168. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 14. Dezember 1976, um 9.12 Uhr



[12986] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 14. Dezember 1976, um 9.12 Uhr.

(168. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft, mit Ausnahme von Reg. Dir. Widera, erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens,

Just. Ass. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:

RAe Dr.[a] Augst (als Vertreter von RA Eggler), Künzel, Schnabel, Dr. Holoch (als amtl. best.[b] Vertreter von RA Schwarz) und Grigat.

Vors.:

Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wir setzen die Sitzung fort.

Zunächst zur Anwesenheit: Herr RA Schlaegel hat sich für eine Viertelstunde entschuldigt; Herr RA Dr. Holoch für Herrn RA Schwarz.

Ich möchte noch drauf hinweisen, daß außerhalb der Sitzung ein Ablehnungsgesuch[2] wegen der Untersuchungsmaßnahmen, wegen der Verfügung, die das Gericht dazu getroffen hat, gegen die beteiligten Richter gerichtet worden ist von Seiten des Angeklagten Raspe; betroffen bin nur ich, da es sich um meine Verfügung handelt. Zur Grundlage des Ablehnungsgesuchs war die Behauptung gemacht worden: Laut Pressemeldungen hätte ich in der Sitzung gesagt, daß bestimmte Lichtbilder bei dem ehemaligen RA Haag sichergestellt worden seien.

Hier liegt ein Irrtum vor. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe lediglich drauf hingewiesen - und das ist richtig und dabei bleibe ich, auch wenn gestern offenbar bei einer Pressekonferenz was Gegenteiliges gesagt worden ist, wörtlich:

[12987] „Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Festnahme des ehemaligen RA Haag[3] haben ja dazu geführt, daß auch Lichtbilder ins Gespräch gekommen sind, die Details aus der Haftanstalt wiedergeben.“[4]

Ich wollte bewußt nicht erwähnen, um welche Person es sich dabei gehandelt hat, da sie hier[c] von dem Verfahren nicht betroffen ist. Aber soviel ist sicher, und ich wäre dankbar, wenn auch das korrigiert würde, auch im Interesse des Herrn Haag, daß nicht vom[d] Gericht behauptet worden ist, er habe die fraglichen Bilder bei sich getragen.

RA Dr. Heldmann erscheint um 9.14 Uhr im Sitzungssaal.

Nun haben wir für heute - Herr RA Dr. Heldmann, an sich sind Zeugen für Herrn RA Schily, die unmittelbar präsentiert werden sollen - vorgesehen. Herr RA Schily fehlt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich vermute, Herr RA Schily wird in wenigen Minuten eintreffen.

Zunächst bitte ich ums Wort.

Herr Vorsitzender, Sie haben in der Nachmittagssitzung am letzten Mittwoch verkündet, daß der Senat oder Sie persönlich - ich weiß es nicht genau, wie der Text ist - die derzeitig neuen Untersuchungsmethoden[5] für gerechtfertigt hielten. Dazu erlauben Sie mir folgende Anmerkung:

Daß diese Methoden für einen Verteidiger unzumutbar sind - ich möchte natürlich sagen, für jedermann unzumutbar sind; einen Verteidiger trifft es besonders schwer, weil sie ihm den Zugang zu seinem Mandanten vereitelt, wo sie angewendet werden - dessen bedarf es heute, eine Woche später, keiner weiteren Ausführungen.

Der Hinweis, daß wir Mandantengespräche im Mehrzweckgebäude[6] - also hier - führen könnten, hilft nicht weiter. Wir könnten hier Mandantengespräche nur während Sitzungspausen führen. Das reicht nicht aus, reicht insbesondere nicht aus in dieser Phase des Prozesses, der auf sein Ende zugeht und wo es darum geht, die Schlußvorträge zusammen mit den Mandanten vorzubereiten. Das be- [12988] deutet in dem Ergebnis, daß, solange - drüben in der JVA - die neu eingeführten Untersuchungsmethoden beibehalten werden, jedenfalls ich als Verteidiger die Sitzungstage benötige, um hier ohne jene unzumutbaren Belästigungen also, um hier die notwendigen Verteidigergespräche mit dem Mandanten zu führen. Solange diese Methoden also aufrechterhalten werden - und dazu stelle ich fest, solange das der Fall sein wird -, ist es und bleibt es in der Verantwortlichkeit des Gerichts, wenn Verteidiger hier - jedenfalls insoweit spreche ich für mich - wenn Verteidiger hier dadurch gezwungen werden würden, weil jenes unzumutbar ist, gezwungen werden würden, schließlich ihre Verteidigertätigkeit außerhalb dieses Gerichtssaals fortzusetzen.

Ich verweise auf das, was ich durch Kollegen Weidenhammer am vergangenen Mittwoch schon habe sagen lassen. Sie wissen Bescheid. Ich gehe zu meinem Mandanten.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann, wenigstens eine Erwiderung des angesprochenen Gerichts sollten Sie hinnehmen.

RA Dr. He[ldmann]:

Selbstverständlich.

Vors.:

Ich frage mich gelegentlich, und ich muß das ganz offen sagen, ob wir in einer verdrehten Welt leben. Nicht wahr, die Dinge liegen doch so: Es werden Bilder entdeckt, die Details - wir kennen die Bilder nicht - aus der Haftanstalt wiedergeben, und es schreibt jemand,[7] der am regelmäßigen Umschluß sämtlicher Angeklagten hier teilnimmt wörtlich, nachdem nach dem Fotogerät geforscht worden war, das dazu verwendet worden sein muß, um die Bilder herzustellen:

„Danach habe ich Kamera und Filme rausgegeben. Die Möglichkeiten, die dazu zur Verfügung stehen, sind der Anstaltsleitung bekannt: Privat- und Anwaltsbesuche.“

Dazu schreibt die Haftanstalt in ihrem Bericht, den das Gericht selbstverständlich aufgrund der verschiedenen Reklamationen eingeholt hat, unter dem 8. Dezember:

„Wir sind der sicheren Überzeugung, daß die genannte Kamera sowie die Filme nur anläßlich eines unüberwachten Verteidigerbesuches übergeben worden sein können. Privatbesuche werden von zwei [12989] Beamten ständig und lückenlos überwacht, so daß eine verbotene Übergabe irgendwelcher Gegenstände sicher ausscheidet.“

Es wird dann noch angefügt:

„Im übrigen wiederholen wir nochmals, daß die beanstandeten eingehenden Untersuchungen nur vorgenommen werden, wenn bei der Überprüfung mit dem Metallsuchgerät ein Signal ertönt.“ Es ist also der Eindruck von vornherein falsch, als sei das eine grundsätzliche Maßnahme, etwa den Hosenbund zu öffnen, nur wenn nicht klärbare Geräusche auftreten.

Das ist also sehr eingeschränkt.

Wir haben, auch das muß bedauerlicherweise gesagt werden, bisher verschiedene Anhaltspunkte gehabt, daß über Anwälte - wobei nicht Sie betroffen sein müssen, aber Sie haben eben Zugang zu den Angeklagten - Dinge aus der Haftanstalt herausgekommen sein könnten; es ging um größere Postsendungen, Zulieferung von Schriftstücken. Wir haben einen Anwalt hier entdeckt, als er mit Patronenhülsen in den Handschuhen die Haftanstalt betreten wollte.[8] Es ist bekannt, daß in einem Lippenstift eine Patrone gefunden worden ist.[9] Ich brauche auch nicht drauf hinzuweisen, daß noch sonstige Dinge herausgekommen sind, deren sonderbarer Transport nicht geklärt werden konnte.

Und nun tritt hier eine Haftinsassin auf und erklärt vollkommen ungeniert, bemerkenswert offen, daß Anwalts- bzw. Privatbesuche zu diesem Transport gedient hätten. Und wie gesagt, die Anstalt steht auf dem Standpunkt, hier können es nur Anwälte sein, weil die Privatbesuche überprüft werden.

Und nun verordnet die Anstalt, keineswegs das Gericht - ich habe gehört, gestern sei von dem „Hosenerlaß“ des Vorsitzenden gesprochen worden; das ist eine demagogische Verdrehung der Dinge - ordnet die Anstalt aus Gründen der Ordnung und Sicherheit an:

- RA Schlaegel erscheint um 9.20 Uhr im Sitzungssaal. -

[12990] Wir können diese Wege, die nun offensichtlich zu unkontrollierten Transporten benützt werden können, nicht mehr in der bisher großzügigen Weise offenlassen. Und das Gericht wird aufgerufen, zu überprüfen. Das Gericht hat nur eines zu tun - es ist nicht die Instanz, die die Ordnung und Sicherheit der Anstalt zu wahren hätte - es hat nur eines zu tun: zu überprüfen, ob durch diese Maßnahmen, die die Anstalt angeordnet hat, die Verteidigung beeinträchtigt wird;[10] und als das Gericht sagt: Nein, es ist zulässig und andeutet, daß es trotzdem versuchen wird, nach anderen Lösungen zu gucken - das ist auch bisher untergegangen. Als das Gericht sagt: Nein, in der Form ist es aufgrund der gemachten Feststellungen zulässig und drauf abhebt, das Gericht hätte nur zu überprüfen, ob dadurch Verteidigungsunterlagen u. dergl. berührt werden würden, wird es des Zynismus geziehen, wird abgelehnt deswegen, weil es nun seinen rechtlichen Pflichten nachgeht und den einzigen Gesichtspunkt, der überhaupt zum Eingreifen des Gerichts hier berechtigt, erörtert.

So liegen die Dinge.

Und ich habe Ihnen im Anschluß daran geschrieben, als Sie gegangen sind, daß Ihre Entfernung aus Protest gegen diese[e] Maßnahmen nicht gerechtfertigt gewesen sei. Der Haftrichter stehe auf dem Standpunkt, daß die Maßnahmen der Haftanstalt in deren weitem Ermessen vom Gericht nicht beanstandet werden können.

Trotzdem wollten wir versuchen, eine Lösung zu finden.

Ich habe inzwischen mit der Haftanstalt gesprochen und habe den Vorschlag gemacht: Untersucht nicht die Anwälte, laßt das auf dem bisherigen Stand; untersucht dafür im Anschluß an die entsprechenden Gespräche die Angeklagten in der vollen Strenge, die durch die Verfügung ermöglicht ist.

Und da weist mich die Haftanstalt darauf hin - und das ist bis jetzt das ungeklärte Problem, sonst kann man jederzeit einen Weg finden, meine ich -, daß bei Anwaltsbesuchen die Angeklagten - von fünfzehnmal wurde geredet im Schnitt - wechseln zwischen dem Besucherzimmer und ihrer Zelle, um Unterlagen zu holen, die zu Besprechungen notwendig sind. In dem Moment, wo die Anwälte und die Angeklagten sich bereit erklären, bei Besuchen, wie das üblich ist, sie im Besucherzimmer abzuwickeln, ohne dieses Hin [12991] und Her, das nun nicht ständig überwacht werden kann - man kann ja nicht jedesmal dann untersuchen, wenn jemand gerade rausgeht, um eine Unterlage zu holen, ob er jetzt etwas bei sich trägt; dazu ist weder das Personal da, noch würde sich das zeitlich machen lassen -, wenn das beseitigt werden könnte, wenn uns die Anwälte sagen: „In Ordnung, wir führen die Verteidigergespräche durch, und die Angeklagten müssen eben sämtliche Unterlagen mit in das Besucherzimmer nehmen, die zu den Verteidigergesprächen notwendig sind, ein Wechsel findet nicht statt, ein Hin und Her, sondern erst nach Beendigung kehren sie in die Zelle zurück“, ließe sich wahrscheinlich diese Anregung, die das Gericht bisher gemacht hat und der die Haftanstalt aus praktischen Gründen bisher nicht folgt und sie für nicht durchführbar hält, durchsetzen. Das wäre noch eine Frage, über die man sprechen kann. Deswegen würde ich folgenden Vorschlag machen - dazu bin ich jederzeit bereit -, daß wir diese ganze Sache noch besprechen in Anwesenheit des Anstaltsleiters; ich würde sämtliche Herrn Verteidiger dazu einladen, daß wir das außerhalb der Sitzung in meinem Dienstzimmer bei Gelegenheit machen. Das kann noch heute sein, wenn die Sitzung dazu reicht; das kann morgen sein.

Aber es so darzustellen, als sei hier ein „Hosenbund- oder Hosenschlitzerlaß“ eines Vorsitzenden ergangen, ist einfach eine Unwahrheit und qualifiziert eigentlich das, was zum Anlaß zu einer solchen Erörterung genommen wurde, bloß ab.

RA Dr. He[ldmann]:

Erlauben Sie mir[f] noch ein paar Worte bitte?

Vors.:

Ich habe viel gesprochen. Bitte, Sie auch.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich versuche, mich kurz zu fassen.

Bitte, rhetorische Frage: War es nicht so, daß am vergangenen Mittwoch Sie diese Untersuchungsverfügung für gerechtfertigt erklärt haben?

Vors.:

Nein. Es ist am letzten Mittwoch mir durch ein Ablehnungsgesuch des Herrn Weidenhammer zu Ohren gekommen, daß hier Maßnahmen von der Haftanstalt angeordnet worden sind - übrigens Maßnahmen, die sich im Bereich der bisher vorhandenen zulässigen Maßnahmen an sich halten -, Maßnahmen, zu denen ich weder gehört worden bin, noch mit denen ich irgendwas zu tun habe, die er zum Gegenstand [12992] dieses Ablehnungsgesuchs gemacht hat. Und daraufhin hat der Senat über das Ablehnungsgesuch entschieden. Ich habe mich zu den Maßnahmen nicht geäußert, sondern eine Stellungnahme der Haftanstalt eingeholt und habe möglicherweise telefonisch ... nein, das ging um eine ganz andere Geschichte. Ich habe keine Anordnung getroffen. Erst am Donnerstag haben Sie das dann in der Sitzung vorgetragen, und dann erging diese schriftliche Verfügung, die hier bekanntgegeben worden ist.[11]

So liegen die Dinge.

Aber ich meine, Herr RA Dr. Heldmann, das ganze Problem wird in einer Weise hochgespielt, die ich nicht so recht verstehe. Ich weiß nicht, ob wir das noch verstehen lernen, was da dahintersteckt. Jedenfalls soviel ist sicher: Am guten Willen des Gerichts, eine Lösung zu finden, fehlt es nicht und an der Verursachung fehlt es auch nicht. Wer daran schuld ist, daß die Haftanstalt das nunmehr für notwendig hält, das scheint mir völlig eindeutig zu sein, und ich meine, es wäre doch ganz gut, wenn Anwälte hier mal sagen würden: Ja um Gottes Willen, das können wir ja auf unserm Stand nicht sitzen lassen; das wollen wir geklärt wissen, welcher Anwalt hier in Betracht kommt, der hier transportiert hat. Aber dabei tut man so, wie wenn das alles nichts wäre und bloß die Reaktion der Haftanstalt etwas wäre.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, hat die „Frankfurter Rundschau“ einmal wieder falsch berichtet, als sie geschrieben hat:

„Senatsvorsitzender Prinzing erklärte es am Nachmittag in einer Verfügung für zulässig, daß die Verteidiger vor dem Besuch ihrer Mandanten zur Durchsuchung ihre Hose öffnen und ihre Schuhe ausziehen müßten.“?

Vors.:

Das ist die, wie ich Ihnen grade eben schon erläuterte, die Verfügung vom Donnerstag, die den Tenor hatte - Sie sind leider ausgeblieben:

„Die vom Leiter der Vollzugsanstalt angeordneten Maßnahmen betr. Durchsuchung von Privatbesuchern[g] und Verteidigern der Angeklagten werden nicht beanstandet“

- und dann folgen die Gründe.

[12993] Ich habe Ihnen die Gründe eben dargelegt, warum das so angesehen werden muß ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, eine weitere ...

Vors.:

Aber ich bin eigentlich erstaunt, daß Sie diese Vorgänge[h] nicht wissen. Soweit ich unterrichtet bin, war gestern eine Pressekonferenz; da müßten Sie doch diese grundlegenden Dinge eigentlich parat gehabt haben. Warum Sie das jetzt erfragen müssen, das ist ganz erstaunlich.

RA Dr. He[ldmann]:

Sicher, sicher. Nachdem Sie geäußert haben sinngemäß vorher, Sie hätten also nicht für gerechtfertigt erklärt, habe ich Ihnen vorgehalten, was z. B. die „Frankfurter Rundschau“ am 9.12. berichtet hat, nicht?

Vors.:

Aber wir haben doch jetzt keine Verhandlung über Presseberichte.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, nein, es geht darum, ob Sie es für gerechtfertigt erklärt haben?

Vors.:

Ich habe Ihnen den Tenor eben mitgeteilt. Ich habe in der Verfügung ausgedrückt, sie werden nicht „beanstandet“; und ich habe in einer mündlichen Zusatzerklärung erklärt, daß der Senat - d. h. der Haftrichter, also ich [i] in diesem Falle,[12] - noch sich[j] danach umsehen will, eine möglichst erträgliche Lösung für alle Seiten zu[k] finden. Ich habe Ihnen schon eben jetzt angedeutet, worin ich die Möglichkeit sehe; aber das ist auch die einzige Möglichkeit, die noch zu sehen ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Soll es in Stammheim vorgekommen sein, daß ein Verteidiger mit Patronenhülsen im Handschuh die Anstalt betreten habe?

In Stammheim? Und darf ich fragen, wann? Das ist mir nicht bekannt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, vor der Pressekonferenz gestern haben wir uns noch gesprochen - ich habe Sie drauf angesprochen -, da hätten Sie mich ruhig danach fragen können. Auch dieser Vorfall ist in der fraglichen Verfügung zitiert. Ich bedaure sehr, daß Sie diese Verfügung nicht mitangehört haben, aber Sie haben ja pflichtwidrig die Verhandlung verlassen.[13] Ich bin nicht bereit, jetzt die Begründung dieser Verfügung hier nachzuholen.

RA Dr. He[ldmann]:

Hat sich in Stammheim in einem Lippenstift eine Patronenhülse befunden?

Vors.:

Nein, das ist ein anderer Zusammenhang. Das ist nicht in einem Stammheimer Verfahren ... bei einer Verteidigerin, die aber hier im Stammheimer Verfahren aufgetreten ist.

[12994] RA Dr. He[ldmann]:

Sie meinten, wir lebten, wie es Ihnen schien, heute in einer verdrehten Welt. Dazu sage ich noch einmal:

Das ist eine der von vorstellbaren einer der massivsten Eingriffe in die Verteidigung, der sich hier jetzt so unter der Hand als Übung einschleichen soll. Aber da machen Verteidiger, jedenfalls mache ich nicht mit. Ich werde die Verteidigung so führen, wie ich sie für richtig halte, insbesondere habe ich eine Menge von Mandantengesprächen zu führen und die werde ich jetzt im Mehrzweckgebäude führen, weil nämlich innerhalb der Sitzungszeiten - außerhalb der Sitzungszeiten ist es nicht möglich und darüber brauchen wir sicher kein Wort mehr zu verlieren, daß ich mich solchen Unzumutbarkeiten heute nicht, morgen nicht und auch in Zukunft nicht beugen werde.

Vors.:

Gut. Herr RA Dr. Heldmann, ich darf Sie aber, bevor Sie den Saal verlassen, drauf hinweisen: Längere Zeit, bevor dieser Vorfall überhaupt hier in Erscheinung getreten ist, habe ich Sie angeschrieben, drauf hingewiesen, daß Sie Ihren Pflichten, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, nur lückenhaft entsprochen hätten, daß so, wie Sie die Hauptverhandlung betreiben als Pflichtverteidiger,[14] der Sinn einer Pflichtverteidigung nicht mehr erfüllt sei und deswegen Ihre Entpflichtung ins Auge zu fassen ist.[15]

RA Dr. He[ldmann]:

Wollen Sie das innerhalb der Hauptverhandlung abhandeln?

Vors.:

Nein, ich wollte bloß jetzt sagen, ich habe Sie schon, als Sie am vergangenen Mittwoch aus Protest den Saal räumten - das war eine neue Situation - drauf hingewiesen, daß auch das pflichtwidrig sei, und ich habe Sie gebeten, auch das bei einer eventuellen Stellungnahme mit einzubeziehen. Ich muß Sie bitten: Sollten Sie noch Stellungnahme abgeben wollen zu diesem Schreiben - die Frist ist jetzt abgelaufen -, dann sollten Sie auch jetzt, wenn Sie den Saal verlassen, das gleich mit in die Stellungnahme einzubeziehen haben, denn auch das ist eine Pflichtwidrigkeit. Im übrigen berufen Sie sich hier zu Unrecht auf Eingriffe in die Verteidigung. Das eben ist ja das, was der Senat oder der Haftrichter allein zu prüfen hatte und genau das ist festgestellt worden, daß das nicht trifft.

[12995] Wenn Sie sich aus standesrechtlichen Gründen dagegen wehren, das ist eine andere Frage; da habe ich ein gewisses Gespür dafür. Nur meine ich, Sie hätten Grund genug gehabt, Standespflichten bei anderen Phasen des Prozesses mehr in den Vordergrund zu stellen als jetzt ausgerechnet bei diesem Fall. Sie gehen an der Realität vorbei ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

...an der Realität, Herr Rechtsanwalt, einfach deswegen, weil gerade Anwälte diejenigen leider Gottes sind, [l] der Senat bedauert das[m] - das hat er auch in der Verfügung zum Ausdruck gebracht -, daß Anwälte in den Verdacht geraten sind, hier als Transporteure von illegalem Material aus der Haftanstalt heraus gedient zu haben, und es kann nur ein begrenzter Kreis von Anwälten sein - es tut mir sehr leid, daß Sie dazu gehören -, daß die Haftanstalt sich deswegen genötigt sieht, zu solchen Maßnahmen zu greifen. Es liegt die Verantwortung [n] mit Sicherheit nicht beim Gericht und nicht bei der Haftanstalt. Trotzdem werden wir versuchen, das mildeste Maß, das man überhaupt erreichen kann, anzuwenden. Dazu kann ein Gespräch stattfinden. Ich bin bereit dazu.

RA Dr. He[ldmann]:

Was heißt, begrenzter Kreis von Anwälten? „Es tut mir leid, daß Sie dazu gehören.“? Was heißt das?

Vors.:

Nur die, die Kontakt haben zu den Häftlingen, die hier in Betracht kommen: Das ist in erster Linie Frau Schubert, die geschrieben hat und die Häftlinge, die mit Frau Schubert Umschluß haben. Das sind also insgesamt fünf Personen; und nur die Verteidiger, die dort Besuche machen, kommen in Betracht. Alle andern scheiden aus.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich habe mich nicht auf standesrechtliche Aspekte berufen; ich habe mich überhaupt auf keine rechtlichen Aspekte berufen, bis auf den einen einzigen, der ist allerdings als rechtlicher Aspekt ausschlaggebend: Das ist grobschlächtige Behinderung der Verteidigung, was Sie hier öffentlich rechtfertigen. Und wenn Sie mich hier auf Verletzung von Standespflichten ansprechen wollen, dann erinnere ich Sie u. a., ohne die Latte aufzuzählen, daran, wenn wir nicht, nach Ihrer Auffassung pflichtwidrig, z. B. am 20. August 1975 den Saal hier [12996] verlassen hätten,[16] dann gäbe es bis heute noch keine Gutachten über die Verhandlungsfähigkeit der Mandanten. Bei Ihnen, Herr Vorsitzender, oder sagen wir vorsichtig, bei Ihrer Verhandlungsleitung sind außergewöhnliche Mittel der Verteidigung gar nicht zu vermeiden und so auch hier und heute.

Vors.:

Sie sind auf alles hingewiesen.

RA Dr. Heldmann verläßt um 9.33 Uhr den Sitzungssaal.

Herr RA Künzel, bitte schön.

RA Kü[nzel]:

Herr Vorsitzender, ich muß nun aber doch bitten, daß dieses Problem sofort behandelt wird. Ich muß schon sagen, es ist geradezu unerträglich, wenn man bei dem Betreten dieses Saales so ein Wechselbad durchzustehen hat, wie es mir etwa[o] heute morgen passiert ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich habe - verzeihen Sie, wenn ich das sage - von Herrn RA Schnabel sofort Hinweise auf diesen Fall bekommen; uns war er vollkommen fremd.

Die von RA Schily in die Sitzung gestellten Zeugen KHK[p] Opitz und KOK[q] Petersen erscheinen um 9.34 Uhr im Sitzungssaal.

Wir haben schon Herrn RA Schnabel gesagt, daß wir diesen Dingen nachgehen können. Ich darf Sie jetzt grundsätzlich um eines bitten: Sie müssen nicht immer davon ausgehen, daß das, was nun an Pforten u. dergl. geschieht, mit Wissen des Gerichts geschehen müßte. Für uns war das, was Herr RA Schnabel mitgeteilt hat, neu. Der Sache wird nachgegangen, und ich nehme an, daß das eine einmalige Strenge war, die hier aufgetaucht ist.

RA Schily erscheint um 9.34 Uhr im Sitzungssaal.

Ich hoffe, daß Ihnen das zur Befriedigung gereicht, diese Ausführungen

RA Kü[nzel]:

Wenn Sie noch zusagen, daß das Gespräch, von dem Sie vorher gesprochen haben, alsbald, nämlich heute noch, stattfindet.

[12997] Vors.:

Ich habe Herrn RA Schnabel ausdrücklich gebeten, mich in einer Sitzungspause, vor allen Dingen[r] der Mittagspause nochmals zu erinnern, daß ich’s ja nicht vergesse, daß das sofort geregelt wird. Also das ist „alsbald“. Die Hauptverhandlung werden wir deswegen[s] nicht anderes[t] durchführen als jetzt zunächst mit der Zeugenvernehmung. Herr RA Schily hat die beiden Herrn Zeugen ...

RA Schi[ly]:

Ich bitte zunächst ums Wort, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr RA Schily, bitte. Es sind ja zwei Zeugen, die von Ihnen direkt in die Sitzung gestellt werden sollen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich bedaure. Die Zeugenladungen[u] liegen[v] vor; aber ich habe zunächst einen anderen Antrag zu stellen.

Vors.:

Dann kann ich wohl die beiden Herrn Zeugen nochmals entlassen?

RA Schi[ly]:

Ja.

Die Zeugen Opitz und Petersen werden um 9.35 Uhr in Abstand verwiesen.

RA Sch[ily]:

Die Angeklagte Ensslin

lehnt den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Namens der Angeklagten Ensslin habe ich zur Begründung des [w] Ablehnungsgesuches folgendes vorzutragen:

Der Angeklagten Ensslin ist durch den Beschluß des OLG Stuttgart vom 10. Dezember 1976, zugestellt am 13. Dezember 1976, folgende Äußerung des abgelehnten Richters bekannt geworden - es folgt das Zitat aus diesem Beschluß:

„Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Festnahme des ehemaligen RA Haag haben ja dazu geführt, daß auch Lichtbilder ins Gespräch gekommen sind, die Details aus der Haftanstalt wiedergeben.“

- Ende des Zitats.

Zur Glaubhaftmachung[17] des bisher vorgetragenen Sachverhalts wird auf die Tonband... entsprechende Tonbandniederschrift und auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters Bezug genommen.

[12998] Die Darstellung des abgelehnten Richters, es seien Lichtbilder mit Details aus der Haftanstalt aufgefunden worden, ist unzutreffend. Ein Lichtbild ist nur insoweit aufgefunden worden, indem die ... das Zellengitter aus der Zelle von Ulrike Meinhof, an dem sie aufgehängt aufgefunden worden ist,[18] abgebildet ist. Ferner sind Lichtbilder aufgefunden worden, die Portraits der inhaftierten Untersuchungsgefangenen zum Gegenstand haben. Das Auffinden dieser Lichtbilder hat im übrigen nicht bei der Festnahme des ehemaligen RA Haag stattgefunden sondern bei einer ... bei Frau von Dyck ...[x]

Vors.:

Verzeihung. Darf ich drauf hinweisen, ...

RA Schi[ly]:

Ja.

Vors.:

... das habe ich eben des breiteren ausgeführt, daß das ein Mißverständnis gewesen ist. Meine Formulierung ergibt’s ja auch, daß ich das nicht gesagt habe.

RA Schi[ly]:

Zur Glaubhaftmachung insoweit wird wiederum auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters Bezug genommen. Die Darstellung des abgelehnten Richters in der Hauptverhandlung in der vergangenen Woche muß bei den Zuhörern den Eindruck erweckt haben, daß hier Zusammenhänge zwischen U-Gefangenen und dem ehemaligen RA Haag ... und der Festnahme des ehemaligen RA Haag bestehen. Ferner ist die Aussage des abgelehnten Richters objektiv unzutreffend, daß in den ... auf den Lichtbildern Details aus der Haftanstalt wiedergegeben werden. Die Tatsache, daß der abgelehnte Richter in dieser Weise mit den Umständen dieser ... dieses Lichtbildauffindens umgeht und das als Begründung von weiteren Durchsuchungsmaßnahmen verwendet, die weitere Verteidigergespräche unmöglich machen, begründet die Besorgnis der Befangenheit.

Vors.:

Weitere Ausführungen seh’ ich nicht.

Will sich die B. Anwaltschaft dazu äußern?

Herr B. Anw. Dr. Wunder, bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, wir möchten gerne außerhalb der Sitzung Stellung nehmen, weil ich noch in einem Punkt eine Rückfrage halten möchte.

Vors.:

Ja. Bloß ist das schwierig. Es kommt natürlich drauf an, wie entschieden werden wird. -

[12999] Dann machen wir vielleicht jetzt eine Viertelstunde Pause und treffen uns um 10.00 Uhr wieder. Bis dahin wird ja die Rückfrage durchgeführt worden sein können; und dann gebe ich Ihnen da Gelegenheit zur Stellungnahme.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich glaube, ja. Danke.

Vors.:

10.00 Uhr Fortsetzung; und dann wird anschließend um 10.00 Uhr bekanntgegeben, wie’s weitergeht.

Pause von 9.41 Uhr bis 10.07 Uhr.

Vors.:

Ich bitte, Platz zu behalten.

Die B. Anwaltschaft wollte sich äußern.

Bitte, Herr B. Anw. Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich beantrage,

das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückzuweisen.

Wenn der Vorsitzende auf Zusammenhänge zwischen der Festnahme des früheren RA Haag und derjenigen Person hingewiesen hat, bei der die Lichtbilder gefunden wurden, so war dies korrekt. Ein weiterer Zusammenhang zwischen dieser Person und den Angeklagten, mit denen Umschluß bestand, drängt sich auf und ist so auch dargestellt worden. Es ist nicht unzutreffend, daß sich auf jenen Fotos Details aus der Haftanstalt befunden haben. Sie liegen derzeit dem Ermittlungsrichter des B. Gerichtshofs vor und zeigen u. a. Angeklagte auf dem Bewegungshof des Daches der Anstalt und - soweit im Augenblick feststellbar - Aufnahmen: im Hintergrund das Bad und mehrere Bilder vom Fenster einer Haftzelle.

Wenn dieser Vorgang mit dem Fotoapparat und den Aufnahmen der Anstalt Anlaß zur Verschärfung der Durchsuchungsmaßnahmen gab, so hat der Vorsitzende hiermit zunächst nichts zu tun. Dies wurde nicht erst heute, sondern in der letzten Sitzung deutlich gemacht. Er hat unserer Auffassung nach zu Recht, da die Bilder ja tatsächlich aus der Haftanstalt herausgeschmuggelt worden sind, diese Maßnahmen[y] lediglich nicht beanstandet, so daß - wie eingangs gesagt - der Vorsitzende, auch aus Sicht der Angeklagten, nicht befangen ist.

Danke.

[13000] Vors.:

Herr RA Schily, nun - es entspricht nicht der Übung - eine kurze Erklärung noch dazu? Bitte.

RA Schi[ly]:

Ja ich ergänze jetzt das Ablehnungsgesuch dahingehend:

Der B. Anwaltschaft ist zur Vorbereitung einer Erwiderung auf das Ablehnungsgesuch eine Pause, ich glaube, von nahezu einer halben Stunde, wenn ich das richtig mitgerechnet habe, eingeräumt worden. Ich stelle fest, daß in verschiedenen Prozeßsituationen der Verteidigung zur Vorbereitung eines Ablehnungsgesuches nicht einmal eine Pause von fünf Minuten eingeräumt worden ist. Das ist eine deutliche Parteilichkeit des abgelehnten Richters in der Prozeßleitung, und auf diese Tatsache wird ebenfalls das Ablehnungsgesuch gestützt. Soweit die Tatsachen vorgetragen werden - Pausengewährung - wird auf eine dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters und auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Vors.:

Soll dazu noch eine Äußerung abgegeben werden?

Herr B. Anw. Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich möchte nur noch erklären, daß es sich hier um die Feststellung oder Überprüfung von Vorgängen außerhalb der Sitzung gehandelt hat, die verständlicherweise hier nicht vorgenommen werden konnten; und deshalb, glaube ich, war die Unterbrechung und die kurze Pause auch veranlaßt.

Vors.:

Ich bitte, um 10.45 Uhr wieder anwesend zu sein. Es wird dann bekanntgegeben, wie es weitergeht.

Publikum vorsorglich zugelassen.

Pause von 10.11 Uhr bis 10.45 Uhr

Ende von Band 768.

[13001] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.45 Uhr

Vors.:

Darf ich bitten, Platz zu nehmen. Wir wollen die Sitzung fortsetzen.

Der Senat hat beschlossen:

Die Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing wird einstimmig als unzulässig[19] verworfen.

Gründe:

Der zum Gegenstand der Ablehnung gemachte Satz aus dem Beschluß des Senats vom 10.12.1976 gibt, wie jedermann und deshalb auch die Angeklagte und ihr Verteidiger bei verständiger Betrachtung wissen, keinerlei Anlaß, an der Unbefangenheit des Vorsitzenden irgendwelche Zweifel zu hegen. Der Satz ist in dem Beschluß korrekt zitiert und schildert tatsächliche Begebenheiten. Daß schon ein Zellengitter zu den Details der Anstalt gehört, liegt auf der Hand. Entscheidend war im übrigen, daß überhaupt Gegenstände unkontrolliert zwischen Gefangenen und der Außenwelt transportiert wurden; das gibt Anlaß zu weiteren Befürchtungen. Soweit der Antragssteller anführt, die vom Gericht nicht beanstandeten Maßnahmen behinderten die Verteidigung, wurde darüber schon auf den letzten Ablehnungsantrag der Angeklagten Ensslin befunden.

Der Vorwurf, die Verteidigung erhalte zur Vorbereitung von Ablehnungsgesuchen keine Pausen, wogegen der Bundesanwaltschaft eine solche zur Stellungnahme bewilligt worden sei, ist in dieser Allgemeinheit unrichtig. Es kommt im übrigen auf die Besonderheiten des einzelnen Falles an; ihnen wurde stets Rechnung getragen.

Das alles hat mit Befangenheit schlechterdings nichts zu tun. Das wissen auch die Angeklagte und ihr Verteidiger. Die Ablehnung dient offensichtlich nur der Prozeßverschleppung. (§ 26a Abs. I Nr. 3 StPO).

- - -[z]

Die Zeugen Opitz und Petersen erscheinen wieder um 10.47 Uhr im Sitzungssaal.

[13002] RA Schily übergibt dem Gericht die beglaubigten Fotokopien der Ladungen mit Zustellungsurkunden[20] der Zeugen KHK Opitz und KOK Petersen.

Der Vorsitzende stellt daraufhin die ordnungsgemäße Ladung der Zeugen fest.

Die beglaubigten Fotokopien der Ladungen und Zustellungsurkunden werden als Anlagen 1 und 2 dem Protokoll beigefügt.

Vors.:

Beide Zeugen werden gehört. Wir sind allerdings nicht in Kenntnis des Themas. Das Gericht müßte zumindest einen groben Umriß dessen bekommen, da ja zunächst mal die Voraussetzung ist, ob das Gericht Fragen an die Zeugen zu stellen hat.

Wegen der Aussagegenehmigung[21] werden wir dann im Anschluß an das benannte Thema sprechen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, es geht um das Zustandekommen von Erklärungen des Herrn Müller, des Zeugen Gerhard Müller.[22]

Vors.:

Also insgesamt dieses Thema, das wir hier schon mit den Zeugen erörtert haben. Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller in den Jahren 74-76.

RA Schi[ly]:

So ist es.

Die Zeugen KHK Opitz und KOK Petersen übergeben ihre Aussagegenehmigungen dem Gericht.

Die Aussagegenehmigungen der Zeugen werden vom Vorsitzenden inhaltlich bekanntgegeben und dem Protokoll als Anlage 3 und 4 beigefügt.

Der Zeuge KOK Petersen wird um 10.51 Uhr in [aa] Abstand verwiesen.

Der Zeuge Opitz wird gem. § 57 StPO[23] belehrt.

Der Zeuge Opitz ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[24]

Vors.:

Die Personalien bitte ich nochmals anzugeben der Einfachheit halber.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

Lothar Opitz, 50 Jahre alt, KHK,

Bedienstet bei der Fachdirektion 7 in Hamburg,

[13003-13005][25] [13006-13008][26] [13009][27] [10310][28] [13011] mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Opitz, Sie haben gehört, was Gegenstand Ihrer Vernehmung sein soll. Es kommt wieder auf die Vernehmung des Gerhard Müller an. Wir haben Sie dazu vor 14 Tagen etwa vernommen. Haben Sie von sich aus den angeschnittenen Themen und Ihren dazu gemachten Aussagen noch etwas hinzuzufügen?

Zeuge Opi[tz]:

Ich habe dem nichts hinzuzufügen und werde mich darauf berufen.

Vors.:

Haben Sie sonst noch Fragen beim Gericht? Ich sehe beim Gericht sonst keine Fragen. Die Herren der Bundesanwaltschaft auch nicht. Können wir das Fragerecht gleich Ihnen übergeben, bitteschön.

RA Schi[ly]:

Herr Opitz, Sie haben ja im Jahre 75, soweit wir aus den Unterlagen, die wir relativ spät erhalten haben, erkennen können, eine Reihe von Gesprächen mit dem Zeugen Gerhard Müller geführt und auch Vernehmungen. Von wem sind Sie beauftragt worden, diese Vernehmungen und Gespräche durchzuführen?

Zeuge Opi[tz]:

Zunächst fällt das nicht unter meine Aussagegenehmigung.

Vors.:

... soll beanstandet werden? (Auf Handzeichen von BA Dr. Wunder)

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, nein, keine Beanstandung. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß die vier Fragen, die nachgereicht wurden, noch nicht zur Erteilung einer Aussagegenehmigung geführt haben und genau die erste Frage, die jetzt von Herrn Rechtsanwalt Schily gestellt wurde, ist in diesem ersten Punkt enthalten: „Von wem Ermittlungsauftrag erhalten.“

Ich wollte nur darauf hinweisen.

Vors.:

Es ist so, Herr Rechtsanwalt Schily ist ja darüber unterrichtet, daß seinerzeit ein möglichst umfangreicher Themenkreis in die Aussagegenehmigung gepackt werden sollte, weil schon bei der ersten Beantragung des Zeugen kein genaues Beweisthema genannt worden ist. Es lautet also umfassend dazu, daß der Zeuge über den Inhalt der Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller in den Jahren 75/76 und das Ergebnis der dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen aussagen dürfe. In der Tat sind Fragen dieser Art, die Sie im Augenblick gestellt [13012] haben, wohl der Sache vorgeschaltet. Aber ich möchte die Entscheidung zunächst mal dem Herrn Zeugen selbst überlassen, ob er sich berechtigt sieht ...

RA Schi[ly]:

Ja aber ich meine, wir haben uns doch stets auch darüber unterhalten über das Zustandekommen; und das ist natürlich für die Verteidigung von besonderem Interesse. Sonst würde ich vorschlagen, daß wir 10 Minuten Pause machen und vielleicht doch mal kurz, vielleicht kann man das telefonisch klären, ob insoweit nicht auch die Aussagegenehmigung erteilt wird. Ich wüßte nicht, was dem entgegenstehen sollte.

Vors.:

Es wäre jetzt nur wichtig, das genaue Beweisthema zu erfahren ...

RA Schi[ly]:

Also ich mein, ich hätte seinerzeit der Geschäftsstelle, es ist ja meine Schwierigkeit. Ich hatte natürlich erst heute mit dem Protokoll hab ich erst den genauen Inhalt der seinerzeit erteilten Aussagegenehmigung gesehen. Aber ich mein, ich hätte auch[bb] der Geschäftsstelle seinerzeit telefonisch mitteilen lassen, daß natürlich auch das Zustandekommen dieser Gespräche Gegenstand der Befragung sein soll.

Vors.:

Richtig, es ist so ...

RA Schi[ly]:

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder hatte dann doch etwas zitiert, was noch offen ist. Das verstehe ich überhaupt nicht.

Vors.:

Ja, Sie haben doch seinerzeit den Antrag gestellt, wo wir uns bemüht haben, das Beweisthema dann hier gemeinschaftlich festzulegen. Und ich habe Ihnen dann zugesagt, ich werde eine möglichst neutrale Formulierung wählen und bitten, insoweit Aussagegenehmigung zu geben und die ging eben dahin: Genehmigung über Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller in diesen Jahren, soweit nicht Sperrvermerk entgegensteht[29] außer dem Gespräch Schwarberg/Müller. Das ist damals erteilt worden und diese Aussagegenehmigung haben Sie später noch modifiziert, d.h. Ihren Beweisantrag modifiziert, indem Sie der Geschäftsstelle vier weitere Punkte nannten. Zu diesen Punkten aber ist es zu keiner Aussagegenehmigung gekommen, weil die Zeugen ja inzwischen schon unterwegs waren. Das kam zu spät. Die Vernehmung wurde hier korrekt abgeschlossen und nachträglich ist [13013] von Ihnen bloß beantragt worden, die Aussagegenehmigung zu vereinbaren, die wohl schon ...

RA Schi[ly]:

Ja da ist mir dann ein Irrtum unterlaufen. Ich dachte, daß die auch schon insoweit erteilt worden ist.

Vors.:

... die erteilte Aussagegenehmigung, die „erteilte“ auch für diese Vernehmung zu bekommen. Und die Erteilte entspricht genau dem, die der Herr Zeuge heute mitbringt.

RA Schi[ly]:

Also ich dachte, ich hatte angenommen, daß also auch zu diesen Punkten, die telefonisch, die Aussagegenehmigung erteilt worden sei. Sehr mißlich, ich darf es offen bekennen, daß also gerade sich auf das Zustandekommen der Aussage, Ermittlungsauftrag ...

Vors.:

Es ist mißlich, das ist richtig. Wenn Sie bei der Vernehmung von Herrn Opitz beim ersten Mal anwesend gewesen wären, dann hätte sich das damals schon klären lassen und heute ...

RA Schi[ly]:

Da haben wir ausreichend darüber gesprochen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Also so sieht es aus. Ich kann den Versuch unternehmen. Aber nach den Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe mit den Polizeibehörden, dauert es immer eine gewisse Zeit, bis die Entscheidung über solche Aussagegenehmigungen getroffen ist, ob die das uns aus dem Stand erteilen. Aber wenn Sie uns also die Themen noch genau benennen können, ich unternehme den Versuch und rufe dort an.

RA Schi[ly]:

Ja die liegen ja vor. Da hat ja auch Herr Bundesanwalt Dr. Wunder den entsprechenden Vermerk offenbar in Händen.

Vors.:

Gut. Also diese vier Punkte, die wir fernschriftlich seinerzeit noch übermittelt haben nach Hamburg.

BA Dr. W[under]:

Ja ich nehme an, daß man davon ausgehen muß, daß auch die weiteren Fragen von Herrn Rechtsanwalt Schily sich daran orientieren werden. Und da kann ich nur sagen, zu allen vier Punkten liegt noch keine Aussagegenehmigung vor. Ich erwähne es nur deshalb, weil ich den Zeugen nicht eventuell in ein Verfahren nach [§ ]353b[ StGB][30] hineinschlittern lassen kann.

RA Schi[ly]:

Ja, ja, ich mein, Herr Bundesanwalt, ich will auch nicht den Zeugen irgendwie dazu veranlassen, eine Aussage zu machen, durch die seine Aussagegenehmigung überschritten wird. Also ich würde vorschlagen, daß man doch vielleicht telefonisch Kontakt aufnimmt mit dem Dienstvorgesetzten und ...

[13014] Vors.:

Wir haben die Telefonnummer hier. Es ist jetzt bloß die Frage, an sich ist es Ihr Zeuge. Ein Beweisthema in dieser allgemeinen Form, vielleicht würden Sie selbst, ich stelle Ihnen gern mein Telefon zur Verfügung, sich[cc] in Verbindung setzen. Oder Sie können mit anwesend sein. Es kann jeder mit anwesend sein, der es anhören will. Aber ich mach es dann sozusagen, um Ihnen damit entgegenzukommen. An sich ist es Ihre Aufgabe, für die Aussagegenehmigung Ihrer Zeugen da zu sorgen. Gut. Wir machen dazu die Pause. Die Interessenten mögen bitte in mein Dienstzimmer kommen. Ich denke, in einer Viertelstunde können wir fortsetzen.

Pause von 10.59 Uhr bis 11.26 Uhr

Vors.:

So, es hat sich doch etwas länger hingezogen und leider noch zu keinem Erfolg geführt. Wir haben die Verbindung zu dem zuständigen Herrn nicht herstellen können. Es wird aber hoffentlich noch im Laufe der nächsten Stunden geklärt werden, ob insoweit, als Herr Rechtsanwalt Schily eine Ergänzung der Aussagegenehmigung seinerzeit erbeten hatte, ein Erfolg zu verzeichnen sein wird.

Wir müssen jetzt versuchen, daß die Befragung durch den Herrn Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt Schily, so fortgeführt wird, daß die Antworten anhand der vorliegenden Genehmigung gegeben werden können. Bitteschön.

RA Schi[ly]:

Herr Opitz, kennen Sie einen Journalisten Herrn Schwarberg von der[dd] Illustrierten „Stern“?

Zeuge Opi[tz]:

Auch das fällt nicht ...

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage. Die Frage im Zusammenhang mit der Kenntnis des Herrn Zeugen, Journalisten Schwarberg war Gegenstand der Vernehmung heute vor 14 Tagen. Es stellt lediglich eine unzulässige Wiederholung dar.

RA Schi[ly]:

Ich wüßte nicht ...

Vors.:

Ich darf vielleicht, ich habe mir das gestern im Hinblick darauf, Herr Rechtsanwalt Schily, daß damit zu rechnen war, daß solche Wiederholungen in Betracht kommen könnten, aufgeschrieben. Das Thema Müller-Schwarberg mit Herrn Opitz ist abgehandelt auf Seite 12751 und -746 des Protokolls. Wenn Sie [13015] die einschlägigen Protokollseiten da haben, können Sie vielleicht ganz kurz vergleichen, ob die Fragen nicht schon beantwortet sind. Dann vereinfacht sich das.

Im übrigen Herr Opitz, es ist Ihnen Aussagegenehmigung für das Gespräch Schwarberg erteilt. Es heißt ausdrücklich, „Die Aussagegenehmigung erstreckt sich außerdem auf das Gespräch des Gerhard Müller mit dem Journalisten Herrn Schwarberg betreffend Transport einiger Papiersäcke“ usw. Also hier hätten Sie die Aussagegenehmigung. Jetzt geht es bloß um die Beanstandung.

RA Schi[ly]:

Na dann geht es wohl daraus hervor, daß er mindestens ein Gespräch oder angehört hat mit Herrn Schwarberg. Dann darf ich die Frage daran anknüpfen, ob in Ihrer Gegenwart, also von Ihnen, Herrn Opitz, zwischen Herrn Schwarberg und Herrn Müller Gespräche über die Honorierung des Interviews geführt worden sind?

OStA Z[eis]:

Wir beanstanden die Frage auch. Auch das war Gegenstand; 12746 geht es los.

Vors.:

Speziell die Frage der Honorierung ist nicht angeschnitten, auch ausweislich des Protokolls. Es ist lediglich eine Aussage des Herrn Zeugen vorhanden, die umfassend dahin gedeutet werden kann, daß alles an sich in der Richtung beantwortet ist. Wenn Sie die erste Antwort auf 12746, die ersten zwei Zeilen, Herr Rechtsanwalt Schily, in der Richtung beachten wollen, damit ist vielleicht ...

RA Schi[ly]:

Ja haben Sie vielleicht etwas darüber gehört?

Vors.:

Gut, das ist eine andere Frage.

Zeuge Opi[tz]:

Nein, ich habe hinsichtlich eines Honorars nichts darüber gehört, daß Herr Schwarberg an Herrn Müller irgend etwas gezahlt hat.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, daß Herrn Müller in der Haftanstalt die Benutzung eines Radios mit Ukw-Teil[ee] gestattet worden ist?

Zeuge Opi[tz]:

Das ist nicht Gegenstand meiner Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Inhalt der Akte jedenfalls.

Vors.:

Also ich mein, Herr Opitz, ich kann nicht eingreifen und Sie auch nicht bestimmen. Sie müssen sie selbst auslegen, wo Sie glauben, daß das unter die Aussagegenehmigung allgemeiner Art, wie sie erteilt worden ist, doch noch[ff] zu bringen wäre und die Antwort gegeben werden kann. Nur kann es natürlich dazu führen, daß [13016] unter Umständen Wiederholungen vermieden werden. Aber wie gesagt, die Entscheidung liegt letztlich bei Ihnen. Wir hätten nur, wenn Sie sich entschieden haben, daß beanstandet würde, uns dazu zu äußern, ob Sie gerechtfertigt handeln oder nicht.

Zeuge Opi[tz]:

Ich habe ja nur eine Aussagegenehmigung, Herr Vorsitzender, über den Inhalt der Vernehmungen des Zeugen Gerhard Müller.

Vors.:

Ich weiß.

RA Schi[ly]:

Ja Sie haben doch sich auch, wenn ich das Protokoll richtig gelesen habe, Herr Opitz, zu Fragen von Zusagen und Versprechungen geäußert und möglicherweise spielt das dabei eine Rolle. Und das verstehe ich nun nicht, inwiefern Sie das jetzt abgrenzen?

Zeuge Opi[tz]:

Ich habe mich zu Versprechungen geäußert?

RA Schi[ly]:

Ja ich meine, Sie hätten da sich etwas geäußert, daß das nicht der Fall gewesen sei, irgendwelche Versprechungen oder Zusagen gemacht worden seien. Aber ich hab das erst heute morgen ...

Zeuge Opi[tz]:

Ich habe sinngemäß etwa gesagt, daß ein Kriminalbeamter dieserlei Versprechungen, wie sie seinerzeit hier vorgetragen wurden, nicht machen kann, daß es vollkommen illusorisch ist.

RA Schi[ly]:

Nein, nein, Sie haben gesagt: „Was weiß ich, irgendwelche Versprechungen oder welche Art auch immer von uns gemacht worden ist.“

Vors.:

Bitte die Zitatstelle?

RA Schi[ly]:

12758, oben. Unten fängt es an auf 12757.

Zeuge Opi[tz]:

Stimmt nicht, habe ich nicht gesagt.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

OStA Z[eis]:

Aber Herr Rechtsanwalt Schily, dann müssen Sie aber wirklich den ganzen Satz zitieren. So, wie Sie jetzt zitieren, ist er vollkommen sinnentstellend. Ich beanstande diesen Vorhalt.

Zeuge Opi[tz]:

Ich weiß doch ungefähr, was ich gesagt habe.

Vors.:

Ja nun, wenn Sie zitieren: „Was weiß ich, welche Versprechungen oder welche Art auch immer von uns gemacht worden sind ...“ Er sagt folgendes ...

RA Schi[ly]:

„Und dazu sind Herr Petersen und ich in erster Linie“ - ich kann den ganzen Satz gerne vorlesen - „Und dazu sind [13017] Herrn Petersen und ich in erster Linie mit Herrn Müller längere Wochen, längere Monate im Gespräch gewesen, ohne daß zu irgend einem Zeitpunkt auch nur der Hauch einer unlauteren Vernehmungsmethode oder was weiß ich, irgendwelche Versprechungen oder welche[gg] Art auch immer, von uns gemacht worden ist.“ Also er sagt doch hier, ich wüßte nicht, wie das anders zu interpretieren sind, irgendwelche Versprechungen nicht gemacht worden sind.

Vors.:

Nein, nein, es wird nicht anders interpretiert. Sie haben Recht, doch wie Sie den Satz zitiert haben, konnte man das anders verstehen. Jetzt ist das geklärt: „ohne daß zu irgend einem Zeitpunkt auch nur der Hauch“ usw. Sie haben sich tatsächlich, und das ist der Vorhalt gewesen, im Zusammenhang mit der Frage, wie ist es zu Aussagen des Herrn Müller gekommen, auch zu der Frage geäußert, ob Versprechungen gemacht worden sind.

Es ist in der Tat, Herr Opitz, man sollte den Inhalt der Vernehmung, - ich habe selbst gebeten seinerzeit, meine ich, um Aussagegenehmigung überhaupt zu den Vernehmungen - Zum Inhalt der Vernehmung gehört es natürlich schon auch, ob eine Vernehmung unbeeinflußt, korrekt zustande gekommen ist oder nicht. Insofern würde ich also hier Ihnen die Empfehlung geben, ohne Sie zwingen zu können, Sie müssen Ihre Aussagegenehmigung selbst auslegen, es nicht ganz so eng auszulegen, wenn Sie es nicht für dienstlich zwingend halten.

Jetzt bitte ich aber, nachdem das Gespräch hier, glaube ich, in dem Punkte lange geführt ist, Fragen zu stellen. Wir wollen mal sehen.

RA Schi[ly]:

Sie bleiben dabei, daß Sie diese Frage mit dem Ukw-Radio nicht beantworten können?

Zeuge Opi[tz]:

Ich kann sie auch nicht beantworten. Ich weiß es nicht, ob ihm ein Ukw-Radio, oder ein Radio mit Ukw-Teil[hh] gewährt wurde. Das weiß ich effektiv nicht.

RA Schi[ly]:

Hat Ihnen[ii] der Herr Müller deswegen mal geschrieben?

Zeuge Opi[tz]:

Ja das könnte sein. Und das ist dann auch entsprechend ... Wenn es so gewesen ist, dann ist dieses Schreiben auch ordnungsgemäß an die Stelle weitergeleitet worden, nämlich an den zuständigen Richter.

RA Schi[ly]:

Wie kam denn der Herr Müller dazu, an Sie zu schreiben, wegen eines Ukw-Teils beim Radio?

Zeuge Opi[tz]:

Jeder Gefangene versucht, irgendwelche Erleichterungen heraus- [13018] zuholen. Das ist etwas Logisches[jj]. Und warum sollte da Herr Müller eine Ausnahme gebildet haben.

Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 11.35 Uhr den Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich dann dafür verwendet, daß ihm ein solches Radio mit Ukw genehmigt wird?

Zeuge Opi[tz]:

Das habe ich in das Ermessen des zuständigen Richters gegeben.

RA Schi[ly]:

Wer war denn der zuständige Richter?

Zeuge Opi[tz]:

Der das Verfahren gegen Herrn Müller[31] durchführte.

RA Schi[ly]:

Ja wer war denn das? Wie hieß der?

Vors.:

War Herr Habenfeld möglicherweise.

Zeuge Opi[tz]:

Herr Habenfeld, ganz recht, Herr Habenfeld.

RA Schi[ly]:

War das Herr Habenfeld schon zu dem damaligen Zeitpunkt?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, ich wüßte keinen anderen Richter.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mit Herrn Habenfeld darüber gesprochen über dieses Thema?

Zeuge Opi[tz]:

Ich glaube nicht persönlich. Das weiß ich heute nicht mehr. Ich bin der Meinung, daß ich das so, wie es eingegangen ist, auch weitergeleitet habe. Aber das liegt so lange her und war so unwichtig, daß ich das heute nicht mehr so genau erinnere.

RA Schi[ly]:

War für Sie unwichtig dieser Vorgang?

Zeuge Opi[tz]:

Ja natürlich.

RA Schi[ly]:

Können Sie sich denn noch an ein Schreiben von Herrn Müller vom 3. April 1975 an Sie erinnern?

Zeuge Opi[tz]:

Woran?

RA Schi[ly]:

An ein Schreiben, das der Herr Müller an Sie ...

Zeuge Opi[tz]:

Ich erinnere irgendein Schreiben. Das ist richtig.

Aber ob sich das nun auf dieses Gerät bezogen hat mit dem Ukw-Teil, das ist mehr Vermutung meinerseits als noch Wissen.

RA Schi[ly]:

Und ob Sie mit dem Herrn Habenfeld gesprochen haben, das wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Opi[tz]:

Beim besten Willen, das kann ich nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mit der Anstalt mal gesprochen. Vielleicht gar nicht mit dem Richter, sondern mit der Anstalt ...

[13019] Zeuge Opi[tz]:

Auch das wäre illusorisch gewesen, denn die Anstalt hätte ja dieses Radio mit Ukw-Teil ohne Genehmigung des Richters gar nicht dem Herrn Müller genehmigen können.

RA Schi[ly]:

Nun sind Sie schon gefragt worden, Herr Opitz, ob Sie dem Herrn Müller bei diesen Gesprächen, die Sie mit ihm geführt haben, irgendwelche Zusagen gemacht haben. Ich würde diese Frage noch einmal gerne konkretisieren, ob Sie dem Herrn Müller die Zusage gemacht haben, daß Sie seine Angaben vertraulich behandeln?

Zeuge Opi[tz]:

Dieser Vorgang war sowieso ein „VS-vertraulich“ Vorgang,[32] das wußte Herr Müller auch.

RA Schi[ly]:

Ja ich frage Sie, ob Sie ihm die Zusage gemacht haben, daß Sie seine Angaben als vertraulich behandeln?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, vertraulich als Verschlußsache im Sinne unserer Vorschriften. Das bedeutete, nichtwahr, daß nur ein begrenzter Personenkreis diese seine Aussagen bekommen.

RA Schi[ly]:

Ja, wie ist da mit Herrn Müller gesprochen worden. Können Sie das mal ein bißchen genauer schildern. Haben Sie ihm die Zusage gemacht, daß Sie seine Angaben als vertraulich behandeln?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, ich kann mich nur wiederholen. Ich kann nur sagen, daß ich ihm gesagt habe, dieser Vorgang ist eine Verschlußsache, sie wird als vertraulich behandelt. Das bedeutet letztlich nicht, daß er zu dem, was er dort sagt, daß ihm das nie vorgehalten werden wird, sondern das bedeutet lediglich, wie ich sagte, daß nur ein begrenzter Personenkreis an diese seine Angaben herankommt.

RA Schi[ly]:

Wer war denn der begrenzte Personenkreis?

Zeuge Opi[tz]:

Dazu habe ich keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

In einem Vermerk vom 12. März 75, Herr Opitz, den Sie mit unterschrieben haben neben Ihrem Kollegen Petersen, da steht unter betrifft: „Vertrauliche Angaben des Gerhard Müller.“ Ich würde daraus schließen, daß Sie dem Herrn Müller gesagt haben, wir werden Ihre Angaben vertraulich behandeln. Ist dieser Schluß richtig.

Zeuge Opi[tz]:

Nun, ich habe dazu meines Erachtens zweimal Stellung genommen, näher kann ich dazu nichts sagen.

[13020] RA Schi[ly]:

Von wem ist denn die Verfügung getroffen worden, VS-vertraulich, also Verschlußsache?

Zeuge Opi[tz]:

Eine Verfügung ist diesbezüglich gar nicht gekommen, sondern diese Angaben habe ich als Verschlußsache bewertet und auch so weitergeleitet.

RA Schi[ly]:

An wen haben Sie denn die Sachen weitergeleitet?

Zeuge Opi[tz]:

Auch das fällt nicht unter meine Aussagegenehmigung, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, Herr Opitz, - es mag sein, daß[kk] das auch schon wieder [ll] der[mm] Konflikt mit Ihrer Aussagegenehmigung ist. Kennen Sie diese Akte 3 ARP ...

Zeuge Opi[tz]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Kennen Sie diese Akte der Bundesanwaltschaft 3 ARP 74/75 I?[33]

Zeuge Opi[tz]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie nicht.

Können Sie soviel sagen, daß Sie sämtliche Niederschriften, sei es Gesprächsvermerke, sei es Vernehmungsniederschriften der Bundesanwaltschaft übersandt haben oder nur eine Auswahl daraus?

Zeuge Opi[tz]:

Ich kann hier nur eine Vermutung äußern, das ist die, daß meine Berichte vielleicht oder vermutlich Gegenstand dieser bezeichneten Akte sind. Aber ich sagte ja schon, ich habe die Akte nie gesehen.

RA Schi[ly]:

Ja, ja, gut.

Vors.:

Darf ich auf 12752 oben verweisen. Hier ist die Frage gestellt - Akte 3 ARP: „Ist Ihnen das ein Begriff?“ Da ist also das Thema mit dem Herrn Zeugen schon erörtert worden.

Vielleicht ist die Antwort dann für Sie ausreichend. Sonst wäre sie zu modifizieren durch die Fragestellung.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, Sie gestatten; im übrigen darf ich darauf hinweisen, das sollte doch auch Herr Rechtsanwalt Schily bitte beachten: Die Frage wird eindeutig wieder nicht von der Aussagegenehmigung des Zeugen umfaßt: Unter Ziffer 3: „Weitergabe der Gesprächsnotizen bzw. Vernehmungsschriften wann und an wen.“

RA Schi[ly]:

Na gut. Warten wir die erwartende, hoffentlich zu erwartende Aussagegenehmigung ab. Zu dieser Frage kann ich dann auch noch einmal zurückkommen. Ich meine allerdings, daß es von [13021] der Erklärung hier auf 12752 nicht umfaßt wird, die Antwort auf diese Frage, weil sie spezifischer ist. Allerdings wundere ich mich nun wiederum, daß da die Antwort erteilt wird, die in etwas allgemeinerer Form die Frage gestellt wird von dem ... Aber ich stelle anheim.

Bundesanwalt Dr. Wunder erscheint um 11.44 Uhr wieder im Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, wann hat der Zeuge Müller erstmals davon gesprochen, daß angeblich Ingeborg Barz getötet worden sei?[34]

Zeuge Opi[tz]:

Genau datumsmäßig kann ich das nicht sagen. Das muß aber aus den Protokollen hervorgehen. War es Ende März, war es im April, so etwa.

RA Schi[ly]:

Ja, da möchte ich Ihnen mal vorhalten. Da ist hier ein Gedächtnisprotokoll, also ein Vermerk vom, ich glaube, Sie haben mit unterschrieben, vom 10. April.

Vors.:

Es würde vereinfachen, wenn die Seitenzahl ...

RA Schi[ly]:

Blatt 22 der Akte 3 ARP. Und da heißt es unter Ziffer 2; „Ergänzend“ - und ich lege Wert auf das Wort „Ergänzend - zu seinen Angaben bezüglich der Liquidierung der Ingeborg Barz erzählte M., daß ihr[nn] Tod durch den harten Kern der Bande beschlossen wurde,“ usw. Ich habe versucht, hier festzustellen, ob irgend etwas davor, das habe ich nicht in den Aktenteilen davor, also vor Blatt 22. „Ergänzend“, daraus kann man den Schluß ziehen, es muß also schon irgendwann vorher mal was gesagt worden sein. Können Sie mir etwas darüber sagen, was der Herr Müller früher gesagt hat und wo das schriftlich niedergelegt worden ist?

Zeuge Opi[tz]:

Herr Anwalt, das kann ich hier aus dem Stegreif bestimmt nicht. Denn ich weiß nicht, worauf sich dieses Wort jetzt „Ergänzend“ bezieht. Dazu müßte ich die Unterlagen sehen.

Dem Zeugen Opitz wird aus der Akte 3 ARP 74/75 I (Ordner 128) Blatt 22 zur Einsicht vorgelegt.

Zeuge Opi[tz]:

Ich könnte dazu nur sagen, daß in einem vorhergehenden Vermerk Herr Müller dann schon einmal einige Angaben über die Liquidierung der Ingeborg Barz gesagt hat, daß er hier [13022] noch etwas weiter ausgeholt hat, noch einige Präzisierungen hineingebracht hat.

RA Schi[ly]:

Ja. Und dieser Vermerk ist aber dann nicht bei der Akte.

Zeuge Opi[tz]:

Ja vielleicht ist es ein Teil der Akte 3 ARP. Das vermag ich nicht zu sagen.

RA Schi[ly]:

Ne, ne, eben nicht. Das, was Sie gerade gesehen haben, das ist ein Teil der Akte 3 ARP.

Zeuge Opi[tz]:

Nein, dieses nicht.

RA Schi[ly]:

Das, was Sie gerade gesehen haben, das ist ein Teil der Akte 3 ARP. Und worauf sich das bezieht dieser Vermerk, der ist nicht bei der Akte 3 ARP. Können Sie mir sagen, wo das sich befindet?

Zeuge Opi[tz]:

Kann ich nicht sagen, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Als Sie diesen Vermerk vom 10. April 75 angefertigt haben, bestand da eigentlich schon die Akte 3 ARP?

Zeuge Opi[tz]:

Das weiß ich nicht.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage. Der Zeuge hat bei der letzten Befragung gesagt, daß er die Akte 3 ARP nie zu Gesicht bekommen hat und infolgedessen ist die Frage unlogisch.

RA Schi[ly]:

Zu welchen Akten ...

Vors.:

Ist das schon eine Korrektur jetzt aufgrund ...

RA Schi[ly]:

Ja, ja, ich ziehe die Frage zurück.

Vors.:

Ich darf im übrigen noch auf eines hinweisen, Herr Rechtsanwalt, was[oo] man nicht aus dem Auge verlieren sollte, wir haben hier natürlich auch nicht die vollständige Akte vorliegen aufgrund des Vermerks nach § 96[ StPO].

RA Schi[ly]:

Ja sicher, das berücksichtige ich immer mit.

Das kann ja mir der Zeuge dann sagen, daß das vielleicht ein supergeheimer Bestandteil dieser Akte ist. Das eine war ja nur geheim, das andere ist ja supergeheim.

Herr Zeuge, wo haben Sie denn eigentlich das, was Sie hier schriftlich festgehalten haben, abgeheftet; wo ist das eigentlich hingelangt?

OStA Zeis:

Herr Rechtsanwalt Schily, darf ich Sie nochmals bitten, Fragen zu stellen, die von der Aussagegenehmigung des Zeugen [13023] umfaßt sind.

Vors.:

Gut. Nun darf ich darauf hinweisen, es können Fragen beanstandet werden, ich habe an sich gegen diese direkte Ansprache auch nichts, aber die Frage ist, ob der Herr Zeuge die Frage beantworten will. Also die Bundesanwaltschaft beanstandet, daß auch diese Frage nicht unter die erteilte Aussagegenehmigung falle, was offensichtlich zutrifft.

RA Schi[ly]:

Ja, gut, ich stell die Frage zurück bis zur Entscheidung ...

Vors.:

Ich meine, das würde nicht ausschließen, Herr Opitz, daß Sie im Einzelfall sagen, nun ja, dazu gebe ich eine Antwort, das kann ich auf mein dienstliches Gewissen sozusagen nehmen. Die Entscheidung müssen Sie selbst treffen. Die Aussagegenehmigung wird ihrem Wortlaut nach sicher die Frage nicht decken.

Zeuge Opi[tz]:

Ich hatte ja schon angesetzt zu sagen, daß ich dazu keine Aussagegenehmigung habe.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, ich nehme an und unterstelle, daß Sie in etwa noch im Gedächtnis haben, welche Angaben der Herr Zeuge Gerhard Müller bezüglich einer angeblichen Tötung von Ingeborg Barz gemacht hat. Ist Ihnen etwas darüber bekannt, daß dann aufgrund dieser Angaben ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist?

Zeuge Opi[tz]:

Darf ich den ersten Teil der Frage nochmal wiederholt haben?

RA Schi[ly]:

Ich gehe davon aus, daß Ihnen bekannt ist der Inhalt der Äußerungen, die der Zeuge Gerhard Müller gemacht hat bezüglich einer angeblichen Ermordung von Ingeborg Barz.

Zeuge Opi[tz]:

Ja, ist mir bekannt.

RA Schi[ly]:

Nun wissen Sie etwas darüber, ob diese Angaben von Herrn Müller zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geführt haben.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande die Frage erneut.

Wenn der Zeuge die Frage beantworten würde, würde er sich strafbar machen. Sie ist eindeutig nicht von seiner Aussagegenehmigung umfaßt. Ich verweise insoweit auf Ziffer 4. In welcher Weise sind die Vernehmungen bzw. Gespräche mit Herrn Müller verwendet worden und sind diese auch zu weiterführenden Ermittlungen gegen den Zeugen Müller verwendet worden.

[13024] Vors.:

Nein, aber Herr Bundesanwalt Zeis, das ist ja nicht Gegenstand der Aussagegenehmigung. Das waren ja nur die Wünsche, die Herr Rechtsanwalt Schily für die Erweiterung der Aussagegenehmigung. Die Aussagegenehmigung lautet: „Inhalt der Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller und das Ergebnis der dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen.“ Da könnte man das unter Umständen mit einbeziehen, die dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen, das Ergebnis. Und ich muß darauf hinweisen, also ich habe bei der Befragung des Herrn Zeugen die Frage auch gestellt, inwieweit ihm Ergebnisse hinsichtlich der Sache Barz bekanntgeworden sei. Und das ist damals auch ohne weiteres beantwortet worden. Also wenn es sich in dem allgemeinen Rahmen hält und keine Wiederholung ist, würde ich meinen, könnte man die Antwort zulassen.

OStA Z[eis]:

Dann beanstande ich die Frage wegen Wiederholung, wenn Sie die Frage schon dem Herrn Zeugen gestellt haben, und er hat sie beantwortet.

Vors.:

Ja ich sage, es ist an sich gestellt. Meine Frage lautete ...

RA Schi[ly]:

Ich finde es hervorragend, daß so schnell ...

Vors.:

Wissen Sie ob neuerdings ...

RA Schi[ly]:

... die Flexibilität von Herrn Zeis ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, ich sage Ihnen, die Frage lautet und die Antwort ist dann darauf gegeben worden: „Wissen Sie, ob neuerdings irgendwelche zusätzlichen Erkenntnisse darüber gewonnen wurden, ob sie, - gemeint Ingeborg Barz - noch am Leben ist oder nicht.“ Das war meine Frage. Die wurde beantwortet. Wenn Sie jetzt darüber hinaus zu ...

RA Schi[ly]:

Ja, ich frage jetzt aber generell, ob Ihm bekannt ist, ob diese Angaben zu einem Ermittlungsverfahren geführt haben und gegen wen, es geht ja um die Adressaten dieser Ermittlungen.

Ende von Band 769

[13025] Zeuge Op[itz]:

Das ist mir nicht bekannt, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen nicht bekannt?

Zeuge Op[itz]:

Nein. Ich muß dazu fügen, daß ich selbst Ermittlungen getätigt habe. Darüber habe ich hier schon Aussagen gemacht vor mehreren Monaten.

RA Schi[ly]:

Sie hatten doch hier auf Frage wohl auch etwas gesagt über die Ermittlungen da, also mit Grabungen usw.

Zeuge Op[itz]:

Richtig, darauf beziehe ich mich.

RA Schi[ly]:

Woher hatten Sie denn diese Kenntnisse? Aus eigener Ermittlungstätigkeit oder durch Gespräche?

Zeuge Op[itz]:

Aus den Aussagen des Herrn Müller.

RA Schi[ly]:

Von Herrn Müller haben Sie erfahren, daß gegraben worden ist?

Zeuge Op[itz]:

Nein, wo zu graben war. Wir fahren ja nicht los, um irgendwo zu buddeln.

RA Schi[ly]:

Ich meine, daß gegraben worden ist und mit welchem Ergebnis, haben Sie das durch eigene Tätigkeit, die Sie da auch entfaltet haben im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens, erfahren oder haben Sie das nur aus Gesprächen mit anderen Ermittlungsbeamten gehört?

Zeuge Op[itz]:

Ich verstehe Ihre Frage nicht, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Waren Sie an den Ermittlungen selbst beteiligte Frage, ob Frau Barz getötet worden ist oder nicht, Suche nach Leichensuche ...

Zeuge Op[itz]:

Nach der Leichensuche war ich selbst beteiligt.

RA Schi[ly]:

Also waren Sie an den Ermittlungen selbst beteiligt?

Zeuge Op[itz]:

Ja, bis zu diesem Zeitpunkt der Leichensuche, ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn im Rahmen dieser Tätigkeit nicht erfahren, gegen wen sich dieses Ermittlungsverfahren richtete?

Zeuge Op[itz]:

Nein, habe ich nicht erfahren.

RA Schi[ly]:

Also das wundert mich ein bißchen, Herr Opitz. Sie sind doch sicherlich [pp] schon länger im Dienst als Kriminalbeamter. Wenn Sie in einem Ermittlungsverfahren tätig werden, daß Sie[qq] sich zu mindestens für die Person der Beschuldigten oder des Beschuldigten interessieren.

Zeuge Op[itz]:

Sehen Sie, ich könnte darauf natürlich antworten, aber ich kann es nicht, weil meine Aussagegenehmigung das [13026] nicht zuläßt.

RA Schi[ly]:

Das verstehe ich nicht. Einerseits sagen Sie, beantworten Sie die Frage, daß [rr] Sie sich an Ermittlungen beteiligt haben und jetzt die Frage ...

Zeuge Op[itz]:

Dazu habe ich auch Aussagegenehmigung, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Ich glaube „zu weiterführenden Ermittlungen“, das umfaßt auch die Person. Ich glaube, das können Sie nun nicht abgrenzen, daß Sie praktisch nur ... Ich meine, das wäre ja nun ein[ss] merkwürdiges[tt] Auseinanderschneiden, daß man so sagt, es geht nur um die ...

Vors.:

Herr Opitz, „Ergebnis der dazu angestellten Ermittlungen“ würde natürlich auch einbegreifen das Ergebnis hinsichtlich der Beschuldigten, welcher Beschuldigte danach in Betracht kommt. Insofern, meine ich, sollten Sie die Frage beantworten können.

Zeuge Op[itz]:

Ich kann sie nur bedingt beantworten, weil die ermittlungsführende Dienststelle das BKA gewesen ist und ich hier ja nur Amtshilfe geleistet[35] habe.

Vors.:

Nur das, was Sie selbst wissen und erfahren haben. Wenn Sie etwas an Ergebnissen gewonnen haben aufgrund eigener Ermittlungstätigkeit, dann können Sie das hier nach dieser inhaltlichen Genehmigung wohl angeben.

Zeuge Op[itz]:

Das Ermittlungsergebnis für mich seinerzeit war, daß die Leiche der Ingeborg Barz an dieser Stelle nicht gefunden wurde. Und damit war für mich die Aufgabe erfüllt. Ich habe Müller nach Hamburg zurückgebracht und nun war für mich die Sache erledigt. Die Ermittlungen in dieser Sache wurden vom Bundeskriminalamt weitergeführt. Und weiter dazu kann ich nichts sagen, weiß ich auch nicht.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, ich habe Sie gefragt, ob Ihnen bekannt war, gegen wen ermittelt wurde, und da[uu] haben Sie dann zunächst mal versucht, auf Ihre Aussagegenehmigung oder Aussagebeschränkung zu rekurrieren. Jetzt sage ich Ihnen aber, das umfaßt Ihre Aussagegenehmigung meines Erachtens in jedem Falle, so wie ich sie jetzt gehört habe. Und deshalb wiederhole ich meine Frage, ob Ihnen nicht bekannt war, gegen wen sich diese Ermittlungen richteten. Denn normalerweise, wenn ich Ermittlungen führe, dann [13027] muß ich doch als Polizeibeamter auch wissen, gegen wen ich ermittle.

Zeuge Op[itz]:

Normalerweise ja gegen die, die dort beschuldigt wurden, Ingeborg Barz getötet zu haben.

RA Schi[ly]:

Ja, wer war denn das?

Zeuge Op[itz]:

Das geht doch aus den Unterlagen hervor. Das waren die Angeklagten Baader, Raspe und Meins.

RA Schi[ly]:

Noch jemand?

Zeuge Op[itz]:

Nein, sonst jemand nicht.

RA Schi[ly]:

Herr Müller auch?

Zeuge Op[itz]:

Herr Müller selbst, der war ja nach seinen Angaben kein Beteiligter.

RA Schi[ly]:

Wieso, er hat doch nach den Angaben sich beteiligt an der Suche eines geeigneten Platzes, um die Leiche vergraben zu können. Er hat sogar selber einen Vorschlag dazu nach seinen Angaben gemacht.

Zeuge Op[itz]:

Aber nicht um eine Leiche dort zu verbuddeln, sondern um Sprengstoff und Waffen zu verbuddeln, so sagte Herr Müller damals.

RA Schi[ly]:

Nein, da irren Sie sich. Da hat er dann noch etwas dazu gesetzt. Und zwar Bl. 55, das ist ein Gespräch, ne eine Vernehmung vom 30. April, ja Herr Opitz hat auch mit unterschrieben. Da sagt er: „Ich hatte in meiner 1. Vernehmung gesagt, daß wir in den Rheinschleifen eine geeignete Stelle zum Vergraben von Munition suchen sollten. Das ist auch richtig. Aber es sollte dabei in 1. Linie nach einem geeigneten Platz gesucht werden, wo die liquidierte Ingeborg Barz begraben werden sollte. Ich selbst machte den Vorschlag, diesen Platz am Rhein zu suchen“. Herr Zeuge, das haben Sie selber hier protokolliert.

Zeuge Op[itz]:

... war mir entfallen. Wenn das dort so steht, dann hat er diese ergänzenden Angaben noch dazu gemacht.

RA Schi[ly]:

Ja und ist dann gegen ihn auch ermittelt worden?

Zeuge Op[itz]:

Bitte.

RA Schi[ly]:

Ist dann gegen Herrn Müller aufgrund dieser Angaben auch ermittelt worden?

Zeuge Op[itz]:

Das kann ich nicht sagen, Herr Anwalt. Denn ich sagte ja schon, meine Ermittlungstätigkeit endete dort mit dem Abflug von der Rheinwiese nach Hamburg.

[13028] RA Schi[ly]:

Haben Sie nicht das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller auch bearbeitet, Herr Opitz?

Vors.:

Die Frage ist beantwortet.

RA Schi[ly]:

Ja, ich meine, ja. Ich mache das als Vorhalt.

Ich meine, er hätte gesagt, er hätte das Ermittlungsverfahren ...

Vors.:

Ja, er sei nicht Sachbearbeiter gewesen.

RA Schi[ly]:

Wer war denn der Sachbearbeiter? Wer war denn der Sachbearbeiter des Ermittlungsverfahrens gegen[vv] Müller?

Vors.:

Daß jetzt kein Irrtum entsteht, geht es jetzt gegen Müller oder Barz?

RA Schi[ly]:

Gegen Müller. Ich meine, er hätte gesagt, er sei Sachbearbeiter des Ermittlungsverfahrens gegen Müller.

Aber bitte ...

Vors.:

Das war ein Irrtum, ich ging jetzt aus von der Sache Barz. Die Frage weiß ich nicht, ob die beantwortet worden ist. Also ob Sie Sachbearbeiter der Angelegenheiten Müller gewesen sind?

Zeuge Op[itz]:

Nein, bin ich nicht gewesen.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, in welcher Eigenschaft haben Sie denn dann überhaupt den Herrn Müller vernommen?

Zeuge Op[itz]:

Als Kriminalbeamter, der strafbare Handlungen zu erforschen hatte, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Das mag schon sein, aber in welchem Verfahren denn eigentlich. Haben Sie ihn eigentlich als Zeugen oder als Beschuldigten vernommen?[36]

Zeuge Op[itz]:

Als Zeugen natürlich.

RA Schi[ly]:

Als Zeugen natürlich. Wie haben Sie ihn eigentlich belehrt? Haben Sie ihn überhaupt belehrt?

Zeuge Op[itz]:

Selbstverständlich habe ich ihn belehrt.

RA Schi[ly]:

Wann haben Sie ihn belehrt, Herr Zeuge?

Zeuge Op[itz]:

Dazu kann ich keine präzise Antwort geben. Datumsmäßig ist mir das nicht möglich, aber das ist in den ersten Tagen bereits gewesen, als Herr Müller Aussagen machte. Noch am 1. Tage, möchte ich sagen.

RA Schi[ly]:

In den ersten Tagen.

Zeuge Op[itz]:

Ja, als er Aussagen machte.

RA Schi[ly]:

Als er Aussagen machte oder als er Gespräche geführt hat?

[13029] Zeuge Op[itz]:

Wahrscheinlich sogar schon, als wir die ersten Gespräche geführt haben.

RA Schi[ly]:

Ist dann eigentlich gekennzeichnet worden, ob er als Zeuge oder als Beschuldigter vernommen wird?

Zeuge Op[itz]:

Das geht also aus dem Vorspann zur Vernehmung hervor, daß er belehrt worden ist.

RA Schi[ly]:

Ich frage, ob es gekennzeichnet worden ist, ob er als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen wird?

Zeuge Op[itz]:

Ich meine ja, als Zeuge. Dann es ist ihm gesagt worden, wenn er sich selbst belastet, braucht er dazu keine Angaben zu machen.

RA Schi[ly]:

Wann ist denn diese Belehrung erfolgt?

Zeuge Op[itz]:

Sagte ich ja.

RA Schi[ly]:

In den ersten Gesprächen, ist das irgendwo schriftlich festgehalten?

Zeuge Op[itz]:

Zumindest ist es schriftlich festgehalten bei der ersten Vernehmung des Herrn Müller.

RA Schi[ly]:

Wann war die?

Zeuge Op[itz]:

März/April, ich weiß es nicht genau.

RA Schi[ly]:

Herr Opitz, haben Sie eigentlich, bevor Sie Ihre Vernehmung hier, bevor Sie zu der Vernehmung erschienen sind, mal Ihre Unterlagen nochmal geprüft?

Zeuge Op[itz]:

Ja, zum Teil schon, aber die Unterlagen, die sind ja so umfangreich, daß man das also nochmal überliest und deswegen merkt man sich ja keine Daten oder Einzelheiten.

RA Schi[ly]:

Wo haben Sie denn die Unterlagen nochmal sich angeguckt?

Zeuge Op[itz]:

In meiner Dienststelle.

RA Schi[ly]:

In Hamburg, ja?

Zeuge Op[itz]:

In Hamburg.

RA Schi[ly]:

Und nach dem Studium dieser Unterlagen wissen Sie nicht mehr, wann die erste Vernehmung stattgefunden hat?

Zeuge Op[itz]:

Nein, das kann ich nun beim besten Willen nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Sie sagen, Sie haben den Herrn Müller als Zeugen vernommen. In welchem Ermittlungsverfahren denn?

Zeuge Op[itz].:

In dem[ww] laufenden Ermittlungsverfahren gegen die Angehörigen der RAF.

RA Schi[ly]:

Ja gegen welche Angehörigen der Roten-Armee-Fraktion?

[13030] Zeuge Op[itz]:

Na unter anderem Baader, Meinhof, Ensslin, Raspe.

RA Schi[ly]:

Also gegen die hier Angeklagten.

Zeuge Op[itz]:

Gegen die Angeklagten. Und vielleicht auch noch gegen weitere. Das konnte man ja im Augenblick nicht erkennen, wer belastet wurde.

RA Schi[ly]:

Also in dem Ermittlungsverfahren haben Sie ihn als Zeugen gehört. Eine weitergehende Frage zu dem hätte ich also dann erst nach Vorliegen der weiteren Aussagegenehmigung.

Vors.:

So daß also ...

RA Schi[ly]:

Nein Moment, ich meine jetzt zu dieser speziellen Frage. Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Müller in Vernehmungen[xx] bzw. Gesprächen einen Banküberfall in Ludwigshafen geschildert hat?

Zeuge Op[itz]:

Ich meine ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie ihn da mal gefragt, oder anders gefragt, wissen Sie noch, daß er da eine sehr präzise Schilderung gegeben hat dieses Banküberfalls?

Zeuge Op[itz]:

Na Gott, was ist präzise. Er hat das berichtet, was er nach 3, nein, 4 Jahren noch etwa in Erinnerung hatte.

RA Schi[ly]:

Na ja, ich meine also präzise; gut, da gebe ich zu, das ist vielleicht mißverständlich. Aber jedenfalls so, daß er also bestimmte Vorgänge, Einzelheiten schildert, Beispielsweise, daß irgend jemand auf den Tresen gestiegen sei in der Bank und welche Aufgaben wer übernommen hatte, die Besetzung von Kassenboxen, Beschimpfung eines Kassierers.

Zeuge Op[itz]:

Es muß aus der Vernehmung hervorgehen.

RA Schi[ly]:

... solche Einzelheiten sind da geschildert worden?

Zeuge Op[itz]:

Einzelheiten erinnere ich von dieser Geschichte nicht.

Ich meine auch, daß ich da nur zeitweise dabeigewesen bin, als diese Vernehmung gemacht wurde.

RA Schi[ly]:

Hat man, ist man dann eigentlich der Frage nachgegangen, ob der Herr Müller selbst an diesem Banküberfall beteiligt war in Ludwigshafen?

Zeuge Op[itz]:

Ob ich der Meinung war, daß wir ...

RA Schi[ly]:

Nein, nein, ob Sie und Ihre Kollegen dann der Frage nachgegangen sind, ob der Herr Müller selbst an diesem Banküberfall beteiligt war?

[13031]Zeuge Op[itz]:

Das sind Dinge, die im Zuge der weiteren Ermittlung zu klären sind.

RA Schi[ly]:

Ja, ist das geschehen?

Zeuge Op[itz]:

Dazu kann ich wiederum nur sagen, das war nicht Aufgabe der Hamburger Kriminalpolizei.

RA Schi[ly]:

Ja, dann schließt sich nun wieder die Frage an, was haben Sie denn dann mit den Protokollen gemacht. Aber das ist jetzt wieder dann die Frage, die offenbar Ihre ... Kann man denn so sagen, Herr Opitz, daß Sie - also jetzt untechnisch gesprochen hier - mehr eine Art Unterbevollmächtigter waren in diesen Ermittlungen? Sie sagten ja schon irgendwas bei dieser Ermittlung betreffend Ingeborg Barz, ermittlungsführende Stelle war das BKA.

Zeuge Op[itz]:

Wenn Sie es so bezeichnen als Unterbevollmächtigter[yy], meinetwegen.

RA Schi[ly]:

Könnte man so sagen?

Zeuge Op[itz]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwa, wann das Ermittlungsverfahren gegen Müller an die Staatsanwaltschaft in Hamburg abgegeben worden ist?

Zeuge Op[itz]:

Das ist ja schon wohl in den Jahren 73/74 wohl gewesen.

RA Schi[ly]:

74 ja?

Zeuge Op[itz]:

Vielleicht sogar 73 schon.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann eigentlich die Angaben, die der Herr Müller gemacht hat,[zz] auch der Staatsanwaltschaft in Hamburg übergeben?

Zeuge Op[itz]:

Auf dem Umwege auch nicht, Herr Anwalt. Ich kann es Ihnen nicht beantworten.

RA Schi[ly]:

Mit Rücksicht auf Ihre Aussagegenehmigung ja.

Zeuge Op[itz]:

So ist es.

RA Schi[ly]:

Haben Sie im Zusammenhang mit dem Banküberfall in Ludwigshafen den Herrn Müller mal gefragt, ob er dabeigewesen ist?

Zeuge Op[itz]:

Ich sagte ja schon, daß er belehrt worden ist als Zeuge. Wenn er sich selbst belastet, bräuchte er keine Angaben dazu machen. Und davon hat er dann wahrscheinlich ja auch Gebrauch gemacht.

RA Schi[ly]:

Ja wahrscheinlich, Herr Zeuge, ich habe Sie was ganz anderes gefragt, ob Sie ihn mal danach gefragt haben, ob er dabeigewesen ist.

[13032] Zeuge Op[itz]:

Warum sollte ich mein Ermittlungsergebnis in Frage stellen durch so eine Frage, Herr Anwalt, wenn ich genau weiß, daß er doch sich zurückziehen muß, wenn er dabeigewesen sein sollte.

RA Schi[ly]:

Wieso Ermittlungsergebnis in Frage stellen, das verstehe ich nicht. Wenn Sie also eine Frage gestellt hätten nach seiner eigenen Tatbeteiligung, dann hätten Sie das Ermittlungsergebnis in Frage gestellt, war das Ihre, war das sozusagen der Grundzug Ihrer Vernehmungs... Vernehmungen?

Zeuge Op[itz]:

Ich sagte doch, ich habe, wir haben ihn als Zeugen vernommen. Und dazu war er bereit, auszusagen. Und wenn ich Ihnen jetzt Vorhaltungen mache: „Sie haben die Tat selbst gemacht und sind daran beteiligt gewesen“, er macht dann keine Angaben mehr. Das ist doch[aaa] nicht im Sinne der Klärung von strafbaren Handlungen.

RA Schi[ly]:

Ja nun darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein, aber ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, welche Auffassung Sie dazu haben. Ich frage aber nur, Sie haben eine Frage in dieser Richtung nicht gestellt. Haben Sie eine Frage dann vielleicht in der Richtung gestellt, daß Sie gefragt haben: „Wissen Sie das von Hörensagen oder wissen Sie das unmittelbar aus eigener Kenntnis“?

Zeuge Op[itz]:

Kann ich mich nicht daran erinnern, ob ich diese Frage gestellt habe oder eine ähnliche, das vermag ich nicht mehr zu sagen.

RA Schi[ly]:

Dürfte das nicht ermittlungsmäßig von Interesse sein, ob ein Zeuge nur was vom Hörensagen weiß oder ob er es aus eigener Kenntnis weiß, Herr Zeuge?

Zeuge Op[itz]:

Das ist im Zuge der weiteren Ermittlungen schon von Bedeutung. Aber im Augenblick von untergeordneter Bedeutung.

RA Schi[ly]:

So haben Sie es auf jeden Fall aufgefaßt, ja?

Zeuge Op[itz]:

So ist es.

RA Schi[ly]:

Haben Sie den Eindruck gewonnen, als Sie die Schilderung gehört haben über den Banküberfall in Ludwigshafen, daß das eine Schilderung aus eigenem unmittelbaren Erleben ist oder hatten Sie den Eindruck, das ist eine Schilderung vom Hörensagen?

Zeuge Op[itz]:

Persönliche Eindrücke, das ist immer so eine Sache.

[13033] RA Schi[ly]:

Ja als Kriminalbeamter mit reicher Erfahrung, Herr Zeuge, sind[bbb] vielleicht Ihre Eindrücke nicht so ganz unwichtig.

Zeuge Op[itz]:

Nun, ich meine, daß man ja auch herauslesen kann, wer daran alles beteiligt gewesen ist. Und wenn davon beispielsweise von weiteren RAF-Angehörigen, die namentlich nicht genannt wurden, die Rede ist, dann bleibt das also jedem Scharfsinnigen, der damit zu tun hat, überlassen, Schlüsse zu ziehen für die weiteren Ermittlungen, Herr Anwalt.

RA Schi[ly]:

Ja und Ihr Eindruck?

Zeuge Op[itz]:

Ich meine, ich habe damit bereits meinen Eindruck Ihnen gesagt.

RA Schi[ly]:

Nein, nein, Sie haben ja gesagt, jedem Scharfsinnigen bleibt es überlassen. Ich rechne Sie gerne auch zu den Scharfsinnigen. Also jetzt wüßte[ccc] ich gerne, welchen Eindruck Sie hatten seinerzeit.

Zeuge Op[itz]:

Zumindest, sagen wir mal so, bestand für mich der Verdacht, daß er vielleicht dabeigewesen ist.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, die gleiche Frage hinsichtlich der Schilderung der Sprengstoffanschläge in Frankfurt und Heidelberg: Haben Sie ihn da gefragt, ob er dabeigewesen sei?

Zeuge Op[itz]:

Er war der Beschaffer für die Chemikalien. Das ist ja auch zum Ausdruck gebracht worden in der, ich meine, in der Verhandlung in Hamburg.[37]

RA Schi[ly]:

Herr Opitz, haben Sie ihn gefragt, ob er selber beteiligt war an den Sprengstoffanschlägen, über das Beschaffen von Material hinaus?

Zeuge Op[itz]:

Ja, ich habe ihn gefragt und das hat er verneint.

RA Schi[ly]:

Hat er verneint.

Zeuge Op[itz]:

Das hat er verneint.

RA Schi[ly]:

Ist das schriftlich festgelegt worden?

Zeuge Op[itz]:

Ob da ein Vermerk darübergemacht worden ist, kann ich hier aus dem Stegreif nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Darf ich davon ausgehen, daß Sie eine solche Äußerung von Herrn Müller doch für so wichtig gehalten hätten, daß Sie eine solche Erklärung dann auch schriftlich festgehalten hätten?

[13034] Zeuge Op[itz]:

Ja Gott, davon kann man ausgehen. Es kann ja auch vielleicht mal einen Vermerk vergessen werden.

RA Schi[ly]:

Bezog sich diese Frage auch auf andere Sprengstoffanschläge oder nur auf Frankfurt und Heidelberg?

Zeuge Op[itz]:

Wenn, dann auf alle Sprengstoffanschläge, die die RAF in den Jahren 72 begangen hat[38] und wozu sie sich auch bekannt hat.

RA Schi[ly]:

Können Sie sich daran erinnern, daß mit Herrn Müller ein Überfall auf eine Spar- und Leihkasse in Kiel gesprochen worden ist?

Zeuge Op[itz]:

Ja, auch daran kann ich mich erinnern.

RA Schi[ly]:

Hat er da etwas geschildert? Hat er einen solchen Überfall geschildert?

Zeuge Op[itz]:

Wie er seinerzeit in der Vernehmung niedergelegt worden ist, so hat er ihn geschildert. Und insofern war die ganze Geschichte ... erinnere ich noch, also etwas[ddd] lustig, wie beispielsweise Ilse Stachowiak[39] übte, übern Tresen zu springen, das ist mir noch sehr in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Bei der Formulierung, bei der Schilderung und auch der Personenbesetzung da[eee], verwendet der Herr Müller laut Ihrem Vermerk hier die Redewendung: „Ich weiß mit Sicherheit“. Haben Sie ihn wiederum gefragt, ob er bei diesem Banküberfall dabei war?

Zeuge Op[itz]:

Nein, ich meine, daß ich ihn nicht direkt gefragt habe.

RA Schi[ly]:

Wie kommt es, daß Sie ihn bei den Sprengstoffanschlägen gefragt haben, ob er dabei war und bei den Banküberfällen haben Sie nicht gefragt. War das irgendwie, hat das da das Vernehmungsklima nicht beeinträchtigt bei den Sprengstoffanschlägen oder ...

Zeuge Op[itz]:

Welche Überlegungen seinerzeit dazu geführt haben, ihn[fff] bei den Sprenganschlägen über seine Beteiligung zu fragen, weiß ich heute nicht mehr. Das muß aus der Situation seinerzeit geschehen sein.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen noch in Erinnerung, Herr Zeuge, daß der Herr Müller bei anderen Vorfällen, die er schildert, also bei einem anderen Banküberfall z.B. sagt, angibt, das weiß er vom Hörensagen.

[13035] OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage.

Sie ist suggestiv gestellt.

RA Schi[ly]:

Ich kann sie gerne verändern, das ist kein Problem.

Vors.:

Ich nehme an, der Herr Zeuge formuliert sie geistig so um, daß er es nicht als suggestiv empfindet.

RA Schi[ly]:

Akzeptiert „ob“.

Vors.:

Ist Ihnen die Frage nicht mehr geläufig oder geht es um die Antwort?

Zeuge Op[itz]:

Bitte nochmal die Frage wiederholen.

RA Schi[ly]:

Die Frage ist die, ob Herr Müller bei anderen, also bei anderen Banküberfällen durchaus gekennzeichnet hat, die er ja geschildert hat, durchaus gekennzeichnet hat, daß er es nur vom Hörensagen weiß, was er zu berichten hatte.

Zeuge Op[itz]:

Das ist mir also wirklich nicht mehr erinnerlich, ob wir das irgendwo mal niedergelegt haben vom Hörensagen.

RA Schi[ly]:

Können Sie nicht mehr sagen ...

Zeuge Op[itz]:

Es war meines Wissens von drei Banküberfällen die Rede: Kiel, Hannover und bei Kassel, irgendwie Homburg. Und ich kann ... ich muß mich da wiederholen, daß ich hier sage, im Zuge der weiteren Ermittlungen wäre man ja zwangsläufig darauf gekommen, wer ist denn nun Beteiligter gewesen an diesen Banküberfällen. Ich kann mit bestem Gewissen nicht mehr sagen, ob in irgendeiner Form Herr Müller dort, oder wir bei der Vernehmung hineingebracht haben, das weiß ich nur vom Hörensagen oder so in dieser Form, wie Sie eben sagten, das[ggg] erinnere ich nicht mehr. Das muß aber aus dem Protokoll hervorgehen und wenn dort steht, dann hat er das auch so gesagt.

RA Schi[ly]:

Ich möchte Ihnen nochmal vorhalten, Sie haben bei der Befragung durch den Herrn Vorsitzenden in der früheren Vernehmung, da hatte der Herr Vorsitzende Sie folgendes gefragt: „Wissen Sie, ob bestimmte Gründe vorhanden waren, worum man dieses Thema, ich sage Ihnen ja, daß in den Akten 1 BJs 7/76[40] Müller unwidersprochen sagt: „Ich kenne Hoff[41] nicht und war nie in seiner Werkstatt“, warum da keine sichtbaren Vorhalte gemacht wurden.“ So war die Frage des Herrn Vorsitzenden und Ihre Antwort seinerzeit: „Es ist [13036] also jetzt nur eine Vermutung meinerseits. Evtl. wäre dann die weitere Vernehmung gar nicht mehr möglich gewesen, daß er dann erklärt hätte, ich mache keine weiteren Aussagen mehr, es ist eine Vermutung meinerseits.“ Daran anknüpfend die Frage, haben Sie sich denn damit einverstanden ... notfalls, stillschweigend damit einverstanden erklärt, daß eine falsche Aussage, jedenfalls im Widerspruch zu seiner früheren Aussage stehende Erklärung des Herrn Müller protokolliert wird und sind Sie da etwa nach der Devise vorgegangen, [hhh] besser eine falsche Aussage als gar keine?

Zeuge Op[itz]:

Ich habe aber auch letztes Mal hier erklärt, daß ich bei diesen Vernehmungen nicht zugegeben gewesen bin, sondern daß ich nur zeitweise anwesend war.

RA Schi[ly]:

Haben Sie die Niederschriften gelesen, Herr Zeuge?

Zeuge Op[itz]:

Überlesen vielleicht. Aber auch nicht alles. Wenn ich dann wieder mal zurück in das Vernehmungszimmer gekommen bin, habe ich schon das bisher gesagte schon mal überlesen. Aber ich muß dazu sagen, ich war nicht Vernehmungsbeamter.

RA Schi[ly]:

Ja und dann eine weitere Frage, Herr Zeuge. Sie haben bei Ihrer letzten Befragung auch in der vorhergehenden Frage auf, bei der letzten Vernehmung auf die Frage eines Verteidigers geäußert, Sie hätten mal das Strafgesetzbuch mitgehabt und hätten da dem Herrn Müller etwas vorgelesen. Das war im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 129 Abs. 6[ StGB].[42] Ist das eigentlich irgendwie vermerkt worden, ist das irgendwie schriftlich festgehalten worden?

Zeuge Op[itz]:

Wenn es in den Protokollen nicht steht, habe ich es wohl versäumt, hineinzuschreiben.

RA Schi[ly]:

Dann haben Sie geäußert, der Herr Müller sei über seine Strafe von 10 Jahren[43] enttäuscht gewesen. Wann haben Sie denn das erfahren, daß er enttäuscht war?

Zeuge Op[itz]:

Unmittelbar nach der Urteilsverkündung.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da mit ihm gesprochen?

Zeuge Op[itz]:

Nun, zu dem Zeitpunkt, das geht ja aus den Protokollen hervor, begannen ja die Vernehmungen.

[13037] RA Schi[ly]:

Achso, da haben Sie dann erfahren, daß er enttäuscht war. Wissen Sie eigentlich etwas, wie es gekommen ist, daß der Herr Müller dann erst nach dem Urteil von 10 Jahren mit diesen offiziellen Vernehmungen - sogenannten offiziellen Vernehmungen - begonnen hat, oder sind Sie darüber nicht unterrichtet.

Zeuge Op[itz]:

Ich habe Sie nicht verstanden, Herr ...

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, wie es gekommen ist, daß der Herr Müller erst nach der Verurteilung in Hamburg, nachdem dieses Urteil für die Staatsanwaltschaft rechtskräftig war,[44] der Herr Müller mit diesen Aussagen am 31. März begonnen hat oder wissen Sie über diese Vorgänge nichts?

Zeuge Op[itz]:

Hierzu kann ich wiederum nichts sagen, denn das fällt wieder in meine Aussagebeschränkung.

RA Schi[ly]:

Dann möchte ich jetzt eigentlich unterbrechen.

Es ist ja jetzt vielleicht auch wegen der Mittagszeit ganz angemessen und erst mal abwarten, bis die Erweiterung der Aussagegenehmigung ...

Vors.:

Also wir hoffen, daß wir Bescheid bekommen.

Ich würde vorschlagen: 14.15 Uhr.

Nun habe ich aber eine Bitte: Um 14.00 Uhr ist geladen der Zeuge Ziegler. Er hat nur ein ganz kurzes Thema. Es ist ja ein Thema von Ihnen (zu RA Schily). Ich würde vorschlagen, daß wir den Zeugen Ziegler vornehmen und Sie (zum Zeugen Opitz) vielleicht bitten, um 14.30 Uhr wieder anwesend zu sein.

14.15 Uhr Fortsetzung mit der Vernehmung des Zeugen Ziegler.

Pause von 12.32 Uhr bis 14.18 Uhr

Ende Band 770

[13038] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.18 Uhr

Als Zeuge ist erschienen:

KOK Kurt Ziegler,

Der Zeuge KHK Opitz ist nicht mehr anwesend.

Rechtsanwälte Schily und Schlaegel sind nicht mehr anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Die Verteidigung ist gewährleistet.

Zunächst haben wir jetzt Herrn Ziegler gebeten.

Der Zeuge Ziegler wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge Ziegler ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Zeuge Z[iegler]: Der Zeuge Ziegler macht folgende Angaben zur Person:

Kurt Ziegler, 49 Jahre alt, Kriminaloberkommissar, Heidelberg Polizeidirektion,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Ziegler, Sie sind von der Verteidigung beantragt worden als Zeuge, und sollen darüber aussagen können, daß der Zeuge Gerhard Müller 1969 eine medizinische Beurteilung erfahren habe, die sich wohl angeschlossen hat an einen bestimmten Vorgang; ich möchte das im Einzelnen Ihnen jetzt noch nicht vorhalten, weil ich mal sehen will, ob Sie im Zusammenhang zu diesem Vorgang überhaupt etwas bekunden können.

Zeuge Z[iegler]:

Ja, ich habe mich, nachdem ich das Fernschreiben bekommen habe, in meinen Unterlagen vergewissert und konnte mich dann erinnern, daß im Jahre 1969 von mir eine Meldung an die Staatsanwaltschaft Heidelberg vorgelegt worden ist, und zwar wegen eines Selbsttötungsversuches eines Gerhard Müller, geb. am 16.6.1948, der damals in Heidelberg gewohnt hat, in der Bergheimer Straße. In der Nacht zum 4.9., [13039] war es meines Wissens oder zum 5.9., jedenfalls nach Mitternacht wurden Beamte der Schutzpolizei Heidelberg in das Haus gerufen, weil dort ein junger Mann blutüberströmt aufgefunden worden sei. Die Beamten haben festgestellt, daß ein junger Mann in seinem Zimmer auf dem Boden lag, sehr viel Blut verloren hatte, sie haben eine blutige Rasierklinge und eine blutige Stecknadel im Zimmer, in der Nähe dieses Mannes gefunden, haben veranlaßt, daß dieser Mann eingeliefert worden ist in die Chirurgie Heidelberg und haben dann eine Meldung darüber gefertigt, die mir dann einige Tage später darauf zugegangen ist. Ich habe nach einigen weiteren Tagen, es sind etwa 14 Tage vergangen gewesen, erfahren, daß, in der Chirurgie erfahren, daß der junge Mann nach ambulanter Behandlung in die Psychiatrische Klinik Heidelberg überwiesen worden ist. Dort habe ich mich dann mit dem zuständigen Stationsarzt in Verbindung gesetzt, ich kann heute leider nicht mehr sagen, ob ich mich persönlich mit ihm unterhalten habe oder ob es telefonisch geschehen ist. Dieser Arzt hat sich als Dr. Krone vorgestellt und hat mir auf meine Anfrage, wie es nun mit dem Gerhard Müller steht, mitgeteilt, daß dieser junge Mann sehr wahrscheinlich einen Selbsttötungsversuch unternommen habe, in dem er sich versucht habe, die Pulsadern zu öffnen, was ihm nicht gelungen sei. Man hat mir weiter erklärt, von Seiten Dr. Krone, daß dieser junge Mann depressiv sei, zeitweise auch geistig verwirrt und es sei ein Fall - das wurde wörtlich gesagt, ich habe das in meiner Meldung auch entsprechend fixiert - „das ist kein Fall für die Polizei, sondern ein Fall für die Psychiatrie“. Und damit waren eigentlich meine ganzen Ermittlungen dieser Sache erledigt. Für uns lag klar, es lag keine strafbare Handlung vor, wir haben die Meldung der Staatsanwaltschaft Heidelberg vorgelegt, und das war alles, was ich in dieser Sache getan habe.

Vors.:

Ist es richtig, daß diese Feststellungen, die Kenntnisse, die Sie erlangt haben, sich dann niederschlugen in einem Bericht den Sie zu der Sache gemacht haben?

Zeuge Z[iegler]:

Richtig.

Vors.:

Und wir dürfen wohl davon ausgehen, wenn Sie sagen, Sie hätten sich anhand Ihrer Unterlagen vergewissert, daß Sie diesen Bericht sich auch nochmals angesehen haben vor der [13040] heutigen Vernehmung.

Zeuge Z[iegler]:

Ja, ich habe den Bericht dabei, wenn ein Vergleich notwendig wäre.

Vors.:

Ich glaube wir haben ihn hier vorliegen, das ist der Bericht vom 19. September 1969.

Zeuge Z[iegler]:

Ja.

Vors.:

Ja, das wär’s gewesen, dazu sollten Sie gehört werden.

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Das wäre vielleicht noch ... Haben Sie damals versucht, bei dem Gespräch mit dem Herrn Dr. Krone, zu klären, ob diese Diagnose, die er Ihnen da mitgeteilt hat, ganz allgemein für diesen Patienten gilt oder war das zugespitzt auf diesen speziellen Vorfall, um den sich es gehandelt hat, nämlich den vermutlichen Selbstmordversuch?

Zeuge Z[iegler]:

Ja, ich würde sagen, es hat sich speziell für diesen Selbstmordversuch, es war speziell darauf abgestimmt, weil meine Frage eben schon dahingehend gewesen ist, ob ich an diesen Mann herantreten kann, um von ihm zu erfahren, was war nun eigentlich los. Und die Begründung, daß ich ärztlicherseits dies nicht tun sollte, um den Zustand des Patienten nicht zu gefährden, war eben die, daß eine Depression, eine zeitweilige Verwirrung vorgelegen hat und daß das also kaum zu verantworten wäre, wenn der Mann nun wegen dieses Selbsttötungsversuches mit der Polizei konfrontiert würde.

Rechtsanwalt Schily erscheint um 14.24 Uhr wieder[iii] im Sitzungssaal.

Vors.:

Noch zu der Person des Dr. Krone.

Haben Sie da irgend etwas festgestellt, von sich aus. War das dort ein langjährig tätiger Arzt, der noch später dort beschäftigt gewesen ist oder haben Sie in der Richtung überhaupt nichts mehr im Auge behalten?

Zeuge Z[iegler]:

Ich weiß, das ist erst, was ich jetzt[jjj] also gestern abend und heute morgen gemacht habe. Ich weiß also nur, daß es sich damals nicht um einen Arzt, um[kkk] einen Dr. Krone gehandelt hat, sondern dieser damals sich mir vorstellende Dr. Krone war medizinischer Assistent für einige Monate, jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als der Vorfall geschehen ist, war er medizinischer Assistent und er hat mir, wie ich also heute fest- [13041] gestellt habe, mit Sicherheit unberechtigt die Auskunft gegeben und hat sich mit Sicherheit unberechtigt als Stationsarzt oder als verantwortlicher Arzt bezeichnet. Denn es ist üblich, daß wir den verantwortlichen Arzt verlangen, wenn wir wegen einer solchen Sache mit der Klinik Rücksprache nehmen.

Vors.:

Das würde bedeuten, daß der Herr, den Sie hier als den Herrn Dr. Krone bezeichnen, nun aufgrund gestern angestellter Ermittlungen, ... ist das richtig? ...

Zeuge Z[iegler]:

Gestern und heute morgen angestellter Ermittlungen.

Er ist in der Zwischenzeit Doktor, hat seinen Doktor gemacht und wohnt in Heidelberg, ist aber nicht erreichbar, es ist auch nicht bekannt in welcher Klinik er arbeitet. Ich habe nur feststellen können, daß er zur damaligen Zeit offensichtlich alleiniger Behandler dieses Herrn Müller gewesen ist, und die Krankengeschichte, die bei der Psychiatrie Heidelberg vorliegt, weist das offensichtlich auch aus, denn man hat mir dort von der Klinikleitung gesagt, die Unterlagen könnten[lll] eingesehen werden, wenn die entsprechenden Beschlüsse gefaßt würden.

Vors.:

In welchem Zusammenhang haben Sie sich nach Herrn Dr. Krone erkundigt gestern?

Zeuge Z[iegler]:

In dem Zusammenhang, daß mir das Beweisthema aufgegeben hat, zu der Diagnose Stellung zu nehmen. Ich wollte mich vergewissern, ob der Dr. Krone noch im Dienst ist und mir eben die Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Vors.:

Es war also unser Fernschreiben, wo wir Ihnen mitgeteilt haben, Sie seien geladen auf Antrag der Verteidigung; Beweisthema hieß, wissen Sie es noch?

Zeuge Z[iegler]:

Verbringung des Gerhard Müller oder Einweisung in die Psychiatrische Klinik und ...

Vors.:

Und zugrundeliegende Diagnose.

Zeuge Z[iegler]

... Diagnose, ja.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht.

Die Herren der Bundesanwaltschaft.

Herr Rechtsanwalt Schnabel, bitte.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben zunächst gesagt, dieser Herr Krone hätte von einem depressiven Zustand gesprochen und dann haben Sie gesagt, es hätte sich um eine zeitweilige Depression gehandelt. Der Unterschied wird Ihnen ja bekannt sein.

[13042] Was wurde nun gesagt?

Zeuge Z[iegler]:

Ich glaube mich zu erinnern, daß ich gesagt habe, Herr Dr. Krone hat mir gesagt, der Patient sei depressiv und zeitweise verwirrt.

RA Schn[abel]:

Also so daß die Diagnose depressiv nicht nur, wie Sie dann einschränkend auf eine Präge des Herrn Vorsitzenden sagten, auf diesen speziellen Fall zugeschnitten war, sondern wohl eine Allgemeindiagnose darstellt?

Zeuge Z[iegler]:

Wenn Sie so fragen, möchte ich das nicht beurteilen, weil ich bestimmte Fragen gestellt habe an den Arzt, die im Zusammenhang mit meinem Zusammenkommen mit Patienten aufgeworfen worden sind und deswegen muß ich annehmen, daß er speziell wegen meiner Rücksprache, meiner möglichen Rücksprache mit dem Patienten diese Antwort gegeben hat.

RA Schn[abel]:

Können Sie ausschließen, daß diese Diagnose depressiv allgemein gemeint war?

Zeuge Z[iegler]:

Das kann ich letztlich nicht ausschließen.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen? Sehe ich nicht.

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Der Zeuge Ziegler wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.29 Uhr entlassen.

Herr Rechtsanwalt Schily, die Zitatstelle, die Sie heute früh im Gespräch uns andeuteten, die befindet sich in diesen Spurenakten, Hauptakte Band II. Wir haben sie uns hier zur Vernehmung des Herrn Zeugen herausgeholt, und der Herr Zeuge hat das, was in diesem Vermerk enthalten ist, einschließlich dieser Äußerungen, die er wieder durch Dr. Krone bekommen hat, so wie wir es hier sehen, bestätigt. Die Frage wird sich stellen, ob man hier unter diesen Umständen den Dr. Krone noch benötigt. Wenn Sie uns dazu heute noch Bescheid geben wollen.

RA Schi[ly]:

Ja.

Der Zeuge Opitz erscheint um 14.30 Uhr wieder[mmm] im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich muß mitteilen, daß ich mit dem zuständigen Beamten der Hamburger Polizeibehörden, Herrn Kriminalhauptkommissar Heinze - Kriminalratsanwärter nach Prüfung ist er inzwischen - [13043] gesprochen habe. Er ist also zuständig für Aussagegenehmigungen im Bereich Staatsschutz. Er hat die Themen noch greifbar, die Sie seinerzeit benannt haben, hat aber gesagt, auf die Schnelle könne er eine Entscheidung darüber nicht fällen. Das heißt also, die Aussagegenehmigung ist nicht erteilt für diese weiteren Themen, es bleibt beim bisherigen Umfang. Das war das Ergebnis des Gespräches, das vorhin geführt wurde. Herr Rechtsanwalt Schily, ob Sie unter diesen Umständen weitere Fragen stellen wollen, können, bitte, Sie haben das Fragerecht.

RA Schi[ly]:

Dann muß ich mir vorbehalten, erneute Ladung, bis die Entscheidung vorliegt.

Vors.:

Ich habe Herrn Heinze, nach dem Sie das heute früh schon angedeutet haben, darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit bestünde, daß seine Beamten dann am kommenden Dienstag möglicherweise nochmals in Stuttgart erscheinen[nnn] müßten. Aber auch das hat nichts geändert an seiner Auskunft.

RA Schi[ly]:

Tut mir leid, aber das kann ich dann im Moment nicht anders handhaben.

Vors.:

Keine Fragen mehr?

RA Schi[ly]:

Nein.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Bundesanwalt Holland, bitte.

OStA Hol[land]:

Herr Opitz, eine Frage, und zwar haben Sie vorhin, wenn ich Sie recht verstanden habe, gesagt, man habe oder Sie hätten Herrn Müller deshalb keine Vorhalte bestimmter Art gemacht, um das Ergebnis der Ermittlungen nicht zu gefährden oder in Frage zu stellen. Meine Frage nun an Sie, Herr Zeuge, läßt sich diese Aussage dahin verstehen, daß Sie durch zusätzliche Vorhalte etwa die Aussagewilligkeit oder die Aussagebereitschaft des Zeugen nicht in Frage stellen wollten oder gefährden wollten?

Zeuge Opitz:

Selbstverständlich, so habe ich das doch auch zum Ausdruck gebracht; ich weiß, nur nicht heute oder war es vor 14 Tagen, genau in dieser Form.

OStA Hol[land]:

Dann habe ich keine Fragen mehr, danke.

Der Zeuge Opitz versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[45] und wird um 14.33 Uhr im allseitigen Einvernehmen vorläufig entlassen.

[13044] Der Zeuge KOK Petersen erscheint um 14.33 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Petersen wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge Petersen ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Petersen macht folgende Angaben zur Person:

Friedrich-Peter Petersen, 47 Jahre alt,

Kriminalbeamter, Hamburg 1,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Petersen, die Verteidigung, Herr Rechtsanwalt Schily, hat Sie hier in die Sitzung geladen, um Sie nochmals zu einigen Punkten der Aussage des Herrn Müller, die er in Ihrer Anwesenheit gemacht hat, zu hören.

Seitens des Gerichts nur die Frage, haben Sie von sich aus irgend etwas zu Ihren früheren Aussagen zu diesem Thema noch zu ergänzen?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein.

Vors.:

Nicht mehr.

Sind seitens des Gerichtes sonstige Fragen? Sehe ich nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Auch nicht.

Dann können wir das Fragerecht gleich wieder an Rechtsanwalt Schily übergeben.

RA Schi[ly]:

Herr Petersen, können Sie sich daran erinnern, daß der Herr Müller bei den Gesprächen, Vernehmungen, die Sie durchgeführt haben, zum Teil vielleicht zusammen mit Herrn Opitz, auch eine Schilderung gegeben hat, daß die Frau Barz angeblich erschossen worden sein soll?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, da kann ich mich daran erinnern.

RA Schi[ly]:

Nun haben wir hier, ... wissen Sie noch wann erstmals der Herr Müller etwas darüber gesagt hat?

Zeuge Pet[ersen]:

Also eine Zeitangabe kann ich aus dem Kopf jetzt nicht angeben.

RA Schi[ly]:

Können Sie überhaupt sagen, wann Sie das erste Mal mit Herrn Müller gesprochen haben?

[13045] Zeuge Pet[ersen]:

Ja, das kann ich sagen, das war während der Zeit der Lorenz-Entführung.[46]

RA Schi[ly]:

Ja, können Sie es irgendwie datummäßig noch irgendwie ...?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, das Datum weiß ich nicht, aber ich weiß, daß zu dem Zeitpunkt Herr Lorenz entführt war.

RA Schi[ly]:

Kann das Anfang März gewesen sein?

Ich habe hier von Ihnen einen Vermerk der vom 2. März 75 datiert; Betrifft: Angaben des Gerhard Müller. Da steht drin, Sie hätten ihn zusammen mit Herrn Opitz am 2. März aufgesucht. Kann das sein?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, wenn das im Bericht drinsteht, wird es auch stimmen.

RA Schi[ly]:

Hier steht auch, also um Ihnen noch einen Anhaltspunkt zu geben, weil Sie auf die Entführung von Herrn Lorenz ansprechen, die ist hier datiert - ich habe es jetzt selber nicht im Kopf - 27.2.75.

Zeuge Pet[ersen]:

Also ich kann nur wiederholen, wenn das dort so[ooo] drinsteht, dann stimmt das auch.

RA Schi[ly]:

Ja.

Ist Ihnen bekannt, daß vor dieser Entführung, der Herr Müller dem „Stern“ ein Interview gegeben hat?

Zeuge Pet[ersen]:

Zeitlich kann ich das nicht einordnen, aber ich weiß, daß Herr Müller dem „Stern“ ein Interview gegeben hat.

RA Schi[ly]:

Kann das sein, daß das am 26.2.75 war?

Zeuge Pet[ersen]:

Das kann sein.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwa, wie dieses Interview zustande gekommen ist?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Davon wissen Sie nichts.

Haben Sie mal mit dem Herrn Schwarberg gesprochen?

Zeuge Pet[ersen]:

Bewußt nicht. Also ich ...

RA Schi[ly]:

Unbewußt?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, das weiß ich nicht. Ich wollte damit nur sagen, ich hab vielleicht mal mit einem Herren gesprochen, dessen Namen ich nicht kannte. Aber ich wußte nie, daß es der Journalist Schwarberg ist.

RA Schi[ly]:

Aber haben Sie einmal mit einem Journalisten vom „Stern“ gesprochen, der sich vielleicht namentlich nicht vorgestellt hat oder wie?

Zeuge Pet[ersen]:

In diesem Zusammenhang auf keinen Fall.

RA Schi[ly]:

Nein.

Wissen Sie etwas über, vielleicht, ein Detail, wissen Sie [13046] was über die Honorierung dieses Interviews?

Zeuge Pet[ersen]:

Weiß ich auch nicht. Ich bin also über, ich weiß also praktisch nur, daß dieses Interview stattgefunden hat, ich hab es auch in der Zeitung gelesen.

RA Schi[ly]:

Ja. Aber wie es zustande gekommen und welche Bedingungen dafür ...?

Zeuge Pet[ersen]:

Keine.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie einen Kollegen namens Mann?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich mit dem mal unterhalten?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, der gehört zu unserer Dienststelle, mit dem rede ich häufiger.

RA Schi[ly]:

Ja, hat er Ihnen mal berichtet, über ein Interview mit Herrn Schwarberg?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, also nach meiner Erinnerung, haben wir über diesen Fall nie gesprochen.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Pet[ersen]:

Nach meiner Erinnerung, haben wir über diese Angelegenheit nie gesprochen.

RA Schi[ly]:

Nicht gesprochen?

Zeuge Pet[ersen]:

Also ich weiß nur, daß ich es erfahren habe, aber von wem ich es erfahren habe, ob ich es von Herrn Mann erfahren habe, von irgendeinem andern[ppp], das kann ich heute nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Ja. Und[qqq] Herrn Jonassen, kennen Sie den auch?

Zeuge Pet[ersen]:

Kenn ich auch.

RA Schi[ly]:

Hat der Ihnen mal irgend etwas berichtet von einem Interview?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich muß mich wiederholen. Ich weiß nur, daß ich erfahren habe von diesem Interview, aber wer es mir erzählt hat, das weiß ich heute nicht mehr.

RA Schi[ly]:

Hat Ihnen denn, haben Ihnen denn die Herren Mann und Jonassen so ein bißchen erzählt davon, was der Herr Müller da in den Gesprächen mit dem Journalisten zu berichten wußte?

Zeuge Pet[ersen]:

Also, das ist mir nicht mehr bewußt.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Pet[ersen]:

Das ist mir nicht mehr bewußt, ich kann mich nicht [rrr] an so ein Gespräch erinnern. Ich weiß eben nur, daß ich davon gehört habe.

[13047] RA Schi[ly]:

Ja. Wie kam es denn, daß der Herr Mann und der Herr Jonassen an diesen Gesprächen teilgenommen haben? Wissen Sie darüber etwas?

Zeuge Pet[ersen]:

Darüber weiß ich auch nichts.

RA Schi[ly]:

Darüber wissen Sie auch nichts?

Sagen Sie mal, die haben doch bei Ihnen da auf der Dienststelle, Sie sagen, Sie sehen sie häufig, ist das nicht eigentlich doch was, was Sie vielleicht im Gedächtnis haben könnten?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich kann nichts dazu sagen, ich weiß es tatsächlich nicht.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie nicht.

Haben die Ihnen auch nicht erzählt?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich muß mich wiederholen, ich weiß nicht, ob ich das von Herrn Mann oder Herrn Jonassen oder von sonst irgendeinem anderen Kollegen gehört hab. Ich weiß, daß damals so ein Interview stattfand, aber mehr weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Und Sie wissen nicht, wie der Herr Mann und der Herr Jonassen dazugekommen sind, daß die das mitgehört haben?

Vors.:

Der Herr Zeuge hat’s mehrfach beantwortet, ...

RA Schi[ly]:

Also er weiß es nicht. Ja, ich wunder mich ein bißchen, aber ...

Vors.:

Sicher, durch dreimal null, wird es nicht eins.

RA Schi[ly]:

Durch die Verwunderung, meinen Sie, wird das Gedächtnis nicht besser.

Herr Zeuge, nun kommen wir nochmal zu der Frage zurück, wann, also 2. März, das könnte ja vielleicht sein, daß das der Tag war, an dem Sie erstmalig mit dem Herrn Müller gesprochen haben. Wann hat erstmalig der Herr Müller etwas über diese angebliche Ermordung von der Ingeborg Barz gesprochen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, da müßte ich die Unterlagen einsehen. Ich kann das aus dem Kopf nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich die Unterlagen mal angesehen vor Ihrer Vernehmung?

Zeuge Pet[ersen]:

Sie meinen jetzt, in den letzten Tagen? Ich hab mal ...

RA Schi[ly]:

Oder vor Ihrer letzten Vernehmung. Sie sind jetzt zweimal vernommen worden.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja. Ich habe sie mal durchgesehen, aber ich kann nicht genau sagen einzelne Daten.

RA Schi[ly]:

Ja, ich habe das schon Ihren Kollegen gefragt, hier, den Herrn Opitz. Wir haben auf Bl. 22 einen Vermerk vom [13048] 10. April 75, da steht etwas drin von einem Gedächtnisprotokoll und über Angaben von Herrn Müller, und da steht etwas ergänzend zu seinen Angaben bezüglich der Liquidierung der Frau Barz; „Erzählte M., daß ihr Tod durch den harten Kern der Bande beschlossen wurde.“ Nur vor Bl. 22, also vor dem 10. April finden wir hier nichts, wo irgendwelche Auslassungen von Herrn Müller zu Ingeborg Barz, allerdings mit dem Vorbehalt, auf den der[sss] Herr Vorsitzende häufiger hingewiesen hat, daß hier noch einige Seiten, insbesondere auch die ersten drei Seiten dieser Akte, noch der besonderen Geheimhaltung unterliegen, also wir kennen deren Inhalt nicht. Aber man könnte auch die Annahme haben, nach dem eigentlich diese Passagen betreffend Ingeborg Barz freigegeben worden sind, daß alles freigegeben worden ist, was Ingeborg Barz betrifft. So daß ich die Frage an Sie habe, Herr Zeuge, wissen Sie, ob da noch besondere Unterlagen sind, die vielleicht gar nicht in diese Akte 3 ARP eingegangen sind und die Sie noch gesondert irgendwo verwahren?

Zeuge Pet[ersen]:

Also mir ist von weiteren Unterlagen nichts bekannt.

RA Schi[ly]:

Ja, dann möchte ich Ihnen weiter vorhalten, in dem Vermerk vom 10. April 75 wird ein Vernehmungsprotokoll vom 9. April 75 erwähnt, das der Herr Müller auch unterschrieben haben soll. Dieses Vernehmungsprotokoll vom 9. April befindet sich ebenfalls nicht in der Akte 3 ARP und ich frage Sie, wo ist denn dieses Vernehmungsprotokoll abgeblieben?

Zeuge Pet[ersen]:

Die Frage kann ich auch nicht beantworten.

RA Schi[ly]:

Ja, Sie können es gerne mal vielleicht einsehen.

Wenn Sie mal das Bl. 22, wenn Sie mal so liebenswürdig wären, Herrn Petersen mal dieses Blatt vorzuhalten.

Dem Zeugen wird aus der Akte 3 ARP 74/75 I (Ordner 128) das Blatt 22 vorgelegt.

RA Schi[ly]:

Das ist in der, der erste ...

Vors.:

Bl. 22 ...

RA Schi[ly]:

... Blatt 22[ttt] der erste Absatz. Da steht: „Am 9.4. wurde der Inhaftierte Gerhard Müller aufgesucht. An diesem Tage machte er eine Aussage, die er auch unterschrieben hat.“

Und davor ist 21, das ist irgendein Gesprächsvermerk, aber dazwischen ist also nichts, was man ...

[13049] OStA Z[eis]:

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie irren sich, davor ist nicht 21, sondern 20.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

OStA Z[eis]:

Ich sagte, Sie irren sich, davor ist nicht 21, sondern 20. Die Seite 21 ist gerade nicht bei dem Vorgang.

RA Schi[ly]:

Bei mir steht 21.

OStA Z[eis]:

Nein, Sie täuschen sich, das ist eine Null hinten.

RA Schi[ly]:

Ja, man kann sich manchmal täuschen.

Vors.:

Also das könnte durch die Ablichtung tatsächlich so geschehen sein, daß da der Rand nicht mehr voll drauf kam, obwohl es unten mit dem Wort „sein“ dann nicht übereinstimmt, ...

RA Schi[ly]:

Wir können ja mal vergleichen ...

Vors.:

... aber 21 ist Sperrvermerk.

OStA Z[eis]:

Eben.

RA Schi[ly]:

Ist das Sperrvermerk, das können wir ja ...

Vors.:

Ist Sperrvermerk, ja, das ist geklärt.

Sie müßten doch das Fernschreiben haben, wo die noch der Sperre unterliegenden Blätter ...

RA Schi[ly]:

Ja, ja, ich frage ja gerade, ob es im Sperrvermerk Bl. 21 aufgeführt ist.

Vors.:

Ja, ist aufgeführt, 21.

RA Schi[ly]:

Nur hier sieht es so aus wie 21.

Vors.:

Richtig, ja, das kann man nicht bestreiten. Ich würde es auch so gelesen haben, aber es scheint 20 zu sein.

Also das ist die Stelle die ...

Zeuge Pet[ersen]:

Hat sich die Frage damit erledigt? Also ich könnte da auch nichts ...

Vors.:

Nun, es sollte Ihnen ja nur vor Augen führen, was Ihnen gerade wörtlich vorgehalten worden ist, ob das zu einer Änderung Ihrer Aussage führt. Sie müssen die Antwort geben.

Zeuge Pet[ersen]:

Herr Anwalt, würden Sie die Frage bitte nochmal wiederholen, ich habe sie ...?

RA Schi[ly]:

Ja, wo ist dieses Protokoll geblieben vom 9. April 75.

Zeuge Pet[ersen]:

Das weiß ich nicht. Ich weiß ..., ich kann dazu keine Angaben machen, ich weiß es nicht.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie nicht?

Ja, wo haben Sie denn überhaupt die Unterlagen, die Sie angefertigt haben, wo haben Sie die denn abgeheftet. In [13050] welche Akte sind die eingegangen?

Zeuge Pet[ersen]:

Darüber habe ich keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Also ich finde es eigentlich großartig, daß also Kriminalbeamte die Vernehmungen durchführen und Gespräche durchführen, keine Aussagegenehmigung haben, wo sie dann, in welche Akte sie das einbringen, das finde ich eigentlich sehr schön. Naja, das müßten wir dann noch mal klären, ob wir da eine Erweiterung Ihrer Aussagegenehmigung erhalten werden. Sie sind vielleicht schon mal in einem anderen Zusammenhang gefragt worden, Herr Petersen, ob Sie Zusagen gemacht haben. Haben Sie vielleicht Herrn Müller eine Zusage in der Form gemacht, daß Sie ihm gesagt haben, seine Angaben werden vertraulich behandelt?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich habe eine solche Zusage nicht gemacht. Ich weiß lediglich, daß er davon wußte, daß seine ersten Aussagen als Verschlußsache behandelt wurden.

RA Schi[ly]:

Ja, dann müßte man, ich darf Ihnen vielleicht mal vorhalten, Bl. 8, da steht: „vertrauliche Angaben des Gerhard Müller“, ein Vermerk vom 12. März 75.

Zeuge Pet[ersen]:

Ist das ein Gedächtnisprotokoll oder ist das eine Aussage?

RA Schi[ly]:

Das ist ein Vermerk, den Sie gemacht haben, über mehrere Gespräche. Da steht: „Betrifft: Vertrauliche Angaben des Gerhard Müller.“

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ja, daraus entnehme ich, daß es ein Gedächtnisprotokoll ist, das wir ja nach dem Gespräch gefertigt haben.

RA Schi[ly]:

Ja, das kann man annehmen; das ist 12. März und das Gespräch soll am 2. März stattgefunden haben.

Zeuge Pet[ersen]:

Die Zeitspanne scheint mir enorm weit, 12. bis 2.

RA Schi[ly]:

Ja, ja, nur es steht da ja, das ist ja Ihr, praktisch Ihr Vermerk, den Sie selber inhaltlich hier zu Papier gebracht haben. Da steht „vertrauliche Angaben ...“, und[uuu] da muß man dann doch eigentlich die Annahme haben, daß er Ihnen was unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit, ja, vertrauliche Angaben gemacht hat, und nicht nur gesagt worden ist, naja, also wir weisen Sie darauf hin, daß das sowieso hier, daß das eine Verschlußsache ist.

Zeuge Pet[ersen]:

Also wir haben zu keinem Zeitpunkt Herrn Müller die Zusage gemacht, daß seine Angaben nie verwendet werden oder nicht irgendwie weitergeleitet werden. Alle Aussagen ...

[13051] RA Schi[ly]:

Naja, vielleicht aber über den Zeitpunkt wann sie verwendet werden?

Zeuge Pet[ersen]:

Auch dort haben wir, in dieser Richtung haben wir keine Zusagen gemacht. Dies „vertraulich“, meine ich, hat also mehr eine Bedeutung für uns gehabt, um eben erst durch Ermittlungen festzustellen, ob diese Angaben zutreffen.

RA Schi[ly]:

Ja nun, ich meine, das ist doch eigentlich üblicherweise so, daß Sie, wenn Sie Angaben eines Zeugen oder eines Beschuldigten oder was, entgegennehmen, die so entgegennehmen, daß Sie dann später überprüfen. Das ist doch nicht, das kann man doch nicht als vertraulich bezeichnen. Was heißt denn hier, „vertrauliche Angaben“? Ist es so, daß auch z.B. bei, wenn diese Angaben zu Vorhalten gegenüber anderen Zeugen verwendet worden sind, man diese Angaben auch als diejenigen einer vertraulichen Quelle bezeichnet hat, z. B. gegenüber dem Zeugen Hoff? Ist Ihnen etwas darüber bekannt?

Zeuge Pet[ersen]:

Darüber ist mir nichts bekannt.

RA Schi[ly]:

Ja, was heißt nun hier „vertrauliche Angaben“, Herr Zeuge?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich habe ja eben schon ausgeführt, ich vermute, daß wir das niedergeschrieben haben, um vorerst, um diese Angaben zuerst nur einem begrenzten Kreis zugänglich zu machen.

RA Schi[ly]:

Wann ist denn überhaupt diese Anordnung getroffen worden, VS-vertraulich?

Zeuge Pet[ersen]:

Das Datum kann ich aus dem Kopf auch nicht sagen.

Es müßte an sich aus der, irgendwie aus der Akte hervorgehen. Ich kann es also so auch nicht angeben.

RA Schi[ly]:

Ist das eine schriftliche Anordnung gewesen, ja?

Zeuge Pet[ersen]:

Darüber habe ich keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Und dann vermutlich auch nicht zu der Frage, von wem diese Verfügung getroffen worden ist?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, dazu habe ich auch keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Dazu haben Sie auch keine Aussagegenehmigung.

Herr Zeuge, ich glaube, es ist bei Ihrer früheren Vernehmung auch schon einmal angesprochen worden, aber in einer vielleicht etwas anderen Form. Der Herr Müller hat einmal - das ist Bl. 101 der Akte 3 ARP - gesagt, er könnte derzeit keine Angaben über den Schußwechsel am 22.10.71 [13052] in Hamburg-Heegbarg machen, bei dem der Polizeibeamte Schmid[47] zu Tode gekommen sei. Hat Herr Müller dann zu diesem Vorfall zu irgendeinem anderen Zeitpunkt einmal Angaben gemacht, möglicherweise sogar erst im Jahre 1976?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß von solchen Angaben nichts. Ich muß aber betonen, daß ich ja nicht immer dabei war.

RA Schi[ly]:

Nein, das geht nur in Ihr eigenes Wissen oder um Ihr Wissen, was Sie vielleicht von Kollegen haben.

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß es nicht.

RA Schi[ly]:

Sie wissen darüber nichts.

Wissen Sie etwas darüber, ob die Schilderung von Herrn Müller, bezüglich einer angeblichen Ermordung von Ingeborg Barz, zu Ermittlungen geführt hat und gegebenenfalls gegen wen?

Zeuge Pet[ersen]:

Es ist ja allgemein bekannt, daß in Rheinwiesen gesucht wurde, das waren ja wohl Ermittlungen, da war ich auch dabei. Und gegen wen, gegen die vermutlichen Täter.

RA Schi[ly]:

Ja, und wer war das?

Zeuge Pet[ersen]:

Nach Angaben von Herrn Müller wohl Herr Baader in erster Linie.

RA Schi[ly]:

Ja, und ist da auch gegen Herrn Müller ermittelt worden wegen Mittäterschaft oder Beihilfe?

Zeuge Pet[ersen]:

Davon ist mir nichts bekannt.

RA Schi[ly]:

Ist Ihnen nichts bekannt.

Haben Sie vielleicht eine Anregung in der Richtung ausgesprochen, daß man das tun oder lassen sollte?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, habe ich nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich denn überhaupt Gedanken gemacht, in welcher Form nun Angaben von Herrn Müller zu weiterführenden Ermittlungen genutzt werden konnten oder war das nicht Ihre Aufgabe?

Zeuge Pet[ersen]:

Daß es direkt meine Aufgabe war, will ich nicht sagen, natürlich habe ich mir darüber Gedanken gemacht, das macht ja wohl jeder beteiligte Kriminalbeamte.

RA Schi[ly]:

Ja, dann frage ich Sie, haben Sie mal die Angaben von Herrn Müller daraufhin geprüft, bezüglich also der angeblichen Ermordung von Ingeborg Barz, ob ihm da nicht auch eine Tatbeteiligung, in welcher Form immer, zur Last gelegt werden könnte, mindestens in der Verdachtsform?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, für uns war das Nächstliegende, ja erstmal [13053] nach der Leiche zu suchen, um weitere Fakten herbeizubringen. Wir mußten ja erstmal versuchen die Tat aufzuklären.

RA Schi[ly]:

Ja. Sind denn die Angaben von Herrn Müller, die er insoweit gemacht hat, auch Bestandteil des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens geworden, also hat man entweder die Originale dieser Vernehmungen oder Kopien davon auch der Staatsanwaltschaft übersandt, die das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller führte?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich habe keine Aussagegenehmigung über die Weiterleitung der Akten.

RA Schi[ly]:

Waren Sie Sachbearbeiter in dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Müller?

Zeuge Pet[ersen]:

Meinen Sie damit konkret die Tat zum Nachteil Schmid?

RA Schi[ly]:

Nein, überhaupt in dem gesamten Strafverfahren.

Das waren ja wohl so Sprengstoffanschläge, [§ ]129[ StGB],[48] und auch die Ermordung des Polizeibeamten Schmid.

Zeuge Pet[ersen]:

Ich war also nicht Sachbearbeiter; ich weiß aber, daß z. B. die Sprengstoffdelikte auch gar nicht, von keiner Hamburger Dienststelle, daß die Akten nicht von der Hamburger Dienststelle geführt wurden.

RA Schi[ly]:

Ja, wer, haben Sie denn die Sache Schmid bearbeitet?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, habe ich auch nicht bearbeitet, aber ich habe da vermutlich mitgearbeitet.

RA Schi[ly]:

Mitgearbeitet?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, würde ich sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann auch, wissen Sie etwas über diese Schilderung, die der Herr Müller gegeben hat, des Banküberfalls in Ludwigshafen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich kann mich erinnern, daß er auch einen Banküberfall in Ludwigshafen geschildert hat.

RA Schi[ly]:

Kann man sagen, daß diese Schilderung mit einigen Details, also eine[vvv] detaillierte Schilderung war oder war das mehr so eine Schilderung, die so in groben Umrissen, diese Vorgänge dargestellt hat?

Zeuge Pet[ersen]:

Er hat also mehrere Banküberfälle geschildert. Ich kann also aus dem Kopf nicht genau[www] sagen, ob Ludwigshafen detailliert war.

RA Schi[ly]:

Ja, also nach den hier uns vorliegenden Unterlagen [13054] ist es einigermaßen detailliert, darüber kann man natürlich auch wiederum sich streiten, was detailliert ist und was nicht. Haben Sie ihn da mal gefragt, ob er selber an diesem Banküberfall teilgenommen hat?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, habe ich nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie nicht. Warum nicht?

Zeuge Pet[ersen]:

Warum nicht. Normalerweise frage ich nicht jeden Zeugen bei der Schilderung, ob er selbst der Täter ist oder da beteiligt war.

RA Schi[ly]:

Ja, aber vielleicht lag es nahe ihn zu fragen, ob er seine Kenntnisse vom Hörensagen hat oder vom, aus eigener Erkenntnis.

Zeuge Pet[ersen]:

Konkret in diesem Fall, kann ich das nicht mehr[xxx] sagen.

RA Schi[ly]:

Ist denn der Herr Müller als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen worden?

Zeuge Pet[ersen]:

Als Zeuge würde ich sagen; ja, als Zeuge.

RA Schi[ly]:

Würden Sie sagen. Ist das irgendwie erkennbar gemacht worden, auch an den schriftlichen Unterlagen, ob er als Beschuldigter oder als Zeuge vernommen wird?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich meine, zu mindestens bei den Vernehmungen ist er ja immer belehrt worden, er ist auch schon vorher belehrt worden, und er ist auch darauf hingewiesen worden, daß er zum Teil sich selbst belasten könnte. Das müßte in der Akte stehen.

RA Schi[ly]:

Also der Inhalt irgendeiner Belehrung steht in der Akte nicht.

Zeuge Pet[ersen]:

Auch nicht auf, meinetwegen Hinweise auf den § 55[StPO][49] oder so?

RA Schi[ly]:

Nein, nein.

Zeuge Pet[ersen]:

Steht nichts drin? Ich war bisher der festen Meinung, daß es drinsteht.

RA Schi[ly]:

Ja, ich weiß nicht, wie Sie auf diese Überzeugung kommen. Sagen Sie, in der Pause jetzt, haben Sie da mit Herrn Opitz gesprochen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Auch über den Inhalt der Vernehmung von ihm, heute vormittag?

Zeuge Pet[ersen]:

Über den Inhalt der Vernehmung, vielleicht einige Fragen angesprochen.

[13055] RA Schi[ly]:

Na welche denn?

Zeuge Pet[ersen]:

Die weiß ich im Moment gar nicht mehr.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich überlege jetzt gerade.

RA Schi[ly]:

Ja, ist ja nicht so lange her, da ist vielleicht das Gedächtnis ...

Zeuge Pet[ersen]:

Das ist schon richtig, aber so wichtig war es mir nicht.

RA Schi[ly]:

Naja, Gott ...

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß im Moment keine mehr.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß es im Moment gar nicht, was er mir ...

RA Schi[ly]:

Fällt Ihnen gar nichts mehr ein.

Ende Band 771

[13056] Zeuge Pe[tersen]:

Also auf jeden Fall haben wir konkrete Fragen nicht durchgesprochen.

RA Schi[ly]:

Nein, Sie erwähnten doch, daß bestimmte Fragen ...

Welche Fragen, die Herrn Opitz gestellt worden sind, haben Sie denn mit ihm besprochen?

Zeuge Pe[tersen]:

Also das hab ich eben nicht gesagt, welche Fragen ihm[yyy] gestellt worden sind.

RA Schi[ly]:

... so hatte ich Sie verstanden.

Zeuge Pe[tersen]:

Wir haben also irgendwie was Allgemeines dazu gesagt, aber ich kann also mich an konkrete Fragen nicht erinnern.

RA Schi[ly]:

Hm - obwohl das doch nur[zzz] gerademal ein, zwei Stunden her ist, Herr Zeuge.

Zeuge Pe[tersen]:

Da haben Sie recht.

RA Schi[ly]:

Ja und zu dem Überfall auf die Spar- und Leihkasse in Kiel - hat da Herr Müller etwas zu berichten gewußt?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja, hat er auch was zu erzählt.

RA Schi[ly]:

Und haben Sie ihn da mal gefragt, ob er da selber dabei war?

Zeuge Pe[tersen]:

Kann ich mich nicht erinnern, daß ich das gefragt hab.

RA Schi[ly]:

Und bei einem Banküberfall in Hannover[aaaa] - haben Sie ihn da mal gefragt?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß ich zu irgendeinem Zeitpunkt Herrn Müller gefragt habe, ob er an einer Straftat persönlich beteiligt war.

RA Schi[ly]:

Das ist grundsätzlich ausgeklammert worden, ja?

Zeuge Pe[tersen]:

Das will ich nicht sagen, daß das grundsätzlich ausgeklammert worden ist.

RA Schi[ly]:

Wie ist es denn bei den Sprengstoffanschlägen gewesen?

Hat man ihn da gefragt, ob er dabeigewesen sei?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich kann also nur sagen, daß ich ihn nicht gefragt hab ...

RA Schi[ly]:

Oder hat ihn Herr Opitz gefragt?

Zeuge Pe[tersen]:

Also das ist mir auch nicht in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Hm - tja -

Zeuge Pe[tersen]:

Dann würde das vermutlich auch irgendwie niedergeschrieben sein, wenn die Frage gestellt worden wäre.

[13057] RA Schi[ly]:

Naja - das ist immer so’ne Sache mit der Vollständigkeit der Unterlagen, die wir haben. Da tappen wir ein bißchen im Dunkeln - also jedenfalls die Verteidigung vielleicht tappen andere nicht so im Dunkeln; aber wir tappen ein bißchen im Dunkeln.

Herr Petersen, in dem Zusammenhang bei einem Banküberfall Hannover, da schildert der Herr Müller auch so plastisch einige Begebenheiten und sagt dann auch was darüber, wer da beteiligt gewesen sein soll; und dann sagt er: Es sei noch ein weiterer[bbbb] Angehöriger der „Roten Armee-Fraktion“ dabeigewesen, dessen Namen ihm nicht einfalle.

Haben Sie ihn dann vielleicht später mal gefragt, ob er jetzt einen besseren Einfall hat oder vielleicht ihm doch der Name einfällt?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich weiß also nicht, Hannover - Banküberfall in[cccc] Hannover?

RA Schi[ly]:

Ja ja, Hannover.

Zeuge Pe[tersen]:

Also wenn ich ihn später gefragt haben sollte, und er hätte darauf eine Antwort gegeben, hätte ich auch sicher einen Vermerk angelegt.

RA Schi[ly]:

Ja nun passen Sie mal auf, Herr Petersen: Wie gesagt, ich will das jetzt nicht wiederholen; wir wissen nicht, ob die Akten so vollständig sind, wie wir sie eigentlich benötigten. Vielleicht können Sie doch Ihr Gedächtnis bemühen.

Also er sagt hier

- auf Bl. 35 der Akte 3 ARP ist das:

„An dem Überfall waren Andreas Baader, Manfred Grashof,[50] Bernhard Braun[51] und ein weiterer Angehöriger der ‚Roten Armee- Fraktion‘, dessen Name mir nicht einfällt, beteiligt.“

Nun liegt es doch nahe, daß Sie ihn vielleicht dann[dddd] später mal fragen: Herr Müller, haben sie sich mal überlegt inzwischen - nicht wahr, so’n Banküberfall ist doch nicht so was, was man ganz vielleicht als Bagatelle behandelt; ich weiß es nicht -: Naja, wer könnte denn da noch dabeigewesen sein?

Haben Sie das mal gemacht?

Zeuge Pe[tersen]:

Also ich kann mich nur wiederholen: Ich weiß es nicht; [13058] und wenn ich es gemacht hätte und er hätte einen Namen genannt, dann hätte ich das schriftlich festgehalten.

RA Schi[ly]:

Oder bei anderen Gelegenheiten sagt er dann - glaube ich auch bei einem Banküberfall:

„... ein RAF-Mitglied, dessen Namen ich noch nicht nennen möchte.“

Haben Sie dann auch bei solchen Formulierungen später mal gefragt, wer ist denn damit gemeint?

Zeuge Pe[tersen]:

Also ich meine, diese Formulierung: „Ein anderes RAF-Mitglied, dessen Namen ich nicht nennen möchte“, die[eeee] Formulierung hat er häufig gebraucht, und nach meiner Erinnerung waren da - also das ist jetzt mein persönliche Meinung - hatte ich den[ffff] Eindruck, daß da nicht nur immer[gggg] eine Person mit gemeint ist.

RA Schi[ly]:

Na, das hat er ja dann manchmal doch ...

Ach, Sie meinen, das war nicht immer dieselbe, die er da ...

Zeuge Pe[tersen]:

Den Eindruck hatte ich, ja.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie denn den Eindruck, daß seine Schilderung des Banküberfalls in Ludwigshafen so war, daß man schließen konnte, daß er das aus eigenem Erleben kennt, so daß man also vielleicht den Verdacht haben konnte, der Herr Müller war an diesem Banküberfall selbst beteiligt?

Zeuge Pe[tersen]:

Speziell zur Bank Ludwigshafen - ich muß hier sagen, weil ich die einzelnen Banküberfälle nicht so genau im Kopfe habe: Bei einigen Banküberfällen konnte man das Gefühl haben, daß er sehr gut Bescheid wußte.

RA Schi[ly]:

Und bei den Sprengstoffanschlägen in Frankfurt und Heidelberg - welchen Eindruck hatten Sie denn da in der Richtung?

Zeuge Pe[tersen]:

Da würde ich eher sagen, da hatte ich nicht den Eindruck.

RA Schi[ly]:

Hat er denn da eigentlich die volle Personenbesetzung, die nach seiner Meinung dabei war, geschildert, oder hat er da auch einiges sozusagen verdeckt gelassen?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja - ich muß unter Vorbehalt sagen: Ich glaube, er hat da auch einige weggelassen. Ich meine, diese Formulierung ist ziemlich häufig gekommen, daß es gar nicht immer[hhhh] eine Person gewesen sein kann.

[13059] RA Schi[ly]:

Waren Sie dann eigentlich ... Sie waren doch auch - und das wäre die Wiederholungsfrage, die sofort von Herrn B. Anw. Zeis gerügt wurde - Sie waren ja, das darf ich Ihnen zunächst einmal vorhalten, doch zugegen auch bei Vernehmungen des Herrn Müller ab 31. März, Herr Petersen, nicht?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja.

RA Schi[ly]:

An welcher Vernehmung haben Sie in diesem Rahmen zuletzt teilgenommen?

Zeuge Pe[tersen]:

Oh, da muß ich die Akte sehen - das kann ich aus dem Kopf nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Können Sie den Monat vielleicht angeben?

Zeuge Pe[tersen]:

Auch den Monat kann ich nicht angeben.

RA Schi[ly]:

Liegt das länger als ein Vierteljahr zurück oder ist es noch ...?

Zeuge Pe[tersen]:

Also länger als ein Vierteljahr liegt’s zurück - aber sonst kann ich nichts sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann eigentlich da Vorgespräche mit den Herren Freimuth und Habekost usw. geführt über die Durchführung der Vernehmung?

Zeuge Pe[tersen]:

Wir haben Gespräche geführt, aber über die Durchführung der Vernehmung hatten die Herrn schon selbst eigene Vorstellungen.

RA Schi[ly]:

Ja, das kann ich mir vorstellen. Aber Vorgespräche sind geführt worden, ja?

Zeuge Pe[tersen]:

Also wir haben uns unterhalten.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da die Herren unterrichtet über das, was Sie bisher vielleicht anhand Ihrer Unterlagen ... über das, was Sie bisher von Herrn Müller erfahren hatten?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich würde sagen: Es könnte sein in Ausnahmefällen - aber nicht umfassend.

RA Schi[ly]:

Lagen denn dann bei der Vernehmung diese Unterlagen vor, die Sie angefertigt hatten?

Zeuge Pe[tersen]:

Also mir lagen keine vor; ich habe auch keine gesehen.

RA Schi[ly]:

Wie?[iiii] Ihnen nicht, aber den Herren Habekost und Freimuth vielleicht. -

Zeuge Pe[tersen]:

Ich weiß es eben nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn den Herrn mal früher diese Unterlagen zugänglich gemacht?

[13060] Zeuge Pe[tersen]:

Also ich persönlich habe diesen Herrn diese Unterlagen nie zugänglich gemacht.

RA Schi[ly]:

Ja, also persönlich, daß Sie’s vielleicht nicht persönlich ausgehändigt haben, aber ... -

Zeuge Pe[tersen]:

Ich habe keine Aussagegenehmigung über den Fluß der Akten.

Ich kann jetzt auch keine Vermutung anstellen, ob diese Herrn irgendwie Einblick bekommen haben.

RA Schi[ly]:

Ja ich weiß eigentlich nicht: Wenn die Aussagegenehmigung auch Durchführung weiterer Ermittlungen umfaßt, dann müßte doch eigentlich auch umfaßt sein, in welche Ermittlungsakten die Unterlagen eingegangen sind? Ich bitte, vielleicht doch darüber mal eine Meinungsäußerung herbeizuführen, denn das könnte eigentlich doch[jjjj] davon umfaßt sein, wenn ich das richtig gehört habe heute vormittag, inwieweit also ... -

RA Dr.[kkkk] Holoch verläßt um 15.11 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Also die wörtliche Formulierung in der Aussagegenehmigung lautet:

„... über das Ergebnis der dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen ...“.

Mir persönlich - da mache ich keinen Hehl - ist es immer lieb, wenn die Zeugen ihre Aussagegenehmigung großzügig handhaben, denn es führt ja sonst unter Umständen zu Wiederholungen, die man vermeiden kann. Sie müssen’s selbst beurteilen können.

Soweit ich Sie verstanden habe, sagten Sie: Ich kann ja keine Vermutungen anstellen.

Wenn das besagen soll, daß Sie zu diesem Thema nun wirklich nichts sagen können, dann wäre das natürlich eine Antwort, die vielleicht dem Fragesteller genügen würde. Dann wär’s gar nicht notwendig, sich großartig auf die Aussagegenehmigung zu berufen.

Aber ich muß es Ihnen überlassen. Sie müssen’s selbst wissen. Also grundsätzlich nach dem Text scheint es nicht unmittelbar die Frage zu decken, was hier genehmigt ist.

[13061] Aber in den weiteren Rahmen - Ergebnis der angestellten Ermittlungen - könnte man’s unter Umständen unterbringen.

Zeuge Pe[tersen]:

Dürfte ich dann nochmals um die Frage bitten?

RA Schi[ly]:

Ja. Ob den Herren Habekost und Freimuth die Unterlagen, die Sie angefertigt haben über Vernehmung und Gespräche mit Herrn Müller zugänglich gemacht worden sind?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich kann also nur wiederholen meine Vermutung: Herr Habekost und Herr Freimuth gehören dem BKA an. Ich weiß nicht, in welche Akten die dort Einblick bekommen.

RA Schi[ly]:

Sie haben da keine Kenntnisse, allenfalls Vermutungen. Haben Sie denn aus Ihren Gesprächen mit den Herren Habekost und Freimuth Anhaltspunkte dafür gewonnen, daß diese Unterlagen Ihnen vorgelegen haben? Also mit anderen Worten: Hatten Sie den Eindruck, daß den Herrn alles das, was also jetzt sich aus diesen Unterlagen ergab, für die beiden Kollegen vollkommen brandneu war oder ...?

Zeuge Pe[tersen]:

Eindruck - ob ich den Eindruck hatte? - Also ich hatte nicht den Eindruck, daß alles brandneu war; aber ich kann auch nicht sagen, ob die alle Unterlagen eingesehen haben, vielleicht nen Teilbereich[llll] davon.

RA Schi[ly]:

Ja ich nehme leider an, daß ich auch hier bei dem Herrn Petersen an den Rand komme und da immer nur anstoße an die Aussagegenehmigung. Also ich breche das auch bei Herrn Petersen ab und werde also abwarten, ob die Aussagegenehmigung erweitert wird oder nicht; denn es hat ja keinen Zweck, da in so ein Gerangel einzutreten.

Vors.:

Nur noch[mmmm] in Ergänzung dessen:

Sie hatten ja wohl gefragt, ob Herr Müller gem. § 55 StPO mal belehrt worden sei. Es liegt hier ein Protokoll vor

- Bl. 27 dieser Akten 3 ARP - ...

RA Schi[ly]:

Ja, da steht was von Rechtsbelehrung.

Vors.:

Ja eben.

Ist Ihnen das gegenwärtig gewesen?

[13062] RA Schi[ly]:

Ja, das war mir gegenwärtig - ich[nnnn] sagte ja:

Inhaltlich ist nirgendwo zu sehen ... Hier steht was:

„Nach eingehender Vorbesprechung und Rechtsbelehrung ...“.

Vors.:

Ja, das wäre eben die Frage, was darunter zu verstehen ist:

Belehrung über die Rechte, die er als was hat: als Beschuldigter, als Zeuge und wenn ...

RA Schi[ly]:

Es steht ja nirgendwo als Zeuge ...

Vors.:

Können Sie das näher erläutern?

Also es heißt hier in

Bl. 27 in dem Vermerk vom 22.4.:

„Herr Müller vorgeführt. Nach eingehender Vorbesprechung und Rechtsbelehrung erklärt Herr Müller folgendes:“

- dann kommt ein Protokoll mit Unterschrift von Ihnen.

Was ist unter dem Begriff „Rechtsbelehrung“, soweit Sie sich erinnern können, zu verstehen?

Zeuge Pe[tersen]:

Das ist das, was ich vorhin gemeint habe: Ich habe ihn[oooo] drauf hingewiesen, daß er Aussagen, wo er sich selbst belastet, natürlich nicht machen braucht. Er brauche auch praktisch gar keine Angaben machen - auch als Zeuge nicht; und das habe ich damit gemeint.

Vors.:

Also das wäre zumindest auch - ob er als Zeuge Angaben machen muß oder nicht,[52] ist ’ne andere Frage -, aber daß Sie ihn belehrt[pppp] haben, daß er sich nicht selbst belasten müsse.

Zeuge Pe[tersen]:

... genau dort, wo er sich selbst belastet, daß er das auf jeden Fall nicht ...

Vors.:

Das wäre also doch der § 55 StPO dann.

Zeuge Pe[tersen]:

Ja, den habe ich gemeint.

RA Schi[ly]:

Naja - es steht aber hier:

„Es wurde der Untersuchungsgefangene vorgeführt“,

und es steht auch nichts über den Inhalt der Vorbesprechung, eingehende Vorbesprechung. Es steht nichts darüber, ob [13063] Herr Müller als Zeuge oder als Beschuldigter vernommen wird.

Das ist äußerst eigentümlich, wie hier vorgegangen worden ist.

Aber das ist ’ne Frage der Erklärung nach § 257 StPO.[53]

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Schi[ly]:

Zur Zeit nicht.

Vors.:

Seh ich ringsherum nicht.

Herr Petersen, wenn Sie die Richtigkeit der soeben gemachten Aussagen versichern unter Bezugnahme auf den früher geleisteten Eid, dann gilt das als neue Vereidigung. Geben Sie diese Versicherung ab?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja, die gebe ich ab.

Der Zeuge Petersen versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allgemeinen Einverständnis um 15.16 Uhr entlassen.

Der Zeuge KHK Opitz wird um 15.16 Uhr endgültig entlassen.

[13064] Vors:

Sind noch Anträge zu stellen?

RA Schi[ly]:

Ja ich bin ja gefragt worden in der vergangenen Woche wegen dieses Antrages ...

Vors.:

... Dr. Krone.

RA Schi[ly]:

... ja, Dr. Krone - nachdem diese Erklärung heute von dem Polizeibeamten ... nehme ich den Antrag bezüglich Dr. Krone, der inhaltlich nichts anderes sein kann, zurück.

Dann bin ich in der vergangenen Woche gefragt worden hinsichtlich des Zeugen Kleinwort - des Polizeibeamten. Ich habe Anlaß, die Angaben, die in diesem Fernschreiben niedergelegt sind, in Zweifel zu ziehen. Da wird nämlich nur etwas von einer Fernschreibkorrespondenz erwähnt. Nach meinen Informationen war der Herr Kleinwort auch an anderen Ermittlungen in Form[qqqq] von Vernehmungen beteiligt. Ich weiß nicht, inwieweit aus den ... vielleicht, daß ihm da ein Irrtum unterlaufen ist, vielleicht ein Gedächtnisfehler. Insofern kann ich also auf die Vernehmung von Herrn Kleinwort nicht verzichten. Allerdings ergibt sich zusätzlich noch ein Gesichtspunkt, daß wohl dieses Ermittlungsverfahren selbst - das habe ich also nochmals festgestellt - von hier ausgeführt worden ist, ich glaube von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Und ich benenne zu dem gleichen Beweisthema, zu dem der Herr Kleinwort benannt worden ist,

den Herrn Staatsanwalt Pfiszter

von der Staatsanwaltschaft bei dem LG Stuttgart.

Vors.:

Da ist er nicht mehr, soviel ich weiß.

RA Schi[ly]:

Ja, das ist ein Internum, die ich nicht kenne; aber damals war er jedenfalls Staatsanwalt.

Vors.:

Nun ist es so, Herr RA Schily: Sie hatten ja den Antrag Kleinwort zurückgenommen; der müßte also jetzt nochmals förmlich neu gestellt werden - natürlich würde wohl genügen, wenn Sie sagen: Ich wiederhole ...

RA Schi[ly]:

Ich wiederhole den Antrag - der liegt ja wohl schriftlich vor,

Vors.:

Ja.

RA Weidenhammer erscheint um 15.18 Uhr im Sitzungssaal.

[13065] RA Schily:

und benenne zusätzlich zu dem gleichen Beweisthema

den Herrn Staatsanwalt Pfiszter

- und hab dann noch weitere Anträge zu stellen:

Ich stelle noch den Antrag,

die Ermittlungsakten aus dem Strafverfahren gegen Gerhard Müller beizuziehen.

Aus den Akten wird sich ergeben, daß sämtliche in der Akte 3 ARP 74/75 I niedergelegten Ermittlungsergebnisse nicht Bestandteil der Ermittlungsakten gegen Müller geworden sind und nicht zum Gegenstand weiterführender Ermittlungen gegen den Zeugen Gerhard Müller geworden sind.

Ferner beantrage ich,

die weiteren Vernehmungsprotokolle über Vernehmungen des Zeugen Gerhard Müller aus der Akte 1 B Js 7/76 beizuziehen.

Von mehreren Zeugen ist hier erklärt worden, daß die Vernehmungen noch nicht abgeschlossen sind; und ich halte es für die Sachaufklärung für erforderlich, daß diese Akten beigezogen werden, und zwar ist das, wie sicherlich die B. Anwaltschaft hier sehr[rrrr] schnell erwidern wird - und da würde ich mich gar nicht davon unterscheiden - ein Beweisermittlungsantrag; aber die sind bekanntlich auch zulässig.[54] Und ich halte es für notwendig, nachdem wir gehört haben und auch durch Vorlage von Protokollen es bestätigt erhalten haben, daß ja grade in diesen Vernehmungen häufig auch die Namen der hiesigen Angeklagten vorkommen, halte ich es für notwendig, daß wir den gesamten Umfang dessen kennenlernen, was der Herr Müller dort zu Protokoll gibt.

Und schließlich beantrage ich noch

den Herrn Bundesrichter Zipfel zu vernehmen.

Der Zeuge wird bekunden, daß der Zeuge Rolf Jürgen Mauer am 9.4.1974 zu richterlichem Protokoll erklärt hat, er habe am 21. Januar 1974 in Frankfurt ... er sei am 21. Januar 1974 in Frankfurt mit Ingeborg Barz zusammengetroffen.

[13066] Vors.:

Das waren Ihre Anträge.

Jetzt hat Herr RA Weidenhammer einen Antrag angekündigt.

Bitte.

RA Schi[ly]:

Dann darf ich ...

Vors.:

Bitte sehr.

RA Schi[ly]:

Ich darf nur eben ankündigen - das habe ich ja wohl schon getan -, daß ich natürlich mich um diese Erweiterung der Aussagegenehmigung betr. Petersen und Opitz bemühen werde, und falls ich die erhalten sollte, dann würde ich eben nochmals erneut die beiden Zeugen zu der kommenden Woche laden.

Vors.:

Ich würde dann gleich bitten, den kommenden Dienstag ins Auge zu fassen; denn den sehen wir als den nächsten Sitzungstag vor. Herr RA Weidenhammer, bitte schön.

RA Wei[denhammer]:

Der Antrag befindet sich bereits bei dem Protokoll.

RA Weidenhammer verliest nunmehr den in der Mittagspause dem Gericht übergebenen Antrag, der als Anl. 5 dem Protokoll beigefügt wird.

Ich habe noch eine Erklärung abzugeben:

Der Erlaß und die Aufrechterhaltung der sog. „Hosenladenverfügung“ ...

Vors.:

Die gibt’s nicht; ich kenne keine solche Verfügung.

Ich würde aber bitten, jetzt wollen wir zunächst mal die Beweisanträge hier in der Form erörtern, daß ich die Prozeßbeteiligten ...

RA Wei[denhammer]:

Herr Vorsitzender - Entschuldigung.

Vors.:

Die Erklärung wird ja dann gleich abgegeben werden können, wenn Sie dann zur Sache in der Hauptverhandlung dient.

RA Wei[denhammer]:

Danke. Ja.

Vors.:

Darf ich fragen: Will jemand zu den gestellten Beweisanträgen Stellung nehmen?

BA Dr. Wu[nder]:

Im Augenblick nicht.

Vors.:

Sollen weitere Anträge gestellt werden?

Ich sehe auch nicht.

Jetzt, Herr RA Weidenhammer.

Also bitte: Diese Verfügung - wir können zwar erkennen, was darunter gemeint ist -, aber eine sog. „Hosenladenverfügung“ ist dem Gericht unbekannt.

[13067] RA Wei[denhammer]:

Diese Verfügung ist für mich Anlaß, den Herrn Senatsvorsitzenden erneut auf Art. 1 des GG ... an Art. 1 des GG zu erinnern. Dieser lautet:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Hier begeht die Staatsgewalt mit Billigung des Senatsvorsitzenden eine obszöne Unterwerfungsgeste, die mir schon aus standesrechtlichen Gesichtspunkten unzumutbar ist.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, ich bitte ums Wort.

Vors.:

Bitte sehr, Herr B. Anw. Zeis.

OStA Zeis:

Ich beanstande die Entgegennahme dieser Erklärung. Sie dient offensichtlich nur polemischen Zwecken; ist[ssss] im übrigen durch keinerlei Vorschrift der StPO gedeckt. Hier ist kein Raum für eine Erklärung nach § 257 StPO.[55]

Im übrigen könnte Herr RA Weidenhammer, wenn er unbedingt eine solche Erklärung loswerden will, die außerhalb der Hauptverhandlung abgeben.

Vors.:

Sie haben in allen Teilen, die Sie sagen, an sich recht. Nur ist es so: Ich erkenne noch nicht, was aus dem ganzen werden soll. Wenn diese Erklärung [tttt] in der Tat nichts anderes darstellen sollte als das, was die B. Anwaltschaft annimmt, nämlich polemische Äußerung hier der Öffentlichkeit bekanntzugeben ...

RA Wei[denhammer]:

Herr Vor...

Vors.:

... Herr RA Weidenhammer. Was ist das Ziel?

RA Wei[denhammer]:

Es ist eine Erklärung, die mein künftiges Prozeßverhalten zum Ausdruck bringt, und ich bitte, mich doch den letzten Satz noch vorlesen zu lassen.

Vors.:

Also ich darf Sie drauf hinweisen, daß diese Erklärung natürlich nicht in der Hauptverhandlung vorgetragen werden muß[56] - sie ist offensichtlich mit keinem Antrag verknüpft, das war bisher nicht erkennbar. Die Ausführungen selbst, die Formulierungen sind so, daß man in der Tat befürchten muß, es handle sich um Polemik. Es geht hier um diese „obszönen Unterwerfungsmaßnahmen[uuuu]“ oder -gesten, was Sie hier ausführen. Vielleicht ist es sogar in Ihrem eigenen Interesse, Herr RA Weidenhammer, wenn Sie diese Erklärung nicht weiter in dieser Form vortragen. Aber bitte, [13068][57] [13069] ist es noch ’ne lange Erklärung?

RA Wei[denhammer]:

Es handelt sich um einen einzigen Satz.

Vors.:

Also, den dürfen Sie noch hinzufügen.

RA Wei[denhammer]:

Die dadurch bewirkte Isolation des Gefangenen Raspe von seinem Verteidiger, die Verunmöglichung notwendiger Besprechungsmöglichkeiten in der Vollzugsanstalt sind für mich Anlaß, der Hauptverhandlung - von unverzichtbaren Prozeßhandlungen abgesehen - bis auf Weiteres fernzubleiben.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich möchte auch in diesem Zusammenhang eine Erklärung abgeben und einen Antrag zu Protokoll geben.

Ich stelle den Antrag,

die Hauptverhandlung zu unterbrechen,

1. und

2. dafür Sorge zu tragen, daß die Verteidiger unter zumutbaren Bedingungen Gelegenheit haben, ihre Mandanten in der Vollzugsanstalt zu Gesprächen aufzusuchen.

Es sind hier über diese Vorgänge schon sehr viele Worte gewechselt worden. Ich erkläre hiermit noch einmal nachdrücklich, daß ich unter keinen Umständen bereit bin - das habe ich innerhalb und außerhalb der Hauptverhandlung hier erklärt - mich solchen entwürdigenden und demütigenden Prozeduren zu unterwerfen. Das geht aber nicht in erster Linie um diese Prozeduren, sondern es geht dann um die Konsequenz, die sich daraus ergibt, daß nämlich ein Gespräch zwischen Untersuchungsgefangenem und Verteidiger nur noch an den Tagen und in der beschränkten Zeit stattfinden kann, an denen die Hauptverhandlung hier terminiert ist. Das ist mit Sicherheit für ein Verfahrensstadium, in dem wir uns jetzt befinden, nämlich mit einer absehbaren, nach meinen subjektiven Einschätzungen absehbaren Ende der Beweisaufnahme ein besonders gravierender Einschnitt; und für mich wird sich auch die Frage stellen in gleicher Weise, wie für die anderen Verteidiger, ob es dann noch überhaupt möglich ist, an der Hauptverhandlung weiter mitzuwirken; denn wenn sich hier ergeben sollte, daß sich Gespräche, z. B. einfach nur zur Illustration, zur Vorbereitung von Schlußvorträgen oder [13070] vielleicht auch Beweisanträgen in anderer Form als Hauptbeweisanträgen, daß ich solche Gespräche nicht mehr führen kann. Dann wüßte ich nicht mehr, wie ich hier noch mit diesem letzten Restchen an Verteidigungsmöglichkeiten überhaupt noch zurechtkommen soll. Wir haben in diesem Verfahren solche vielen und drastischen Beschränkungen der Verteidigung erfahren müssen, daß wir irgendwo dann doch schon die Grenze sehen[vvvv] müssen, und dann muß man eben die Konsequenz daraus ziehen. Das sage ich hier mit allem Ernst und mit aller Nüchternheit, [wwww] um mir nicht den Vorwurf der Polemik zuzuziehen.

Im übrigen: Wenn man im Glashaus sitzt, Herr Zeis, sollte man mit solchen Dingen doch recht vorsichtig sein und grade mit solchen Steinchen nicht um sich werfen. Also was Sie an Darbietungen in Polemik hier in diesem Saale geboten haben, das ist bisher noch unübertroffen. Also das nur als kleine Fußnote noch zu der Polemik.

Ich darf das also mit allem Nachdruck hier sagen; und welche Konsequenzen sich dann für das weitere Verfahren ergeben, das überlasse ich der Vorstellungskraft jedes Prozeßbeteiligten.

Vors.:

Eine Äußerung gewünscht, Herr B. Anw. Dr. Wunder?

BA Dr. Wu[nder]:

An sich nur eine Frage, wenn ich sie direkt stellen darf:

Herr RA Schily, wie stehen Sie denn zu der vom Herrn Vorsitzenden heute angedeuteten Lösungsmöglichkeit, nämlich: bei einem Besuch in der Haftanstalt auszuschließen, daß die Angeklagten immer wieder, und wie wir heute früh gehört haben, bis zu fünfzehnmal in ihre Zellen zurückgehen, daß es dann bei einer Besprechung in einem Raum auch bleibt?

Vors.:

Darf ich dazu vielleicht sagen - wir hatten ja heute früh ein bißchen die Zeit ...

RA Schi[ly]:

Ich habe keinen Einfluß darauf ...

Vors.:

Herr RA Schily, darf ich ganz kurz dazu erwidern.

Sie haben ja heute früh mit mir zusammen auf das Gespräch gewartet - ich habe das mit Herrn RA Schily nochmals besprochen. Er selbst steht auf dem Standpunkt, daß er keinen Einfluß darauf habe.

(Zu RA Schily)[xxxx] Aber ich darf Sie vielleicht um folgendes bitten:

[13071] Ich stelle zunächst mit demselben Ernst und der Nüchternheit fest, daß es die Pflicht der Pflichtverteidiger ist, während der Hauptverhandlung anwesend zu sein.[58] Die Gesichtspunkte, die geltend gemacht werden, daß sie wegen dieser Maßnahmen gehindert wären, hat das Gericht bereits als rechtlich nicht stichhaltig gesehen. Beschränkungen der Verteidigung, die hier behauptet werden, sind allenfalls Maßnahmen, die sich aus rechtlichen Notwendigkeiten ergeben haben - sonst sehe ich keine.

Aber ich stehe nach wie vor zu dem Vorschlag, den auch Herr B. Anw. Dr. Wunder eben nochmals angeschnitten hat: Ich warte jetzt auf die Erklärung der Herrn Verteidiger, daß sie mit ihren Mandanten - hier ist im Hause Gelegenheit ohne irgendwelche Schwierigkeiten - das besprechen. Sobald ich die Nachricht bekomme, daß die Gespräche in der normalen Form durchgeführt werden, daß sich nämlich Anwalt und Mandant trifft, in dem Zimmer bleibt, bis die Besprechung zu Ende ist - mit den notwendigen Unterlagen - und dann ein einmaliger Rücktransport erforderlich ist, dann kann man mit der Haftanstalt sicherlich einen Modus finden, der die Untersuchung in[yyyy] der gegenwärtig beanstandeten - von Ihnen beanstandeten - Form vielleicht überflüssig macht.

Ich bitte also hier um eine entsprechende Erklärung der Verteidiger. Sie sind jetzt im Augenblick aufgerufen[zzzz], die Erklärung abzugeben; dann kann das Gericht weitere Schritte tun. Wir haben nun noch Beschlüsse bekanntzugeben.

Zunächst möchte ich auf folgendes hinweisen, daß Herr Jünschke dem Gericht geschrieben hat, eine Darstellung unter dem 5.12.76 gegeben hat, wie es zu seinem letzten Zusammentreffen mit Ingeborg Barz gekommen ist am 6. Juli 1972. Er schildert den Hergang im einzelnen, und das Schreiben trägt offensichtlich auch seine Unterschrift. Wenn die Herren Prozeßbeteiligten dieses Schreiben einsehen wollen, dann liegt es zur Einsicht auf der Geschäftsstelle bereit.

Eine Ablichtung dieses Schreibens wird als Anl. 6 zu Protokoll gegeben.

[13072] RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, wäre es eine Möglichkeit, eine Kopie davon zu erhalten?

Vors.:

Die Möglichkeit ist sicher gegeben - das ist kein Problem.

Wir wollen jetzt eine Pause von zehn Minuten machen, um dann noch die paar Beschlüsse zu verkünden. Wir müssen uns nur gerade noch über einen Beschluß unterhalten.

Ich bitte also, in zehn Minuten wieder anwesend zu sein.

Pause von 15.33 Uhr bis 15.44 Uhr.

In dieser Pause wird den anwesenden Verteidigern je eine Ablichtung des Schreibens von Klaus Jünschke vom 5.12.1976 (siehe Anl. 6) zu Protokoll gegeben.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung ist Rechtsanwalt Weidenhammer nicht mehr anwesend.

Vors.:

So es sind nunmehr noch folgende Beschlüsse des Senats bekanntzugeben.

1. Der von RA Schily gestellte Antrag, Herrn KOK Burkart (erneut) als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

Gründe:

Herr Burkart ist am 11.2.1976 als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen worden. Hierbei wurde die Frage, ob er an den Ermittlungen wegen des Anschlags vom 24.5.72 auf das US-Hauptquartier in Heidelberg beteiligt war (Abs. 1 des Antrags), erörtert; der Zeuge hat sie bejaht.

Absatz 2 des Antrags geht - in Übereinstimmung mit der Anklage - offenbar davon aus, die Sprengungen an beiden Tatorten seien vom gleichen Täter oder von den gleichen Tätern oder jedenfalls in gegenseitiger Absprache herbeigeführt worden; hierüber wird gegebenenfalls noch zu befinden sein.

Auch zu den Funktionen der beiden Tatorte wurde Herr Burkart am 11.2.76 vernommen; der Antragsteller selbst hat ihn dazu befragt. In der Tat mußten Erkundigungen danach, ob die Wahl [13073-13074][59] [13075] der Tatorte Kenntnisse des Täters oder der Täter über funktionelle Zusammenhänge erkennen ließ, damit beginnen, ob der Zeuge selbst solche Kenntnisse hat; denn ohne sie konnte er keine diesbezüglichen Schlüsse ziehen. Daß die Befragung kein besonderes Wissen des Zeugen zutage förderte, ändert nichts daran, daß er zu dem Thema vernommen ist.

Die deshalb allein zu prüfende Frage, ob § 244 Abs. 2 StPO[60] die nochmalige Ladung des Zeugen gebietet, ist sowohl hinsichtlich Abs. 1 als auch hinsichtlich Abs. 2 des Antrags zu verneinen; es besteht kein Anhalt dafür, eine nochmalige Vernehmung werde zusätzliche Erkenntnisse bringen.

Ob Angaben darüber, welche Kenntnisse bei welchen Personen „anzunehmen waren“ (Abs. 3 des Antrags), Tatsachen sein können, die einer Zeugenaussage zugänglich sind, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob im Hinblick auf die oben zu Abs. 2 getroffene Feststellung, daß das Beweisthema schon erörtert sei, Abs. 3 überhaupt noch eigene Geltung beanspruchen kann. Denn jedenfalls ist Herr Burkhart für die hier aufgestellte Behauptung ein völlig ungeeignetes Beweismittel (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Selbst wenn er über die in Abs. 2 genannten Erkenntnisse verfügte, könnte er die Frage nicht beantworten, weil die Zahl derer, die mittelbar (also durch Unterrichtung seitens der Beschäftigten oder ehemals Beschäftigten) in den Besitz der funktionellen Kenntnisse gelangt sein können, nicht zu begrenzen und von Herrn Burkart nicht zu überschauen ist.

Vors.:

Sodann der weitere Beschluß:

Der von Rechtsanwalt Schily gestellte Antrag, Herrn Oberstaatsanwalt Dr. Bell als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

Gründe:

Soweit Dr. Bell bekunden soll, es sei nach dem ihm bekannten Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und der gerichtlichen Beweisaufnahme auszuschließen, daß Frau Roll an dem Banküberfall vom 22.12.71 teilgenommen hat, soll er persönliche Wertungen und Meinungen von sich geben, nicht [13076] aber - wie es allein Aufgabe des Zeugen ist - Tatsachen bekunden. Deshalb liegt insoweit kein Beweisantrag vor.

Die allenfalls übrigbleibende innere Tatsache[61] - wie Dr. Bell bei sich die Beweise würdigt - ist für das anhängige Verfahren ohne Bedeutung.

Sollte der Antrag dahin zu deuten sein, Dr. Bell solle zunächst alle Ermittlungs- und Beweisergebnisse darstellen, die nach seiner Auffassung für die Frage, ob Frau Roll am Banküberfall teilnahm, bedeutsam seien, so würde auch das dazu führen, keinen Beweisantrag, sondern eine Beweisanregung[62] in dem gestellten Antrag zu sehen. Der Senat könnte mit dem, was ihm Dr. Bell als nach seiner Meinung bedeutsam vermitteln würde, unmittelbar nichts anfangen, sondern aus solchen Angaben allenfalls Anhaltspunkte dafür gewinnen, welche sonstigen Beweise mit einiger Aussicht auf Erfolg erhoben werden könnten. Zu diesem Zweck Dr. Bell zu laden, sieht der Senat auch im Hinblick auf die Pflicht zu umfassender Aufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) keinen Anlaß. Im hier anhängigen Verfahren war der Banküberfall in Kaiserslautern bisher nicht Gegenstand der Beweisaufnahme; die Bundesanwaltschaft hat insoweit Antrag nach §§ 154, 154a StPO[63] gestellt. Ob Frau Roll an dem Überfall beteiligt war, spielt nur im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen Gerhard Müller eine Rolle, der nach seiner Bekundung nicht eigene Beobachtung, sondern angeblich von Frau Roll ihm Erzähltes wiedergegeben hat. Mehrere Augenzeugen des Überfalls sind aus diesem Grunde schon vernommen worden.

Vors.:

Dann der Beschluß:

Der von RA Schily gestellte Antrag, Herrn Hans Weis als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

Gründe:

Die in das Wissen des Zeugen gestellte Behauptung wird so behandelt, als wäre die behauptete Tatsache wahr (§ 244 III 2 StPO).[64]

Vors.:

Dann der Beschluß:

Der von RA Schily gestellte Antrag, Herrn Robert Pelz als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

[13077] Gründe:

Auch aus der Sicht des Antragstellers kann der Antrag für das anhängige Verfahren wohl nur dann wesentlich sein, wenn zum einen davon ausgegangen wird, für den Anschlag in Heidelberg sei die „Rote-Armee-Fraktion“ strafrechtlich verantwortlich, und zum andern, Frau Ensslin habe zu dieser Vereinigung gehört oder sie jedenfalls unterstützt; über beide Fragen ist erst noch zu befinden. Trotzdem kann der Antrag gestellt werden.

Doch ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3, Satz 2 StPO), ob die „Rote-Armee-Fraktion“ über die militärische Bedeutung der im US-Hauptquartier Heidelberg[65] möglicherweise installierten Computer-Anlagen Informationen erhalten hat, und wenn ja, ob das durch Angehörige der „Black Panter“-Bewegung[66] geschehen ist. Der Antragsteller will hier möglicherweise, wie schon an anderer Stelle im Verfahren (vgl. insbesondere die Anträge TN 9379 ff.), Grundlagen für die Rechtsauffassung schaffen, der Anschlag in Heidelberg sei aus rechtlicher, insbesondere völkerrechtlicher Sicht durch ein den Attentätern zustehendes Widerstands- und Nothilferecht gerechtfertigt.[67] Der Senat hat schon in früheren Beschlüssen (TN 9864, 10137, 10152) ausgeführt, daß ein Nothilfe- oder Widerstandsrecht, das solche Anschläge rechtfertigt hätte, nicht bestand; hieran hält er fest.

Vors.:

Ferner der Beschluß:

Der von RA Künzel gestellte Antrag, den Zeugen Gerhard Müller erneut zu hören, wird abgelehnt.

Gründe:

Rechtsanwalt Künzel beantragt, Gerhard Müller bei einer neuen Vernehmung zu den Fragen zu hören, auf die er bei seiner früheren Vernehmung gem. § 55 StPO die Auskunft verweigert hat. Der Antragsteller zählt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - einige dieser Fragen auf. Das vom Landgericht Hamburg am [13078] 16.3.76 gegen Gerhard Müller verkündete Urteil ist am 10.9.1976 rechtskräftig geworden; deshalb - so der Antragsteller - könne Gerhard Müller nicht mehr auf § 55 StPO zurückgreifen.[68]

Der Antrag ist kein Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO, denn es kommt dem Antragsteller nicht auf bestimmte Tatsachen an, die bewiesen werden sollen, sondern er hat vielmehr allgemein die „Aufklärung des Sachverhalts“ im Auge und meint, die Beantwortung dieser früher offengelassenen Fragen sei hierfür - in welcher Richtung, bleibt offen - unerläßlich. Es handelt sich um einen typischen Ermittlungsantrag.

Daß ein Zeuge, der sich früher mit Erfolg auf § 55 StPO berufen hat, gerade aus diesem Grunde erneut geladen werden kann, wenn § 55 StPO entfällt, steht außer Zweifel. Im vorliegenden Fall kann jedoch offen bleiben, ob diese Bestimmung in vollem Umfang weggefallen ist, ob - im Hinblick auf etwaige Wiederaufnahmegründe,[69] aber auch auf etwa neu einzuleitende Strafverfahren und hierbei möglicherweise auftretende Konkurrenzfragen - eine künftige Strafverfolgung „zweifellos ausgeschlossen“ ist (BGH St 9, 35);[70] denn die Pflicht zu umfassender Aufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) gebietet die nochmalige Vernehmung des Zeugen Müller nicht. Die Vernehmung wäre dann am Platze, wenn die Möglichkeit bestünde, die Erörterung der damals ausgesparten Fragen könne sich auf die Angeklagten und die Beurteilung der ihnen zur Last gelegten Handlungen auswirken. Das ist jedoch nicht der Fall. Gerhard Müller hat die Tätigkeit der Angeklagten geschildert. Soweit er Fragen nicht beantwortet hat, hat er niemanden belastet, sondern die Fragen offengelassen. Es besteht die begründete Vermutung (vgl. die Aussagen Müllers vor dem Landgericht Kaiserslautern am 13.10.76 nach der beigezogenen Sitzungsniederschrift S. 75 ff.), Müller werde sich, was die aufgrund von § 55 StPO in seiner Aussage entstandenen Lücken anbelangt, in erheblichem Maße selbst belasten müssen. Es besteht auf der anderen Seite aber kein Anhalt, diese Selbstbelastung werde zu der Beurteilung, ob und wie die Angeklagten sich im Sinne der Anklage schuldig gemacht hätten, irgend etwas beitragen können. Müller würde sich [13079] allenfalls als (evtl. weiterer) Beteiligter an den angeklagten Taten erweisen; als solcher ist er übrigens vom Landgericht Hamburg rechtskräftig verurteilt.

Die vom Antragsteller sonst zur Erwägung gegebenen Überlegungen, ob Gerhard Müller, der doch wegen derselben Taten in Hamburg angeklagt gewesen sei, hier zu diesen Taten als Zeuge gehört werden könne,[71] veranlassen den Senat nicht zu irgendwelchen prozessualen Maßnahmen oder Entscheidungen. Maßgebend ist nicht die Beziehung zur Tat, sondern die prozessuale Stellung in dem speziellen Verfahren (BGHSt 17, 130).[72]

RA Schi[ly]:

Darf ich mal eine Frage stellen? Habe ich das richtig gehört, daß in der Beschlußbegründung es heißt: Die von den Angeklagten begangenen Taten?

Vors.:

„Es besteht“ ... Meinen Sie jetzt diesen letzten Beschluß?

RA Schi[ly]:

Ja, ja.

Vors.:

Ich muß jetzt gerade mal die Stelle sehen ...

RA Schi[ly]:

Es steht da, nicht? Herr Vorsitzender?

Vors.:

Abwarten, Herr Rechtsanwalt: „Es besteht auf der anderen Seite aber kein Anhalt, diese Selbstbelastung werde zu der Beurteilung, ob und wie die Angeklagten sich im Sinne der Anklage schuldig gemacht hätten, irgend etwas beitragen können. Müller würde sich allenfalls als weiterer Beteiligter an den angeklagten Taten erweisen;“ als solcher sei er im übrigen verurteilt.

RA Schi[ly]:

Angeklagten? Die angeklagten Taten, aha. Dankeschön.

Vors.:

Und oben heißt es nochmals. „... die Erörterung der damals ausgesparten Fragen könne sich auf die Angeklagten und die Beurteilung der ihnen zur Last gelegten Handlungen auswirken.“

Nicht, sind wir uns einig.

RA Schi[ly]:

Ja dann stelle ich noch den Antrag, festzustellen, daß die Vernehmung der heutigen Zeugen Opitz und Petersen sachdienlich war.

Vors.:

Wegen der Kostenfrage, ja.[73] Wir werden darüber befinden. Nun sieht es so aus: Wir wollen bis zum[aaaaa] nächsten Dienstag die noch anstehenden oder ausstehenden Entscheidungen über gestellte Anträge treffen oder die Anträge hier in der Form von Zeugenver- [13080] nehmungen erledigen. Ich bitte also, alle Prozeßbeteiligten sich darauf einzustellen, daß möglicherweise die jetzt noch offenen Zeugen am nächsten Dienstag hier gehört werden könnten. Wenn dann keine Anträge mehr gestellt werden würden, wäre vorzusehen, daß die Beweisaufnahme wieder geschlossen werden könnte und die Bundesanwaltschaft erneut Gelegenheit bekäme, ihre Schlußvorträge zu ergänzen.[74] Ob das dann am Dienstag geschehen könnte oder am Mittwoch, würde sich zeigen. Wir würden dann am 31.12. eine Verhandlung einlegen und, wie gesagt, wenn keine weiteren Anträge mehr gestellt werden würden, für den 10.1. den Beginn der Schlußvorträge der Verteidigung vorsehen.

Ich bitte, daß die Prozeßbeteiligten sich dieses Gerippe für die künftige Verhandlung mal vor Augen halten. Ob sich rechtzeitig daran etwas ändern wird, muß sich noch zeigen. Aber grundsätzlich hoffen wir, daß wir in[bbbbb] diesem Rhythmus hier weiter verhandeln können.

Damit wäre die heutige Sitzung zu Ende. Fortsetzung am kommenden Dienstag um 9 Uhr.

Ende der Sitzung um 15.58 Uhr

Ende von Band 772


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Gemäß § 24 Abs. 1 StPO können Richter/innen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters/einer Richterin zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).

[3] Rechtsanwalt Siegfried Haag, der ursprünglich Andreas Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet war, wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Zusammen mit Roland Mayer und weiteren Unterstützer/innen versuchte er in der sogenannten Haag-Mayer-Bande, die RAF neu zu formieren. Mit ihrer Festnahme fand die Gruppe im November 1976 jedoch ein jähes Ende. Die bei der Verhaftung beschlagnahmten Haag-Mayer-Papiere enthielten verschlüsselte Anschlagspläne. Die Entschlüsselung der Papiere gelang jedoch erst nach und nach mit der Umsetzung der Pläne durch die zweite RAF-Generation (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 68 ff.; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 185 f., 193 ff., 205 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 371 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion. 14.5.1970 bis 20.4.1998, 3. Aufl. 2011, S. 60 f.).

[4] S. 12870 des Protokolls der Hauptverhandlung, 167. Verhandlungstag.

[5] Rechtsanwalt Dr. Heldmann hatte sich bereits am Vortag über die neuen Untersuchungsmaßnahmen vor Einlass in die Haftanstalt empört: so sei er aufgefordert worden, seine Schuhe auszuziehen und seine Hose zu öffnen, bevor er seinen Mandanten (Andreas Baader) haben sehen dürfen (S. 12686 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 167. Verhandlungstag). Rechtsanwalt Weidenhammer hatte auf diese Umstände bereits im Rahmen eines Ablehnungsgesuches hingewiesen (S. 12855 des Protokolls der Hauptverhandlung, 166. Verhandlungstag).

[6] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.).

[7] Der Vorsitzende Dr. Prinzing bezieht sich auf ein Schreiben des RAF-Mitglieds Ingrid Schubert (s. dazu bereits die Ausführungen am 167. Verhandlungstag, S. 12870 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[8] Der Rechtsanwalt Wolf-Dieter Reinhard soll versucht haben, die Angeklagten in der JVA Stammheim mit in einem Handschuh verborgenen Patronenhülsen zu besuchen (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 226; vgl. auch S. 2065 des Protokolls der Hauptverhandlung, 25. Verhandlungstag).

[9] Diese Patrone wurde nicht im Zusammenhang mit Verteidigungsbesuchen gefunden, sondern im Büro der Rechtsanwältin Becker anlässlich einer Durchsuchung der Kanzleiräume (s. dazu ihre Ausführungen auf S. 754 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 9. Verhandlungstag).

[10] Für Beschwerden gegen Anordnungen der Anstaltsleitung, die der Zuständigkeit des/der Richter/in unterlagen (§ 119 Abs. 6 StPO a.F.) sah Nr. 75 Abs. 1 der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) eine gerichtliche Entscheidung vor. Auch außerhalb der Zuständigkeit des § 119 Abs. 6 StPO a.F. hatten Gefangene die Möglichkeit, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen, wenn sie geltend machen konnten, durch die Maßnahme, Anordnung oder Verfügung in ihren Rechten verletzt zu sein (Nr. 75 Abs. 4 UVollzO i.V.m. §§ 23, 24 Abs. 1 EGGVG). Der UVollzO kommt mittlerweile keine Bedeutung mehr zu, seit durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.8.2006 (BGBl. I, S. 2034) die Gesetzgebungskompetenz für den Untersuchungshaftvollzug den Ländern übertragen wurde und diese sämtlich von ihrer Ersetzungskompetenz (Art. 125a Abs. 1 GG) Gebrauch gemacht haben. Heute ist die gerichtliche Entscheidung über Maßnahmen der Vollzugsbehörde in § 119a StPO geregelt.

[11] S. 12966 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung 167. Verhandlungstag.

[12] Der Senat war ab dem Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage als Gericht der Hauptsache auch zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen (§ 126 Abs. 2 StPO). Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119 StPO, ordnet gem. § 126 Abs. 2 Satz 3 StPO der/die Vorsitzende an (Böhm/Werner, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 126 Rn. 14 ff.).

[13] Rechtsanwalt Dr. Heldmann war dem Angeklagten Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet (§§ 140, 141 StPO). Die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dient dem öffentlichen Interesse, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 – Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242). Daher gehen mit ihr besondere Pflichten einher, darunter die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 – Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.). Über die Gewichtung der Interessen, denen der Beschuldigten und dem Interesse an der Sicherung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, gab es im Prozess häufige Auseinandersetzung, so etwa am 26. Verhandlungstag (2132 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), sowie am 41. Verhandlungstag (S. 3176 des Protokolls der Hauptverhandlung). Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[14] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Für einige der sog. Vertrauensverteidiger/innen war dies geschehen. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf das zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Schily (für die Angeklagte Ensslin) zu.

[15] Die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung) war ausdrücklich nur für den Fall vorgesehen, dass demnächst ein/e andere/r Verteidiger/in gewählt wird und diese/r die Wahl annimmt (§ 143 StPO a.F.; heute: § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO). Überwiegend wurde aber angenommen, dass die Zurücknahme der Bestellung auch über diesen Fall hinaus aus einem wichtigen Grund zulässig ist (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 – Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 244). Als wichtiger Grund wurde auch die grobe Pflichtverletzung nach voriger Abmahnung gesehen; bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s. auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter fällt nun auch der Fall der groben Pflichtverletzung (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26).

[16] Am 26. Verhandlungstag gaben die Angeklagten am Nachmittag an, sie seien verhandlungsunfähig und würden nicht weiter an der Verhandlung teilnehmen. Der Vorsitzende Dr. Prinzing wies dieses Vorbringen zurück. Es entspann sich das übliche Prozedere, nach welchem die Angeklagten auf ihrem Ausschluss beharrten und diesen schließlich durch Beleidigungen des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen ordnungswidrigen Verhaltens (§ 177 GVG i.V.m. § 231b StPO) auch erreichten (S. 2135 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu dieser Zeit lag ein Zwischenbescheid der Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder vor, nach deren Eindruck die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten „für die nächsten zwei bis drei Wochen“ zu bejahen sei (Anlage 3 zum Protokoll vom 30.7.1975, 21. Verhandlungstag, S. 1710 des Protokolls der Hauptverhandlung). Nach der Berechnung der Verteidigung waren die drei Wochen genau am 26. Verhandlungstag vorüber (S. 2095 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Da der Senat der Auffassung war, der Verhandlungstag falle noch in die dreiwöchige Frist und aus diesem Grund die Hauptverhandlung fortsetzte, verließen die Vertrauensverteidiger/innen Becker, Dr. Heldmann, von Plottnitz, Riedel und Schily schließlich den Sitzungssaal, mit der Erklärung, man möge Ihnen Bescheid geben, sobald das endgültige Gutachten über die Verhandlungsfähigkeit vorliege (S. 2132 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die abschließenden Gutachten, die am 39. Verhandlungstag bekannt gegeben wurden, legten eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nahe. Die Gutachten sind im Protokoll nicht enthalten. Auszüge finden sich in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 207 ff., sowie Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 117 ff. Dem lässt sich entnehmen, dass die Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit von drei Stunden pro Tag ausgingen, wobei kürzere Pausen nicht mit einzubeziehen seien (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 208). Zur Behandlungsmöglichkeit führte der Sachverständige Prof. Dr. Rasch aus: „[D]ie Durchführung einer Behandlung dürfte während der Dauer der Hauptverhandlung und bei Beibehaltung der jetzt gegebenen Haftbedingungen nicht möglich sein“ (so die Wiedergabe des Vorsitzenden Dr. Prinzing auf S. 3112 des Protokolls der Hauptverhandlung, 39. Verhandlungstag). Am 40. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Dr. Prinzing schließlich den Senatsbeschluss, wonach die Hauptverhandlung aufgrund der vorsätzlich und schuldhaft selbst herbeigeführten Verhandlungsfähigkeit gem. § 231a StPO in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt werde (s. Fn. 1).

[17] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[18] Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Nach der öffentlichen Bekanntgabe, Ulrike Meinhof habe Selbstmord begangen, entstanden in mehreren deutschen Städten Proteste. In anderen europäischen Ländern wurden deutsche Einrichtungen angegriffen. Die übrigen RAF-Insass/innen sowie weitere Sympathisant/innen und Unterstützer/innen gingen von einem Mord aus. Meinhofs Tod wurde damit zu einem auch medial breit diskutierten Ereignis. Auf Druck u.a. von Meinhofs Angehörigen wurde schließlich eine Nachobduktion durchgeführt, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führte. Außerdem nahm sich eine internationale Untersuchungskommission des Falls an. Sie bestand überwiegend aus Jurist/innen, Ärzt/innen und Journalist/innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark; unter den Mitgliedern befanden sich auch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Simone de Beauvoir. In ihrem Bericht aus dem Jahr 1978 kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Selbstmord Meinhofs nicht erwiesen sei. Gegenteilige Beweise erbrachte die Kommission allerdings ebenfalls nicht. Die genauen Umstände von Meinhofs Tod blieben weiterhin umstritten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.; zum Bericht der Kommission s. Internationale Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs, Der Tod Ulrike Meinhofs: Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, 1979).

[19] § 26a Abs. 1 StPO benennt die Fälle, in denen eine Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist, nämlich bei Verspätung der Ablehnung (Nr. 1), wenn ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb einer bestimmten Frist benannt wird (Nr. 2) sowie wenn durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (Nr. 3).

[20] Lehnt der/die Vorsitzende die Ladung einer Person ab, so können Angeklagte die Person selbst unmittelbar laden (§ 220 Abs. 1 StPO). Für diese „präsenten Beweismittel“ enthielt § 245 StPO a.F. im Vergleich zu absenten Beweismitteln nur sehr eingeschränkte Ablehnungsgründe; die Ablehnung präsenter Beweismittel war nur möglich, wenn die Beweiserhebung unzulässig oder nur zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt wurde. Für präsente Beweismittel bestand daher eine verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 245 Anm. 1). Inzwischen wurde die Erstreckung der Beweisaufnahme auf präsente Beweismittel von einem vorherigen Beweisantrag abgängig gemacht, welcher in seinen Ablehnungsgründen denen für absente Beweismittel weiter angenähert wurde (§ 245 Abs. 2 StPO).

[21] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[22] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Die Verteidigung versuchte u.a. zu beweisen, dass die umfassende Aussage Müllers durch das Versprechen diverser ungesetzlicher Vorteile unzulässig beeinflusst worden sei (s. hierzu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 4 bis 19 zum Protokoll zum 20.7.1976, S. 10643 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag; s. zu den Vorwürfen der Verteidigung auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 305 ff.).

[23] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[24] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 – Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 – Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[25] Anlage 1 zum Protokoll vom 14.12.1976: Ladung des Zeugen Opitz durch Rechtsanwalt Schily.

[26] Anlage 2 zum Protokoll vom 14.12.1976: Ladung des Zeugen Petersen durch Rechtsanwalt Schily.

[27] Anlage 3 zum Protokoll vom 14.12.1976: Aussagegenehmigung für KHK Opitz.

[28] Anlage 4 zum Protokoll vom 14.12.1976: Aussagegenehmigung für KOK Petersen.

[29] Ein Sperrvermerk kann nach § 96 StPO durch die oberste Dienstbehörde angebracht werden, wenn „das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“ (§ 96 StPO a.F.; entspricht heute § 96 Satz 1 StPO). Für die Akte 3 ARP 74/75 I betr. Gerhard Müller hatte der damalige Bundesjustizminister Vogel eine solche Sperrerklärung abgegeben (s. zu den Vorgängen und Vermutungen rund um diese Akte auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 368 ff.). Nachdem die Prüfung und Entscheidung darüber, die Sperrerklärung wieder aufzuheben, der Bundesanwaltschaft anvertraut wurde (s. die Mitteilung des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 157. Verhandlungstag, S. 12215 des Protokolls der Hauptverhandlung), gab diese schließlich nach erneuter Prüfung einen Großteil der Akte heraus (S. 12262 des Protokolls der Hauptverhandlung). Am 159. Verhandlungstag wurde schließlich ein Schreiben des Bundesjustizministers bekanntgegeben, in welchem die letzten noch geheimhaltungsbedürftigen Passagen konkretisiert wurden (s. Anlage 2 zum Protokoll vom 9.11.1976, S. 12306 des Protokolls der Hauptverhandlung, 159. Verhandlungstag).

[30] § 353b StGB enthält den Straftatbestand der Verletzung des Dienstgeheimnisses.

[31] Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen Irmgard Möller und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Die Anklagevorwürfe betrafen u.a. das Geschehen um die versuchte Festnahme des RAF-Mitglieds Margrit Schiller, in deren Verlauf ein Polizeibeamter erschossen, ein weiterer verletzt wurde. Der getötete Polizeibeamter Norbert Schmid war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren, Gerhard Müller u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[32] Verschlusssachen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SÜG „im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform“. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 SÜG wird eine Verschlusssache in den Geheimhaltungsgrad „VS-VERTRAULICH“ eingestuft, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines der Länder schädlich sein kann. Bis zur Einführung des SÜG, das am 29.4.1994 in Kraft getreten ist und für den Bund gilt (die SÜGs der Länder decken sich in weiten Teilen mit dem Bundes-SÜG), fanden sich die entsprechenden Regelungen in Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder (vgl. dazu die Gesetzesbegründung zum SÜG, BT-Drs. 12/4891, S. 1).

[33] S. bereits Fn. 29.

[34] Ingeborg Barz war ein frühes Mitglied der RAF. Zuvor war sie Teil der Hilfsorganisation Schwarze Hilfe und bildete u.a. gemeinsam mit Angela Luther, Inge Viett, Verena Becker und Waltraud Siepert eine feministische Gruppe namens Die schwarze Braut. Über Barz’ Position in der RAF ist nicht viel bekannt. 1971 soll sie beim Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern mitgewirkt haben. Von der Verhaftungswelle 1972 war Barz nicht betroffen, gilt aber wie Angela Luther seitdem als verschwunden. Über ihren Verbleib existieren nur Spekulationen. Unter anderem stand der Verdacht im Raum, dass sie als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt und von Baader erschossen worden sei (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31 ff., 37 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S 299, 820). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die Behauptung, Baader habe Barz erschossen, von Gerhard Müller aufgestellt worden sei, um Baader wahrheitswidrig zu belasten (s. den Beweisantrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 142. Verhandlungstag, S. 11467 des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Beweis der Unwahrheit dieser Tatsache sollte die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Müller insgesamt erschüttert werden (s. dazu etwa die Diskussion um den am 147.Verhandlungstag gestellten Beweisantrag, S. 11684 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu den Angaben, die Müller über in diesem Zusammenhang gemacht haben soll, s. bereits die früheren Ausführungen des Zeugen KHK Opitz am 152. Verhandlungstag (S. 11855 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[35] Nach Art. 35 Abs. 1 GG sind alle Bundes- und Landesbehörden zur gegenseitigen allgemeinen Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. Diese Vorschrift hat jedoch nur Rahmencharakter und ist ausfüllungsbedürftig, sie wird durch die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder konkretisiert. Nach § 4 Abs. 1 VwVfG handelt es sich bei der Amtshilfe um die auf Ersuchen geleistete ergänzende Hilfe einer Behörde durch eine andere. Im Bereich des Polizeirechts gibt es darüber hinaus besondere Vorschriften zur Vollzugshilfe, die polizeiliche Standardmaßnahmen (z.B. Personenfeststellungen, Durchsuchungen, Gewahrsam) umfasst. Eine spezielle Vorschrift zur Amtshilfe findet sich in § 8 BKAG a.F. Danach gewähren die örtlich zuständigen Polizeidienststellen den Beamten/innen des BKA personelle und sachliche Unterstützung (§ 8 Abs. 3 BKAG a.F.; heute § 37 Abs. 3 BKAG).

[36] Die Eigenschaft einer Person als Beschuldigte/r wird ab der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens angenommen (BGH, Urt. v. 18.10.1956 – Az.: 4 StR 278/56, BGHSt 10, S. 8, 11; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 76 f.) Die Beschuldigteneigenschaft hat u.a. zur Folge, dass die Person nicht mehr als Zeug/in, sondern nur als Beschuldigte/r unter Wahrung der Beschuldigtenrechte vernommen werden darf. Hierzu gehört, dass sie zu Beginn der (ersten) polizeilichen Vernehmung über ihre Rechte zu belehren ist; ihr ist zu eröffnen, welche Tat ihr zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§§ 163a, 136 StPO). Da die Frage, in welcher Rolle eine Person im Strafverfahren auftritt (Mitbeschuldigte/r oder Zeug/in), von erheblicher Bedeutung für die Rechte und Pflichten, insbesondere für die Wahrheitspflicht, ist, gibt es große Uneinigkeit über die strafprozessuale Einordnung von Personen, gegen die in derselben Sache ermittelt wird. Während manche unabhängig von den prozessualen Gegebenheiten auf eine materielle Sachbeziehung zu dem Anklagegegenstand abstellen, wird wohl überwiegend ein rein formaler Beschuldigtenbegriff vertreten, der lediglich danach fragt, ob eine äußere Einheit mehrerer Verfahren mit dem gleichen Verfahrensstand besteht (zum Meinungsstand s. Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 10. Aufl. 2017, Rn. 927 ff.; Lenckner, in Baumann [Hrsg.], Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag, S. 333, 334 ff.).

[37] S. Fn. 31.

[38] Zwischen dem 11. und 24. Mai 1972 verübte die RAF insgesamt sechs Sprengstoffanschläge in Frankfurt, Augsburg, München, Karlsruhe, Hamburg und Heidelberg. Dabei wurden vier Personen getötet und weitere verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 1 ff.; für eine zusammenfassende Darstellung s. auch Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 34 ff.).

[39] Ilse Stachowiak war ein frühes Mitglied der RAF. Im Sommer 1970 reiste sie im Alter von 16 Jahren mit anderen RAF-Mitgliedern für eine paramilitärische Ausbildung nach Jordanien. Stachowiak wurde zusammen mit Christa Eckes, Helmut Pohl und Eberhard Becker am 4.2.1974 in Hamburg verhaftet. Das Landgericht Hamburg verurteilte sie am 28.9.1976 zu einer Jugendstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten. Am 19.6.1978 wurde sie aus der Haft entlassen (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 116 ff.; Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 277; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 835).

[40] Die Akte 1 BJs 7/76 enthielt weitere Protokolle über Vernehmungen des Zeugen Müller in einem Verfahren, das offiziell gegen „Unbekannt“ geführt wurde. Nachdem bereits ein Teil der Akte übergeben worden war, beantragte RA Schily am 159. Verhandlungstag, die noch fehlenden Seiten beizuziehen (S. 12307 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Diese konnten schließlich nach Herausgabe durch die Bundesanwaltschaft am 161. Verhandlungstag an die übrigen Prozessbeteiligten verteilt werden (s. S. 12347 des Protokolls der Hauptverhandlung, 161. Verhandlungstag).

[41] Dierk Hoff hatte in seiner Werkstatt einige der von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt. Als einer der Hauptbelastungszeugen wurde er ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen. Auch in diesem Verfahren hatte Gerhard Müller zunächst angegeben, er würde den Zeugen Hoff nicht kennen. Diese Aussage korrigierte er am 126. Verhandlungstag (S. 10407 des Protokolls der Hauptverhandlung). Die Verteidigung versuchte nachzuweisen, dass dieser Widerspruch bereits den Ermittlungsbehörden bekannt gewesen sei und eine anderslautende Protokollierung in der Absicht erfolgt sei, die Widersprüche zwischen den Aussagen beider Zeugen zu verschleiern (so die Beweisbehauptung im Antrag auf Vernehmung des Generalbundesanwalts, S. 10649 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).

[42] § 129 StGB enthält den Straftatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen. § 129 Abs. 6 StPO a.F. (heute: Abs. 7) enthält eine Regelung für den Fall der sog. tätigen Reue: „Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15 [Anm. d. Verf.: heute § 49 Abs. 2 StGB]) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder 2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.“

[43] S. Fn. 31.

[44] Müller selbst legte zunächst das Rechtsmittel der Revision ein. Trotz dadurch eingetretener Hemmung der Rechtskraft (§ 343 Abs. 1 StPO), hatte Müller eine Verschlechterung seiner Situation (etwa durch Erhöhung des Strafmaßes) zum Zeitpunkt seiner Aussagen kaum noch zu befürchten. Die Frist zur Einlegung einer Revision (eine Woche ab Verkündung des Urteils, § 341 Abs. 1 StPO) für die Staatsanwaltschaft war abgelaufen; § 358 Abs. 2 StPO enthält ein Verbot der Schlechterstellung im Rahmen der Revision u.a. für den Fall, dass nur der/die Angeklagte Revision eingelegt hat. Weitere Rechtsmittel stehen gegen ein Urteil des Landgerichts nicht zur Verfügung; ein erneutes Verfahren wegen der abgeurteilten Taten ist nach Art. 103 Abs. 3 GG grundsätzlich ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens zuungunsten des/der Verurteilten besteht nur in eng begrenzten Ausnahmesituationen (§ 362 StPO). In der Zwischenzeit hatte Müller seine Revision wohl zurückgenommen, sodass das Urteil gegen ihn in Rechtskraft erwachsen war (so Rechtsanwalts Schily am 148. Verhandlungstag, S. 11728 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[45] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[46] Der CDU-Politiker und Spitzenkandidat bei der Wahl um das Berliner Abgeordnetenhaus Peter Lorenz wurde am 27. Februar 1975 von der Bewegung 2. Juni entführt und in einem „Volksgefängnis“ in Berlin-Kreuzberg festgehalten. Im Austausch gegen Lorenz wurde die Freilassung von sechs Gefangenen gefordert: Verena Becker, Rolf Heißler, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Horst Mahler, Rolf Pohle und Ingrid Siepmann. Die Bundesregierung unter Kanzler Schmidt ging auf die Forderungen ein: Bis auf Horst Mahler, der das Angebot ablehnte, bestiegen am 3. März 1975 die anderen fünf Inhaftierten mit dem ehemaligen West-Berliner Bürgermeister Heinrich Albertz als Vermittler eine Maschine der Lufthansa nach Aden im Jemen. Nach der erfolgreichen Ankunft wurde Lorenz am 4. März freigelassen (Dahlke, in Hürter/Rusconi [Hrsg.], Die bleiernen Jahre, 2010, S. 31, 36 ff.; Korndörfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 37, 250 ff.). Die Bewegung 2. Juni benannte sich nach dem Todestag des Studenten Benno Ohnesorg, der am 2.6.1967 bei einer Demonstration der Studentenbewegung gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien durch einen Polizisten erschossen wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 21 f.).

[47] Der Polizeibeamte Norbert Schmid wurde bei einem Festnahmeversuch des RAF-Mitglieds Margrit Schiller erschossen. Er war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Schiller selbst belastete Gerhard Müller schwer, der mit Urteil vom 16.3.1976 vom LG Hamburg zwar für andere Taten, nicht aber für den Mord an Schmid verurteilt wurde (Fn. 31). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass der Freispruch Müllers in Bezug auf den Mord an Norbert Schmid Teil einer unzulässigen Absprache mit den Strafverfolgungsbehörden gewesen sei (s. dazu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 8 und 12 zum Protokoll vom 20.7.1976, S. 10649 f., 10659 des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).

[48] § 129 StGB enthält den Straftatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen.

[49] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Auch sonst bestand für Zeug/innen im Rahmen polizeilicher Vernehmungen aber keine Aussagepflicht (Fn. 52).

[50] Manfred Grashof war Mitglied der RAF und schon Teil der Gruppe, die nach Jordanien gereist war, um sich für den „bewaffneten Kampf“ ausbilden zu lassen. Er war außerdem an dem Banküberfall in Kaiserslautern am 22.12.1971 beteiligt, in dessen Verlauf der Beamte Herbert Schoner erschossen wurde. Bei seiner Festnahme am 2. März 1972 wurde er im Rahmen eines Schusswechsels, bei dem er einen Polizeibeamten erschoss, selbst schwer verletzt. Gegen ihn sowie gegen die Angeklagten Jünschke und Grundmann fand zu dieser Zeit die Hauptverhandlung vor dem LG Kaiserslautern statt. Mit Urteil vom 2.6.1977 wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, im Jahr 1988 jedoch bereits begnadigt (Peters, Tödlicher Irrtum, 3. Aufl. 2007, S. 199 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30 ff., S. 283 f.; s. zum Prozess vor dem LG Kaiserslautern auch DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1977 vom 6.6.1977, S. 104).

[51] Der Kfz-Schlosser Bernhard Braun war seit 1971 Mitglied der RAF. Gemeinsam mit Brigitte Mohnhaupt war Braun vor allem in Berlin aktiv. Im Juni 1972 lösten in einer von ihnen genutzten Wohnung gelagerte Sprengstoffe eine Explosion aus. Eine Woche später wurden sie in West-Berlin festgenommen. Die Polizei konnte in der Wohnung Chemikalien und Anleitungen zur Herstellung von Bomben sicherstellen. Mohnhaupt und Braun wurden wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von je vier Jahren und sechs Monaten verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 54, 92 ff., 250; Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 112 f.).

[52] Zum damaligen Zeitpunkt sah die StPO eine Aussagepflicht für Zeug/innen nur bei der Ladung und Befragung durch die Staatsanwaltschaft vor (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO a.F.); bei einer Vernehmung durch die Polizei waren Zeug/innen weder zum Erscheinen noch zu einer Aussage verpflichtet (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 163a Anm. 6). § 163 Abs. 3 StPO sieht heute eine solche Pflicht vor, wenn die Ladung von Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft und im Auftrag der Staatsanwaltschaft erfolgt.

[53] Der Verteidigung ist auf Verlangen – ebenso wie der Staatsanwaltschaft – nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[54] Ein Beweisantrag erfordert grundsätzlich die hinreichende Konkretisierung sowohl der zu beweisenden Tatsache, als auch des Beweismittels (früher bereits ständige Rechtsprechung, s. etwa BGH, Urt. v. 23.1.1951 – Az.: 1 StR 37/50, BGHSt 1, S. 29, 31; BGH, Urt. v. 7.5.1954 – Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128, 129; BGH, Urt. v. 12.8.1960 – Az.: 4 StR 48/60, NJW 1960, S. 2156, 2157; heute definiert in § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Ein Beweisermittlungsantrag liegt hingegen vor, wenn entweder die Beweistatsache oder das Beweismittel nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da § 244 Abs. 3-6 StPO begrenzte und abschließende Ablehnungsgründe für Beweisanträge enthält. Liegt keiner dieser Ablehnungsgründe vor, ist dem Beweisantrag zu entsprechen. Beweisermittlungsanträge berücksichtigt das Gericht hingegen nur nach § 244 Abs. 2 StPO im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungspflicht, die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags ist nicht auf die Gründe des § 244 Abs. 3-6 StPO beschränkt. In dem Antrag des Rechtsanwalts Schily fehlt es bereits an einer konkreten Beweistatsache.

[55] Das Erklärungsrecht des § 257 Abs. 2 StPO ist auf die vorangegangene Beweiserhebung beschränkt („sich dazu zu erklären“). Diese Einschränkung wurde erst durch das Erste Strafverfahrensreformgesetz vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) mit Wirkung zum 1.1.1975 eingeführt. Die zuvor in § 257a StPO enthaltene Vorschrift gab der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft noch ein zeitlich und inhaltlich unbeschränktes Erklärungsrecht. Vereinzelt wurde zwar vertreten, dass die Einschränkung des § 257 StPO a.F., welcher das Erklärungsrecht von Angeklagten zumindest zeitlich an vorangegangene Beweismittel knüpfte, auf das Erklärungsrecht nach § 257a StPO a.F. übertragen werden müsse; überwiegend wurde dies aber aufgrund des unbeschränkten Wortlautes abgelehnt (s. dazu Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 22. Aufl. 1973, § 257a Anm. 1 ff.).

[56] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO).

[57] Anlage 5 zum Protokoll vom 14. Dezember 1976: Antrag des Rechtsanwalts Weidenhammer auf Vernehmung des Bundesanwalts Bieger als Zeugen.

[58] S. hierzu bereits Fn. 13.

[59] Anlage 6 zum Protokoll vom 14. Dezember 1976: Erklärung des Zeugen Jünschke.

[60] Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO). Damit trifft die Aufklärungspflicht das Gericht unabhängig von Anträgen der Verfahrensbeteiligten. Die Ablehnung von Beweisanträgen ist zwar grundsätzlich nur aus den begrenzten Ablehnungsgründen des § 244 Abs. 3-6 StPO zulässig; ein auf Wiederholung einer Beweiserhebung gerichteter Beweisantrag wird von der Rechtsprechung allerdings nach den Grundsätzen des § 244 Abs. 2 StPO behandelt (BGH, Urt. v. 30.3.1983 – Az.: 2 StR 173/82, NStZ 1983, S. 375, 376; vgl. auch Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 244 Rn. 26, der den Antrag auf Wiederholung einer Beweiserhebung zur selben Beweisfrage als Beweisanregung einordnet).

[61] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 – Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, oder bestimmte Motive (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2).

[62] Zu den Anforderungen an einen Beweisantrag s. bereits Fn. 54. Eine Beweisanregung ist, wie ein Beweisermittlungsantrag, lediglich nach den Grundsätzen der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO zu behandeln. Z.T. wird der Beweisermittlungsantrag als Unterfall der Beweisanregung angesehen (so z.B. in BGH, Urt. v. 7.5.1954 – Az.: 2 StR 27/54, BGHSt 6, S. 128), z.T. wird aber auch weiter differenziert: Bei einer Beweisanregung seien Beweistatsache und Beweismittel zwar hinreichend konkretisiert, aber die Ermittlungstätigkeit werde in das Ermessen des Gerichts gestellt (so Krehl, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung, 8. Aufl. 2019, § 144 Rn. 103); andere wiederum schlagen vor, den Begriff der Beweisanregung für Fälle vorzusehen, in denen aus Rechtsgründen die Stellung eines Beweisantrages nicht möglich ist, da sie nicht den Umfang, sondern nur die Art und Weise der Beweiserhebung beträfen (so etwa Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 244 Rn. 26).

[63] Nach § 154 Abs. 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft von der Erhebung der öffentlichen Klage von der Strafverfolgung absehen, wenn die zu erwartende Strafe neben einer anderen Strafe, die bereits rechtskräftig gegen den/die Beschuldigten wegen einer anderen Tat verhängt wurde, oder zu erwarten ist, nicht ins Gewicht fällt. Nach Erhebung der öffentlichen Klage kann das Gericht das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft (vorläufig) einstellen (Abs. 2). § 154a StPO ergänzt diese Vorschrift, die nur für „andere Taten“ gilt, auch für einzeln abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind. Fallen diese für die zu erwartende Strafe nicht ins Gewicht, so kann die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränken (Abs. 1); nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht die Strafverfolgung in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft beschränken (Abs. 2). Die Strafverfolgung wurde später auf die Straftaten im Zusammenhang mit den Sprengstoffanschlägen, den Festnahmen der Angeklagten sowie der Bildung einer kriminellen Vereinigung beschränkt. Über die ursprünglich ebenfalls angeklagten Raub- und Diebstahlsdelikte wurde kein Beweis mehr erhoben (S. 13938 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 192. Verhandlungstag; s. auch den Antrag der Bundesanwaltschaft am 113. Verhandlungstag, S. 9859 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie den Hinweis des Vorsitzenden Dr. Prinzing am selben Tag auf S. 9867 f. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[64] § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO a.F. (heute: § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO) ermöglicht die Wahrunterstellung für erhebliche Tatsachen, die zur Entlastung der Angeklagten bewiesen werden sollen.

[65] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme. In einer durch das „Kommando 15. Juli“ unterschriebenen Erklärung wurde der Anschlag in Heidelberg mit den vorangegangenen Bombenangriffen der USA im Vietnam-Krieg gerechtfertigt. Darin heißt es u.a.: „Die amerikanische Luftwaffe hat in den letzten 7 Wochen mehr Bomben über Vietnam abgeworfen als im 2. Weltkrieg über Deutschland und Japan zusammen. Von weiteren Millionen Sprengstoffen ist die Rede, die das Pentagon einsetzen will, um die nordvietnamesische Offensive zu stoppen. Das ist Genozid, Völkermord, das wäre die »Endlösung«, das ist Auschwitz“ (Die Erklärung vom 25.5.1972 ist abgedruckt in ID-Verlag [Hrsg.], Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147 f.).

[66] Die Black Panther Party for Self-Defense (BBP) war eine militante politische Organisation. Gegründet wurde sie 1966 in Oakland (Kalifornien) von den Studenten Bobby Seale und Huey Newton. Die BBP forderte bessere Lebensbedingungen und Bildungschancen für afroamerikanische Bürger/innen und leistete in vielen Gemeinden unmittelbare Hilfe für Bedürftige. Mitglieder der BBP traten zudem mit offen sichtbaren Waffen auf und führten ihrerseits Patrouillen durch, um rassistisch motivierte Polizeigewalt zu unterbinden. Die Aktivitäten der BBP fanden international Beachtung. So gründeten sich z.B. innerhalb der deutschen Studentenbewegung Black-Panther-Solidaritätskomitees. Nach diversen Rückschlägen, Verhaftungen und Abspaltungen radikalerer Gruppierungen löste sich die BBP 1982 auf (Klimke, in Kraushaar (Hrsg.), Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 562, 572 ff.; Wilson, in Levy [Hrsg.], The Civil Rights Movement in America, 2015, S. 38 f.).

[67] Am 106. Verhandlungstag stellte die Verteidigung eine Reihe von Beweisanträgen mit dem Ziel, hochrangige Militärs und politische Entscheidungsträger (z.B. den früheren US-Präsidenten Nixon) als Zeugen zu laden. Durch ihre Aussagen sollten völkerrechtswidrige Handlungen der USA in Vietnam bewiesen werden (s. dazu die Anlagen 2 bis 11 zum Protokoll vom 4.5.1976, S. 9379 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 106. Verhandlungstag). Hieraus, so die Verteidigung, ergebe sich ein völkerrechtliches Widerstandsrecht, das für die Beurteilung der angeklagten Taten relevant sei (s. die Erklärung des Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Anlage 12 zum Protokoll vom 4.5.1976, S. 9425 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 106. Verhandlungstag). Diese Beweisanträge wurden sämtlich abgelehnt (S. 9864 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 113. Verhandlungstag).

[68] Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO soll lediglich verhindern, dass unter der Wahrheitspflicht stehende Zeug/innen Angaben zu Umständen machen müssen, die sie der Gefahr aussetzen, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ist dies aufgrund des Strafklageverbrauchs (Art. 103 Abs. 3 GG: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“) idR ausgeschlossen (zu den Ausnahmen s. Maier, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 55 Rn. 37 ff.).

[69] Mit Ablauf der Rechtsmittelfrist, oder wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind und eine letztinstanzliche Entscheidung ergangen ist, erwächst ein Urteil in (formeller) Rechtskraft. Mit der Rechtskraft entfaltet die Entscheidung auch ihre dauerhafte Wirkung, die nur in Ausnahmefällen wieder durchbrochen werden kann (Nestler, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/1, 1. Aufl. 2019, § 449 Rn. 27). Die §§ 359 ff. StPO enthalten eng begrenzte Wiederaufnahmemöglichkeiten. Zuungunsten einer abgeurteilten Person ist eine Wiederaufnahme nach § 362 Nr. 4 StPO z.B. zulässig, „wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständnis der Straftat abgelegt wird.“

[70] So BGH, Urt. v. 24.1.1956 – Az.: 1 StR 568/55, BGHSt 9, S. 34, 35.

[71] Siehe Fn. 36.

[72] Der BGH führte in dieser Entscheidung aus, dass auch der Verdacht der Tatbeteiligung noch nicht dazu führe, dass ein/e Zeug/in zu einer/einem Beschuldigten werde; allerdings sei eine Vereidigung ausgeschlossen (§ 60 Nr. 3 StPO a.F.; heute: § 60 Nr. 2 StPO). In der Sache ging es um eine Aussage vor einem Untersuchungsausschuss (BGH, Urt. v. 19.2.1960 – Az.: 1 StR 609/59, BGHSt 17, S. 128, 130).

[73] Eine Person, die unmittelbar durch eine/n Angeklagten bzw. die Verteidigung geladen wird, ist nur dann zum Erscheinen verpflichtet, wenn die gesetzliche Entschädigung durch Hinterlegung bei der Geschäftsstelle oder durch Barzahlung gesichert wird (§ 220 Abs. 2 StPO). Ergibt sich in der Hauptverhandlung, dass die Vernehmung zur Aufklärung sachdienlich war, so ordnet das Gericht auf Antrag die gesetzliche Entschädigung aus der Staatskasse an (§ 220 Abs. 3 StPO).

[74] Der Vorsitzende Dr. Prinzing hatte die Beweisaufnahme bereits am Ende des 148. Verhandlungstages geschlossen (S. 11767 des Protokolls der Hauptverhandlung) und die Bundesanwaltschaft ab dem 149. Verhandlungstag plädiert. Auch nach Schließung der Beweisaufnahme bleibt jedoch ein Wiedereintritt möglich. Die Verfahrensbeteiligten haben bis zum Beginn der Urteilsverkündung das Recht, Beweisanträge zu stellen, das Gericht ist zur Entgegennahme verpflichtet (BGH, Urt. v. 3.8.1966 – Az.: 2 StR 242/66, BGHSt 21, S. 118, 123). Der Wiedereintritt wird – auch konkludent – angenommen, sobald Verfahrensvorgänge durchgeführt werden, die für die Sachentscheidung des Gerichts von Bedeutung sein können; dies sind insbesondere Prozesshandlungen, die in den Bereich der Beweisaufnahme fallen, aber auch wenn sonst der Wille des Gerichts erkennbar wird, es wolle mit den Prozessbeteiligten in der Beweisaufnahme fortführen. Dies kann bereits bei der Erörterung von Anträgen der Fall sein (BGH, Beschl. v. 5.2.2019 – Az.: 3 StR 469/18, NStZ 2019, S. 426 f. m.w.N.).


[a] Maschinell eingefügt: Dr.

[b] Maschinell eingefügt: amtl. best.

[c] Maschinell eingefügt: hier

[d] Handschriftlich ersetzt: vor durch vom

[e] Maschinell ergänzt: diese

[f] Maschinell eingefügt: mir

[g] Maschinell ersetzt: Privatpersonen durch Privatbesuchern

[h] Maschinell ersetzt: Dinge durch Vorgänge

[i] Handschriftlich durchgestrichen: sich

[j] Maschinell eingefügt: sich

[k] Maschinell eingefügt: zu

[l] Handschriftlich durchgestrichen: daß

[m] Maschinell eingefügt: das

[n] Maschinell durchgestrichen: nicht

[o] Handschriftlich ersetzt: etwa mir zu mir etwa

[p] Maschinell eingefügt: KHK

[q] Maschinell eingefügt: KOK

[r] Maschinell eingefügt: Dingen

[s] Maschinell ersetzt: deshalb durch deswegen

[t] Maschinell eingefügt: anderes

[u] Maschinell ergänzt: Zeugenladungen

[v] Maschinell ersetzt: ging durch liegen

[w] Maschinell durchgestrichen: Ablehnungsantrag

[x] Maschinell eingefügt: bei Frau von Dyck...

[y] Handschriftlich ergänzt: Maßnahmen

[z] Handschriftlich eingefügt: - - -

[aa] Handschriftlich durchgestrichen: den

[bb] Maschinell ersetzt: auf durch auch

[cc] Maschinell eingefügt: sich

[dd] Maschinell eingefügt: der

[ee] Maschinell ergänzt: Ukw-Teil

[ff] Maschinell eingefügt: noch

[gg] Handschriftlich durchgestrichen: welcher

[hh] Maschinell ergänzt: Ukw-Teil

[ii] Maschinell ersetzt: Sie durch Ihnen

[jj] Handschriftlich ergänzt: Logisches

[kk] Maschinell ersetzt: was macht man, wenn durch es mag sein, daß

[ll] Handschriftlich durchgestrichen: in

[mm] Handschriftlich ersetzt: den durch der

[nn] Maschinell ersetzt: der durch ihr

[oo] Maschinell ersetzt: daß durch was

[pp] Maschinell durchgestrichen: von ...

[qq] Maschinell eingefügt: Sie

[rr] Maschinell durchgestrichen: es

[ss] Handschriftlich durchgestrichen: eine

[tt] Handschriftlich ergänzt: merkwürdiges

[uu] Maschinell ersetzt: Oder durch und da

[vv] Maschinell ersetzt: um durch gegen

[ww] Maschinell ersetzt: Ich nehme durch In dem

[xx] Handschriftlich ergänzt: Vernehmungen

[yy] Maschinell ergänzt: Unterbevollmächtigter

[zz] Maschinell eingefügt: hat,

[aaa] Handschriftlich ersetzt: noch durch doch

[bbb] Maschinell eingefügt: sind

[ccc] Maschinell ersetzt: würde durch wüßte

[ddd] Handschriftlich ergänzt: etwas

[eee] Maschinell ersetzt: der durch da

[fff] Maschinell ersetzt: eben durch ihn

[ggg] Maschinell eingefügt: das

[hhh] Maschinell durchgestrichen: daß

[iii] Maschinell eingefügt: wieder

[jjj] Maschinell eingefügt: jetzt

[kkk] Maschinell eingefügt: um

[lll] Handschriftlich ergänzt: könnten

[mmm] Maschinell eingefügt: wieder

[nnn] Handschriftlich ersetzt: ... durch erscheinen

[ooo] Maschinell eingefügt: so

[ppp] Maschinell eingefügt: andern

[qqq] Maschinell eingefügt: Und

[rrr] Maschinell durchgestrichen: mehr

[sss] Maschinell eingefügt: der

[ttt] Handschriftlich ergänzt: 22

[uuu] Maschinell eingefügt: und

[vvv] Handschriftlich eingefügt: eine

[www] Maschinell eingefügt: genau

[xxx] Maschinell eingefügt: mehr

[yyy] Maschinell einfügt: ihm

[zzz] Maschinell eingefügt: nur

[aaaa] Maschinell eingefügt: in Hannover

[bbbb] Maschinell eingefügt: weiterer

[cccc] Maschinell ersetzt: sagten Sie durch Banküberfall in

[dddd] Maschinell eingefügt: dann

[eeee] Handschriftlich durchgestrichen: diese

[ffff] Maschinell eingefügt: Meinung - hatte ich den

[gggg] Maschinell eingefügt: immer

[hhhh] Maschinell ersetzt: nur durch immer

[iiii] Maschinell eingefügt: Wie?

[jjjj] Maschinell eingefügt: doch

[kkkk] Maschinell eingefügt: Dr.

[llll] Maschinell ergänzt: Teilbereich

[mmmm] Maschinell eingefügt: noch

[nnnn] Maschinell eingefügt: ich

[oooo] Maschinell eingefügt: ihn

[pppp] Maschinell ersetzt: zumindest erklärt durch belehrt

[qqqq] Maschinell eingefügt: in Form

[rrrr] Maschinell eingefügt: sehr

[ssss] Maschinell eingefügt: ist

[tttt] Maschinell durchgestrichen: nichts

[uuuu] Handschriftlich ersetzt: Verwerfungsmaßnahmen durch Unterwerfungsmaßnahmen

[vvvv] Maschinell ersetzt: ziehen durch sehen

[wwww] Maschinell durchgestrichen: damit

[xxxx] Handschriftlich eingefügt: (Zu RA Schily)

[yyyy] Handschriftlich eingefügt: in

[zzzz] Handschriftlich ergänzt: aufgerufen

[aaaaa] Handschriftlich ersetzt: am durch zum

[bbbbb] Maschinell eingefügt: in