen Müller alle ausgewertet und dann ohne Ansehen der Person, wieder sinngemäß, Strafverfahren eingeleitet. Waren Sie bei dieser Auswertung dabei und wen meinen Sie mit „wir“?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe schlecht verstanden, Sie meinen aus den Unterlagen 1975.

RA Kün[zel]:

Sie haben gesagt, „wir“ haben die Angaben Müllers ausgewertet ohne zu differenzieren zwischen den 1. und 2. - darauf kommt es auch nicht an - und haben dann Ermittlungen eingeleitet gegen Leute, die[aaaa] dann als Beschuldigte in Frage kamen. Meine Frage nun, wen meinen Sie mit dem „wir“ und waren Sie persönlich bei dieser Auswertung, worunter[bbbb] wohl auch eine Überprüfung der Angaben fällt, beteiligt.

Zeuge Hab[ekost]:

„Wir“ ist das Bundeskriminalamt und ich war persönlich daran beteiligt, ja.

RA Kün[zel]:

In welchen [cccc] einzelnen ... waren Sie bei der Auswertung der Angaben Müllers „Tod Barz“ beteiligt?

Zeuge Hab[ekost]:

Ja, da war ich beteiligt ja.

RA Kün[zel]:

Bei der Auswertung?

Zeuge Hab[ekost]:

Ja, ich weiß nicht, was Sie jetzt unter Auswertung verstehen. Wir haben das Ding auf Ermittlungsansätze[dddd] ausgewertet, wie gesagt. Und wir haben aufgrund dieser Aussagen auch Ermittlungsverfahren eingeleitet.

RA Kün[zel]:

Waren Sie auch bei der Überprüfung dieser Angaben beteiligt, etwa bei diesen Grabungen,[40] wo das gemacht wurde. Waren Sie da beteiligt?

Zeuge Hab[ekost]:

Bei welchen Überprüfungen?

RA Kün[zel]:

Bei der Überprüfung der Angaben, die Müller etwa zum Fall Barz macht?

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, an der[eeee] Überprüfung direkt war ich nicht beteiligt?

RA Kün[zel]:

Bei der Auswertung?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe das ausgewertet, ja.

[12930] RA Kün[zel]:

Da waren Sie also über die Vernehmung zu den Sprengstoffanschlägen hinaus jetzt in welchem Umfang an der Auswertung beteiligt und welche Unterlagen lagen Ihnen denn zur Auswertung vor?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe Sie nicht verstanden.

RA Kün[zel]:

Sie sagen, Sie seien bei der Auswertung beteiligt gewesen. Nun möchte ich schon wissen, welche Unterlagen, welche Angaben Müllers haben Sie mit ausgewertet?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe das nicht so ausgewertet, wie Sie es vielleicht verstehen. Wir haben das nach den Fakten ausgewertet, die Ermittlungsansätze bieten. Dazu gehörte alles, was gegen Personen oder auch Objekte gesagt worden ist. Selbst wenn sie nur mit Tarnnamen genannt worden sind, haben wir versucht, diese Fakten, die Müller angegeben hat, zusammenzutragen zu einem Ermittlungsverfahren, und die Person entweder oder das Objekt zu ermitteln.

RA Kün[zel]:

Dann gaben Sie den Anstoß für die Einleitung von Ermittlungsverfahren.

Zeuge Hab[ekost]:

Nur muß ich natürlich mich[ffff] jetzt auf meine Aussagegenehmigung berufen, denn das gehört nicht mehr zur Vernehmung des[gggg] Müller.

RA Schi[ly]:

Ich habe dann ...

Vors.:

Bitte.

RA Schi[ly]:

Jetzt haben Sie auf die Frage gesagt, wer an der Auswertung beteiligt war, das Bundeskriminalamt, aber wer denn nun konkret, Personen?

Zeuge Hab[ekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, das ist eine innerbetriebliche Angelegenheit. Ich kann Ihnen nicht sagen, wer bei uns auswertet und wer bei uns ermittelt und das läßt meine Aussagegenehmigung gar nicht zu.

RA Schi[ly]:

Ja nun waren Sie ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe Ihnen gesagt, daß ich daran beteiligt war und ...

RA Schi[ly]:

Waren Sie denn eigentlich auch noch in dem Ermittlungsverfahren tätig, das in dem Fall Barz eingeleitet worden ist von der Bundesanwaltschaft?

Zeuge Hab[ekost]:

Das Ermittlungsverfahren habe ich nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Im Fall Barz?

Zeuge Hab[ekost]:

Ja, da war ich zu Anfang noch mit beteiligt dran. [12931] Aber nur zu Anfang, d.h., die Hamburger Kollegen haben den Müller ausgeführt und haben versucht, die Stelle zu finden. Aber das gehört nicht zu meiner Aussage hier.

RA Schi[ly]:

Von wem haben Sie denn den Ermittlungsauftrag bekommen?

Zeuge Hab[ekost]:

Ich meine, das gehört nicht zu meiner Aufgabe jetzt, über die Vernehmung Müller auszusagen. Das ist ein ganz anderes Ermittlungsverfahren, zu dem habe ich[hhhh] gar keine Aussagegenehmigung. Und ich habe den auch nicht bekommen; ich habe gesagt, daß das Amt die Ermittlungsaufträge von der Bundesanwaltschaft kriegt.

RA Schi[ly]:

Haben Sie eigentlich da vielleicht sogar die Anfangsgespräche mit einem bestimmten Bundesanwalt geführt ...

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, ich ...

RA Schi[ly]:

... die dann zur[iiii] Einleitung des Ermittlungsverfahrens geführt haben?

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, die habe ich nicht geführt. So was tun in der Regel unsere Vorgesetzten.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn im Rahmen des Ermittlung-Verfahrens[jjjj] mit einem bestimmten Bundesanwalt nochmal gesprochen?

Zeuge Hab[ekost]:

Das mag durchaus möglich sein, daß ich mit einem Bundesanwalt gesprochen habe. Aber das kann ich Ihnen heute nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Sind dann eigentlich bestimmte Weisungen oder Genehmigungen von dem Herrn Generalbundesanwalt persönlich erteilt worden für dieses Ermittlungsverfahren?

Zeuge Hab[ekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, die kenne ich nicht.

RA Schi[ly]:

Daß[kkkk] es Ihnen vielleicht mitgeteilt worden, daß der Herr Generalbundesanwalt persönlich ...

Zeuge Hab[ekost]:

Die sind mir nicht zur Kenntnis gekommen.

RA Schi[ly]:

Sind Ihnen nicht zur Kenntnis gekommen?

Zeuge Hab[ekost]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sind Sie da sicher, ja?

Zeuge Hab[ekost]:

Da bin ich sicher, ja.

RA Schi[ly]:

Ja, es gibt hier in der Akte einen Vermerk. Wir haben nämlich diese Ermittlungsakte vor uns oder sind [12932] uns zugänglich gemacht worden, und da machen Sie einen Vermerk, den Sie unterschrieben haben sollen vom 30. April, und es wird von einem Gespräch mit Herrn BA Dr. Wunder berichtet und da wird auch Bezug genommen auf eine Erklärung des Herrn Generalbundesanwalts.

Zeuge Hab[ekost]:

Das ist mir, was Sie mir vorhalten, ist mir im Augenblick nicht erinnerlich. Ich sehe keinen Zusammenhang.

RA Schi[ly]:

Es sollen bestimmte Ermittlungsmaßnahmen, also wenn Sie mir den Ausdruck gestatten, von dem Herrn Generalbundesanwalt abgesegnet worden sein.

Zeuge Hab[ekost]:

Das weiß ich nicht, ob da bestimmte Ermittlungshandlungen abgesegnet worden sind. Selbstverständlich muß der Generalbundesanwalt, der Herr des Verfahrens ist, das, was wir machen, einsegnen.

RA Schi[ly]:

Ja ist das in solchen Verfahren immer geschehen, daß da also der Herr Generalbundesanwalt bei bestimmten Ermittlungsmaßnahmen ...

Zeuge Hab[ekost]:

Herr RA, ich meine, das gehört nicht zu meiner Aussagegenehmigung. Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

RA Schi[ly]:

Ja im Moment haben Sie doch erst mal was gesagt, das verstehe ich nicht. Einmal sagen Sie ...

Vors.:

Aber Sie, Herr RA Schily ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ich wollte Ihnen nur entgegenkommen, aber das gehört nicht her. Das müßte eigentlich jedem klar sein, daß der Herr des Verfahrens bestimmt, was in einem Verfahren geschieht.

Vors.:

Es ist also wirklich wünschenswert, ich meine, der Herr Zeuge ist hier sehr großzügig. Ich begrüße das und das vermeidet unter Umständen Wiederholungen, aber man muß nicht Fragen stellen, die nun eindeutig jenseits der Grenze dessen sind, was er möglicherweise beantworten kann aufgrund seiner Aussagegenehmigung. Es geht doch hier jetzt nicht darum, daß wir in diesem Verfahren die allgemeinen Praktiken in anderen, ähnlichen Fällen aufdecken.

RA Schi[ly]:

Nein, darum geht es auch nicht. Aber ...

Vors.:

Aber so klang Ihre Frage ...

[12933] RA Schi[ly]:

Nein, ich würde auch vorschlagen, daß Sie nicht den Klang meiner Frage beurteilen voreilig, Herr Vorsitzender. Das ist immer etwas schwierig, wenn Sie meinen, daß aus der Klangfarbe von[llll] Fragen irgendwelche Schlüsse ziehen zu wollen. Ich habe die Bedeutung von Fragen ...

Vors.:

Herr RA, wir wollen die Frage ...

RA Schi[ly]:

... einzuschätzen ... Frage unterhalten, ob die Fragen erheblich sind oder nicht, und da haben Sie ja jeweils das, die Aufgabe als Vorsitzender, erst zu prüfen. Sie haben die Frage ja zugelassen.

Vors.:

Sicher, aber ich sage, man muß natürlich nicht den Herrn Zeugen mit Fragen hier konfrontieren, von denen für jedermann ersichtlich sein muß, daß sie also weit neben dem liegt, was er beantworten kann und darum wollte ich bitten. Aber jetzt bitte ich, wenn weitere Fragen sind, sie zu stellen.

RA Schi[ly]:

Da möchte ich vielleicht nochmal auf die Frage zurückkommen, hat der Herr[mmmm] Generalbundesanwalt auch in anderen Phasen des Ermittlungsverfahrens auch gegen Herrn Müller vielleicht von seinen Befugnissen Gebrauch gemacht und hat Genehmigung erteilt, Zustimmung erteilt oder auch vielleicht bestimmte Anordnung getroffen oder Anregung gegeben, wie zu verfahren sei. Unter anderem auch, was nun das Schicksal der Unterlagen anbelangt, die über die und Gespräche und Vernehmungen[nnnn] mit Herrn Müller angefertigt worden sind.

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe ja gesagt, ich habe auf Weisung meiner Dienststelle, und die hat das sicherlich von der Bundesanwaltschaft, Müller vernommen. Und zwar zu den Sprengstoffdelikten, das wird sicher von der B. Anwaltschaft kommen.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, ich bin jetzt nicht interessiert an dieser Akte 1 BJs 7/76. Ich meine jetzt die Unterlagen aus dem Jahre 75.

Zeuge Hab[ekost]:

Diese Unterlagen wurden in Hamburg erstellt und von Hamburg direkt versandt. Wir haben lediglich von diesen Unterlagen Ablichtungen nach Godesberg bekommen.

[12934] RA Schi[ly]:

Ja nun, Sie wissen ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ich weiß nicht, was damit geschehen ist, ob da Absprachen, Erklärung, ob der Generalbundesanwalt da Anweisung gegeben hat, das kann ich Ihnen nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Aber, Sie waren doch der Mitbearbeiter ...

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, ich habe nur das fertige Produkt ausgewertet[oooo] ...

RA Schi[ly]:

Es wäre ganz gut, wenn Sie mich aussprechen lassen. Sie waren doch der Bearbeiter auch des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Müller?

Zeuge Hab[ekost]:

Unter anderem.

RA Schi[ly]:

Ja, Sie nicht allein. Wer war denn noch Mitbearbeiter?

Zeuge Hab[ekost]:

Das war der Herr Wolf.

RA Schi[ly]:

Und noch?

Zeuge Hab[ekost]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen, das hat aber mit meiner Aussage gar nichts zu tun.

RA Schi[ly]:

Ist denn nun im Rahmen der Frage, und Sie haben ja etwas auch gesagt über die Auswertung der Angaben von Herrn Müller, was da nun mit geschieht, ob die in die Akte 3 ARP eingehen oder ob man Sie in die Akten von Herrn Müller befördert, oder ob sie in die hiesigen Strafakten eingehen. Hat denn da der Herr Generalbundesanwalt bestimmte Anweisung dazu erteilt.

Zeuge Hab[ekost]:

Nein, das hat er nicht.

RA Schi[ly]:

Sind Sie sicher?

Zeuge Hab[ekost]:

Und wie wir auswerten und wie wir die Sachen ablegen, das sind sowieso betriebsinterne Dinge ...

RA Schi[ly]:

Ja hat er nun oder hat er nicht.

Zeuge Hab[ekost]:

Ich habe gesagt, ich habe das ausgewertet und habe die Fakten[pppp] zusammengetragen, die Müller angegeben hat, und aufgrund dieser Angaben haben wir Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die sind durchermittelt worden von anderen Kollegen, von mir nicht. Und mit welchem Ergebnis, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, daß das, was er über den „Pfirsich“ gesagt hat, der konnte identifiziert werden und auch[qqqq] der „STP“[rrrr] ich weiß nicht, wie der wirkliche Name heißt, das habe ich nicht gemacht, und darüber habe ich auch keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Herr Habekost, den Vermerk, den ich eigentlich [12935] Ihnen hätte vorhalten sollen, der betraf also eine sehr wichtige Frage, nämlich ob man nun Suchhunde einsetzen könne oder nicht ...

Zeuge Hab[ekost]:

Ja, das ist richtig, daran kann ich mich erinnern.

RA Schi[ly]:

... Herr Generalbundesanwalt nach diesem Vermerk höchstpersönlich, ich darf das Wort nochmal verwenden, also diese Maßnahme abgesegnet. Nun würde ich sagen, bitte, ich bin Laie, ich bin kein Kriminalbeamter, ist es vielleicht nicht so eine besonders wichtige Frage, ob da Suchhunde eingesetzt werden, aber bitte, das kann man sicherlich verschieden beurteilen. Aber die Frage, was nun bei solchen, offenbar mit der höchsten Geheimhaltungsstufe ausgestatteten Unterlagen wird, könnte man sich nun wiederum als Laie vorstellen, daß der Herr Generalbundesanwalt da durchaus vielleicht die Entscheidung an sich gezogen oder vielleicht mindestens an dieser Entscheidung beteiligt war; und diesen Vorhalt vorweg, haben Sie dann Anlaß, Ihre Erklärung doch noch zu verändern, daß der Herr Generalbundesanwalt daran nicht beteiligt war?

Zeuge Hab[ekost]:

Nun, ich kann das nicht für jedes Ermittlungsverfahren im einzelnen sagen, wie und wo ich mit dem Generalbundesanwalt gesprochen habe. Grundsätzlich ist es so, daß der Generalbundesanwalt als Herr des Verfahrens auch bestimmt, was gemacht wird. Und bei Suchhunden kann ich Ihnen sagen: das ging nicht darum, ob das die Polizei anordnet oder[ssss] ob das der GBA macht, sondern es ging darum, wer zahlt das, nur darum ging es.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn ...

Zeuge Hab[ekost]:

Und ich kann das nicht zahlen ...

RA Schi[ly]:

... im Jahr 75 persönlich Gespräche mit Herrn Generalbundesanwalt Buback geführt?

Zeuge Hab[ekost]:

Mit Herrn Buback habe ich noch nicht gesprochen, nein.

RA Schi[ly]:

Überhaupt noch nicht.

Zeuge Hab[ekost]:

Sicher habe ich schon mit ihm gesprochen, aber nicht in diesem Verfahren.

[12936] RA Schi[ly]:

75 auch nicht?

Zeuge Hab[ekost]:

Auch nicht, 75 nein.

Vors.:

Keine Fragen mehr?

(nach geheimer Umfrage)

Dann hat der Senat den Beschluß bekanntzugeben:

Der Senat sieht bei Beachtung seiner Aufklärungspflicht keinen Anlaß, aufgrund der von der Verteidigung gestellten vom Zeugen unter Hinweis auf seine Aussagegenehmigung nicht beantworteten Fragen auf eine Ausdehnung der Aussagegenehmigung hinzuwirken.

Ich sehe deswegen auch keinen Anlaß, die Vernehmung zu unterbrechen, sondern beabsichtige, den Herrn Zeugen zu beeidigen und zu entlassen.

RA Schi[ly]:

Ich habe noch einen Antrag vorweg.

Vors.:

Muß das vor ...

RA Schi[ly]:

Ja, es ist auch wiederum ein Unterbrechungsantrag. Und der betrifft natürlich auch in gewissem Umfange den Zeugen, Herrn Habekost.

Vors.:

Ja nur wenn es auf eine wiederholte Vernehmung hinausliefe wäre das notwendig.

RA Schi[ly]:

Ja genau. Es tut mir leid, vielleicht ist es auch nicht notwendig, daß während der Antragsbegründung der Herr Zeuge hier wartet. Ich kann Ihnen ankündigen, es geht darum, ich kann ja vielleicht erst mal den Antrag zu Protokoll geben; ich stelle den Antrag,

die Hauptverhandlung zu unterbrechen bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln ...

Nach einer unverständlichen Bemerkung eines Vertreters der Bundesanwaltschaft:

Vors.:

Also die Meinungen sind verlautbar inzwischen ...

RA Schi[ly]:

Ist das jetzt die gerichtsgemäße Verlautbarung von Meinungen, neuerdings ja?

Vors.:

Es ist nicht ein Wort gesprochen worden, soweit ich es verstanden habe, sondern nur gebrummt worden dazu und zwar vernehmbar. Ich bitte also jetzt fortzufahren. Ich glaube nicht, daß die Form so war, daß Sie eine Rüge erwarten.

RA Schi[ly]:

Ich erwarte gar nichts von Ihnen, Herr Vorsitzender, die Rügen gehen immer nach links bei Ihnen.[41] Das kennen wir schon.

[12937] Vors.:

Verstehen Sie sich unter „links“, weil Sie gerade ...?

RA Schi[ly]:

Ja sicher, das ist sicher, da können Sie ganz beruhigt sein, nicht, und vielleicht verstehen Sie auch manche sehr rechts.

Ich stelle den Antrag,

die Hauptverhandlung zu unterbrechen bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln.

Vors.:

Herr RA, ich sehe, Sie haben jetzt den Antrag angekündigt, er kann selbstverständlich gestellt werden, aber ich sehe keine Notwendigkeit, den Herrn Zeugen deswegen hierzubehalten und nicht über seine evtl. Entlassung zu befinden, es sei denn, dieser Antrag würde sich direkt auf die Vernehmung des Herrn Zeugen beziehen.

RA Schi[ly]:

Ja, wenn Sie wenigstens den Antrag zu Protokoll geben lassen würden, dann würden Sie es daraus erkennen.

Vors.:

Ja, ich meine, wollen Sie die Begründung vortragen oder nur den Tenor reinbringen.

RA Schi[ly]:

Ich wollte ja versuchen, zu vermitteln, wenn ich Ihnen nämlich den Gegenstand vielleicht der Klage hier bekanntgebe, dann wird es vielleicht verständlich.

Vors.:

Es ist nur die Frage, können wir nicht den Herrn Zeugen jetzt entlassen. Jedenfalls wenn das Gericht von sich aus keinen Grund sieht. Sie können ja dem widersprechen und dann Ihren Antrag stellen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich möchte ja eben auch die Vernehmung ...

Vors.:

Also dann tragen Sie vor.

RA Schi[ly]:

... und zwar bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln in dem Verwaltungsstreitverfahren Baader gegen die Bundesrepublik Deutschland, - wobei ich anmerken darf, daß sich auch Frau Ensslin in diesem Verwaltungsstreitverfahren anschließen wird - das ist ein Antrag nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung[42] ...

Vors.:

Ist das das, was Herr Dr. Heldmann heute früh dem Gericht schon mitgeteilt hat?

RA Schi[ly]:

Ja. Und da geht es, also ich will jetzt nochmal den Gegenstand bekanntgeben, jetzt nicht die gesamte Begründung, ich weiß nicht, liegt Ihnen eine Abschrift vor?

[12938] Vors.:

Ja. (siehe Anlage 1 a zum heutigen Protokoll)

RA Schi[ly]:

Der Antrag vor dem Verwaltungsgericht lautet: „Im Wege der einstweiligen Anordnung wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung den Antragsgegner“ - das wäre also die Bundesrepublik Deutschland - „zu verpflichten, die Sperrerklärung nach § 96[ StPO] hinsichtlich der Akte 3 ARP, der Akte der Bundesanwaltschaft, 3 ARP 74/75, aufzuheben“. Ich will das jetzt nicht weiter begründen, ich will jetzt nur klarmachen, inwiefern es mir darauf ankommt das auch im Zusammenhang mit dem Zeugen Habekost ... Auch der Herr Habekost kann ja nicht gefragt werden nach Unterlagen, Kenntnissen, die jetzt dieser noch Testierenden Sperrerklärung unterliegen. Und insofern ist es eben auch prozessual logisch, daß dieser Antrag einer endgültigen Beschlußfassung des Senats über Entlassung, Beendigung, Abschluß dieser Aussage vorausgeht. Ich will die Sache hier nicht zeitlich unbedingt verlängern. Also wenn Ihnen es ausreicht, daß Ihnen der schriftliche Antrag vorliegt, ich glaube nicht; daß es notwendig ist, daß ich den gesamten Antrag jetzt hier verlese, auch nicht aus prozessualen Gründen. Also ich beziehe mich ausdrücklich auch auf die jetzt vorgelegte Abschrift, also zur Schlüssigkeit und auch zu den Erfolgsaussichten dieses Verwaltungsstreitverfahrens. Dann würde ich also die Verlesung jetzt nicht vornehmen. Das stelle ich anheim. Wenn der Senat meint, das sei aus prozessualen Gründen erforderlich, dann bin ich natürlich auch bereit, diese Antragsbegründung zu verlesen. Im übrigen darf ich ankündigen, daß von meiner Seite also diese Antragsbegründung noch ergänzt werden wird. Auf 1 Punkt will ich in dem Zusammenhang vielleicht aufmerksam machen. Wenn Sie mal heute sich die Unterlagen ansehen, die dieser Sperrerklärung nicht mehr unterliegen, aber bisher der Sperrerklärung unterlegen haben, dann muß man sich doch nun eigentlich die Frage stellen, welche Belange der Bundesrepublik haben [tttt] eigentlich der Tatsache entgegengestanden, diese Unterlagen vor der Hauptverhandlung bzw. mindestens während der Beweisaufnahme, aber mindestens vor den Plädoyers der Bundesanwaltschaft[43] dem Gericht vorzulegen; und bei der sehr objektiven, die wir ja nun aus verschiedenen Ver- [12939] fahren kennen, sehr objektiven Rechtsfindung des Verwaltungsgerichts in Köln[44] bin ich also durchaus, ohne hier irgendeinen Vorgriff machen zu wollen, aber kann man durchaus mit einem gewissen Optimismus dem Ausgang dieses Verwaltungsstreitverfahrens entgegensehen. Ich meine daher, daß der hiesige Senat Anlaß hat, dem Antrag der Verteidigung stattzugeben auf eine Unterbrechung. Ich modifiziere den Antrag gerne, wenn es darum geht, wie entsprechend, wir waren ja mal in einem anderen Verfahrensstadium auch mit ähnlichen Anträgen hier, sind hier in ähnlichen Anträgen aufgetreten und da sind wir von dem Herrn Vorsitzenden darauf aufmerksam gemacht worden, daß ja nicht unbedingt eine weitere Beweisaufnahme, die vielleicht noch mit anderen Beweisthemen durchgeführt werden muß, deshalb zu unterbrechen wäre. Auch insoweit würde ich also dann den Antrag sinngemäß auch modifizieren, wenn es also darum geht, noch weitere Zeugen vielleicht in der kommenden Woche oder was zu hören, die jetzt mit diesem Bereich nichts zu tun haben, würde ich mich dem gar nicht widersetzen. Aber mir geht es darum, gerade bei den Vernehmungsbeamten, gerade auch bei Herrn Habekost, nun hier zunächst mal die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln kennenzulernen und dann kann man weitersehen.

Vors.:

Ich sehe aber keinen Gesichtspunkt, jedenfalls nicht jetzt schon über die Frage der Vereidigung des Herrn Zeugen und seiner evtl. Entlassung am heutigen Tage zu befinden. Ein Zeuge kann, wenn sich neue Gesichtspunkte ergeben, neue Fragen, ja jederzeit wieder vorgeladen werden. Ich beabsichtige also, [uuuu] jetzt über die Vereidigung[vvvv] des Herrn Zeugen zunächst zu entscheiden.

RA Schi[ly]:

Dann bitte ich nochmal ums Wort.

Vors.:

Bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich glaube, Ihre Auffassung ist unrichtig, denn stellen Sie sich einmal vor, es würden sich jetzt hier, es würde also diesem Antrag im Verwaltungsstreitverfahren stattgegeben und wir [12940-12947][45] [12948] würden Unterlagen, hier noch weitere Unterlagen bekommen, die, da gehe ich davon aus, daß die der Herr Habekost auch kennt. Und es würden sich aus diesen Unterlagen, ich mache jetzt nur Hypothesen, noch Vorhalte ergeben, die vielleicht zu einer Veränderung seiner Aussagen führen[wwww]. Sie haben ihm ja z.B. heute auch, nachdem er bestimmte objektiv, vielleicht nicht subjektiv, aber objektiv etwas Falsches gesagt hat, hier Vorhalte gemacht hat, und ich hatte diese Vernehmung ja z.B. nicht präsent da mit Heidelberg, sonst hätte ich vielleicht auch den Vorhalt machen können, aber objektiv war das ja zunächst eine falsche Aussage.[46] Darüber muß man sich im klaren sein. Subjektiv bin ich der Meinung nicht, aber ein Erinnerungsfehler; ich will jetzt auch gar nicht in Vorausbewertung der Aussage von Herrn Habekost eintreten. Aber die Möglichkeit solcher Vorhalte könnte sich doch ergeben und dann ist es meiner Meinung nach doch also einigermaßen mißlich, wenn man nur ein beschränktes Aktenmaterial, was möglicherweise erweitert wird. Stellen Sie sich einmal vor, die gleiche Situation entsteht, der Herr Habekost beeidigt jetzt seine Aussage und dann wird danach der Vorhalt gemacht. Und es wird gesagt: „Hier gucken Sie mal, da ist jetzt die Unterlage, die[xxxx] haben wir jetzt aus dem Verwaltungsstreitverfahren herausbekommen und nun ergibt sich, daß Sie hier etwas objektiv Falsches gesagt haben“, und ich glaube, das Gericht ist mit Rücksicht auf seine Fürsorgepflicht gehalten, daß auf jeden Fall, solche Schwierigkeiten zu vermeiden. Und ich trete also einer Beeidigung, einem Abschluß, einem Abschluß der Vernehmung, einer Beeidigung des Zeugen ausdrücklich entgegen.

Vors.:

Ich betrachte das als eine Beanstandung[47] meiner schon bekanntgegebenen Auffassung, daß der Herr Zeuge vereidigt werden soll jetzt.

(nach geheimer Umfrage) Der Senat beschließt:

Der Herr Zeuge ist jetzt zu vereidigen auch unter Beachtung der soeben vorgetragenen Gesichtspunkte.

[12949] Den Zeuge KHK Habekost versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[48] und wird im allseitigen Einvernehmen für heute um 12.42 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir müssen heute nachmittag die Sitzung fortsetzen unter den gegebenen Umständen; auch über das soeben Vorgetragene dann befinden. Ich darf also nochmals darauf hinweisen, wir sind im Besitz eines solchen Antrags. Ich möchte ausdrücklich aber feststellen, daß Herr RA Dr. Heldmann als Pflichtverteidiger die Zeit, die ihm heute früh eingeräumt war zur Besprechung, die sich dann verkürzt hat durch Umstände, die zum Teil bei Herrn Baader gelegen haben und vielleicht auch zum Teil an anderen Umständen, jedenfalls die Zeit um ein mehrfaches überschritten hat und seiner Pflicht, hier teilzunehmen, nicht nachgekommen ist. Fortsetzung 14.30 Uhr ...

BA Dr. Wu[nder]:

[yyyy] Herr Vorsitzender, ich bitte zum Fall Barz zwei ganz kurze Erklärungen abgeben zu dürfen.

Vors.:

Also zur Aussage nach [§ ]257[StPO]?[49]

BA Dr. Wu[nder]:

Ja. Sollte sich im Falle einer Ermordung von Frau Barz ein strafrechtlich relevanter Tatbeitrag von Gerhard Müller konkretisieren lassen, dann wird dieses Verfahren selbstverständlich, ich wederhole, selbstverständlich auch gegen ihn geführt. Die Ermittlungsmöglichkeiten in diesem Verfahren sind derzeit aber ebenso gering wie schwierig. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Und 2. die Einschaltung des Generalbundesanwalts in diesem Verfahren erfolgte ausschließlich wegen einer ganz bestimmten Kostenfrage.

RA Schi[ly]:

Ich möchte auch eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Nach [§ ]257[ StPO] bitte.

RA Schi[ly]:

Die Auffassung der Bundesanwaltschaft ist unrichtig. Die Bundesanwaltschaft weiß, daß Ausgangspunkt des von ihr eingeleiteten Ermittlungsverfahrens im Falle Ingeborg Barz unter dem Aktenzeichen 1 BJs 31/75, daß Grundlage dieses Ermittlungsverfahrens ausschließlich Angaben von dem Herrn Müller sind, die auszugsweise[zzzz] dann auch in dieses, in diese Ermittlungsakte eingegangen [12950] sind. Allein aus diesen Angaben ergibt sich mindestens in dem gleichen Maße, wie man hier einen Verdacht gegen Herrn Baader, Frau Ensslin, Frau Meinhof und Herrn Raspe an der Beteiligung an einer angeblichen Ermordung von Frau Barz begründet hat, mindestens in dem Maße ein Verdacht in der Form einer Beihilfe zu einer solchen Tat. Es ist festzustellen, daß die Bundesanwaltschaft, aus welchen Motiven immer, es unterlassen hat, gegen Herrn Müller ein solches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Wie man diesen Sachverhalt zu bewerten haben wird, das wird die Verteidigung an anderer Stelle hier ausführen. Parallelen zeigen sich auch im Bereich anderer Angaben, die der Herr Müller gemacht hat. Aber wie gesagt, dazu wird noch Gelegenheit bestehen.

Vors.:

Ja, das wäre eine Vorwegnahme wohl. Ich würde um folgendes bitten; Wir haben uns ja gestern unterhalten. Der Gesprächsgegenstand ist allgemein bekannt. Es wäre mir sehr lieb, da wir gestern nur Sie als Gesprächspartner hatten und heute doch drei Verteidiger beieinander sind - nein, Herr RA Weidenhammer war gestern anwesend; ich meine jetzt von Seiten der gewählten „Vertrauensverteidiger“[50] - daß Sie mit Herrn RA Dr. Heldmann diese Fragen auch besprechen würden. Wir sind natürlich darauf angewiesen, daß man bei der Vorprogrammierung des weiteren Prozeßprogrammes etwas mehr Sicherheit gewinnen kann über die Entwicklung, die Darstellung.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich meine, das habe ich ja gestern zum Ausdruck gebracht, daran interessiert, darüber auch Klarheit zu schaffen. Das war ein Versuch dieser Art, daß der Versuch auch gemacht wird durch Gespräche mit anderen Verteidigern. Es ist wohl selbstverständlich. Ich muß allerdings noch anfügen, daß ich unglückseligerweise, das ist[aaaaa] ein Versäumnis meinerseits, ein Beweisantrag, den ich vorbereitet hatte, gestern weder gestellt noch besprochen habe, das werde ich aber in der Mittagspause tun. Im übrigen möchte ich aber die Anregung geben: Meines Wissens ist der Herr Müller nochmal vernommen worden in Kaiserslautern und zwar über die Vernehmung hinaus, die wir bereits kennen, und ich würde den [12951] Antrag stellen,

daß diese Protokolle der weiteren Vernehmung aus Kaiserslautern auch hier beigezogen werden und den Prozeßbeteiligten zur Verfügung gestellt werden.

Ich muß mir auch da insoweit vorbehalten, soweit sich daraus noch neue Anträge ergehen, das müßte ich mir vorbehalten. Wobei natürlich die Frage, in welcher Form, dann immer noch eine Rolle spielt.

Vors.:

Es sollte natürlich jetzt präzise bezeichnet werden, auf welche Protokolle Sie Wert legen. Wir müssen einen so allgemeinen Antrag, wie er jetzt gestellt ist, der ist ja kaum zu entscheiden. Wenn Sie Vorstellungen haben, zu welchem Komplex Herr Müller da ausgesagt hat, was Sie interessiert, das wäre uns sehr wichtig, daß Sie das etwas konkretisieren. Und dann die Frage im Augenblick ... wohl als Ankündigung eines Antrages verstehen müssen oder ist das schon der gestellte Antrag?

RA Schi[ly]:

Der Antrag auf Beiziehung dieser Akten ist gestellt. Und zwar bezieht sich natürlich die Vernehmung von Herrn Müller, wie ja nicht anders zu erwarten ist, auf Anklagevorwürfe, die Gegenstand des Kaiserslauterner Verfahrens sind.

Vors.:

Haben Sie Vorstellungen, wann diese Vernehmungen gewesen sind?

RA Schi[ly]:

Ich kann es nicht genau ...

Vors.:

Vielleicht läßt sich das im Laufe der Mittagspause auch noch etwas näher klären und dann festlegen. Damit wir hier etwas klarer sehen.

RA Schi[ly]:

Ich könnte mir vorstellen, daß der Senat vielleicht sogar noch von sich aus Interesse hat, solche Vernehmungen kennenzulernen und nicht auf die Nachforschung der Verteidigung angewiesen ist.

Vors.:

Die Antragstellung, wissen Sie selbst, hat gewisse Voraussetzungen[51] und die obliegt nun zunächst mal dem Antragsteller ... Wenn sie es[bbbbb] als Anregung bringen, dann kann sich der Senat das überlegen.[52] Solange er über einen Antrag zu entscheiden hat, hat er drüber zu entscheiden, wie er gestellt ist. Und jetzt würde ich den Vorschlag machen, [12952] wir sehen uns um 14.30 Uhr wieder. Herr RA Weidenhammer, die Anträge von Ihnen, die angekündigt waren?

RA Wei[denhammer]:

Mir ist ja leider aufgrund der bekannten Vorfälle in der VA eine Besprechung gestern nicht mehr möglich gewesen.

Vors.:

Meine Herren, das ist eine Sache, die natürlich zu Schwierigkeiten führen kann. Wir müssen den Antrag dann auch unter diesen Aspekten, ob sie nicht früher gestellt werden können - Sie sagten gestern, Sie seien imstande, den Antrag zu stellen. Da war nicht das Gespräch davon, daß voraus noch ein Besuch gehen müßte.

RA Wei[denhammer]:

Das ist doch selbstverständlich, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Das ist nicht selbstverständlich, es könnte sein, daß das längst geklärt war, was zu klären war.

Ende des Bandes 765.

[12953] Vors.:

Und im übrigen weise ich darauf hin, Sie können sich nicht auf den Standpunkt stellen, als sei das, was Sie als bekannte Vorgänge bezeichnen, bereits entschieden, aber auch nicht, daß die Entscheidung unbedingt so ausfallen müßte, wie Sie sich das vorstellen; dann müssen Sie auch zurechtkommen. 14.30 Uhr ...

RA Schi[ly]:

Das kann ich Ihnen gleich sagen, wenn Sie uns auf diese Weise die Möglichkeiten nehmen mit den Mandanten Rücksprache zu halten, das wird ernste Konsequenzen hier für die Verteidigung haben.

Vors.:

1. Herr Rechtsanwalt Schily, die Mandanten sind im Hause, soweit ich unterrichtet bin. Hier sind andere Bedingungen. Und 2. Sie können nicht umgekehrt versuchen über Maßnahmen, für die der Senat möglicherweise überhaupt nicht zuständig ist zu urteilen, nun den Senat zu irgendwelchen Verhaltensweisen nötigen zu[ccccc] wollen, die er[ddddd] einfach nicht einnehmen kann.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich weise das zurück, daß Sie von „nötigen“ sprechen. Aber ich nehme für meine Person in Anspruch, daß ich natürlich nur unter bestimmten Voraussetzungen hier verteidigen kann. Und wenn ... Ich meine, wie die hier sonst beschaffen sind, das wissen wir ja nun auch schon zur Genüge. Aber es gibt[eeeee] irgendwo den bekannten Tropfen, bei dem das Faß zum Überlaufen kommt.

Vors.:

Vielleicht klären Sie bei Frau Schubert über Ihren Mandanten, wer der Anwalt ist, der den Fotoapparat rausgebracht hat, nach ihren Angaben. Bitte, ich habe Ihnen gesagt, Privatbesuche sind überwacht und es ist eine schwierige Vorstellung, zu glauben, daß hier ein Apparat hätte, ohne daß es bemerkt worden wäre, übergeben werden können.

RA Schi[ly]:

... Vorstellungen, Herr Vorsitzender ... heute vormittag schon, werden denn eigentlich Personen beim Herausgehen kontrolliert. Werden sie eigentlich da kontrolliert?

Vors.:

Bei der Begegnung mit demjenigen, der sie übergeben haben muß, da werden sie ständig überwacht.

RA Schi[ly]:

Naja.

Vors.:

Und jetzt bitte ich, 14.30 Uhr Fortsetzung.

Pause von 12.51 Uhr bis 14.48 Uhr

[12954] Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.48 Uhr ist RA Schlaegel nicht mehr anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Herr Rechtsanwalt Weidenhammer.

RA Wei[denhammer]:

Dr. Heldmann hat zu seiner Abwesenheit folgendes zu sagen, wenn ich das für ihn hier[fffff] erklären darf. Ich ...

Vors.:

Nun an sich geraten wir jetzt wieder in ein Fahrwasser, das ich nicht so gerne mehr habe. Das sind alles Dinge, die außerhalb der Hauptverhandlung erklärt werden könnten.

RA Wei[denhammer]:

Der Unaufschiebbarkeit und der Dringlichkeit wegen, bitte ich das ...

Vors.:

Bitte, ja. Also wir ... Aber ich bitte das nicht wieder zur Regel werden zu lassen, daß wir solche Dinge hier erörtern, in der Öffentlichkeit.

RA Wei[denhammer]:

Ja

„Ich habe um 14.00 Uhr heute zum dritten Mal versucht, meinen Mandanten in der Justizvollzugsanstalt zu sprechen: Die schändliche Verteidigerdiskriminierung hält unvermindert an:

nämlich das Ansinnen, die Schuhe auszuziehen und die Hose zu öffnen.

Ich stelle fest, daß der Herr Vorsitzende weiterhin zuläßt, wie mir der Zutritt zu meinem Mandanten durch brutale Schikane verwehrt wird.

Vielleicht besinnt er sich doch noch auf einen gewissen Zivilisationsstand, den unsere Rechtsordnung einmal erreicht hatte. Für diesen Fall bin ich in meinem Büro zu erreichen.“ Gezeichnet Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

Vors.:

Wo ist das Büro, in Darmstadt?

RA Wei[denhammer]:

In Darmstadt, ja.

Vors.:

Ist er so schnell zurückgekehrt schon?

RA Wei[denhammer]:

Ich kann mich nur zu der persönlichen Erklärung ...

Vors.:

Also ich nehme das zur Kenntnis. Und die Erklärung, warum er heute früh nicht gekommen ist, obwohl er Gelegenheit hatte, hier in der, im Mehrzweckgebäude[53] diesen Besuch durchzuführen, ohne diese Maßnahmen, die offenbar an[ggggg] die heiligsten Güter rühren. Ich ...

[12955] RA Schi[ly]:

Ach lassen Sie doch diese Witze, Herr Vorsitzender. Lassen Sie doch diese Witzchen ...

Vors.:

Können Sie dazu eine Erklärung abgeben, Herr Rechtsanwalt Weidenhammer?

RA Schi[ly]:

... würde ich vorschlagen, nicht.

RA Wei[denhammer]:

Über die Umstände, über die näheren, bin ich weder bevollmächtigt eine Auskunft ...

Vors.:

Ich höre eben, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann sei noch hier, also nicht zurückgekehrt.

RA Wei[denhammer]:

Zu dem Zeitpunkt, als ich diese Erklärung verlesen habe, ist er nicht hiergewesen, sonst hätte er sie ja vermutlich selbst verlesen.

Vors.:

Ist das schriftlich vorbereitet, so daß Sie es übergeben wollen oder ist es nur zu Protokoll gesagt?

RA Wei[denhammer]:

Ja, ich kann das auch zu den Akten geben.

Vors.:

Ja, das wäre uns lieb, dann nehmen wir das als Anlage zum Protokoll.

Rechtsanwalt Weidenhammer übergibt die schriftlich vorbereitete Erklärung des RA Dr. Heldmann.

Sie wird als Anlage 2 zu Protokoll genommen.

Vors.:

Es sind gestern Anträge gestellt worden. Ich möchte nun zunächst der Bundesanwaltschaft Gelegenheit geben, sich zu den gestrigen Beweisanträgen zu äußern.

OStA Hol[land]:

Die Bundesanwaltschaft beantragt, die in dem gestrigen Hauptverhandlungstermin gestellten Beweisanträge insoweit abzulehnen, als darin um die zeugenschaftliche Vernehmung des OStA Dr. Bell, des Elektromeisters Weis, des Kriminaloberkommissars Burkart und des Robert Pelz nachgesucht wird. Bei dem Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des OStA Dr. Bell handelt es sich nach Auffassung der Bundesanwaltschaft in Wirklichkeit um einen Beweisermittlungsantrag,[54] denn OStA Dr. Bell soll durch sein dienstlich erlangtes Wissen erst die eigentlichen Beweismittel liefern, mit denen dann möglicherweise dargetan werden kann, daß Carmen Roll angeblich als Fahrerin des Fluchtfahrzeuges in Kaiserslautern ausgeschlossen werden muß.[55]

[12956] Nur ganz am Rande sei vermerkt, daß es nach Auffassung der Bundesanwaltschaft auch die richterliche Aufklärungspflicht nicht gebietet, insoweit den Behauptungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Schily, nachzugehen. Hinsichtlich der Tatsachen, die in das Wissen des Robert Pelz gestellt werden, hinsichtlich dieser Tatsachen ist zu bemerken, daß diese Beweisbehauptungen zumindest so behandelt werden können, als wären sie wahr.[56] Es liegt aber fast noch näher zu sagen, daß diese Beweisbehauptungen völlig ohne Bedeutung für die gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfe sind. Als wahr unterstellt werden kann schließlich aber auch das, was nach dem gestrigen Beweisantrag von dem Elektromeister Weis bestätigt werden soll. Hinsichtlich des Kriminaloberkommissars Burkart sei zunächst der Hinweis gestattet, daß dieser Polizeibeamte bereits in dem Hauptverhandlungstermin vom 11. Februar dieses Jahres als Zeuge vor diesem Senat vernommen worden ist. Anläßlich dieser Vernehmung hat der Zeuge Burkart bestätigt, er sei an den Ermittlungen im Sprengstoffkomplex Heidelberg beteiligt gewesen. Einer erneuten Vernehmung dieses Beamten zu der gerade erwähnten Beweisbehauptung bedarf es deshalb nicht. Außerdem kann zugunsten der Angeklagten als wahr unterstellt werden, daß die Täter des Heidelberger Sprengstoffanschlages von dem funktionellen Zusammenhang der beiden Tatorte unterrichtet waren. Wenn im übrigen in das Wissen des Zeugen Burkart gestellt wird, es könnten nur bei dem Hauptquartier beschäftigte Personen gewesen sein, die von diesem funktionellen Zusammenhang Kenntnis besessen hätten, dann liegt in dieser vermeintlichen Tatsachenbehauptung eine bloße Schlußfolgerung und zwar eine Schlußfolgerung, die nach Auffassung der Bundesanwaltschaft überdies bereits in ihrem denklogischen Ansatzpunkt unrichtig ist. Denn selbstverständlich können sich die Täter des Heidelberger Anschlages ihr Wissen von den funktionellen Zusammenhängen auch dadurch beschafft haben, daß sie Auskünfte von Dritten eingeholt haben, daß sie also Auskünfte oder Erkenntnisse erlangt haben, ohne selbst jemals auf dem Gelände des US-Hauptquartiers beschäftigt gewesen zu sein. Wie erwähnt beispielsweise durch die Mitteilungen von Personen, die [12957][57] [12958] tatsächlich dort einmal tätig waren. Gerade diese Möglichkeit klingt im übrigen aber auch in dem Antrag auf Vernehmung des Robert Pelz an. In Bezug auf die soeben abgehandelte Beweisbehauptung oder besser gesagt, in Bezug auf die soeben abgehandelte Schlußfolgerung ist der Zeuge Burkart somit ein völlig ungeeignetes Beweismittel, ein Beweismittel also, das deshalb nutzlos ist, weil es der Sachaufklärung in keinem [hhhhh] denkbaren Fall dienen kann. Hinsichtlich des Zeugen Kleinwort[iiiii] rege ich an, zunächst das Fernschreiben der Bundesanwaltschaft vom 7. Dez. und das Antwortfernschreiben der Kripo in Hamburg vom heutigen Tagg zu Informationszwecken zu verlesen. Beide Fernschreiben befinden sich teils in Urschrift teils in Durchschrift bei dem Senat. Sodann sollte Herr Rechtsanwalt Schily befragt werden, ob er angesichts der in dem Antwortfernschreiben enthaltenen Mitteilungen wirklich noch auf der zeugenschaftlichen Vernehmung des Zeugen Kleinort beharren[jjjjj] will. Danke.

Vors.:

Zunächst eine Frage, ist das schriftlich, so daß wir das nicht ...?

OStA Hol[land]:

Nein ...

Vors.:

Dann der Hinweis. Es ist richtig, die Bundesanwaltschaft hat uns die Fernschreiben, die von ihr aus veranlaßt sind, mitgeteilt. Aber ich würde vorschlagen, das kann doch im Rahmen dieser Stellungnahme von Ihnen aus direkt vorgetragen werden.

OStA Hol[land]:

Es muß[kkkkk] meines Erachtens, Herr Vorsitzender, sowieso verlesen werden zu Informationszwecken.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Gut.

OStA Hol[land]:

Herr Vorsitzender, die Dinge lassen sich dahin zusammenfassen, daß der Zeuge Kleinwort[lllll] nichts weiß.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich würde bitten, daß Sie mir Gelegenheit geben zur Stellungnahme.

Vors.:

Gerne. Soll ...

OStA Hol[land]:

(unverständlich)[mmmmm]

RA Schi[ly]:

Und dann vielleicht auch im Rahmen dazu, zu der Frage dieser Fernschreiben.

Vors.:

Nun ist die Frage, wird es nicht so auch ausreichen, wenn wir Herrn Rechtsanwalt Schily diese Fernschreiben selbst [12959] zur Einsicht geben? Oder wird Wert darauf gelegt, daß wir sie nach § 251 Abs. 3[ StPO][58] zur Überprüfung, ob eine Zeugenladung notwendig ist, hier allgemein bekanntgeben? Vielleicht ist es insofern zweckmäßig, als dann die übrigen Herrn Verteidiger auch vom Inhalt Kenntnis bekommen.

Es ist also durch ein Fernschreiben der Bundesanwaltschaft zunächst mal offenbar, dem Herrn Polizeipräsidenten in Hamburg sind die Beweisthemen mitgeteilt worden: „Mit der Anfrage zur Vorbereitung einer Stellungnahme der Bundesanwaltschaft bitte ich Herrn KHM Kleinwort umgehend informatorisch zu befragen, ob er aus seinem in[nnnnn] den Jahren 1972 und 73 erlangten Wissen die oben angeführten Beweisthemen ganz oder zum Teil zu bestätigen vermag.“ Es sei beabsichtigt die in Rede stehende Auskunft dann hier zur Verlesung bringen zu lassen. Unterschrift von Herrn Holland.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich kann, ich weiß nicht, ist das eine überzählige Durchschrift da?

OStA Hol[land]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Ich würde folgendes vorschlagen: Ich stelle meinen Antrag mit Herrn Kleinwort zurück. Ich muß das natürlich jetzt erstmal überprüfen, ich muß natürlich auch das überprüfen anhand der mir vorliegenden Informationen. Sie können davon ausgehen, daß ich den Beweisantrag natürlich auch aufgrund bestimmter Informationen gestellt habe und nicht ... Und das muß ich vergleichen; und ich würde also einer Verlesung im gegenwärtigen Zeitpunkt widersprechen, erstens mal ist es[ooooo] ja nun gerade erst auf den Tisch gelegt und man muß ...

Vors.:

Nun die Verlesung hat natürlich ...

RA Schi[ly]:

... es könnte ...

Vors.:

... an sich den Sinn, es allen Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu bringen, einschließlich Ihnen. Sie sind zusätzlich noch in den Stand gesetzt, das nachzulesen. Ich meine, wenn Sie sagen, ich nehme den Antrag vorläufig zurück, solange bis ich das geklärt habe und werde ihn dann notfalls wiederholen müssen, dann ist das eine andere Frage, dann gibt es keinen Grund irgend etwas zu verlesen, in der Tat.

RA Schi[ly]:

Ja, ich meine, wir können ihn in der Form, also ich hätte gesagt, zurückstellen, aber das ist ja praktisch dasselbe. Also ich kann ihn heute zurücknehmen und behalte [12960] ihn mir vor, also neu zu stellen.

Vors.:

Ich wäre allerdings dankbar, Herr Rechtsanwalt Schily, wir machen notfalls dafür auch eine Pause, wenn Sie sich darüber heute noch schlüssig werden könnten, denn der Inhalt ist ja nicht so umfassend.

RA Schi[ly]:

Ja, das ist ein bißchen schwierig, weil sozusagen die Unterlagen, die dafür zum Vergleich notwendig sind, die habe ich also heute nicht hier bei mir. Das ist das Problem dabei.

Vors.:

Es ist ja hier eine zusammenfassende Bemerkung, die dahingeht, daß der Zeuge lediglich einmal 1972 eine fernschriftliche Anfrage den Kripo Heilbronn beantwortet habe, mehr wisse er nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, ja, das ist eben das Problem, ob ich mich damit zufriedengeben kann.

Vors.:

Also, sofern den Antrag jetzt im Augenblick nicht mehr auf dem Tische ist, brauchen wir das auch nicht zu verlesen. Wenn Sie sich anhand dessen dann orientieren, ob der Antrag wiederholt werden sollte, wobei ich natürlich sehr dankbar wäre, den Hinweis, wenn er nicht heute noch in der Hauptverhandlung gegeben werden könnte, dann jedenfalls noch so rechtzeitig zu bekommen, daß wir für das nächste ...

RA Schi[ly]:

Ja, das ...

Vors.:

... das Beweisprogramm der nächsten Woche ...

RA Schi[ly]:

... ist ohne weiteres möglich. Ich kann Ihnen also morgen Bescheid sagen, was mit dem Antrag wird, das ist gar kein Problem.

Vors.:

Gut, dann könnten wir das vorbereiten.

RA Schi[ly]:

Nun Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich meine Unterlagen erstmal sehen möchte, bevor ich[ppppp] ...

Vors.:

Ja.

RA Schi[ly]:

Ich habe inzwischen auch geklärt, den weiteren Beweisantrag, was ich heute vormittag erwähnt habe, den kann ich verlesen.

Vors.:

Darf ich nur die Zwischenfrage stellen?

RA Schi[ly]:

Ach so, ich ...

Vors.:

Will sich zu den gestern gestellten Beweisanträgen sonst irgend jemand noch äußern?

RA Schi[ly]:

Ja, ich wollte mich nur noch zu den Ausführungen von [12961] Herrn Bundesanwalt Holland äußern.

Es ist mir bekannt, Herr Bundesanwalt Holland, daß Herr Burkart bereits hier[qqqqq] als Zeuge vernommen worden ist; und soweit dieser Beweisantrag sozusagen als Einführungssatz enthält, daß er an den Ermittlungen „Sprengstoffanschlag Heidelberg“ beteiligt war, dann diente es nur der Klarstellung, um was es sich überhaupt handelt. Dieses Beweisthema ist also nicht isoliert zu sehen, das ist mir klar, wenn es nur auf diese, dann wäre der Antrag auch[rrrrr] nicht gestellt worden, weil darüber ja schon Klarheit herrscht. Es ist also nur ein Einführungssatz, um verständlich zu machen, inwiefern der Herr Burkart in dem Zusammenhang benannt wird. Im übrigen bin ich aber der Meinung, daß die weiteren Beweisthemen durchaus geeignet sind hier zur Sachaufklärung beizutragen, und es sich da nicht auch nur um reine Schlußfolgerungen oder Annahmen handelt. Selbst wenn man also die Formulierung, ich habe, glaube ich, „Annahme“ steht im Beweisthema, dann steckt in einer solchen, in einem solchen Beweisthema ja auch immer die Tatsachen, die sozusagen in einer solchen Annahme dann zusammenfließen. Das ist ja häufig so, daß auch Ermittlungsbeamte, das haben wir ja hier sehr häufig auch gehabt, daß Ermittlungsbeamte aus den von ihnen getroffenen Ermittlungen, dann hier etwas vorgetragen haben und auch möglicherweise dann gefragt werden konnten, nach ihren Eindrücken oder nach dem, was sie eben so als Resümee einer solchen Ermittlung dann festgestellt haben. Das, was ich hier zum Gegenstand, in das Wissen von dem Herrn Burkart gestellt habe, hat er im übrigen mal in einem Vermerk auch niedergelegt. Also es ist quasi aus einem Vermerk von Herrn Burkart übernommen. Soweit Sie in einem anderen Zusammenhang dargestellt haben, die Ansicht vertreten haben, wenn der Herr Oberstaatsanwalt Dr. Bell hier als Zeuge benannt werde, handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag, sind Sie, glaube ich, auch in einem Irrtum befangen, weil natürlich auch man eine Beweisbehauptung, eine Beweistatsache in einer relativ allgemeinen Form aufstellen, kann[sssss] um sozusagen alles, was dann dazugehört, zu um- [12962] fassen. Es ist nicht notwendig, daß jetzt sozusagen alle Details, die vielleicht diesen Obersatz tragen könnten, der in das Wissen von Herrn OStA Dr. Bell gestellt wird, alle Einzeltatsachen vorgetragen werden müssen. Also das ist nicht die[ttttt] Unterscheidung zwischen Beweisantrag und Beweisermittlungsantrag. Ich meine also auch insoweit ist das Gericht gehalten, zumal es ja in anderen Fällen auch zu erkennen gegeben hat, daß es dieser Frage durchaus Bedeutung beimißt und auch mit Recht Bedeutung beimißt, auch[uuuuu] den Herrn OStA Dr. Bell zu vernehmen. Wenn es also jetzt den Vorstellungen des Herrn Vorsitzenden entspricht, dann würde im Anschluß an diese Stellungnahme noch meinen[vvvvv] Beweisantrag verlesen.

Vors.:

Ja, sofern keine weiteren Stellungnahmen gewünscht werden. Ich sehe nicht. Bitte.

RA Schi[ly]:

RA Schily verliest nunmehr den aus Anlage 3 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben, und in Ablichtung dem Protokoll beigefügt wird.

Vors.:

Sonstige Anträge?

Herr Rechtsanwalt Weidenhammer.

RA Wei[denhammer]:

Herr Vorsitzender, was meinen Antrag angeht, so bitte ich mir zu erlauben, den noch zurückzustellen, da mir weder gestern noch heute möglich war, das abschließend und vollständig mit meinem Mandanten besprechen zu können. Weil mir, wie ich ja bereits mitgeteilt habe, das unsittliche Ansinnen angetragen worden ist, die Schuhe auszuziehen und den Hosenladen in der Vollzugsanstalt zu öffnen.

Vors.:

Nun hätten Sie ja[wwwww] heute Gelegenheit gehabt, mit Herrn Raspe zu sprechen solange er hier war, da war diese Gefahr, die Sie eben andeuten, wohl[xxxxx] nicht gegeben.

RA Wei[denhammer]:

Das war in einer Sitzungspause, die mir knapp fünf Minuten Besprechungszeit ermöglichte. Und darüber hinaus war ich gehalten, hier Protokolle zu studieren und mich mit anderen Fragen im Hinblick auf die Hauptverhandlung zu befassen.

Vors.:

Wir werden dann sehen müssen, wie es sich weitergestaltet. Zunächst die Frage, wir haben also für die nächste Woche [12963] die Beweisanträge vorliegen, über die wird noch zu entscheiden sein. Es kommen diese neuen Anträge, die heute gestellt worden sind. Es müssen sich die Prozeßbeteiligten bei der Fortsetzung der Sitzung in der nächsten Woche am Dienstag, ohne daß ich jetzt ein festes Programm bekanntgeben könnte, darauf einstellen, daß diesen Beweisanträgen in der einen oder anderen Form entsprochen wird oder daß sie abgelehnt werden. Daß also jedenfalls aus diesen Anträgen heraus Beweispersonen angehört werden.

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie hatten gestern bei dem Gespräch angedeutet, daß Sie für die ...

RA Schi[ly]:

Herrn Opitz und Herrn Petersen würde ich also laden für Dienstag, wenn das Einverständnis besteht.

Vors.:

Ja, wenn das geschehen könnte. Wir werden also am kommenden Dienstag mit möglicherweise präsenten Beweismitteln[59] noch konfrontiert werden. Herr Rechtsanwalt Schily beabsichtigt die eben genannten Polizeibeamten hier zu präsentieren. Das würde also bedeuten, daß wir am kommenden Dienstag fortsetzen, [yyyyy] mit diesen Beweispersonen möglicherweise aus den Anträgen und den von Herrn Rechtsanwalt Schily genannten präsenten Beweismitteln.

Wir wollen jetzt noch eine ganz kurze Pause einlegen, dann noch zwei Beschlüsse bekanntgeben; ein Beschluß betrifft den Antrag, den Herrn Bundesminister der Justiz als Zeugen zu hören, und der zweite Beschluß wird sich voraussichtlich mit diesen[zzzzz] Untersuchungsmaßnahmen in der Haftanstalt befassen, bzw. Verfügung. Ob noch eine weitere Entscheidung bekanntgegeben wird, soll jetzt in der Beratung geklärt werden. Ich bitte in 10 Minuten wieder anwesend zu sein.

Pause von 15.07 Uhr bis 15.18 Uhr

Vors.:

Zunächst, da die Erklärung von Herrn Dr. Heldmann hier vorgetragen worden ist, auch für das Protokoll der Hinweis, daß wir feststellen konnten, daß Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann heute früh Gelegenheit hatte von 10.10 Uhr bis 10.30 Uhr, und von 10.45 Uhr bis 12.55 Uhr Mandantengespräche, ohne die beanstandeten Untersuchungsmaßnahmen, in diesem Gebäude zu führen. 14.50 Uhr, also nach Sitzungsbeginn, hat er das Haus verlassen.

[12964][60] [12965] Der heute früh von Herrn Rechtsanwalt Schily gestellte Antrag aufgrund der Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gibt, wie ja heute früh schon auch angedeutet worden ist, im Augenblick keinen Anlaß zu einer Entscheidung, da Konsequenzen daraus erst entstehen können am Schluß der Verhandlung.

Dann ist der Beschluß zu verkünden.

Der von Rechtsanwalt Weidenhammer gestellte Antrag, Herrn Bundesminister der Justiz Dr. Vogel als Zeugen zu vernehmen,

wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag befaßt sich in allen Punkten mit den Gründen, die zunächst zu dem Plan einer gesetzlichen „Kronzeugenregelung“[61] und im weiteren Verlauf zur Aufgabe dieses Planes geführt hätten. Selbst wenn hierbei Überlegungen und Erfahrungen eine Rolle gespielt haben sollten, die mit den Zeugen Müller und Hoff zusammenhängen, hätte das doch mit dem anhängigen Verfahren nichts zu tun und wäre für die hier zu treffende Entscheidung ebenso ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3, Satz 2 StPO) wie die unspezifizierte Behauptung, Generalbundesanwalt Buback oder die Bundesanwaltschaft hätten ein „illegales Kronzeugenarrangement vorgezogen und durchgesetzt“. Soweit der Beweisantrag dahingeht, zu ermitteln, ob bei der Vernehmung von Zeugen unlautere Vernehmungsmittel (§ 136a StPO)[62] angewandt wurden, ist ohnedies nach den Grundsätzen des Freibeweises[63] zu verfahren. Der Senat hält es unter dem Gesichtspunkt des § 244 Abs. 2 StPO[64] nicht für geboten, den Herrn Bundesminister der Justiz zu hören. Seine Vernehmung würde zur Wahrheitsfindung in der anhängigen Sache nichts beitragen können.

Auch die unter Nr. 2 des Antrags aufgeführte Behauptung, Gerhard Müller habe seine Aussagebereitschaft von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht, ist in den Rahmen der Gesetzesmotivation gestellt. Dennoch hat der Senat insoweit eine schriftliche Erklärung des Bundesministers der Justiz [12966] eingeholt; sie wurde gem. § 256 StPO[65] in der Hauptverhandlung verlesen.

Die Behauptung zielt - unter Berücksichtigung des sonstigen Prozeßvorbringens - ersichtlich darauf ab, Gerhard Müller sei unter Verletzung von § 136a StPO vernommen worden. Die Erklärung des Bundesministers der Justiz genügt dem Senat insoweit im Freibeweisverfahren; die persönliche Anhörung ist nicht geboten.

Sollte mit der genannten Behauptung zugleich die Glaubwürdigkeit des Zeugen Müller angegriffen werden, so wäre gleichwohl die persönliche Anhörung des Bundesministers der Justiz zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich. Was hier in das Wissen des Ministers gestellt wird, hätte er - falls er davon erfahren hätte -, ausschließlich in seiner Eigenschaft als Bundesminister der Justiz erfahren, das heißt als „öffentliche Behörde“ im Sinne von § 256 StPO (vgl. Gollwitzer bei Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., 20 zu § 256 StPO); in dieser Eigenschaft ist der Bundesminister der Justiz maßgeblich an Gesetzgebungsvorhaben beteiligt. Die abgegebene schriftliche Erklärung ersetzt die Zeugenvernehmung (vgl. Gollwitzer aaO. 53). Daß eine solche Vernehmung zusätzlichen Aufklärungswert hätte, ist nicht zu erwarten.

- - -

Dann ist noch zu dem heute zum Gesprächsthema gewordenen Vorgang in der Haftanstalt eine Verfügung bekanntzugeben: Die vom Leiter der Vollzugsanstalt Stuttgart angeordneten Maßnahmen betreffend die Durchsuchung von Privatbesuchern und Verteidigern der Angeklagten werden nicht beanstandet.

Gründe:

Die Rechtsanwälte Dr. Heldmann, und Weidenhammer beanstandeten, daß sie vor Besuchen bei den Angeklagten von Anstaltsbediensteten aufgefordert wurden, den Hosenbund zu öffnen und die Schuhe auszuziehen.

[12967] Es handelt sich um eine Anordnung des Anstaltsleiters, die gem. §§ 119 Abs. 3, 126 StPO der Überprüfung durch den Haftrichter[66] unterliegt. Hierbei ist besonders Gewicht auf die Vorschrift des § 148 StPO (freier mündlicher Verkehr zwischen Angeklagten und Verteidigern)[67] zu legen.

Die beanstandete Anordnung des Anstaltsleiters ist zulässig. Sie dient, wie sich aus der Stellungnahme des Anstaltsleiters ergibt, allein der Durchsuchung nach Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen, die einen Ausbruchsversuch fördern oder sonst die Sicherheit in der Anstalt beeinträchtigen können (vgl. BVerfG 38, 26; BGH NJW 1973, 1656)[68]. Hierbei sind besonders metallene Gegenstände von Bedeutung. Wenn der Besucher eine Hose trägt, die mit einem metallenen Reißverschluß versehen ist, spricht das Metallsuchgerät an. Um klären zu können, ob das Ansprechen allein vom Reißverschluß herrührt oder ob sich möglicherweise dahinter ein anderer metallener Gegenstand befindet, ist das Öffnen des Reißverschlusses erforderlich. Irgendwelche Einblicke in Verteidigungsunterlagen sind ersichtlich weder hierbei noch bei dem von der Anstalt geforderten Ablegen der Schuhe zu besorgen.

Die beanstandeten Maßnahmen stehen nicht außer Verhältnis zu den abzuwehrenden Gefahren. Die Strafgefangene Schubert, die mit den Angeklagten in häufigem Umschluß steht, hat zugegeben, einen Fotoapparat besessen zu haben, und sich dazu u. a. wie folgt geäußert:

„Danach habe ich Kamera und Filme rausgegeben. Die Möglichkeiten, die dazu zur Verfügung stehen, sind der Anstaltsleitung bekannt: Privat- und Anwaltsbesuche.“

Diese Äußerung begründet den starken Verdacht, dieser Fotoapparat sei von einem Verteidiger unter Verletzung seiner Pflichten aus der Anstalt geschafft worden. Andere Besucher, die nur unter ständiger Überwachung [12968] durch zwei Beamte zugelassen sind, scheiden mit großer Sicherheit aus. Das legt den Verdacht nahe, derselbe Weg über Anwälte werde auch beim Hereinschaffen von Gegenständen in die Anstalt benützt. Deshalb ist es berechtigt, wenn sich die Anstalt, spricht das Metallsuchgerät irgendwo an, Gewißheit verschaffen will, welcher Gegenstand hierfür die ausschließliche Ursache ist. In diesem Zusammenhang sei an die Patronenhülsen erinnert, die ein - inzwischen ausgeschiedener - Verteidiger im hiesigen Verfahren in den Handschuhen hatte[69] und die nur durch die Metallsonde entdeckt wurden.

Die Vorschriften der Art. 1 und 2 Grundgesetz[70] werden durch die beanstandeten Maßnahmen nicht verletzt. So bedauerlich es ist, Rechtsanwälte derart durchsuchen zu müssen, so bleibt angesichts der drohenden Gefahren keine andere Wahl. Die Öffnung des Hosenbundes ist zudem unschwer dadurch zu vermeiden, daß Hosen ohne metallene Reißverschlüsse (etwa solche mit Knöpfen) benutzt werden.

Mit dieser Entscheidung sind auch die gestellten Anträge auf Unterbrechung der Hauptverhandlung wegen behaupteter Behinderung bei Mandantengesprächen erledigt.

- - -

Die Stellungnahmen der Vollzugsanstalt Stuttgart vom 8. Dezember 1976 über die Durchsuchung von Privatbesuchern und Verteidigern bei einsitzenden BM-Gefangenen werden in Ablichtung dem Protokoll als Anlage 4 beigefügt.

Das war die Verfügung.

Ich wäre dankbar, wenn diese Vorkommnisse nüchtern betrachtet werden würden. Die Anstalt und der Anstaltsleiter ist dafür verantwortlich, daß in der Haftanstalt die Sicherheit - auch der Bediensteten - gewährleistet ist; und sie hat in diesem Rahmen einen weiten, eine weite Möglichkeit, Sicherungsvorkehrungen zu treffen. Und wenn hier durch eine Inhaftierte Wege aufgezeigt werden, wie Gegenstände in die Anstalt oder herauskommen könnten, dieser [12969-12973][71] [12974] Art, wie sie hier im Augenblick angedeutet worden sind, so ist es schlechterdings nicht unverständlich und müßte auch bei vernünftiger Betrachtung begriffen werden, wenn die Anstalt dann solche Maßnahmen für notwendig hält. Wir sind damit am Ende des heutigen Sitzungsprogrammes.

RA Schi[ly]:

Nein, das sind wir nicht, Herr Vorsitzender. Ihre soeben verkündete Verfügung wird von der Verteidigung mit Sicherheit zur Grundlage eines Antrages werden. Ich bitte dafür um Einräumung einer Pause von einer Viertelstunde.

Vors.:

Nun ist es so, daß dieser Antrag[72] auch außerhalb der Hauptverhandlung gestellt werden kann.[73] Es ist nicht erforderlich, deswegen die Hauptverhandlung im Gange zu halten.

RA Schi[ly]:

Sie haben die Verfügung in der Hauptverhandlung bekanntgegeben und ich werde also ...

Vors.:

Das ist kein Grund.

RA Schi[ly]:

... deshalb ist es auch richtig, daß in der Hauptverhandlung der Antrag gestellt wird, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Das ist unnötig. Deshalb, also ich meine, wenn ...

RA Schi[ly]:

Was Sie für unnötig halten oder nicht für nötig halten, ich stelle ihn, es ist jetzt nämlich Hauptverhandlung und ich stelle ihn in der Hauptverhandlung; ich bitte, mir dafür eine Pause von einer Viertelstunde einzuräumen.

Vors.:

Nun, also wenn Sie jetzt den Antrag stellen, den Sie ankündigen, dann bin ich gehindert, die Hauptverhandlung zu schließen, weil ich dann nur noch unaufschiebbare Handlungen vornehmen kann.[74] Würden Sie eine Pause verlangen, die ist dazu nicht erforderlich, Herr Rechtsanwalt Schily, dann könnte ich die Hauptverhandlung schließen und Ihnen Gelegenheit geben, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder auf schriftlichem Wege den Ablehnungsantrag einzubringen; denn um das wird es sich wohl handeln.

RA Schi[ly]:

So ist es, Herr Vorsitzender; und ich meine, Sie sollten, nachdem Sie sonst auch Pausen gewähren, durchaus auch einmal ausnahmsweise eine Pause zur Vorbereitung eines Ablehnungsgesuches [aaaaaa] gewähren.

Vors.:

Aber, Herr Rechtsanwalt Schily, doch nicht zu einem Antrag, [12975] der an sich außerhalb der Hauptverhandlung gestellt wird, auch dort möglicherweise entschieden wird ...

RA Schi[ly]:

Nein, der soll aber in der Hauptverhandlung gestellt ...

Vors.:

... dazu bedarf es keiner Hauptverhandlung.

Bitte, wenn Sie einen Ablehnungsantrag stellen, kann ich nicht schließen, das ist die Möglichkeit. Wenn Sie aber jetzt eine Pause haben wollen, dann kann ich die Hauptverhandlung schließen und wie gesagt, dann gibt sich der Weg, dieses Gesuch außerhalb der Hauptverhandlung zu stellen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich bitte um eine Viertelstunde Pause.

Vors.:

Das lehne ich ab, aus den gesagten Gründen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, wie kommt es eigentlich, darf ich das mal fragen, wie kommt es eigentlich, daß hier jeder, ob er nun Zeuge ist, ob er sonst ein menschliches Bedürfnis hat oder was, um eine Pause bitten kann, aber ein Verteidiger grundsätzlich bei Ihnen keine Pause bekommt zur Vorbereitung eines Ablehnungsgesuches? Wie kommt das eigentlich?

Vors.:

Ich verweise Sie auf das Protokoll, wie viele Pausen zu diesem Zwecke eingeräumt wurden. Ich habe Ihnen erklärt: Wir sind am Ende des heutigen Sitzungsprogrammes, es bedarf keiner Pause und keiner Aufrechterhaltung der Hauptverhandlung diesen Antrag zu stellen. Wenn Sie ihn sofort stellen wollen, kann ich nicht schließen. Sie haben jetzt die Gelegenheit das zu tun, wenn nicht, dann müßte ich jetzt die Hauptverhandlung schließen.

RA Schi[ly]:

Ja, dann muß ich das eben hier aus dem Stand machen; es ist ja schon häufiger mal in dieser Form gemacht worden, Herr Vorsitzender.

Namens der Angeklagten Ensslin

lehne ich den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Zur Begründung wird namens der Angeklagten Ensslin folgendes vorgetragen:

Der abgelehnte Richter hat heute eine Anordnung bestätigt, daß sich Rechtsanwälte, bevor sie zu einem Ge- [12976] spräch mit ihren Mandanten in der Haftanstalt vorgelassen werden, die Schuhe ausziehen müssen und ihre Hose öffnen müssen. Er hat diese Verfügung unter anderem mit der zynischen Bemerkung begründet, es sei ja unter dem Gesichtspunkt des § 148[ StPO] und der sonstigen anwaltlichen Tätigkeiten nicht davon auszugehen, daß sich etwa in der Hose oder in den Schuhen Verteidigungsunterlagen befänden. Allein diese zynische Art einer Begründung muß in der, bei der Angeklagten Ensslin den Eindruck entstehen lassen, daß hier eine Voreingenommenheit seitens des abgelehnten Richters vorliegt. Zur Glaubhaftmachung[75] des bisher vorgetragenen Sachverhalts wird auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters Bezug genommen.

Im übrigen sind die technischen Vollkommenheiten bei der Überprüfung von Fahrgästen von Flugzeugen, bei denen ja auch bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, und auch hier bei der Haftanstalt, bei der ständig diese Kontrollen vorgenommen werden, soweit vollkommnet, daß ohne Schwierigkeiten Kontrollen durchgeführt werden können, ohne daß diese demütigende Form angewandt wird. Ich darf hier nur am Rande bemerken, ich halte auch die gegenwärtigen Kontrollen für, an sich für völlig unzulässig, und ich pflege auch bei jeder dieser Kontrollen, obwohl das natürlich schon inzwischen makaber ist, aber bei jeder dieser Kontrollen meinen Protest förmlich zu erklären. Der Herr Vorsitzender hat hier, der abgelehnte Richter, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht hat auch bei der Diskussion, die während der Hauptverhandlung über dieses Thema stattgefunden hat, unter anderem geäußert, ob es denn da eigentlich um solche Heiligtümer ginge. Womit also auch so eine kleine freundliche Andeutung offenbar gemacht werden sollte, warum sich denn wohl ein Anwalt darüber aufrege, daß er bei Anstaltsbeamten seine Hose zu öffnen habe. Allein auch diese Art der „humorvollen“ Erörterung eines solchen Themas ist wiederum ein Hinweis darauf, daß der Vorsitzende Richter offenbar nicht im mindesten auch nur versucht, in der Öffentlichkeit einen Rest von Respekt gegenüber Verteidigern zu wahren. Auch das muß bei den Gefangenen, und auch hier bei der Ablehnenden, den Eindruck [12977] erwecken, daß der abgelehnte Richter in jeder Weise voreingenommen ist.

Zur Glaubhaftmachung soweit hier auch wiederum auf Tatsachen und Äußerungen des abgelehnten Richters Bezug genommen wird, verweise ich auf die Sitzungsniederschrift und auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters. Einer der Herr Bundesanwälte hat hier früher sich[bbbbbb] als Statistiker betätigt und hat bei[cccccc] einem[dddddd] jeweiligen Ablehnungsgesuch auch immer die Zahl bekanntgegeben. Vielleicht wird der betreffende Herr Anklagevertreter auch diese Aufgabe heute wieder wahrnehmen.

Allein die Tatsache, daß es sich[eeeeee] vielleicht schon um das, ich weiß nicht, 70., 80. Ablehnungsgesuch handelt, sollte denjenigen, die über dieses Ablehnungsgesuch zu befinden haben, einmal zu denken geben. Bisher ist bei diesen Beschlüssen immer gesagt worden, also, oder häufiger einmal gesagt worden, wie offen, wie offenkundig vieles sein soll an Unvoreingenommenheit. Aber wenn man sich einmal so die Stationen ansieht dieser Ablehnungsgesuche, dann finde ich ist es doch einigermaßen eindrucksvoll, das reicht von den Protokollverbesserungen und Belehrungen und ähnlichem, bis zu dem heutigen Tage. Und wir haben hier einmal an den abgelehnten Richter ja bei anderer Gelegenheit appelliert, ob er nicht selbst die Erkenntnis gewonnen hat, daß er hier in eine Station hineingekommen ist, in der er tatsächlich nicht mehr das Maß an Unbefangenheit mitbringt, um eine solche Verhandlung leiten zu können. Und vielleicht sollte auch der abgelehnte Richter einmal in eine Selbstprüfung[76] eintreten und bei Abgabe seiner dienstlichen Erklärung vielleicht dann zu der Erkenntnis gelangen, daß es das Beste ist - seinerseits - hier durch eine entsprechende Erklärung vielleicht weiteren Ablehnungsanträgen die Basis zu entziehen. Aber das wird voraussichtlich nicht der Fall sein, denn natürlich, es ist schwierig, wenn man einmal in einer solchen Situation ist, wenn ein solches Maß an Befangenheit vorliegt, was eben an den verschiedensten Etappen dieses Prozesses erkennbar geworden ist, dann noch auch zu dieser Selbsterkenntnis sich durchzuringen. Das habe ich zu der Begründung vorzu- [12978] tragen.

Ich darf aber noch anfügen, daß, wenn es bei dieser Anordnung bleiben wird, ich habe das heute vormittag vorgetragen, und wir auf diese Weise praktisch nur noch eine beschränkte Art, eine beschränkte Möglichkeit von Verteidigergesprächen haben werden. Ich selber werde mich unter keinen Umständen einer solchen beschämenden Prozedur unterziehen. Dann sich allerdings die Frage stellt, wie hier noch Verteidigeraufgaben wahrgenommen werden sollen, und daß allerdings, auch das wird dann eine sehr ernste Frage für dieses Verfahren werden und da mag dann auch der abgelehnte Richter die Verantwortung richtig sehen. Ich werde, ich war hier kurz davor, den Saal zu verlassen, nach dem ich während dieser Begründung, ich muß auch sagen einfach auch die Art, wie das begründet worden ist, da ich aber gezwungen worden bin, von Ihnen hier, sofort diese Begründung jetzt auch das Ablehnungsgesuches zu Protokoll zu geben, sehe ich mich zu diesem Schritt jetzt veranlaßt. Ich bedanke mich.

Vors.:

Das heißt, Sie wollen jetzt den Saal räumen. Ich weise Sie auf Ihre Pflicht der Anwesenheit[77] hin. Im übrigen, Herr Rechtsanwalt Schily, eines wollte ich Ihnen noch sagen, es ist keine Anordnung von mir und die Verantwortung dafür trage ich nicht. Suchen Sie mal dort, was diese Maßnahmen ausgelöst hat.

Ich habe es nur zu überprüfen.

RA Schi[ly]:

Sie sind der Haftrichter.

Vors.:

Ich habe es nur zu überprüfen.

Weitere Wortmeldungen?

Rechtsanwalt Schily verläßt daraufhin um 15.39 Uhr den Sitzungssaal.

RA Wei[denhammer]:

Namens des Angeklagten Raspe schließe ich mich diesem Antrag an, und bitte noch folgendes zu bedenken.

Mein Mandant könnte beim Lesen des Grundgesetzes Art. 1, Ziff. 1: die Würde des Menschen ist unantastbar, nach dieser Verfügung zu der Lesart kommen, die Würde des Menschen ist unantastbar, ausgenommen sind Verfügungen des 2. Strafsenats beim Oberlandesgericht Stuttgart.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen?

[12979] Die Bundesanwaltschaft.

Bitte, Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Die Bundesanwaltschaft beantragt das Ablehnungsgesuch als unzulässig zurückzuweisen.

Schon der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung seines 3. Senats vom Juli 1973 StB 29/73[78] es für zulässig erklärt, daß Rechtsanwälte und Verteidiger beim Betreten einer Vollzugsanstalt vor Mandantenbesuchen durchsucht werden dürfen.

Rechtsanwalt Weidenhammer verläßt um 15.40 Uhr den Sitzungssaal.

Die beanstandete Maßnahme, die der Leiter der Vollzugsanstalt getroffen hat, orientiert sich zutreffend an gegenwärtigen Sicherheitsbedürfnissen, wobei doch die Verstrickung einzelner Anwälte in die Taten der Angeklagten hier einfach nicht hinweg diskutiert werden kann. Von Zynismus in der Rede, in der Verfügung des Vorsitzenden kann keine Rede sein. Wenn hier jemand Zynismus aufgebracht hat, dann waren es die beiden Herren Rechtsanwälte Schily und Weidenhammer. Mit Befangenheit hat das schlechterdings nichts zu tun, das wissen auch die Angeklagten Ensslin, Raspe und ihre beiden Verteidiger, Rechtsanwalt Schily und Rechtsanwalt Weidenhammer. Wenn sie trotzdem einen solchen Antrag stellen, dann nur zu diesem Zweck - wie gehabt - ... eine Strichliste hier zu führen, ist es schier unmöglich bei der Vielzahl der Anträge. Sie wollen nur eines erreichen, hier in gewissen Maße Stimmung zu machen und den Prozeß weiterhin zu verzögern.[79] Dankeschön.

Vors.:

Sonst sehe ich keine Wortmeldungen.

Wir wollen dann vorsehen, daß die Sitzung fortgesetzt wird um 16.15 Uhr. Es wird dann bekanntgegeben wie es weitergeht, aber Publikum wird vorsorglich zugelassen.

16.15 Uhr.

Pause von 15.42 Uhr bis 16.49 Uhr

Ende Band 766

[12980-12981][80] [12982] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 16.49 Uhr.

RA Weidenhammer ist wieder anwesend.

Vors.:

Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt:

Der Vorsitzende verliest den Beschluß vom 8. Dezember 1976;

der Beschluß wird als Anlage 5 in Ablichtung zu Protokoll genommen.

Ich möchte gerade im Hinblick darauf, daß auch die übrigen Herrn Verteidiger theoretisch ja von der Anordnung der Anstalt betroffen sein könnten, ausdrücklich nochmals betonen, daß es selbstverständlich keine Diskriminierungsmaßnahme gegenüber Anwälten ist, sondern daß sie gilt für sämtliche Besucher bei den Angeklagten; und es ist ja wohl nicht übersehen worden, daß sie auch dann nur gilt, wenn bei Anlegen der Metallsonde die entsprechenden Geräusche entstehen, d. h., es hat jeder in der Hand durch die entsprechende Kleidung sich vor dieser Maßnahme zu schützen. Und im übrigen: Wenn bei anderen Kontrollen dieser Art, etwa auf Flughäfen, die Quelle von der Reaktion der Metallsonde nicht zu klären ist, muß auch dort zwangsläufig den Dingen nachgegangen werden; um etwas anderes handelt es sich hier nicht. Und es kann nicht deutlich genug gesagt werden, daß aus aktuellem Anlaß, nämlich diesem Vorgang mit dem Fotoapparat, der herausgeschmuggelt worden ist, mit den Bildern die herausgeschmuggelt worden sind und der Erklärung, der Weg darüber führe über Anwälte - und es kommt theoretisch auch noch in Betracht über Besucher - die Anstalt veranlaßt hat, nicht das Gericht, diese Maßnahme anzuordnen, eine Maßnahme, die der Anstalt schon früher zugestanden hätte. Sie hat diese Vorsorge nur unterlassen, weil sie großzügig sein wollte und nicht diesen aktuellen Anlaß gesehen hat, der hier jetzt dazu zwingt. Das hindert nicht, daß geprüft werden kann, ob es irgendwelche andere technische Möglichkeiten gibt, um diesen Zustand leichter zu machen, erträglicher zu machen. In diesem Falle würde selbstverständlich eine solche Maßnahme dann vom Gericht auch ergriffen werden bzw. der Anstalt nahegelegt werden. [12983] Aber im übrigen wäre den Herrn Verteidigern zu empfehlen - und damit wäre das Problem gelöst - wie gesagt, Kleidung, die nicht in sich Metallteile birgt, so daß überhaupt kein Mißverständnis entstehen kann. Unter diesem Aspekt, meine ich, wird dieses Problem hier hochgespielt; die Motive sind hier nicht zu untersuchen.

Wir sind damit am Ende der heutigen Sitzung.

Herr RA Weidenhammer.

RA Wei[denhammer]:

Herr Vorsitzender, darf ich noch eine Erklärung abgeben?

Vors.:

Bitte.

RA Wei[denhammer]:

Ich habe eben im Gespräch mit meinem Mandanten erfahren, daß die Gefangenen der Vollzugsanstaltsleitung mitgeteilt haben, daß für den Fall, daß bis morgen um 16.00 Uhr die schikanösen Maßnahmen nicht aufgehoben sein sollten, ein Hungerstreik beginnen wird.

Vors.:

Also ich gehe davon aus, Sie haben sich richtigerweise an die Anstaltsleitung gewandt. Das Gericht hat es im Augenblick nur mit der Frage zu tun gehabt, ob aus richterlicher Sicht gegen die von der Anstalt für notwendig gehaltenen Maßnahmen Bedenken zu erheben sind. Das ist aus den bekannten Gründen verneint worden. Wir setzen die Sitzung am kommenden Dienstag um 9.00 Uhr fort.

Ende der Hauptverhandlung um 16.54 Uhr.

Ende von Band 767.

[12984-12985][81]


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Nach § 229 Abs. 1 StPO a.F. durfte die Verhandlung grundsätzlich nur für maximal zehn Tage unterbrochen werden (heute: drei Wochen), im Falle von zehn vorher stattgefundenen Verhandlungstagen aber immerhin einmal auch für 30 Tage (§ 229 Abs. 2 Satz 1 StPO a.F.). Bei Überschreitung der Frist hätte mit der Hauptverhandlung von neuem begonnen werden müssen (§ 229 Abs. 3 StPO a.F.).

[3] Rechtsanwalt Weidenhammer hatte den Vorsitzenden Dr. Prinzing bereits am vorigen Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (s. S. 12852 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 166. Verhandlungstag). Die Ablehnung wurde wegen Verspätung als unzulässig verworfen (S. 12857 des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 166. Verhandlungstag).

[4] Für Beschwerden gegen Anordnungen der Anstaltsleitung, die der Zuständigkeit des/der Richter/in unterlagen (§ 119 Abs. 6 StPO a.F.; insbesondere weitere Beschränkungen des/der Gefangenen, die der Zweck der Untersuchungshaft – die Sicherung des Strafverfahrens –, oder die Ordnung in der Anstalt erfordern, § 119 Abs. 3 StPO a.F.) sah Nr. 75 Abs. 1 der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) eine gerichtliche Entscheidung vor. War die richterliche Zuständigkeit nicht gegeben, entschied gem. Nr. 75 Abs. 2 UVollzO die Aufsichtsbehörde. Außerdem hatten Gefangene in diesem Fall die Möglichkeit, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen, wenn sie geltend machen konnten, durch die Maßnahme, Anordnung oder Verfügung in ihren Rechten verletzt zu sein (Nr. 75 Abs. 4 UVollzO i.V.m. §§ 23, 24 Abs. 1 EGGVG). Maßnahmen gegen Dritte (hier: Verteidiger/innen) können sich ebenfalls als Beschränkung der Gefangenen darstellen, wenn sie sich auf diese auswirken; so etwa bei der Durchsuchung von Besucher/innen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.1973 – Az.: BJs 6/71/StB 29/73, NJW 1973, S. 1656 f.). Damit dürfte die gerichtliche Zuständigkeit begründet gewesen sein. Zuständig für die Entscheidung ist ab dem Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage das Gericht der Hauptsache (§ 126 Abs. 2 StPO). Heute ist die gerichtliche Zuständigkeit gegen Maßnahmen der Vollzugsbehörde in § 119a StPO geregelt.

[5] Rechtsanwalt Siegfried Haag, der ursprünglich Andreas Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet war, wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Zusammen mit Roland Mayer und weiteren Unterstützer/innen versuchte er in der sogenannten Haag-Mayer-Bande, die RAF neu zu formieren. Mit ihrer Festnahme fand die Gruppe im November 1976 jedoch ein jähes Ende. Die bei der Verhaftung beschlagnahmten Haag-Mayer-Papiere enthielten verschlüsselte Anschlagspläne. Die Entschlüsselung der Papiere gelang jedoch erst nach und nach mit der Umsetzung der Pläne durch die zweite RAF-Generation (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 68 ff.; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 185 f., 193 ff., 205 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 371 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion. 14.5.1970 bis 20.4.1998, 3. Aufl. 2011, S. 60 f.).

[6] Die Ärztin Ingrid Schubert war Mitglied der RAF und u.a. am 14. Mai 1970 an der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft beteiligt. Sie wurde zusammen mit Irene Goergens, Horst Mahler, Brigitte Asdonk und Monika Berberich im Oktober 1970 in einer Berliner Wohnung verhaftet. Das Verfahren gegen Schubert, Goergens und Mahler vor dem Landgericht Berlin war einer der ersten Prozesse gegen Mitglieder der RAF. Schubert wurde im Mai 1972 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren, später mit Urteil vom 28.6.1974 unter Einbeziehung dieser Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 13 Jahren verurteilt. Sie nahm sich am 12. November 1977 in ihrer Gefängniszelle das Leben (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 157; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 71 ff., 328; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 38, 93; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 169, 760 Anm. 47).

[7] S. bereits Fn. 4.

[8] Im Gegenteil entschied der BGH mit Beschluss vom 18.7.1973, dass aus § 148 StPO ein über den Wortlaut („Dem Beschuldigten ist, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß befindet, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet.“) hinausgehender Grundsatz des freien Verkehrs von Beschuldigten mit ihren Verteidiger/innen folge, der Durchsuchungen von Verteidiger/innen vor Besuchen in der Haftanstalt grundsätzlich entgegenstehe. Für vereinbar mit § 148 StPO erklärte der BGH allerdings „[e]ine Durchsuchung, die sich darauf beschränkt, zu prüfen, ob der Besucher Waffen oder Werkzeuge mit sich führt, die zu einem Ausbruch aus der Vollzugsanstalt verwendet werden können“, da die Verteidigung hierdurch nicht beeinträchtigt sei (BGH, Beschl. v. 18.7.1973 – Az.: 1 BJs 6/71/StB 29/73, NJW 1973, S. 1656, 1657).

[9] Rechtsanwalt Horst Mahler war ein führendes Mitglied der ersten RAF-Generation. Seine zentrale Rolle bei der Entstehung der RAF ist jedoch gegenüber den hier Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof in den Hintergrund gerückt. Er war maßgeblich an der Vorbereitung der als „Geburtsstunde der RAF“ bezeichneten Befreiung Baaders aus der Haft im Mai 1970 beteiligt. Im September 1970 überfiel er u.a. zusammen mit Andreas Baader und Irene Goergens eine Bank in West-Berlin; bereits eine Woche später wurde er verhaftet. Im Jahr 1972 begann der Prozess gegen ihn vor dem Kammergericht Berlin wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Im Februar 1973 wurde er zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwölf Jahren verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Strafe wurde er im November 1974 aufgrund seiner Beteiligung an der Baader-Befreiung zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Zwischen Mahler und dem Führungsduo Baader/Ensslin ergaben sich immer wieder Differenzen. Spätestens mit der Ablehnung seiner Freilassung im Austausch gegen den im Februar 1975 entführten Politiker Peter Lorenz sagte er sich endgültig von der RAF los. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1980 durchlief Mahler eine radikale politische Kehrtwende. Ende der 90er Jahre bekannte er sich erstmals öffentlich zum Rechtsradikalismus, im Jahr 2000 trat er in die NPD ein. Wegen antisemitischer Hetze wurde er mehrfach wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 372 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 40 ff., 53, 67 f.).

[10] Rechtsanwalt Eberhard Becker ging Ende 1973 in den Untergrund und schloss sich der RAF an. Am 4. Februar 1974 wurde er zusammen mit Christa Eckes, Helmut Pohl und Ilse Stachowiak in Hamburg verhaftet. Das LG Hamburg verurteilt ihn am 28. September 1976 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 116, 122; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 835).

[11] Rechtsanwalt Jörg Lang wurde im Juli 1972 wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verhaftet, nach vier Monaten in Untersuchungshaft jedoch wieder entlassen. Bevor die Hauptverhandlung gegen ihn eröffnet werden konnte, tauchte er im Jahr 1974 unter (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 71 f.; s. auch die dort in Kapitel V En. 4, S. 569 ff. abgedruckte Presseerklärung). Erst nachdem die Vorwürfe gegen ihn verjährt waren, reiste er – wohl aus dem Libanon – wieder zurück in die Bundesrepublik ein (DER SPIEGEL Ausgabe 26/1982 vom 28.6.1982, S. 78).

[12] Rechtsanwalt Dr. Heldmann war dem Angeklagten Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet. Die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dient dem öffentlichen Interesse, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 – Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242). Daher gehen mit ihr besondere Pflichten einher, darunter die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 – Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.). Über die Gewichtung der Interessen, denen der Beschuldigten und dem Interesse an der Sicherung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, gab es im Prozess häufige Auseinandersetzung, so etwa am 26. Verhandlungstag (2132 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), sowie am 41. Verhandlungstag (S. 3176 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[13] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf das zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Schily (für die Angeklagte Ensslin) zu. Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung allerdings auch bei vorübergehender Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[14] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[15] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 – Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 – Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[16] In Bezug auf die Person, die den VW-Bus während des Banküberfalls in Kaiserslautern gefahren sein soll, versuchte die Verteidigung erstens zu beweisen, dass der Zeuge Gerhard Müller Carmen Roll als Fahrerin angegeben habe und zweitens, dass diese Aussage falsch sei (s. dazu etwa den Beweisantrag sowie die ergänzenden Erläuterungen des Rechtsanwalts Geulen vom 155. Verhandlungstag, S. 12141 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; zu den Angaben des Zeugen Müller s. insbes. die Aussage des Vernehmungsbeamten Stellmacher am 154. Verhandlungstag, S. 12045 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Nachweis, dass der Zeuge Müller auch bereits bei anderer Gelegenheit falsche Angaben gemacht habe, versuchte die Verteidigung, die Glaubwürdigkeit des Zeugen, der die Angeklagten erheblich belastete, zu erschüttern.

[17] Vor dem LG Kaiserslautern fand zu dieser Zeit die Hauptverhandlung gegen die RAF-Mitglieder Manfred Grashof, Wolfgang Grundmann und Klaus Jünschke statt. Vorgeworfen wurden ihnen neben der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verschiedene Straftaten im Zusammenhang mit dem hier thematisierten Banküberfall in Kaiserslautern am 22. Dezember 1971, bei dem der Polizeiobermeister Herbert Schoner erschossen wurde, sowie im Zusammenhang mit der Verhaftung von Grundmann und Grashof am 2. März 1972, bei der der Kriminalhauptkommissar Eckhart durch einen Schuss durch Grashof schwer verletzt wurde und schließlich am 22. März 1972 seinen Verletzungen erlag; dem Angeklagten Jünschke ferner die Beteiligung an der Herbeiführung der Explosion in Frankfurt am Main am 11.5.1972. Jünschke und Grashof wurden am 2.6.1977 je zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, Grundmann zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30 ff., 322; s. zu den Tatvorwürfen und späteren Verurteilungen auch DER SPIEGEL, Ausgabe 24/77 vom 6.6.1977, S. 104).

[18] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[19] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Die Verteidigung versuchte u.a. durch den Nachweis von Widersprüchen in seinen verschiedenen Aussagen seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern.

[20] Die Eigenschaft einer Person als Beschuldigte/r wird ab der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens angenommen (BGH, Urt. v. 18.10.1956 – Az.: 4 StR 278/56, BGHSt 10, S. 8, 11; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 76 f.) Die Beschuldigteneigenschaft hat u.a. zur Folge, dass die Person nicht mehr als Zeug/in, sondern nur als Beschuldigte/r unter Wahrung der Beschuldigtenrechte vernommen werden darf. Hierzu gehört, dass sie zu Beginn der (ersten) polizeilichen Vernehmung über ihre Rechte zu belehren ist; ihr ist zu eröffnen, welche Tat ihr zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§§ 163a, 136 StPO). Da die Frage, in welcher Rolle eine Person im Strafverfahren auftritt (Mitbeschuldigte/r oder Zeug/in), von erheblicher Bedeutung für die Rechte und Pflichten, insbesondere für die Wahrheitspflicht, ist, gibt es große Uneinigkeit über die strafprozessuale Einordnung von Personen, gegen die in derselben Sache ermittelt wird. Während manche unabhängig von den prozessualen Gegebenheiten auf eine materielle Sachbeziehung zu dem Anklagegegenstand abstellen, wird wohl überwiegend ein rein formaler Beschuldigtenbegriff vertreten, der lediglich danach fragt, ob eine äußere Einheit mehrerer Verfahren mit dem gleichen Verfahrensstand besteht (zum Meinungsstand s. Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 10. Aufl. 2017, Rn. 927 ff.; Lenckner, in Baumann [Hrsg.], Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag, S. 333, 334 ff.).

[21] Die Akte 1 BJs 7/76 enthielt Protokolle über Vernehmungen des Zeugen Müller in einem Verfahren, das offiziell gegen „Unbekannt“ geführt wurde. Nachdem bereits ein Teil der Akte übergeben worden war, beantragte Rechtsanwalt Schily am 159. Verhandlungstag, die noch fehlenden Seiten beizuziehen (S. 12307 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Diese konnten schließlich nach Herausgabe durch die Bundesanwaltschaft am 161. Verhandlungstag an die übrigen Prozessbeteiligten verteilt werden (s. S. 12347 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[22] Anlage 1 zum Protokoll vom 8.12.1976: Aussagegenehmigung für KHK Habekost.

[23] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[24] Die auch als „Geheimakte“ bezeichnete Akte „3 ARP 74/75 I“ enthielt weitere Aussagen des Zeugen Gerhard Müller. Für diese Akte hatte der damalige Bundesjustizminister Vogel zunächst eine umfassende Sperrerklärung nach § 96 StPO („Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“) abgegeben. Die Verteidigung bemühte sich lange darum, Einblick in die Akte zu erhalten. Nachdem die Prüfung und Entscheidung darüber, die Sperrerklärung wieder aufzuheben, der Bundesanwaltschaft anvertraut wurde (s. die Mitteilung des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 157. Verhandlungstag, S. 12215 des Protokolls der Hauptverhandlung), gab diese schließlich am 158. Verhandlungstag nach erneuter Prüfung einen Großteil der Akte heraus (S. 12262 des Protokolls der Hauptverhandlung; s. zu den Vorgängen und Vermutungen rund um diese Akte auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 368 ff.). Am 159. Verhandlungstag wurde ein Schreiben des Bundesjustizministers bekanntgegeben, in welchem die letzten noch geheimhaltungsbedürftigen Passagen konkretisiert wurden (s. Anlage 2 zum Protokoll vom 9.11.1976, S. 12306 des Protokolls der Hauptverhandlung, 159. Verhandlungstag).

[25] Dierk Hoff (Deckname „Pfirsich“) hatte in seiner Werkstatt einige der von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt. In diesem Verfahren wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen.

[26] Der Zeuge Gerhard Müller stritt zunächst ab, den Decknamen „Harry“ benutzt zu haben. Damit einher ging die Behauptung, er habe den Zeugen Dierk Hoff nie getroffen (S. 10399 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 125. Verhandlungstag); dieser hatte im Rahmen seiner Zeugenaussage allerdings ein Treffen mit einem „Harry“ geschildert, den er inzwischen als Müller identifizierte, s. S. 5948 des Protokolls der Hauptverhandlung, 68. Verhandlungstag). Diese Aussage widerrief Müller schließlich am 126. Verhandlungstag (S. 10407 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[27] Verschlusssachen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SÜG „im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform“. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 SÜG wird eine Verschlusssache in den Geheimhaltungsgrad „VS-VERTRAULICH“ eingestuft, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines der Länder schädlich sein kann. Bis zur Einführung des SÜG, das am 29.4.1994 in Kraft getreten ist und für den Bund gilt (die SÜGs der Länder decken sich in weiten Teilen mit dem Bundes-SÜG), fanden sich die entsprechenden Regelungen in Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder (vgl. dazu die Gesetzesbegründung zum SÜG, BT-Drs. 12/4891, S. 1).

[28] Ein Sperrvermerk kann nach § 96 StPO durch die oberste Dienstbehörde angebracht werden, wenn „das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“ (§ 96 StPO a.F.; entspricht heute § 96 Satz 1 StPO). Zur Entwicklung des Sperrvermerks in Bezug auf die Akte 3 ARP s. Fn. 24.

[29] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[30] Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen Irmgard Möller und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Die Anklagevorwürfe betrafen u.a. das Geschehen um die versuchte Festnahme des RAF-Mitglieds Margrit Schiller, in deren Verlauf ein Polizeibeamter erschossen, ein weiterer verletzt wurde. Der getötete Polizeibeamter Norbert Schmid war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe viereinhalb Jahren, Gerhard Müller u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[31] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[32] Zum Urteil des LG Hamburg s. bereits Fn. 30. Müller selbst legte zunächst das Rechtsmittel der Revision ein. Trotz dadurch eingetretener Hemmung der Rechtskraft (§ 343 Abs. 1 StPO), hatte Müller eine Verschlechterung seiner Situation (etwa durch Erhöhung des Strafmaßes) zum Zeitpunkt seiner Aussagen kaum noch zu befürchten. Die Frist zur Einlegung einer Revision (eine Woche ab Verkündung des Urteils, § 341 Abs. 1 StPO) für die Staatsanwaltschaft war abgelaufen; § 358 Abs. 2 StPO enthält ein Verbot der Schlechterstellung im Rahmen der Revision u.a. für den Fall, dass nur der/die Angeklagte Revision eingelegt hat. Weitere Rechtsmittel stehen gegen ein Urteil des Landgerichts nicht zur Verfügung; ein erneutes Verfahren wegen der abgeurteilten Taten ist nach Art. 103 Abs. 3 GG grundsätzlich ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens zuungunsten des/der Verurteilten besteht nur in eng begrenzten Ausnahmesituationen (§ 362 StPO). In der Zwischenzeit hatte Müller seine Revision wohl zurückgenommen, sodass das Urteil gegen ihn in Rechtskraft erwachsen war (so Rechtsanwalts Schily am 148. Verhandlungstag, S. 11728 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[33] S. bereits Fn. 30. Schiller selbst belastete Gerhard Müller schwer, der mit Urteil vom 16.3.1976 vom LG Hamburg zwar für andere Taten, nicht aber für den Mord an Schmid verurteilt wurde. Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass der Freispruch Müllers in Bezug auf den Mord an Norbert Schmid Teil einer unzulässigen Absprache mit den Strafverfolgungsbehörden gewesen sei (s. dazu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 8 und 12 zum Protokoll vom 20.7.1976, S. 10649 f., 10659 des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).

[34] Ingeborg Barz war ein frühes Mitglied der RAF. Zuvor war sie Teil der Hilfsorganisation Schwarze Hilfe und bildete u.a. gemeinsam mit Angela Luther, Inge Viett, Verena Becker und Waltraud Siepert eine feministische Gruppe namens Die schwarze Braut. Über Barz’ Position in der RAF ist nicht viel bekannt. 1971 soll sie beim Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern mitgewirkt haben. Von der Verhaftungswelle 1972 war Barz nicht betroffen, gilt aber wie Angela Luther seitdem als verschwunden. Über ihren Verbleib existieren nur Spekulationen. Unter anderem stand der Verdacht im Raum, dass sie als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt und von Baader erschossen worden sei (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31 ff., 37 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S 299, 820). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die Behauptung, Baader habe Barz erschossen, von Gerhard Müller aufgestellt worden sei, um Baader wahrheitswidrig zu belasten (s. den Beweisantrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 142. Verhandlungstag, S. 11467 des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Beweis der Unwahrheit dieser Tatsache sollte die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Müller insgesamt erschüttert werden (s. dazu etwa die Diskussion um den am 147.Verhandlungstag gestellten Beweisantrag, S. 11684 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu den Angaben, die Müller über in diesem Zusammenhang gemacht haben soll, s. auch die Ausführungen des Vernehmungsbeamten KHK Opitz am 152. Verhandlungstag (S. 11855 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[35] Die Beteiligung an einer Straftat in Form der Beihilfe (§ 49 StGB a.F.; heute: § 27 StGB) setzt ein objektives Hilfeleisten voraus. Ob der konkrete Beitrag als Teilnahmehandlung oder bereits als mittäterschaftliche Begehungsweise (§ 47 StGB a.F.; heute: § 25 Abs. 2 StGB) angesehen werden kann, wird von Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich abgegrenzt: Während die Rechtsprechung bis in die 70er einen vorwiegend subjektiven Ansatz verfolgte, der maßgeblich auf den Täterwillen abstellte (sog. animus-Theorie; s. noch BGH, Urt. v. 17.3.1977 – Az.: 1 StR 39/77, GA 1977, S. 306) stellt die Literatur überwiegend darauf ab, ob eine beteiligte Person objektiv einen wesentlichen Beitrag geleistet hat (funktionelle Tatherrschaft). Inzwischen zieht die Rechtsprechung neben subjektiven auch objektive Elemente heran (sog. normative Kombinationstheorie). Für einen Überblick s. Joecks/Scheinfeld, in Joecks/Miebach [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 4. Aufl. 2020, § 25 Rn. 24; für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung von 196 bis 2015 sowie eine weitere Differenzierung innerhalb der Literatur s. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 9. Aufl. 2015, S. 546 ff.; 674 ff.).

[36] Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof übt als Strafverfolgungsbehörde das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 142a Abs. 1 GVG) aus. Diese Zuständigkeit des OLG für Strafsachen in erster Instanz ist nur für besondere Straftaten gegeben, etwa für Hoch- und Landesverrat (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GVG). Der Generalbundesanwalt kann zudem die Strafverfolgung für Strafsachen, die eigentlich zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören würden, wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernehmen (was in der Folge ebenfalls zur Zuständigkeit des OLG in erster Instanz führt, §§ 120 Abs. 2, 74a Abs. 2 GVG). Das Verfahren wird aus den in § 142a Abs. 2 und 4 GVG genannten Gründen (wieder) an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben, darunter bei „Sachen von minderer Bedeutung“ (Abs. 2 Nr. 2), oder wenn die „eine besondere Bedeutung des Falles nicht mehr vorliegt“ (Abs. 4).

[37] Am 12. Mai 1972 kam es zu zwei Sprengstoffanschlägen in München und Augsburg. In Augsburg detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). In München explodierte auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Auch hierbei wurden mehrere Personen verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Die Vorgänge waren ab dem 85. Verhandlungstag (München) bzw. 87. Verhandlungstag (Augsburg) Gegenstand der Beweisaufnahme.

[38] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[39] Ehrengerichtsverfahren (heute: anwaltsgerichtliche Verfahren) können im Falle einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten von Anwält/innen durch die Staatsanwaltschaft vor speziellen Anwaltsgerichten, früher „Ehrengerichte“ eingeleitet werden (§ 121 BRAO). Diese können verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen – je nach Schwere des Verstoßes – von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO). Gegen die Verteidiger/innen in den RAF-Prozessen wurden zahlreiche solcher Ehrengerichtsverfahren eingeleitet (s. dazu etwa das Interview mit von Plottnitz, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 91, 95 f.; s. auch die Dokumentation von Ehrengerichtsverfahren von Spangenberg, Kritische Justiz 1976, S. 202). Bei dieser Einschränkung ging es wohl um ein Ehrengerichtsverfahren gegen den Rechtsanwalt Groenewold (s. dazu die Angaben des KHK Opitz am 164. Verhandlungstag, S. 12756 f. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[40] Gerhard Müller machte wohl sehr konkrete Angaben zu dem Ort, an dem der Leichnam von Ingeborg Barz vermeintlich vergraben worden sei. Anschließende Grabungen der Ermittlungsbehörde blieben ohne Ergebnis (s. die Angaben des KKH Opitz am 152. Verhandlungstag, S. 11856, 11861 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[41] Von der Richterbank aus gesehen links saßen die Vertrauensverteidigung, sowie die Angeklagten, sofern sie an der Hauptverhandlung teilnahmen (Fn. 1). Ihnen gegenüber saßen die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger, die ihnen gegen ihren Willen zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren, und die Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft (s. die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[42] Vor dem Verwaltungsgericht Köln war zu dieser Zeit ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz anhängig. Rechtsanwalt Dr. Heldmann hatte dort im Namen des Angeklagten Andreas Baader beantragt, die Bundesrepublik im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, eine Sperrerklärung hinsichtlich der Akte 3 ARP 74/75 I aufzuheben (zur Sperrerklärung s. bereits Fn. 24). Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 123 VwGO) kann grundsätzlich nur eine vorläufige Entscheidung erreicht werden; eine endgültige Entscheidung erfolgt erst in dem Verfahren der Hauptsache. Daher ist es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in der Regel nicht möglich, eine Entscheidung zu erreichen, die die Hauptsache unwiderruflich vorwegnehmen würde. Eine solche endgültige Vorwegnahme ist allerdings in Ausnahmefällen zulässig, wenn die Hauptsache nach einem strengen Maßstab erkennbar Erfolg haben wird, eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirkt werden kann und dem/der Antragssteller/in hieraus unzumutbare Nachteile entstehen würden (BVerwG, Beschl. v. 13.8.1999 – Az.: 2 VR 1/99, BVerwGE 109, S. 258, 262 f.).

[43] Der Vorsitzende Dr. Prinzing hatte die Beweisaufnahme bereits am Ende des 148. Verhandlungstages geschlossen (S. 11767 des Protokolls der Hauptverhandlung) und die Bundesanwaltschaft ab dem 149. Verhandlungstag plädiert. Auch nach Schließung der Beweisaufnahme bleibt jedoch ein Wiedereintritt möglich. Die Verfahrensbeteiligten haben bis zum Beginn der Urteilsverkündung das Recht, Beweisanträge zu stellen, das Gericht ist zur Entgegennahme verpflichtet (BGH, Urt. v. 3.8.1966 – Az.: 2 StR 242/66, BGHSt 21, S. 118, 123). Der Wiedereintritt wird – auch konkludent – angenommen, sobald Verfahrensvorgänge durchgeführt werden, die für die Sachentscheidung des Gerichts von Bedeutung sein können; dies sind insbesondere Prozesshandlungen, die in den Bereich der Beweisaufnahme fallen, aber auch wenn sonst der Wille des Gerichts erkennbar wird, es wolle mit den Prozessbeteiligten in der Beweisaufnahme fortführen. Dies kann bereits bei der Erörterung von Anträgen der Fall sein (BGH, Beschl. v. 5.2.2019 – Az.: 3 StR 469/18, NStZ 2019, S. 426 f. m.w.N.).

[44] Die Verteidigung hatte zuvor in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, u.a. vor dem VG Köln, Klagen sowie Anträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf Erteilung von zuvor versagten Aussagegenehmigungen eingereicht (zum Antrag auf einstweilige Anordnung vor dem VG Köln s. Anlage 2 zum Protokoll vom 31. August 1976 S. 11426 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 141. Verhandlungstag). Das VG Köln befand die pauschale Versagung der Aussagegenehmigung für den Generalbundesanwalt Siegfried Buback für rechtswidrig und verpflichtete den Bundesminister der Justiz, die Klägerin und Antragstellerin Gudrun Ensslin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (s. das Urteil und den Beschluss des VG Köln vom 15.9.1976 in Anlage 1 a des Protokolls vom 28. September 1976, zu Blatt 11698 des Protokolls der Hauptverhandlung, 148. Verhandlungstag).

[45] Anlage 1 a zum Protokoll vom 8. Dezember 1976: Antrag nach § 123 VwGO (Aufhebung des Sperrvermerks nach § 96 StPO).

[46] Wird ein/e Zeug/in vereidigt, so ist nach § 163 StGB a.F. (heute: § 161 StGB) sogar eine fahrlässige Falschaussage strafbar (fahrlässiger Falscheid). Auch bei Fehlen eines entsprechenden Vorsatzes macht sich daher strafbar, wer die erforderliche Sorgfalt während der beeidigten Aussage außer Acht lässt und die objektiv falsche Aussage bei sorgfältiger Anspannung des Gewissens hätte vermeiden können (Müller, in Joecks/Miebach [Hrsg], Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 3, 3. Auflage 2017, § 161, Rn. 9, 17.).

[47] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[48] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[49] Der Verteidigung sowie der Staatsanwaltschaft ist auf Verlangen nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[50] Als „Vertrauensverteidiger“ wurden diejenigen Verteidiger/innen bezeichnet, welche von den Angeklagten frei gewählt waren (§§ 137, 138 StPO). Einige von ihnen wurden den Angeklagten als Pflichtverteidiger/innen (§ 141 StPO) beigeordnet. „Vertrauensverteidiger/in“ ist keine offizielle Bezeichnung, dient aber hier der Abgrenzung zu denjenigen Verteidigern, die den Angeklagten gegen ihren Willen durch das Gericht beigeordnet worden waren (Fn. 13).

[51] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache, als auch des Beweismittels (früher bereits ständige Rechtsprechung, s. etwa BGH, Urt. v. 23.1.1951 – Az.: 1 StR 37/50, BGHSt 1, S. 29, 31; BGH, Urt. v. 7.5.1954 – Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128, 129; BGH, Urt. v. 12.8.1960 – Az.: 4 StR 48/60, NJW 1960, S. 2156, 2157; heute definiert in § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Bereits mit Urteil vom 7.5.1954 entschied der BGH, dass der Antrag auf Heranziehung von Prozessakten kein Beweisantrag, sondern lediglich ein „Beweisermittlungsvorschlag“ sei. Dies begründete das Gericht mit der fehlenden Konkretisierung des Beweismittels, da die Prozessakten „eine Sammlung von vielen Urkunden und sonstigen Vorgängen“ seien und die in Bezug genommenen Urkunden daher konkret hätten bezeichnet werden müssen (BGH, Urt. v. 7.5.1954 - Az.: 2 StR 27/54, JR 1954, S. 253).

[52] Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO). Damit trifft die Aufklärungspflicht das Gericht unabhängig von Anträgen der Verfahrensbeteiligten.

[53] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 1. Aufl. 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.).

[54] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache als auch des Beweismittels (s. bereits Fn. 51). Ein Beweisermittlungsantrag liegt hingegen vor, wenn entweder die Beweistatsache oder das Beweismittel nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da § 244 Abs. 3-6 StPO begrenzte und abschließende Ablehnungsgründe für Beweisanträge enthält. Liegt keiner dieser Ablehnungsgründe vor, ist dem Beweisantrag zu entsprechen. Beweisermittlungsanträge berücksichtigt das Gericht hingegen nur nach § 244 Abs. 2 StPO im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungspflicht, die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags ist nicht auf die Gründe des § 244 Abs. 3-6 StPO beschränkt.

[55] Zum Hintergrund dieses Beweisthemas s. Fn. 16.

[56] § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO a.F. (heute: § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO) ermöglicht die Wahrunterstellung für erhebliche Tatsachen, die zur Entlastung der Angeklagten bewiesen werden sollen.

[57] Anlage 2 zum Protokoll vom 8. Dezember 1976: Erklärung des Rechtsanwalts Dr. Heldmann.

[58] Die §§ 251 ff. StPO enthalten enge Ausnahmen von dem in § 250 Satz 2 StPO normierten Verlesungsverbot, wonach die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden darf. § 253 Abs. 3 StPO ermöglicht die Verlesung, wenn diese „zu anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen [soll], ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen“.

[59] Lehnt der/die Vorsitzende die Ladung einer Person ab, so können Angeklagte die Person selbst unmittelbar laden (§ 220 Abs. 1 StPO). Für diese „präsenten Beweismittel“ enthielt § 245 StPO a.F. im Vergleich zu absenten Beweismitteln nur sehr eingeschränkte Ablehnungsgründe; die Ablehnung präsenter Beweismittel war nur möglich, wenn die Beweiserhebung unzulässig war oder nur zum Zwecke der Prozessverschleppung beantragt wurde. Für präsente Beweismittel bestand daher eine verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 245 Anm. 1). Inzwischen wurde die Erstreckung der Beweisaufnahme auf präsente Beweismittel von einem vorherigen Beweisantrag abgängig gemacht, welcher in seinen Ablehnungsgründen denen für absente Beweismittel weiter angenähert wurde (§ 245 Abs. 2 StPO).

[60] Anlage 3 zum Protokoll vom 8. Dezember 1976: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung des KOM Ziegler sowie des Arztes Dr. Krone als Zeugen.

[61] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).

[62] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.

[63] Das Freibeweisverfahren findet Anwendung zum Beweis von Tatsachen, die nicht die Straf- oder Schuldfrage, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe, betreffen. Im Unterschied zum dort anzuwendenden Strengbeweisverfahren ist das Gericht im Freibeweisverfahren nicht auf die Wahl bestimmter Beweismittel beschränkt, sondern kann grundsätzlich alle verfügbaren Erkenntnisquellen nutzen; auch an die im Strengbeweisverfahren vorgeschriebene Form ist es nicht gebunden (BGH, Urt. v. 28.6.1961 – Az.: 2 StR 154/61, BGHSt 16, S. 164, 166). Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 136a StPO wurde zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung wohl überwiegend das Freibeweisverfahren (auch für die Tatsacheninstanz) für ausreichend angesehen (BGH, Urt. v. 28.6.1961 – Az.: 2 StR 154/61, BGHSt 16, S. 164, 166; s. etwa Sarstedt, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 136a Anm. 8). Die Rechtsprechung vertritt diesen Standpunkt weiterhin (BGH, Urt. v. 21.7.1994 – Az.: 1 StR 83/94, NJW 1994, S. 2904, 2905; BGH, Urt. v. 21.7.1998 – Az.: 5 StR 302/97, BGHSt 44, S. 129, 132; siehe auch Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 136a Rn. 32). Im Schrifttum mehren sich aber die Stimmen, die die teilweise oder sogar vollständige Anwendung des Strengbeweises fordern (für eine vollständige Anwendung des Strengbeweises s. Gleß, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 4/1, 27. Aufl. 2019, § 136a Rn. 77; für eine Anwendung des Strengbeweises in den Fällen, in denen die Aussage letztlich für die Straf- oder Schuldfrage verwertet werden soll s. Schuhr, in Knauer/Kudlich/Schneier [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 136a Rn. 99).

[64] § 244 Abs. 2 StPO enthält die umfassende gerichtliche Aufklärungspflicht: „Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.“

[65] § 256 StPO benennt bestimmte Arten von Erklärungen die entgegen § 250 Satz 2 StPO (Fn. 58) verlesen werden können, darunter die „ein Zeugnis oder Gutachten enthaltenden Erklärungen öffentlicher Behörden“ (§ 256 Abs. 1 Satz 1, 1. Var. StPO a.F.; heute: § 256 Abs. 1 Nr. 1 a) StPO).

[66] S. bereits Fn. 7.

[67] § 148 StPO a.F. (entspricht dem heutigen § 148 Abs. 1 StPO) lautet: „Dem Beschuldigten ist, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß befindet, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet.“ Hieraus wird der Grundsatz der freien Verteidigung hergeleitet, der grundsätzlich den ungehinderten und unüberwachten Verkehr zwischen Verteidiger/in und beschuldigter Person voraussetzt (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 148 Rn. 1 ff.).

[68] Das Bundesverfassungsgericht führte in dieser Entscheidung aus, dass die Durchsuchung eines Rechtsanwalts vor dem Besuch seiner in Untersuchungshaft befindlichen Mandantin nicht zur Verletzung seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) führe, da davon auszugehen sei, dass dabei keine Verteidigungsunterlagen eingesehen würden, sondern sich die Durchsuchung auf mitgeführte Waffen oder andere gefährlichen Gegenstände beschränke (BVerfG, Beschl. v. 2.7.1974 – Az.: 2 BvR 805/72, BVerfGE 38, S. 26, 30). Zur BGH-Entscheidung s. bereits Fn. 8.

[69] Rechtsanwalt Wolf-Dieter Reinhard soll versucht haben, die Angeklagten in der JVA Stammheim mit in einem Handschuh verborgenen Patronenhülsen zu besuchen (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 226; vgl. auch S. 2065 des Protokolls der Hauptverhandlung, 25. Verhandlungstag).

[70] Art. 1 Abs. 1 GG enthält die Menschenwürdegarantie („Die Würde des Menschen ist unantastbar“), Art. 2 Abs. 1 GG das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (auch „allgemeine Handlungsfreiheit“). Aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht hergeleitet, das überwiegend als eigenständiges Grundrecht neben der allgemeinen Handlungsfreiheit anerkannt wird (zu den dogmatischen Grundlagen s. Di Fabio, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz-Kommentar, 92. Ergänzungslieferung, Stand August 2020, Art. 2 Abs. 1, Rn. 127).

[71] Anlage 4 zum Protokoll vom 8. Dezember 1976: Stellungnahme der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim vom 8. Dezember 1976 nebst Anlagen.(

[72] Gemeint ist die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 24 Abs. 1 StPO). Die Ablehnung findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters/einer Richterin zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).

[73] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO). Auch andere Erklärungen und Anträge können jedoch im Strafverfahren innerhalb der mündlichen Verhandlung mündlich erfolgen (vgl. zur Form: Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 337; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 124). Für Ablehnungsgesuche regelt § 26 StPO das Verfahren. Danach kann das Ablehnungsgesuch entweder beim Gericht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden. Der Bundesgerichtshof hat mittlerweile klargestellt, dass es die freie Entscheidung des/der Antragssteller/in ist, wie das Gesuch geltend gemacht wird: Die Praxis, Befangenheitsgesuche in der Hauptverhandlung nur im Einzelfall zuzulassen und im Übrigen auf Geltendmachung außerhalb der Hauptverhandlung zu verweisen, widerspreche dem (seit dem hiesigen Verfahren unveränderten) Wortlaut des § 26 StPO. Es gehöre „zu den grundlegenden Rechten eines Angeklagten, in einer laufenden Hauptverhandlung sachdienliche Anträge zu seiner Verteidigung zu stellen“. Die Sachleitungsbefugnis des/der Vorsitzenden geht daher nicht so weit, Befangenheitsgesuche in der Hauptverhandlung gar nicht zuzulassen (BGH, Beschl. vom 08.06.2005 – Az.: 2 StR 118/05, StV 2005, S. 531).

[74] Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hatte nach damaliger Rechtslage zur Folge, dass der/die abgelehnte Richter/in vorläufig amtsunfähig wurde und damit ab dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht mehr an Entscheidungen mitwirken durfte; eine Ausnahme galt nur für unaufschiebbare Handlungen (§ 29 StPO a.F.). Unaufschiebbar ist eine Handlung dann, wenn sie wegen ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden kann, bis ein/e Ersatzrichter/in eintritt (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 – Az.: 4 StR 506/02, BGHSt 48, S. 264, 265; BGH, Urteil vom 14.2.2002 – Az.: 4 StR 272/01, NStZ 2002, S. 429, 430). Nachdem zwischenzeitliche Gesetzesänderungen weitere Mitwirkungsmöglichkeiten u.a. bei in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungen ermöglichten, wurde das Verfahren nach einer Ablehnung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) grundlegend neu geregelt. Nach § 29 Abs. 1 StPO sind zwar weiterhin nur unaufschiebbare Handlungen gestattet; die Hauptverhandlung wird aber nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gesetzlich als unaufschiebbar eingeordnet. Bis zur Entscheidung über die Ablehnung (Frist: zwei Wochen, Abs. 3) findet diese nun unter Mitwirkung des/der abgelehnten Richter/in statt. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist der seit Anbringung des Ablehnungsgesuchs durchgeführte Teil der Hauptverhandlung zu wiederholen, es sei denn, dies ist nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich (Abs. 4).

[75] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[76] Richter/innen können durch Selbstanzeige ihre Befangenheit kundtun (§ 30 StPO). Damit ist aber zunächst noch keine Entscheidung getroffen. Über den Ausschluss entscheidet das zuständige Gericht, in diesem Fall der Senat ohne Mitwirkung der anzeigenden Person (§ 27 Abs. 1 StPO) in der vorgeschriebenen Besetzung (drei Berufsrichter/innen, § 122 Abs. 1 GVG).

[77] Zur Anwesenheitspflicht von beigeordneten Verteidiger/innen s. bereits Fn. 12.

[78] Zum BGH-Beschluss vom 18.7.1973 s. bereits Fn. 8.

[79] Nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO verwirft das Gericht die Ablehnung als unzulässig, „wenn durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.

[80] Dienstliche Äußerung des Vorsitzenden Dr. Prinzing vom 8. Dezember 1976.

[81] Anlage 5 zum Protokoll vom 8. Dezember 1976: Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1976 (Zurückweisung der Ablehnung als unbegründet).


[a] Maschinell eingefügt: die

[b] Maschinell eingefügt: vor

[c] Maschinell eingefügt: und

[d] Handschriftlich eingefügt: denn

[e] Handschriftlich ergänzt: Möglichkeiten

[f] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[g] Maschinell ergänzt: herausgebracht

[h] Maschinell eingefügt: zu

[i] Maschinell eingefügt: darauf

[j] Maschinell eingefügt: und

[k] Maschinell eingefügt: noch

[l] Maschinell eingefügt: und

[m] Maschinell eingefügt: wie Sie

[n] Handschriftlich durchgestrichen: nichts

[o] Maschinell eingefügt: das

[p] Maschinell eingefügt: Verlassen

[q] Maschinell ersetzt: jetzt durch erst

[r] Handschriftlich ersetzt: das durch die

[s] Maschinell eingefügt: uns kurz

[t] Handschriftlich eingefügt: ein

[u] Maschinell ersetzt: hat hinter mit hergeschaut durch hab in die Höhe geschaut

[v] Maschinell eingefügt: nun

[w] Maschinell ersetzt: nicht wahr durch die war

[x] Maschinell durchgestrichen: ich

[y] Maschinell ersetzt: Füße durch Züge

[z] Maschinell durchgestrichen: Hauptverhandlung

[aa] Maschinell durchgestrichen: wieder

[bb] Maschinell ersetzt: verekonstruiert durch mir rekonstruiert

[cc] Maschinell ersetzt: Tat durch Fahrt

[dd] Handschriftlich von oben eingefügt: Die Aussagegenehmigung des Zeugen KHK Habekost wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

[ee] Handschriftlich ersetzt: am durch ab

[ff] Maschinell durchgestrichen: durch

[gg] Maschinell ersetzt: ansich durch ganz sicher

[hh] Maschinell ersetzt: rein durch war Ihnen

[ii] Maschinell ersetzt: ist durch sei

[jj] Maschinell durchgestrichen: er

[kk] Maschinell ersetzt: ausdrücklich durch an Aufträgen

[ll] Maschinell eingefügt: ist

[mm] Maschinell ersetzt: Ermittlungsaussage durch Ermittlungsauftrag

[nn] Maschinell ersetzt: der durch müßte

[oo] Maschinell eingefügt: die Frage,

[pp] Maschinell ersetzt: weil durch denn

[qq] Maschinell eingefügt: daß

[rr] Maschinell eingefügt: aber

[ss] Maschinell ersetzt: an manchen Tagen durch den ganzen Tag

[tt] Maschinell ersetzt: Daran durch Das

[uu] Maschinell durchgestrichen: mich

[vv] Maschinell ersetzt: erinnern durch sagen

[ww] Maschinell ersetzt: meinen durch beiden

[xx] Maschinell ersetzt: doch durch nur

[yy] Maschinell ersetzt: ist durch würde

[zz] Handschriftlich durchgestrichen: naheliegend

[aaa] Maschinell durchgestrichen: zu

[bbb] Maschinell eingefügt: denn

[ccc] Maschinell eingefügt: eben

[ddd] Maschinell ersetzt: doch durch ja

[eee] Maschinell ersetzt: rein durch War Ihnen

[fff] Maschinell ersetzt: ... durch daß

[ggg] Maschinell ersetzt: eventuell durch etwa

[hhh] Handschriftlich ergänzt: Gegenüberstellungen

[iii] Handschriftlich durchgestrichen: irgend

[jjj] Maschinell eingefügt: in etwa

[kkk] Maschinell eingefügt: auch

[lll] Handschriftlich durchgestrichen: vielleicht

[mmm] Maschinell eingefügt: Und

[nnn] Maschinell ersetzt: Ich durch Sie

[ooo] Maschinell eingefügt: zum Prozeß

[ppp] Maschinell ersetzt: ... als ich durch Lag es dann nicht nahe, mal sich

[qqq] Maschinell eingefügt: und

[rrr] Handschriftlich durchgestrichen: und

[sss] Maschinell eingefügt: dann

[ttt] Maschinell ersetzt: ich wieder durch ist später

[uuu] Maschinell ersetzt: Doch durch Auch

[vvv] Maschinell eingefügt: haben

[www] Maschinell eingefügt: habe ich

[xxx] Handschriftlich durchgestrichen: es

[yyy] Maschinell durchgestrichen: gem

[zzz] Maschinell eingefügt: Zg.Hab.:

[aaaa] Maschinell eingefügt: die

[bbbb] Maschinell ersetzt: und durch worunter

[cccc] Maschinell durchgestrichen: Einzelheiten

[dddd] Maschinell ersetzt: Ermittlungsanlässe durch Ermittlungsansätze

[eeee] Maschinell ersetzt: eine durch an der

[ffff] Maschinell eingefügt: mich

[gggg] Maschinell ersetzt: Gerd durch des

[hhhh] Maschinell eingefügt: ich

[iiii] Maschinell ersetzt: ganze durch dann zur

[jjjj] Maschinell ergänzt: Ermittlung-Verfahrens

[kkkk] Maschinell ersetzt: Hat er durch Daß

[llll] Maschinell ersetzt: und durch von

[mmmm] Maschinell eingefügt: Herr

[nnnn] Maschinell eingefügt: und Vernehmungen

[oooo] Maschinell ersetzt: aus... durch ausgewertet

[pppp] Maschinell ersetzt: Schatten durch Fakten

[qqqq] Handschriftlich ersetzt: aus durch auch

[rrrr] Maschinell ersetzt: STD durch „STP“

[ssss] Maschinell ersetzt: sondern durch oder

[tttt] Maschinell durchgestrichen: es

[uuuu] Maschinell durchgestrichen: den Herrn Zeugen

[vvvv] Maschinell ersetzt: Entscheidung durch Vereidigung

[wwww] Maschinell ersetzt: führt durch führen

[xxxx] Maschinell eingefügt: die

[yyyy] Maschinell durchgestrichen: Ich

[zzzz] Maschinell ersetzt: ausdrucksweise durch auszugsweise

[aaaaa] Maschinell eingefügt: ist

[bbbbb] Maschinell eingefügt: Wenn Sie es

[ccccc] Maschinell eingefügt: zu

[ddddd] Maschinell eingefügt: er

[eeeee] Maschinell eingefügt: gibt

[fffff] Maschinell eingefügt: hier

[ggggg] Handschriftlich eingefügt: an

[hhhhh] Maschinell durchgestrichen: Fall

[iiiii] Maschinell ersetzt: Kleinbach durch Kleinwort

[jjjjj] Maschinell ersetzt: haben durch beharren

[kkkkk] Maschinell ersetzt: soll durch muß

[lllll] Maschinell ersetzt: Kleinbach durch Kleinwort

[mmmmm] Maschinell ersetzt: ... durch (unverständlich)

[nnnnn] Maschinell ersetzt: aus durch in

[ooooo] Maschinell eingefügt: es

[ppppp] Maschinell ersetzt: ist durch ich

[qqqqq] Maschinell eingefügt: hier

[rrrrr] Handschriftlich ersetzt: auf durch auch

[sssss] Maschinell eingefügt: kann

[ttttt] Maschinell eingefügt: die

[uuuuu] Maschinell eingefügt: auch

[vvvvv] Maschinell ersetzt: nochmal den durch noch meinen

[wwwww] Maschinell ersetzt: hate durch ja

[xxxxx] Maschinell ersetzt: wollen durch wohl

[yyyyy] Handschriftlich durchgestrichen: wie

[zzzzz] Maschinell ersetzt: den durch diesen

[aaaaaa] Maschinell durchgestrichen: zu

[bbbbbb] Handschriftlich durchgestrichen: sicher

[cccccc] Handschriftlich durchgestrichen: beim

[dddddd] Maschinell eingefügt: einem

[eeeeee] Maschinell eingefügt: sich