[2650] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 3. September 1975, um 9.05 Uhr.
(33. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. Sekr. Janetzko,
Just. Ass. z. A. Scholze.
Die Angeklagten sind anwesend mit ihren Verteidigern:
Rechtsanwälte Schily, Dr. Heldmann, Riedel, Rechtsreferendar Düx (als amtlich bestellter Vertreter[1] von Rechtsanwalt v[on] Plottnitz), Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, König, Linke, Grigat.
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort.
Herr RA Schlaegel hat mitgeteilt, daß er heute verhindert ist. Frau RAin Becker fehlt.
Herr RA Schily.
RA Sch[ily]:
Ich möchte Ihnen mitteilen, daß Frau Kollegin Becker sich für den heutigen Tag entschuldigen läßt.
Vors.:
Das ist für Frau RAin Rogge wohl - sie ist Wahlverteidigerin[2] - nicht notwendig, ausdrücklich zu erwähnen.
Herr Raspe, Sie hatten gestern zuletzt das Wort. Sie können fortfahren.
Angekl. Ra[spe]:
Ja, der Zusammenhang war die Ablehnung des vom Gericht bestellten Psychiaters Mende,[3] und innerhalb der Begründung war ich an dem Punkt, an dem Ablehnungsgrund und seiner Entwicklung angekommen, daß Mende die Zwangssterilisation von Subproletariern befürwortet.
[2651] Also ich schließe da nochmals an, daß er mit dieser Befürwortung sich unmittelbar zum faschistischen Staatsberater macht. Anders gesagt: Mende empfiehlt die faschistische Lösung des Krisenproblems durch Zwangssterilisation.
Weiter: Mende hat Untersuchungen an ehemaligen KZ-Häftlingen vorgenommen. Es war die objektive Funktion dieser Art von Forschung, und das hat Mende uns selbst erzählt, den Widerstand der KZ-Gefangenen noch in der B. Republik auszubeuten, insofern diese Forschung im Zusammenhang der Klärung von Rentenansprüchen gemacht worden sind. Es mußte eine psychische Störung nachgewiesen werden. Bei diesen Forschungen hat Mende rausgefunden, wie dieser Staat noch vom Widerstand der Antifaschisten in den KZs profitieren kann. Man weiß aus dieser Art von Forschungen, daß politische Gefangene eine größere Widerstandskraft haben, weil bei ihnen, wie Mende das nennt, Sinnfindung in ihrem Leiden möglich war, also weil sie ihre Situation in der Gefangenschaft als politische Repression, als konterrevolutionäres Programm, als Klassenkampf begreifen können - allerdings. Die B. Anwaltschaft wendet genau diese Forschung unmittelbar gegen die Gefangenen aus der Stadtguerilla an, indem sie uns isoliert. Das wird im Bericht des B. Kriminalamts ...
Vors.:
Herr Raspe, bitte zur Sache. Es geht um den Ablehnungsantrag gegen Herrn Ehrhardt bzw. Prof. Mende.
Angekl. Ra[spe]:
Das ist die Sache.
Vors.:
Das ist nicht die Sache. Die Vorwürfe, die Sie gegen die B. Anwaltschaft erheben wollen, haben mit der Ablehnung gegen Herrn Prof. Mende nichts zu tun.
Angekl. Ra[spe]:
Die B. Anwaltschaft hat sich schließlich - ich weiß nicht, in wievielen Stellungnahmen - für diese beiden Gutachter ausgesprochen, immer wieder.
[2652] Vors.:
Das sind vom Gericht ausgewählte Gutachter. Die B. Anwaltschaft hat keinen Einfluß auf die Auswahl genommen.
Angekl. Ra[spe]:
Die B. Anwaltschaft hat natürlich ’nen Einfluß ...
Vors.:
Bitte kehren Sie zur Sache zurück, Herr Raspe. Sie haben die Möglichkeit, die Ablehnung gegen Herrn Prof. Mende zu begründen und keine Angriffe jetzt gegen die B. Anwaltschaft zu führen. Nehmen Sie’s zur Kenntnis, sonst entziehe ich Ihnen das Wort.
Angekl. Ra[spe]:
Also wenn das so ist ... Also, Moment.
Wenn das so ist, daß das jetzt, also daß Sie heute hier, wie das ja in den letzten Tagen schon üblich war, wieder anfangen, uns zu unterbrechen, während wir hier was vortragen, dann ist das vollkommen sinnlos. Also sagen Sie’s bitte gleich, denn dann hören wir gleich auf.
Vors.:
Ja, ich sage Ihnen, daß ich keine Angriffe gegen die B. Anwaltschaft im Zusammenhang mit dem Ablehnungsantrag gegen Prof. Mende zulasse.
Angekl. Ra[spe]:
Es geht hier überhaupt nicht um Angriffe gegen die B. Anwaltschaft ...
Vors.:
Fahren Sie jetzt mit Ihrer Begründung fort, Herr Raspe.
Angekl. Ra[spe]:
... sondern es geht um die Ablehnung von Mende ...
Vors.:
Wenn Sie den Zusammenhang nicht wahren ...
Angekl. Ra[spe]:
... und wenn es in diesem Zusammenhang notwendig ist, zu erwähnen, welche Funktion die B. Anwaltschaft dabei spielt, ...
Vors.:
Nein, nein. Diese Funktion brauchen Sie jetzt nicht zu erwähnen.
Angekl. Ra[spe]:
dann muß das natürlich gesagt werden.
Ja natürlich. Das ist schon klar, daß Sie’s nicht erwähnt haben wollen.
Vors.:
Herr Raspe, ich habe Sie gewarnt. Sie können jetzt fortfahren. Aber ich habe Sie darauf hingewiesen, daß Abschweifungen nicht weiter hingenommen werden.
[2653] Referendar D[üx]:
Herr Vorsitzender, wir müssen das, glaube ich, doch grundsätzlich klären, denn gestern gab es genau in den gleichen Punkten die Schwierigkeit ...
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich wüßte nicht, daß Ihnen das Wort erteilt worden wäre bzw. ...
Referendar D[üx]:
Nein. Ich möchte.
Vors.:
... daß Sie darum gebeten hätten.
Haben Sie um eine Wortzuteilung sich bemüht?
Referendar D[üx]:
Ja, natürlich.
Vors.:
Indem Sie anfangen, zu reden. Ich habe Ihnen das Wort aber nicht erteilt.
RA Rie[del]:
Er hat aber doch die Hand gehoben.
Referendar D[üx]:
Wenn ich die Hand hebe, müßte das doch in irgendeiner Weise zu erkennen sein.
Vors.:
Dann könnten Sie zunächst mal mich ansprechen:
Ich bitte um das Wort oder wie man das sonst üblicherweise zu tun pflegt und nicht anfangen zu reden, bloß weil Sie mal die Hand gehoben haben. An diese Form müßten Sie sich gewöhnen. Auch Ihre Kollegen halten sich daran.
Bitte, haben Sie zu diesem Punkte speziell was zu sagen?
Referendar D[üx]:
Ja.
Vors.:
Dann haben Sie das Wort. Bitte.
Referendar D[üx]:
Zu diesem speziellen Punkt habe ich etwas zu sagen.
Es hat sich gestern gezeigt, daß es Schwierigkeiten gegeben hat bezüglich der Konzentration der Gefangenen, wenn sie etwas ausführen, und Unterbrechungen in diesem Zusammenhang haben natürlich die zusätzliche Funktion, diese Schwierigkeiten noch zu erhöhen. Also das ist eine grundsätzliche Frage, die wir hier mal klären sollten in diesem Zusammenhang, und ich sehe auch nicht ein, wieso hier ... wieso hier kein Sachzusammenhang besteht. [2654] Es besteht ... es besteht allerdings ein ... ein tatsächlicher Zusammenhang, nämlich bezüglich der Gutachter und der Funktion der B. Anwaltschaft in diesem Rahmen.
Vors.:
Ich gehe auf das nicht ein. Das ist ja absoluter ... Naja, ich möcht’s nicht näher qualifizieren. Aber die Meinung, es habe eine Funktion in einem bestimmten Zusammenhang, ...
Referendar D[üx]:
Ja. qualifizieren Sie’s doch ruhig, bitte schön. Bitte schön, qualifizieren Sie’s.
Vors.:
... wenn ich einem Angeklagten sage, er könne nicht abschweifen. Das sind Unterstellungen, mit denen ich mich hier nicht befasse.
Referendar D[üx]:
Sie brauchen sich nicht zu enthalten. Sie können ruhig qualifizieren.
Vors.:
Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Genehmigung, die Sie mir erteilen. Ich würde Ihnen sagen, eine solche Behauptung ist Unsinn.
Herr Raspe, bitte, Sie haben die Möglichkeit, jetzt fortzufahren.
RA Sch[ily]:
Ich bitte auch ums Wort.
Vors.:
Nein. Ich möchte jetzt Herrn Raspe zu Wort kommen lassen. Er ist bei der Begründung des Antrags. Ich bitte, jetzt nicht weiter jetzt zu unterbrechen.
Angekl. Ra[spe]:
Sie haben mich unterbrochen, und deswegen muß ich dazu noch sagen, daß es ne Tatsache ist, daß die B. Anwaltschaft ...
RA Sch[ily]:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Herr RA Schily, ich wollte Sie aber gebeten haben: Wenn es nur darum geht, das jetzt zusätzlich zu kommentieren, dann ist jetzt nicht die Gelegenheit dazu da. Jetzt wollen wir zunächst mal Herrn Raspe angehört haben.
RA Sch[ily]:
... nur darauf aufmerksam machen: Sie wissen ja, daß das eine gemeinsame Erklärung ist der Gefangenen, und ich glaube, da Sie ja so sehr auf das [2655] Zeitmoment immer achten, daß das ja auch eine Zeitersparnis darstellt, denn sonst muß ja jeder Mandant für sich hier nochmals diese gemeinsame Erklärung dann vortragen. Insofern ist es nützlich, wenn also diese Erörterungen auch gleichzeitig dann mit den übrigen Verteidigern vorgenommen werden können. Insofern war also Herr Zeis gestern schlecht beraten, wenn er meinte, diese Wortmeldung sei ... oder diese Anträge seien unzulässig gewesen.
Vors.:
Um was geht’s denn, Herr Rechtsanwalt?
RA Sch[ily]:
Es geht mir jetzt darum, ob Sie Herrn Raspe unterbrechen und hier darauf hinweisen wollen, daß da ein ...
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, es tut mir leid ...
RA Sch[ily]:
Moment.
Vors.:
Nein, Herr Rechtsanwalt. Sie sind nicht der Verteidiger von Herrn Raspe.
RA Sch[ily]:
Nein.
Vors.:
Ich bitte Sie, sich daran zu halten, daß Sie hier keine Vollmacht für Herrn Raspe haben.
RA Sch[ily]:
Ja, das weiß ich doch.
Vors.:
Es hat der Anwalt gesprochen, der im Augenblick Herrn Raspe vertritt.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, ich habe grade versucht - ich weiß nicht, ob Sie mir zugehört haben - ...
Vors.:
Doch.
RA Sch[ily]:
... Ihnen klarzumachen, daß hier sozusagen ein direkter Bezug auch zu der von mir vertretenen Angeklagten besteht, denn sonst kommen wir ja nicht ...
Vors.:
Nein. Ich erteile Ihnen das Wort jetzt nicht dazu.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, ich meine, Sie, Sie führen eine Komplikation auf diese Weise herbei. Aber das haben Sie ja zu vertreten.
Vors.:
Gut, also. Ich hab’s Ihnen gesagt. Dazu jetzt nicht das Wort.
Bitte, Herr Raspe, fahren Sie jetzt fort.
[2656] Angekl. Ra[spe]:
Naja, ich muß da, also ich muß da trotzdem noch was dazu sagen, denn Sie haben mich schließlich unterbrochen, sonst wäre ich nämlich schon viel weiter - das ist ja auch nun mal zu sagen an dieser Stelle.
Vors.:
Herr Raspe, Weiterungen lasse ich jetzt nicht zu.
Angekl. Ra[spe]:
Moment!
Vors.:
Augenblick, ich bitte, Herrn Raspe das Wort abzustellen.
Angekl. Ra[spe]:
Hören Sie doch mal zu.
Vors.:
Herr Raspe, nehmen Sie jetzt bitte folgendes zur Kenntnis:
Ich habe Ihnen pflichtgemäß gesagt, daß Sie sich nicht mit Dingen befassen sollen, die mit der Ablehnungsbegründung gegen Herrn Prof. Mende nichts zu tun haben.[4] Mehr ist nicht geschehen. Ich lasse mich in diesen Pflichten nicht dadurch abhalten, daß Sie anschließend immer wieder wiederholen wollen, daß das notwendig gewesen wäre, was Sie vorbringen wollen. Wir wollen das ja prüfen. Ich habe Sie gewarnt, damit es nicht nachher wieder dazu kommt, daß Sie glauben, es sei Ihnen das Wort entzogen, ohne daß Sie darauf vorbereitet gewesen wären und darauf hingewiesen worden wären, worauf’s ankommt.
Jetzt werden Sie zu dem Punkt nichts mehr sagen. Es war eine Warnung und nichts mehr; und wenn Sie jetzt nicht zurückkehren zur Begründung Ihres Antrags, kann ich Ihnen das Wort nicht weiter belassen.
Bitte.
Angekl. Ra[spe]:
Naja, also wenn Sie uns weiter unterbrechen, ist ... dann sind wir draußen. Dann gehen wir, weil das alles wirklich sinnlos ist.
Angekl. Baa[der]:
Dann ist der Prozeß für uns zu Ende, um das nochmals klar zu sagen: für uns.
Vors.:
Herr Raspe.
Angekl. Ra[spe]:
Weil Sie - ja, ich werd jetzt hier auch weiter fortfahren.
[2657] Angekl. Baa[der]:
Ich hab das einfach satt! Ja, wirklich!
Angekl. Ra[spe]:
Ich habe gesagt, daß die B. Anwaltschaft diese Art von Forschung unmittelbar gegen die Gefangenen aus der Stadtguerilla anwendet, indem sie uns isoliert, und dass es im Bericht des B. Kriminalamts von den Zellenrazzien offen konstatiert wird, daß es trotz Isolation nicht gelungen sei, unseren Widerstand, d. h. die Gruppe, zu zerbrechen. Mende stellt fest - Zitat:
„Die Grenzen der menschlichen Anpassungsfähigkeit lassen sich heute noch nicht genau festlegen. Zentrale Bedeutung erlangt dabei die Frage der Verantwortlichkeit, d. h., des Freiheitsgrades.“
Wir sagen: das heißt, der politischen Identität. Das Kriterium dieses Belastbarkeitsbegriffs ist eindeutig; der physische Zusammenbruch, oder alternativ der Verrat, und die Übertragung dieses Begriffs von Belastbarkeit auf uns kann nur heißen: Solange wir politisch noch nicht zusammengebrochen sind oder physisch, sind die Haftbedingungen vertretbar.
In diesem Zynismus, Sinnfindung in ihrem Leiden, um die Dehnbarkeit der Grenze psychischer Belastbarkeit festzustellen bzw. zu bezeichnen, ist in diesem Zusammenhang auch zu sagen, daß das ein Konstituens konservativen, faschistisch-instrumentalisierbaren Denkens ist. Es meint: Sinnfindung in der Unterwerfung, und d. h. Passivität gegenüber der Tatsache, also Quietismus gegenüber der Tatsache, als Angehöriger der unterdrückten Klasse geboren zu sein oder im Verlauf seiner Geschichte proletarisiert, deklassiert, verelendet worden zu sein. Sinnfindung im Leiden ist die Ideologie des Stillhalteabkommens im Klassenkampf. Die Psychiatrie, die davon quatscht, stellt für sich den Anspruch von Religionsersatz, d. h. die Psychiatrie [2658] produziert da selbst Ideologie, um die Unterdrückung zu legitimieren. Sie treibt Seelsorge; sie macht politischen Widerstand zum Gegenstand idyllischer Betrachtung und so zur Ware und instrumentiert damit die Konterrevolution, jetzt. Der Begriff der psychischen Belastbarkeit ist eine vollständig rechtlose, entrechtete Kategorie. Sie impliziert als Fragestellung die Konservierung bestehender Verhältnisse um jeden Preis. Sie ist die Frage, inwieweit man gehen muß, um Widerstand, der strukturell ist, zu brechen. Sie denkt sich den Menschen außerhalb der Gesellschaft. Dieser Begriff ist im Zusammenhang konkreter Institutionen, kritischer Forschung entstanden, nämlich im Zusammenhang der Hospitalismusforschung, und seine Trennung von der Kritik an den Institutionen, an den bürgerlichen Sozialisationsagenturen ist selbst schon - würden wir sagen - faschistisch, weil er die Frage stellt, wieweit man gehen kann beim Versetzen von Menschen in unmenschliche, außergesellschaftliche Situationen. Außerhalb unmittelbarer Kritik an den Institutionen ist er verwertbar nur in Prozeduren, in denen es auf die diskrete Vernichtung von Menschen ankommt, wie bei Götte z. B. und wie allgemein in den Strategien der Counter-Guerilla. Aber man muß das schon mal sehen, daß die B. Anwaltschaft und Prinzing sich hier auf einen Psychiater einigen, der die KZ-Haft von politischen Gefangenen in einer für die B. Anwaltschaft unmittelbar verwertbaren Weise ausgeschlachtet hat; der die Zwangssterilisation von Subproletariern empfiehlt; der sich also mit staatlichen faschistischen Zwangsmaßnahmen ohne jede therapeutische Funktion voll identifiziert; daß sie sich auf diesen Psychiater geeinigt haben, weil sie sicher sind, daß seine Ergebnisse von vornherein feststehen. Solange nämlich der politische Widerstand von uns gegen die Vernichtungshaft nicht gebrochen ist, [2659] wir also psychisch nicht gebrochen sind, wird Mende die Haftform Isolation nicht verheerend finden. Mende hat es deshalb abgelehnt, unsere Forderung, einen Isolationsforscher zuzuziehen, der ihn kontrolliert, dem Gericht gegenüber zu unterstützen, also die Forderung, die auch Henck[5] und Rauschke[6] hier gestellt haben, womit er also auch konkret hinter deren Forderung zurückbleibt. Er meinte - Mende -, daß Untersuchungen nur stattfinden könnten, wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, und er lehnt es gleichzeitig für seine Person ab, konkret ab, alles das, auch nur irgend etwas zu tun, was ein Vertrauensverhältnis hätte herstellen können. Er versteht unter Vertrauensverhältnis einfach unsere Unterwerfung und Zustimmung zu seiner Sorte von Psychiatrie. Wir konnten das jedenfalls nur zynisch finden, daß ein Arzt Vertrauenswürdigkeit für sich reklamiert, der sich mit Zwangsnarkose, Zwangsszintigraphie, Zwangssterilisation, Elektroschocks, mit diesem ganzen Arsenal der Psychiatrie identifiziert, und der die Vorstellung, daß die Gefangenen selbst einen Arzt verlangen, zu dem sie Vertrauen haben können - also wo es rational begründet wäre - der diese Vorstellung nur befremdend fand.
Und fast schon absurd fand Mende, daß wir ihn von seiner ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Gericht nicht entbinden würden.
Aber ich unterbreche jetzt hier mal.
Vors.:
Wollen Sie fortfahren, Herr Baader?
Ende von Band 144.
[2660] Angekl. Baa[der]:
Ja, also jetzt moment mal.
Also ich war dabei, die bei... wie sich zu Ehrhardt zwei Gründe entwickelt hat, die seine Ablehnung begründen, nämlich:
... aus der allgemeinen politischen Funktion der Psychiatrie, die er als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie repräsentiert hat und repräsentiert und
2. was seinen Krankheitsbegriff ...
Und ich war bei dem dritten Punkt, der der wichtigste und konkreteste ist, das ist die direkte Verfügbarkeit der Gerichtspsychiatrie, ihre Funktionalisierung für Folterprogramme. Wir haben hier, um das nochmals kurz zu sagen, die reaktionäre soziale Funktion, die gesellschaftliche Zwangsfunktion des psychiatrischen Projekts überhaupt noch nicht beschrieben, aber ganz sicherlich nicht analysiert, und Sie würden das ja auch nicht zulassen, wie sich zeigt, obwohl diese Analyse, wie ich gesagt hab, zwingend einen politischen Antagonismus zwischen sozialistischer Politik und dem psychiatrischen System, System hier als Institution Praxis und Theorie, belegt, indem diese beiden Psychiater gegen uns befangen sein müssen. Ein Antagonismus, der legt nun einmal die Fiktion, den Anspruch wissenschaftlicher Begutachtung zugrunde, Psychiater in politischen Prozessen - oder sich auf Wunder mal einzulassen hier - in Veranstaltungen als Folge gegensätzlicher politischer Motivation, der auf jeden Fall verbieten würde - dieser Antagonismus, Psychiater als neutrale Gutachter zu behaupten. Ihre Neutralität wird in einem Prozeß wie diesem zu einer Absurdität. Sie sind zwangsläufig eine Funktion politischer Justiz oder sie sind es gezielt wie[b] hier, wo ihr Job einfach ist, das ist in der reaktionären Determinierung der Psychiatrie wie Ehrhardt und Mende sie vertreten, zwingend, oppositionelle Politik zu pathologisieren.
[2661] Aber ich nehme an, daß wir diese Analyse irgendwie nochmals machen, und dann werden wir sie - das haben wir gestern besprochen - auch dem Gericht zur Verfügung stellen, d. h. wir werden sie in die Akten schieben, denn das erscheint uns wichtig, weil die Psychiatrisierung der Insurrektion - das geht aus den Äußerungen praktisch aller damit befaßten Politiker hervor: Maihofer, Herold, Genscher früher - tatsächlich ein zentrales Projekt der Counter-Strategie ist. Aber konkret: Die direkte Funktionalisierung für Folter oder, wie Ehrhardt es nennt, Aussagebeeinflussung, ungesetzliche Aussagebeeinflussung - daß das eine Dimension des ganzen Begriffs ist, das möchte ich auch mal feststellen, denn Folter dient schon lange nicht mehr nur dem Zweck der Aussagebeeinflussung; das verkennt die Menschenrechtskommission in Straßburg; nach dem Russeltribunal gegen Folter[7] ist die Begriffsdefinition[c] inzwischen eine wesentlich andere, das sollten Sie vielleicht mal nachsehen - aber jedenfalls ist die direkte Funktionalisierung für Folter bei Ehrhardt aus seinen gesamten rechtspolitischen Initiativen und bei Mende aus der Fragestellung, seiner Erforschung der Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit, nachzuweisen. Bei beiden ergibt sich auch aus dem, wie wir gezeigt haben und noch zeigen werden, normativ biologischen Krankheitsbegriff und aus ihrem Verständnis der Arzt-Patienten-Beziehung, die sie als Gewaltverhältnis propagieren, damit als grund- und menschenrechtswidrig.
Die Protokolle des Sonderausschusses belegen deutlich, wie Ehrhardt versucht - und wir würden jetzt sagen, erfolgreich versucht - nach der Fiktion des GrundG die rechtlichen Voraussetzungen, aus denen die nationalsozialistische Zwangsmedizin, die Massenexperimente in KZs z. B. möglich waren, zu restaurieren. Bei ihnen läuft das unter ärztlicher [2662] Handlungsfreiheit gegen sein Objekt oder Opfer, krank oder nicht; eine ärztliche Handlungsfreiheit, deren Intension das Grundgesetz im Weg ist. In dem Zeug, das wir von ihm gelesen haben - in dem rechtspolitischen Zeug - empfiehlt der Präsident - denn das war er damals, der Psychiater - zwei Methoden, wie sich das GrundG und das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Willensentscheidung umschiffen läßt, das im übrigen Art. 1[8] und Art. 2 d. GG[9] „... als wirklichkeitsfremde Rechtsvorschrift“ - wörtliches Zitat - erleidet. Die erste Methode, die propagiert ist durch Täuschung. Er sagt dazu - wörtliches Zitat:
„Wir sind der Meinung, daß Fragen dieser Art, Fragen der Aufklärung und Erweiterung der Aufklärungspflicht ...
- nee -
Fragen der ... Fragen der Aufklärung und Einwilligung des Patienten bei jedem neuro-chirurgischen Eingriff
- bei jedem neuro-chirurgischen Eingriff, d. h. bei einem chirurgischen Eingriff insgesamt -
keine Erweiterung der Aufklärungspflicht begründen.
Bei einem Depressiven etwa berühren derartige Fragen den Kern seiner Psychose, und ich erinnere hier daran ... jeder zweite Psychotiker
- also auch jeder Zweite potentielles Objekt solcher Eingriffe. Er sagt also:
berühren den Kern seiner Psychose, und mit erschöpfenden Belehrungen würde man genau das Gegenteil dessen erreichen, was im Interesse des Kranken liegt. -
„Der gewissenhafte Psychiater wird also die von Rechts wegen geforderte Aufklärung seines Patienten sehr vorsichtig und sehr individuell handhaben, um nicht gegen die wohlverstandenen Interessen des Kranken zu verstoßen.“
[2663] Dazu ist nochmals zu erinnern, daß die Psychochirurgie, der Eingriff insgesamt, die hier im wohlverstandenen Interesse jedes Zweiten liegen könnte - die hier im wohlverstandenen Interesse jedes Zweiten liegen könnte - wie die FAZ - immerhin die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sagt, eine reine Negativtherapie ist. Besser ist das entwickelt bei Delgado: Eine Negativtherapie, die Funktionen des Gehirns nur abbauen, also verstümmeln kann, aber nicht qualitativ beeinflussen. Ich nehme an, daß man hier nicht genau erklären muß, was es bedeutet, wenn ein Arzt propagiert, der gewissenhafte Psychiater solle sein Objekt, den Kranken, über einen Eingriff im unklaren lassen, in dessen Folge er sich über nichts mehr klarwerden kann. Negativtherapie heißt ja tatsächlich, es ist eine Maßnahme, die für ihr Opfer negativ ist, und Therapie - nach Ehrhardts Verständnis - vermutlich für den Staat als Gesellschaft sanitärer Funktion. Ehrhardt kennt natürlich die wohlverstandenen Interessen des Kranken besser als sie selbst - der Kranke, ja, und so sagt er ganz natürlich - also wörtlich:
Er - also der Psychiater - von seinem beruflichen und ethischen Standpunkt aus in bestimmten Fällen glaubt, dieses Grundrecht, nämlich die umfassenden Informationen wie die Folgen eines Eingriffs, im Interesse des Patienten ignorieren zu müssen.
Oder anders - auf S. 195 dieser Schrift -:
„Der willensfähige Patient kann jederzeit seine Einwilligung widerrufen, einschränken oder ausdehnen“,
was nur belanglos erscheint, denn entweder sind die von ihm von vornherein für willensunfähig erklärten Patienten in seiner Hand oder - wörtlich:
„... der im weiteren Verlauf der Erkrankung und der Behandlung“
[2664] der Erkrankung und der Behandlung - also der im weiteren Verlauf der Behandlung willensunfähig gewordene Patient hat diese Möglichkeit seiner Einwilligung, zu widerrufen, nicht; mit anderen Worten: Der Psychiater macht sie willenlos im Verlauf der Behandlung, und das ist wirklich auf ... das auf den Begriff gebrachte ... die auf den Begriff gebrachte Gewaltmaßnahme in seiner Schrift zur Aussagebeeinflussung. Dann steht da nur noch lapidar:
„Die Willensentschließungsfreiheit ist bei allen psycho-diagnostischen Methoden einschließlich der gezielten psychiatrischen Exploration eingeschränkt.“
Dann muß - so wörtlich -
„... die Einwilligung dem Arzt nicht persönlich oder schriftlich gegeben werden. Es kann auch konkludentes Handeln oder ein stillschweigendes Einverständnis, das der Arzt aus dem Gesamtverhalten des Patienten erschließt,
- erschließt -
ausreichen.“
Naja. Soviel zu Ehrhardts Verständnis ärztlicher Handlungsfreiheit. Sein Verständnis, das empfiehlt ihn tatsächlich für dieses Paladium der Freiheit, wie Prinzing hier diesen Laden genannt hat.
Das sind natürlich nur Worte, und es ist klar, daß sich niemand vorstellen kann, was sich dahinter an Elend und Barbarei in den Asylen verbirgt, in den Asylen, für deren Funktionäre Ehrhardt als Präsident ihrer Standesorganisation in diesem Aufsatz spricht.
Das war also in erster Linie die Täuschung, und nach der Täuschung - ganz natürlich - als zweite Linie der ungesetzliche Zwang, also nicht etwa durch richterliche Entscheidung abgesicherte Zwang, sondern der offen ungesetzliche Zwang, den Ehrhardt in dieser [2665] Schrift propagiert. Seine Formel dazu ist, wie bei Maihofer,[10] der übergesetzliche Notstand[11] - das ist eigentlich interessant. Also es genügt ihm, für einen neuro-chirurgischen Eingriff ins Gehirn, für eine Verstümmelung des Gehirns, d. h. nicht mal die rechtliche, sondern die chirurgische Entmündigung des Menschen schon - und das ist wieder wörtlich:
„... die mutmaßliche Einwilligung[12] bei Gefahr im Verzug ...“
- die mutmaßliche Einwilligung bei Gefahr im Verzug - naja. Wenn also der Arzt in seinem,
- das ist immer noch wörtliches Zitat -
des Patienten, wohlverstandenen Interesse handeln muß im Sinn einer Geschäftsführung ohne Auftrag[13] ...“
Interessant ist hier auch tatsächlich die Identität der Formeln: Gefahr im Verzug ist eine Polizeiformel,[14] ganz sicher keine medizinische. Gefahr im Verzug behauptet die B. Anwaltschaft und die Polizei, wie sie das in diesem Verfahren ohnehin gegenstandslose Institut der richterlichen Kontrolle umschiffen wollen.[15]
Ehrhardt kommt dann zu dem Schluß:
„Eine Duldung durch direkten Zwang ist auf Ausnahmen z. B. Strafverfahren, beschränkt. Allerdings sind für die Kriminalpsychiatrie diese Ausnahmen Regel.“
Und er sagt noch:
„Für den Psychiater am wichtigsten
- also für den Psychiater am wichtigsten, nicht etwa[d] für den Patienten -
ist die Möglichkeit der Durchführung diagnostischer Eingriffe“
und da führt er an die Lumbal- und Suboccipitalpunktion, Luftenzephalographie und zerebrale Arteographie ...“
[2666] auch gegen den Willen des Beschuldigten, gem. § 81[ StPO][16], was immer bedeutet, und das werde ich gleich noch erklären, aber auch das ist noch wichtig:
Unter Diagnose läuft natürlich ... unter diagnostischer Maßnahme läuft natürlich auch Deprivation, d.h. sensorische und soziale Deprivation, bei Gross in Hamburg, der diese Projekte ja entwickelt, was immer bedeutet: Ist der Untersuchende einverstanden, so ist jeder dieser Eingriffe statthaft, sofern er indiziert ist, sagt Ehrhardt. Im Falle einer Weigerung bedarf es einer besonderen Anordnung des Richters, die der Sachverständige mit einer entsprechenden Begründung beantragt.
Da kann man nur sagen, allerdings, wenn nicht die B. Anwaltschaft selbst die Initiative ergreift, selbst interveniert wie bei Löw, der ja auch Gehirnchirurg ist und von sich aus den richterlichen Beschluß anregt. Es läßt sich erklären an diesem Verfahren, in der Rolle Witters, was das konkret bedeutet. Wenn Sie jetzt sagen werden - weil ich jetzt auf Witter kommen werde - das gehört nicht zur Sache, dann irren Sie, Ehrhardt ist wie Mende und Witter einer der vier Spitzenfunktionäre der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und - das ist wesentlich - Ehrhardt[e] ist wie Witter Protagonist der herrschenden Lehre. Beide haben einen Lehrstuhl, und Moser z. B., der hier zitiert worden ist, nennt ihre Beziehungen[f] ein Komplott. Beier, Kisker und Hefner - das sind immerhin Ordinarien für Psychiatrie, nicht für forensische Psychiatrie, sondern für Psychiatrie - nennen die Beziehungen zwischen Ehrhardt und Witter eine außerwissenschaftliche Übereinkunft. Welcher Art diese Übereinkunft ist, das will ich jetzt mal nicht ausführen. Schließlich hat aber auch noch ein Gefängnisarzt, von dem hier schon die Rede war, gesagt: „Die Stecken doch alle unter einer Decke.“ Naja, als Präsident und Sekretär [2667] der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie ganz sicher.
Ich würd sagen, ich werde jetzt mal unterbrechen, weil ich nicht mehr sprechen kann und Jan macht weiter.
Vors.:
Herr Raspe, fahren Sie fort.
Angekl. Ra[spe]:
Ja, im Zusammenhang der direkten Verfügbarkeit der Psychiatrie für Folter und im Zusammenhang der Bestellung dieser Psychiater, aus diesem Grund ist zu Mende weiter zu sagen, und zwar an diesem Punkt, der auch in dem Beschluß der Bestellung von Ehrhardt und Mende von Prinzing genannt wird, nämlich der Tatsache, daß Mende sich im Zusammenhang mit dem Unglück in Lengede[17] mit Fragen der Isolation befaßt habe. Es ist also da nochmals zu erinnern - und ich hab das gestern schon gesagt und auch Herr Heldmann hat es schon genannt -, daß Mendes Satz, seine Untersuchungen dort als eine Beschäftigung mit dem Problem der Isolation zu bezeichnen, sein Satz, das sei ein bißchen übertrieben, naja, also daß wir sicher sind, daß sich Prinzing und dieser Senat über diese Tatsache, daß Mende das für etwas übertrieben hält, nicht wundern werden;
OStA Zeis verläßt um 9.40 Uhr den Verhandlungssaal.
denn sie haben Mende nicht ausgewählt, weil er sich kritisch mit Isolation beschäftigt hätte - das war in dem Senatsbeschluß nur auf propagandistische Wirkung abgestellt - Sie haben Mende ausgewählt ...
Vors.:
Sie sollten sich, Herr Raspe, auch nicht mit dem Senat befassen, wenn Sie Herrn Prof. Mende ablehnen wollen.
Angekl. Ra[spe]:
Na hören Sie mal.
Vors.:
Auch hier müßten Sie Einschränkungen machen, wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen, daß das zu Beanstandungen führt, die Sie kennen.
[2668] Angekl. Ra[spe]:
Der Punkt ist ganz eindeutig, daß Sie hier in dem Beschluß des Gerichts oder daß das Gericht in seinem Beschluß als einen der Gründe für die Bestellung Mendes genannt hat, er hätte sich im Zusammenhang seiner Untersuchungen zu Lengede[g] mit Isolation beschäftigt.
Vors.:
Mit dem Verhalten des Senats können Sie nicht Herrn Prof. Mende belasten.
Angekl. Ra[spe]:
Wenn Sie in diesem Punkt behaupten wollen, es gehört nicht zur Sache, dann müssen Sie das mal hier wirklich öffentlich erklären.
Vors.:
Herr Raspe, das ist kein Ablehnungsgrund gegen Herrn Prof. Mende. Bitte nehmen Sie das jetzt zur Kenntnis. Sie müssen sich auf diesen Punkt beschränken.
RA Dr. He[ldmann]:
Das ist wieder mal die Situation, die Sie selbst ihm besonders zugelegt haben.
Vors.:
Ich habe jetzt davon gesprochen, was wir hier tun, und es ist unbegreiflich, daß sich Rechtsanwälte hier schon wieder in diese Auseinandersetzung oder diese Belehrung von Herrn Raspe einmischen wollen. Das hat doch niemals einen Befangenheitsgrund abzugeben gegenüber Prof. Mende. Er kann überhaupt nichts dafür ...
RA Dr. He[ldmann]:
Natürlich haben Rechtsanwälte hier überhaupt nichts zu sagen, das weiß ich schon lange.
Vors.:
Herr RA Dr. Heldmann, nein. Es spricht jetzt Herr Raspe, also hat er ...
RA Dr. Heldmann unverständlich.
Herr RA Dr. Heldmann, es sind interessante Ausführungen, die Sie machen.
Sie haben das Wort, Herr R.Ref. Düx.
Referendar D[üx]:
Vielen Dank. Und zwar der Zusammenhang, der ist doch bereits gestern schon angedeutet worden, daß es nicht nur darum geht bezüglich der Person des Gutachters, sondern im zweiten Zuge natürlich auch darum geht um die institutionelle Bedeutung dieses Gutachters, d. h., die Befangenheit ist [2669] doch gestern auch schon angedeutet worden in die Richtung hin, inwieweit dieser Gutachter eine bestimmte, auch politische Funktion in diesem Verfahren übernehmen soll, womit die Entscheidung dieses Gerichts natürlich eingeht, indem ihm nämlich eine bestimmte Funktion zugewiesen werden soll. Hier besteht ein Zusammenhang, und ich möchte weiter darauf hinweisen: Selbstverständlich ist auch mir bekannt, daß Sie die Möglichkeit aufgrund Ihrer Prozeßleitungsbefugnisse haben, hier zu sagen, es steht nicht in einem Zusammenhang. Sie haben auch darüber die Interpretationsherrschaft. Aber wenn Sie immer in einem bestimmten ... Es ist doch auffällig, daß gerade an dem Punkt, wo in bestimmtem Maße auch eine politische Erklärung abgegeben wird, eine politische Interpretation abgegeben wird, daß Sie in diesem Punkt [h] plötzlich nicht mehr den Sachzusammenhang sehen. Ich würde doch in Zukunft darum bitten: Wenn Sie hier unterbrechen und rügen, daß der Sachzusammenhang nicht besteht, daß Sie dann auch erklären, warum der Sachzusammenhang nicht besteht, denn das würde uns doch schon wesentlich interessieren.
Ende von Band 145.
[2670] Vors.:
Wenn Sie zugehört hätten, dann habe ich das damit begründet, daß Herr Prof. Mende nicht als befangen angesehen werden kann wegen eines bestimmten Verhaltens des Senats.
Bitte, Herr Raspe, fahren Sie fort, halten Sie sich aber an die Belehrung.
Angekl. R[aspe]:
Jedenfalls ist Mende ausgewählt worden aus einer bestimmten Funktion, nämlich weil er, wie Gross, die Grenzen menschlicher Belastbarkeit untersucht hat, um sie der Justiz verfügbar zu machen, als die Grenze, an der der verfassungsmäßige Subjektstatus, und das impliziert die Verteidigungsfähigkeit des Angeklagten, gebrochen wird. Das ist exakt die Zielsetzung der Isolation. Und Mende ist auch aus der Funktion hier bestellt worden, in der er die Katastrophe von Lengede wissenschaftlich ausgeschlachtet hat. Da er kein Arbeitsmediziner ist, also diesen Arbeitsunfall nicht studiert haben kann, und die Ausbeutungsbedingungen der Ilseder-Hütte zu verschärfen, erweist sich genau mit der Erklärung, sein Interesse, sei die Erforschung der Grenzen der psychischen Belastbarkeit, erweist sich genau darin sein Interesse an Folter. Und genau das würde eine Befragung zu seiner Qualifikation hier ergeben, das ist sicher. Denn Bergwerksunglücke und die Erforschung von Lebensbedingungen von Einhandseglern sind genau die zwei Projekte, die in der Deprivationsforschung, in der Folterforschung, immer angegeben werden, um das Counter-Projekt der Polizei und des Militärs, das immer dahintersteckt, zu verschleiern. Man gibt der Folterforschung damit einen humanistischen und grundwissenschaftlichen Anstrich, als ob verschütteten Bergarbeitern damit geholfen werden könnte, daß die Weißkittel über Tage über die psychische Katastrophe etwas wissen, die es über die unmittelbare Todesgefahr in der Situation hinaus ist, eingeschlossen, geräuschisoliert, in sozialer Isolation zu sein. Der Hinweis auf Lengede, mit dem Prinzing uns Mende zu empfehlen versucht oder richtiger, nicht uns, sondern der Öffentlichkeit, beweist natürlich, er macht evident, er zeigt seine Fähigkeit, sich vorstellen zu können, was Isolation ist. Er zeigt den enormen ...
[2671] Vors.:
Herr Raspe, ich verwarne Sie jetzt zum allerletzten Male, beim nächsten Male hat es Konsequenzen. Ich habe Ihnen gesagt, daß Verhaltensweisen anderer Verfahrensbeteiligten - dazu zähle ich auch mich - keineswegs einen Befangenheitsgrund abgeben könnten gegen Prof. Mende. Ich bitte Sie jetzt im Zusammenhang zu bleiben, weitere Abschweifungen nehme ich nicht hin. Sie haben jetzt die letzte Gelegenheit dazu, bitte fortzufahren.
Angekl. R[aspe]:
Ich möchte Sie also nur darauf hinweisen ...
Referendar Düx:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Nein, ich gebe jetzt dazu kein weiteres Wort. Ich habe mit Herrn Raspe gesprochen, dazu gibt es keine weiteren Erklärungen mehr.
Referendar D[üx]:
Dann bitte aber um eine Begründung, warum ...
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Raspe ist ja hier ohne Verteidiger, gell?
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie jedenfalls sind sein Verteidiger nicht.
RA Dr. H[eldmann]:
Sie wissen, daß es ein gemeinsamer Text ist, und nicht ich habe ums Wort gebeten in erster Linie[i], sondern in erster Linie der Kollege hier und der ist Raspes Verteidiger.
Vors.:
Selbst wenn es ein gemeinschaftlicher Text ist, spricht im Augenblick, soweit ich bemerke, Herr Raspe. Folglich ist allenfalls der Verteidiger von Herrn Raspe berufen, sich dazu zu äußern.[18]
Sie wollen das Wort wieder haben, ja? Bitte.
Referendar D[üx]:
Ich darf nochmal darauf hinweisen; ich weiß nicht warum es so schwierig ist, es zu begreifen und zwar, daß der Ablehnungsgrund sich doch auf zwei Dimensionen beziehen kann 1. die Person und die Qualifikation des Gutachters ...
Vors.:
Sie wiederholen sich, das habe ich schon vorhin mitbekommen.
Referendar D[üx]:
... und 2. die Funktion ...
Dann bitte ich Sie darum mal zu erklären, warum es nicht möglich ist[j], den Ablehnungsgrund auf die Funktion dieses Gutachters hier zu stützen. Es geht darum, daß hier Herr Raspe gerade gegenwärtig begründet ... Würden Sie vielleicht noch zuhören? ... gerade noch gegen- [2672] wärtig begründet, seine Besorgnis der Befangenheit. Es geht also darum, seine Gründe anzugeben warum er meint, daß dieser Gutachter für ihn befangen ist. Und es gibt in diesem Zusammenhang 2 Begründungsmöglichkeiten, und ich weiß nicht, was es für Gründe hat, daß Sie sich sperren, diese zweite Ebene zu begreifen. Diese Ebene nämlich, die politische Funktion, die offenbar dieser Gutachter vertreten soll. Und es ist nichts natürlicher, als wenn sich dagegen eben sehr wohl Herr Raspe zu Wehr setzt, daß er in einer bestimmten politischen Funktion hier auftritt. Es ist Ihnen doch ... Es kann Ihnen doch auch nicht entgangen sein ...
Vors.:
Nun, Herr Rechtsanwalt, kommen Sie endlich zur Sache.
Referendar D[üx]:
Darf ich ... Darf ich bitte vorher meine Sätze beenden.
Vors.:
Ich habe Ihnen ... Ich habe Ihnen vorher erklärt, daß Ihre Behauptung, hier habe der Sachverständige nach den Intensionen des Gerichts eine bestimmte Funktion, von mir nicht qualifiziert werden sollte. Sie haben es dann herausgefordert, daß ich Ihnen sagte, das ist Unsinn. Bei dieser Meinung bleibe ich nach wie vor. Wenn Sie diese Meinung nach wie vor vertreten, daß der eine bestimmte Funktion habe, gibt es Herrn Raspe kein Recht, in diesem Gebiet sich weiter zu verbreitern, weil das mit der Sache nichts zutun hat. Es trifft nicht zu, was Sie sagen.
Referendar D[üx]:
Aber selbstverständlich, es ist doch ...
Vors.:
Und Sie können nicht ständig das wiederholen. Ich bitte jetzt ...
RA Sch[ily]:
Ich bitte ums Wort.
Vors:
... Herrn Raspe, fortzufahren.
Referendar D[üx]:
Ne, so laß ich mir das Wort nicht ...
Angekl. R[aspe]:
Ich bitte darum Herrn Schily mal zu geben.
RA Sch[ily]:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schily, nein es ist jetzt Herr Raspe dran und hat jetzt die Gelegenheit, fortzusetzen.
RA Sch[ily]:
Nein, Herr Vorsitzender, wenn Sie Erklärungen abgeben, daß etwas Unsinn sei, würde mich interessieren, [2673] ob auch[k] die übrigen Mitglieder des Senats diese Auffassung teilen oder, ob das sozusagen Ihre Privatmeinung ist.
Vors.:
Wollen Sie hier einen Antrag in irgendeiner Richtung stellen, daß der Senat eine Erklärung abgibt, ob er etwas für Unsinn hält?
RA Sch[ily]:
Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, aber wenn Sie eine Erklärung abgeben, etwas sei Unsinn ... eine Antragsbegründung ...
Vors.:
Ich habe Ihnen gesagt, Herr Rechtsanwalt ...
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, wenn Sie bei einer Antragsbegründung und bei einer ...
Vors.:
Werden Sie nicht laut, werden Sie bitte nicht laut. Es geht auch leise, wir verstehen Sie.
RA Sch[ily]:
Es ist manchmal vielleicht notwendig, damit ich mich verständlich machen[l] kann.
Vors.:
Nein, nein es ist nicht notwendig.
RA Sch[ily]:
Doch. Dann möchte ich wissen, was damit nun eigentlich gemeint ist, ob hier, wenn hier vom ex cathedra erklärt wird, etwas ist Unsinn. Nehmen Sie sich qua[m] Verhandlungsleitung das Recht, hier zu sagen, das ist Unsinn, das ist vielleicht doch gerade sinnvoll.
Vors.:
Ja, Sie wissen, daß ich das Wort nicht gebrauchen wollte, ich wurde dazu aufgefordert. Ich sage nochmals ... eine ...
RA Sch[ily]:
Ist das ne Frage der Aufforderung, Herr Vorsitzender, ist das eine Frage, ob ich aufgefordert werde oder nicht.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, darf ich meinen Satz beenden oder sind Sie jetzt wieder im Wort, das Sie mir einfach abschneiden wollen.
RA Sch[ily]:
Sie haben mich doch unterbrochen oder habe ich Sie unterbrochen?
Vors.:
Nein, Sie haben mich unterbrochen.
RA Sch[ily]:
Aha.
Vors.:
Ja, so ist das.
RA Sch[ily]:
Sie fallen doch ständig uns ins Wort, das ist doch der Fall.
[2674] Vors.:
Leider nötigt mich die Verhandlungsführung dazu. Sie sind nicht der Verhandlungsführende, deswegen in der glücklichen Lage, ...
RA Sch[ily]:
Darf ich fragen, ob das zur Verhandlungsführung ...
Vors.:
... daß Sie nicht unterbrechen müssen.
RA Sch[ily]:
... gehört, daß Sie einfach eine bestimmte Begründung als Unsinn bezeichnen.
Vors.:
Ja, ich habe Ihnen gesagt ...
RA Sch[ily]:
Aha.
Vors.:
... daß ich das Wort nicht verwenden wollte. Ich wurde dazu aufgefordert. Ich bleibe dabei, daß die Behauptung, wir hätten hier eine bestimmte Funktion im Auge, die der Sachverständige ausüben solle, wir, das Gericht bei seiner Auswahl, ein Unsinn ist.
Angekl. B[aader]:
Herr Prinzing, erlauben Sie ...
Vors.:
Herr Raspe, fahren Sie bitte jetzt fort.
Angekl. B[aader]:
Erlauben Sie ...
RA Sch[ily]:
(Anfang unverständlich) ... er hat das doch verkündet.
Angekl. B[aader]:
Sie haben doch zugelassen, daß wir hier sozusagen das Wort gemeinsam haben bisher. Dann möchte ich mal kurz dazu sagen, erlauben Sie, das ist doch absurd, nach dem was wir allein an Tatsachen vorgetragen haben ...
Vors.:
Herr Baader, bitte ...
Angekl. B[aader]:
Sie können doch nicht ...
Vors.:
... es hat jetzt keinen Sinn. Sie kennen jetzt die Maxime, die ich aufstelle, Verhaltensweisen, die andere Verfahrensbeteiligte zeigen, können keinen Befangenheitsgrund gegen Prof. Mende abgeben.
Angekl. B[aader]:
Aber hören Sie, ich muß Ihnen mal sagen, das ist einfach auch eine ungeheure, das ist wirklich eine ungeheure intellektuelle Unverschämtheit, was Sie hier machen, weil Sie wissen, daß das ein Zusammenhang ist in diesem Text. Und weil z. B. eine absolut zwingende Begründung, aus der heraus diese Psychiater abzulehnen sind, sich ergibt aus der Rolle der Bundesanwaltschaft, die wir später thematisieren werden im Zusammenhang des toten Trakt,[19] im Zusammenhang des Ver- [2675] suchs der Psychiatrisierung von Ulrike ...
Vors.:
Ich fürchte, Herr Baader, Sie kommen nicht ...
Angekl. B[aader]:
Hören Sie bitte zu. Verdammt. Kann man nicht einen Satz hier zu Ende reden ohne daß Sie ...
Vors.:
Ich fürchte, Sie kommen nicht so weit. Ich darf Ihnen dazu nochmals sagen, ich habe das wiederholt, es nimmt niemand auf Ihrer Seite davon Kenntnis. Die Bundesanwaltschaft hat sich jeder Einflußnahme enthalten auf die Frage der Auswahl der Sachverständigen. Bitte, nehmen Sie es zur Kenntnis ...
Angekl. B[aader]:
Aber, es gibt doch, Herr ...
Vors.:
Also kann, Herr Baader ...
Angekl. B[aader]:
Ich glaube langsam wird man hier, dreht man hier wirklich durch, weil Sie offenbar nicht folgen können.
Vors.:
Hören Sie jetzt bitte zu, Herr Baader ... Herr Baader ...
Angekl. B[aader]:
Es ist ganz eindeutig, daß eine Beziehung ...
Vors.:
Bitte Herrn Baader das Wort abzustellen.
Angekl. B[aader]:
... zwischen Witter und ... (das Mikrophon von Herrn Baader wurde abgestellt)
Vors.:
Herr Baader, es kann deshalb, weil die Bundesanwaltschaft hier keinen Einfluß auf die Auswahl dieser Sachverständigen genommen hat, kein Ablehnungsgrund daraus hergeleitet werden, was die Bundesanwaltschaft sonst in irgendeinem Zusammenhang in Ihren Augen bei der Psychiatrierung getan haben sollte.
RA Sch[ily]:
Ich bitte ums Wort, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schily, ja.
RA Sch[ily]:
Haben Sie eigentlich nicht aufnehmen können, daß Herr Raspe und Herr Baader beide etwas darüber ausgesagt haben mit tatsächlichen Belegen, also auch unter Beweis gestellt haben, daß zwischen Herrn Witter und Herrn Ehrhardt und Herrn Mende außerordentlich enge Beziehungen bestehen. Und wenn Sie schon meinen, daß da ... behaupten zu können, daß ein direkter Einfluß der Bundesanwaltschaft auf Herrn Ehrhardt und Herrn Mende nicht vorliege, wobei ja immerhin doch interessant ist, [2676] daß seitens der Bundesanwaltschaft mindestens bisher der Vorschlag unterstützt worden ist von Ehrhardt und Mende - jedenfalls keine Einwendungen erhoben - aber vielleicht können Sie ja mal was vorstellen von einem indirekten Einfluß und die engen Beziehungen zu Herrn Witter, das ist eben dann das Thema dieser Darstellung, daß man eben das einmal hier dem Gericht auseinandersetzt. Und das können Sie doch nicht unterbinden, selbst wenn Sie der Auffassung, was ich eigentlich auch für sehr bedauerlich und sehr bedenklich halten würde, daß Sie hier schon so eine vorweggenommene Auffassung und sich nicht erst mal den Text im Zusammenhang bis zu Ende mit Geduld anhören. Und dann vielleicht erstmal Ihr Urteil bilden und nicht vorher sagen, das ist Unsinn und das ist, das ist ...
Vors.:
Herr Raspe, fahren Sie jetzt bitte fort. Ich sage Ihnen nochmals, wenn weitere Abschweifungen zu bemerken sind, kann ich Ihnen das Wort nicht belassen.
Angekl. R[aspe]:
Ja, ich will zunächst mal nur sagen, daß wir wir es eigentlich ...
RA Dr. H[eldmann]:
Ich weise ausdrücklich für die Verteidigung Ihren Vorwurf der „Abschweifung“ zurück.
Vors.:
Sie haben jetzt das Wort nicht. Herr Raspe ist im Augenblick daran und soll weiter seine Ausführung machen.
RA Dr. H[eldmann]:
Ja, hoffentlich kann er es jetzt.
Angekl. R[aspe]:
Ich möchte nur sagen, daß wir es an sich nicht vor hatten, das so ausführlich machen, aber daß wir das nachher ausführlich und detailliert darstellen werden und zwar ganz, also konkret an den einzelnen Schritten, in denen sie[n] auch ganz konkreter Zusammenhang zeigen wird, in dem die Bundesanwaltschaft im Projekt der Psychiatrierung der Gefangenen eben die zentrale Rolle spielt. Und das werden wir nachher, wir werden es[o] ja sehr eingehend belegen. Und im übrigen ist es so, daß ihr Verhalten konkret genau das Gegenteil dessen beweist, was sie inhaltlich sagen. Ich habe gesagt, der Hinweis auf Lengede, in [2677] dem also Prinzing, mit dem Prinzing uns Mende zu empfehlen versucht bzw. der Öffentlichkeit, daß er die Fähigkeit zeigt, seine Fähigkeit zeigt, sich vorstellen zu können, was Isolation ist und der Norm auch persönlichen und nicht nur institutionellen Sadismus, der hinter seinen Beschlüssen und unseren Haftbedingungen steckt. Er zeigt, wie er Spaß daran hat, in seinen Beschlüssen und an der Funktion, Marionette der Bundesanwaltschaft zu sein, denn Lengede war das größte Bergwerksunglück in der Geschichte der Bundesrepublik und die größte und teuerste Rettungsaktion, nach dem die Kapitalmasken der Ilseder-Hütte nicht von der ... vor der Öffentlichkeit verstecken konnten, daß da unten noch Menschen sind, die sie abkratzen lassen wollten. Es war die Rettungsaktion mit der größten Öffentlichkeit, die ein Bergwerksunglück hier je hatte. An ihm hat schließlich die ganze Nation unter Führung der Bildzeitung die intellektuelle Anstrengung unternommen, sich vorzustellen, was Isolation ist und zwar auf der Ebene, auf der sie nur zu vermarkten ist, nämlich auf der Ebene der Qual. Weshalb wir gesagt haben, daß sie uns nicht interessiert, daß wir es ablehnen auf dieser Ebene zu argumentieren, weil sie uns denunziert. Was hat man an Lengede da rausgekriegt: Man hat[p] rausgekriegt, daß einige sehr schnell in so einer Situation zerbrechen und man hat rausgekriegt, wie wichtig ist, für das Leben aller ist, daß einer oder anderer ...
Vors.:
Herr Raspe, ich entziehe hiermit jetzt das Wort. Wir haben uns nicht über die Ergebnisse der Forschung im Zusammenhang mit Lengede zu unterhalten, sondern Sie haben die Möglichkeit gehabt, sich zu äußern ...
Angekl. B[aader]:
Verdammt nochmal, das ist wirklich unglaublich.
Vors.:
... zum Ablehnungsantrag gegen Prof. Mende.
RA Sch[ily]:
Ich bitte ums Wort.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich bitte auch ums Wort.
Vors.:
Jetzt bitte ... Zunächst darf ich den Herrn Verteidigern folgendes sagen[q]: Eine Rede kann überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn es der Reihe nach geht, gleichzeitige Wortmeldungen sind im Augenblick sinnlos. Aber ich möchte zunächst mich mal an Herrn Baader wenden. Wenn Sie [2678] weiterhin mit solchen Zwischenrufen ...
Angekl. B[aader]:
Ich weiß, schließen Sie uns doch aus.
Vors.:
... die Verhandlung stören, dann wird das zu Ihrem Ausschluß führen.[20]
Angekl. B[aader]:
Ja, schließen Sie aus.
Vors.:
Ich habe Sie gewarnt. Wer von den Herrn Verteidigern will jetzt zuerst ...
Angekl. B[aader]:
Kann ich vielleicht sprechen. Ich bin doch ... Ich habe doch hier das Wort, soll ich annehmen, oder?
Vors.:
Herr Kollege Düx, Sie haben als einziger im Augenblick, da Herr Raspe betroffen ist, die Möglichkeit sich zu äußern.
Referendar D[üx]:
Ich beantrage also,
dem Herrn Raspe das Wort wieder zu erteilen
und zwar die Begründung: Es ist ... Es fällt immer mehr auf, daß Sie in bestimmten Zusammenhängen, die hier erläutert werden, einfach die Erklärung von Herrn Raspe unterbinden wollen und jetzt sogar insgesamt das Wort entziehen und es ... die Verteidigung oder insbesondere ich kann mich einfach des Eindrucks nicht erwehren, daß Ihnen hier unbequeme politische Zusammenhänge einfach nicht passen, und daß Sie sie abscheiden.
Angekl. B[aader]:
Ich beantrage
eine Pause.
Vors.:
Ich bitte, die Bundesanwaltschaft sich dazu zu äußern.
Reg. Dir. W[idera]:
Wir beantragen,
diesen Antrag zurückzuweisen.
Herr Referendar, immer dann, wenn Verteidiger eine ihrer ureigensten Aufgaben nicht wahrnehmen, nämlich die, ihre Mandanten darüber zu belehren, was zur Sache gehört und was nicht zur Sache gehört, muß der Verhandlungsleiter nunmal eingreifen. Herr Raspe ist wiederholt darauf hingewiesen worden und es ist ihm erklärt worden, warum seine Ausführungen nicht zur Sache gehören und deswegen muß es meines Erachtens bei dem Wortentzug bleiben.
Referendar D[üx]:
Ich beantrage eine Pause.
Begründung: ...
[2679] Vors.:
Es ist im Augenblick zu entscheiden über Ihnen Antrag. Eine Pause kann beantragt werden, wenn die Entscheidung gefallen ist. Herr Raspe, Sie können sich noch dazu äußern.
RA Sch[ily]:
Nein, Herr Vorsitzender ...
Referendar D[üx]:
Dürfen wir uns nicht dazu äußern, Herr Vorsitzender?
Vors.:
Nein.
RA Sch[ily]:
Auf Ihre Erklärung, daß Sie das Wort entziehen im Hinblick auf Ausführungen zu Lengede, bitten wir um eine Pause.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich habe Ihnen gesagt, der Antrag kann gestellt werden, sobald über den Antrag bezüglich des Wortentzuges von Herrn ..., betreffend Herrn Raspe, entschieden ist.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender ...
Vors.:
Herr Raspe, Sie können ... Herr Raspe, Sie können sich jetzt dazu äußern.
RA Sch[ily]:
Moment, es ist zu prüfen, ob gegen Sie ein Ablehnungsgesuch zu stellen ist.
Vors.:
Darf ich Ihnen folgendes sagen, daß diese Prüfung noch möglich ist, auch wenn entschieden ist über den jetzt laufenden Antrag ...
RA Sch[ily]:
Die Verteidigung ...
Vors.:
... und eines sage ich Ihnen, Herr Rechtsanwalt, jetzt nochmals ganz klar, Sie haben es gestern als eine Drohung bezeichnet, Sie mögen es so auffassen ...
RA Sch[ily]:
Ja bitte ... Ja, Sie können die Drohung[21] wiederholen.
Vors.:
Ein Pflichtverteidiger hat die Aufgabe, daß er auch dafür bürgt, daß ein geordnetes Verfahren durchgeführt werden kann ...
RA Sch[ily]:
Genau.
Vors.:
... Was Sie geboten haben in diesem Verhandlungssaal ...
RA Sch[ily]:
Das würde ich sehr gerne ... Das würde ich sehr gerne ...
Vors.:
... ist im Augenblick das Gegenteil ...
RA Sch[ily]:
(Anfang unverständlich) ... die Verpflichtung, aber[r] auch ein Vorsitzender hat ... und Verpflichtung ... Auch ein Vorsitzender hat eine Verpflichtung.
Vors.:
Nehmen Sie sich schon wieder das Wort?
RA Sch[ily]:
Wissen Sie, wenn Sie mir hier Vorwürfe machen, dann mache ich klar[s], was hier los ist.
Vors.:
Sie meinen, Sie können dann, wenn ich rede, mir[t] sofort ins Wort fallen, damit ich ja nicht zu Wort komme.
[2680] RA Sch[ily]:
Na, wenn Sie mich hier versuchen, zu tadeln und mich auf irgendwelche Pflichten hinzuweisen als Pflichtverteidiger, wobei ich diese Unterscheidung für sehr interessant halte, Pflichtverteidiger[22] und Wahlverteidiger[23], da, offenbar wollen Sie da noch differenzieren, was ein Verteidiger da tun muß.[24]
Vors.:
Gewiß.
RA Dr. H[eldmann]:
... offenbar wohl Disziplinierungswünsche hier, Herr Vorsitzender ... auch ums Wort.
RA Sch[ily]:
Na, nicht.
Vors.:
Ein Pflichtverteidiger hat ...
RA Sch[ily]:
Ich beantrage eine Pause.
Vors.:
Gibt es das auch.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich bitte auch ums Wort.
Vors.:
Ich gebe jetzt keinem der Anwälte mehr das Wort. Wir haben jetzt zu entscheiden über den Antrag.
(RA Schily und RA Dr. Heldmann reden unverständlich durcheinander)
RA Sch[ily]:
... überhaupt keinen mehr.
RA Dr. H[eldmann]:
Dann können wir gleich hier rausgehen, gell?
RA Sch[ily]:
Dann können wir doch rausgehen.
Vors.:
Im Augenblick kriegen die Anwälte nicht das Wort. Herr Raspe, Sie haben noch die Möglichkeit ...
RA Dr. H[eldmann]:
Nein, Herr Raspe und Herr Baader haben abwechselnd diesen Text gelesen und ich bin Baader’s Verteidiger, darum bitte ich ums Wort. Es ist der identische Text.
Vors. (nach geheimer Beratung):
Der Senat hat beschlossen[u]:
die Wortentziehung für den Angeklagten Raspe bleibt aufrechterhalten.
Der Angeklagte hat trotz wiederholter ... (Angekl. B[aader] und einige Rechtsanwälte reden unverständlich durcheinander) ... Der Angeklagte ... Darf ich die Begründung zu Ende führen?
RA Sch[ily]:
Nein, ich beantrage eine Pause.
Vors.:
Der Angeklagte hat trotz wiederholter Abmahnung nicht davon abgelassen, immer wieder von der Sache abzuschweifen. Deswegen ist ihm das Wort zu entziehen gewesen.
RA Sch[ily]:
Ich stelle den Antrag
auf Erteilung einer Pause.
[2681] Vors.:
Darf ich um die Gründe bitten.
RA Sch[ily]:
Es wird zu prüfen sein, ob gegen Sie, Herr Vorsitzender, ein Ablehnungsgesuch einzureichen ist.[25]
Vors.:
Es wird Ihnen Gelegenheit gegeben zu beraten, aber die Pause wird für 10 Minuten abgeordnet, nicht länger.
RA Sch[ily]:
(Anfang unverständlich) ... Beruhigung der Gemüter ¾ Stunde ...
Pause von 10.01 Uhr bis 10.17 Uhr
Ende Band 146
[2682] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.17 Uhr
- RAe. Schily, Dr. Heldmann und R.Ref. Düx sind nicht mehr anwesend.-
Vors.:
Darf ich die Herrn bitten, Platz zu nehmen. Wir setzen die Sitzung fort. Herr Baader, Sie haben die Möglichkeit weiter Ausführungen zu machen.
RA R[iedel]:
... wenigstens den Kollegen Bescheid sage, die ja gar nicht wissen, daß es jetzt weiter geht.
Vors.:
Die Kollegen wußten es ja. Es ist auch vom Sitzungswachtmeister jetzt gesagt worden, daß das Gericht einzieht. Sie sind verständigt.
RA R[iedel]:
Dann erlaube ich mir trotzdem, nochmal die Kollegen darauf hinzuweisen, daß die Sitzung tatsächlich weiter geht.
Vors.:
Bitte, bitte, es wird Herr Baader jetzt die Gelegenheit haben, seine weiteren Ausführungen zu machen.
Angekl. B[aader]:
Naja, ich weise Sie darauf hin, daß hier ein Ablehnungsantrag im Moment gegen Sie formuliert wird und ich würde an Ihrer Stelle doch warten. Ich mein, ich kann natürlich den auch so aus der Hand hier begründen für mich, aber das wäre doch lächerlich. Warten Sie doch bitte, bis die Rechtsanwälte zurück sind und ihren Ablehnungsantrag hier vorbringen können.
Vors.:
Herr Baader, wir haben jetzt die Sitzung fortgesetzt. Wir haben die Zeit benannt. Die Herrn waren im Saale und sind wieder gegangen.
Angekl. B[aader]:
Wir wissen, daß Ihnen diese Verteidiger außerordentlich lästig sind. Das ist schon klar. Aber nun warten Sie doch wenigstens die eine Minute bis sie hier wieder im Saal sind.
Vors.:
Herr Baader, wollen Sie jetzt mit Ihren Ausführungen beginnen. Wir können ja Ihre Ausführungen dann unterbrechen, damit die Anträge oder was sonst beraten worden ist, gestellt werden können.
Angekl. B[aader]:
Naja, wir sind ja bemüht, das haben Sie ja festgestellt, und deswegen zerhacken Sie das ja auch, das hier in[v] Komplexe zu fassen, daß es für jemanden der es verstehen will, der es verstehen will, dann natürlich auch in seinem Zusammenhang verständlich ist. Deswegen wäre es falsch, wenn ...
Vors.:
Herr Baader, wenn Sie jetzt die Gelegenheit nicht benützen zu beginnen, dann wird die Bundesanwaltschaft ...
Angekl. B[aader]:
Nein, natürlich werde ich die Gelegenheit benutzen.
[2683] Vors.:
Gut, dann beginnen Sie jetzt. Sonst bekommt die Bundesanwaltschaft ...
RA R[iedel]:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Bitte, für wen.
RA R[iedel]:
Ich möchte beantragen, daß die Pause, die vorhin gewährt worden ist, um fünf Minuten verlängert wird, da ...
Protokollführer:
Bitte Mikrofon einschalten.
RA R[iedel]:
Ich möchte beantragen, die vorhin gewährte Pause um fünf Minuten zu verlängern, da die Kollegen Mitverteidiger, insbesondere der Kollege Düx, der beabsichtigt, einen Antrag zu stellen mit seiner Begründungsausarbeitung in der gewährten Zeit nicht fertig geworden ist und ich meine auch, daß es sinnvoll ist, denn es ist sonst wiederum der Zusammenhang nicht gewährt, er wird zerrissen. Wenn wir jetzt mit dem Vortrag fortfahren.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Riedel, wie lange wollten Sie noch haben.
RA R[iedel]:
Fünf Minuten müßten reichen.
Vors.:
Gut also, die fünf Minuten wollen wir noch zulegen. Aber ich bitte darauf zu achten, daß dann tatsächlich die fünf Minuten eingehalten werden.
RA R[iedel]:
Ja, ja.
Pause von 10.20 Uhr - 10.25 Uhr.
-Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung ist Rechtsanwalt König nicht mehr[w] anwesend.
RAe. Schily, Dr. Heldmann und R.Ref. Düx sind wieder anwesend. -
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort. Sie wollen einen Antrag stellen wie ich gehört habe. Bitte.
Referendar D[üx]:
Also, ich stelle namens des Herrn Raspe den Antrag, den Vorsitzenden des 2. Strafsenats Dr. Theodor Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Und zwar zur Begründung wird folgendes vorgetragen:
In den Protokollen finden sich folgende Stellen über die Bestellung von Gutachtern. Ich verlese daraus: „In der Verhandlung am 12.6.1975 hat als Sachverständiger Herr Dr. Henck gesagt, als die pathogene Wirkung sensorischer deprivierender Haftbedingung erörtert worden ist, solche Umweltbedingungen können pathogen werden selbstverständlich“, Blatt 491. Auf die wissenschaftlichen Kompetenzen für die Beurteilung des Deprivationssyndroms angesprochen, hat in der selben Sitzung als Sachverständiger Herr Dr. Henck gesagt, Zitat: „Nein, [2684] es ist ja auch nicht nur ein psychiatrisches oder ein medizinisches Problem, es ist ja ein gemischtes Problem, das geht ja bis in das psychologische oder gar tiefenpsychologische hinein.“ Blatt 509. In der Verhandlung am 8.7.1975 hat als Sachverständiger Herr Professor Rauschke ausgesagt: „Herr Baader, ich habe ja gesagt, die lange Haft könnte psychische Auswirkungen gehabt haben und da sich das ganze auf diesem Gebiet auf der Isolation usw. erstreckt und das von Ihnen jedenfalls geltend gemacht wird, wäre ich der Meinung, daß man Gutachter mit entsprechenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Qualifikationen in diese Untersuchung einbezieht.“ Und Herr Professor Rauschke im nächsten Absatz auf die Frage: „Halten Sie die Zuziehung eines Wissenschaftlers oder von Ärzten, die mit der Isolationsforschung befaßt sind, für notwendig“. Professor Rauschke: „Halte ich für zweckmäßig oder notwendig, wie man es nennen will, ja.“ Blatt 1127. Daraufhin hat der Vorsitzende den Herrn Professor Mende als Gutachter beauftragt, mit der ausdrücklichen Begründung, dieser habe durch seine wissenschaftliche Beschäftigung mit den psychischen und physischen Folgen des Bergwerkunglücks von Lengede, als Isolationsforscher sich qualifiziert. Davon, von diesem Thema, hat Herr Raspe gesprochen, deswegen ist ihm das Wort entzogen worden. Zur Glaubhaftmachung[26] wird insoweit auf die dienstliche Äußerung verwiesen. Diese Wortentziehung hat mit der Verhandlungsleitung nichts zu tun. Damit hat sich der Vorsitzende viel mehr in Widerspruch zu seinen eigenen früheren Auswahlkriterien für die Beauftragung des Herrn Mende gesetzt. Die Wortentziehung war willkürlich und verletzt den Herrn Raspe in seinem Antragsbegründungsrecht und in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör.
-Rechtsanwalt König erscheint wieder[x] um 10.27 Uhr-
Vors.:
Herr Raspe, bitte.
Angekl. R[aspe]:
Ja, ich will da noch einige Punkte dazu sagen, und zwar zur Klärung, warum Prinzing mich heute unterbrochen hat.
1. Wir sind sicher, daß das ein Reflex ist auf die Berichterstattung über die Zusammenhänge, die wir gestern hier dargestellt haben, nämlich die Funktionen der Psychiatrie in diesem Verfahren speziell und die Funktion der Psychiatrie für die Justiz und den Staatsschutz allgemein. Das hat eine[y] Brisanz [2685] und es hat sich gezeigt in Prinzings Versuch, die Bundesanwaltschaft hier an einer Stelle zu verteidigen, an der wir jedenfalls nach dem, was tatsächlich vorlag und vorliegt, überhaupt gar nicht angegriffen war, es war wirklich nur ein Nebensatz. Aber daß er schon an dieser Stelle interveniert hat, zeigt wirklich sehr deutlich die Brisanz und bestätigt gerade zu den Zusammenhang, den Prinzing bestreitet, nämlich daß die Psychiater in einer ganz spezifischen Funktion in diesem Verfahren bestellt werden und das ist also die Funktion des Richters und dieses Senats und insofern dehne ich das auch auf den gesamten Senat aus, dieses Ablehnungsgesuch. Denn[z] der Beschluß, mir das Wort zu entziehen, ist vom gesamten Senat getragen. Das ist[aa] die Funktion des Richters und dieses Senats ist in dem Augenblick mir das Wort zu entziehen, wo diese Zusammenhänge hier deutlich gemacht werden. Ein zweiter Punkt. Ich will also gleich vorwegnehmend etwas sagen zu dem, was der Senat sicherlich im Augenblick sich noch überlegt, nämlich ob er es gleich als Prozeßverschleppung abweist[27] und ich will nur dazu sagen, daß es grotesk ist, diesen Ablehnungsantrag als Prozeßverschleppung zurückzuweisen. Denn tatsächlich ist es überhaupt nicht unser Interesse, den Prozeß zu verzögern. Wir haben ja, wenn wir es wollen, die Möglichkeit und unsere Erklärung zur Sache in einem jedenfalls ausreichenden Manuskript sofort zu beginnen. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Sondern der Punkt ist, daß wir hier genau das Interesse haben, diesen Zusammenhang hier und den Zusammenhang zwischen Psychiatrie diesem Senat und der Bundesanwaltschaft, bzw. dem Staatsschutz in den Verfahren gegen die RAF konkret in diesem Verfahren zu zeigen. Also ich meine, wenn wir wollen, haben wir 300 Seiten Manuskript, also es ist absurd anzunehmen, es könnte also auch ein Ablehnungsgrund, ein Ablehnungsantrag hier gestellt werden aus dem Grund der Prozeßverschleppung, um das zu verzögern, was natürlich, es ist absurd. Na, es sind natürlich 300 Seiten Manuskript die wir zur Sache haben und nicht zur Psychiatrie.
Vors.:
Es muß geklärt werden Herr Raspe, haben Sie die Ablehnung nun auf den Senat ...
Angekl. R[aspe]:
Ich hab die Ablehnung auf den Senat ausgedehnt. Denn der Senat hat den Beschluß mir das Wort zu entziehen getragen.
Vors.:
Will sich die Bundesanwaltschaft äußern.
[2686] Angekl. B[aader]:
Er ist noch nicht. Moment mal.
Vors.:
Herr Baader nein, der Ablehnungsantrag stammt von Herrn Raspe.
Angekl. B[aader]:
Ich möchte mich aber dem Antrag anschließen.
Vors.:
Das Wort ist entzogen worden dem Herrn Raspe, nicht Ihnen.
Angekl. B[aader]:
Aber Sie wissen doch, daß[bb] es sozusagen, das haben Sie selbst zugestanden, das ist vielleicht kein gemeinsamer Text aber die Konzeption ist eine gemeinsame und insofern betrifft mich das auch, weil das, was er hier entwickelt, auch das nimmt sozusagen der Teil ...
Vors.:
Gut, schließen Sie sich an Herr Baader.
Angekl. B[aader]:
... der Teil der Ausarbeitung den ich hier hab, der nimmt darauf Bezug. Und wenn Sie also Zusammenhänge, die er entwickeln wollte, unterschlagen ...
Vors.:
Herr Baader ist schon genehmigt.
Angekl. B[aader]:
Hören Sie bitte zu ...
Vors.:
Es ist genehmigt. Sie brauchen also nicht weiter zu begründen, warum Sie sich anschließen wollen.
Angekl. B[aader]:
Naja, weil Sie natürlich wissen, daß Sie in zwei Minuten ablehnen. Aber ich wollte einfach nochmal sagen, es ist absurd natürlich inzwischen, Ihnen zu empfehlen, Sie möchten bitte mal inhaltlich in Ihrer dienstlichen Äußerung darauf eingehen, was Ihnen hier vorgeworfen wird. Es wird Ihnen, und ich wiederhole das noch mal, es wird Ihnen ausdrücklich vorgeworfen, daß Sie hier das Wort entzogen haben, daß Sie eine Begründung der Ablehnung dieser Gutachter verhindert haben, obwohl genau explizit an einem Punkt, an dem das ganze eingeht, auf die Gründe, die Sie benannt haben für die Qualifikation dieser Gutachter, das ist noch mal sehr wesentlich. Und wenn Sie also noch mal anfangen, das wollte ich auch noch mal kurz ergänzen, von Prozeßverschleppung zu reden, wir könnten den Prozeß, Sie können wahrscheinlich nur mit äußerster Willkür die Erklärung zur Sache[28] hier abkürzen, das wissen Sie auch. Wenn wir wollen, reden wir ein halbes Jahr zur Sache, verstehen Sie. So wir können, würde ich mal sagen. Aber zumindest ist das für uns, von dem was wir wissen, was wir an Wissen haben über diesen Zusammenhang, ist das theoretisch, wäre das möglich. Ich glaube nicht, daß das praktisch möglich ist, aber theoretisch wäre es möglich. Es ist aber auch möglich, daß wir das z.B. nicht machen, sondern daß wir eine kurze Erklärung abgeben. Es ist also wirklich lächerlich. Sie können das [2687] gar nicht in den Zusammenhang können Sie das gar nicht verhindern. Und Sie haben keinerlei Beweise, für diese stereotype Behauptung hier, die auftaucht, wir hätten ein Interesse daran, den Prozeß zu verschleppen. Ich betone dazu nochmal, wir haben gesagt, und das war allerdings unser Interesse, in der Phase des Verfahrens, in der zumindest der Versuch gemacht wird, der natürlich an Ihrer unglaublichen Willkür hier gescheitert ist, die Verfahrensvoraussetzungen zu klären, d.h. die Bemühung der Verteidiger hier, rechtsstaatliche Verfahrensvoraussetzungen herzustellen. In dieser Phase des Verfahrens ging es uns notwendig über den innerstaatlichen Reflex darum über den innerstaatlichen Reflex der Repression zu reden und an diesem Verfahren darzustellen. Im Verfahren selbst, wenn wir über den internationalen Zusammenhang wesentlich reden und auf einer anderen Ebene auch noch mal über die Entwicklung der Konterrevolution und das können Sie sehr viel schlechter verhindern, würde ich mal sagen, als im Vorverfahren[29], weil das eine Frage von Beweisanträgen ist, die sich zwingend[cc] aus dem, was Sie hier verhandeln wollen, sozusagen ergeben. Unser Interesse ist es schon seit na drei oder vier Wochen eher, daß Sie endlich in das Verfahrensstadium kommen, in dem das nun von uns, diese Art von Prozeßführung möglich ist.[30] Insofern ist es falsch, was Sie sagen. Also ist grundsätzlich der Vorwurf der Prozeßverschleppung einfach nicht gerechtfertigt. Wir haben kein Interesse daran. Ich wüßte auch nicht, was für ein Interesse wir daran haben könnten. Das sollten Sie also, wenn Sie von Prozeßverschleppung reden, sollten Sie das schon mal irgendwie ausweisen zumindest.
Vors.:
Herr Kollege Düx, haben Sie Ihren Antrag schriftlich vorliegen.
Referendar D[üx]:
Nein, ich habe nur Stichworte.
Vors.:
Auch die handschriftliche Ausführung, auch wenn sie noch so lückenhaft wäre, wäre uns lieb. Sie kann fotokopiert und das Original zurückgegeben werden.
Referendar D[üx]:
Es ist aber auch nur ein ganz geringer Teil davon, Stichworte.
RA Sch[ily]:
Darf ich ums Wort bitten.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.
RA Sch[ily]:
Namens von Frau Ensslin schließe ich mich dem Ablehnungsantrag an. Zunächst einmal zur Zulässigkeit, damit also nicht in der Einwand gemacht wird, es handle sich ja um einen Vor- [2688] gang, den nur den Herrn Raspe betreffe. Ich habe ja in einem anderen Zusammenhang darauf hingewiesen, daß es ohnehin ein Ablehnungsantrag gegen die Herren Mende und Ehrhardt ist, der sozusagen gemeinsam von den Gefangenen vorgetragen wird und das gerade aus Gründen der, sagen wir mal, Prozeßökonomie nun hier sozusagen, wenn Sie wollen Arbeitsteilung, diese Erklärung vorgetragen wird und ist gerade, auch wenn das Thema Prozeßverschleppung sicherlich hier wieder von der Bundesanwaltschaft aufgegriffen wird, der Förderung des Prozesses dient, daß nicht die gesamte Erklärung von jedem der einzelnen Angeklagten hier vorgetragen wird. Wenn man das bedenkt, ist also das Interesse der einzelnen Angeklagten auch der von mir vertretenen, an der Tatsache, daß Herrn Raspe das Wort nicht entzogen wird, deutlich. Im übrigen muß man es aber auch als eine Vorwegnahme sozusagen, einer Wortentziehung gegenüber Frau Ensslin ansehen, denn selbstverständlich, wenn hier Herr Raspe nicht die Gelegenheit hätte, diese Erklärung in diesem Zusammenhang abzugeben, würde Frau Ensslin diese Notwendigkeit sehen, sich auch dazu zu äußern. Es entspricht also durchaus den sachlichen Gegebenheiten, daß also bereits das jetzt hier auch Gegenstand dieses prozessualen Antrages wird. Und es betrifft unmittelbar auch die von mir vertretene Angeklagte. Im übrigen darf ich noch einmal betonen, was hier schon in den bisherigen Antragsbegründungen zum Ausdruck gekommen ist. Der sachliche Zusammenhang zwischen den Forschungen, die Herr Mende in Bezug auf Lengede, das Bergwerksunglück in Lengede, unter der Erklärung des Herrn Vorsitzenden, wie er diesen Sachverständigen hier eingeführt hat, der ist evident. Der ist doch absolut evident. Und es muß doch einem Gefangenen, bei dem es ja jetzt auf den subjektiven Standpunkt ankommt, sein Ablehnungsgesuch gegen einen bestimmten Sachverständigen zu begründen, muß es unbenommen bleiben, auf einen solchen Zusammenhang einzugehen, wenn gerade das eines der Kriterien war, auf die die Beauftragung und die Auswahl dieses Sachverständigen gestützt wurde. Sie werden sich erinnern, daß ich als Verteidiger Sie seinerzeit ausdrücklich in der Verhandlung gefragt hatte, „Herr Vorsitzender, was waren denn eigentlich die Auswahlkriterien?“ Und da haben Sie gesagt unter anderem, wir haben erfahren, daß der Herr Mende über dieses Bergwerkunglück in Lengede irgend etwas an Forschungen durchgeführt hat. Also wenn man den Zusammenhang [2689] nicht mehr sehen will, dann sind daraus auch nur die Schlüsse zu ziehen, daß man eben in der Tat eine bestimmte Argumentation in prozeßrechtlich nicht zulässiger Weise aus den Verfahren herausdrängen will. Im übrigen stütze ich das Ablehnungsgesuch auch auf die Tatsache, daß Sie zunächst einmal überhaupt keine Pause gewährt haben, dann auf die Tatsache, daß der Herr Vorsitzende Richter, der abgelehnte Richter, hier die Pause auf 10 Minuten rationiert hat. Zur Glaubhaftmachung beziehe ich mich insoweit auf eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters und darf dem gegenüberstellen, einfach um hier mal deutlich werden zu lassen, wie hier zu Lasten der Angeklagten verfahren wird, daß sich der Senat und der Herr Vorsitzende gestern in aller, da kommt dann die richterliche Souveränität auf einmal zustande, das Recht genommen hat, hier ich weiß nicht, es war glaube ich eine dreiviertel Stunde, eine halbe bis dreiviertel Stunde, um über die Frage zu beraten, ob die Verteidiger sich zu einer so wichtigen, zu einem so wichtigen Verfahrensgegenstand äußern dürfen, wie es also die Tatsache ist, ob ein Verteidiger hier nur eine mindere oder stärkere Qualität hat. Sie wissen, daß also gestern zu Beginn der gestrigen Hauptverhandlungsitzung es ja eine Kontroverse über die Möglichkeiten eines amtlich bestellten Vertreters, als Verteidiger aufzutreten, gegeben hat.[31] Da wird also freiweg eine Pause, gönnt sich der Senat von einer dreiviertel Stunde und hätte sicherlich auch noch weiter die Pause ausgedehnt, wenn es dem Senat behagt hätte, aber hier die Verteidigung wird auf 10 Minuten reduziert. Nun schließlich noch zu der Frage der Prozeßverschleppung, ganz zum Schluß. Weil die Bundesanwaltschaft mit Sicherheit wieder in dieser formelhaften Erwiderung darauf sich stützen wird und sagen, es ist Prozeßverschleppung. Natürlich wird von der Verteidigung nach den bisherigen Erfahrungen, die wir mit Ablehnungsgesuchen, nach unserer Auffassung begründeten Ablehnungsgesuchen gemacht haben, immer die Frage stellt, ist das überhaupt noch sinnvoll. Gibt es überhaupt das Institut der Richterablehnung in diesem Verfahren noch. Gibt es das noch. Aber auf der anderen Seite muß man sich darüber im klaren sein, daß wir hier nun nicht jegliche Willkür hinnehmen können. Und selbst auf die Gefahr, daß bei manchen ein Mißverständnis darüber entsteht, was hier ein solcher, was eigentlich das Fundament [2690] eines solchen Antrages ist, sehen wir die Verpflichtung, wenigstens dann auf diese Weise aufmerksam zu machen, wie hier mit der Verteidigung und den Gefangenen umgegangen wird. Denn mindestens das wird man ja wohl zur Kenntnis nehmen, obwohl man manchmal auch da Befürchtungen haben muß, daß das nicht der Fall ist, was die substantielle Begründung dieses Antrages ist. Selbst wenn viele Bemühungen gemacht werden, diese Begründung möglichst zu unterdrücken in der Öffentlichkeit.
Ende von Band 147
[2691] Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat sich zuerst ...
Bitteschön.
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Baader hat sich diesem Ablehnungsantrag angeschlossen. Ich möchte zur Begründung dann dafür einige Anmerkungen machen, obgleich ich, wie jeder Prozeßbeteiligter aus dem bisherigen Prozeßverlauf weiß, daß Ablehnungsanträge vollständig nutzlos sind, mögen sie auch noch so sehr aus Tatsachen, aus wörtlichen Äußerungen der Richter, aus Belegen also begründet sein, aber jedenfalls sehe ich gleich genauer dieses Schicksal dieses Ablehnungsantrags voraus. Ich sehe in ihm jedoch den Wert einer Rüge von Prozeßverstößen, nämlich, daß ...Verletzung des Rechts auf Antragsbegründung, das für Herrn Raspe gilt, Verletzung Herrn Raspes Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht. Es ist genauso, wo Sie ihm das Wort entzogen haben, auch meinen Mandanten, den Angeklagten Baader, trifft, denn Sie wissen ja, und Sie haben es selbst akzeptiert und praktiziert, daß es ein gemeinsamer Antrag ist, der gemeinsam und zwar abwechselnd hier vorgetragen worden ist, je nach den physischen Fähigkeiten des Vortragenden. Wo Sie also hier die Antragsbegründung abgeblockt haben durch Wortentziehung, so hat der Kollege Düx Ihnen bereits vorgehalten, daß Sie sich damit ja in Widerspruch gesetzt haben zu Ihren eigenen Äußerungen, die hier zur Sache gehörten, nämlich welche besondere Qualifikation entweder erhebt dieser Sachverständige, oder aber, das war speziell die Frage, geben Sie diesem Sachverständigen. Und davon hat Herr Raspe gesprochen und weil er davon, nämlich von den Qualifikations- den Auswahlkriterien des Senats gesprochen hat für diesen Sachverständigen, haben Sie ihm das Wort entzogen. Und das hat nach meiner Rechtsauffassung mit Verhandlungsleitung nichts mehr zu tun, sondern das halte ich für Willkür gegenüber Angeklagten und Verteidigung. Nach den Erfahrungen allerdings mit Ihrer, wie Sie es nennen, Verhandlungsleitung, insbesondere mit Ihrem Umgang mit Anträgen und insbesondere Antragsbegründungen, kann ich natürlich nur empfehlen, Herrn Baaders Ablehnungsantrag vielleicht in die [2692] Formel zu kleiden, daß wir bitten, den Ablehnungsantrag des Herrn Baader und seine Begründung zu Vorzensur durch den Herrn Vorsitzenden anzunehmen.
Zur Sache selbst erweitere ich die bisherigen Ablehnungstatbestände um den: Nach der Wortentziehung gegenüber Herrn Raspe haben sich unter anderem Kollege Schily, wie ich selbst, uns zu Wort gemeldet. Wir wollten genau auf diese Umstände, die der Hauptgegenstand des Ablehnungsgesuchs des Angeklagten Raspe sind, hinweisen, um den Senat in Erinnerung zu rufen, was er offenbar nicht mehr in Erinnerung hatte. Darauf haben wir in der öffentlichen Hauptverhandlung und zwar heute morgen widerholt die Belehrung erfahren, Verteidiger haben jetzt nichts zu sagen. Darin liegt eine weitere Demonstration der Mißachtung der Verteidigungsrechte der Angeklagten, und eine Demonstration der Voreingenommenheit des Gerichts gegen die Angeklagten.
Das füge ich als weiteren Ablehnungsgrund dem bisher angeführten für Herrn Baader nach und beziehe mich zur Glaubhaftmachung
1. auf Ihre, der Herren des Senats dienstliche Äußerungen und
2. auf das hier aufgenommene Tonbandprotokoll von der heutigen Sitzung.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Riedel.
RA R[iedel]:
Ich schließe mich für die Mandantin Meinhof dem Befangenheitsantrag ebenfalls an. Wir verhandeln hier in einer verbundenen Strafsache.[32] Das Wort wurde entzogen, als Herr Raspe einen Befangenheitsantrag im Zusammenhang mit der Ablehnung, eine Begründung im Zusammenhang mit der Ablehnung der beiden genannten Gutachter hervortrug. Diesen Befangenheitsantrag hat sich die Mandantin angeschlossen und sie hat zuvor zu erkennen gegeben, und der Senat hat das auch zur Kenntnis genommen dadurch, daß gemeinsamer Vortrag der Mandanten zugelassen wurde, daß sie sich auch der weiteren Begründung, die in diesem Falle bei dem Wortentzug gerade Herr Raspe vorgetragen hat, daß sie auch die weitere Begründung ihrem Befangenheitsantrag und ihrer eigenen Begründung zu eigen macht, so daß schon aus diesem Grunde die Wortentziehung bei Herrn Raspe unmittelbar betrifft das Recht [2693] der Mandantin, ihren Befangenheitsantrag zu begründen.
Soweit zur Zulässigkeit. Zur weiteren Begründetheit des Antrags weise ich darauf hin, daß hier ein Befangenheitsantrag begründet worden ist und daß gerade bei Befangenheitsanträgen es darauf ankommt, daß derjenige, der Befangenheit geltend macht, die Gelegenheit erhält, aus seiner subjektiven Sicht alles das vorzutragen, was seiner Meinung nach die Befangenheit dartun könnte. Wenn dann der Senat, insbesondere der Vorsitzende und auch der Senat durch ständige wiederholte Unterbrechungen versucht, den Mandanten, in diesem Falle Herrn Raspe, daran zu hindern, aus seiner subjektiven Sicht die Befangenheitsgründe darzutun, wird ganz eminent und ganz einschneidend in sein Recht eingegriffen, die Befangenheitsgründe aus seiner Sicht zu schildern. Das endgültige Entziehen des Wortes schließlich ist nichts anderes, als das Abschneiden des Rechts insgesamt, Befangenheit überhaupt geltend zu machen. Wie soll jemand, der hier behauptet, ein Gutachter träte ihm nach seiner Meinung ihm gegenüber voreingenommen auf und werde ein entsprechendes Urteil bzw. Gutachten fällen, wie soll der überhaupt dartun, daß es, warum er das meint, warum es seiner Ansicht so ist, daß er voreingenommen ist, wenn er nicht Gelegenheit hat, alles das und ohne Unterbrechung und ohne Abschneidung alles das vorzutragen, was aus seiner Sicht wichtig und wesentlich ist.
Vors.:
Bitte die Bundesanwaltschaft.
Angekl. B[aader]:
Moment, Moment.
Vors.:
Sie hatten doch das Wort schon, Herr Baader.
RA R[iedel]:
Noch jemand anderes, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Frau Meinhof ...
RA R[iedel]:
Die Mandantin kann auch noch was sagen.
Vors.:
Entschuldigen Sie, es ist wohl zweckmäßig, wenn wir dann alles zusammen hören. Bitte, Frau Meinhof.
Angekl. M[einhof]:
Ich schließe mich dem Antrag an, mit der zusätzlichen Begründung, daß dieser Senat, insbesondere Prinzing, offenbar deswegen so befangen sind, wie sich dauernd zeigt, weil Prinzing inhaltlich, dem was wir hier [2694] sagen, nicht folgen kann. Also, daß er aus seiner mangelnden Qualifikation, dieses Verfahren überhaupt zu führen, befangen ist, was sich darin zeigt, daß er mit einer blinden Willkür uns hier dauernd unterbricht, wo einfach kein[dd] Sinnzusammenhang mehr, also keine Rationalität in seinem Vorgehen mehr zu erkennen ist. Also nochmal genau, ich lehne ihn ab, weil er offenbar befangen ist im Bewußtsein und der allmählichen Erkenntnis, daß er völlig disqualifiziert ist, dieses Verfahren zu führen.
Vors.:
Frau Meinhof, aber um es richtig zu stellen, dieser Befangenheitsgrund gilt doch nicht für die anderen Senatskollegen, die können ja für meine Dummheit nichts.
Gut, sind wir uns einig.
Angekl. B[aader]:
Moment, Moment ...
Vors.:
Es waren Frau Meinhof, nicht ... Moment ...
(Angekl. B[aader] spricht unverständlich dazwischen)
Vors.:
Sie haben jetzt nicht das Wort. Will sich sonst noch jemand zu Wort melden? Ich sehe nicht.
Herr Baader, Sie hatten das Wort schon. Jetzt hat die Bundesanwaltschaft das Wort.
Reg. Dir. W[idera]:
Ich greife die Themen, die angesprochen sind von Rechtsanwalt Schily und dem Angeklagten Baader, gleich auf. Ich bin der Auffassung, daß dieser Antrag allein aus Gründen der Prozeßverschleppung gestellt wird. Dieser Antrag ist, wie für jedermann erkennbar, offensichtlich unbegründet und kann daher gar keinen anderen Sinn haben.
Der Wortentzug durch den Herrn Vorsitzenden, der dann durch den Senat bestätigt wurde, war berechtigt. Der Herr Vorsitzende hatte mehrmals und ausgiebig und ausführlich den Angeklagten Raspe belehrt, weshalb er ihn unterbrechen müsse, weil der Angeklagte Raspe nicht zur Sache geredet hat. Jedem im Raum wird noch im Ohr sein, worüber der Herr Vorsitzende belehrt hat, was er dabei ins Gespräch gebracht hat. Keiner, auch keiner der Herren Verteidiger hat das eigentliche Thema, der Belehrung über- [2695] haupt nur angesprochen und deswegen konnte den Herrn Verteidigern es auch nicht gelingen, einen Sachzusammenhang herzustellen. Zu dem weiteren Ablehnungsgrund, der Pause, daß eine Pause zunächst nicht gewährt worden sei, das meint Herr Rechtsanwalt Schily sicherlich nicht im Ernst, wenn dann eine Pause gewährt wird, daß das noch ein Ablehnungsgrund sein könnte. Daß diese Pause nur auf 10 Minuten beschränkt war, war ebenfalls sachlich durchaus gerechtfertigt, denn die Herren Verteidiger müssen in der Lage sein sofort zu erkennen, liegt ein Ablehnungsgrund vor, ja oder nein, und 10 Minuten reichen nunmal, um mit dem Mandanten zu besprechen, ob er deshalb nun ein solches Gesuch stellen wolle. In dem Zusammenhang hat Herr Rechtsanwalt Schily dann auf eine viel längere Pause von gestern hingewiesen. Diese Pause, und auch das wird noch allen in Erinnerung sein, war notwendig, um eben diesem Herrn Rechtsanwalt Schily zu Besinnung zu bringen, ihm deutlich zu machen, daß er sich in diesem Moment nicht nur standeswidrig verhielt, sondern daß[ee] er mitten dabei war, seine Pflichten als Verteidiger zu verletzen.
Der weitere Grund, den Herr Rechtsanwalt Heldmann angesprochen hat, daß das Wort nicht gewährt wurde, das Wort wurde in dem Zusammenhang den Herren drüben gewährt, die zu diesem Thema nur sprechen konnten. Und zuletzt, zu den Erklärungen von der Angeklagten Meinhof. Sie sind nicht ernst zu nehmen, auf die gehe ich deswegen nicht ein. Ich bitte, den
Antrag als unzulässig zu verwerfen.
Vors.:
Wir werden uns um 14.00 Uhr hier wieder zur Fortsetzung der Verhandlung ... (Angekl. Baader spricht unverständlich dazwischen) ... Nein, keine Erwiderung. Nein, keine Erwiderung mehr. Es gibt kein Grund, es ist keine neue Tatsache angeschnitten worden, kein Grund zur Erwiderung.
Angekl. B[aader]:
Doch, es gibt neue Tatsachen ...
Vors.:
Wir werden um ... Herr Baader, Herr Baader ...
RA Dr. H[eldmann]:
Der Kollege Schily ist doch beschuldigt worden.
RA Sch[ily]:
Darf ich nicht darauf eingehen, Herr Vorsitzender.
[2696] Vors.:
Es wird jetzt nicht mehr erwidert.
RA Sch[ily]:
Darf ich nicht mehr darauf eingehen, Herr Vorsitzender, was Herr Widera gesagt hat?
Vors.:
Nein, auch nicht, auch nicht. Es hat jeder Gelegenheit gehabt sich zu äußern.
RA Sch[ily]:
Ja. Naja, also wenn gesagt wird „hier zu Besinnung“ ...
Vors.:
Darf ich, Herr Rechtsanwalt, jetzt fortfahren ...
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, dann darf ich darauf nicht eingehen, wenn die Bundesanwaltschaft ...
Vors.:
14.00 Uhr ist Fortsetzung. Publikum vorsorglich zugelassen. (Stimmengewirr)
- Die Verhandlung wurde um 10.57 Uhr unterbrochen -
Ende Band 148
[2697] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.08 Uhr.
- OStA Zeis ist wieder anwesend.
RAe. Schily, Riedel, Dr. Heldmann und R.Ref. Düx sind nicht mehr anwesend. -
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort, die Verteidigung ist gewährleistet. Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt.
Die Ablehnung der Richter Dr. Prinzing, Dr. Foth, Maier, Dr. Berroth und Dr. Breucker werden einstimmig als unzulässig verworfen.
Gründe: Die Antragsteller lehnen den Vorsitzenden ab, weil er dem Angeklagten Raspe das Wort entzogen hat. Die übrigen Mitglieder des Senats, weil sie diese Maßnahme bestätigt haben. Als ihm das Wort entzogen wurde, begründete der Angeklagte Raspe einen Ablehnungsantrag gegen die Sachverständigen Professoren Dr. Ehrhardt und Dr. Mende. Die Begründung dieses Antrags zieht sich jetzt schon im dritten Verhandlungstag hin. Der Angeklagte Raspe ist dabei schon mehrfach und ausführlich zu Wort gekommen. Vor der Wortentziehung ist er verschiedentlich aufgefordert worden, nicht vom Sachgegenstand abzuschweifen. Gleichwohl hatte er unmittelbar vor der Wortentziehung, zum wiederholten Mal breit angelegte Ausführungen über Einzelheiten und Bedeutung des Bergwerksunglücks in Lengede aus ideologischer Sicht gemacht. Etwa: „Dem Lengede war das größte Bergwerksunglück in der ganzen Geschichte der Bundesrepublik und die größte und teuerste Rettungsaktion, nachdem die Kapitalmasken der Ilseder Hütte nicht mehr vor der Öffentlichkeit verstecken konnten, daß da unten, daß da unten“ ...
Angekl. B[aader] redet unverständlich ohne Mikrophon.
- RAe. Schily, Riedel, Dr. Heldmann und R.Ref. Düx erscheinen um 14.10 Uhr wieder im Sitzungssaal. -
Herr Baader, ich verwarne Sie jetzt letztmalig für den heutigen Tag. „Nachdem die Kapitalmasken der Ilseder Hütte nicht mehr vor der Öffentlichkeit verstecken konnten, daß da unten noch Menschen sind, die sie abkratzen lassen wollten“.
RA R[iedel]:
Können wir uns bitte informieren, was da gerade verlesen wird. Ich bitte um Entschuldigung, es hat offensichtlich ...
Vors.:
Müssen Sie rechtzeitig kommen, dann wissen Sie es, Herr [2698] Rechtsanwalt.
RA. R[iedel]:
Ja, ja, wenn Sie so freundlich wären und vielleicht nochmal ...
Vors.:
Das hat mit der Frage, ob Professor Mende befangen sein könnte, ebensowenig zu tun, wie etwa die Darstellung, daß sich in Lengede gezeigt habe, daß einige sehr schnell in einer solchen Situation zerbrochen seien. Professor Mende ist zwar vom Senat unter anderem auch deshalb ausgewählt worden, weil er sich wissenschaftlich mit dem Ereignis in Lengede beschäftigt hat. Aber die vom Angeklagten Raspe zu Lengede gegebene Darstellung läßt sich mit der behaupteten Befangenheit des Sachverständigen schlechterdings in keinen Zusammenhang bringen. In Wahrheit geht es den Angeklagten nach ihren eigenen Erklärungen im Verlauf der Ablehnungsbegründung bezüglich der Sachverständigen um die Darstellung politischer Zusammenhänge, so wie sie sie sehen. Bei dieser Sachlage ist die Berechtigung der Wortentziehung so offenkundig, daß ein darauf gestütztes Ablehnungsgesuch weder in den Augen der Angeklagten, noch der Verteidiger, noch jedes vernünftigen Betrachters erfolgversprechend sein kann. Dies gilt umsomehr, als bei der langen Dauer der Begründung auf die Wahrung des Sachzusammenhangs besonders sorgfältig zu achten war. Nach allem ist es offensichtlich, daß die Ablehnungsanträge in diesem Punkte nur der Prozeßverschleppung dienen sollten. Gleiches gilt auch für die weiteren Ablehnungsgründe, nämlich Nichtgewährung beziehungsweise Beschränkung einer Pause auf 10 Minuten, Nichterteilung des Wortes an die Rechtsanwälte Dr. Heldmann und Schily, Behauptung, Dr. Prinzing könne den Ausführungen inhaltlich nicht folgen. Obwohl kein Anspruch bestand, zur Vorbereitung eines Ablehnungsgesuchs eine Pause zu erhalten, gewährte der Vorsitzende eine solche von 10 Minuten und ließ deren Ausdehnung auf insgesamt cirka 25 Minuten zu. Im Zusammenhang mit dem gegen den Angeklagten Raspe angeordneten Wortentzug bestand kein Anlaß, den Rechtsanwälten Dr. Heldmann und Schily, die diesen Angeklagten nicht verteidigen, das Wort zu erteilen.
Wir können damit fortfahren, soll weiteres zur Begründung des Ablehnungsantrags gegen die Herren Sachverständigen vorgetragen werden und bitte, wenn ja, wer [2699] übernimmt das Wort.
Angekl. B[aader]:
Ja, wir haben das also, natürlich werden wir jetzt versuchen, die Begründung fortzusetzen, aber ich stelle jetzt nochmal ganz kurz fest, was Sie sagen ist unrichtig, indem Sie behaupten, wir wollten hier allgemeine oder ideologische Stellungnahmen zu der Frage abgeben. Dann haben Sie tatsächlich den Charakter dieses Textes verkannt bisher. Wir verbreiten ja auch nicht sozusagen politische Ansichten, sondern wir belegen, aus unserer Sicht allerdings, und die ist ganz sicher ebenso politisch, wenn auch antagonistisch zu Ihrer, die Ihre politisch ist. Das ist doch der eigentliche wesentliche Punkt hier in dem Zusammenhang, wir belegen aus den Zitaten und aus der Forschung dieser Psychiater ihre Befangenheit und ihre, Sie sagen, Sie haben also, das wird ja überhaupt in der Verhandlung deutlich, daß Sie ein nackt[ff] ..., ein wirklich quantifiziertes Verständnis haben. Sie haben, also bei Ihnen steigt wirklich der Saft im Laufe des Tages und wenn er einen bestimmten Pegel erreicht hat, dann ertönt ein Klingelzeichen und da wird hier das Wort abgestellt. Auf die Inhalte nimmt es im Grunde schon gar nicht mehr Bezug. Das heißt, das sind rein ökonomische Kriterien, die Inhalte interessieren Sie nicht und Sie gehen ja auch auf die Inhalte grundsätzlich nie ein. Ich muß aber mal sagen, daß explizit dieser Zusammenhang, die Ablehnung der Psychiater eine enorme Bedeutung hat, und das wissen Sie genau, sowohl für uns als auch für den weiteren Verlauf dieses Verfahrens und daß an dieser Frage eben nicht nur hängt, unmittelbar die Frage der Verhandlungsfähigkeit[33], die schon eine strategische Frage ist, für diese Verhandlung, sondern eben auch die Möglichkeit eine Psychiatrisierung der Gefangenen, das hat explizit Mende, als Beispiel, schon als Intention seiner Gutachtertätigkeit den Gefangenen gegenüber zugegeben, daß das Verfahren sich nie, daß das Gutachten[gg] sich nie seiner ganzen Intention nach, seinem Engagement nach, wie er gesagt hat, allein auf die Frage der Verhandlungsfähigkeit bezieht, sondern wozu er kommen wollte, das war eine wirklich komplexe Terminologie, dieser Afterwissenschaft zu bleiben kriminalbiologische Erfassung der Persönlichkeit. Und daß man damit alles machen kann, [2700] propagandistisch alles machen kann, auch in diesem Strafprozeß alles machen kann, als Beispiel, das ist ja wohl bekannt. Deswegen ist für uns wichtig, eine dezidierte ausführliche Begründung und deswegen machen wir die Begründung auch so ausführlich. Und das ist einfach, na ja, das ist einfach das Moment der Unredlichkeit, auch der intellektuellen Unredlichkeit, das dieses Verfahren von Ihrer Seite aus wirklich vom ersten Tag an durchzieht. Daß Sie noch nicht mal ertragen, daß hier aus der Sicht der Gefangenen komplex der ganze Zusammenhang dargestellt wird. Und das ...
Vors.:
Wer will in der Begründung fortfahren?
Angekl. B[aader]:
Ich, Ulrike
Vors.:
Frau Meinhof bitte.
Angekl. M[einhof]:
Also vielleicht nochmal den Zusammenhang. Das Gericht bestellt hier Psychiater aufgrund ihrer hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation und verweist[hh] dabei insbesondere auf Mendes Veröffentlichung über Lengede. Wir überprüfen das, und stellen fest, daß Mendes Forschung an den Eingeschlossenen von Lengede direkt gegen die Gefangenen aus der RAF angewendet werden und begründen: Aus der hervorragenden Qualifikation von Mende, für das Counter- und ...projekt der Bundesanwaltschaft unserer Ablehnung dieses Psychiaters und daraufhin entzieht uns Prinzing das Wort. Also ich würde sagen, wenn Prinzing nicht spinnt, wie Widera meint, dann ist es einfach eine der brutalsten Aktionen, die hier bisher überhaupt abgelaufen sind. Also man denkt, würde ich sagen, man sitzt im Kino und sieht einen Wochenschaufilm vom Volksgerichtshof mit Freisler.[34]
Vors.:
Ich würde Sie dringend bitten sich zu mäßigen in Ihrer Ausdrucksweise und Ihren Vergleichen Frau Meinhof, sonst würde unter Umständen genau das, was jetzt so ...
Angekl. M[einhof]:
Nein, nein, ich habe es ja nicht verglichen, ich habe nur ...
Vors.:
Sie haben hier nicht das Recht, mit derartigen Beleidigungen und der Vergleich mit dem Volksgerichtshof unter Freisler ist in jedem Fall eine massive und bösartige Beleidigung, um sich zu werfen. Also ich warne Sie in dieser Richtung, fahren Sie bitte nicht so fort.
RA R[iedel]:
... zu Beginn mit derartigen Unterbrechungen wieder anzu- [2701] fangen, sonst erleben wir genau dasselbe, was wir vorher erlebt haben, daß nämlich, was Sie immer als Argument anführen, wesentlich mehr Zeit verloren geht, als verlorenginge, wenn die Mandanten ungestört vortragen dürften und der Senat, also Sie, ein Bild darüber machen, ob das noch den Zusammenhang einer Begründung des Befangenheitsantrags war oder nicht.
Vors.:
Also Beleidigungen werden wir in Zukunft hinnehmen müssen, um ja nicht zu unterbrechen? Oder meinen Sie der Vergleich mit dem Volksgerichtshof und Freisler sei für uns eine Schmeichelei. Die werde ich immer rügen, Herr Rechtsanwalt, und Ihnen ist nicht zu helfen, wenn Sie nicht merken, daß das gerügt werden muß, wenn es gesagt wird und nicht später.
RA R[iedel]:
Mir braucht auch nicht geholfen werden Herr Vorsitzender, ich habe nur angeregt, daß nicht wieder so verfahren wird wie vorhin ...
Vors.:
Ich bedarf dieses Hinweises nicht. Ich werde auch in Zukunft Beleidigungen sofort rügen müssen. Bitte.
Angekl. M[einhof]:
Ach Sie haben das wieder nicht mitgekriegt? Ich habe Sie nicht verglichen, ich habe eine Assoziation mitgeteilt, die sich hier einfach eingestellt hat. Aber es kann natürlich sein, daß Sie sich solche Filme nie angesehen haben. Oder was natürlich auch schon immer im Verhältnis, also ein antifaschistisches Verhältnis zum Faschismus war, sich solche Filme anzugucken. Also vielleicht fällt Ihnen, verstehen Sie diese Assoziation nicht, weil Sie es gar nicht kennen. Also es gibt überhaupt gar keinen Grund, warum das, was an Lengede ermittelt worden ist, durch Mende, hier zu verschweigen irgendwie, weil Sie sich angegriffen fühlen, wenn hier die Ilseder Hütte erwähnt wird, das sind allgemein bekannte Tatsachen, die wir da genannt haben, das heißt, dann da aus unserer Sicht. Also Sie haben gesagt, was hat man in Lengede, also auch Mende, rausgekriegt. Man hat rausgekriegt, daß einige sehr schnell hier in so einer Situation zerbrechen und man hat rausgekriegt, wie wichtig es ist, für das Überleben aller, daß einer, oder einige dabei sind, die die Führung übernehmen und das Verhalten der Gruppe, als Gruppe, in der Katastrophe organisieren. Und wir haben gesagt, wenn Sie uns schon mit Lengede kommen, also diesen Forschungen von Mende, dann beweisen die Tatsachen der letzten [2702] dreieinhalb Jahre, also dem Mord an Jimmy,[35] die Zellenrazien, dem Ausschluß,[36] die Verhaftung der Anwälte,[37] die Mordversuche an Andreas, der Trakt, die Gerichtsbeschlüsse, die Post und Besuch auf Angehörige beschränken, daß alle Erfahrungen aus Lengede und offenbar gestützt auf die Forschung von Mende, gegen uns ausgewertet und gegen uns benutzt worden sind. Das heißt, dazu benutzt, die Katastrophe, die es allerdings für jeden ist, isoliert zu sein, zu vergrößern, mit dem Ziel uns zum Zusammenbruch zu bringen und die Gruppe und jeden einzelnen zu zerbrechen. Aber ich will auch noch was zu Mendes gutachterlicher Tätigkeit mit ehemaligen KZ-Gefangenen sagen, weil der Punkt ist doch, daß diese Sorte Forschung mit einer Aura der Diskussion umgeben sind. Und was in den Zitaten von Mende aufgrund des Krankheitsbildes und der Lebensgeschichte von KZ-Gefangenen zum Ausdruck kam, an Schweinerei und Zynismus, ist wirklich bemerkenswert. Ich[ii] beziehe[jj] mich da auf die Zitate, die Heldmann gebracht hat. Da empfiehlt also dieser Herr Mende, diesen, seiner eigenen Exploration nach psychisch schwer verletzten ehemaligen Gefangenen aus Konzentrationslagern keine Rente zu geben, weil das für sie zum Anlaß werden könnte, sich therapeutischer Behandlung zu entziehen. Der Therapiebegriff, den er da verwendet, ist[kk] eindeutig, nämlich denjenigen, die dann den Arbeitsprozeß zu integrieren. Aber ich würde sagen, daran ist, und das ist das wichtige daran, präzise programmiert, was wir hier von Mende[ll] zu erwarten haben, nämlich er wird sagen, es[mm] sei davon abzuraten, egal wie die Befunde sind, uns zu verhandlungsunfähig zu erklären, weil uns das davon abhalten könnte, uns psychiatrisieren, also behandeln zu lassen. Das heißt, wenn er dort seine gutachterliche Tätigkeit dazu benutzt hat, seine Objekte zur Psychiatrisierung zu erpressen, qualifiziert ihn das mit Sicherheit für die Bundesanwaltschaft und disqualifiziert ihn mit Sicherheit vollständig in unseren Augen. Es ist auch notwendig, an dieser Stelle kurz gegen die Bestellung von Ehrhardt und Mende, die Ablehnung von Teuns[38] zu halten. Zur letzten Ablehnung von Teuns wurde zur Begründung herangezogen, er hätte sich als Gutachter disqualifiziert, weil er gegen den Versuch von Szintigraphie und Zwangsnarkose[39] öffentlich protestiert hat. Mende dagegen hat aus seiner Justiz- [2703] hörigkeit und allgemein auf seinem staatstragenden Krankheits- und Wissenschaftsbegriff Witters Position uns gegenüber voll übernommen. Er lehnt Szintigraphie und Zwangsnarkose, das hat er uns erzählt, das heißt den gezielten Mordversuch, nicht grundsätzlich ab, sondern beurteilte uns gegenüber dieses Projekt, des Staatsschutz mit dem Satz wörtlich: Das hängt vom Einzelfall ab. Prinzing und der Senat erklären diesen Psychiater für qualifiziert und zusammen mit Ehrhardt und Rasch zu herausragenden Wissenschaftlern, zur Beantwortung der Frage der Verhandlungsfähigkeit, ihre Auswahl hätte sich ausschließlich nach Gesichtspunkten gerichtet, die eine unabhängige und qualifizierte Untersuchung garantieren. Na ja, was darunter zu verstehen ist zeigen wir hier. Prinzing und der Senat haben mit ihrem zweiten Ablehnungsbeschluß gegen Teuns und ihre Begründung zur Bestellung von Ehrhardt und Mende ihre Kriterien wörtlich gemacht. In ihnen haben Prinzing und der Senat ihr Psychiatrisierungsprojekt sichtbar als Vernichtungsprojekt mit dem der Bundesanwaltschaft zusammengefaßt. So ergibt sich, daß sich die Kriterien der Bestellung von Ehrhardt und Mende erstens die Abhängigkeit von Gericht und Bundesanwaltschaft und zweitens das Primat der Verwertbarkeit ihrer vorgestellten Untersuchung, als Moment des Vernichtungsinteresses der Bundesanwaltschaft, des Staatschutz gegen uns sind. Und daraus folgt, der Senat muß jeden Gutachter, der die Kriterien der Unabhängigkeit von Staat und Vollstreckungsjustiz[nn] und zweitens das Primat des[oo] medizinischen Gesichtspunkts bei Untersuchungen erfüllt, zum Beispiel Teuns, zwangsläufig ablehnen. Das heißt, jeder psychiatrische Gutachter, den der Senat auswählt, wird allein schon durch die Tatsache, daß er von diesem Senat, unter diesen Gesichtspunkten ausgewählt worden ist, für uns disqualifiziert sein.
Vors.:
Frau Meinhof, Sie sind zu Ende, wie ich sehe. Weitere Vorträge zu bringen, Herr Rechtsanwalt Schily.
Angekl. Meinhof und Baader reden unverständlich.
Vors.:
Nun, wer kommt jetzt bitte. Jetzt hat Herr Rechtsanwalt Schily das Wort.
RA R[iedel]:
Nein, die Begründung ist ja noch nicht zu Ende.
Vors.:
Die Begründung, jetzt, Herr Rechtsanwalt Schily hat sich als [2704] erster zu Wort gemeldet und hat das Wort ...
RA Sch[ily]:
Ich habe noch, ich höre, daß Frau Meinhof offenbar aus Gründen, die ja Thema dieses Antrages sind, jetzt in der Begründung nicht fortfahren kann, nicht, so ist es ja.
Angekl. M[einhof]:
Ja, ja, also ich kann das nicht mehr, jetzt muß Andreas weiter machen und ich kann vielleicht nachher noch einmal.
Vors.:
Gut, also hatten Sie sich zu früh gemeldet, Herr Rechtsanwalt Schily, Herr Baader bitte.
Angekl. B[aader]:
Na ja, es ist das Problem und das ist natürlich auch die Gemeinheit, die hier so unheimlich deutlich im Raum ist, daß Sie sehen, daß die Fähigkeit, hier zu formulieren, zu sprechen, rein vom technischen her, vom körperlichen her zu sprechen, daß das sehr begrenzt ist und, und wie Sie in diesem Zusammenhang, das war am letzten Verhandlungstag recht deutlich, wie Sie die Gefangenen versuchen zu hetzen, um Ihre Vorstellungen eines zügigen Prozesses hier durchzuziehen, na ja. Aber ich würde schon sagen, langsam wird das vielleicht mal deutlich, was Sie hier machen. Aber ich werde es nochmal verallgemeinern, im Zusammenhang über die Wortentziehung von Jan. Sie haben gesagt, daß wir allgemeine, sozusagen ideologische oder politische Vorstellungen entwickeln.
Vors.:
Herr Baader, Sie haben das Wort zur Begründung erhalten, nicht jetzt zu irgendwelchen Beanstandungen, gegenüber einem Beschluß.
Angekl. B[aader]:
Ja, ich erinnere Sie nochmal, an die Gliederung sozusagen, oder an die Fassung ...
Vors.:
Das haben Sie oft genug getan, die Gliederung ist uns geläufig, in ihren drei Punkten und in überdies ist es auch vorhin als Einleitung von der Frau Meinhof nochmals dargestellt worden, wie Sie den Zusammenhang wieder herstellte, so daß wir also in dieser Richtung informiert sind, bitte, wenn Sie zur Begründung noch etwas vorzutragen haben ja.
Angekl. B[aader]:
Ja, ich habe noch eine Menge zur Begründung vorzutragen. Also ich wollte dazu einfach sagen, das kommt mir jetzt schon sehr wichtig vor, daß das psychiatrische System eben immer eine politische Rolle gespielt hat, das heißt, seiner nach den[pp] Bedürfnissen der Kapitalverwertung gesellschaftsani- [2705] täre Funktion ist politisch. Neu ist, und das ist eben der Zusammenhang, den Sie versuchen hier zu unterdrücken, neu ist, daß die Gerichtspsychiatrie kaum um medizinischen Bedarf, sondern eher um polizeiliche Bedürfnisse zu befriedigen, mit dem Staatsschutz unter eine Decke kriecht. Die gesamte moderne Konzeption, also das ist auf jeden Fall in den Verfahren, in den Trakten, in den Verfahren gegen die RAF antizipiert als Linie, als Entwicklung der Psychiatrie überhaupt. Diese und die gesamte moderne Konzeption der Folter in der Strategie der Kleinkriegsbekämpfung ist überhaupt nicht denkbar ohne Psychiatrie, sowenig wie psychologische Kriegsführung ohne Psychologie. Das Instrumentarium und ihre Ideologie hat in der Counter-Strategie eine zentrale Funktion und das ist tatsächlich überall so, wo sich Insurrektion entwickelt. Ich würde sagen, daß das auch begründet ist und das ändert den Funktionsstatus, aber das werden Sie mich natürlich nicht erklären lassen, weil es nicht[qq] zur Sache gehört. Die Rehabilitationsprogramme von Scinner in Amerika, zum Beispiel in amerikanischen Gefängnissen, die nach den großen Ghettoaufständen 67/68[40] entwickelt worden sind, beweisen genau das. Da werden politische Gefangene durch Elektroschocks dazu gebracht, daß die Kultur, die imperialistische Kultur Pinup[rr] von Coca Cola zu verinnerlichen. Ein anderes Beispiel sind[ss] die psychiatrischen Forschungsprojekte, die wirklich eine gigantische Dimension angenommen haben, in den USA, die den Zusammenhang zwischen Hautfarbe, Blutgruppe, Intelligenzquotient und wie behauptet wird Vererbungsfaktoren, was ja auch Herold hier propagiert, die diesen Zusammenhang mit den Bedingungen revolutionärer Aktion ausschnüffeln sollen, indem sie Gefangene mit psychopharmer Countbehandlungsvollzug wahnsinnig machen. Ein anderes Beispiel ist die Verwendung von Tranquilizergas in den revolutionären Stadtteilen von Nordirland, durch die britische Armee und Polizei[41] oder des instrumentaren Bewußtseinsvernichtung ...
Vors.:
Herr Baader, ich muß Sie auch mahnen, kommen Sie jetzt wieder zum Sachzusammenhang, es geht um den Befangenheitsantrag gegen Professor Mende.
Angekl. B[aader]:
Na ja, ich würde, der Sachzusammenhang ist einfach und[tt] sehr evident[uu]. Mende entwickelt Rehabilitationsprogramme [2706] gegen Strafgefangene, die nach diesem, und er hat das auch explizit gerechtfertigt uns gegenüber, ich glaube wir haben das schon erklärt, haben Sie das vergessen? Mende hat, als es um die Frage ging, der reaktionären Funktion der Psychiatrie an seiner Behauptung der wissenschaftlichen Neutralität, das heißt, der Methodenneutralität oder der Wertfreiheit der Wissenschaft. Da kamen verschiedene, und wir[vv] gesagt haben zu ihm, was das soll, ob er uns für dumm verkaufen will, das wüßte jeder, daß die Psychiatrie für[ww] eine Rolle spielt, und da hat er also dann gesagt: Oh ja, man weiß das ja, aus der jüngsten Vergangenheit und vor allen Dingen aus der Sowjetischen Staatspsychiatrie. Na ja, das ist das Beispiel, mir fiel sowjetische Staatspsychiatrie ein. Davon haben wir gesagt was ist mit Amerika, was ist mit diesem Programm explizit, und inzwischen haben wir rausgefunden, daß er[xx] in[yy] solchen Programmen[zz] arbeitet und dazu hat er, konnte er nichts anderes sagen, als daß diese Programme eben explizit auch gerechtfertigt sind aus seiner Sicht. [aaa]
Ende des Bandes 149.
[2707] Angekl. B[aader]:
Das ist z.B. ein unmittelbarer Zusammenhang hier. Sie können natürlich von mir verlangen, daß ich in jedem Satz Mende und Ehrhardt sage. Naja schön, dann ergibt sich tatsächlich wahrscheinlich kein Sinn mehr in diesen Sätzen. Aber ich verstehe es nicht, Sie lassen zu, daß Zeis als Beispiel hier neulich eine dreiviertel Stunde neben der Verhandlung reine Polemik herquatschte, überhaupt keine Beziehung zur Verhandlung hat.
Vors.:
Wiederholen Sie das nicht wörtlich, das haben Sie schon früher einmal behauptet.
Angekl. B[aader]:
Naja, erinnern Sie sich an den Satz: „sag mir, wer deine Freunde sind und ich sag die wer du bist“, als Beispiel.
Vors.:
Bitte Herr Baader, ich glaube noch nicht, daß außer Ihnen jemand im Zusammenhang hier dreiviertel Stunde, nun bei der Antragsstellung natürlich, geredet hätte. Aber darüber brauchen wir jetzt nicht zu debattieren. Mit denselben Worten haben Sie kürzlich auch eine Mahnung erwidert, das hat keinen Wert. Bitte halten Sie sich an den Sachzusammenhang.
Angekl. B[aader]:
Daß das alles keinen Wert hat für Sie, das ist mir schon klar. Naja, es ist einfach zu sagen, das gehört zur Rolle der Psychiatrie, und das ist einfach in diesem Verfahren der unmittelbare Zusammenhang. Es ist präsent, weil genau die Psychiater, die Sie benannt haben, Exponenten dieser Linie sind. Ehrhardt als Präsident der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Mende als ein Mann, der explizit an diesem Programm arbeitet. Deswegen ist es einfach auch für uns notwendig, den ganzen Zusammenhang herzustellen und die Beziehung, in der dieser Zusammenhang zu uns, d.h. zu Gefangenen wie uns, oder zu einer politischen Bewegung, wie der, aus der wir kommen und zu der wir gehören, wie dieser Zusammenhang aussieht. Aber ich bitte Sie wirklich, weil das einfach unheimlich viel Zeit frißt, wenn Sie mich jedesmal zwingen auf eine solche banale Weise den Zusammenhang herzustellen, dann komme ich nicht, dann geht die eigentliche Entwicklung verloren, die ich im Auge hab. Ich würde sagen wo, egal wo überhaupt gefoltert wird: Afrika, Lateinamerika, Asien, USA, Australien, West- [2708] Europa, Japan, Israel, überall sind Psychiater dabei, um den Zusammenbruch des Gefolterten zu steuern. Und die Psychiatrie wurde militärstrategisch eingesetzt, massenhaft, in einem wirklich sehr groß angelegten militärischen Projekt zum ersten Mal von Bufren in Algerien.[42] Und Bufren ist jemand, der z.B. jetzt explizit zu Herold bis in die begrifflichen Bestimmungen herein, das Vokabular, die Ideologie und strategische Vorstellungen liefert, die Herold z.B. aus dem Hessenforum öffentlich absondert. Und das ist eben der Mann, der das zum ersten Mal massenhaft im großen Stil eingesetzt hat in Algerien. Ich kann Ihnen das auch auf einer ganz anderen Ebene belegen. Ich kann Ihnen aus den Äußerungen von Maihofer belegen, wenn er von sozialer Therapie spricht und von kriminologischer Diagnose und dann von kriminologischer Therapie der Gesellschaft, wo also der Polizeiminister dieses Landes tatsächlich die medizinische, die psychiatrische Diktion übernimmt und sich sozusagen als Arzt, als[bbb] Psychiater der Gesellschaft anpreist. Man kann das auf allen Ebenen belegen. Das ist einfach eine zentrale Linie der Counter-Strategie, der Psychologisierung und Psychiatrisierung der Gesellschaft und darin hat die Psychiatrie ihre explizit politischen Funktionen. Aber schön, sie wird militärstrategisch eingesetzt, die Psychiatrie in Irland, in Argentinien, in Brasilien, in Uruguay und natürlich von allen Geheimdiensten. Es gibt tatsächlich kein Geheimdienst, der mit diesem Mittel nicht arbeitet. Die Kapuze, die Schlaf- und Lichtfolter, wie sie in Ossendorf[43] angewendet wird, die medikamentöse Aussageerpressung und als Kernstück, die soziale Perzeptise und sensorische Deprivation sind von Psychiatern entwickelt worden. Das Programm in Hamburg, dieses wirklich sehr groß angelegte, von der NATO finanzierte Forschungsprogramm, das Gross leitet, zur sensorischen Deprivation, ist ein psychiatrisches Forschungsprojekt. Vor dem Trakt in Köln saßen drei Psychiater, bevor Witter kam, der Ordinarius, um mit klinischem Blick dieses[ccc] Programm dort zu überwachen. Und ich werde es gleich belegen, inwiefern es ein Programm war. Das ergibt sich nämlich aus den Aktenstücken, die wir haben inzwischen, das heißt, um das [2709] Programm zu überwachen, um die Grenze der psychischen Belastbarkeit, um das Programm an die psychische Belastbarkeit zu treiben. Wie sie gesehen haben, sind das tatsächlich identische Formeln, psychische Belastbarkeit bei Mende und Götte. Götte ist der Psychiater in Köln und natürlich ein identisches Interesse. In Stammheim ist praktisch der einzige, der den Trakt außer den Uniformierten betritt, der Psychiater Henck. Der Job dieser Psychiater ist hier Bestandteil einer Maßnahme der Bundesanwaltschaft, die versucht, um das nochmal zu sagen, mittels einer wissenschaftlich instrumentierten Vollzugspraxis, oder besser Vollstreckungspraxis, psychische Katastrophen zu erzwingen, um schließlich den psychisch zerstörten, korrumpierten Kämpfer vorzuführen, der jede politische Glaubwürdigkeit verloren hat und so seine Politik denunziert. Oder, könnte man sagen, so fing es mit Witter an und so bildet sie sich hier in der Benennung von Ehrhardt und Mende ab, die Glaubwürdigkeit soll eben gleich bestritten werden, im Versuch ihn zu psychiatrisieren, um das Moment historischer existentieller Mündigkeit, das er ermittelt, zu zerstören, indem die Folter und die Isolation endgültig und total entmündigt. Die Bundesanwaltschaft, Zeis, hegen in ihrem Verständnis der Struktur der öffentlichen Rezeption und in ihrer disfunktionalen Fixierung auf fünf jetzt vier Gefangene[44], als Rädelsführer, nach einer Taktik der Personalisierung, die dann immer doch nur den Irrtum imperialistischer Projektion beweist, die Bundesanwaltschaft hielt Ulrike 72 für das geeignete Beispiel und Objekt dieser Taktik. Ich glaube, daß es ganz gut wäre, was ich jetzt feststelle, immerhin zur Kenntnis zu nehmen, weil es Tatsache ist, in den Akten belegt, in den Dossiers der Sicherungsgruppe[45], wo sie in die Akten gerutscht sind, nachweisbar. Das Manöver ist für uns Anfang 74 offensichtlich geworden. Und Zeis hat es nach einer Aktennotiz schließlich auch bestätigt. Ulrike sollte, weil sie mal eine Gehirnoperation hatte,[46] von der Bundesanwaltschaft seit 71, also vor der Verhaftung wissen mußte, daß sie nach ihrem Charakter, also nach dem Charakter ihres Anlasses nie organische Ursache einer psychischen Störung sein kann, obwohl der Befund dieser Krankheit mit allen Röntgenbildern und der ganzen Krankengeschichte bekannt war. Es ist einfach dadurch zu belegen, daß, um Ulrike zu identifizieren, Röntgenbilder angefertigt wurden. Und wenn über diese Röntgenbilder eine Identifikation möglich sein [2710] sollte, dann müssen Röntgenbilder zum Vergleich vorgelegen haben. Und Röntgenbilder gab es nur aus der Krankengeschichte Ulrikes.
Vors.:
Herr Baader, bitte stellen Sie den Zusammenhang zu Professor Mende, gegen den sich Ihr Antrag richtet, möglich rasch wieder her.
Angekl. B[aader]:
Naja, er stellt sich, er richtet sich auch, vergessen Sie das bitte nicht ...
Vors.:
Sie sehen ihn. Er ist zu weit, als daß man ihn sehen könnte im Rahmen eines ...
Angekl. B[aader]:
Er richtet sich auch gegen Herrn Ehrhardt.
Vors.:
Gut, es kann auch gegen Herr Ehrhardt gerichtet sein, was Sie sagen.
Angekl. B[aader]:
Ja, aber ich belege hier an der Funktion von Witter, der ja immerhin auch als Gutachter in diesem Verfahren benannt war, wenn auch nicht von diesem Senat, und der aber auch nochmal auf der Liste auftaucht, die der Senat hier vorgelegt hat, belege ich einfach den dritten Punkt, die unmittelbare Verfügbarkeit der Psychiatrie, die Ehrhardt und Mende als außerwissenschaftliche Übereinkunft mit Witter. Er wird mit ihnen in diesem Zusammenhang als der dritte Mann genannt, von Moser zum Beispiel, darstellen. Das ist der Punkt. Und es gibt kein besseres Beispiel, da kommen Sie wirklich nicht drum rum, diese Funktion zu belegen, als an uns selbst, wie diese Ablehnung begründet ist.
Vors.:
Herr Baader, aber ich sehe den Punkt, von dem Sie immer reden, darin, daß Sie uns heute früh, glaube ich war es, erklärt haben, daß eben diese Herrn Funktionäre, wie Sie sagten, bei der medizinischen Gesellschaft für Psychiatrie seien. Es wäre natürlich sehr wichtig, wenn Sie über diese Behauptung hinaus, daß daraus eine Verbindung zwischen Herrn Professor Witter und den Herrn Sachverständigen besteht, belegen würden und auf diesen Punkt mal etwas zu sprechen kommen. Denn allein die Tatsache, daß die Herrn im selben Gremium tätig sind ...
Angekl. B[aader]:
Ich habe, hören Sie ...
Vors.:
Augenblick ...
Angekl. B[aader]:
Das ist hier schon gemacht worden, Herr Prinzing, und es ist hier ausdrücklich zitiert worden aus dem Buch von Moser und ich bin kein Psychiater ...
Vors.:
Das von Herrn Moser ...
Angekl. B[aader]:
... sicherlich in der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie organisiert. Ich kann Ihnen also über inner- [2711] organisatorische ...
Vors.:
Das bezog[ddd] sich doch aber[eee] wohl nur auf Herrn Ehrhardt, was Herr Moser sagte.
Angekl. B[aader]:
Nein, das ist falsch. Es bezieht sich auf eine ganz bestimmte Richtung innerhalb der forensischen Psychiatrie. Und da sind drei Leute explizit genannt, das ist nämlich wirklich sehr schön, Ehrhardt, Mende und Witter und sonst niemand. Diese drei Leute. Es gibt dann außerdem noch eine Schule, eine explizit reaktionäre Schule Schneider, der tot ist, und Bresser, aber das ist nicht der Punkt. Die drei Leute, die genannt werden, als Komplott bezeichnet werden, von Moser und soeben von diesen Ordinarien, Kissger, Häfner usw. als außerwissenschaftliche Übereinkunft, das ist Mende, Witter und Ehrhardt. Und zwei davon, das muß man noch einmal feststellen, haben einen Lehrstuhl für forensische Psychiatrie, nämlich in der Bundesrepublik... Und das ist eben auch wieder... da bekommt es sozusagen auch wieder die gesellschaftliche Dimension. Das sind eben Witter und Ehrhardt in diesem Zusammenhang. Der dritte Mann ist Rasch. Also Sie können nicht sagen, daß da nicht wirklich ein unmittelbarer, hier präsenter Zusammenhang besteht. Er besteht zum Beispiel in der Tatsache, daß es[fff] ja bisher schon den Versuch einer Psychiatrisierung, einer psychiatrischen Begutachtung durch Witter gibt, die in diesem Verfahren, ja in dieses Verfahren ja immerhin[ggg] eingeführt ist, in den Akten. Also sehe ich nicht. Also ich wollte sagen, das ist eben wichtig, weil ich das jetzt belegen werde, Ulrike sollte im Trakt zusammenbrechen, psychiatrisiert werden und an dem Verfahren an den Folgen der Gehirnwäsche im Trakt exemplarisch für die ganze RAF für unzurechnungsfähig erklärt werden. Herr Zeis hat ja dann Gelegenheit, mich zu widerlegen. Dazu hat die Bundesanwaltschaft, explizit Zeis, all diese Briefe tragen die Unterschrift von Zeis, das haben wir[hhh] auch jetzt erst entdeckt, nach den Ergebnissen der Deprivationsforschung und den von Psychiatern entwickelten Programmen[iii] den Trakt ausgesucht nach der internationalen Tendenz dieses Mittel jetzt überall einzuführen, und es wird ja auch hier in der Bundesrepublik inzwischen verbreitet. Das wären, das sind inzwischen 15 von diesen Einrichtungen, also soweit wir nur wissen, gebaut worden, wahrscheinlich sind es mehr, sonst wäre[jjj] es[kkk] sicher schon widerlegt [2712] worden. Die Bundesanwaltschaft hat also diesen Trakt ausgesucht, weil Sie offenbar sensorische Deprivation für die richtige Methode hielt. Aber der programmierte Zusammenbruch lief nicht. Götte, daß ist der Psychiater in Ossendorf, mußte nach 8 Monaten Trakt feststellen und jetzt das wörtliche Zitat: „daß die Grenze der Belastbarkeit nach psychiatrischer Ansicht jetzt erreicht ist.“ Da weise ich nochmal hin auf die Identität dieser Formulierung, die Grenze der Belastbarkeit. Weiter ein Zitat: „Ich halte die gegenwärtig praktizierte Isolierung in dieser Form nicht mehr für vertretbar.“ Dazu ist wichtig, daß dieser Mann, Götte, bereits die Erfahrung hatte, eines fast vollständigen physischen Zusammenbruchs in diesem Instrument bei Astrid.[47] Und der unmittelbare Anlaß war natürlich die Tatsache, also die Sache wurde tatsächlich gefährlich, zu diesem Zeitpunkt nach 8 Monaten Trakt, weil Ulrike nicht mehr sprechen konnte. Bei den Besuchen fiel auf, es wurde einfach deutlich, also bei den Besuchen ihrer Schwester, die zugelassen waren und ihrer Tante, die Ärztin ist, fiel auf, daß die Artikulation kaputt ist, daß sie nicht mehr formulieren kann, daß sich kein Kontakt mehr herstellt, d.h. explizit Symptome starker Dissoziation, die alle, die längere Zeit isoliert sind, mehr oder weniger stark festgestellt haben.
Vors.:
Herr Baader, Sie müssen sich jetzt wirklich konzentrieren, konkret zu Herrn Professor Mende zu kommen, nicht bloß in der Betrachtung allgemeiner Handhabungen, die Sie hier glauben, beanstanden zu können, die durch andere Personen bewirkt wurden, die Sie glauben, beanstanden zu können und bei denen Sie nun einen personellen Bezug zu den Sachverständigen herstellen, durch eine Äußerung einer dritten Wissenschaft.
Angekl. B[aader]:
Also hören Sie, das ist nun wirklich sehr ärgerlich, weil das wirklich nicht ...
Vors.:
Nein, Herr Baader, es ist so, daß es nun derart weitgreift, was Sie hier erörtern ...
Angekl. B[aader]:
Nein, das ist es nicht. Das ist es eben gerade nicht, weitgreifend, es kommt zum Punkt. Es ist unmittelbar konkret hier und Sie sagen, es sei weitgreifend, weil Sie diese Tatsachen unterdrücken wollen.
Vors.:
Es will kein Mensch hier etwas unterdrücken.
Angekl. B[aader]:
Dann lassen Sie mich doch das entwickeln.
Vors.:
Herr Baader, Sie haben seit eineinhalb Tagen Gelegenheit, sich [2713] hier nun wirklich zu verbreitern.
Angekl. E[nsslin]:
Es fällt auf, wenn er in die Nähe der Sache kommt, desto mehr behaupten Sie, Entfernung vom Gegenstand, das fällt auf.
Vors.:
Hat Frau Ensslin das Wort, oder wie ist das?
Angekl. B[aader]:
Hören Sie, ich belege hier, ich belege hier explizit, daß ein Zustand hervorgerufen wurde, durch eine gezielt eingesetzte psychiatrische Maßnahme, die jetzt hier durch Psychiater, die diese Maßnahmen propagieren, begutachtet werden soll. Das ist doch der Punkt, der eigentliche.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.
RA Dr. H[eldmann]:
In dem Ablehnungsantrag und seiner Begründung ist bereits vorgetragen worden, daß Herr Professor Mende ausdrücklich abgelehnt hat, die Tatsache der Isolationshaft als Voraussetzungen in seine Begutachtungen einzubeziehen. Das habe ich selbst gestern vorgetragen und daraufhin bezieht sich das, was Herr Baader im Moment ausführt.
Vors.:
Indem er die Isolationshaft oder das, was passiert ist, darstellt.
RA Dr. H[eldmann]:
Indem er darstellt, indem er darstellt, welche ursächlichen, möglicherweise ursächlichen Bedingungen, die so sind, von Psychiatern selbst herbeigeführt worden sind, von dem Amtskollegen Mende nicht als ursächlich, als möglicherweise ursächlich, von Anfang an ohne Betrachtung ausgeräumt werden, als möglicherweise eine Mitgrundlage für seine Begutachtung.
Vors.:
Gut, unter diesem Aspekt. Aber Herr Baader, bitte, konzentrieren Sie sich in Ihrer Darstellung.
Angekl. B[aader]:
Ich bemühe mich darum, aber hören Sie. Das ist doch das Problem. Sie sagen ja, wir würden ideologische Behauptungen hier vortragen. Deswegen gibt es die Notwendigkeit, das mit Zitaten aus den Akten bzw. aus den Äußerungen tatsächlich Witters zu belegen, und das kann man eben auch. Also ich wollte sagen, das Kriterium dieser Erklärung Göttes ist tatsächlich vitale Gefährdung gewesen. Nachdem er siebeneinhalb Monate genau dieses Programm überwacht hatte, bekam er Angst, weil die Folgen der Sache wirklich sichtbar wurden, eklatant waren. Das würde durch[lll] den Hungerstreik, das glaube ich schon, durch den Hungerstreik der Gefangenen und die Öffentlichkeit, die er entwickelt hatte, für die Bundesanwaltschaft prekär. [2714] Sie haben Ulrike aus dem Trakt verlegt daraufhin, kurze Zeit. Sie kam dann nochmal in den Trakt, drei Monate, aber Sie haben natürlich ihr Projekt nicht aufgegeben. Denn unmittelbar nach diesen 8 Monaten Trakt erschien Götte bei Ulrike, der Psychiater, um im Auftrag der Bundesanwaltschaft zu versuchen, eine neurologische Voruntersuchung durchzuziehen mit dem Zweck, Ulrike für acht Wochen in eine psychiatrische Anstalt zu überweisen. Und das ist nun einfach wirklich eklatant, der Zusammenhang. Das war nämlich der erste Versuch der Psychiatrisierung. Zur Beobachtung hat er damals gesagt. Und angeordnet war die ganze Sache natürlich von der Bundesanwaltschaft, zunächst. Als das nicht lief, zunächst ich erkläre das nachher noch, warum es nicht lief, vermutlich, verfiel die Bundesanwaltschaft, Zeis, explizit auf den Zwangseingriff und auf Witter, der auf dieses Projekt sofort sein ganzes Engagement konzentriert. Am 18. April 1973 hat Zeis von der Bundesanwaltschaft an Witter geschrieben: „Sehr geehrter Herr Professor, die vorbezeichneten Anlagen übersende ich mit der Bitte um Abgabe einer fachpsychiatrisch, psychologischen, gutachtlichen Stellungnahme, zu der Frage, ob bei der Beschuldigten Ulrike Meinhof für die Zeit von Juni 1970 bis zu ihrer Festnahme 1972 die medizinischen Voraussetzungen eines Ausschlusses oder einer erheblichen Einschränkung ihrer strafrechtlichen Verantwortung im Sinne von § 51 Abs. I[ StGB][48] vorgelegen haben. Ihre uneingeschränkte strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit könnte insbesondere dadurch in Frage gestellt sein, daß sich die Beschuldigte am 23. Oktober 1962[mmm] in der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf einer von Professor Krauzki vorgenommenen Schädelöffnung unterziehen mußte, die der Entfernung eines Tumors dienen sollte“, was falsch ist. Es war kein Tumor. Dieser Aufforderung kommt Witter sofort nach. Er taucht am 4.5.1973 das erste Mal in Ossendorf auf, um die Bedingungen für das Projekt der Bundesanwaltschaft, das er zu seinem macht, zu prüfen. Als ihn Ulrike rausschmeißt, schreibt er an Zeis, am 10.4.1973, daß sein Versuch einer Rücksprache nicht gelaufen sei. Aber er schlägt Zeis die psychiatrischen Eingriffe vor, die er plant. Er sagt da, ich bin selbstverständlich bereit ...
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender, ich bitte ums Wort.[nnn]
Vors.:
Herr Baader, bitte Augenblick, wollen Sie wegen des Verfahrens [2715] irgend etwas vortragen.
BA Dr. W[under]:
Ja.
Vors.:
Bitte.
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender, wir ließen jetzt wirklich geduldig diese Beleidigungskanonaden über den Kollegen Zeis ergehen.
Angekl. B[aader]:
Sind das nicht wörtliche Zitate, waren das nicht wörtliche Zitate.
BA Dr. W[under]:
Nun scheint aber die Grenze des Erträglichen erreicht zu sein. Ich bitte Herrn Baader den Wortentzug anzudrohen und wenn er so fortfährt auch das Wort zu entziehen. Herr Baader soll nicht den törichten Versuch machen, hier einen der Kollegen von uns auf dieser Seite zur Zielscheiben zu benützen. Das wird fehlschlagen.
Vors.:
Herr Baader, generell habe ich ...
Angekl. B[aader]:
Darf ich dazu bitte Stellung nehmen.
Vors.:
Augenblick, generell habe ich Sie darauf hingewiesen, daß beleidigende Äußerungen die Gefahr in sich bergen, daß Ihnen das Wort entzogen werden müßte.
Angekl. B[aader]:
Sagen Sie mir bitte, welche Äußerung beleidigend war.
Vors.:
Sie haben jetzt im Augenblick gehört, daß auf seiten der Bundesanwaltschaft Ihre fortwährende Konzentrierung der Angriffe auf einen Herrn der Bundesanwalt dazu führt ...
Angekl. B[aader]:
Es tut mir außerordentlich leid ...
Vors.:
Herr Baader, lassen Sie mich bitte zu Ende reden, daß die Bundesanwaltschaft den Antrag gestellt hat, Ihnen die Wortentziehung anzudrohen. Die Wortentziehung ist mehrfach schon besprochen worden, im Zusammenhang damit, daß Sie ohnedies immer noch nicht trotz aller Begründungen des Zusammenhangs konkret zu Professor Mende kommen. Ich muß Ihnen nochmals sagen, beide Gesichtspunkte, sowohl beleidigende Ausführungen, wie auch Weitschweifigkeiten, hören Sie, Zusammenhang ja. Aber Weitschweifigkeiten, die sich vermeiden lassen, können dazu führen, daß Ihnen jetzt dann das Wort entzogen werden muß. Richten Sie sich bitte danach.
Herr Dr. Heldmann.
RA Dr. H[eldmann]:
1. Herr Baader hat zitiert, Verfügungen, die Herr Zeis für die Bundesanwaltschaft unterschrieben hat, oder Schreiben, nicht Verfügungen, sondern Schreiben.
2. Herr Dr. Wunder ist uns schuldig geblieben, nur eine der [2716] angeblichen Beleidigungen zu rezitieren. Welche soll es gewesen sein? Ich habe keine Beleidigung einer der Herren dort drüben vernommen.
3. Wobei es geht mit der Zitierung von Ansinnen der Bundesanwaltschaft an Psychiater, hier speziell Witter, das haben wir zu Beginn unserer Ablehnungsanträge ausführlich begründet, nämlich, die wissenschaftsfremde Unterwerfung dieser beiden Psychiater unter Bedürfnisse der Strafverfolgungsjustiz. Und davon war hier die Rede. Ich kann also, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, für Ihre Intervention eben wirklich nicht einmal einen Anlaß erkennen. Ich bitte also, Herr Baader fortfahren zu lassen.
Vors.:
Selbst Ihre Ausführungen, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wiederholen das, was ich schon sagte. Es kann ein entfernter Zusammenhang so begründet werden, wie das geschehen ist. Es wird gar nicht bestritten. Aber es sind einfach Weitschweifigkeiten. Sie selber sagten, es ist bereits ausführlich begründet, die Abhängigkeit.
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Baader ...
Vors.:
Die Wiederholung ständiger Zitate, die Hinweise auf das Verhalten anderer Ärzte, sind Weitschweifigkeiten, die jetzt nicht mehr länger hingenommen werden können. Ich bitte das zur Kenntnis zu nehmen und bitte, daß Herr Baader sich danach richtet.
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Vorsitzender, bitte einen Satz. Ich habe belegt aus Herr Ehrhardts und Herr Mendes Schriften. Herr Baader belegt soeben die Thesen, die ich aus jenen entwickelt habe für die Realität hier Bundesanwaltschaft und Psychiatrie und ihre Rolle in diesem Verfahren.
Vors.:
Ja, nun wir wollen diese Zusammenhänge, wie heute früh gesagt worden ist, zwischen Psychiatrie, Senat und Bundesanwaltschaft in diesem speziellen Fall jetzt zwischen, Augenblick, zwischen Psychiatrie und Bundesanwaltschaft, die wollen wir hier nicht im einzelnen geklärt haben. Wir wollen wissen, was konkret gegen Herrn Professor Mende vorgebracht werden kann.
Herr Rechtsanwalt Schily.
RA Sch[ily]:
Ich kann mich nur wundern, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder ...
[2717] Vors.:
In welcher Eigenschaft sprechen Sie, wenn ich fragen darf.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, also als Verteidiger der Angeklagten Ensslin. Ich nehme an, das ist im Protokoll auch festzustellen.[ooo]
Vors.:
Aber Herr Rechtsanwalt Schily, ich bitte doch zur Kenntnis zu nehmen, daß sich der Antrag ausschließlich gegen Herrn Baader gerichtet hat. Hier hat Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann Gelegenheit gehabt, sich zu äußern.
Angekl. E[nsslin]:
Sie haben gestern zur Kenntnis genommen, daß es ein Antrag von uns allen Vier ist.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, Sie haben doch selbst, und ich bitte doch, ... Wissen Sie, wir haben uns bemüht, nun also auch Ihnen das klar zu machen, daß es nicht sinnvoll ist, daß das vier Mal vorgetragen wird. Wollen Sie denn das wirklich allen Ernstes herbeiführen, wenn hier inhaltsgleich, also von den Gefangenen inhaltlich gleichlautend vertretener Ablehnungsgesuch gegen die Herrn Professoren Mende und Ehrhardt vorgetragen wird. Wollen Sie denn wirklich erzwingen, daß das vier Mal geschieht. Also es ist doch sozusagen unmittelbar das Interesse meiner Mandantin dadurch auch betroffen. Und ich halte es wirklich für sinnvoll, wenn wir da nun nicht diese Kleinlichkeit walten lassen.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich darf jetzt sagen, daß wäre nicht möglich vier Mal die selben Begründungen zu wiederholen.
RA Sch[ily]:
Was heißt, was heißt das denn? Einerseits wollen Sie mir ...
Vors.:
Wir wollen jetzt nicht debattieren darüber, über die Punkte. Das können wir, [ppp] wie gesagt, dann[qqq] der Hauptverhandlung überlassen, wenn Sie glauben, daß die Möglichkeit bestünde. Aber im Augenblick war Herr Baader von dem Antrag betroffen. Und wir wollen uns auf diesen Punkt beschränken.
RA Sch[ily]:
Nein, Herr Vorsitzender, das ist einfach falsch, daß Sie sagen, das ist nur Herr Baader. Einerseits sagen Sie schon vorweg, meine Mandantin dürfte dann einen solchen Antrag überhaupt nicht mehr begründen, offenbar, so wollen Sie es doch sagen. Doch, Sie sagen ja, inhaltsgleiche Anträge sind nicht möglich ...
Vors.:
Von vier inhaltsgleichen Anträgen war jetzt die Rede. Herr Rechtsanwalt, das ist kein Grund. Wieso sind Sie jetzt dazu da, Herrn Baader das Wort zu erhalten?
RA Sch[ily]:
Weil es eine von allen Gefangenen vertretene Begründung eines Ablehnungsgesuches ist, das von allen vier Angeklagten vertreten wird und eingebracht worden ist. Und es geht doch [2718] darum, daß diese Begründung, denn sonst würde also Frau Ensslin gezwungen sein, diese selbe Begründung nun hier wieder vorzutragen und Sie würden dann möglicherweise wieder an der selben Stelle unterbrechen, und es liegt mir daran, das nun nicht in dieser Form zu komplizieren.
Vors.:
Aber ich erkläre Ihnen, Herr Rechtsanwalt, diese Form, die Sie jetzt andeuten, wäre ohnedies nicht möglich. Sie haben da vielleicht eine falsche Vorstellung. Der normale Weg wäre einer trägt vor, die anderen können sich anschließen. So ist es bisher gehandhabt worden. Ich habe jetzt einmal diese Ausnahme zugelassen, daß hier umschichtig gesprochen wird. Und schon wird es ständig dazu benützt, daß, wenn ein Antrag sich gegen einen speziellen Angeklagten richtet, daß dann alle Verteidiger sich zu Wort melden. Das geht nicht, Herr Rechtsanwalt.
RA Sch[ily]:
Sie übersehen, daß es natürlich nicht nur so geht, daß etwa ein Angeklagter ein Antrag einbringt, ihn begründet. Die anderen sich anschließen und nicht mehr begründen dürfen und dann noch vorweg gesagt wird, ich darf mich überhaupt nicht zu dem Inhalt der Begründung als Verteidiger äußern. Das wäre doch eine ganz klare Rechtsverweigerung, Herr Vorsitzender, wenn Sie das nachvollziehen können. Darum gehts doch. Sie können doch jetzt ...
Ende von Band 150
[2719] RA Sch[ily]:
Also es geht hier darum, daß ich auch rechtliches Gehör für meine Mandantin beanspruchen kann grade zu dieser Antragsbegründung. Dazu möchte ich etwas sagen.
Vors.:
Zu welcher Antragsbegründung? Es geht doch um das Wort von Herrn Baader und nicht um den Inhalt der Begründung, oder wollen Sie jetzt gegen mich, gegen das, was ich ausführte ...
RA Sch[ily]:
Nein. Es geht um den Inhalt der Begründung, Herr Vorsitzender, weil gesagt worden ist, es muß ... diese Begründung darf nicht weiter angehört werden - so habe ich jedenfalls die B. Anwaltschaft verstanden - weil es irgendwelche angeblich beleidigende Ausführungen über Herrn Zeis enthält, und dazu möchte ich nur sagen: Es ist aus den Akten zitiert worden - Schreiben von Herrn Zeis -, und wenn sich Herr Zeis durch den Inhalt seiner eigenen Schreiben beleidigt fühlt - vielleicht hat er da Recht. Aber das ist kein Grund, das ist kein Grund, hier jemandem das Wort zu entziehen.
Und es ist doch sehr interessant - vielleicht ... die B. Anwaltschaft, vielleicht prüft sie sich einmal daraufhin -, was sie da eigentlich noch gewärtig, daß sie jetzt vielleicht denkt, nein, das weitere Schreiben und diese weitere Korrespondenz, die zwischen Herrn Zeis und Herrn Witter sich da entwickelt hat, die wollen wir hier nicht öffentlich hören. Vielleicht bestehen da Befürchtungen, daß man das einfach gar nicht zur Kenntnis bekommen will, daß es hier in der Verhandlung eben nicht herauskommen soll. Das ist wahrscheinlich das Entsprechende.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, soweit ich daran eine Mahnung an Herrn Baader - eine letzte - geknüpft habe, sage ich nochmals:
Es ist eine Unterstellung, die unberechtigt ist, wenn behauptet wird, man wolle vielleicht etwas in [2720] der Öffentlichkeit nicht erörtert haben. Das stört überhaupt nicht. Es muß im klaren Zusammenhang zu dem Thema, über das wir im Augenblick durch diesen Antrag durch ...
Herr Baader, seien Sie jetzt im Augenblick still. ... durch den Antrag genau abgegrenztes Thema. Um das geht es, und nur dazu kann Herr Baader reden. Und wir können diese Weiterungen, daß nun ständige Zitate, ständige Hinweise auf Verhaltensweisen anderer Psychiater auf dem Umweg, daß auch Herr Mende einer von der Sorte, um es ganz deutlich zu sagen, sei, nicht hinzunehmen.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, nicht einer von der Sorte, sondern es wird gesagt: Da gibt es eine außerwissenschaftliche Verbindung.
Vors.:
Das hat Herr Moser gesagt, das ist doch für das Gericht nicht verpflichtend.
RA Sch[ily]:
Herr Hisker und Herr Hefner wurden auch zitiert. Es werden ja Belegstellen zitiert. Eine außerwissenschaftliche Verbindung, und wenn das belegt wird aus Äußerungen anerkannter Wissenschaftler, dann ist es doch notwendig, auch mal darzustellen, was Herr Witter nun, welche Funktion ihm zugedacht worden ist und welche er eingenommen hat.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich lehne es jetzt ab, daß wir weiterhin zum Gegenstand des Ablehnungsantrags gegen Herrn Prof. Mende im Detail die Darstellung entgegennehmen, was Herr Prof. Witter gemacht hat, wobei keineswegs der Grund ist, daß das nicht öffentlich besprochen werden könnte, sondern weil das zu weitschweifig ist. Auch wenn ich einen entfernten Zusammenhang aus der Sicht von Herrn Baader durchaus anerkenne, so, wie er die Dinge sieht, dann soll er sich kurz fassen und soll’s zusammenfassen. Aber wir haben keinen Anlaß, hier jetzt die ganze Geschichte, die sich abgespielt hat etwa [2721] bei Herrn Witter, hier im Zusammenhang mit dem Ablehnungsantrag entgegenzunehmen.
Angekl. Baa[der]:
Das ist ja nun wirklich der Gipfel. Das kann ich nicht begreifen. Kürzer kann man sich überhaupt nicht fassen.
Vors.:
Bitte, Herr Baader, versuchen Sie jetzt den Zusammenhang, den Sie herstellen wollen, den ich auch sehe, gestrafft zu bringen. Enthalten Sie sich ...
Angekl. Baa[der]:
Also hören Sie, man kann diesen Zusammenhang unmittelbar - niemand kann das - ihn mehr straffen. Das sind Vorgänge aus Hunderten von Seiten, von Akten. Da ist ein 80-seitiges Gutachten dabei, das werd ich Ihnen ja gar nicht ... das will ich Ihnen hier ja gar nicht aufdrängen. Ich nehme ... also Sie müssen schon mal sehen, ich hab buchstäblich nur einzelne Sätze aus den Briefen der B. Anwaltschaft zitiert, die genau für die Entwicklung dieses Zusammenhangs notwendig sind, und ich will Ihnen mal sagen: Der unmittelbare Zusammenhang ist nicht über Mende allein gegeben, sondern er ist einfach wesentlich darüber, über die rechtspolitischen Intensionen von Ehrhardt gegeben, und dazu komme ich nämlich unmittelbar danach, unmittelbar daraus läßt sich das nämlich entwickeln, die sozusagen Voraussetzung für diese ganzen Maßnahmen seit 25 Jahren versuchen, zu schaffen. Das ist der wesentliche Punkt, und das habe ich zum Teil hier schon belegt, und ich kann das also wirklich endlos zwingend - auch für Sie unabweisbar, es sei denn durch die glatte[rrr] Manipulation, die Sie hier versuchen - belegen. Das ist einfach eine Tatsache, und ich würde sagen: Ich brauch ... ich brauch jetzt wirklich ... das ist einfach, was Sie machen, ist einfach irre, weil Sie einen auch dauernd damit bedrängen, daß Sie sozusagen die Entwicklung des unmittelbaren Zusammenhangs dauernd zerstören wollen. Sie können natürlich jetzt sagen hier: [2722] nicht Zusammenhang, Wortentzug; naja, dann bleibt der Zusammenhang eben nicht hergestellt. Aber Sie können von mir nicht erwarten - das kann absolut kein Mensch - eine komplexe Problematik, den ganzen historischen Ablauf über 2 ½ Jahre bzw. hier explizit über drei Monate in einem Satz, also da in einem Satz permanent den unmittelbaren Zusammenhang herzustellen. Sie erlauben doch jedem der Verteidiger, also wenn Sie’s überhaupt erlauben - und der B. Anwaltschaft sowieso - geben Sie doch hier die Möglichkeit, hier Zusammenhänge zu entwickeln, also eben Zusammenhänge zu entwickeln, ohne daß in jedem Satz sozusagen die Worte auftauchen, die Sie offenbar brauchen, um den Zusammenhang herstellen zu können für sich. Also ich würde sagen, wenn Sie der Öffentlichkeit hier nichts vorenthalten wollen, dann lassen Sie mich das jetzt entwickeln. Es dauert noch maximal, der Teil der Zitate, maximal zehn Minuten. Naja und naja, sicher. Das sind natürlich nicht nur Sätze, es enthält sozusagen wirklich die ganze Intension, aber es sind ...
Und ich verstehe Wunder überhaupt nicht, denn ich hab nicht eine einzige beleidigende Formulierung gebraucht. Ich habe nur Zitate ausschließlich aus Briefen, die Zeis unterzeichnet hat - ich kann Ihnen ... kann dem Senat hier ... kann die ja nachher zum Protokoll geben; es steht überall die Unterschrift Zeis drunter. Sie können daraus noch nicht mal schließen, daß ich Herrn Zeis hier besondere Angriffe machen will. Nur hat er diesen Vorgang offensichtlich bearbeitet, und deswegen ist Herr Zeis in diesem Zusammenhang hier interessant.
Also ich sagte, Witter sagt - also nachdem Ulrike Witter rausgeschmissen hat, schreibt er an Zeis -, daß ein Versuch einer Rücksprache nicht stattgefunden hat, nicht gelaufen ist, und er schlägt Zeis dann eben die psychiatrischen Eingriffe vor, die er plant. Er schreibt:
[2723] „Ich bin selbstverständlich bereit, einen erneuten Versuch zu einer Rücksprache mit der Beschuldigten zu machen. Vielleicht wäre es zweckmäßig, wenn Herr Dr. Götte vor einem solchen Versuch eine Vorbereitung ... ein vorbereitendes Gespräch mit der Beschuldigten führen würde. Wenn die Zeit drängt, dann könnte mein Besuch in der Justizvollzugsanstalt am 18. Mai erfolgen.
Sollte die Beschuldigte weiterhin jede Mitarbeit an einer psychologisch-psychiatrischen Untersuchung verweigern, auch wenn diese nur in der Form einfacher Rücksprachen stattfinden würde, dann bliebe nur eine gutachtliche Beurteilung übrig, die sich auf die Kenntnis der Akten und die Teilnahme in der Hauptverhandlung stützen müßte.
Nach meinen bisherigen Informationen nehme ich an, daß auf diese Weise eine ausreichend fundierte Beurteilung der Verantwortungsfähigkeit erarbeitet werden kann. Vor der Hauptverhandlung sollte aber auf jeden Fall soweit als möglich der Operationsbefund am Schädel der Beschuldigten geklärt werden.“
Dazu ist festzustellen, daß sich nachweisen läßt, daß er zu dieser Zeit, zu dem Zeitpunkt für die B. Anwaltschaft schon geklärt war.
Dann schlägt er weiter vor:
„Zur weiteren Klärung des Schädel-Hirn-Befundes wären nun folgende Untersuchungen zweckmäßig:
1. Röntgenaufnahme des Schädels,
2. eine Szintigraphie des Gehirns.
Beide Untersuchungsverfahren
- sagt Witter -
bringen keinerlei Gefährdung der Beschuldigten mit sich und sind insoweit völlig unbedenklich. Allerdings ist eine Mitarbeit notwendig. Sollte die Beschuldigte eine solche Mitarbeit verweigern, dann könnten[sss] beide Untersuchungsverfahren auch in Narkose durchgeführt werden.“
[2724] Da ist also ganz deutlich die Narkose eingesetzt, nicht als therapeutische Maßnahme von einem Arzt, sondern nur zu Zwecken der Ermittlung und der Zwangspsychiatrisierung. Er sagt weiter ...
Vors.:
Herr Baader, dazu gibt’s jetzt keine weiteren Möglichkeiten mehr, diese Zitate zu bringen. Es wird nichts verschwiegen, es ist nur einfach zu weitschweifig. Wir können hier im Zusammenhang mit diesem Ablehnungsantrag nicht diese Geschichte nachvollziehen.
Wenn Sie mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sind, gibt’s die Möglichkeit einer Beanstandung beim Senat[49] zu machen. Im übrigen:
Sie können, wenn Sie jetzt konkret zu Herrn Prof. Mende kommen, fortfahren, aber nicht weiterhin mit dieser Geschichte fortfahren.
Angekl. Baa[der]:
Bitte?
Vors.:
Herr Dr. Heldmann.
RA Dr. He[ldmann]:
Es geht wieder um das, genau um die Fragen unzulässiger Eingriffe, nämlich nach etwa § 136a[ StPO][50] oder [§ ]81a StPO[51] - unzulässige Eingriffe - diese Möglichkeiten rechtswidrigen Handelns unter Verletzung der Personenwürde, der persönlichen Freiheit und auch der persönlichen Integrität des Probanden, die propagiert Prof. Ehrhardt - Ihr Sachverständiger - in seiner Schrift, aus der ich Ihnen gestern zitiert habe - chemische und psychische Aussagebeeinflussung - und daß das aber nicht reine Theorie geblieben ist unter den Psychiatern Ehrhardt, Mende und hier am Beispiel Witter, wie er in diesem Verfahren schon gehandelt hat, das soeben belegt Herr Baader, und somit ist der unmittelbare Sachzusammenhang gegeben, d. h., nicht nur die Theorie des Herrn Ehrhardt, wie diesen, der hier für rechtswidriges Handeln von Ärzten vertritt, sondern auch die Praxis, d.h. die Realisierung dessen, was hier propagiert worden ist.
[2725] Geheime Beratung des Senats.
Vors.:
Der Senat hat beschlossen:
Der Angeklagte Baader erhält das Wort zur Darstellung der Vorgänge im Zusammenhang mit Herrn Prof. Witter wegen Abschweifung vom Thema nicht. Er kann fortfahren, soweit es sich konkret um Gründe gegen Herrn Prof. Mende handelt.
Angekl. Baa[der]:
Ich versteh nicht, wieso gegen Herrn Mende? Ich sagte doch die ganze Zeit, daß es sich um Prof. Ehrhardt handelt.
Vors.:
... und natürlich auch gegen Herrn Prof. Ehrhardt. Das kommt hinzu, Herr Baader.
Angekl. Baa[der]:
Und die Vermittlung ist oder ... Ich stell nochmals ausdrücklich fest: Sie unterdrücken hier einen unheimlich brisanten Zusammenhang, und ich kann Ihnen auch ... ich kann Ihnen ... ich ste... ich versuch es jetzt nochmals, ihn auf unmittelbarer Ebene herzustellen.
Vors.:
Nein. Jetzt liegt ja da ein Beschluß vor. Also diesen Komplex Witter müssen wir hier ausklammern, Herr Baader. Wir haben’s ja in der ...
Angekl. Baa[der]:
Sagen Sie mal, lesen Sie den § 80a[ StPO], haben Sie ne Vorstellung, was da drinsteht, ja? Glauben Sie, daß das insofern von Belang ist im Zusammenhang der Bestellung von Psychiatern hier?
Vors.:
Nehmen Sie’s bitte zur Kenntnis: Die Darstellung der Vorgänge im Zusammenhang mit Herrn Prof. Witter sind nicht Gegenstand des Ablehnungsantrages mehr. Hier hat der Senat Ihnen das Wort nicht mehr weiter erteilt dazu. Sie können sich danach richten und jetzt zur Sache kommen, indem Sie weiter fortfahren mit Vorbringen, die sich direkt beziehen auf den abgelehnten Sachverständigen.
Angekl. Baa[der]:
Also es ist einfach ganz eindeutig, es muß auch öffentlich eindeutig sein, Sie unterdrüc- [2726] ken jetzt genau den Punkt, um den’s geht, den Versuch ...
Vors.:
Wollen Sie fortfahren, Herr Baader?
Angekl. Baa[der]:
... den Versuch der B. Anwaltschaft, zu einem neuro-chirurgischen Eingriff zu kommen bei Ulrike - Schädelöffnung - auf der einen Seite. Das ist der eigentliche Punkt, der jetzt hier ...
Vors.:
Herr Baader, nehmen Sie bitte zur Kenntnis ...
Angekl. Baa[der]:
Naja, Sie können den Text sowieso nicht unterdrücken.
Vors.:
Herr Baader, es will kein Mensch etwas unterdrücken. Sie können ...
Angekl. Baa[der]:
Ja dann lassen Sie ...
Vors.:
Augenblick. Lassen Sie sich doch auch mal einen Satz vollständig vorsagen.
Sie können dann, wenn es im Sachzusammenhang dazugehört, solche Dinge jederzeit hier vortragen vollkommen ungestört. Hier gehört es nicht zum Sachzusammenhang. Wir haben es mit den Professoren Ehrhardt und Mende zu tun.
Bitte, Sie können fortfahren, aber nicht mehr mit dem Komplex wieder.
Angekl. Baa[der]:
Naja. Haben Sie was dagegen, wenn ich den § 80a[ StPO] hier vorlese?
Vors.:
Ja, das dürfen Sie vorlesen. Warum nicht.
Angekl. Baa[der]:
Der § 80a[ StPO] ist die Grundlage dieser ganzen Begutachtung gewesen für Herrn Witter. Er sagte ganz kurz in einer Zeile auf meinen Hinweis, daß es vorläufig nur um eine Rücksprache i. S. von § 80a StPO geht, wurde damals ne Unterredung mit ihm abgelehnt. Das ist der § „Zuziehung im Vorverfahren“. Da geht es darum:
„Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des Beschuldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt oder die Sicherungsverwahrung angeordnet werden wird,
- ist damit zu rechnen, daß sie angeordnet werden wird -
[2727] so soll schon im Vorverfahren einem Sachverständigen Gelegenheit zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden Gutachtens gegeben werden.“[52]
Vors.:
Gut, und stellen Sie jetzt bitte den Zusammenhang her, Herr Baader, in Ihrer Begründung.
Angekl. Baa[der]:
Ja. Jetzt stell ich allerdings den Zusammenhang her. Der Punkt ist einfach der: acht Monate Trakt, offensichtliche Dissoziation durch diese Maßnahme, psychiatrische Begutachtung durch Witter, Zwangspsychiatrisierung, Einweisung in eine Anstalt. Das ist die Linie der B. Anwaltschaft gewesen, und diese Linie setzt sich hier fort.
Vors.:
Zusammenhang zu den Herrn Professoren Ehrhardt und Mende, Herr Baader, bitte.
Angekl. Baa[der]:
Der Zusammenhang ist sehr einfach der, daß die Symptome der Dissoziation, die durch die Isolation bewirkt werden, daß die von diesen Psychiatern - und das belegen wir nun wirklich hier seit zwei Tagen - nach ihrem Krankheitsbegriff immer klassifiziert werden als psychische ... psychische Störungen zurückverlegt werden in die Persönlichkeit des Gefangenen selbst, d. h., daß sie unmittelbarer Anlaß sind, den Gefangenen zu psychiatrisieren in diesem Zusammenhang, und das ist der unmittelbare Grund, warum wir diese Psychiater ablehnen. Das ist der Zusammenhang als Beispiel, und explizit eben auf ner etwas dezidierteren Ebene, daß Ehrhardt sozusagen die Möglichkeit solcher Projekte zusätzlich, also überhaupt dieser ganzen ungesetzlichen Untersuchungsmethoden, wie er ja selbst sagt, daß er die durch seine Rechtspolitik seit 25 Jahren vorbereitet, offen propagiert in x-psychiatrischen Fachzeitschriften. Ehrhardt ist der Mann, der überhaupt für diese Linie steht, der überhaupt für die Linie steht, das GrundG durch ungesetzliche Untersuchungsmethoden, durch ungesetzliche Eingriffe zu umschiffen. Das ist genau der Punkt.
[2728] Also ich finde das wirklich unglaublich. Sie zwingen uns praktisch wahrscheinlich, wenn Sie so weitermachen, das Verfahren zu verlassen, weil es wirklich vollständig sinnlos ist, weil es nicht mehr möglich ist, hier sinnvoll Zusammenhänge darzustellen und ne Argumentation auch in Ihrem juristisch-bornierten Sinn schlüssig zu entwickeln.
Vors.:
Herr Baader, das haben Sie uns[ttt] schon öfter gesagt.
Bitte, das nützt jetzt nichts im Augenblick. Sie sind bei der Begründung des Ablehnungsantrags gegen die beiden Sachverständigen. Fahren Sie bei diesem Thema fort. Nur das steht jetzt zur Debatte.
Angekl. Baa[der]:
Naja. Also ich weiß nicht. Ich sag nochmals ausdrücklich, der Zusammenhang ist der: Das Gutachten im Vorverfahren ...
Vors.:
Sie haben’s schon gesagt den Zusammenhang. Wir brauchen ihn nicht wiederholt zu haben.
Angekl. Baa[der]:
In der Hauptverhandlung soll ...
Vors.:
Herr Baader, Sie laufen jetzt ernsthaft Gefahr, wenn Sie wiederholen, daß [uuu] Ihnen das Wort entzogen wird. Fahren Sie bitte fort, aber ohne Wiederholung.
Angekl. Baa[der]:
Ja, also, Herr Schily möchte nen Antrag stellen.
RA Sch[ily]:
Ich habe die Begründung noch kurz zu ergänzen, Herr Vorsitzender und die Herrn des Senats, und zwar hinsichtlich drei Punkten:
Zunächst einmal ist mir aus dem zurückweisenden Beschluß, den Sie heute nachmittag verkündet haben, erkennbar geworden, daß Sie da zum Teil dem Irrtum verfallen, daß Sie eine bestimmte Argumentation abzuqualifizieren versuchen, daß Sie sagen, das seien nur allgemeine politische Erörterungen. Ich darf aber vielleicht in dem Zusammenhang Ihr Interesse darauf lenken, daß gerade der Herr Prof. Ehrhardt sich durchaus in einem noch andern Sinne [2729] bewußt ist, inwieweit möglicherweise auch seine Tätigkeit als Gerichtspsychiater politische Momente enthält. Wenn man hier z. B. in der Schrift „Chemische und psychische Aussagebeeinflussung“ auf S. 23 liest - ich darf daraus zitieren - als Fragestellung zunächst:
„Ist es in jedem Fall richtig und gerecht, daß der Mörder mit den gleichen oder gar besseren Waffen wie der Staatsanwalt als Vertreter des Ermordeten und des Rechts kämpft?“
Und dann kommt in einem späteren Zusammenhang:
„Die Antworten werden vielleicht etwas anders aussehen, wenn unsere Frage nicht das Personenverbrechen - den Mord -, sondern etwa politische Straftaten ins Auge fassen.“
Also das nur mal am Rande.
Aber zwei weitere Gesichtspunkte, die, glaube ich, heute nachmittag erst durch Akteneinsicht festgestellt worden sind, die scheinen mir doch so eindrucksvoll zu sein, daß nun also wirklich auch der letzte Zweifel beseitigt ist, daß es sich um voreingenommene und in einer bestimmten Weise zur Instrumentalisierung bereite Sachverständige handelt. Es handelt ... es sind ... es liegen zwei Schreiben vor, von Herrn Prof. Ehrhardt und von Herrn Prof. Mende, und zwar datieren beide Schreiben, das eine Schreiben von Prof. Ehrhardt datiert vom 21.8. und das Schreiben von Prof. Mende datiert vom 22.8.75. In diesem Schreiben von Herrn Prof. Ehrhardt vom 21.8.75 heißt es u. a. - ich zitiere:
„Was die Beschlüsse und Verfügungen zu den Haftbedingungen betrifft, so kann ihnen auch der psychiatrische Sachverständige nichts entnehmen, was von besonders negativem Einfluß auf die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten sein könnte. Selbstverständlich bewegen sich diese Beschlüsse und Verfügungen im Rahmen der [2730] Strafprozeßordnung und der Vollzugsordnung, was allein der richterlichen Beurteilung unterliegt. Die diesbezüglich in der Bundesrepublik gültigen Vorschriften entsprechen auch den Mindestgrundsätzen der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen,[53] werden also international nicht nur als gerechtfertigt, sondern auch „tragbar“ betrachtet. Haftbedingungen, die sich in diesem Rahmen bewegen, werden demnach generell als nicht geeignet angesehen, die Verhandlungsfähigkeit eines Häftlings zu beeinträchtigen.“
Ende des Zitats.
Ich habe noch weitere Zitate aus dem Schreiben hier zu verlesen. Ich will nur mal diese ersten Zitate kommentieren.
Dieser Sachverst. nimmt sich das Recht, unter Überschreitung seiner ihm zukommenden Befugnisse hier ein Rechtsgutachten zu erstatten, und das kann er auch nicht hier mit der salvatorischen Klausel. Und ehe er schon, bevor er überhaupt auch nur im Ansatz sein Gutachten hier erstattet hat oder auch nur Untersuchungen vorgenommen hat, sagt er, die Isolation ist rechtens.
Also wenn man jetzt nicht mehr merkt, was hier Sache ist mit dem Herrn Prof. Ehrhardt, dann, glaube ich, dann ist man hier in der Tat taub, und es heißt in diesem Schreiben weiter - und es ist interessant für mich, daß wir zwar eine Kopie, die Verteidiger eine Kopie von dem Schreiben von Herrn Prof. Müller vom 22.8. bekommen haben; aber merkwürdigerweise von diesem Schreiben des Herrn Prof. Ehrhardt haben die Verteidiger keine Kopie erhalten - da heißt es weiter - ich zitiere:
„Die Verhandlungsprotokolle, soweit ich sie bisher lesen konnte, sind natürlich psychologisch und zeitgeschichtlich interessant, streckenweise deprimierend. Diesen Protokollen wird sich kaum etwas entnehmen lassen, was für eine nennenswerte Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit der [2731] Angeklagten spricht. Es finden sich aber zum Teil abenteuerliche Ausführungen“
- hab ich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit, Herr Vorsitzender? Ich meine, Sie kennen das Schreiben, nicht? Das weiß ich. Aber ... Sie kennen das Schreiben auch nicht?
Vors.:
Natürlich kenn ich das Schreiben.
Ich darf aber gleich dazu wohl hinzufügen: Es ist Ihnen Akteneinsicht grade in diesen Ordner immer wieder angeboten worden.
RA Sch[ily]:
Jaja.
Vors.:
Das haben Sie. Aber es ist doch selbstverständlich nicht ...
RA Sch[ily]:
Sicherlich, sicher.
Vors.:
... nicht die Aufgabe, daß hier jedes Schreiben, das ankommt, sofort fotokopiert und an alle [vvv] verteilt wird.
RA Sch[ily]:
Ich wundere mich nur, daß wir das Schreiben von Herrn Müller - Verfügung vom 25., das ist das Eingangsdatum, 25.8. - daß wir das Schreiben bekommen wir nur eine Selektion ...
Vors.:
Weil es unmittelbaren Bezug auf die Frage hatte, wie wir hier verhandeln können.
RA Sch[ily]:
Ach, und das hat keinen unmittelbaren Bezug.
Vors.:
Nein, hat es nicht.
RA Sch[ily]:
Naja. - Es heißt weiter in diesem Schreiben:
„Es finden sich aber zum Teil abenteuerliche Ausführungen etwa über partielle Verhandlungsfähigkeit, über den Arzt des Vertrauens oder über die sensorische Deprivation. Von der Verfahrenstaktik
-was hat eigentlich der Herr Prof. Ehrhardt mit der Verfahrenstaktik zu tun?
Von der Verfahrenstaktik abgesehen, werden dabei auch grundsätzliche Mißverständnisse deutlich.“
[2732] Soweit das Zitat an dieser Stelle.
Und dann heißt es hier weiter - und das ist doch auch sehr interessant - ich zitiere wiederum:
„Für die an sich wichtige Verhaltensbeobachtung der Angeklagten in der Hauptverhandlung wäre ich bereit, noch einmal nach Stammheim zu kommen. Zur Zeit ist wohl aber nicht absehbar, wann es etwas für mich Wichtiges zu beobachten geben könnte. In erster Linie käme hier natürlich die Vernehmung zur Person und zu den Motiven der in Rede stehenden Straftaten in Frage.“
Ende von Band 151.
[2733] RA Sch[ily]:
Dieses Zitat ist auch sehr aufschlußreich. Ein weiteres Zitat, das sich hier fortsetzt: „Falls keiner der als Gutachter benannten Psychiater eine ihm ausreichend erscheinende persönliche Untersuchung durchführen kann, wäre für das Gericht eventuell eine grundsätzliche Stellungnahme zur Frage der Verhandlungsfähigkeit im Strafprozeß unter Berücksichtigung der in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen nützlich. Da dieses Thema im juristischen wie im psychiatrischen Schrifttum eine bisher nur minimale Rolle spielt, könnten einige der oben angedeuteten Mißverständnisse klargestellt werden, auch ohne direkten Bezug auf die Verhandlungsfähigkeit dieser Angeklagten. Ohne einen erheblichen und verifizierbaren pathologischen Befund rückt die Frage nach der Verhandlungsfähigkeit in den Bereich der Normalpsychologie und ist als solche primär vom Gericht zu beantworten, wie das ja auch sonst bei der Beurteilung von Fähigkeiten in anderen Rechtsbereichen, etwa Schuldfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit, in foro die Regel ist“. Also Herr Ehrhardt will doch damit gar nichts anderes in[www] etwas verklausulierter Formulierung zum Ausdruck bringen: Ich kann möglicherweise nicht untersuchen, aber dann möge doch das Gericht hier ohne Untersuchung über die Verhandlungsfähigkeit entscheiden. Das ist die Meinung von Herrn Professor Ehrhardt, und wenn man daraus nicht mehr die Besorgnis der Befangenheit erkennen kann, ich weiß nicht mehr, wie man ein solches Verhalten dann noch qualifizieren soll. Im übrigen nur auch noch als Fußnote zu Herrn Professor Ehrhardt: Daß Herr Professor Ehrhardt den Auftrag trotz erheblicher Bedenken, so heißt es in einem Schreiben von ihm, entgegengenommen hat, das hätte man ja eigentlich auch mal hier durchaus kundtun können, welche Bedenken er eigentlich geltend gemacht hat. Diese Bedenken hat er ja in einem Telefongespräch geäußert, das er mit dem Herrn Vorsitzenden geführt hat. Allerdings, in dem Aktenvermerk, den der Herr Vorsitzende über dieses Telefongespräch angefertigt hat, ist über diese Bedenken [2734] merkwürdigerweise überhaupt nichts zu lesen, und ich würde mich allerdings auch dafür interessieren, was das eigentlich für Bedenken konkret waren.
Vors.:
Sie können die Antwort gleich bekommen, Herr Rechtsanwalt. Die Vorstellung haben Sie wohl nicht, daß das private Bedenken sein könnten, die er für sich anstellt. Mir hat er sie nicht mitgeteilt.
RA Sch[ily]:
Wie bitte, das hat er Ihnen nicht mitgeteilt?
Vors.:
Mir hat er sie nicht mitgeteilt, sondern er schreibt es hier.
RA. Sch[ily]:
Dann darf ich Ihnen vielleicht mal verlesen, das darf ich Ihnen mal verlesen, was Herr Professor ...
Vors.:
Daß sich keiner der Herren danach gedrängt hat und sagte: Ja ja, wenn es sein muß. In dem Stil, das ist selbstverständlich, konkrete Bedenken ...
RA Sch[ily]:
Aber Herr Vorsitzender, das ist doch wichtig, ob jemand sich da also nun dagegen sperrt oder was, das würde ich doch für wichtig halten.
Vors.:
Es hat sich niemand gesperrt.
RA. Sch[ily]:
Hier heißt es in einem Schreiben von Herrn Professor Ehrhardt, Sie können ja sagen, das ist falsch, dann wäre das auch wieder interessant.
Vors.:
Nein, ich sage es nicht. Ich bin überzeugt, daß er erhebliche Bedenken hat, aber ich sage Ihnen nochmals, mir hat er keine konkreten und erheblichen Bedenken mitgeteilt.
RA Sch[ily]:
Hat er Ihnen nicht mitgeteilt?
Vors.:
Nein, das kann man doch haben, konkrete Bedenken für sich.
RA Sch[ily]:
Hat er Ihnen nicht mitgeteilt?
Vors.:
Nein, er teilt mit, daß er erhebliche Bedenken hat und es angenommen hat. Deswegen braucht er mir doch nicht mitzuteilen am Telefon, welche Bedenken er habe. Ist[xxx] auch nicht geschehen. Ich halte ...
RA Sch[ily]:
Wie, er hat Ihnen gesagt, er hat Ihnen gesagt, ich habe Bedenken, aber nicht im einzelnen.
Vors.:
Er hat überhaupt nichts derartiges gesagt ...
RA Sch[ily]:
Hat überhaupt nichts von Bedenken geäußert?
Vors.:
Ich sagte Ihnen sinngemäß ...
[2735] RA Sch[ily]:
Wie bitte, Entschuldigung, ich habe ...
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, wenn Sie mich etwas fragen, und ich mitten im Satz bin, um Ihnen zu antworten, kann es sein, daß das bitte hier ...
Angekl. B[aader]:
Machen Sie doch das Maul auf.
Vors.:
... daß das vollkommen unnötig ist.
RA Sch[ily]:
Herr Vorsitzender, ich hatte es eben akustisch nicht mitbekommen, das wird ja, manchmal kann das ja eintreten. Ich wollte nur wissen, was, ob er nun überhaupt nichts geäußert hat.
Vors.:
Nehmen Sie jetzt bitte folgendes zur Kenntnis: Ich habe von ihm keine konkreten Bedenken mitgeteilt bekommen. Es hat jeder Sachverständige gesagt, wir sind a) belastet und b) ist das eine Sache, nach der wir uns selbstverständlich nicht drängen. Kurzum, angedeutet hat jeder, daß es ihm nicht besonders lieb ist, wenn er damit beauftragt wird.
RA Sch[ily]:
Es interessiert mich nicht, was generell, entschuldigen Sie, was generell gesagt worden ist. Ich möchte nur wissen, was Ihnen konkret der Herr Professor Ehrhardt gesagt hat.
Vors.:
Keine Bedenken habe ich gesagt, keine konkreten. Aber haben Sie es jetzt zur Kenntnis genommen. Wiederholen Sie es bitte nicht noch zum 10. Mal, ich habe es Ihnen schon gesagt jetzt.
RA Sch[ily]:
Hat er gesagt, ich habe Bedenken, oder was hat er gesagt. Könnten Sie es.
Vors.:
Verlesen Sie es bitte, ich habe jetzt erschöpfende Auskunft gegeben, wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie es im Protokoll nach.
RA Sch[ily]:
Ja, erschöpfend kann ich nicht sagen, hat er, ich meine es würde mich doch interessieren ...
Vors.:
... verstanden Herr Rechtsanwalt, aber ich setze jetzt nicht fort.
RA Sch[ily]:
Aber ich kann Ihnen ja, ich meine zur, Sie hatten ja schon einmal früher dieses[yyy] Wort, diese Wortwahl getroffen, deshalb kann ich das ja vielleicht auch jetzt treffen, vielleicht[zzz] zur Auffrischung des Gedächtnisses. Hier heißt es in einem Schreiben von Herrn Professor Ehrhardt vom 21.7.75: Er sei zur Übernahme, des Auftrages trotz erheblicher Bedenken, trotz erheblicher Bedenken bereit gewesen. Hat er denn diese erheblichen Bedenken Ihnen gegenüber geäußert?
[2736] Vors.:
Lesen Sie bitte weiter vor, ich habe Ihnen gesagt, ich gebe jetzt keine weitere Auskunft mehr, weil meine Auskunft erschöpfend war.
RA Sch[ily]:
Na gut, also dann ist sie erschöpfend. Er bezieht sich nämlich auf ein Telefongespräch mit Ihnen, und ich finde, wenn ein Sachverständiger mit einem Vorsitzenden, sofort ja, wenn ein Sachverständiger mit einem Vorsitzenden redet und der sagt dann, der Sachverständige sagt, ich habe erhebliche Bedenken, dann würde ich doch denken, daß Sie dann zurückfragen und sagen, ja um was handelt es sich denn dabei, bei diesen erheblichen Bedenken. Aber offenbar ist das etwas, was wir nicht erfahren dürfen oder was, ich weiß es nicht, aber Sie haben gesagt, Sie wollen mir dazu nichts weiter erklären, das muß ich also hinnehmen. Jetzt habe ich aber auch noch ein Schreiben hier einzubringen[aaaa] von Herrn Professor Mende und ich stütze ausdrücklich den Ablehnungsantrag auf den Inhalt dieses Schreibens von Herrn Professor Mende vom 22. August 1975. Wiederum haben wir keine Kopie bekommen. Das Schreiben hat unter anderem folgenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Dr. Prinzing, nachdem ich an dem gestrigen Sitzungstag als stiller Zuhörer teilgenommen habe, bin ich doch recht bedrückt über den schlechten Verhandlungsstil, der von den Wahlverteidigern[54] praktiziert wird. Die Angeklagten selbst kamen ja gestern selbst kaum zu Worte.“ Ob das also auf den schlechten Verhandlungsstil der Wahlverteidiger zurückzuführen ist, weiß ich eigentlich nicht. Aber, und dann, also ich meine, diese beiden Sätze, auf die stütze ich auch das Ablehnungsgesuch, daß sich Herr Mende kompetent fühlt über Verhandlungsstil von Wahlverteidigern zu urteilen und da ein sehr, offenbar schon ein, eine, ein Eindruck der Bedrückung entgegengenommen hat.
Vors.:
Gut, ich glaube damit sind wir bei der Begründung soweit zu Ende gekommen, daß morgen in der Sitzung ...
Angekl. B[aader]:
Moment, ne, ne, also ich bin doch noch mitten drin.
Vors.:
Ja, Herr Baader jetzt kommt mir es aber allmählich etwas merkwürdig vor, ich glaube zum vierten oder fünften Mal, abwechslungsweise, war zwar besprochen zwischen Ihnen, das heißt den Angeklagten. Nun dreht es sich aber um die Herren Verteidiger, die Sie wieder ablösen wollen. Aber bitte, wenn [2737] Sie noch etwas zu sagen haben, tragen Sie es vor.
Angekl. B[aader]:
Na ja, es gibt hier an sich wirklich noch eine ganze Menge zu sagen, in diesem Zusammenhang. Ja, ich würde Sie nochmal bitten, mir noch mal ausdrücklich mitzuteilen, was wollen Sie denn hier jetzt zensieren konkret, also wovon verlangen Sie. Sagen Sie mal präventiv, was alles Ihrer Ansicht nach nicht zur Sache gehört, in diesem Zusammenhang, ich habe ja entwickelt, wie ich auf den[bbbb] Zusammenhang zukommen will, ich habe gesagt, die rechtspolitischen Initiativen von Ehrhardt seit 25 Jahren, die[cccc] durch Zitate zu belegen sind und die Voraussetzung solcher Maßnahmen sind, wie der Einrichtung des Trakts, die Voraussetzung sind, was er in dieser Schrift zur Aussagebeeinflussung, psychologische und chemische Aussagebeeinflussung, was er in dieser Schrift propagiert. Na ja, das würde ich jetzt einfach gern mal wissen, denn ich hatte also die Vorstellung, sozusagen dazu zu kommen, über die Konkretisierung der Folgen dieser Rechtspolitik unmittelbar und auch über den unmittelbaren Einfluß in der Figur von Herrn Witter und der Maßnahme des toten Trakts, den ja, die Sie ja wohl hier nicht bestreiten wollen, inzwischen, denn er ist ja nun wirklich auf jede Weise belegbar als schalltote Unterbringung. Na ja eben genau in diesem Zusammenhang, da wollte ich Sie eben nochmal fragen, ich muß das einfach wissen, verstehen Sie.
Vors.:
Durch Senatsbeschluß, Herr Baader, ist Ihnen gesagt worden, der Komplex Witter ist nicht mehr zugänglich für irgendwelche Erörterungen hier, wenn Sie nicht konkret auf die Herren, die Sie ablehnen, Bezug nehmen. Die Tatsache, daß Sie darstellen, wie sich Herr Witter verhalten hat, oder welche Anordnung er getroffen hätte und so weiter und so fort, ist alles ausgeklammert nach dem Senatsbeschluß. Im übrigen, ich kenn den Inhalt dessen nicht, was Sie bringen, ich kann es nicht vorweg beurteilen.
Angekl. B[aader]:
Ich habe Ihnen doch gesagt, ich fasse kurz zusammen, ich habe das vorhin, also ich hab, Sie haben offenbar nicht mal mehr im Kopf, was ich heute vormittag gesagt hab. Ich hab [dddd] einfach klargestellt, daß Ehrhardt ungesetzliche und wie Ehrhardt ungesetzliche Methoden der Aussageerpressung, wie er sozusagen diese Methoden auf der einen Seite propagiert und auf der anderen Seite Methoden empfiehlt, wie man [2738] die gesetzlichen Vorschriften umgehen kann. Auf der einen Seite, das waren die beiden Linien, durch Täuschung, und auf der anderen Seite durch unmittelbaren, ungesetzlichen Zwang, durch konkludentes[eeee] Handeln und so weiter, das waren diese beiden Linien. Und dazu war eben[ffff] jetzt zu sagen; Der Trakt ist eine Methode der Aussageerpressung, beziehungsweise ein Instrument der[gggg] Folter und das ganze Projekt, die Kontur des ganzen Projekts, die Sie mich jetzt nicht entwickeln lassen, war eben einfach, Ulrike 8 Monate Trakt, das ist übrigens nach Groß und Schellich vermutlich die längste Zeit ...
Vors.:
Ja, Herr Baader, nur wenn Sie darstellen könnten, daß Herr Professor Ehrhardt in irgendeiner Beziehung für den Trakt verantwortlich wäre, wenn er irgendwie sich mit Maßnahmen, mit wissenschaftlichen Meinungen, in diese Dinge eingemischt hätte, wäre das einer Begründung hier zugänglich, sonst fehlt es am Zusammenhang.
Angekl. B[aader]:
Ja, das kann man schon machen, also Prozeßsubjekteigenschaft, als[hhhh] Beispiel, über die schon geredet worden ist, die er propagiert. Also ich verweise Sie darauf, ich hab einfach[iiii] jetzt keine Lust, diese ganzen Zitate nochmal zu bringen. Seite 32, haben Sie die Schrift inzwischen? Chemische und psychische Aussagebeeinflussung und sein Begriff der ärztlichen Handlungsfreiheit, und das ist eben einfach sehr wichtig, Ehrhardt ist lange Zeit der Präsident gewesen, Ehrhardt ist einer der Protagonisten dieser sogenannten ärztlichen Handlungsfreiheit, auf die sich natürlich Ärzte, wie Götte, als Beispiel, beziehen, und die rechtspolitische Intention, der Anspruch von Herrn Ehrhardt ist ja zum Beispiel gerade explizit in dem Brief deutlich geworden. Also daß er politische, rechtspolitische Ziele verfolgt mit seinem Gutachten. Also das ist unglaublich deutlich geworden gerade. Haben Sie das Manuskript?
Vors.:
Nein, das habe ich nicht.
Angekl. B[aader]:
Na ja, wir werden Ihnen das zukommen lassen.
Vors.:
Ich bitte um Ruhe im Saal. Gut, es ...
Angekl. B[aader]:
Moment, ich bin noch nicht fertig, ich muß erst den Zusammenhang wieder herstellen.
Vors.:
Ach so, Sie wollen weitermachen, bitteschön.
Angekl. B[aader]:
Ich brauche über, das lasse ich jetzt einfach fallen, der Punkt ist nur einfach der, das Projekt, die[jjjj] ganze Kontur des[kkkk] [2739] Projekts ist ganz offensichtlich die gewesen, 8 Monate Trakt, und ich finde das schon wichtig, da nochmal festzustellen, das ist[llll] nach Groß und Schillich offenbar die längste Zeit, die jemand, von dem man weiß, unter diesen Bedingungen sensorischer und sozialer Deprivation überlebt hat. Also Astrid Proll z.B.[mmmm] war nach 3 Monaten schwer krank und ist es noch. Das ist vielleicht doch sehr wichtig. Also die Symptome der Dissoziation, über die ich gesprochen hab, also daß sie[nnnn] nicht mehr sprechen konnte, die immer dramatischer wurden, zunächst[oooo] der Vorschlag, sich[pppp] in einem psychiatrischen Krankenhaus beobachten und begutachten zu lassen. Danach, also nachdem die Bundesanwaltschaft das aus Sicherheitsgründen abgelehnt hat, ist die nächste Initiative die Begutachtung der Deprivationsfolgen durch Witter, der sich da auf [§ ]80a[ StPO] bezieht, in dem also sozusagen schon in Aussicht gestellt wird, als Folge dieser Begutachtung der Deprivationsschäden, die Einweisung in eine Anstalt und damit die Psychiatrisierung und die endgültige Entmündigung. Das war der Bundesanwaltschaft offenbar noch nicht genug, es gibt diesen Brief, in dem der Bundesanwalt Zeis sagt, wörtliches Zitat ...
Vors.:
Herr Baader, ich bedauere, ich muß Sie daraufhinweisen, der Zusammenhang, den Sie sehen, ist nicht ausreichend, um das alles einzuführen, die Begründung des Ablehnungsantrags.
Angekl. B[aader]:
Das ist ein Sätzchen, was Sie hier verhindern wollen.
Vors.:
Das ist kein Sätzchen, das verhindert werden soll, ich will nur verhindern, daß Sie ständig das Thema ausweiten. Einen Ablehnungsantrag, den wir morgen wahrscheinlich im vierten Verhandlungstag dann begründen ...
Angekl. B[aader]:
Das liegt doch an Ihnen.
Vors.:
... von dem werden Sie nicht behaupten können, daß da nicht Gelegenheit geben gewesen wäre, ausreichend ...
Angekl. B[aader]:
Hören Sie, dieser Ablehnungsantrag wäre längst beendet, wenn Sie nicht dauernd versuchen müßten, hier seine Inhalte zu unterdrücken und zu zensieren.
Vors.:
Herr Baader, seien Sie beruhigt, es muß niemand und es ist auch nicht der Zweck der Sache.
Angekl. B[aader]:
Dann lassen Sie doch einfach meine Argumentation entwickeln, dann sind Sie ...
[2740] Vors.:
Sie sagen ja immer wieder, wieviel Sie noch auf dem Herzen hätten. Wenn Sie gefragt werden, dann heißt es, ich habe noch viel dazu zu sagen, wenn das wahr wäre, was Sie sagten, daß das wenigstens in Kürze vollends straff zusammengefaßt vorgetragen werden würde ... würden Sie nicht gestört werden, aber so kann man die Weiterung nicht mehr hinnehmen. Es ist also nicht möglich, daß Sie das, was Sie jetzt im Augenblick vortragen wollen, vortragen, wenn Sie nicht den direkten und konkreten Bezug zu Professor Ehrhardt herstellen. Im übrigen gebe ich Ihnen die Gelegenheit, daß Sie sich das bis morgen überlegen, denn wir sind jetzt am Ende der heutigen Verhandlungszeit, wenn wir die drei Stunden einhalten wollen, setzen morgen früh die Verhandlung fort, aber es wird schwer sein, daß Sie die Verhandlungs... das heißt, Sie die Begründung in diesem Stile fortführen, wenn Sie nicht bis morgen diese Konzentration auf die Punkte, die wir für wesentlich erachten, getroffen haben. Fortsetzung morgen früh um 9.00 Uhr
Um 15.40 Uhr Ende des 33. Verhandlungstags.
Ende des Bandes 152.
[1] Die amtliche Bestellung allgemeiner Vertreter/innen erfolgt nach § 53 BRAO in Fällen längerer Abwesenheit oder im Voraus für alle Verhinderungsfälle in einem bestimmten Zeitraum. Dem/der amtlich bestellten Vertreter/in stehen nach § 53 Abs. 7 BRAO die gleichen anwaltlichen Befugnisse wie der vertretenen Person zu. Nach § 53 Abs. 3 Satz 2 BRAO a.F. konnte die Landesjustizverwaltung auch Referendar/innen, die seit mindestens 12 Monaten im Vorbereitungsdienst beschäftigt waren, zu allgemeinen Vertreter/innen bestellen (heute § 53 Abs. 4 Satz 2, wobei die Bestellung inzwischen nicht mehr durch die Landesjustizverwaltung erfolgt, sondern durch die Rechtsanwaltskammer).
[2] § 137 Abs. 1 StPO lautet: „Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen.“ Einige der ursprünglich gewählten Verteidiger/innen wurden den Angeklagten als Pflichtverteidiger/innen (§ 141 StPO) beigeordnet. Mit der Beiordnung als Pflichtverteidiger/in gehen besondere Pflichten einher. Darunter fällt grundsätzlich auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.).
[3] Prof. Dr. Mende wurde als Sachverständiger bestellt, um die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten aus psychiatrischer Sicht zu begutachten. Rechtsanwalt Dr. Heldmann beantragte bereits am 19. Verhandlungstag die Neubestellung der psychiatrischen Sachverständigen, zu denen neben Prof. Dr. Mende auch Prof. Dr. Ehrhardt zählte (S. 1505 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Da das Gericht an der Bestellung beider Gutachter festhielt, lehnte Dr. Heldmann sie am 31. Verhandlungstag ab (S. 2548 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die ergänzende Begründung der Angeklagten dauerte vier Tage (vom 32. bis zum 35. Verhandlungstag, ab S. 2594 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Das Gericht wies die Ablehnungen schließlich am 35. Verhandlungstag zurück (S. 2898 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).
[4] Die Befugnis des/der Vorsitzenden, unzulässige oder weitschweifige Ausführungen einzuschränken, leitet sich aus der Zuweisung der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) ab (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 238 Rn. 3).
[5] Dr. Henck war während des Prozesses als Anstaltsarzt in Stuttgart-Stammheim tätig. Er wurde als erster Sachverständiger zur Frage der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten angehört. Zur Vernehmung des Herrn Dr. Henck s. S. 357 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (5. Verhandlungstag), S. 937 ff. (12. Verhandlungstag) und S. 1725 ff. (21. Verhandlungstag).
[6] Prof. Dr. Rauschke war Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart und beauftragt worden, zur Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten Stellung zu nehmen. Zur Vernehmung des Prof. Dr. Rauschke s. S. 1102 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (14. Verhandlungstag). Eine Untersuchung durch ihn, ebenso wie eine durch den Anstaltsarzt Dr. Henck, lehnten die Angeklagten ab.
[7] Das Russell-Tribunal war eine 1966 von dem britischen Philosophen und Mathematiker Lord Bertrand Russell einberufene Initiative, mit der Intellektuelle, Bürgerrechtler/innen und Wissenschaftler/innen - darunter Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre (als Präsident) und Peter Weiss - in Form eines gesellschaftlichen Gerichts auf die amerikanischen Verbrechen in Vietnam aufmerksam machten. Das Tribunal lud dazu im Verlaufe des Jahres 1967 zahlreiche Zeug/innen des Vietnamkrieges und dokumentierte die ihm zugänglichen Informationen. Sartre sah die Legitimität des Tribunals „zugleich in seiner vollkommenen Machtlosigkeit und in seiner Universalität begründet“ (zit. nach Böhlo, KJ 2010, S. 70, 77). Es folgten noch fünf weitere Russel-Tribunale zu verschiedenen Themenkomplexen. Das Modell der Russel-Tribunale war zudem Vorbild für verschiedene gesellschaftliche Gerichte in der Folgezeit. Andreas Baader nimmt an dieser Stelle vermutlich Bezug auf das zweite Russell-Tribunal, das sich von 1973 bis 1976 u.a. Foltervorwürfen in lateinamerikanischen Staaten widmete (Böhlo, KJ 2010, S. 70 ff.; Gassert, in Frei/Weinke [Hrsg.], Toward a new moral world order?, 2013, S. 149 f., 154 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 268 ff.; Kaleck, Mit zweierlei Maß, 2012, S. 46 ff.).
[8] Art. 1 Abs. 1 GG lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
[9] Art. 2 GG lautet: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“ (Abs. 1). „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“ (Abs. 2).
[10] Werner Maihofer (FDP) war von 1974 bis 1978 Bundesminister des Innern. Das Bundesinnenministerium veröffentlichte im Dezember 1974 unter seiner Leitung eine 165-Seiten-lange Dokumentation, die u.a. amtliche und für das Stammheim-Verfahren relevante Dokumente enthielt, die überwiegend bei verschiedenen Zellendurchsuchungen aufgefunden worden waren (s. zur sog. „Maihofer-Dokumentation“ Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 124 ff.). Die Veröffentlichung solcher Bestandteile eines Strafverfahrens ist strafbar nach § 353d Nr. 3 StGB, solange diese noch nicht Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung waren oder das Verfahren abgeschlossen ist. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft aber laut Rechtsanwalt Schily unter Heranziehung des (damals noch sog.) übergesetzlichen Notstands - heute gesetzlich geregelt in § 34 StGB - ein (s. seine Ausführungen auf S. 2287 des Protokolls der Hauptverhandlung, 28. Verhandlungstag).
[11] Übergesetzlich“ wurde dieser Rechtfertigungsgrund deshalb genannt, weil er in der Rechtsprechung entwickelt wurde und gesetzlich (noch) nicht geregelt war. Erst durch das Zweite Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) wurden die so entwickelten Grundsätze im Zuge einer Neustrukturierung des Allgemeinen Teils des StGB mit Wirkung zum 1.1.1975 in § 34 StGB („Rechtfertigender Notstand“) konkretisiert. Nicht rechtswidrig handelt danach, „[w]er in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden [...], wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“ Ob und in welchem Umfang dieser Rechtfertigungsgrund auf hoheitliche Handlungen anwendbar ist, ist umstritten. Die Anwendbarkeit wird jedenfalls verneint, soweit bestimmte Interessenkollisionen zwischen Staat und Bürger/in in Form von staatlichen Eingriffsbefugnissen bereits durch speziellere Normen geregelt sind. Fehlen entsprechende Eingriffsbefugnisse, oder sind die vorhandenen als nicht abschließend einzustufen, wird ein Rückgriff hierauf überwiegend nicht ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 23.9.1977 - Az.: 1 BJs 80/77 - StB 215/77, BGHSt 27, S. 260, 262 f.; Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil Band 1, 5. Aufl. 2020, § 16 Rn. 103; a.A. Zieschang, in Hohn/Rönnau/Zieschang [Hrsg.], Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 3, 13. Aufl. 2019, § 34 Rn. 7 ff.).
[12] Die mutmaßliche Einwilligung ist ein gewohnheitsrechtlich anerkannter strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund. Kann eine Einwilligung, etwa zu einem ärztlichen Heileingriff, nicht eingeholt werden, so kann die anlässlich des Eingriffs durchgeführte Körperverletzung ausnahmsweise trotzdem gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist aber u.a., dass die Handlung nach Abwägung aller Umstände dem mutmaßlichen Willen der betroffenen Person entspricht. Dieser hat, auch wenn er unvernünftig sein mag, Vorrang vor ihrem objektiven Interesse (Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 5. Aufl. 2020, § 18 Rn. 3 ff.).
[13] Die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) ist ein Rechtsinstitut des bürgerlichen Rechts, durch das vertragsähnliche Schuldverhältnisse zwischen zwei Personen begründet werden (§§ 677 ff. BGB). Im Falle der berechtigen GoA besorgt ein/e Geschäftsführer/in ein Geschäft einer anderen Person für sie und in ihrem Interesse mit Rücksicht auf ihren wirklichen oder mutmaßlichen Willen, ohne hierfür beauftragt oder sonst berechtigt zu sein. Neben bestimmten zivilrechtlichen Folgen, wie dem Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 683 BGB), führt die ordentliche Ausführung der berechtigen GoA auch zum Vorliegen eines eigenständigen Rechtfertigungsgrundes im Straf- und Deliktsrecht (Hotz, JuS 2019, S. 8, 10; Schäfer, in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5/2, 7. Aufl. 2017, § 677 Rn. 90).
[14] Gefahr im Verzug bezeichnet einen Zustand besonderer zeitlicher Dringlichkeit, in dem eine Entscheidung über eine bevorstehende Maßnahme getroffen werden muss und eine weitere Verzögerung den Erfolg der Maßnahme gefährden würde. Dieser Terminus spielt in unterschiedlichen Rechtsgebieten und Konstellationen eine Rolle. Häufig werden hierdurch Zuständigkeiten erweitert oder verlagert (§§ 98 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1 Satz 1 StPO). In anderen Fällen führt die Annahme von Gefahr im Verzug dazu, dass eine bestimmte Voraussetzung, die zur Vornahme der Maßnahme grundsätzlich erforderlich wäre, aufgrund der drohenden Erfolgsgefährdung entbehrlich wird (z.B. eine Anhörung, § 332 FamFG). Eine große Rolle spielt diese Figur naturgemäß im Gefahrenabwehrrecht.
[15] Sowohl die Festnahme (Art. 104 i.V.m. § 127 Abs. 2 StPO), als auch die Durchsuchung (Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 StPO) und Beschlagnahme (§ 98 Abs. 1 StPO) von Sachen stehen grundsätzlich unter dem sog. Richtervorbehalt, sind also nur nach richterlicher Anordnung zulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt bei Gefahr im Verzug: Auch ohne richterliche Anordnung kann die Maßnahme ausnahmsweise durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamt/innen durchgeführt werden, wenn die vorige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Maßnahme aufgrund der Verzögerung gefährden würde (BVerfG, Urteil vom 20.1.2001 - Az.: 2 BvR 1444/00, NJW 2011, S. 121, 122). In der Regel ist sie nachzuholen (§§ 98 Abs. 2, 128 StPO, nicht aber bei der Durchsuchung, §§ 102 ff. StPO). Die betroffene Person kann jedoch auch hier jederzeit eine gerichtliche Entscheidung beantragen (entsprechende Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO, BGH, Beschl. v. 16.12.1977 - Az.: 1 BJs 93/77, NJW 1977, S. 1013 mit Anm. Amelung). Manche Ermittlungsmaßnahmen führte die Bundesanwaltschaft wohl mit dem Hinweis auf Gefahr im Verzug ohne richterliche Anordnung durch (s. dazu etwa Rechtsanwalt Schily auf S. 783 und Andreas Baader auf S. 783 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 9. Verhandlungstag, sowie Rechtsanwalt Schily auf S. 2291 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 28. Verhandlungstag).
[16] Gemeint ist wohl § 81a StPO, der die Anordnung körperlicher Untersuchung der Beschuldigten (auch gegen deren Willen) ermöglicht.
[17] Im Erzbergwerk der niedersächsischen Gemeinde Lengede fluteten am 24. Oktober 1963 nach einem Klärteicheinbruch Schlamm und Wasser eine Grube, in der sich 129 Arbeiter befanden. Einige von ihnen konnten sich selbst befreien oder wurden in den anschließenden Tagen gerettet. 29 Bergleute starben. Das Grubenunglück wurde jedoch insbesondere durch das „Wunder von Lengede“ bekannt, bei dem wider Erwarten 14 Tage nach dem Einbruch die Rettung von elf Arbeitern gelang. Sie hatten ohne Licht und Nahrung in einem stillgelegten Bereich der Grube überlebt (Willeke, DIE ZEIT, Heft 43/2003, S. 84).
[18] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft, wodurch die bis dahin zulässige kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenslage - auch „Blockverteidigung“ genannt - abgeschafft wurde. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur im Namen des/der jeweiligen Angeklagten sprechen. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls; s. auch das Schreiben des Vorsitzenden Dr. Prinzing an die Verteidigung in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.2.1976, S. 6668 des Protokolls der Hauptverhandlung, 74. Verhandlungstag).
[19] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage; s. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf aber auch Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.).
[20] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.
[21] Am 32. Verhandlungstag mahnte der Vorsitzende Dr. Prinzing gegenüber Rechtsanwalt Schily mögliche „Konsequenzen“ für die weitere Störung der Hauptverhandlung an (S. 2585, 2587 des Protokolls der Hauptverhandlung). Die angedrohte Konsequenz betrifft die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger (Entpflichtung). Diese ist als Reaktion auf Pflichtverletzungen zwar gesetzlich nicht vorgesehen, es war allerdings in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass dies im Falle eines Fehlverhaltens von besonderem Gewicht und nach voriger Abmahnung ausnahmsweise zulässig ist (Willnow, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 143 Rn. 4). Bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter wird auch der Fall der groben Pflichtverletzung gefasst (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26).
[22] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden.
[23] § 137 Abs. 1 StPO lautet: „Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen.“ Einige der ursprünglich gewählten Verteidiger/innen wurden den Angeklagten als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet, nämlich: Rechtsanwältin Becker und Rechtsanwalt Schily der Angeklagten Ensslin, Rechtsanwalt von Plottnitz dem Angeklagten Raspe, Rechtsanwalt Riedel der Angeklagten Meinhof und Rechtsanwalt Dr. Heldmann dem Angeklagten Baader.
[24] Die Beiordnung dient dem öffentlichen Interesse, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242). Über die Gewichtung der Interessen, denen der Beschuldigten und dem Interesse an der Sicherung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, gab es im Prozess häufige Auseinandersetzung, so etwa am 26. Verhandlungstag (2132 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), sowie am 41. Verhandlungstag (S. 3176 des Protokolls der Hauptverhandlung).
[25] Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit musste nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO a.F. ab dem Zeitpunkt der Vernehmung der Angeklagten zur Sache unverzüglich, also „ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung“ (BGH, Urt. v. 10.11.1967 - Az.: 4 StR 512/66, BGHSt 21, S. 334, 339) erfolgen (heute gilt dies bereits ab der Vernehmung der/des Angeklagten über die persönlichen Verhältnisse); andernfalls wäre sie nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen. Zulässig ist allerdings, zunächst noch abzuwarten, ob sich der Eindruck der Befangenheit verfestigt (OLG München, Beschl. v. 22.11.2006 - Az.: 4 St RR 182/06, NJW 2007, S. 449, 451).
[26] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).
[27] Die Ablehnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn „durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.
[28] Die Hauptverhandlung beginnt nach dem Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit mit der Vernehmung der Angeklagten zur Person, an die sich die Verlesung der Anklage (heute außerdem: Mitteilung über ggf. stattgefundene Erörterungen) sowie die Vernehmung der Angeklagten zur Sache anschließen. Hierauf folgt die Beweisaufnahme (§§ 243, 244 StPO). Aufgrund vorrangiger Anträge fand die Vernehmung zur Person sowie die Verlesung der Anklage erst am 26. Verhandlungstag statt.
[29] Das Vorverfahren bezeichnet das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft bis zur Erhebung der öffentlichen Klage nach § 170 Abs. 1 StPO (Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 5 ff.). Bis zum Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3393) am 1.1.1975 war auch die gerichtliche Voruntersuchung, die in manchen Verfahren (u.a. den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden, §§ 178, 179 StPO a.F.) von der Staatsanwaltschaft beantragt werden konnte, Teil des Vorverfahrens (zur Terminologie s. Kohlhass in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, Vor § 158 Anm. 1; Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 30. Aufl. 1971, Vor § 178, Anm. 1).
[30] Derzeit befindet sich die Hauptverhandlung im Stadium vor der Vernehmung der Angeklagten zur Anklage (§ 243 Abs. 4 StPO a.F.; heute: Abs. 5). Erst darauf folgt die Beweisaufnahme (§ 244 StPO). Diese Verfahrensverzögerung ergab sich daraus, dass nach Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit am 1. Verhandlungstag eine Reihe vorrangiger Anträge durch die Verteidigung gestellt wurde, sodass die Vernehmung zur Person und die Verlesung der Anklageschrift erst am 26. Verhandlungstag stattfinden konnten.
[31] Am vorigen Verhandlungstag war Referendar Düx erstmals als amtlich bestellter Vertreter des Rechtsanwalts von Plottnitz aufgetreten. Der Vorsitzende Dr. Prinzing war der Auffassung, dies sei grundsätzlich nicht zulässig, genehmigte es jedoch für den Einzelfall (s. S. 2570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. zu den Ausführungen der Verteidigung hierzu auch S. 2591 ff., beides 32. Verhandlungstag). Dass Referendar/innen grundsätzlich nicht als Pflichtverteidiger/innen vor dem LG oder OLG auftreten können folgte aus § 142 Abs. 2 StPO a.F., der abschließend diejenigen Fälle der notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO aufzählte, in denen Referendar/innen als (Pflicht-)Verteidiger/innen bestellt werden konnten. Ein Verweis auf § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO, der u.a. die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem OLG als einen solchen Fall der notwendigen Verteidigung benennt, war in § 142 Abs. 2 StPO a.F. nicht enthalten. Für amtlich bestellte Stellvertreter/innen sieht allerdings § 53 Abs. 7 BRAO vor, dass ihnen alle Befugnisse der vertretenen Person zustehen. Der BGH entschied noch am selben Tag in einem anderen Verfahren, dass die aus den §§ 140, 142 StPO a.F. folgenden Einschränkungen für Referendar/innen bezüglich des Auftretens vor Land- und Oberlandesgerichten in den Fällen der amtlich bestellten Stellvertretung keine Anwendung fänden; Gründe, aus denen den §§ 140, 142 StPO Vorrang vor der Wertung des § 53 Abs. 7 BRAO eingeräumt werden sollte, seien nicht ersichtlich (BGH, Urt. v. 2.9.1975 - Az.: 1 StR 380/75, NJW 1975, S. 2351, 2352). Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde die Möglichkeit, Rechtsreferendar/innen in den Fällen der notwendigen Verteidigung zu bestellen, allerdings gänzlich gestrichen. Ob die Gesetzesbegründung, die sich u.a. auf europarechtliche Qualitätsanforderungen stützt (BT-Drs. 19/13829, S. 25, 40), Auswirkungen auf diese Auslegung haben wird, bleibt abzuwarten.
[32] Zusammenhängende Strafsachen, die einzeln zur Zuständigkeit von Gerichten verschiedener Ordnung (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) gehören, können nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StPO verbunden werden und so gemeinsam bei dem Gericht der höheren Ordnung anhängig gemacht werden. Daraus wird der Schluss gezogen, dass dies erst recht möglich sein muss, wenn die zusammenhängenden Strafsachen zur Zuständigkeit von Gerichten gleicher Ordnung gehören (Börner, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, § 2 Rn. 8). Ein Zusammenhang ist nach § 3 StPO etwa gegeben, wenn eine Person mehrerer Straftaten beschuldigt wird oder wenn bei einer Tat mehrere Personen als Täter/in oder Teilnehmer/in beschuldigt werden. In diesem Verfahren liegen beide Fälle vor: Die Angeklagten werden einzeln mehrerer Taten beschuldigt, zudem wird ihnen bei den meisten dieser Taten eine gemeinschaftliche Begehung als Mittäter/innen vorgeworfen.
[33] Verhandlungsfähigkeit ist die Fähigkeit „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18). Ihr Fehlen bedeutet ein vorübergehendes oder dauerndes Verfahrenshindernis (§§ 205, 206a StPO). Die vollständige Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten wurde durch die Vertrauensverteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten. Mit Beschluss vom 18.7.1975 beauftragte das Gericht schließlich eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu diesem Zeitpunkt lag ein vorläufiges Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder vor, die eine eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten für täglich nicht mehr als drei Stunden annahmen (S. 2169 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag).
[34] Roland Freisler stand von August 1942 bis 1945 dem Volksgerichtshof, dem formal höchsten Gericht des nationalsozialistischen Regimes, als Präsident vor. 1934 war das Gericht auf Betreiben Hitlers als Sondergericht zur Aburteilung von Hoch- und Landesverratsverbrechen eingerichtet worden. Der Volksgerichtshof fällte in erster und letzter Instanz politisch motivierte Urteile gegen Gegner/innen des Regimes. Freisler verhängte als Vorsitzender des Ersten Senates nach bisherigen - vermutlich unvollständigen - Schätzungen ca. 2400 Todesurteile. Der sog. „Blutrichter“ Freisler führte die ihm übertragenen Verfahren mit besonderem Eifer und oftmals demütigender Härte durch. Zu den bekanntesten Fällen seiner Amtszeit gehören die Schauprozesse gegen die Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose und die Beteiligten am Stauffenberg-Attentat auf Hitler (Wagner, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen Staat, Neuausg. 2011, S. 17 ff., S. 26 f., 80, 84 f., 201 f., 660 ff., 832 ff.).
[35] Jimmy war der RAF-interne Deckname von Holger Meins (so das ehemalige RAF-Mitglied Gerhard Müller am 125. Verhandlungstag, S. 10395 des Protokolls der Hauptverhandlung). Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten u.a. den Senat, insbesondere aber den Vorsitzenden Dr. Prinzing verantwortlich für seinen Tod (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.). Gegen ihn (und weitere) erstattete Rechtsanwalt von Plottnitz im Namen von Meins’ Angehörigen sowie im eigenen Namen Strafanzeige wegen Mordes (Auszüge der Strafanzeige sind abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 195 f.; vollständig, aber schlecht lesbar, befindet sich die Strafanzeige auch im Anhang zu Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975, 7. Verhandlungstag, S. 644 ff.). Eine auf die Ereignisse um den Tod Holger Meins’ gestützte Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit durch die Angeklagte Ensslin findet sich in Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975 (7. Verhandlungstag, S. 620 ff.). Die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing befindet sich auf S. 677 ff. (ebenfalls 7. Verhandlungstag).
[36] Zwischen dem 22. April und dem 13. Mai 1975 und damit kurz vor Beginn der Hauptverhandlung wurden die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele, zu diesem Zeitpunkt allesamt Verteidiger von Andreas Baader, auf Grundlage des erst am 1.1.1975 in Kraft getretenen § 138a StPO wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB) von der Mitwirkung im Verfahren ausgeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff.; s. auch die angehängte Chronik in Dreßen [Hrsg.], Politische Prozesse ohne Verteidigung?, 1976, S. 104 f.).
[37] Gegen die vom Verfahren ausgeschlossenen Verteidiger Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele wurden Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Am 23. Juni 1975 wurden die Kanzleiräume der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele sowie der Rechtsanwältin Becker durchsucht. Rechtsanwältin Becker wurde einen halben Tag festgehalten und schließlich wieder entlassen, Dr. Croissant und Ströbele wurden verhaftet (s. hierzu die Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 9. Verhandlungstag, S. 748 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, und der Rechtsanwältin Becker, S. 754 f. des Protokolls). Der vierte Vertrauensverteidiger Baaders, Rechtsanwalt Siegfried Haag, wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag).
[38] Die Beiziehung von Dr. Teuns als Gutachter wurde am 15. Verhandlungstag abgelehnt. Der Senat stützte sich dabei auf ein Vorwort zu einem im Kursbuch 32 abgedruckten Vortrag von Dr. Teuns, das zwar nicht von ihm stamme, aber in welchem - so der Vorwurf des Senats - von ihm unbeanstandet die „Isolationsfolter, wie sie gegen politische Gefangene in der Bundesrepublik Deutschland angewendet wird“ als „tendenziellen Massenmord à la Auschwitz“ beschrieben wurde (S. 1212 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 15. Verhandlungstag).
[39] Mit Beschluss vom 13.7.1973 gab der Untersuchungsrichter am BGH Knoblich dem Antrag der Bundesanwaltschaft statt, Ulrike Meinhof - notfalls gegen ihren Willen unter Anwendung von Narkose - auf ihre Zurechnungsfähigkeit während der Tatzeit untersuchen zu lassen. Hintergrund war, dass sie sich 1962 aufgrund eines gutartigen Tumors einer Gehirnoperation unterziehen musste, sodass der Verdacht einer Beeinträchtigung durch einen Tumor aufkam. Zu den genehmigten Behandlungen zählten Röntgenaufnahmen und eine Szintigraphie des Gehirns. In einem offenen Brief wandten sich 70 Ärzte und Medizinalassistenten direkt an den Richter am BGH Knoblich mit der Aufforderung, diesen Beschluss aufzuheben (der Brief ist abgedruckt in Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD, Der Kampf gegen die Vernichtungshaft, S. 133 f.). Dies geschah schließlich auch auf Antrag der Bundesanwaltschaft, allerdings mit der Begründung, die Untersuchung sei aufgrund neuer Erkenntnisse überflüssig geworden (so Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 115 f.; s. dazu auch Ulrike Meinhof am 19. Verhandlungstag, S. 1541 des Protokolls der Hauptverhandlung).
[40] Von 1964 bis 1968, insbesondere aber in den Jahren 1967 und 1968, fanden in ungefähr 150 amerikanischen Städten friedliche Massendemonstrationen und gewaltsame Aufstände der vorwiegend afroamerikanischen Bevölkerung statt. Ausgelöst wurden sie meist unmittelbar durch unverhältnismäßige Polizeigewalt. Sie richteten sich auch gegen den strukturellen Rassismus, der für große Teile der Afroamerikaner/innen weiterhin gravierende ökonomische, soziale und politische Ungleichheit bedeutete. Ihren Höhepunkt erreichten die Unruhen 1967. Bei Aufständen in Detroit 1967 starben 43 Menschen, Tausende wurden verletzt oder waren aufgrund der Auseinandersetzungen, Plünderungen und Brandstiftungen mit erheblichen Eigentumsbeschädigungen konfrontiert. Im April 1968 kam es noch einmal zu schweren Unruhen in Folge der Ermordung Martin Luther Kings (Berg, Geschichte der USA, 2013, S. 76 ff.; Dudziak, Cold War Civil Rights, 2000, S.238 ff.; Tonn, in Butter/Franke/Tonn [Hrsg.], Von Selma bis Ferguson, 2016, S. 139, 142 ff.).
[41] In Nordirland kämpfte die Irish Republican Army (IRA) bereits seit dem Irischen Unabhängigkeitskrieg (1919-1921) immer wieder mit terroristischen und Guerillamethoden für die Unabhängigkeit von Großbritannien. Mit den Unruhen von 1969 infolge der Straßenschlachten von Londonderry sowie der Abspaltung der Provisional Irish Republican Army (PIRA) von der nun Official IRA (OIRA) genannten Organisation Ende des Jahres 1969 begann eine neue Phase des Konflikts, der Anfang der 1970er Jahre zu einer Eskalation der Gewalt und ab Mitte der 70er in einen von der PIRA ausgerufenen „Langen Krieg“ gegen britische und irische Sicherheitskräfte sowie loyalistische Extremisten mündete (Korstian, in Bonacker/Greshoff/Schimank [Hrsg.], Sozialtheorien im Vergleich, 2008, S. 13, 21 ff.; Riegler, Terrorismus, 2009, S. 60 f., 66 ff.). Für die Verwendung von Tranquilizern ist keine Quelle ersichtlich. Belegt ist jedoch der Einsatz von Tränengas (CS-Gas) durch die britische Armee bei verschiedenen Einsätzen in katholischen Wohnbezirken, so etwa in Belfast Ende März sowie Ende Juni 1970 (Schneider, in Bonacker/Greshoff/Schimank [Hrsg.], Sozialtheorien im Vergleich, 2008, S. 181, 195 ff.).
[42] Hier dürfte ein Transkriptionsfehler vorliegen. Gemeint ist sehr wahrscheinlich André Beaufre (1902-1975). Beaufre stieg im Laufe seiner Militärkarriere, die 1921 mit dem Eintritt in die Militärakademie Saint-Cyr begann, bis zum Rang eines Generals auf (1960). Er sammelte Kampferfahrungen in den französischen Kolonialkriegen in Marokko (1925/26), erlebte die frühe Phase des Zweiten Weltkriegs in Algerien (1940/41), 1952 war er in Indochina, kurz darauf in Algerien. Beaufre übernahm im Anschluss hohe Positionen in der NATO. Neben seinen Schriften zum Atomkrieg ist er vor allem als Theoretiker des Guerillakriegs hervorgetreten, als der er auch von terroristischen Gruppierungen rezipiert wurde. Nachweislich befand sich in der „Bibliothek“ der Gefangenen in Stammheim ein von Andreas Baader annotiertes Exemplar von A. Beaufres Buch „Die Revolutionierung des Kriegsbildes. Neue Formen der Gewaltanwendung, 1973 (frz. Ausg. 1972), in dem Beaufre Elemente psychologischer Counterinsurgency-Taktik erwähnt (abrufbar unter https://socialhistoryportal.org/sites/default/files/raf/0019760900_03_2.pdf, zuletzt abgerufen am 24.09.2021; „Beaufre, André“ in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, abrufbar unter http://www.munzinger.de/document/00000019086, zuletzt abgerufen am 24.09.2021; DeVore, Strategic Satisficing: Civil-military relations and French Intervention in Africa, 2019, S. 165f.).
[43] In der JVA Köln-Ossendorf befand sich der von den Angeklagten als „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichnete isolierte Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde (s. bereits Fn. 19).
[44] Zum Tod des früheren Mitangeschuldigten Holger Meins s. bereits Fn. 35.
[45] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen betreffend die RAF eingerichtet (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).
[46] Ulrike Meinhof musste sich 1962 aufgrund eines gutartigen Tumors einer Gehirnoperation unterziehen (s. hierzu Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 96). Zu den Bemühungen der Bundesanwaltschaft, weitere Untersuchungen notfalls unter Zwang anzuordnen, s. Fn. 39.
[47] Astrid Proll war während ihrer Haftzeit zwischen 1971 und 1974 mehrfach in dem isolierten Teil der JVA Köln-Ossendorf (s. Fn. 19) in verschärfter Einzelhaft untergebracht. Prolls Gesundheitszustand verschlechterte sich infolge der Haftbedingungen derart, dass sie schließlich für haftunfähig erklärt und am 4. Februar 1974 aus der Haft entlassen wurde (Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 125 f.).
[48] § 51 StGB a.F. enthielt eine Regelung für den Fall fehlender oder verminderter Zurechnungsfähigkeit. Diese Vorschrift wurde mit dem Zweiten Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) mit Wirkung zum 1.1.1975 im Rahmen einer Neustrukturierung des Allgemeinen Teils des StGB durch die heutigen §§ 20, 21 StGB (Folgen der Schuldunfähigkeit bzw. verminderter Schuldfähigkeit) ersetzt.
[49] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.
[50] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.
[51] § 81a StPO erlaubt es dem Gericht, die körperliche Untersuchung der Beschuldigten auch gegen deren Willen anzuordnen. Der Bundesgerichtshof verneinte die Anwendung des Verbots bestimmter Vernehmungsmethoden aus § 136a StPO auf § 81a StPO im Jahr 1971 explizit: Zwangsmaßnahmen nach § 81a StPO zielten auf die passive Duldung von körperlichen Eingriffen, während § 136a StPO Beschuldigte davor schütze, dass sie gegen ihren Willen zu Aussagen oder sonstigen Erklärungen genötigt würden (vgl. zur BGH, Beschl. v. 17.03.1971 - Az.: 3 StR 189/70, NJW 1971, S. 1097).
[52] In dieser Fassung war § 80a StPO nur bis zum 31. Dezember 1974 gültig. Mit dem Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469) wurde er mit Wirkung zum 1.1.1975 dahingehend geändert, dass an die Stelle der Unterbringung in einer Heil-, Pflege-, oder Trinkerheilanstalt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus trat.
[53] Die „Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen“ der Vereinten Nationen von 19757/77 wurden von dem ersten Kongress der Vereinten Nationen über die Verhütung von Verbrechen und die Behandlung der Straffälligen, der vom 22. August bis 3. September 1955 in Genf stattfand, einstimmig angenommen. Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (Art. 61 ff. der Charta der Vereinten Nationen) billigte sie am 31. Juli 1957 mit der Resolution 663 C (XXIV) und empfahl sie den Mitgliedstaaten. Sie wurden 2015 in den sog. Mandela-Rules, einer Resolution der VN-Generalversammlung (Art. 9 ff. der Charta der Vereinten Nationen) in einer revidierten Fassung beschlossen.
[54] Gemeint sind hier wohl die sog. Vertrauensverteidiger/innen, die zwar ursprünglich gewählte Verteidiger/innen, zu einem großen Teil jedoch inzwischen den Angeklagten als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet waren, nämlich: Rechtsanwalt Schily und Rechtsanwältin Becker der Angeklagten Ensslin, Rechtsanwalt Riedel der Angeklagten Meinhof, Rechtsanwalt von Plottnitz dem Angeklagten Raspe und Rechtsanwalt Dr. Heldmann dem Angeklagten Baader. Wahlverteidiger/innen waren am 20. August 1975 (27. Verhandlungstag), auf den sich Prof. Dr. Mende bezieht, nicht anwesend.
[55] Fehlblatt.
[a] Maschinell durchgestrichen: R.Ref:
[b] Maschinell ersetzt: nicht durch wie
[c] Maschinell ersetzt: Christdefinition durch Begriffsdefinition
[d] Maschinell eingefügt: etwa
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[f] Maschinell ergänzt: Beziehungen
[g] Handschriftlich ersetzt: Donde durch Lengede
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[j] Handschriftlich eingefügt: ist
[k] Handschriftlich eingefügt: auch
[l] Handschriftlich ersetzt: verständigen durch verständlich machen
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[p] Handschriftlich eingefügt: hat
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[t] Handschriftlich eingefügt: mir
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[w] Maschinell eingefügt: mehr
[x] Maschinell eingefügt: wieder
[y] Handschriftlich ergänzt: eine
[z] Handschriftlich ergänzt: Denn
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[bb] Handschriftlich eingefügt: daß
[cc] Handschriftlich ersetzt: zwingt durch zwingend
[dd] Handschriftlich durchgestrichen: keinen
[ee] Maschinell eingefügt: daß
[ff] Handschriftlich ersetzt: Nacht durch nackt
[gg] Handschriftlich ersetzt: Gutachter durch Gutachten
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[kk] Handschriftlich ersetzt: ich durch ist
[ll] Handschriftlich ersetzt: Lengede durch Mende
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[pp] Maschinell eingefügt: nach den
[qq] Handschriftlich ersetzt: was durch weil es nicht
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[bbb] Handschriftlich ersetzt: des durch als
[ccc] Handschriftlich ersetzt: das durch dieses
[ddd] Handschriftlich ersetzt: bezieht durch bezog
[eee] Handschriftlich eingefügt: aber
[fff] Handschriftlich ersetzt: ist durch es
[ggg] Handschriftlich eingefügt: ja immerhin
[hhh] Handschriftlich ersetzt: Sie durch wir
[iii] Handschriftlich ergänzt: Programmen
[jjj] Handschriftlich durchgestrichen: wären
[kkk] Handschriftlich ersetzt: wir durch es
[lll] Handschriftlich ersetzt: sich durch durch
[mmm] Handschriftlich ersetzt: 1972 durch 1962
[nnn] Maschinell eingefügt: BA Dr. W.: Herr Vorsitzender, ich bitte ums Wort.
[ooo] Handschriftlich ersetzt: ... durch festzustellen.
[ppp] Handschriftlich durchgestrichen: dann
[qqq] Handschriftlich eingefügt: dann
[rrr] Handschriftlich ersetzt: platte durch glatte
[sss] Handschriftlich ergänzt: könnten
[ttt] Maschinell eingefügt: uns
[uuu] Maschinell durchgestrichen: ich
[vvv] Maschinell durchgestrichen: Verteidiger
[www] Handschriftlich eingefügt: in
[xxx] Handschriftlich ersetzt: Ich durch Ist
[yyy] Handschriftlich ersetzt: diesen durch dieses
[zzz] Maschinell eingefügt: vielleicht
[aaaa] Maschinell ersetzt: anzubringen durch einzubringen
[bbbb] Maschinell ersetzt: zu diesem durch auf den
[cccc] Maschinell eingefügt: die
[dddd] Maschinell durchgestrichen: gesagt,
[eeee] Maschinell ersetzt: konzedent durch konludent
[ffff] Maschinell ersetzt: wage ich mir durch war eben
[gggg] Maschinell eingefügt: der
[hhhh] Maschinell ersetzt: das durch als
[iiii] Maschinell eingefügt: einfach
[jjjj] Handschriftlich ersetzt: das durch die
[kkkk] Handschriftlich ersetzt: Todes durch Kontur des
[llll] Maschinell ersetzt: es durch ist
[mmmm] Maschinell eingefügt: z. B.
[nnnn] Maschinell ersetzt: ich durch sie
[oooo] Maschinell ersetzt: für mich durch zunächst
[pppp] Maschinell ersetzt: mich durch sich
[qqqq] Maschineller Vermerk: (Das Blatt enthielt Hinweise an die Verfahrensbeteiligten über den Umgang mit der Tonbandniederschrift).