[2844] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 9. September 1975, 9.05 Uhr.
(35. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. Sekr. Janetzko
Just. Ass. z. A. Clemens
Die Angeklagten erscheinen mit ihren Verteidigern Rechtsanwälte Becker (als amtlich bestellter Vertreter[1] von RA Schily)[a], Dr. Heldmann, Riedel, von Plottnitz, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, König, Linke und Grigat.
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort. Herr Rechtsanwalt Schily hat mitgeteilt, daß er heute früh verhindert ist. An seiner Stelle ist Herr Rechtsanwalt Becker als Verteidiger anwesend. Herr Rechtsanwalt, Sie sind Sozius oder amtlich bestellter Vertreter?[2]
RA B[ecker]:
Amtlich bestellter Vertreter.
Vors.:
Könnten wir diese Urkunde dann bei Gelegenheit mal einsehen. Wenn wir sie dann nachher zu Protokoll bekommen könnten. Ich danke Ihnen schön. Sonst, sehe ich, ist die Besetzung vollständig.
-Fotokopie siehe Anlage 1 z. Prot.-[b]
Frau Meinhof, Sie hatten das Wort. Bitte Herr Rechtsanwalt.
RA B[ecker]:
Ich darf vorher noch die Frau Kollegin Becker entschuldigen, die heute durch familiäre Angelegenheiten verhindert ist.
Vors.:
Ganztägig?
RA B[ecker]:
Ja.
Vors.:
Danke. Frau Meinhof, Sie hatten zuletzt das Wort, um fortzufahren in der Begründung des Ablehnungsantrags gegen die Herrn Sachverständigen,[3] bitte.
[2845][4] [2846] Angekl. M[einhof]:
Es ist für unsere Begründung der Ablehnung von Erhardt und Mende notwendig, den Zusammenhang, den Prinzing hier mit allen Mitteln, über die er in der öffentlichen Verhandlung verfügen kann, zu zerstören versucht hat, nochmal herzustellen. D.h., ich muß noch mal kurz die Argumentationslinien aufnehmen, die wir am letzten Donnerstag entwickelt hatten, und es ist zugleich eine Zusammenfassung. Wir hatten gesagt, daß sich in den Methoden der Zerstörung einer Argumentation durch dauernde Unterbrechung, Wortentzug und schließlich den Versuch, Andreas auszuschließen, konkret die Identität dieser beiden größten staatlich-institutionellen Zwangssysteme der Bourgeoisie verteidigt:
Justiz und Psychiatrie, konkret hier in ihrer Klassenfunktion gegen uns.
Vors.:
Ja, Frau Meinhof ich bedauere, es wird dabei bleiben, daß Sie die Möglichkeit haben, den Antrag zu begründen. Und zwar den Ablehnungsantrag gegen die Herrn Sachverständigen. Ich möchte Ihnen nochmals die Gründe darlegen, warum das so sein muß, damit Sie die Grenzen der Möglichkeit sehen, die Sie jetzt noch haben. Die Angeklagten haben die Ablehnung gegen die beiden Professoren dazu benützt, seit Tagen eine allgemeine Darstellung der Rolle, die Sie der psychiatrischen Wissenschaft in der Bundesrepublik zuschreiben, zu geben. Offensichtlich gestützt auf das vom früheren Heidelberger sozialistischen Patientenkollektiv entwickelte Gesellschaftsbild.[5] Es muß davon ausgegangen werden, daß die Angeklagten hier die Psychiatrie auch zu den Institutionen erklären, gegen die ihr Kampf zu führen ist, denn sie sehen die Psychiatrie an, das ergibt sich aus Ihren Ausführungen, als eine institutionelle Gewalt, als einen[c] bourgeoisen Apparat der Unterdrückung und Entpolitisierung, gerichtet[d] gegen Revolutionäre, gerichtet aber auch gegen das revolutionäre Potential, wie sie sich ausdrücken, das sie im sogenannten Subproletariat, das sind die psychisch Gestörten und Kranken, schlummern sehen. Kurzum, Psychiatrie.
Angekl. M[einhof]:
Hören Sie doch auf.[e]
Vors.:
Hören Sie mir bitte in Ruhe zu. Sie sollen ja daraus dann die Nutzanwendung ziehen können. Kurzum, die Psychiatrie als einen tragenden Faktor der sogenannten Counter-Strategie des Kapitalismus, der nach Auffassung der Angeklagten nicht nur zur Unterdrückung, sondern auch zur Aussageerpressung [2847] und Verfälschung dem Staat die Hand leihe. Um dieses gedankliche System hier, man muß sagen bei Gelegenheit der Ablehnung zweier Sachverständiger, einzuführen und sich darüber tagelang verbreiten zu können, machten die Angeklagten einen Schlenker hinweg über die Tatsache, daß es hier nicht um ihre Begutachtung auf ihre Zurechnungsfähigkeit[6], sondern schlicht um die Frage der Verhandlungsfähigkeit[7] geht. Der Zusammenhang dieser allgemeinen Ausführungen über die angeblich politische Funktion der Psychiatrie mit den eigentlichen Anliegen des Antrags, nämlich der behaupteten Befangenheit zweier Psychiater, die sich lediglich zu der Frage der Verhandlungsfähigkeit äußern sollen, war von vornherein nur mittelbar. Trotzdem war das Gericht bereit, den Angeklagten zu gestatten, ihr allgemeines Verständnis von der Psychiatrie tagelang darzulegen und zwar unter vielfachen Wiederholungen. Mit Rücksicht darauf, daß die Angeklagten offenbar glauben, nur so einen gedanklichen Zusammenhang herstellen zu können. Ich glaube, daß den Angeklagten vom Gericht mehr Langmut gezeigt worden ist bei der Begründung dieses Antrags, als sie erwarten konnten. Seit dem vergangenen Verhandlungstag, dem 4. Tag der Begründung, mußte und, um das klar zu sagen, muß weiterhin von den Angeklagten verlangt werden, daß sie sich jetzt allgemeiner Ausführungen über die Psychiatrie enthalten und sich auf konkrete Befangenheitsgründe beschränken, die sie gegen die beiden Sachverständigen haben. Der allgemeine Vorbehalt, den die Angeklagten gegen die Psychiatrie haben, wie sie diese verstehen, ist inzwischen hinreichend dargetan. Alles andere, wenn wir den Angeklagten Gelegenheit ließen, weiter in diesem Stile wie bisher fortzufahren, würde dazu führen, daß wir unnötige Varianten hinreichend mitgeteilter Auffassungen[f] bekommen würden. Zwar Varianten, die durch den lockeren Zusammenhang mit dem Antragsgegenstand ohnehin schon den Rahmen der zulässigen Begründung, streng genommen, gesprengt haben. Das Ergebnis wären dann unzulässige Wiederholungen und außerdem eine mißbräuchliche Ausdehnung des Antragsrechts. Das läßt sich einfach mit dem Interesse am Fortgang des Verfahrens nicht vereinbaren, und es ist noch zu sagen, daß Versuche der Angeklagten, an jeden Wortentzug, vor allen Dingen aber an die vielfältig vorausgehenden Ermahnungen, bei der Sache zu bleiben, eine prozeßuale Debatte anzuhängen und dadurch den [2848] Eindruck hervorzurufen, als würde in Wahrheit der pflichtgemäße Wortentzug[8] zur Verzögerung des Verfahrens führen, kein geeignetes Mittel ist, den Wortentzug zu verhindern, wenn die Angeklagten fortfahren, losgelöst vom eigentlichen Ablehnungsantrag, allgemeine Dinge hier darzustellen, die wir hinreichend inzwischen kennen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Nehmen Sie ferner zur Kenntnis, Frau Meinhof, daß Sie jetzt das Wort haben zur Begründung des Ablehnungsantrags, nicht zu allgemeinen Darlegungen, was Sie gegen die Verhandlungsführung vorhaben oder einwenden wollen.
Wir sind bei der Begründung des Ablehnungsantrags und wollen von diesem Gegenstand nicht mehr abschweifen, in den Grenzen die ich aufgezeigt habe, nämlich konkreter Bezug zu den Sachverständigen, konkrete Befangenheitsgründe, weiteres nicht mehr. Frau Meinhof hat jetzt das Wort.
Angekl. M[einhof]:
Naja, wir müssen das erst mal richtig-stellen, und das, was Sie eben entwickelt haben, bezieht sich ja hauptsächlich auf das, was er hier gesagt hat, und das können wir nicht so stehen lassen.
Vors.:
Frau Meinhof, ich will ja nicht Ihnen etwa damit androhen, daß das Wort entzogen werden würde, wenn Sie sich bei der Sache halten. Bloß begannen Sie jetzt, wie auch schon das letzte Mal, sich mit mir auseinanderzusetzen, und das ist jetzt nicht der Gegenstand, zu dem Sie das Wort haben. Bitte, fahren Sie jetzt fort, wir wollen sehen, daß wir mit Ihnen durchkommen, daß Sie zum Reden kommen. Aber wahren Sie den aufgezeigten Rahmen.
Angekl. M[einhof]:
Also erst mal ...
(Vorsitzender auf Handzeichen von RA Dr. Heldmann).
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich bitte um Verständnis, wenn ich jetzt dafür sorgen muß, daß die Angeklagte Meinhof, die um das Wort gebeten hatte, die auch zuletzt das Wort hatte, jetzt weiter ihr Wort hat, um ihre Ausführungen zu machen.
Angekl. M[einhof]:
Andreas hat einen Antrag zu stellen.
RA v[on] P[lottnitz]:
Herr Vorsitzender, ich möchte doch gerne ums Wort bitten. Sie haben jetzt sehr lange Ausführungen zu der Frage gemacht, da würde ich doch, ich glaube da wäre [2849] es fair, wenn die Verteidigung etwas auch dazu sagen könnte.
Vor allen Dingen zu der Interpretation, die Sie dazu geliefert haben.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich habe grundsätzlich nichts dagegen, bloß, Sie werden es bemerkt haben, mein Versuch geht ja dahin, diese verfahrene Situation, die sich am letzten Tag eingestellt hat, das haben wir ja wohl alle bemerkt, wo jeder Versuch meinerseits, die Angeklagten bei der Sache zu halten, zu einer Debatte führte, wo meine Bereitschaft, die Angeklagten mehrfach zu ermahnen, nur dazu geführt hat, daß mir vorgeworfen worden ist, ich hätte sie vielfach unterbrochen. In Wirklichkeit wollte ich sie zurückführen und mußte gar nicht so häufig ermahnen. Ich konnte es auch so tun, wie es üblicherweise ist, einmal vielleicht ermahnen und dann das Wort entziehen. Nein, ich bin weiter gegangen und wollte den Angeklagten helfen. Wenn Sie jetzt wieder dieselbe Situation hervorrufen, daß meine Versuche, den Angeklagten den Weg aufzuzeigen, wie sie zu Wort kommen, dazu führen, daß wir dann prozessuale Debatten hier entwickeln, dann werde ich auch in Zukunft solche Bemühungen, den Angeklagten in diesem Falle zu helfen, unterlassen. Um nicht wieder Anknüpfungspunkte für, nach[g] meiner Meinung, nicht zweckmäßige Debatten zu geben. Ich bitte Sie, sich dessen jetzt zu erinnern, wenn Sie das Wort bekommen und keine Debatten, die nun sich lange hinziehen, zu eröffnen. Bitte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Vorsitzender, keine prozessuale Debatte, sondern nur mein Versuch eines Hinführens auf das, wovon wir ausgegangen sind und was bei Ihnen, zumindest äußerlich, ein falsches Echo hervorgerufen hat, möglicherweise, das muß ich Ihren Worten entnehmen, aber die Gefahr eines erheblichen Mißverständnisses, wo Sie hier bei Ausführungen über die Psychiatrie, die ja gemeint waren, gegen die Zuziehung der Herren Ehrhardt und Mende als deren hervorragende Repräsentanten heute noch, wo Sie hier eben den Versuch machten, daraus die Identifizierung mit dem SPK-Psychiatriebild herleiten zu können, und wo Sie im übrigen meinten, die Angeklagten würfen den Vertretern dieser Psychiatrie unter anderem etwa Aussageerpressung vor und anderes. Aber Sie wissen ja selbst [2850] am besten, was Sie hier eben interpretiert haben. Es geht aber um folgendes, und dazu möchten die Angeklagten sprechen, es geht um folgendes: Zwar haben die Hauptschriften, aus denen wir hier zitiert haben, von Herr Ehrhardt und Herr Mende sich einerseits mit Fragen der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit und der Behandlung von Straftätern, sogenannten Straftätern, befasst, Mendes Schriften überwiegend, wo sie am charakteristischsten werden, mit Fragen der Verfolgungsentschädigungen. Aber es kommt nicht darauf an, ob hier von Zurechnungsfähigkeit, als Zurechnungsunfähigkeit dort von Verfolgungsentschädigung als Folge eines in der Psychiatrie in Frage gestellten Krankheitsbildes insbesondere der Neurose behandelt worden sind, in jenen Schriften, aus denen wir unsere Auffassung belegt haben, sondern die dortigen Äußerungen sind und bleiben beispielhaft jeweils für den Verzicht dieser Repräsentanten der noch herrschenden forensischen Psychiatrie, aus medizinischen Einsichten ärztlich gebotene Konsequenzen zu ziehen. Und da brauchen wir nicht ein Krankheitsbild oder Psychiatrievorstellungen des SPK heranzuziehen, da brauchten wir nur, um etwas Aufklärung zu erhalten, etwa Tilman Mosers Schrift über die repressive Kriminalpsychiatrie zu lesen und da finden wir all das wieder, was wir an der Qualifikation dieser Sachverständigen rügen.
Wir rügen also ihr prähistorisches Krankheitsbild, das sagt, nur ein organischer Befund gibt uns auf Fragen psychischer Beschaffenheit oder, worauf es hier ankommt, der Leistungsfähigkeit im Prozeß als Angeklagter einer Antwort, und wo dieser organische Befund als Antwort fehlt, da haben wir es nur mit Abartigkeiten oder mit Persönlichkeitsverbiegungen zu tun, und die wiederum sind auf die persönliche Verantwortlichkeit, d.h. so etwa auf eine Lebensschuld oder Lebensführungsschuld, zurückzuführen, d.h. also, die Antworten der Psychiatrie auf Fragen der Justiz, gleich ob Zurechnungsfähigkeit oder Verfolgungsentschädigung wegen eines bestimmten Krankheitsbildes, organisch nachweisbar oder nicht, oder wie hier auf die Frage der Verhandlungsfähigkeit, diese Antworten dieser forensischen Psychiatrie sind pragmatisch fixiert ausschließlich auf Bedürfnisse[h] der Justiz, und davon ist hier die Rede. Und was ...
[2851] Vors.:
Herr Rechtsanwalt, verzeihen Sie, wenn ich jetzt unterbreche. Ich glaube, Sie haben uns mißverstanden.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich versuche jetzt gerade nicht prozessual zu debattieren, Herr Vorsitzender ...
Vors.:
Aber das ist doch nicht der Sinn, ich bestreite das nicht.
RA Dr. H[eldmann]:
Wie Sie es ja nicht gewünscht haben, sondern den Sachzusammenhang herzustellen.
Vors.:
Das haben wir doch längst begriffen, was Sie sagen.
RA Dr. H[eldmann]:
Ja?
Vors.:
Daß das die Angeklagten darstellen wollen, das ist doch nun drei Tage hintereinander wiederholt worden, wir wissen das.
Ich wollte nur sagen, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, und er war schon am 4. Verhandlungstag, beim vierten Begründungstag, also beim letzten Verhandlungstag dagewesen, wo man von dieser allgemeinen Darstellung überzugehen hat ausschließlich auf die konkreten Bezugspunkte unserer abgelehnten Sachverständigen, so daß die konkreten Ablehnungsgründe jetzt nur noch Gegenstand der Begründung sein können.
Es wird nicht bestritten und ist nicht bestritten worden, obwohl, wie gesagt, der Schlenker zur Psychiatrie ohnehin etwas zweifelhaft war, weil es hier um die Verhandlungsfähigkeit ging, daß die Angeklagten das Recht hatten, zunächst mal ihr allgemeines Bild von der Psychiatrie zu entwickeln.
Das haben Sie aber jetzt hinreichend getan, und nur darum ging’s. Und nur darum gings auch im letzten Verhandlungstag, den Angeklagten klar zu machen, allgemeine Darstellungen sind jetzt genügend gegeben. Und jetzt sind die persönlichen Bezugspunkte herauszuarbeiten zu unseren Sachverständigen.
RA Dr. H[eldmann]:
Nachdem Sie also gesagt haben, dem Senat ist der Sachzusammenhang noch gegenwärtig, bitte ich um das Wort für Herrn Baader.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Ich habe Sie sprechen lassen, obwohl Sie nicht der Verteidiger von Frau Meinhof sind, um nicht schon von vornherein die Sache wieder zu komplizieren.[9] Es hat das Wort jetzt Frau Meinhof und nicht Herr Baader.
Angekl. B[aader]:
Ich habe einen Antrag zu stellen in diesem Zusammenhang.
Vors.:
Es wird jetzt ein Antrag begründet, und diesem Antrag wollen wir jetzt weiter nachgehen und diese Begründung hören, dann kann der nächste Antrag gestellt werden.
[2852] Angekl. B[aader]:
Ich habe einen kurzen Antrag zu stellen, zu dieser Sache.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Riedel, Sie haben eine seltsame Wechselrolle. Jetzt wo Herr Baader spricht melden Sie sich, obwohl Sie der Verteidiger von Frau Meinhof sind und vorher umgekehrt.
RA R[iedel]:
... Frau Meinhof das Wort hat und auch das Wort jetzt behält. Sie stellt das Wort jetzt im Augenblick zurück, das möchte ich nur mal klar machen ...
Vors.:
Ich möchte nur wissen ...
RA R[iedel]:
... um Herr Baader Gelegenheit zu geben, einen Antrag zu stellen, der ja genau dieses Verfahrensstadium, nämlich die Antragstellung selbst und die Begründung insbesondere betrifft, die fortgesetzt werden soll, wie ich annehme.
Vors.:
Also einen Antrag innerhalb eines Antrags ist etwas seltenes. Herr Baader, können Sie mit einem Satz sagen, was der Antrag für einen Gegenstand haben soll?
Angekl. B[aader]:
Das kann ich!
Vors.:
Bitte, Herr Baader.
Angekl. B[aader]:
Sie haben grundsätzlich in jedem Detail falsch interpretiert, was hier in den letzten vier Tagen vor sich gegangen ist. Der allgemeine Teil war außerordentlich kurz.
Im übrigen ...
Vors.:
Bitte den Antrag Herr Baader.
Angekl. B[aader]:
Ja. Ich beantrage, daß Sie mich, das was Sie gerade versucht haben zu reproduzieren, daß Sie mich das richtigstellen lassen.
Vors.:
Nein, Herr Baader, diesen Antrag ...
Angekl. B[aader]:
... denn Sie haben, lassen Sie mich doch das bitte begründen, Sie haben in jedem Detail uns falsch interpretiert. Und Sie haben eine ganze Menge Behauptungen aufgestellt, die explizit falsch sind und die, ich weiß nicht warum ...
Vors.:
Gut, Herr Baader ...
Angekl. B[aader]:
... die jedenfalls zeigen, daß Sie entweder nicht zugehört haben oder daß Sie hier bewußt darauf aus sind, uns falsch zu interpretieren. Deswegen müssen Sie uns die Gelegenheit geben, wenn Sie uns interpretieren, also wenn Sie sozusagen schon an sich reißen die Möglichkeit, und noch dazu [2853] falsch und auf diesem Niveau zu interpretieren, was wir gesagt haben, daß wir das richtigstellen, wenn Sie hier 10 Minuten reden darüber.
Vors.:
Gut, Herr Baader, ich will ...
Angekl. B[aader]:
Das kann auch relativ kurz sein.
Vors.:
Herr Baader folgendes: Sie können dann das mit dem Herrn Verteidiger besprechen. Sie haben jetzt das Wort nicht. Ich will Ihnen aber nochmals sagen, damit die Interpretationen, die Sie beanstanden, Ihnen klar sind. Ich habe gesagt, Sie betrachten die Psychiatrie als eine institutionelle Gewalt, als Bourgeoisie-Apparat der Unterdrückung und Entpolitisierung, gerichtet gegen Revolutionäre und auch gegen das revolutionäre Potential, das Sie im Subproletariat schlummern sehen, also die Psychiatrie als tragender Faktor der von Ihnen sogenannten Counter-Strategie des Kapitalismus nicht nur zur Unterdrückung, sondern auch zur Aussageerpressung und Verfälschung. Die Handleihe ...
Angekl. B[aader]:
Aber Herr Prinzing ...
Vors.:
Darf ich sagen, Herr Baader, diese ...
Angekl. B[aader]:
Das ist falsch.[i]
Vors.:
Darf ich geschwind zu Ende reden. Diese Zitate, bzw. zusammenfassend, sind alles Ausführungen, die Ihren eigenen Ausführungen entnommen sind, das ist keine Interpretation, sondern eine Wiedergabe der Punkte, die Sie hatten.
Angekl. B[aader]:
Das kann nicht sein.
Vors.:
Jetzt im Augenblick ist Frau Meinhof dabei zu begründen, welche Ablehnungsgründe konkret gegen die Sachverständigen bestehen. Ich bitte Frau Meinhof fortzufahren.
RA Dr. H[eldmann]:
Ich bitte ums Wort.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, bitte.
RA Dr. H[eldmann]:
Was Sie gerade zitiert haben, ist tatsächlich nichts anderes, als eine Blütenlese von sogenannten Reizwörtern, aber den Sachzusammenhang, Herr Vorsitzender, den haben diesmal Sie nicht hergestellt. Und um das jetzt dem Senat wieder zu ermöglichen, bitte ich abermals um ein kurzes Wort für Herrn Baader, damit er dem Senat den Sachzusammenhang wieder darlegen kann.
Vors.:
Ich habe nichts dagegen, wenn Herr Baader glaubt, daß meine Ausführungen so neben der Sache lagen, daß er es in kurzen Worten tun kann. Aber ich weise darauf hin, Herr Baader ist [2854] das Wort zur Begründung des Antrags selbst entzogen. Es handelt sich hier um etwas anderes. Es handelt sich eben um die Erwiderung auf das, was ich gesagt habe. Aber bitte, Herr Baader, wie Sie sagten, in kurzen Worten.
Angekl. B[aader]:
Also, naja zunächst mal von Subproletariat war die Rede im Zusammenhang mit Mende, der die Zwangssterilisation von Subproletariern empfiehlt, nicht explizit im Zusammenhang mit der Rolle der Psychiatrie bzw. als revolutionäres Potential und als Objekt der Psychiatrie. Denn Objekt der Psychiatrie sind ja bekanntlich nicht nur Subproletarier, sondern auch Angehörige der höheren Stände, wie Richter z.B. Aber das ist ja nicht die Frage hier. Die Frage ist, daß es einen konkreten Zusammenhang einfach dadurch gibt, daß Ehrhardt eine der wesentlichen Ideologen der letzten 20 Jahre[j], der deutschen Psychiatrie ist. Das ist der Zusammenhang. Und insofern hatten wir uns in der Begründung der Ablehnung von Ehrhardt auf seine allgemeinen Veröffentlichungen zu beziehen. Daß diese allgemeinen Veröffentlichungen die allgemeine Rolle der Psychiatrie allerdings belegen als ein Zwangssystem, das ist richtig, das würde ich schon auch sagen. Aber ich möchte doch gern mal wissen, wie Sie sich das überhaupt vorstellen, wenn man Gutachter, wie Ehrhardt, ablehnt, als Beispiel. Worauf würde man sich sonst beziehen als auf ihre Veröffentlichungen. Und Ehrhardt hat ja hier noch einmal angeboten, daran ist auch noch mal zu erinnern, nicht etwa ein konkretes Gutachten abzuliefern, das hat er ja sozusagen geradezu abgelehnt, sondern er wollte allgemeine Ausführungen zu den Fragen, die hier Sache sind, also z.B. zur Frage der Verhandlungsfähigkeit, wollte er machen, hier. Das enthält doch der Brief, der Ihnen neulich vorgelesen worden ist.
Vors.:
Herr Baader, ich glaube, wir haben uns jetzt nicht so mißverstanden, wie es aussieht.
Angekl. B[aader]:
Darin besteht der konkrete Zusammenhang, wenn hier allgemeinere Ausführungen gemacht worden sind. Ein weiterer Punkt, der wichtig ist, ist das, das SPK. Also wenn Sie sagen, offensichtlich bezögen wir uns auf das SPK, daß das natürlich ein totales Mißverständnis ist. Wenn es da eine Gemeinsamkeit gibt, das muß man sagen, dann ist vielleicht, daß wir[k] natürlich auch einen materialistischen Begriff der [2855] Psychiatrie haben. Aber, was die gesamten praktischen Folgen angeht und was die gesamte dezidierte Einschätzung im psychiatrischen System, den psychiatrischen Mechanismus, angeht, gibt es da erhebliche Differenzen. Es ist also schon mal falsch. Ich würde auch sagen, wenn Sie zu allgemeinen Ausführungen versuchen hier zu kommen, zu einer allgemeinen Interpretation dessen, was wir sagen, dann müßten Sie, wenn Sie sich nicht lächerlich machen wollen, sich besser informieren.
Vors.:
Ja, Herr Baader jetzt folgendes: Sie haben die Berichtigungsmöglichkeit gehabt. Ich glaube nicht, daß sich große Unterschiede ergeben haben. Es bleibt dabei. Sie hatten die Gelegenheit gehabt, die allgemeinen Grundzüge Ihrer Auffassung über die Psychiatrie darzustellen, und ich habe Ihnen zum wiederholten Male erklärt, wir anerkennen, daß hier der Zusammenhang herzustellen war, deshalb durften Sie dazu volle drei Tage benützen. Jetzt, und das ist jetzt das letzte Wort, bleibt es dabei, daß nur noch vorgetragen werden kann, was die direkten Ablehnungsgründe in Bezug auf die Sachverständigen, um die es hier geht, aufdeckt. Frau Meinhof, ich bitte Sie jetzt fortzufahren.
-Vorsitzender, auf Handzeichen von RA. v[on] Plottnitz-
Vors.:
Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, ich bitte jetzt um Verständnis ... bitte?
RA v[on ]P[lottnitz]:
Ich habe mich schon lange gemeldet.
Vors.:
Das ist richtig. Geht es um eine kurze Äußerung.
RA v[on ]P[lottnitz]:
Es geht nur um eine kurze Äußerung.
Vors.:
Bitte.
RA v[on ]P[lottnitz]:
Herr Vorsitzender, ich meine, daß Sie bislang nicht nur eine Interpretation gegeben haben, sondern daß Sie bereits qualifiziert haben, das, was vorgetragen worden ist, und zwar in einer beunruhigenden Richtung hin. Demzufolge, was Sie gesagt haben, ist eigentlich in der Vergangenheit überhaupt nicht vorgetragen worden, was eigentlich geeignet sein könnte, ein Ablehnungsgesuch gegen die Sachverständigen hier zu begründen. So, wie ich Sie jetzt gerade verstanden hab, oder wie jeder Sie eigentlich verstehen müßte, ist nur allgemeines gesagt worden zur Einschätzung bestimmter [2856] psychiatrisch-forensischer Fachrichtungen, aber nichts, was hier in Konkretion ein Ablehnungsgesuch begründen könnte. Von daher also noch mal eine Klarstellung, gegebenenfalls auch eine Bitte, um Klarstellung an den Senat: Ist der Senat der Auffassung, daß die Zugehörigkeit bestimmter Psychiater, forensischer Psychiater, zu einer Fachrichtung, die, wie hier für meine Begriffe bereits nun sehr eingehend begründet worden ist, sich als Polizeiwissenschaft, als eine Art modifizierte Polizeiwissenschaft, versteht, nicht aber als eine Wissenschaft, die dem Bereich der Medizin zuzuordnen ist, ist das für den Senat völlig undenkbar, daß sich daraus allein schon sehr konkrete Ablehnungsgründe gegen bestimmte Sachverständige ergeben können?
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, darüber wird dann beraten werden, wenn wir die Begründung voll gehört haben. Dazu wird auch in der Entscheidung Stellung genommen werden. Es ist ein Irrtum, ich habe wirklich nicht qualifiziert. Das war auch nicht die leiseste Absicht. Ich habe nur den Versuch unternommen, weil es sich um ein sehr komplexes und etwas schwierig zu überschauendes Gebiet handelt, klar zu machen, wie wir jetzt noch weiter verfahren können, wenn die Angeklagten Ihre Begründung zu Ende bringen wollen. Also, Frau Meinhof, Sie haben jetzt das Wort. Bitte in konkretem Bezug zu den abgelehnten Sachverständigen. Die allgemeine Rolle der Psychiatrie jetzt nochmals darzustellen, ist nach dreitägiger Begründung nicht mehr möglich.
Angekl. M[einhof]:
Also erst Mal hat das hier drei volle Tage gedauert, weil Sie uns andauernd unterbrochen haben, und zweitens wirklich nochmal: Wir haben hier konkret an den Schriften und Veröffentlichungen und Meinungen von Ehrhardt und Mende unsere Ablehnungsgründe entwickelt. Wenn das bei Ihnen nur als Darstellung von allgemeinen Zusammenhängen angekommen ist, naja, dann muß man eben daraus schließen, was[l] am vorigen Donnerstag hier ja auch schon gelaufen ist, wo Sie sich nur aus den Zeitungen das zusammen rekonstruiert hatten, was wir gesagt hatten. Aber das zwingt uns natürlich, wirklich noch einmal auszuholen. Also, Ehrhardt zu seiner Schrift „Kriminalpolitische Gegenwartsfragen“, das ist eine Publikation des Bundeskriminalamts und befaßt sich mit dem Begriff der Kriminalbiologie. Kriminalbiologie, wie Ehrhardt sie vertritt, ist die Suche nach biologischen[m], also erbbiologischen Ursachen als Bedingung der [2857] Kriminalisierung von Menschen durch den Staat. Die Linie, die die Ursachen von Kriminalität in der Biologie sucht, behauptet die Rechtmäßigkeit der Klassenherrschaft der Bourgeoisie und der Privilegierung bestimmter Gruppen und der herrschenden Clique mit ihrer erbbiologischen Minderwertigkeit. Anders gesagt, Ehrhardt begründet damit objektiv die Herrschaft des Monopolkapitals rassistisch. Soziale Unterschiede zwischen Menschen, Kriminalisierung setzt soziale Deklassierung voraus und zementiert sie, auf biologische Ursachen zurückzuführen, das ist Rassismus.
Es geht ihm im Begriff der Kriminalbiologie gezielt um eine rassistische Elitentheorie für den imperialistischen Staat. Deutlich auch in der Terminologie, die er da auf den Tisch bringt: Anlagegegebene Charakterstruktur, sozial negativ akzentuierte Psychopathien und psychopathische Hangtäter. Was Ehrhardt will, und worauf er aus ist, ist die psychiatrisch-neurochirurgische Tortur psychopathischer Rechtsbrecher, d.h. die Kriminalbiologie rechtfertigt für ihn ärztliche Eingriffe und er benutzt diesen rassistischen Ansatz dazu, vom Staat die Verrechtlichung von Gefangenenexperimenten zu verlangen, verklausuliert als Forderung nach verbesserten Forschungsbedingungen für die Kriminalpsychiatrie durch die Strafrechtsreform. Wie er sich ärztliche Handlungsfreiheit, unter der Hand und gegen rechtliche Beschränkungen, Schutz der körperlichen Unversehrtheit, verschafft, hat Andreas hier nachgewiesen. Der Widerspruch, in den Ehrhardt sich da in der Theorie verwickelt, besteht allerdings darin, daß er einerseits die soziale Verursachung von Kriminalisierung mit Biologismus bestreitet, also eine biologische Determination gegen die Milieutheorien behauptet, daß er andererseits der Protagonist der indeterministischen Richtung in der forensischen Psychiatrie ist, also absolute Willensfreiheit behauptet, wenn es darum geht, einen Kranken justitiabel zu machen, also in der staatlichen Repression zuzuführen. Ehrhardt sagt, die Willensentschließung eines Psychopathen ist zweifelslos durch seine anlagegegebene Charakterstruktur limitiert, das ist sein Biologismus, und vertritt gleichzeitig den Standpunkt der vollständigen Willensfreiheit, was wir aber auch von hier gezeigt haben. Aber eines ist noch ganz wichtig im Zusammenhang Kriminalbiologie. Ehrhardt läßt sich da über die persönlichkeitsverändernden Wirkungen von [2858] Hirndurchblutung aus, von Hirnleistungsschwäche und zerebralen Kreislaufstörungen. Und dazu ist zu sagen, daß die Medikamente, die Henck uns hier verabreicht, damit wir hier in der Verhandlung nicht umfallen, Hirndurchblutungsmedikamente sind, und daß das eine der relevanten, messbaren, physischen Wirkungen von sensorischer Deprivation ist, Hirndurchblutungsstörungen. In seinem Widerspruch, nicht behaupten zu können, also Ehrhardt, daß wer unter Hirndurchblutungsstörung leidet, notwendig kriminell ist, weil das eine Krankheit ist, die auch bei Richtern z.B. vorkommt, sind diese Erkenntnisse aber umgesetzt worden für die psychiatrischen Programme, die vermittels der Isolation gegen uns angewendet werden. Dazu will ich Ihnen mal ein paar Beispiele nochmal vorhalten, denn es gibt ganz sicher Maßnahmen, die das Gericht nicht kennt und die es auch nicht einschätzen kann, unter anderem, weil sie jeder richterlichen Kontrolle entzogen waren, als der Ermittlungsrichter beim BGH, das hat sich schon immer in der Differenz zwischen Maul und Knoblich bewiesen, direkte Instanz der Bundesanwaltschaft ist und war. Götte bot in Köln nach sechs Monaten Trakt[10] bei mir und nach drei Monaten Trakt bei Astrid[11] nach seiner Einschätzung des Verfalls drei Methoden als Erleichterung an: 1. Eine unmittelbar suggestive. Sein Versuch über als Psychotherapie verpackte Gerhirnwäschepraktiken des autogenen Trainings zu einer totalen Manipulation des Gefangenen zu kommen. Ein Versuch, dem Astrid wirklich kaum entgangen ist. 2. Eine medikamentöse Behandlung über und andere Tranquilizer und Psychopharmaka, die in dieser Situation totaler sensorischer Deprivation zu einer Kretinisierung führen müssen und durch die bei Astrid die Dissoziation, weil sie sich darauf eingelassen hat, innerhalb von drei Wochen kulminieren konnte bis zum Kollaps. 3. Das Angebot einer Wechselsprechanlage mit einer anderen Gefangenen irgendwo im Haus für mich, die sie nie gesehen hatte die ich nie gesehen hatte, und die ich auch nie sehen würde, von der ich noch nicht mal den Namen wissen würde, nicht mal, ob es eine Gefangene ist. Und es ist sicher, daß es keine Gefangene gewesen wäre, natürlich nicht.
Vors.:
Frau Meinhof, ich sehe mich veranlaßt, Sie jetzt nochmals darauf hinzuweisen, kommen Sie zur Sache. Ablehnungsgründe gegen die Herrn Sachverständigen.
Angekl. R[aspe]:
Also, wenn das nicht die Sache ist.
RA R[iedel]:
Herr Vorsitzender, wenn ich dazu bemerken darf ...
[2859] Vors.:
Herr Rechtsanwalt Riedel, bitte.
RA R[iedel]:
Es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß Frau Meinhof Ausführungen dazu gemacht hat, und konkreter kann’s ja nicht sein, bei dem Thema bei dem wir sind, zu dem, was Ehrhardt unter Kriminalbiologie versteht. Und Sie hat versucht an Beispielen zu erläutern, wie in der Wirklichkeit das aussieht, was Ehrhardt theoretisch vertritt und zwar an Beispielen, die sich mit den Gefangenen, die hier sitzen, befassen. Konkreter kann es gar nicht sein.
Vors.:
Ich bedauere, Herr Rechtsanwalt, der Zusammenhang ist zu weit.
Sie können nicht das Verhalten irgend welcher Ärzte jetzt anführen und das begründen damit, daß das theoretisch vorbereitet sei durch Professor Ehrhardt, und dann behaupten, daß sei der konkrete Zusammenhang. Ich habe jetzt den Hinweis gegeben, ich habe den Hinweis gegeben, daß Frau Meinhof sich zu beziehen hat, sagen wir es verständlicher, auf die Vorwürfe, die gegenüber den Sachverständigen konkret zu machen sind, durch ihr Verhalten, durch ihre Praktiken usw. und so fort, nicht mehr durch Auswirkungen, durch Darstellung der Auswirkungen[n] die entstehen können, weil jemand eine bestimmte Lehrmeinung vertreten hat.
RA R[iedel]:
Herr Vorsitzender, ich muß nochmal sagen, ich verstehe wirklich nicht, weshalb hier ein Zusammenhang nicht erkannt wird oder bestritten wird, wenn jemand behauptet, ein Wissenschaftler vertritt in der Theorie die und die Auffassung, hier in diesem Falle zu dem, was als Kriminalbiologie bei Ehrhardt bezeichnet wird. Und wenn dann gesagt wird, seine Theorie, die Theorie des Mannes, den ich als Gutachter für mich ablehne, sieht in der Praxis, die ich an meinem eigenen Leib habe erfahren müssen, so und so aus, das ist für mich ein sehr konkreter Zusammenhang und ich verstehe wirklich nicht, wie man den hier verkennen kann.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, der ist zu locker. Er ist doppelt locker einfach deswegen, weil wir es hier nicht mit einer psychiatrischen Begutachtung zu tun haben, sondern mit der Frage Verhandlungsfähigkeit. Aber jetzt lasse ich mich, weil ich, wie gesagt, nicht die Absicht habe, durch die Hinweise, die ich gebe, weiterhin Debatten eröffnen zu wollen, sondern es bleibt in Zukunft bei [2860] einmaliger Ermahnung und dann der prozessualen Maßnahme, bitte ich jetzt, Frau Meinhof fortfahren zu lassen. Sie ist jetzt gemahnt worden, nicht weiter mit diesen Beispielsfällen fortzufahren, sondern den konkreten Bezug zu Professor Ehrhardt zu wahren.
Ende von Band 160
[2861] Angekl. Me[inhof]:
Naja, ich will mal sagen, wenn das, was Psychiater mit mir in den letzten drei Jahren gemacht haben, Psychiater, wenn wir das nicht ranziehen können als unsere Erfahrungen bei der Ablehnung dieser Psychiater, zumal bzw. weil ja die Sache die ist, daß Ehrhardt genau diese psychiatrischen Untersuchungsmethoden, die an uns versucht worden sind - speziell an mir - und die sich unter der Schwelle der Justizförmigkeit befinden und unter der Schwelle des Rechts durchgeführt worden sind, insofern Ehrhardt diese Methoden unmittelbar propagiert, dann ist natürlich die Frage, dann ist es absurd. Was ist denn dann überhaupt der Zusammenhang dieser ... dieser der von Ihnen rangezogenen Psychiater, wenn ... während der Bezug zu unseren Erfahrungen nicht in den Zusammenhang gehören sollte? Wir halten doch hier kein wissenschaftliches Seminar ab.
Götte hat damit exakt die Bedingungen der Camera-Silens-Experimente[12] versucht, in Köln herzustellen. Eine Verbindung über Lautsprecher und Mikrophon ...
Vors.:
Herr RA Riedel, ich mache eine kurze Pause, damit Sie vielleicht Ihre Mandantin nochmals belehren. Vielleicht gucken Sie das an. Ich möchte nicht, daß Frau Meinhof nicht die Gelegenheit hat, das vorzutragen. Ich habe aber das Gefühl, sie versteht nicht, was ich meine.
RA Rie[del]:
Ich glaube schon, daß sie es genau versteht, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Bitte. Dann aber ist die Konsequenz klar.
Wenn Sie uns ...
RA Rie[del]:
Aber die Pause werde ich natürlich wahrnehmen, die werden wir wahrnehmen.
Vors.:
... wenn Sie uns ... Ich möcht es Ihnen nochmals sagen:
[2862] Wenn sie sagt: An mir ist das und das gemacht worden und das führt zurück auf etwa die von Herrn Prof. Ehrhardt in dem und dem wissenschaftlichen Werk angegebenen praktischen Hinweis, dann ist ein Bezug erkennbar.
Angekl. Baa[der]:
Soll ich das machen, ja?
Vors.:
Herr Baader, Herr Baader, ...
Angekl. Baa[der]:
Soll ich das hier konkret machen?!
Vors.:
Sind Sie jetzt schon wieder dran?
Angekl. Baa[der]:
Das hat er zwei Tage lang gemacht, ...
Vors.:
Herr Baader, ...
Angekl. Baa[der]:
... und Sie haben nicht zugehört!
Vors.:
Herr Baader, hören Sie zu: Wenn Sie jetzt weiterhin glauben, jedesmal durch Zwischenrufe hier diese Verhandlung unterbrechen zu können, dann müssen Sie sich darüber im klaren sein, daß das bei der Häufung als Störung betrachtet wird. Die Konsequenzen[13] sind beim letztenmal angedeutet worden.
Auch damit müssen Sie rechnen. Sie sollen nicht nachher sagen, Sie seien nicht gewarnt worden.
Ich mache jetzt eine Pause von zehn Minuten.
Ich bitte, das nochmals mit der Mandantin zu besprechen, aber ihr klar die Grenzen aufzuzeigen.
Zehn Minuten Pause.
Pause von 9.42 Uhr bis 9.52 Uhr.
Reg. Dir. Widera ist nicht mehr[o] anwesend.
Vors.:
Frau Meinhof, Sie haben das Wort.
Angekl. Me[inhof]:
Also es sind explizit die Untersuchungsmethoden, die Ehrhardt in seinen Schriften propagiert, und die unmittelbar in Köln im toten Trakt durch einen Psychiater gegen mich angewendet worden sind. Und daß es sich um die Methoden handelt, die Ehrhardt propagiert, können wir hier auch nochmals ne halbe oder ne ganze Stunde lang an Ehrhardts [2863] Stellungnahmen zur Strafrechtsreform belegen.
Und weiter ergibt sich dieser Zusammenhang zwischen Ehrhardt und den Methoden, die uns hier unmittelbar verhandlungsunfähig gemacht haben, aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis, das er propagiert und das er als Zwangsverhältnis propagiert, also ein Verhältnis, in dem es dem Arzt sozusagen freisteht, aus seinem eigenen medizinischen Interesse den Patienten kaputtzumachen, wie er es will. Und das ist der Widerspruch bei der Berufung von Ehrhardt in diese ... zur Begutachtung unserer Verhandlungsunfähigkeit, weil er die Methoden, die uns verhandlungsunfähig gemacht haben, propagiert und natürlich explizit ein Interesse daran haben wird, ihre Wirkungen zu verschleiern, weil das Projekt, um das er sich bemüht, schließlich die Verrechtlichung ungesetzlicher Methoden ist, die aber längst angewendet werden.
Ich bringe es also hier mal zu Ende.
Nochmal: Weil es sich um die unmittelbare Anwendung von Methoden handelt, die Ehrhardt propagiert; das ist der Punkt. Das müßte eigentlich der Zusammenhang sein, den Sie endlich mal erkennen.
Götte hat damit exakt die Bedingungen der Camera-Silens-Experimente versucht, in Köln herzustellen - eine Verbindung über Lautsprecher und Mikrophon mit dem Leiter des Experiments, in der experimentell die enorm erhöhte Suggestivität nachgewiesen ist. Suggestivität ist eines der Themen, für die Ehrhardt sich speziell interessiert, und zwar als Möglichkeiten der Aussagebeeinflussung, so weitgehend, daß man die B. Wehrsoldaten - also die Suggestivität in der Konstellation des toten Trakts ist so weitgehend hergestellt -, daß man die B. Wehrsoldaten, mit denen in Hamburg experimentiert wird, so weit bringen konnte, innerhalb eines sechsstündigen Experiments [2864] irrationale Begründungszusammenhänge, über die sie vorher gelacht hätten, z. B. Spiritismus als Glaubenssätze zu übernehmen.
Und nur noch das dazu:
Kempe, einer dieser Deprivationsforscher, sagt nach seinen Ergebnissen aus Experimenten mit sensorischer Deprivation über ihren Zweck - Zitat:
„Es gibt heute eine Reihe von Hinweisen auf die psycho-therapeutischen Möglichkeiten der sensorischen Deprivation, nämlich:
Der isolierte Patient zeigt einen Reizhunger, den man ausnutzen kann, um ihm psycho-therapeutische Botschaften zu vermitteln.“
Und das heißt natürlich: polizeiliche Botschaften zu vermitteln.
Das ist die Funktion der Sprechanlage, und da ist nun nichts anderes gemacht, als konkret umgesetzt, was Ehrhardt in seinen Vorstellungen zur Aussagebeeinflussung durch Medikamente und psychische Methoden in Ausnutzung von Suggestivität, die mechanisch hergestellt wird und künstlich propagiert und dessen ... wofür er die Verrechtlichung verlangt.
Das ist der Zusammenhang.
Die Psychiatrie, abgesehen von ihrer allgemein reaktionären staatlichen Funktion, die in der Counter-Bewegung ein strategisches Projekt des Kapitals und des Staats gegen das Volk geworden ist, entwickelt hier Methoden der Aussageerpressung, wie Ehrhardt sagt, der psychologischen und chemischen Aussagebeeinflussung, die die Justiz rechtlich absichert und durchführt. Der Widerspruch: Prinzing bestellt jetzt explizit Psychiater, die auch an der Entwicklung dieser Methoden gearbeitet haben, um ihre Folgen als Ergebnis der justizförmigen Anwendung begutachten zu lassen.
[2865] Das ist sozusagen
1. eine Kontrolluntersuchung, die - das hat ja Mende angekündigt - auch zur Weiterentwicklung und Perfektionierung dienen soll;
und es ist
2. natürlich der Versuch, die Folgen zu neutralisieren, also zu verhindern, daß sie hier im Widerspruch zum Institut der Verhandlungsfähigkeit, der justiziellen Verwertung des Gefolterten, die Sie schließlich vorbereiten, das Verfahren platzen lassen.
Ehrhardt ist dazu
1. geeignet, weil er für den offenen - also gesetzlichen und verdeckten - durch z. B. konkludentes Handeln aufgezwungenen Einsatz dieser Methoden, den er korrekt als Bedingung jedes psychiatrischen Eingriffs begreift, eintritt;
2. er ist geeignet, weil er einen biologisch-rassistischen Krankheitsbegriff hat und propagiert, der jede rechtliche Relevanz der psychiatrischen Verstümmelung ohnehin bestreitet, bis hin zur Neurochirurgie.
Dazu ein Zitat:
„Meine Braut, Lehrerin, 41, wurde im September 72 wegen einer ohnehin inoperablen ... [p]
von einem Ärzteteam in der neuro-chirurgischen Uni-Klinik Freiburg stereotaktisch rechts operiert.
Das Ergebnis war grausam: linksseitige Parese der Extremitäten, schwere Sprach- und Gleichgewichtsstörungen und eine totale Veränderung der Persönlichkeitsstruktur.
Meine Braut wurde zum Pflegefall und ist seitdem an den Rollstuhl gefesselt. Bedauerlicherweise wurden von dem verantwortlichen Neurochirurgen mögliche Operationsrisiken und eventuelle paralytische Folgen nach dem avisierten Eingriff gegenüber der Patientin und ihren Angehörigen verschwiegen.“
[2866] Dieses Zitat - es ist nur ein Beispiel - verdeutlicht den Inhalt des von Ehrhardt propagierten Begriffs der ärztlichen Handlungsfreiheit. Er konstituiert sie. Das zeigt er in seinen Schriften, in allen, gegen den Patienten, und so seine Definition des ... der Arzt-Patienten-Beziehung als Zwangsverhältnis.
Wo das tendentiell zu einem Ring zwischen Justiz und Psychiatrie wird, weil er für die Psychiatrie einen übergesetzlichen, außergesetzlichen Raum beansprucht, ist Ehrhardts Position die Unmenschlichere zwangsläufig.
Er will das rechtliche Vakuum, in dem die grenzenlose Kompetenz der KZ-Psychiatrie[14] bedingt war. Darauf ist er aus.
Die faschistische Entrechtung, die Ehrhardt in seinem Begriff der ärztlichen Handlungsfreiheit gegenüber und gegen den Kranken seit 1954, also seit 20 Jahren, gefordert hat, und zwar gegen den Staat dort, wo er diesem Anspruch die Persönlichkeitsrechte, Schutz der körperlichen Unversehrtheit etc. entgegenstellte, propagiert heute der Staat selber und fordert ... und fordert von den ... und fordert von den Ärzten. Im Verfahren gegen die RAF wurde diese Entwicklung exemplarisch sichtbar im Versuch der B. Anwaltschaft - Zeis -, die Zwangsnarkose, die Zwangszintigraphie und schließlich den stereotaktischen Eingriff bei mir durchzusetzen.
Zeis - ein Zitat von Zeis -:
„Sollten zur Erstattung des Gutachtens einzelne Eingriffe erforderlich werden,
- das schrieb Zeis an Witter -
so bitte ich, dies mir unter genauer Angabe der für notwendig erachteten Untersuchung mitzuteilen, damit gemäß § 81a StPO[15] eine entsprechende richterliche Anordnung eingeholt werden kann.
Wenn die Hinzuziehung eines Neurochirurgen erforderlich sein sollte, rege ich an, von dort aus den Direktor der Neuro-Chirurgischen Universitätsklinik in Homburg, Herrn Prof. Dr. Löw, um seine Mitwirkung zu bitten.“
[2867] Soweit Zeis.
Und die Neuro-Chirurgie in Bad Homburg ist diejenige Universi... diejenige Universitäts... dasjenige Universitätsinstitut, das stereotaktische Eingriffe durchführt.
Mende ist geeignet, weil er in diesem Programm nicht nur arbeitet, sondern sie auch opportunistisch, das ist der exakte Begriff Winkelmanns, in den bestehenden Rechtsnormen gegen das Volk interpretiert, beispielhaft in seinem Schlich zur Voraussetzung der Entschädigung von KZ-Gefangenen, ihre Unschuld, wie er sagt, beispielhaft in seinem Schlich zur Voraussetzung der Entschädigung von KZ-Gefangenen, ihre Unschuld, wie er sagt, zu machen, was einfach bedeutet:
Die, die aus politischen Gründen im KZ saßen, aufgrund politischen Widerstands also schuldig, also Kommunisten und Sozialdemokraten - im Gegensatz zu den Juden - sind nicht zu entschädigen. Die besondere Qualität, in der diese beiden Figuren, Staatspsychiater, hier auftauchen zur Frage der Isolation, ist, wie Andreas genau erklärt hat, tatsächlich Signal einer Tendenz der Reaktion der Faschisierung, in der jede politische Opposition, jede oppositionelle Bewegung im Volk psychologisiert und psychiatrisiert wird, ...
OStA Ze[is]:
Herr Vorsitzender, die B. Anwaltschaft bittet ums Wort.
Angekl. Me[inhof]:
... um sie mit Sonderpsychiatrie und Psychologie ...
Vors.:
Augenblick bitte.
Angekl. Me[inhof]:
... instrumentierten Strategien zu unterdrücken. Das ist deutlich.
Vors.:
Jetzt bitte. Wollen Sie zum Verfahren ...
OStA Ze[is]:
Ja, selbstverständlich.
Vors.:
... etwas sagen. Bitte schön.
OStA Ze[is]:
Ich bitte,
der Angeklagten Meinhof das Wort zu entziehen.
[2868] Sie mißbraucht es ständig zu Abschweifungen, zu Dingen, die in keinerlei Sachzusammenhang stehen ...
RA Rie[del]:
Hier geht es nicht um ...
(Angekl. Baader schreit unverständlich dazwischen )[q]
OStA Zeis:
... mit den Ablehnungsanträgen gegen die Professoren Ehrhardt und Mende.
RA Rie[del]:
Es geht erstens nicht um Ehrhardt, sondern Mende.
Vors.:
Augenblick, Herr RA Riedel. Darf ich vielleicht zwischenrein? Nicht, denn ich muß ihnen ja dann wohl das Wort auch zuteilen.
Herr Baader, Sie glaubten schon wieder, das Wort ergreifen zu müssen, indem Sie einfach dazwischenrufen.
Das ist jetzt die zweite Warnung. Beim drittenmal hat es Konsequenzen.
Angekl. Baa[der]:
Ist das die letzte Warnung?[r]
Vors.:
Herr RA Riedel?
RA Rie[del]:
Ich widerspreche dem Antrag des Herrn B. Anwalts.
Es ist abwegig, hier zu beantragen, das Wort zu entziehen an einer Stelle, mit der Begründung Ehrhardt. Hier sind im Augenblick Ausführungen gemacht worden zu der Me... zu den Methoden des Gutachters Mende, und die Ausführungen haben an der Stelle angesetzt, daß versucht worden ist, das opportunistische Verhalten des Gutachters, das darin liegt, daß er Rechtsnormen zum Nachteil von Patienten und Angeklagten interpretiert und stets interpretiert und versucht worden ist, an Beispielen das klarzumachen zum Nachweis dafür, daß zu befürchten ist, daß auch in diesem Falle das opportunistische Verhalten einsetzen wird zum Nachteil der Angeklagten.
Das ist also ganz klar der Zusammenhang, der hier gewahrt wird und deswegen gar kein Anlaß, hier einzugreifen.
Vors.:
Im Rahmen des weitgespannten Zusammenhangs, wie ihn die Angeklagten hier darzustellen versuchen, ist im Augenblick der Zusammenhang doch so deutlich sichtbar, daß die Angeklagte das Wort behalten kann.
Frau Meinhof, bitte schön.
[2869] Angekl. Me[inhof]:
Ja ist doch klar: Zeis will hier abbrechen, weil es ihm nicht paßt, daß seine Methoden hier auf den Tisch kommen.
Vors.:
Frau Meinhof, bitte keine Sprüche jetzt zu dem, was geschehen ist. Sie sollen bei der Begründung fortfahren.
Angekl. Me[inhof]:
Also. Die besondere Qualität, in der diese beiden Staatspsychiater hier auftauchen zur Frage der Isolation ist, wie Andreas genau erklärt hat, tatsächlich Signal einer Tendenz der Reaktion der Faschisierung, in der jede politische Opposition, jede oppositionelle Bewegung im Volk psychologisiert und psychiatrisiert wird, um sie mit ... mit ... von der Psychiatrie und Psychologie instrumentierten Strategien zu unterdrücken. Das ist deutlich in der medizinischen Diktion der Partei- und Regierungspolitiker, gesellschaftssanitäre Maßnahmen, wie Herold sagt, krimo... kriminologische Diagnose und Therapie der Gesellschaft usw. Man muß da nur Maihofer, Schmidt, Herold und wesentlich die US-Programme ...
Vors.:
Frau Meinhof, jetzt entziehe ich Ihnen das Wort.
Diese Abweichungen bzw. Abschweifungen können wir nicht hinnehmen. Sie können nicht begründen, daß Prof. Ehrhardt etwa die Auffassungen des Herrn Herold[16] und des Innenministers und so weiter beeinflußt habe. Die Abschweifung geht jetzt zu weit.
RA Rie[del]:
Der Satz war doch gar nicht zu Ende, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Das Wort ist entzogen, ja.
RA Rie[del]:
Ich widerspreche.
Vors. (nach geheimer Umfrage):
Der Senat billigt die Wortentziehung durch den Vorsitzenden aus den Gründen, die gesagt worden sind: wegen Abschweifung und ständiger Wiederholung.
Jetzt hat Frau Ensslin noch die Möglichkeit, sich zur Begründung zu äußern. Ich erteile Ihnen, Frau Ensslin, wenn Sie wollen, dazu das Wort.
Angekl. Enss[lin]:
Ich werde das fortsetzen, und werde beim erstenmal, daß Sie mich unterbrechen, es abbrechen.
[2870] Vors.:
Ich weiß nicht, das Mikrophon klappt nicht, es ist nicht gut verständlich. Haben Sie’s eingestellt?
Angekl. Enss[lin]:
Ich sagte, daß ich es fortsetzen werde, und daß ich es abbrechen werde, nach dem ersten Mal, daß Sie mich unterbrechen. Es ist überhaupt so Ihre Tour, sozusagen, die Sie heute auflegen: sehr lächerlich, ’s auch infam, was Sie da abziehen. Sie verstehen kein Wort und maßen sich an, ohne Begründung zu unterbrechen, denn das ist nach wie vor Sache, daß Sie’s noch nicht einmal gebracht haben inhaltliche Begründungen ...
Vors.:
Auch Sie sollten jetzt zur Begründung kommen, Frau Ensslin.
Angekl. Enss[lin]:
Ja das muß man einfach mal sehen. Sie können der Verhandlung auch deshalb nicht mehr folgen, ...
Vors.:
Frau Ensslin, kommen Sie jetzt zur Begründung.
Angekl. Enss[lin]:
... weil Sie nur damit beschäftigt sind, sich zu überlegen, welchen Eindruck Sie machen, wenn Sie das nächstemal unterbrechen. Das ist doch der Punkt und die Situation.
Ich sag das nochmals: Das erstemal, daß Sie mich unterbrechen, wird überhaupt hier abgebrochen.
Jedenfalls in dieser Strategie der Entpolitisierung, der Verwissenschaftlichung der Repression, fällt der Widerspruch Justiz Psychiatrie, den Ehrhardt noch repräsentiert, in sich zusammen, hier in den Verfahren gegen die RAF mal wieder antizipiert. Die Psychiatrie wird Funktion der politischen Justiz, wie die Justiz Funktion der psychiatrisch aufgerüsteten Staatsschutzstrategien wird. Der Staatsschutz antizipiert ihre konterrevolutionäre Identität.
Wir stellen also fest, daß Prinzing hier Psychiater benannt hat, die die international geächteten grundgesetz- und menschenrechtswidrigen Untersuchungsmethoden, Methoden der Wahrheitsfindung, wie Ehrhardt die Sache nennt, d. h. Verhörmethoden, d. h. Methoden der Folter, die die Polizei gesetzlich nicht anwenden darf, die die Polizei nicht anwenden darf, offen für die Psychiatrie zu beanspruchen.
[2871] Es sind Psychiater, die der Vernichtungsstrategie der B. Anwaltschaft ihr gesamtes Instrumentarium angedient haben. Es ist das Instrumentarium einer Wissenschaft, deren Programm in seiner repressiven Funktion zur Strategie der Entpolitisierung und damit für die Herrschaftssicherung des imperialistischen Staates unmittelbar relevant ist. Die Psychiatrie ist die Entpolitisierung, eine Strategie der Entpolitisierung durch Manipulation sozialer Beziehungen, ihre Steuerung durch Zerreißen von sozialen Beziehungen mit revolutionärer Potenz von Familienzusammenhängen in den Ländern der dritten Welt. Wie in den Ländern der dritten Welt das Zerreißen von Familien ein psychiatrisches Projekt ist, ist hier, wo bei politischen Gefangenen nur Verwandte zugelassen werden, dasselbe.
Vors.:
So, Frau Ensslin, jetzt unterbreche ich zum ersten Male. Sie können die Konsequenz ziehen, wenn Sie wollen. Für mich ist’s nur eine Warnung.
Sie sind jetzt wieder bei der Darstellung der allgemeinen Funktion der Psychiatrie ...
RA Be[cker]:
Herr Vorsitzender ...
Vors.:
... in dem Sinne, wie ich’s vorhin schon andeutete.
So können Sie nicht fortfahren.
Entweder Sie kommen jetzt konkret zu den Ablehnungsgründen gegen die Herrn Sachverständigen oder aber, ich entziehe Ihnen das Wort.
Angekl. Enss[lin]:
Sie machen doch den Zirkus hier.
Vors.:
Ich möchte jetzt darüber, Herr Rechtsanwalt, nicht weiterdebattieren. Es hat keinen Wert, daß wir jedesmal, wenn eine derartige Mahnung ergeht, eine Debatte anfangen[s]. Wenn Sie, Herr Rechtsanwalt, mit dieser Maßnahme nicht einverstanden sind, haben Sie nach § 238 Abs. 2[ StPO][17] die Möglichkeit, meine Warnung an Frau Ensslin zum Gegenstand eines Senatsbeschlusses zu machen.
Bitte, das dürfen Sie tun. Aber ich debattiere jetzt nicht.
Bitte, Herr RA Becker.
[2872] RA Be[cker]:
Herr Vorsitzender, ich widerspreche Ihrer Warnung deshalb, weil meines Erachtens nicht in jedem Satz, den Frau Ensslin sagte, entweder das Wort „Ehrhardt“ oder „Mende“ vorkommen kann, und Sie wiederum die Ausführungen von Frau Ensslin in einer Weise zerreißen, die in keinem Falle irgendeinen Sachzusammenhang herstellen. lassen, sondern Sie ganz formal danach betrachten, ob in jedem Satz Ehrhardt oder Mende vorkommt.
Ich habe am Wochenende in einer Zeitung einen Kommentar über einen andern Vorsitzenden eines süddeutschen Gerichtes gelesen, der in einem ähnlichen Verfahren vorsitzt und der wegen seiner Großzügigkeit und auch deswegen, weil er bestimmte Zusammenhänge beläßt, gelobt wird. Es handelte sich dabei nicht um Sie.
BA Dr. Wu[nder]:
Das ist der 35. Verhandlungstag heute.[t]
Vors. (nach geheimer Umfrage):
Der Senat hat beschlossen:
Es bleibt bei der Warnung. Die Angeklagte hat das Thema verfehlt.
Im übrigen:
Ich darf auch sagen, der betreffende Herr Vorsitzende - ich weiß, wen ich meine - hat die Erfahrungen, die wir gemacht haben, noch nicht hinter sich.
Bitte, Frau Ensslin, Sie haben jetzt die Gelegenheit, fortzufahren.
Angekl. Enss[lin]:
Nochmals zu Mende, ehe ich zu einer Zusammenfassung kommen werde.
Wir haben gesagt:
Mendes Krankheitsbegriff und sein Wissenschaftsbegriff und seine Praxis als Psychiater ist durch die staatliche Opportunität, d. h., durch den Zweck determiniert. Seine Funktion in diesem Verfahren läßt sich im Zusammenhang der Senatsentscheidungen zu den Haftbedingungen noch konkreter fassen, denn Prinzing - der Senat - ist in den Beschlüssen an die durch den Staatsschutz als Soll festgelegte Intensität der Haftzwecke gebunden. [2873] So nimmt in dieser Liaison zwischen Staatsschutzsenat, Prinzing, Staatspsychiatern wie Ehrhardt oder Mende und der B. Anwaltschaft das Komplott zur Vernichtung der politischen Gefangenen durch Psychiatrisierung offene Gestalt an. Der Senat läßt durch Prinzing erklären, er kenne die Haftbedingungen, er ordne sie schließlich an, und er rechtfertigt je verschiedenen In... die je verschiedenen Intensitäten der Haftzwecke. Der Staatsschutz, die B. Anwaltschaft legen durch die Verfügung ihrer ... über ihre verschiedenen Appa... Apparaturen und Mittel psychologische Kriegführung, Medienkampagnen, geschlossenes System der Staatsschutzöffentlichkeit, Personalisierung, Projektion, Sicherheitsmystik ...
OStA Ze[is]:
Herr Vorsitzender, die B. Anwaltschaft bittet ums Wort.
Angekl. Enss[lin]:
... die Haftzwecke für die Vernichtung durch Isolation.
Vors.:
Augenblick bitte.
Angekl. Enss[lin]:
Durch Mord, durch Psychiatrisierung ...
Vors.:
Bitte, jetzt.
OStA Ze[is]:
Die Angeklagte Ensslin spricht schon seit mehreren Minuten überhaupt nicht mehr zur Sache. Sie ist verwarnt.
Angekl. Enss[lin]:
Ich spreche zu Ende.[u]
OStA Ze[is]:
Ich bitte, ihr nun endgültig das Wort zu entziehen.
Sie mißbraucht ihr Rederecht zu Verunglimpfungen der B. Anwaltschaft. Vorhin fiel wieder das Wort Vernichtungsinteresse. Die B. Anwaltschaft ist nicht gewillt, von Leuten, von Angeklagten, die schwerster Verbrechen dringend verdächtigt sind, sich verunglimpfen zu lassen.
RA Dr. He[ldmann]:
Ausgerechnet Sie, lieber Herr Zeis.
Vors.:
Ich würde jetzt darum bitten, daß die Prozeßbeteiligten sich in Ruhe verhalten und abwarten, was jetzt geschieht.
Frau Ensslin, Sie sagten vorhin, wenn ich Sie recht verstanden habe, Sie kommen zum Ende, oder hieß das:
„Ich komme zu Mende?“
[2874] Angekl. Enss[lin]:
Ich sagte: Ich komme nochmals zu Mende, bevor ich zu Ende komme.
Vors.:
Ich kann nur bestätigen, daß das - ich hab’s ja schon in der Verwarnung ausgesprochen - was die B. Anwaltschaft im Augenblick beanstandet, sachlich zutrifft. Es ist richtig. Wir wollen Frau Ensslin aber die Chance noch geben im Hinblick darauf, daß es offenbar der Abschluß der Ausführungen nach vier Tagen sein soll, daß sie das noch zu Ende führt.
Allerdings: Frau Ensslin, Frau Ensslin, Sie sollten zuhören. Sie sollten zuhören.
Angekl. Enss[lin]:
Ja wir werden das jetzt ...
Vors.:
Wenn Sie - Augenblick. Ich ...
Angekl. Enss[lin]:
Wir werden das jetzt abbrechen, weil das unerträglich ist, unmöglich ist.
Vors.:
Ich habe Ihnen zur Kenntnis gebracht, daß ...
Angekl. Enss[lin]:
Die Psychiater werden hier ja auftreten.
Vors.:
Ja ... Ich habe Ihnen zur Kenntnis gebracht, daß ich Ihnen das Wort noch belassen hätte im Augenblick, obwohl die B. Anwaltschaft mit ihrem Anliegen sachlich recht hatte.
Angekl. Enss[lin]:
Wir werden das in dem Moment fortsetzen, wo die Psychiater hier auftreten werden, weil Sie natürlich die nicht ablehnen werden.
Vors.:
Gut, Sie haben auf Ihr Wort verzichtet. Damit kann ich jetzt der B. Anwaltschaft, wenn Sie imstande sind, die Gelegenheit geben, sich zu diesen tagelangen Ausführungen zu äußern.
Angekl. Enss[lin]:
Ich würde mir an Ihrer Stelle mal klarmachen ... bedeutet. Sie werden sich besinnen müssen.
Vors.:
Frau Ensslin.
BA Dr. Wu[nder]:
Herr Vorsitzender, wenn Sie uns vielleicht eine Minute hier im Saal Zeit geben, um uns noch kurz abzustimmen. Dann können wir sofort die Erklärung abgeben.
Vors.:
Gerne. Wir warten dann hier im Saal.
[2875] RA v[on] Pl[ottnitz]:
Herr Vorsitzender, darf ich zuvor kurz ums Wort bitten?
Vors.:
Jetzt soll aber das, was die B. Anwaltschaft dann ...
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Herr Vorsitzender, ja nein. Ich würde auch bitten, daß die B. Anwaltschaft diese Zeit dann nicht für ihre Beratung verwendet. Wir sind ja noch in öffentlicher Sitzung.
Vors.:
Nein.
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Der Antrag lautete,
nicht zu unterbrechen, um mir das Wort zu erteilen.
Vors.:
Nein. Jetzt hat die B. Anwaltschaft das Wort.
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Dann beanstande ich diese Maßnahme.[v]
Vors.:
Die Maßnahme ist beanstandet.
(nach geheimer Umfrage):
Der Senat hat beschlossen:
Die B. Anwaltschaft hat das Wort.
OStA Holland verliest den Antrag aus Anlage 2[w] zum Protokoll. Dieser Antrag ist dem Protokoll als Anl. 2 beigefügt.
Bitte schön, Herr RA v[on] Plottnitz.
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Augenblick, ich höre, der Herr Baader möchte dazu zunächst das Wort.
Angekl. Baa[der]:
Zuerst mal ich
Vors.:
Nein. Jetzt haben Sie das Wort.
Entweder, Sie ...
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Ja dann stelle ich meine Wortmeldung zurück zugunsten von Herrn Baader.
Vors.:
Gut. Aber dann bitte ich, die Erwiderung nachher nicht nochmals anzustreben. Sie wollten jetzt erwidern und hatten die Gelegenheit, oder ist das üblich, daß der Mandant - übrigens nicht Ihr Mandant - Ihnen sozusagen schlicht mit ner Handbewegung das Wort entziehen kann?
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Herr Vorsitzender, also dieser Versuch, hier schon wieder Mißtrauen zwischen Gefangenen und Verteidigern zu sähen, geht bestimmt fehl. Der Punkt hier ist, die StPO sieht keine zwingende Regelung vor, wonach die Stel- [2876-2879][18] [2880] lungnahme zu einer derartigen Äußerung der B. Anwaltschaft zunächst mal von einem Verteidiger zu kommen hat und dann von einem Gefangenen. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß das nicht als Verzicht auf eine Erwiderung zu interpretieren ist.
Vors.:
Ich habe Ihnen auf Ihre Frage, ob Sie erwidern können, das Wort zugeteilt. Das Wort haben Sie jetzt, um zu erwidern
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Na gut. Ich meine, man sollte sich nach dem, was man jetzt gehört hat, nochmal in Erinnerung rufen die Passagen der Begründung dieses Ablehnungsgesuches, in denen davon die Rede war - begründeterweise und begründetermaßen die Rede war -, daß etwa ein Sachverst., wie hier der abgelehnte Gutachter Ehrhardt, die Beachtung der Menschenrechte im Verhältnis Arzt/Patient, soweit es um eine Gutachtererstattung geht, für hinderlich gehalten hat, für hinderlich gehalten hat. Die Passagen, bzw. die Zitate, die wir insoweit gehört haben, rechtfertigen ganz gewiß, um das nochmals klipp und klar hier zu sagen, rechtfertigen doch ganz gewiß die Feststellung, daß ein Sachverst., der zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 136a StPO[19] sich so geäußert hat, wie dies der Sachverst. Ehrhardt getan hat, daß der von einem faschistischen Denkansatz ausgeht; denn ein medizinischer Wissenschaftler, der Vernehmungsmethoden, die aus guten Gründen vom Gesetzgeber in die StPO eingeführt worden sind, im Rahmen seines Gutachterauftrages ablehnt, als störend, als hinderlich ablehnt, der geht in der Tat, der zeigt einen Umgang und eine Einstellung zur ... zu persönlichen Freiheitsrechten eines Beschuldigten, eines Angeklagten, wie es sonst nur in faschistischen Herrschaftssystemen üblich ist. Die B. Anwaltschaft hält es dennoch für geboten und richtig, auch sich vor einen derartigen Sachverst. noch schützend zu stellen und verlangt sogar noch aus Gründen der Fairness, wie wir gehört haben, von der [2881] ja von Seiten der B. Anwaltschaft, soweit’s um die Rechte der Gefangenen hier geht, bislang wenig zu hören war, sie verlangt, wie gesagt, aus Gründen der Fairness noch, die Sachverständigen hier schonend mit dem Inhalt der Ablehnungsgesuche zu konfrontieren, um Ihnen auch ...
OStA Ho[lland]:
Davon war nie die Rede gewesen, von schonender Konfrontierung.
RA v[on] Pl[ottnitz]:
Hab ich Sie unterbrochen? Hab ich Sie unterbrochen, Herr Holland?
Sie verlangt, wie gesagt, daß insoweit noch die Sachverst. sich noch Kenntnis verschaffen können vom Inhalt der Ablehnungsgesuche.
Um es nochmals klipp und klar zu sagen, weil die B. Anwaltschaft dazu nichts gesagt hat:
Die Gefangenen in diesem Verfahren haben sich ja bislang nicht im Rahmen dessen geäußert, was man eine Erklärung zur Sache[20] nennt. Aber aus einer Reihe von Erklärungen und Äußerungen der Gefangenen hier in der Hauptverhandlung läßt sich entnehmen, daß die Gefangenen für die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse in diesem Lande im allgemeinen und für die Analyse der konkreten Haftbedingungen, denen sie unterworfen worden sind - der Isolationshaft insbesondere - den Begriff des neuen Faschismus für zutreffend halten, für verwendbar halten.
Das ist die eine Seite.
Die zweite Seite ist, daß man, wie gesagt, mit guten Gründen aufgrund der vielen Zitate, die wir hier von beiden Sachverst. gehört haben, zur Feststellung gelangen kann, daß diese beiden Sachverst. von einem faschistischen Denkansatz zunächst mal ausgehen, ein Denkansatz, der diese Bezeichnung verdient. Daß aus der Sicht dieser Gefangenen bei einer derartigen Konstellation, ganz unbeschadet der Frage, ob es hier geht um Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit oder andere Beurteilung, die Besorgnis erwächst, daß von Seiten dieser Gutachter eine vorgenommene und [2882] parteiliche Gutachtenerstattung vorgenommen wird, das ist ganz logisch. Und wenn uns hier einmal mehr von der Bundesanwaltschaft der vielbeschworene vernünftige, vernünftige Angeklagte entgegengehalten wird, dann kann ich nur sagen, die B. Anwaltschaft versteht offensichtlich unter dem vernünftigen Angeklagten einen ... eine Art Selbstmordkandidat, der in keinem Fall mehr seine eigenen Rechte in einem derartigen Verfahren, wie diesem hier, zu wahren wünscht.
Vors.:
Herr Baader hat sich nun[x] zunächst gemeldet, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Ich weiß nicht ...?
RA Dr. He[ldmann]:
Ich wollte zunächst um das Wort für Herrn Baader bitten und anschließend für mich selbst.
Vors.:
Dann bitte, Herr Baader.
Angekl. Baa[der]:
Naja zu diesem Begriff der verständigen Würdigung - hat er gesagt - naja, daß diesem Begriff zugrundeliegt, ist natürlich die Verständigung, egal, mit welchen Mitteln sie erzwungen wird, mit der B. Anwaltschaft seitens der Gefangenen. Das ist doch wohl der Punkt. Aber Sie haben das ja voll bestätigt, was wir sagen. Die Basis, daß die B. Anwaltschaft jetzt darauf besteht, sozusagen insistiert beantragt, daß diese Sachverständigen, obwohl hier wirklich komplex entwickelt worden ist, was ihre Ablehnung begründet; die Basis, um an diesen Gutachtern festzuhalten, ist natürlich, das ist ja aus den Akten schon deutlich geworden, daß sie Akteneinsicht haben, d. h., daß hier zwar nicht durch ne unmittelbare Untersuchung der Gefangenen irgendwelche Gutachten zustandekommen können, daß aber durch eine ... durch den gesamten reaktionären psychiatrischen Begriffsapparat verzerrte Deutung der Äußerungen der Gefangenen wahrscheinlich im Prozeß bzw. auch in der Korrespondenz propagandistisch ausgeschlachtet werden kann. Das ist der Zweck dieser Maßnahme; denn es wird keinen Arzt geben, der sagt, daß diese Psychiater zu irgendeiner Form [2883] der Begutachtung kommen können, ohne - das sagte also z. B. auch Rasch, und das hat sogar Mende selbst gesagt - daß Voraussetzung einer Begutachtung ein sogenanntes Vertrauensverhältnis sei mit seinem Objekt. Und das ist nun ja offenbar nicht vorhanden.
Was dann bleibt, wie gesagt, sind die Akten oder, wie Witter, man muß schon mal sehen: Witter, das ist der Gutachter, den die B. Anwaltschaft schon mal im Vorverfahren um Ulrike - also § 80a[ StPO][21], Einweisung in eine Heilanstalt, neuro-chirurgischer Eingriff usw., das haben wir hier entwickelt - um das vorzubereiten, dieser Gutachter hat ein Gutachten gestützt auf einen Satz, ein 42 seitiges Gutachten über Ulrike hat er auf einen Satz, nämlich - und auf ein Wort „raus“ hat sie gesagt zu ihm -, daraufhin hat dieser Typ, das muß man sich mal vorstellen, hat der 42 Seiten Gutachten ... Gutachten gemacht, indem er dann also zu dem Schluß kommt, sozusagen aus diesem Wort schließt er auf die überwertige Persönlichkeit, bringt also dann diesen ganzen reaktionären Begriffsapparat rein, die Verzerrung, die Diffamierung und diese üblichen Dummheiten, an denen sich nur wirklich jemand orientieren kann, der ...
Vors.:
Herr Baader, unterlassen Sie
a) Verunglimpfungen und
b) Wiederholungen und
c) kommen Sie zur Sache.
Angekl. Baa[der]:
Aber es ist auch wesentlich, ja, doch. Es ist auch wesentlich. Deswegen ist ja für uns überhaupt die Ablehnung dieser Gutachter auch ... auch wichtig, weil ... weil da, also außer den Akten wird ... wird noch die Kolportage rangezogen von Protokollen bei Besuchen, d. h. die Polizeikolportage, die Kolportage des L. Kriminalamts über die Inhalte der Gespräche mit Verwandten z. B. ... Es dürfen ja nur Verwandte besuchen.
Vors.:
Herr Baader, Sie sind doch jetzt bei Herrn Witter?
[2884] Angekl. Baa[der]:
Ja, das ist aber doch der eigentliche Grund dessen, was die B. Anwaltschaft ...
Vors.:
Nein, nein. Es ist nicht der Grund
Angekl. Baa[der]:
... deswegen ... deswegen beantrage ...
Das ist die ... die B. Anwaltschaft, sagen wir, ich hab grade gesagt, zu ner Begutachtung kann es gar nicht kommen, weil wir uns darauf nicht einlassen. Was also übrigbleibt, was dem Zugriff dieser Psychiater überlassen bleibt, sind die Akten und sind diese Protokolle, ist diese Kolportage der Gespräche bei Besuchen, und darum, das zu verhindern, geht es uns hier, und deswegen trete ich dem genau mit dieser Argumentation entgegen.
Vors.:
Gut. Sonst noch jemand?
Angekl. Baa[der]:
Das ist nochmals zentral die Frage der Qualifikation. Ein qualifiziertes Gutachten ist nicht möglich. Was allein möglich ist, ist die propagandistische durch die Psychiatrie und durch explizit diese beiden reaktionären Psychiater verzerrte propagandistische Ausschlachtung der Akten bzw. der ... der ... der Protokolle, der wirklich ins Absurde verzerrten Protokolle von Bes... von Besuchen bzw. der Hauptverhandlung. Aber wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn diese Gutachter die Möglichkeit haben, sich hier zu äußern, denn dann können wir sie ja auch befragen, nehm ich an.
Es gibt auch noch nen anderen Punkt: Also mal abgesehen von diesem Begriff der Sachkunde würde ich sagen, das ist nun wirklich zwingend belegt, daß sachkundig für die Beurteilung sensori... von Verhandlungsunfähigkeit oder eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit als Folge sensorischer Deprivation, daß Sachkunde bei beiden Gutachtern überhaupt nicht vorliegen kann. Das haben wir hier wirklich nun zwingend belegt, und ich will das nicht wiederholen. Aber ich würde ... ich hebe allerdings noch darauf ab, daß Sie vielleicht, wenn Sie jetzt [2885] an diesen beiden Gutachtern festhalten, was ja sicher ist, daß Sie das mal von diesem Aspekt her begründen, explizit der Sachkunde der Verhandlungsfähigkeit.
Ja.
Ende von Band 161.
[2886] Vors.:
Gut, dann werden wir jetzt eine ... Herr Dr. Heldmann, wollten Sie selbst noch? Sie haben ja für Herrn Baader zunächst das Wort erbeten.
RA Dr. H[eldmann]:
In Anschluß daran für mich selbst dann auch noch.
Vors.:
Für Sie auch, bitte.
RA Dr. H[eldmann]:
Es hat den Anschein, daß das Argument der Bundesanwaltschaft, weitgehend jedenfalls seien die Ablehnungsgründe eigentlich solche gewesen, die die Sachkunde der hier angelehnten Sachverständigen in Zweifel zögen, daß die Argumentation vordergründig etwas für sich hat. Und tatsächlich haben wir zum Teil auch kritisiert die mangelnde Sachkunde, etwa wo ich ausgeführt habe und auch belegt habe, daß das psychiatrische Wissensgut oder das Wissenschaftsbild seiner, seiner Wissenschaft, des Herrn Ehrhardt, aber auch das, des Herrn Mende jedenfalls nicht auf der Höhe der Zeit ist, daß was weiterhin ausgiebig zu belegen wäre. Vordergründig, sagte ich, mag dieses Argument, mangelnde Sachkunde, also keinen Befangenheitsgrund, kein Ablehnungsgrund etwas für sich haben, jedoch meine ich, daß die Bundesanwaltschaft aber eines übersehen hat, nämlich es gibt auch eine generelle Befangenheit und ich habe eingangs schon ausgeführt, daß es für die Angeklagten einen Befangenheitsgrund ist, sogar einen Ablehnungsgrund wegen absoluter Unzumutbarkeit. Wo sich, wie zum Beispiel Herr Mende modifiziert, Verzeihung, wo sich Herr Ehrhardt modifiziert, allerdings auch Herr Mende in einen strikten drastischen Gegensatz stellen in ihrem publizistischen Äußerungen, zu der streng antifaschistischen Haltung, Einstellung, Weltanschauung der Angeklagten, da ist es ... da wird es für den Angeklagten unzumutbar, sich Sachverständigen zu überantworten die, wie etwa Herr Ehrhardt, wiederholt ihre, wo nicht ausgesprochen faschistische, so jedenfalls doch faschistisch freundliche Interpretationen ihres Wissenschaftsbildes und ihrer wissenschaftlichen Methoden so deutlich offengelegt haben, wie ich selbst das für Herrn Ehrhardt an mindestens drei Stellen, die ich wohl nicht zu wiederholen brauche, weil sie im Protokoll aufgezeichnet sein müßten, belegt haben. Das ist das eine. Ich meine insbesondere aber auch, worauf ich Sie [2887] noch einmal hinweisen möchte, auf den Rechtfertigungsversuch, den Herrn Ehrhardt für seine Wissenschaft oder Pseudowissenschaft in dem Vortrag „130 Jahre deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenheilkunde“ Wiesbaden 1972 im Franz Steiner-Verlag von sich gegeben hat. Und insbesondere aber auch auf die für einen Angeklagten, der einem solchen Sachverständigen gegenübergestellt werden soll, geradezu bedrohlichen Äußerungen, die wir zitiert haben, auf Ehrhardts Schrift „Chemische und psychische Aussagebeeinflussung“ und noch einmal weise ich dort insbesondere auf die Seite 23 hin, wo Ehrhardt sich insbesondere mit den, mit der Prozeßsubjekteigenschaft im Falle politischer Straftaten befaßt, was natürlich jeden Angeklagten, und auch den anfänglich unbefangenster, abschrecken muß gegenüber einem solchem Sachverständigen.
2. Wie ich sagte, Sachkunde; zweifellos ist die Argumentation angeklungen. Ich meine aber, hier ist die Verwechselung eingetreten, mit dem, mit einer generellen Befangenheit mit der Besorgnis, mit der generellen Besorgnis der Befangenheit gerade dieser beiden Sachverständigen. So gibt es 2. dann eben aber auch handgreifliche Gründe aus speziellen Gesichtspunkten für die Besorgnis der Befangenheit dieser beiden Sachverständigen, gerade diese beiden Sachverständigen abzulehnen, nämlich da einmal, wo etwa schon aus den Schriften, dann speziell auch aus den Schreiben des Herrn Prof. Ehrhardt in diesem Verfahren, sein besonderer Jagdeifer, sein besonderer Jagdeifer in Erscheinung tritt, nicht nur herauszulesen ist, sondern mit Händen zu greifen ist. Der dann soweit geht, daß er sagt, „nun wie ich künftig diese Angeklagten hinsichtlich ihrer Verhandlungsfähigkeit beurteilen werde, das können Sie sich nach den wenigen Zeilen, die ich hier über dieses Thema an Sie, den Senat gerichtet habe, selber ausmalen“ und auf der nächsten Seite heißt es dann, „und so empfehle ich Ihnen doch diese Frage selber, das heißt ohne mich zu beantworten, denn das ist eine Frage, die eigentlich das Gericht selbst beantworten kann und eigentlich beantworten sollte.“ Genau das, was wir vom ersten Wort unserer Ablehnungsanträge gesagt haben, [2888] die absolute Identifizierung dieser beiden Sachverständigen mit Strafverfolgungsinteressen, generelle, umso auch Herrn Mende, einzubegreifen mit den jeweils speziellen Interessen der Justiz. Ihre absolute Identifizierung und Dienstbarmachung hierfür, qualifiziert, disqualifiziert sie absolut, und das fällt unter den Begriff „Befangenheit“. Wenn man hinzuzieht die Schreiben beider Sachverständigen zum Gutachtenkomplex in diesem Verfahren, beider Sachverständigen, sagte ich: Ein Ablehnungsgrund ist also für einen Sachverständigen, das erwähnte ich eben, ich hebe es nocheinmal hervor, dieser besondere Jagdeifer zugunsten der Strafverfolgungsinteressen etwa, den Herr Ehrhardt klipp und klar ausgedrückt hat oder für Herrn Mende etwa seine, seine Feinderklärung an die Verteidigung in diesem Verfahren, auch das ist für den vernünftig beobachtenden Angeklagten bereits hinreichend, für sich alleine, hinreichender Ablehnungsgrund gegenüber diesen Sachverständigen. Für diese beiden speziellen Ablehnungsgründe verweise ich Sie auf die Kommentierung bei Löwe-Rosenberg zu [§ ]74[ StPO] dort Anmerkung 4 unter b.[22] Und zum 2., Anmerkung 6 am Ende.[23]
RA v[on ]P[lottnitz]:
Ich bitte um das Wort für Herrn Raspe.
Vors.:
Herr Raspe, bitte.
Angekl. R[aspe]:
Ja, ich wollte noch. Ich wollte nochmal an einem Punkt anknüpfen. Andreas hat das hier schon angedeutet und auch schon einige Sachen dazu gesagt im Zusammenhang dieses Begriffs, der bei der[y] Bundesanwaltschaft auftaucht, von Sachkunde. Dazu ist einfach nochmal daran zu erinnern und Prinzing hat das vorhin ja auch schon erwähnt, daß es hier angeblich bei der, bei diesen, bei der Bestellung dieser Psychiater, daß es dabei angeblich nur um die Frage der Verhandlungsfähigkeit bzw. Verhandlungsunfähigkeit gehe. Und ich wollte also in diesem Zusammenhang einfach nochmal daran erinnern, daß Ehrhardt, auch wenn er jetzt ankündigt in diesem Brief, er wolle dazu allgemeine Ausführungen machen, daß Ehrhardt aber in seinen Schriften ziemlich klar und eindeutig belegt hat, daß für ihn die Frage der Verhandlungsfähigkeit oder Unfähigkeit im Zusammenhang der Frage und des Problems, das er hat, der Willensentschließungsfreiheit, daß er einen Zusammenhang konstruiert, der so aussieht, daß eben Verhand- [2889] lungsunfähigkeit über diese Argumentation Ehrhardts identisch wird mit Unzurechnungsfähigkeit. Also da ist natürlich ganz genau die, der Zusammenhang hergestellt zu dem, was wir gesagt haben, was das Projekt der Psychiatrisierung ist, daß der, daß dieser Senat natürlich verfolgt wie die Bundesanwaltschaft seit 3 Jahren - und das ist also auch nochmal sozusagen Replik auf die Behauptung unserer Begründung der Ablehnung dieser Staatspsychiater - hätten sozusagen mit dem, was sie hier eigentlich reinbringt, nämlich zu Gutachten über die Frage der Verhandlungsfähigkeit, die hätten damit nichts zutun. Das ist natürlich abwegig, es ist absurd. Also ich sage auch nur deswegen noch, weil es natürlich mit einiger Sicherheit nach alldem, was bisher also Herr Prinzing darüber erklärt hat, die Linie sein wird, auf der seine Entscheidung liegen wird, nämlich zu sagen, diese ganzen angeführten Gründe seien irrelevant, weil es ging ja nur darum, nämlich nur um ein Gutachten über die Frage der Verhandlungsfähigkeit. Und dazu würde es also auch ausreichen, wenn wir Herrn[z] Ehrhardt und Mende hier vorne an einem dieser Tische sitzen und zugucken. Da bräuchten sie sich also über diese ganzen Fragen, die wirklich den Zusammenhang konstituieren, nicht auszulassen, und er hat auch gesagt, psychologische Gutachtung würde ausreichen, durch den Richter, meinte er sogar. Ich wollte also das wirklich nur nochmal anführen, weil das wahrscheinlich die Linie sein wird, und natürlich auch, und das kann ich, da kann ich nur nochmal wiederholen, was Andreas gesagt hat, und natürlich auch, daß das natürlich so, wie es klar ist, daß der Senat diese Gutachter nicht ablehnen wird. So ist es natürlich auch uns durchaus recht, wenn sie hier auftauchen, denn dann können wir sie tatsächlich mal selber befragen. Und da wird[aa] sich also z. B. in diesem Punkt der Frage der Verhandlungsfähigkeit sehr deutlich[bb], zeigen, daß das, was ich hier eben gesagt hab, nämlich der Zusammenhang, Verhandlungsunfähigkeit gleich Unzurechnungsfähigkeit und dahinter das durchschimmernde Projekt der Psychiatrisierung, daß das also genau bei Ehrhardt ganz klare Sache ist und Mende, naja der hat das[cc] uns sogar also in [2890] den Gesprächen erzählt, das ist der eine Punkt. Dann wollte ich noch einen 2. Punkt machen, weil es wahrscheinlich, weil es also unserer Erfahrung nach, so ist das mal, also hier an diesen Stellen öffentlich durchsetzen muß, wenn es überhaupt möglich ist. Ich möchte nämlich hier in diesem Punkt den Antrag stellen, daß wir heute ...
Vors.:
Herr Raspe, Sie haben ...
Angekl. R[aspe]:
Moment, lassen Sie mich ...
Vors.:
... jetzt keine Möglichkeit einen Antrag zu stellen.
Angekl. R[aspe]:
... Lassen Sie mich jetzt bitte den Antrag kurz stellen. Es sind zwei Sätze.
Vors.:
Sagen Sie, um was für einen Antrag es geht.
Angekl. R[aspe]:
Es sind zwei Sätze. Die Tatsache ist, daß Sie ...
Vors.:
Sagen Sie, welchen Antrag Sie zu stellen beabsichtigen?
RA v[on ]P[lottnitz]:
Das will er ja gerade machen.[dd]
Angekl. R[aspe]:
Es geht darum, daß hier heute mittag der Umschluß über die gesamte Zeit gewährleistet wird.
Vors.:
Ja, kann jetzt nicht gestellt werden. Wir können darüber nachher sprechen.
Angekl. R[aspe]:
Aber die Tatsache ist, daß Sie, daß Sie es eben nicht zulassen, weil Sie dann wieder rausgehen. Sie behaupten, wir sollen außerhalb der Hauptverhandlung stellen ...
Vors.:
Herr Raspe, dieser ...
Angekl. R[aspe]:
... dann wird darüber nicht oder wird immer dagegen entschieden.
Vors.:
... nein, nein. Dieser ...
Angekl. R[aspe]:
Das ist der Punkt.
Vors.:
... Antrag kann gestellt werden, er hat mit der Hauptverhandlung nichts zu tun, der kann außerhalb der Hauptverhandlung gestellt werden.[24]
Angekl. R[aspe]:
Dann lehnen Sie ihn ab, das ist die Erfahrung.
Vors.:
Gut, haben Sie jetzt zur Erwiderung auf die Ausführung der Bundesanwaltschaft ...
Angekl. R[aspe]:
Ja, wenn ...
Vors.:
... noch was auszuführen?
Angekl. R[aspe]:
Ja, dann lassen Sie mich vielleicht diese zwei Sätze noch formulieren. Sie können noch ausreichend ...
Vors.:
Nein, wenn es sich um Umschlußfragen geht, dann hat es damit nichts[ee] zu tun, was im Augenblick zur Debatte steht. Wollen Sie [2891] noch zur ...
Angekl. R[aspe]:
Ich höre ja zu, nur sagen ...
RA v[on ]P[lottnitz]:
Herr Vorsitzender, ist der Antrag zur Kenntnis genommen worden, wird darüber entschieden.
Vors.:
Wollen Sie etwas ... Nein, er ist nicht zur Kenntnis genommen worden, weil hier kein ...
Angekl. R[aspe]:
Es ist ...
Vors.:
... Antrag gestellt wird. Der Antrag kann gestellt werden, habe ich gesagt, sobald wir hier mit dieser Sache zu Ende sind[25] und zwar nicht in der Hauptverhandlung ...
Angekl. R[aspe]:
Ja, Sie lehnen sogar ab, daß überhaupt noch in der[ff] Hauptverhandlung ein[gg] Antrag vorgetragen und begründet wird.
Vors.:
... wir werden dann sowieso eine Pause einlegen.
Gut, also Herr Raspe, Sie haben nichts weiteres mehr zu erwidern. Ich ... Die Bundesanwaltschaft ...
Herr Rechtsanwalt Becker, bitte.
RA B[ecker]:
Ich möchte gerne noch kurz zu einem Punkt Stellung nehmen.
Die Bundesanwaltschaft hat in ihrem, in ihrer Stellungnahme gesagt, also sie finde es nicht richtig, daß Rechtsanwalt Schily den Psychiatern vorgeworfen habe, insbesondere Herrn Ehrhardt, daß er in einer BKA-Zeitschrift hier veröffentlicht habe. Es gibt Rechtsprechungen, die auch der Senat wahrscheinlich anwenden würde oder auch angewendet hat, die besagt, daß ein Gutachter abgelehnt werden kann, wenn er beruflich für die Interessen der Beschuldigten tätig ist.[26] Ich glaube, daß man natürlich umgekehrt diesen Grundsatz auch anwenden muß. Das Problem, was dabei besteht, ist nur, daß es nicht, ich meine diese BKA-Veröffentlichung ist wirklich nur ein ganz kleines Symptom dafür, denn was eigentlich hier die Schwierigkeit ist und deswegen auch diese Auseinanderdividierung zwischen Voreingenommenheit und Sachkunde hier nicht richtig ist, das Problem ist, die Struktur der von diesen beiden Psychiatern betriebenen Wissenschaft ist in sich ausschließlich und zwar also durch ihre Ausübung ihres Berufes auf die Interessen der Ermittlungsbehörden ausgerichtet und kann sie auch nur sein. Das heißt, es geht nicht darum, ob die nun Geld vom BKA oder sonst was kriegen, sondern von der Struktur ihrer Wissenschaft und [2892] deswegen ist auch solange Ausführungen gemacht worden zu der Struktur dieser Wissenschaft, weil diese beiden Herren sie so stark repräsentieren. Diese Struktur ist beruflich ausschließlich an diese Herrschaft gebunden und auch aus diesem Grunde ist, wie gesagt, diese Rechtsprechung im Umkehrschluß, daß derjenige, der beruflich für die Interessen des Beschuldigten tätig ist, ablehnbar ist, hier anzuwenden, daß derjenige[hh], der beruflich für die Interessen der Ermittlungsbehörden tätig ist, hier abzulehnen ist.
Vors.:
Herr Dr. Heldmann.
RA Dr. H[eldmann]:
... kurz zur Ergänzung. Ich beantrage ...
OStA Z[eis]:
Herr Vorsitzender, ich widerspreche einer Worterteilung an Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Er hat die Möglichkeit der Erwiderung auf unsere Stellungnahme, nicht aber nochmal eine Ergänzung abzugeben. So soll hier wieder die Zeit kaputtgemacht werden.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt ...
RA Dr. H[eldmann]:
Welcher Strafprozeßordnung bedient sich der Herr?
Vors.:
Es ist korrekt an sich. Die Strafpro...
RA Dr. H[eldmann]:
So?
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann ...
RA Dr. H[eldmann]:
Darf ich um eine Rechtsaufklärung bitten.
Vors.:
... nun wollen wir mal auf dem Boden der Prozeßordnung bleiben, spasseshalber, wie Sie ja gelegentlich zu sagen pflegen.
RA Dr. H[eldmann]:
Da habe ich gesagt, bei rechtsstaatlichen Maßstäben.
Vors.:
Es ist so, daß Sie, daß Sie das Recht haben, zu erwidern. Sie haben selbstverständlich nicht das Recht immer wieder Ergänzungen nachzuschieben. Und außerdem hatten Sie bisher immer beansprucht ...
RA Dr. H[eldmann]:
... sehr ...
Vors.:
... auf Erwiderungen der Bundesanwaltschaft, die nun die erste Erwiderung darstellen, Ihrerseits nun zum zweiten Mal erwidern zu können. Alles das ist Ihnen gestattet worden, um Ihnen einen möglichst breiten Raum zur Darstellung zu lassen. Aber weil Sie sich auf die Prozeßordnung berufen, sage ich Ihnen, Sie haben jetzt keine Möglichkeit mehr nach der Prozeßordnung und deswegen bleibt es dabei, daß die Bundesanwaltschaft das Wort hat, bitte.
[2893] RA Dr. H[eldmann]:
Wo steht das in der Prozeßordnung, bitte?
Vors.:
Bringen Sie das Gegenteil.
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender ...
RA v[on ]P[lottnitz]:
Wo steht denn dies in der Prozeßordnung?
BA Dr. W[under]:
Herr Vorsitzender ...
Vors.:
Bitte die Bundesanwaltschaft ...
RA R[iedel]:
Herr Vorsitzender, ich widerspreche Ihrer Worterteilung.
Vors.:
... examinieren wollen.
BA Dr. W[under]:
In der Sache selbst ... (Mehrere Rechtsanwälte sprechen unverständlich durcheinander)
BA Dr. W[under]:
In der Sache selbst ist an sich alles gesagt ...
RA v[on ]P[lottnitz]:
Herr Vorsitzender (Stimmengewirr) ... Äuß...
BA Dr. W[under]:
... nur noch ein Wort ...
Vors.:
Darf ich Sie um folgendes bitten. Jetzt hat die Bundesanwaltschaft das Wort bekommen und sie behält es. Und ich bitte das zu respektieren, (einige Verteidiger reden unverständlich durcheinander) ... bevor Sie mit Ihrer Wortmeldung kamen.
RA v[on ]P[lottnitz]:
... eindeutig vor der Bundesanwaltschaft das Recht zu sprechen.
RA R[iedel]:
Die Mandantin wollte noch einmal vor ab ...
Vors.:
Entweder sind Sie jetzt still und ruhig und hören zu, was die Bundesanwaltschaft zu sagen hat, oder aber es ist Schluß.
RA R[iedel]:
... ich widerspreche ihrer Worterteilung ...
Vors.:
Nein, Sie bekommen nicht das Wort, es hat die Bundesanwaltschaft ...
RA R[iedel]:
Ich widerspreche ...
Vors.:
... vorher bekommen.
RA R[iedel]:
Ich widerspreche Ihrer ...
Vors.:
Sie haben auch ...
RA Dr. H[eldmann]:
Herr Vorsitzender, dann wenigstens folgendes.
Vors. (nach geheimer Umfrage):
Der Senat hat beschlossen
Sie haben jetzt nicht das Wort, Frau Meinhof.
Die Bundesanwaltschaft hat zunächst das Wort.
Sie können im Anschluß daran noch, weil Sie bisher noch nicht zu Wort gekommen sind, sich äußern.
Die Bundesanwaltschaft hat damit das Wort.
[2894] BA Dr. W[under]:
In der Sache selbst ist, wie ich bereits gesagt habe, alles erklärt. Nur ein Wort noch zu einer Entgegnung, zu einer Erklärung von Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz. Wer, wie Herr Baader es zutun vorgibt, die Gesellschaft verändern will, der sollte in seinem Leben zumindest einmal und Sie wissen, was ich damit sagen will, eine deutsche Fabrik von innen gesehen haben, dann würde er nämlich einsehen, daß auf ihn als Befreier der arbeitenden Bevölkerung in unserem Land niemand wartet. Und noch etwas ...
Angekl. B[aader]:
(schreit ins abgeschaltene Mikrophon) Was hat das mit den Psychiatern zutun. Gehört das zur Sache?
BA Dr. W[under]:
Es befremdet sehr ... Es befremdet sehr, wie leichtfertig hier in diesem Saal ... (RA Dr. Heldmann redet unverständlich dazwischen) ... mit dem Begriff „faschistisch“ umgegangen wird und zwar immer nur dann, wenn Ihnen etwas ungelegen kommt.
Angekl. B[aader]:
Ja, dann muß ich Ihnen mal sagen, Wunder, ich war in der Fabrik ...
Vors.:
Wir haben also jetzt ... Wir haben jetzt wieder den Chor
a) der Verteidiger und b) der Gefangenen, so geht es nicht.
Ich habe jetzt ... (Angekl. Baader schreit unverständlich dazwischen) Ich habe ... Nein, jetzt hat nur noch das Wort, Frau Meinhof.
Angekl. B[aader]:
Moment mal ... direkt angesprochen worden.
(RA Dr. Heldmann spricht unverständlich ins abgeschaltene Mikrophon)
Vors.:
Wenn ... Das macht nichts aus.
RA Dr. H[eldmann]:
(Anfang unverständlich) ... zu machen habe, sondern ich habe zu sagen zur Glaubhaftmachung[27], was ich nämlich unterlassen habe, zur Glaubhaftmachung beziehe ich mich auf die zitierten Literaturstellen und ferner auf die Schreiben vom 21.7. des Prof. Ehrhardt an den Senat, vom 21.8. des Prof. Ehrhardt an den Senat und vom 22.8. des Prof. Mende an den Senat ...
Vors.:
Ich kann Sie beruhigen ...
RA Dr. H[eldmann]:
Das war meine Ergänzung, Sie hätten es ...
Vors.:
Ich kann Sie beruhigen, Herr Rechtsanwalt ...
RA Dr. H[eldmann]:
... längst haben können.
Vors.:
Ich kann Sie beruhigen, es ist nicht nur das, was sie zum Schluß [2895] zusammenfassend gesagt haben, weitgehend eine Wiederholung gewesen, sondern das, was Sie jetzt zur Glaubhaftmachung angeben, haben Sie ja auch schon früher mit Seitenzahlen aus dem Arztordner angegeben. Das war bereits also gesagt. Aber wir nehmen es zur Kenntnis, selbstverständlich wenn Sie befürchteten ...
RA Dr. He[ldmann]:
Ich bitte Sie, Fotokopien dieser drei zitierten Schreiben dem Ablehnungsantrag zu Protokoll beizuführen, ja?
Vors.:
Ja das ...
RA Dr. H[eldmann]:
Stelle ich als Antrag.
Vors.:
Das war auch schon erbeten worden.
Frau Meinhof. Frau Meinhof, Sie haben das Wort jetzt, wollen Sie es ergreifen?
Angekl. R[aspe]:
Der (Herr Baader) ist direkt angesprochen, dann müssen Sie ihm jetzt das Wort geben.
Vors.:
Frau Meinhof, Sie haben das Wort jetzt, wollen Sie anfangen?
Angekl. M[einhof]:
Nein, erst wird Andreas noch was sagen. Wunder hat ihn direkt angesprochen ...
Vors.:
Nein. Sie haben das Wort nicht genützt, das Ihnen gegeben ...
Angekl. M[einhof]:
... das heißt, Wunder hat hier mit in seiner Demagogie versucht, wieder das ganze Thema zu verzerren und auf seine propaga..., auf seine propagandistische Tour zu fahren.
Vors.:
Frau Meinhof, ist das jetzt ein ...
Angekl. M[einhof]:
Das muß natürlich auch gesagt werden.
Vors.:
... Ist es jetzt noch Erwiderung oder wollen Sie für Herrn Baader das Wort erkämpfen?
Angekl. M[einhof]:
Ich will ... 1. wird Andreas noch was darauf erwidern, und 2. will ich nochmal Erwiderung machen zu dem was die Bundesanwaltschaft hier zur Psychiatrie gesagt hat. Und ...
Vors.:
Nein, es wird Herr Baader das Wort nicht mehr haben. Sie haben jetzt die letzte Gelegenheit. Wollen Sie es ergreifen?
Wollen Sie jetzt noch was sagen, Frau Meinhof?
(Angekl. Meinhof und Angekl. Baader sprechen leise zusammen)
Angekl. M[einhof]:
Also, Sie wollen Andreas das Wort nicht geben oder was? Das heißt, Sie lassen das einfach offen, daß die Bundesanwaltschaft hier nochmal ihre ganze Propaganda abzieht die überhaupt nichts ... zutun hat ...
Vors.:
Ich habe Ihnen gesagt, Sie haben jetzt das Wort. Wollen Sie sich äußern?
[2896] Angekl. M[einhof]:
Und einen den auf ... Und eine wirklich einfach den Frechheiten die dazugehört, das ist, daß die Bundesanwaltschaft ...
Vors.:
Gut, das Wort ist damit entzogen ...
Angekl. M[einhof]:
Ich rede jetzt mal aus ...
Vors.:
... weil Sie dazu hin noch beleidigend werden. Der Senat wird jetzt eine Pause bis 11.15 Uhr einlegen. Diese Pause dient der Überlegung, wie wir fortfahren, nämlich ob eine Entscheidung getroffen wird und dann erst im Laufe des nachmittags fortgesetzt wird oder ob wir in der Sache fortfahren und später erst entscheiden. Bis 11.15 Uhr Pause.
Angekl. R[aspe]:
Ich beantrage Umschluß, sofort.
- Pause von 10.54 Uhr - 11.17 Uhr
Ende Band 162
[2897] Fortsetzung um 11.17 Uhr.
Die Bundesanwaltschaft ist in nunmehr[jj] folgender Besetzung anwesend:
BA Dr. Wunder, OStA Zeis, Reg. Dir. Widera.
Vors.:
Es sind nur noch einige technische Dinge zu klären, bevor dann der weitere Fortgang bekannt gegeben wird. Zunächst wird bestätigt, der Antrag ist eingegangen, der Umschlußantrag. Ich würde nachher bitten, Herr Rechtsanwalt Riedel, Sie haben ja wohl den Antrag gestellt, wir können nachher darüber sprechen. Ich würde, Herr Bubeck, wenn Sie nachher mitkämen geschwind zu dieser ganz kurzen Besprechung, anschließend an die Sitzung jetzt. Dann, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie haben kürzlich noch diese Abhandlung „Aufweichtendenzen“ aus der Zeitschrift für den medizinischen Sachverständigen, aus der zitiert und gesagt, Sie hätten die Zeitschrift[kk] hier, können wir die, den Aufsatz bekommen.
RA Dr. H[eldmann]:
... als Fotokopie genauso, wie ich ihn habe, in Ihrer Ärzteakte, wissen Sie das.
Vors.:
Bitte?
Just. Sekr. J[anetzko]:
Bitte Ihr Mikrophon, Herr Rechtsanwalt.
RA Dr. H[eldmann]:
Ah ja. Den haben Sie selbst in Ihrer Ärzteakte. Das ist Herr Mendes Aufsatz, aus der Zeitschrift für medizinische ...
Vors.:
Ach, das ist das, was er übergeben hat. Jetzt verstehe ich.
RA Dr. H[eldmann]:
... Sachverständige. Und es befindet sich bereits ...
Vors.:
Gut, fabelhaft.
RA Dr. H[eldmann]:
... in Ihrer Akte, der Titel heißt: „Aufweichtendenzen der Neurosen ...
Vors.:
Ja, gut das waren ja Dinge, die den Angeklagten übergeben wurden an sich, nicht dem Gericht. Sind zwar drinnen, bloß damit das Gericht weiß, was die Angeklagten bekommen haben, aber die waren also nicht für uns als Unterlagen gemünzt, zunächst.
RA Dr. H[eldmann]:
Aber Sie haben es.
Vors.:
Aber wir haben es. Gut, tadellos, dann werden wir heute die Sitzung um 15.30 Uhr fortsetzen. Ein gewisser Vorbehalt ist zu machen. Wir haben natürlich einiges zu beraten. Es könnte sein, daß sich die Zeit nicht ganz prompt einhalten läßt. Bitte aber, 15.30 Uhr ist die Fortsetzung vorgesehen. Bis dahin unterbrechen wir die Verhandlung.
[2898] Pause von 11.19 Uhr - 16.05 Uhr
Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung waren RA Schlaegel und RA Linke nicht mehr[ll] anwesend.
Besetzung der Bundesanwaltschaft wie umseitig.
Vors.:
So, ich denke, wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Rechtsanwalt Schily ist nicht anwesend, durch Sie ja vertreten. Ich dachte er wollte heute mittag kommen? Die Herren Rechtsanwälte Schlaegel und Linke haben sich für heute nachmittag entschuldigt. Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt:
Die Ablehnung der Sachverständigen Professor Dr. Ehrhardt und Dr. Mende werden als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Angeklagten haben selbst großen Wert auf die Beiziehung von psychiatrischen Sachverständigen, wenn auch nicht auf die [mm] Professoren Ehrhardt und Mende, gelegt. Die Ablehnung dieser beiden Sachverständigen ist vernünftigerweise nicht schon deshalb begründet, weil sie nicht die von den Angeklagten für richtig gehaltene Auffassung von der Medizin als Wissenschaft haben. Immerhin handelt es sich um anerkannte Vertreter ihres Fachs, die auch von der Verteidigung der herrschenden Lehre zugerechnet werden; sie wurden vom Senat beigezogen, weil sie von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenheilkunde e.V.[nn] mit an erster Stelle vorgeschlagen wurden. Auf die Vorschlagsliste haben Senat und Bundesanwaltschaft keinen Einfluß genommen.
Auch ihre Äußerungen[oo] die aus früheren Publikationen vor dem Gutachterauftrag, ohne jeden Bezug zu diesem Verfahren, zitiert wurden, geben für die behauptete Befürchtung einer Voreingenommenheit gegenüber den Angeklagten keinen Anhalt, wenn man diese Äußerungen im richtigen Zusammenhang, ohne die von den Angeklagten gezogenen, bei vernünftiger Betrachtung nicht haltbaren Schlußfolgerungen und Verknüpfungen sieht. Insbesondere läßt auch die kritische Erörterung komplexer Fragen im medizinisch-juristischen Grenzbereich aus der Warte eines Mediziners nicht befürchten, daß er als Sachverständiger unter der Anleitung des Gerichts seine Begutachtung unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt treffen werde. Das gilt etwa, um nur zwei Beispiele zu erwähnen, für die Erörterung des § 136a StPO in dem Vortrag des Professor[pp] Ehrhardt vom 8. Oktober 54 vor der Juristischen Studiengesellschaft in Karlsruhe ebenso wie für [qq] Betrachtungen von [2899] Professor Mende über die Behandlung von Neurosen bei einem Vortrag auf der Gütersloher Fortbildungswoche im Oktober 59. Daraus läßt sich nicht herleiten, die Sachverständigen seien willens, sich über verbindliche Normen des geltenden Rechts hinwegzusetzen. Darüberhinaus sorgt für die Einhaltung rechtlicher Normen die Leitung des Sachverständigen durch das Gericht. § 78 StPO lautet:
„Der Richter hat, soweit ihm[rr] dies erforderlich erscheint, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten.“
Die Ablehnung der Sachverständigen könnte nur darauf gestützt werden, daß sie gegenüber der Person der Angeklagten, wenn auch aus deren Sicht, Voreingenommenheit befürchten lassen, nicht aber darauf, daß sie eine bestimmte wissenschaftliche Auffassung vertreten (vgl. OLG Hamm, Neue Juristische Wochenschrift 1966, 1880). Jeder Sachverständige hat bestimmte Erkenntnisse, die nicht notwendigerweise mit denen aller Vertreter seines Fachs übereinstimmen. Ein Gericht ist nicht dazu berufen, im Rahmen eines Ablehnungsverfahrens einen wissenschaftlichen Schulenstreit innerhalb der Psychiatrie auszutragen und eine Richtung für die maßgebende, die andere - hier handelt es sich um die herrschende - für die falsche zu erklären. Das gilt umsomehr, als der Senat, eben um auch den Anschein von Einseitigkeit zu vermeiden, allein auf psychiatrischem Gebiet insgesamt drei unzweifelhaft anerkannte Sachverständige berufen hat. An der Sachkunde aller drei Sachverständigen hat der Senat bislang keinen Zweifel. Daher bedarf es keiner weiteren Erörterung darüber, daß die Behauptung mangelnder Sachkunde ein Ablehnungsgesuch nicht begründen kann (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, 22. Aufl., § 74 Anm. 5 e).
II. Die Angeklagten stützen ihre Ablehnung ferner auf die Schreiben der Sachverständigen vom 21.7. und 21.8. (Prof. Ehrhardt) sowie vom 22.8.1975 (Prof. Mende) - Bl. 24, 59 und 63 des Ordners betreffend ärztlicher Untersuchung der Angeklagten -.
a) Im Schreiben vom 21.7.1975 findet sich nichts, was die Ablehnung begründen könnte. Es ist weder ersichtlich noch dargetan, inwiefern die „erheblichen Bedenken“, die der Sachverständige Prof. Dr. Ehrhardt gegen die Übernahme des Gutachterauftrags offenbar gehegt hatte, den Angeklagten nachteilig werden könnten.
[2900] b) Im Schreiben vom 21.8.1975 legt Prof. Ehrhardt folgendes dar:
„Was die Beschlüsse und Verfügungen zu den Haftbedingungen betrifft, so kann ihnen auch der psychiatrische Sachverständige nichts entnehmen, was von besonders negativem Einfluß auf die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten sein könnte. Selbstverständlich bewegen sich diese Beschlüsse und Verfügungen im Rahmen der StPO und der Vollzugsordnung, was allein der richterlichen Beurteilung unterliegt. Die diesbezüglich in der Bundesrepublik gültigen Vorschriften entsprechen auch den Mindestgrundsätzen der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen,[29] werden also international nicht nur als gerechtfertigt, sondern auch als „tragbar“ betrachtet. Haftbedingungen, die sich in diesem Rahmen bewegen, werden demnach generell als nicht geeignet angesehen, die Verhandlungsfähigkeit eines Häftlings zu beeinträchtigen.“
Der Sachverständige will damit offenbar dartun, daß richterliche Maßnahmen, die den Standard des internationalen und nationalen Rechts wahren, generell auch aus medizinischer Sicht nicht als geeignet angesehen werden, die Verhandlungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Damit schließt er nicht aus, daß im Einzelfall, selbst bei rechtmäßigem Haftvollzug, individuelle Untersuchungen ein anderes Ergebnis zeitigen könnten. Ein „Rechtsgutachten“ liegt in diesen Ausführungen nicht.
Weiter wird beanstandet, daß Prof. Ehrhardt folgendes geschrieben hat:
„Die Verhandlungsprotokolle, soweit ich sie bisher lesen konnte, sind natürlich psychologisch und zeitgeschichtlich interessant, streckenweise deprimierend. Diesen Protokollen wird sich kaum etwas entnehmen lassen, was für eine nennenswerte Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten spricht. Es finden sich aber z.T. abenteuerliche Ausführungen etwa über „partielle Verhandlungsfähigkeit“, über den „Arzt des Vertrauens“ oder über die „sensorische Deprivation“. Von der Verfahrenstaktik abgesehen werden dabei auch grundsätzliche Mißverständnisse deutlich.“
Insoweit handelt es sich um eine durchaus zulässige vorläufige Meinungsbildung aus der Verwertung von Prozeßmaterial, das dem Sachverständigen vom Gericht zur Verfügung gestellt worden war. Wenn der Sachverständige die Verhandlungsprotokolle „streckenweise deprimierend“ findet, so ist das eine beiläufige Randbemerkung, aus der die Angeklagten vernünftigerweise nichts gegen sich herleiten können.
Überlegungen, inwieweit Äußerungen von Verfahrensbeteiligten [2901] taktisch, motiviert sein könnten, sind schon deshalb unbedenklich, weil unter anderem davon abhängt, ob solche Äußerungen im Rahmen des Gutachterauftrags medizinischer Betrachtung bedürfen.
Schließlich soll sich die Befangenheit des Sachverständigen auch aus folgenden Äußerungen ergeben:
„Falls keiner der als Gutachter benannten Psychiater eine ihm ausreichend erscheinende persönliche Untersuchung durchführen kann, wäre für das Gericht eventuell eine grundsätzlich Stellungnahme zur Frage der Verhandlungsfähigkeit im Strafprozeß unter Berücksichtigung der in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen nützlich. Da dieses Thema im juristischen wie im psychiatrischen Schrifttum eine bisher nur minimale Rolle spielt, könnten einige der oben angedeuteten Mißverständnisse klargestellt werden, auch ohne direkten Bezug auf die Verhandlungsfähigkeit dieser Angeklagten. Ohne einen erheblichen und verifizierbaren pathologischen Befund rückt die Frage nach der Verhandlungsfähigkeit in den Bereich der Normalpsychologie und ist als solche primär vom Gericht zu beantworten, wie das ja auch sonst bei der Beurteilung von „Fähigkeiten“ in anderen Rechtsbereichen - etwa Schuldfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit - in[ss] foro die Regel ist.“
Damit zeigt der Sachverständige lediglich die Möglichkeiten und Grenzen seiner gutachterlichen Tätigkeit für das Gericht für den Fall auf, daß die Angeklagten nicht ausreichend untersucht werden könnten.
c) Prof. Mende schreibt am 22.8.1975
„Nachdem ich an dem gestrigen Sitzungstag als stiller Zuhörer teilgenommen habe, bin ich doch recht bedrückt über den schlechten Verhandlungsstil, der von den Wahlverteidigern[30] praktiziert wird. Die Angeklagten selbst kamen ja[tt] gestern kaum zu Wort“.
Damit wird ersichtlich nicht behauptet, das Verhalten der Verteidiger sei ursächlich dafür, daß die Angeklagten kaum zu Wort gekommen sind. Im übrigen richten sich diese Ausführungen, die für die gutachterliche Aufgabe bedeutungslos sind, nicht gegen die Angeklagten.
III. Insgesamt geben die geltend gemachten Gründe weder einzeln noch in der Gesamtschau bei verständiger Betrachtung - auch aus der Sicht der Angeklagten - Anlaß, an der Unvoreingenommenheit der beiden Sachverständigen zu zweifeln. Der gegen die Sachverständigen erhobene Vorwurf, eine faschistische Tradition fortzusetzen und sich kritiklos den Belangen der Strafver- [2902] folgung zu unterwerfen, ist unbegründet.
Es ist nicht mehr vorgesehen, daß wir heute die Verhandlung fortsetzen. Es wird sich allerdings jetzt noch die Frage stellen, das heißt, ich möchte den Hinweis geben, daß das Gericht davon ausgeht, daß die Angeklagten die neuerliche Gelegenheit, die ihnen geboten werden soll, sich zur Sache zu äußern, morgen auch ergreifen. Ist diese Vermutung des Gerichtes richtig? Zunächst ist[uu] die Frage an die Herren Verteidiger gerichtet. Nun, das muß ja wohl voraussehbar sein, ob morgen noch Anträge gestellt werden oder nicht.
RA v[on ]P[lottnitz]:
Herr Raspe hat gerade darauf hingewiesen, daß im Prinzip auch die Gefangenen davon ausgehen, daß diese, daß das geschehen wird, was der Vorsitzende gerade gesagt hat, daß aber aufgrund dieses Beschlusses und seiner Begründung, die gerade verlesen worden ist, andere Anträge noch in Betracht kommen,
so daß dazu jetzt nichts gesagt werden kann.
Vors.:
Also wenn, dann scheint es sich im Rahmen von Gegenvorstellungen[31] eventuell nach ihren ...
RA v[on ]P[lottnitz]:
Es kommen eine Reihe von Anträgen dazu in Betracht, es kommen nicht nur Gegenvorstellungen in Betracht.
Vors.:
Haben wir mit weiteren Anträgen, die also anders geartet sind, noch zu rechnen, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.
RA Dr. H[eldmann]:
Frage bitte, liegt Ihr Beschluß schriftlich vor, daß, wir eine Kopie bekommen könnten?
Vors.:
Schriftlich ja, aber handschriftlich.
RA Dr. H[eldmann]:
Handschriftlich ...
Vors.:
Also, der kann in dieser Form nun als Gerichtsbeschluß natürlich nicht bekannt gegeben werden, das heißt, nicht verbreitet werden. Er wird dann im Protokoll erscheinen.
RA v[on ]P[lottnitz]:
Könnten wir nicht ausnahmsweise vorab eine Ausfertigung dieses Beschlusses bekommen.
Vors.:
Ja, das läßt sich nicht gut machen, nicht wahr. Es ist eine handschriftliche, ein handschriftliches Konzept, das verlesen worden ist, das ist auf Band vorhanden. Sie könnten natürlich, wenn Sie irgendwelche Passagen zur Formulierung dessen, was Sie morgen Vorhaben, benötigen, sich des Bandes bedienen. Da ist die Geschäftsstelle jederzeit dazu bereit und morgen früh auch zugänglich.
[2903] RA v[on ]P[lottnitz]:
Eine Möglichkeit, daß das getippt wird, allein dieser Beschluß vom Tonbandprotokoll besteht die?
Vors.:
Wir könnten natürlich versuchen, daß wir morgen früh das vorziehen.
RA v[on ]P[lottnitz]:
Das wäre wünschenswert.
Vors.:
... aber ich weiß nicht, inwieweit das gelingt, daß das bis 9.00 Uhr schon fertig ist. Es ist doch ein größerer Beschluß und wenn die Zitate mit aufgeführt werden, das wird unumgänglich sein, die wir hier aufgenommen haben, dann ist es schon umfangreich. Schön, wir werden uns bemühen darum, daß Ihnen das morgen früh zur Verfügung gestellt werden kann. Eine Gewähr habe ich nicht. Die Sitzung muß dann aber trotzdem fortlaufen. Es ist also nicht so, daß daran zu denken wäre, daß wir dann morgen warten könnten. Also, wenn es auf einzelne Passagen ankommt, stehen wir mit dem Band zur Verfügung. Notfalls kann ich auch aus dem Konzept, wenn ein einzelner Satz etwa besonders interessant ist für Sie, mitteilen, was ich verlesen habe. Damit setzen wird dann die Sitzung morgen früh um 9.00 Uhr fort. Herr Rechtsanwalt Becker.
RA B[ecker]:
Eine Frage, wenn ich die Protokolle durchsehe, dann ist es ja immer dann, wenn die Verteidigung hier handschriftliche Anträge gestellt hat, üblich gewesen, daß die dem Gericht gleich übergeben worden sind und fotokopiert worden sind. Da Sie das heute hier abgelesen haben und offensichtlich also wahrscheinlich auch keine Notizen außerhalb dessen, was Sie vorgelesen haben, auf diesen Zetteln haben, würde ich Sie doch bitten, dann diese Ablichtung für uns vorzunehmen. Das scheint mir das ökonomischste Verfahren zu sein.
Vors.:
Das ist der Unterschied zwischen einem Antrag und einem Gerichtsbeschluß. Der Gerichtsbeschluß kann natürlich in seiner endgültigen Form, das heißt, wenn er abgeschrieben ist, verbreitet werden, aber nicht in dieser handschriftlichen Schmierweise ...
RA B[ecker]:
Gibt es dafür eine rechtliche Grundlage oder woraus schöpfen Sie das?
- OStA Zeis verläßt um 16.22 Uhr den Sitzungssaal. -[ww]
Vors.:
Ein Beschluß wird doch nicht einer Entwurfform, wie ich sie mir hier zurechtgelegt habe, zur Begründung verbreitet, es ist undenkbar. Also das müssen Sie schon hinnehmen.
RA v[on ]P[lottnitz]:
... Verfügung gestellt werden, Verfahrensbeteiligten [2904] als Arbeitsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden.
Vors.:
Ich werde versuchen, daß Sie morgen früh das möglichst weitgehend schriftlich vorliegen haben, aber die handschriftlichen Schmierzettel, die ich hier gemacht habe zur Begründung, die kann ich Ihnen nicht verteilen, ich tu’s auch nicht. Wir setzen die Sitzung morgen früh um 9.00 Uhr fort.
Ende der Sitzung 16.23 Uhr.
Ende des Bandes 163
[1] Die amtliche Bestellung allgemeiner Vertreter/innen erfolgt nach § 53 BRAO in Fällen längerer Abwesenheit oder im Voraus für alle Verhinderungsfälle in einem bestimmten Zeitraum. Dem/der amtlich bestellten Vertreter/in stehen nach § 53 Abs. 7 BRAO die gleichen anwaltlichen Befugnisse wie der vertretenen Person zu.
[2] Die Bestellung von Pflichtverteidiger/innen erfolgt nur für die jeweils bestellte Person. Diese kann sich daher grundsätzlich weder durch unterbevollmächtigte, noch durch Rechtsanwält/innen derselben Sozietät vertreten lassen. Ausnahmsweise wird aber im Falle vorübergehender Verhinderung die Vertretung mit Zustimmung des/der Vorsitzenden für zulässig erachtet (KG, Beschl. v. 29.6.2005 - Az.: 5 Ws 164/05, NStZ-RR 2005, S. 327, 328). Anders ist die Situation im Falle einer amtlich bestellten Vertretung: Diese ist gemäß § 53 Abs. 7 BRAO („Dem Vertreter stehen die amtlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den er vertritt.“) befugt, überall dort aufzutreten, wo auch die vertretene Person als Prozessbevollmächtigte/r auftreten könnte. Die Vertretungsbefugnis besteht in diesem Fall auch unabhängig von der Zustimmung des/der Vorsitzenden (Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 9. Aufl. 2019, Rn. 3554 ff.; Schwärzer, in Weyland [Hrsg.], Bundesrechtsanwaltsordnung, 10. Aufl. 2020, § 53 Rn. 42a).
[3] Prof. Dr. Mende und Prof. Dr. Erhardt wurden als Sachverständige bestellt, um die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten aus psychiatrischer Sicht zu begutachten. Rechtsanwalt Dr. Heldmann beantragte bereits am 19. Verhandlungstag die Neubestellung der psychiatrischen Sachverständigen (S. 1505 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Da das Gericht an der Bestellung beider Gutachter festhielt, lehnte Dr. Heldmann sie am 31. Verhandlungstag ab (S. 2548 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die ergänzende Begründung der Angeklagten dauerte vier Tage (vom 32. bis zum 35. Verhandlungstag, S. 2594 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Das Gericht wies die Ablehnungen schließlich am 35. Verhandlungstag zurück (S. 2898 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).
[4] Anlage 1 zum Protokoll vom 9.9.1975: Amtliche Bestellung des Rechtsanwalts Becker zum ständigen Vertreter des Rechtsanwalts Schily.
[5] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK griff das etablierte Bild vom kranken Patienten an, indem es die Ursachen psychischer Erkrankungen nicht in den einzelnen Patient/innen, sondern in der Gesellschaft verortete. Um eine Genesung der Patient/innen zu ermöglichen, musste daher nach Ansicht des Kollektivs zunächst die krankmachende, „faschistische“ Gesellschaft revolutionär umgestaltet werden. Dieser systemverändernde Ansatz drückte sich in dem Slogan „Krankheit als Waffe“ aus, mit dem psychisch Erkrankte nicht mehr das Objekt der als autoritär empfundenen Psychiatrie darstellen, sondern selbst zu Revolutionär/innen werden sollten (Brink, in Brink/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 141 f.).
[6] § 51 StGB a.F. enthielt eine Regelung für den Fall fehlender oder verminderter Zurechnungsfähigkeit, also der Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. § 51 StGB a.F. wurde mit dem Zweiten Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717) mit Wirkung zum 1.1.1975 im Rahmen einer Neustrukturierung des Allgemeinen Teils des StGB durch die heutigen §§ 20, 21 StGB (Folgen der Schuldunfähigkeit bzw. verminderter Schuldfähigkeit) ersetzt.
[7] Verhandlungsfähigkeit ist die Fähigkeit „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 08.02.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18). Ihr Fehlen bedeutet ein vorübergehendes oder dauerndes Verfahrenshindernis (§§ 205, 206a StPO). Die vollständige Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten wurde durch die Vertrauensverteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten. Mit Beschluss vom 18.7.1975 beauftragte das Gericht schließlich eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).
[8] Die Befugnis des/der Vorsitzenden, unzulässige oder weitschweifige Ausführungen einzuschränken, leitet sich aus der Zuweisung der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) ab (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 238 Rn. 3).
[9] Während bis zum 31.12.1974 die sog. Blockverteidigung - die kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenlage - zulässig war, wurde durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) mit Wirkung zum 1.1.1975 das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) eingeführt. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur im Namen des/der jeweiligen Angeklagten sprechen. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).
[10] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage; s. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf aber auch Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.).
[11] Die Fotografin Astrid Proll hatte bereits im Oktober 1967 im Zuge der Vietnam-Demonstration versucht, mit Baader einen Sprengstoff-Anschlag auf das Berliner Amerikahaus durchzuführen, der jedoch scheiterte. Zusammen mit Baader und Ensslin ging sie 1969 in den Untergrund. Anfang Mai 1971 wurde sie in Hamburg verhaftet. Während ihrer Einzelhaft in der JVA Köln-Ossendorf verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, sodass das Verfahren gegen sie vor dem LG Frankfurt im Herbst 1973 unterbrochen und sie im Februar 1974 schließlich wegen Haftunfähigkeit entlassen werden musste. Anschließend tauchte sie unter. Im September 1978 wurde sie schließlich in London verhaftet und im Sommer 1979 in die Bundesrepublik ausgeliefert, wo sie zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde. Da Proll bereits längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hatte, wurde ihr diese Zeit angerechnet und sie wurde auf Bewährung entlassen (Edschmid, Frau mit Waffe, 3. Aufl. 2014, S. 171 f.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 41; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 47, 150; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 125 f.).
[12] Als „Camera silens“ werden vollständig reizlose Räume bezeichnet. Während der 1960er Jahre intensivierte sich die Forschung zu den Wirkungen von Reizentzügen (sensorische Deprivation). U.a. forschte der tschechische Psychiater Jan Gross auf diesem Gebiet, der in der psychiatrischen Klinik Hamburg-Eppendorf seine Forschungen mit der dort vorhandenen „Camera silens“ verknüpfte. Im Zuge der Debatte um die gegen RAF-Mitglieder angewandte „Isolationsfolter“ wurden diese Forschungen von Unterstützern sowie der RAF als Mittel staatlicher Vernichtungspläne propagandistisch umgedeutet (Koenen, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 2, 2006, S. 994 ff.; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 99, 112).
[13] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.
[14] Im Zuge des nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programms wurden Psychiatriepatient/innen in den Jahren 1939 bis 1941 bei der „Aktion T4“ und von 1941 bis 1944 in der „dezentralen Euthanasie“ in jeweils speziellen Anstalten ermordet. Insgesamt fielen Schätzungen zufolge ungefähr 200.000 Menschen der nationalsozialistischen „Euthanasie“ zum Opfer. Belegt sind darüber hinaus pathologische Untersuchungen und Experimente an lebenden und toten Patient/innen. Bereits seit 1934 waren darüber hinaus ca. 400.000 Patient/innen in Heil- und Pflegeanstalten Opfer von Zwangssterilisationen geworden. Siehe einführend am Beispiel Brandenburgs den Sammelband von Beddies/Hübener (Hrsg.), Dokumente zur Psychiatrie im Nationalsozialismus, 2003. Für einen knappen Überblick zur gerichtlichen Aufarbeitung im Nürnberger Ärzteprozess siehe Eckart, in Ueberschär (Hrsg.), Der Nationalsozialismus vor Gericht, 3. Aufl. 2008, S. 73, 81 f.
[15] § 81a StPO ermöglicht die Anordnung körperlicher Untersuchung der Beschuldigten auch gegen ihren Willen.
[16] Horst Herold war von 1971 bis 1981 Präsident des Bundeskriminalamtes (s. die vorangestellte Vita in Bundeskriminalamt [Hrsg.], Festschrift für Horst Herold zum 75. Geburtstag, 1998, S. 15, 17).
[17] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.
[18] Anlage 2 zum Protokoll vom 9. September 1975: Antrag der Bundesanwaltschaft auf Zurückweisung der Ablehnungen der Sachverständigen Prof. Ehrhardt und Prof. Mende als unbegründet.
[19] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.
[20] Die Hauptverhandlung beginnt nach dem Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit mit der Vernehmung der Angeklagten zur Person, an die sich die Verlesung der Anklage (heute außerdem: Mitteilung über ggf. stattgefundene Erörterungen) sowie die Vernehmung der Angeklagten zur Sache anschließen. Hierauf folgt die Beweisaufnahme (§§ 243, 244 StPO). Aufgrund vorrangiger Anträge fand die Vernehmung zur Person sowie die Verlesung der Anklage erst am 26. Verhandlungstag statt.
[21] § 80a StPO lautet: „Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet werden wird, so soll schon im Vorverfahren einem Sachverständigen Gelegenheit zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden Gutachtens gegeben werden.“
[22] „Die bloße Tatsache, daß schon die Staatsanwaltschaft diesen Sachverständigen im Vorverfahren herangezogen hatte, ist für sich allein noch kein vernünftiger Grund, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln; nicht einmal dann, wenn er dabei zu einer dem Ablehnenden ungünstigen Beurteilung gelangt ist: RGSt. 38 198. Indessen kommt es vor, daß Sachverständige bei dieser Gelegenheit einen so auffallenden „Jagdeifer“ zeigen, daß eine Ablehnung entsprechend dem Grundgedanken des § 22 Nr. 4 sehr wohl gerechtfertigt sein kann“ (Sarstedt, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 74 Anm. 4b; Hervorh. im Original). § 22 Nr. 4 StPO lautet: „Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in der Sache als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist“. Dieser Ablehnungsgrund gilt gem. § 74 Abs. 1 Satz 1 StPO auch für Sachverständige.
[23] Dort heißt es: „Der Verteidiger kann den Sachverständigen nicht aus eigenem Recht, sondern nur namens des Beschuldigten ablehnen. Allerdings können sich Ablehnungsgründe für den Beschuldigten unter Umständen auch aus dem Verhältnis (Feindschaft, Zusammenstößen) zwischen dem Sachverständigen und dem Verteidiger ergeben“ (Hervorh. im Original).
[24] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO). Für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für die Haftmodalitäten liegt die gerichtliche Zuständigkeit zwar auch beim Gericht der Hauptsache (§ 126 Abs. 2 StPO); allerdings erfolgt eine Erörterung der Fragen üblicherweise außerhalb der Hauptverhandlung, weil sie zur Beantwortung der Schuld- und Straffrage nicht von Belang sind.
[25] Die Entscheidung, einen Antrag anzunehmen, ist Bestandteil der Verhandlungsleitung, welche durch den/die Vorsitzende ausgeübt wird (§ 238 Abs. 1 StPO). Es besteht aber keine Verpflichtung, Anträge zu jeder Zeit entgegenzunehmen. Prozessbeteiligte, die einen Antrag zu einem ungünstigen Zeitpunkt stellen, können daher auf einen späteren Zeitpunkt verwiesen werden (BGH, Beschl. v. 10.6.2014 - Az.: 3 StR 57/14, NStZ 2014, S. 668, 670; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 238 Rn. 5).
[26] Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 StPO können Sachverständige aus denselben Gründen abgelehnt werden, wie Richter/innen, also auch wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 24 StPO). Ob die Besorgnis besteht, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (Krause, in: Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 27. Aufl. 2017, § 74 Rn. 13). Das OLG Hamm lehnte in einem Urteil vom 4.12.1956 einen vom Angeklagten beauftragten Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil dieser in derselben Sache bereits ein Gutachten für die Versicherungsgesellschaft des Angeklagten erstellt hatte. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Angeklagte einen von der Staatsanwaltschaft bereits im Vorverfahren gehörten Sachverständigen in der Hauptverhandlung in der Regel nicht ablehnen könne (OLG Hamm, Urt. v. 4.12.1956 - Az.: 3 Ss 1494/56, Deutsches Autorecht 1957, S. 131). Zur Ablehnung vorbefasster Privatgutachter/innen s. auch Brammsen, ZStW 119, S. 93 ff.).
[27] Der Grund, aus welchem der/die Sachverständige abgelehnt wird, muss glaubhaft gemacht werden (§ 74 Abs. 3 StPO). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung, als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt.
[28] Dort heißt es: „Mit der Behauptung mangelnder Sachkunde kann das Ablehnungsgesuch nicht begründet werden. Aus mangelnder Sachkunde kann auch nicht auf Befangenheit geschlossen werden. Hält ein Prozeßbeteiligter die Sachkunde des Sachverständigen für nicht ausreichend, so ist deshalb nicht ein Ablehnungsgesuch, sondern ein Beweisantrag oder die Bestellung eines anderen Sachverständigen der vom Verfahrensrecht gegebene Weg der Abhilfe“ (Hervorh. im Original).
[29] Die „Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen“ der Vereinten Nationen von 19757/77 wurden von dem ersten Kongress der Vereinten Nationen über die Verhütung von Verbrechen und die Behandlung der Straffälligen, der vom 22. August bis 3. September 1955 in Genf stattfand, einstimmig angenommen. Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (Art. 61 ff. der Charta der Vereinten Nationen) billigte sie am 31. Juli 1957 mit der Resolution 663 C (XXIV) und empfahl sie den Mitgliedstaaten. Sie wurden 2015 in den sog. Mandela-Rules, einer Resolution der VN-Generalversammlung (Art. 9 ff. der Charta der Vereinten Nationen) in einer revidierten Fassung beschlossen.
[30] Gemeint sind hier wohl die sog. Vertrauensverteidiger/innen, die zwar ursprünglich gewählte Verteidiger/innen, zu einem großen Teil jedoch inzwischen den Angeklagten als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet waren, nämlich: Rechtsanwalt Schily und Rechtsanwältin Becker der Angeklagten Ensslin, Rechtsanwalt Riedel der Angeklagten Meinhof, Rechtsanwalt von Plottnitz dem Angeklagten Raspe und Rechtsanwalt Dr. Heldmann dem Angeklagten Baader. Wahlverteidiger/innen waren am 20. August 1975 (27. Verhandlungstag), auf den sich Prof. Mende bezieht, nicht anwesend.
[31] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.).
[a] Maschinell eingefügt: (als amtlich bestellter Vertreter von RA.Schily)
[b] Maschinell eingefügt: -Fotokopie siehe Anlage 1 z. Prot.-
[c] Handschriftlich ergänzt: einen
[d] Handschriftlich durchgestrichen: gerichtete
[e] Maschinell durch * eingefügt: Angekl. M.: Hören Sie doch auf.
[f] Handschriftlich ergänzt: Auffassungen
[g][g] Maschinell eingefügt: nach
[h] Handschriftlich ergänzt: Bedürfnisse
[i] Maschinell eingefügt: Angekl.B.: Das ist falsch.
[j] Handschriftlich durchgestrichen: Jahren
[k] Handschriftlich ersetzt: wäre durch wir
[l] Handschriftlich ersetzt: daß durch was
[m] Handschriftlich ersetzt: biologischer durch biologischen
[n] Handschriftlich ergänzt: Auswirkungen
[o] Maschinell eingefügt: mehr
[p] Handschriftlicher Vermerk: ?
[q] Maschinell eingefügt: (Angekl. Baader schreit unverständlich dazwischen)
[r] Maschinell eingefügt: Angekl. Baa.: Ist das die letzte Warnung?
[s] Handschriftlich ersetzt: angreifen durch anfangen
[t] Maschinell von oben eingefügt: B.Anw. Dr. Wu.: Das ist der 35. Verhandlungstag heute
[u] Maschinell eingefügt: Angekl. Enss.: Ich spreche zu Ende.
[v] Maschinell eingefügt: RA v. Pl.: Dann beanstande ich diese Maßnahme.
[w] Maschinell eingefügt: aus Anlage 2
[x] Maschinell eingefügt: nun
[y] Handschriftlich eingefügt: der
[z] Handschriftlich ersetzt: haben durch Herrn
[aa] Handschriftlich ersetzt: wirkt durch wird
[bb] Handschriftlich durchgestrichen: deutlichen
[cc] Handschriftlich eingefügt: das
[dd] Maschinell eingefügt: RA v.P.: Das will er ja gerade machen.
[ee] Handschriftlich ergänzt: nichts
[ff] Handschriftlich ersetzt: eine durch in der
[gg] Handschriftlich eingefügt: ein
[hh] Maschinell ergänzt: derjenige
[ii] Maschinell durchgestrichen: - Die Sitzung wurde um 10.54 Uhr unterbrochen -
[jj] Maschinell eingefügt: nunmehr
[kk] Handschriftlich durchgestrichen: Zweitschrift
[ll] Maschinell eingefügt: mehr
[mm] Handschriftlich durchgestrichen: von
[nn] Handschriftlich eingefügt: e.V.
[oo] Handschriftlich ergänzt: Äußerungen
[pp] Handschriftlich durchgestrichen: Professors
[qq] Handschriftlich durchgestrichen: die
[rr] Handschriftlich ergänzt: ihm
[ss] Maschinell eingefügt: in
[tt] Handschriftlich eingefügt: ja
[uu] Maschinell eingefügt: ist
[vv] Handschriftlich durchgestrichen: OStA Zeis verläßt um 16.22 Uhr den Sitzungssaal.
[ww] Maschinell eingefügt: - OStA Zeis verläßt um 16.22 Uhr den Sitzungssaal. -