74. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 10. Februar 1976, 9.06 Uhr



[6665] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 10. Februar 1976, 9.06 Uhr

(74. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens

Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend: Rechtsanwälte

Dr. Augst (als amtl. best. Vertr. f. RA Eggler), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, Zuber (als Vertr.in[a] f. RA König) und Linke.

Als Zeugen sind anwesend:

Willy Halmburger

Manfred Körber

Manfred Hack

Als Sachverständige sind anwesend:

Horst Schmidt

Franz Windhaber

Alfred Wollny

Vors.:

Bitte Platz zu nehmen. Wir setzen die Sitzung fort. Zunächst sind einige technische Dinge bekanntzugeben. Die Verteidigung ist gewährleistet.[2] Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat mitgeteilt, daß er heute verhindert sei, dringende Termins Fristarbeiten verhinderten ihn, das wird noch näher zu überprüfen sein.

Eine Vertretung hat er heute nicht auf die Beine gestellt. Herr Rechtsanwalt Grigat wird eine Stunde später erscheinen. Herr Rechtsanwalt König wird vertreten durch Frau Rechtsanwältin Zuber, die Vertretung wird ausdrücklich genehmigt. Es sind um 10.00 Uhr und 10.30 Uhr zwei Herren verhindert von der Verteidigung, aber es ist dafür Sorge getragen, daß die Verteidigung gewährleistet bleibt. Das Zeugenprogramm erleidet einige kleine Änderungen. Zunächst mal ist morgen, Mittwoch 11.2., noch der Zeuge Kriminalrat Burkhardt - er taucht im Zeugenverzeichnis noch unter [6666] der Bezeichnung Kriminaloberkommissar auf - geladen. Es geht bei seiner Aussage beiläufig um eine Skizze aus Band 102, vor allen Dingen aber um das dort in Band 103 Blatt 45 ff. aufgeführte Sicherstellungsverzeichnis zu dem Geschehen in Heidelberg. Der Sachverständige, Herr Runza, der auf den 24. Februar geladen ist, ist [Gesundheitsdaten]. An seinem Aufkommen muß gezweifelt werden. Wir können auf ihn wahrscheinlich nicht mehr zurückgreifen in diesem Verfahren. Der ebenfalls auf diesen Tag geladene Sachverständige Dr. Stift kann nicht erscheinen, er ist [Gesundheitsdaten] nicht reisefähig. An seiner Stelle ist schon geladen worden Herr Lothar Becker. Er ist Betriebsleiter bei der Firma Butan Export GmbH in Berlin, Lankwitzer Str. Nr. 3, und verfügt in dem Zusammenhang, was hier Beweisgegenstand und Gegenstand der Vernehmung sein soll, über dieselben Kenntnisse wie der Sachverständige Dr. Stift. Das Beweisprogramm am Donnerstag, den 26. Februar, ist noch zusätzlich dadurch verkürzt, daß der Zeuge Bizzell inzwischen in die USA zurückgekehrt ist. Wir haben also an diesem Tag an sich nur ein ganz geringes Beweisprogramm. Haben es deswegen aufgefüllt. Vormittags auf 10.00 Uhr sind geladen die Kriminalhauptmeister Schlegelmilch und Haustein. Es geht bei diesen beiden Herrn lediglich um einen ganz begrenzten Fragepunkt, nämlich Sicherstellung von Fingernagelproben und Rückständen an und in der Kleidung bei der Festnahme der Herren Baader und Raspe im Hofeckweg. Zum selben Thema ist dann geladen der sachverständige Zeuge[3] Göbel, der eventuell auch als Sachverständiger Auskünfte geben kann. Es geht hierbei um die Durchführung der chemischen Proben hinsichtlicher dieser sichergestellten Rückstände. Schließlich haben wir auf den Nachmittag des 26.2., ich darf noch darauf hinweisen, diese Zeugen Schlegelmilch, Haustein, Göbel sind alle unter dem Ordner 95 zu finden. Dann haben wir nachmittags Frau [6667] Anni Sauer und Herrn Kriminaloberkommissar Strauß geladen. Beide zu finden im Ordner 93. Frau Sauer gibt oder kann Angaben dazu machen, hat sie bisher ... kann, wie sie bisher bei den Vernehmungen jedenfalls hat erkennen lassen, Angaben dazu machen, daß sie einen Porsche im Hofeckweg beobachtet haben will und sie will auch einen der Fahrer daraus erkannt haben. Herrn Kriminaloberkommissar Strauß ist der Beamte, der die Gegenüberstellung mitbeobachtet hat und dazu Angaben machen soll. Also Ordner 93. Ich darf noch darauf hinweisen, das ist an sich jetzt nicht gerade zweckgerecht, weil die Herren Verteidiger dieses Schreiben vom 6.2. vorgefunden haben, das die Bedenken äußert des Senats, hinsichtlich des § 146 der Strafprozeßordnung[4], durch die Handhabung, die die Herren auf der linken Seite hier[5] gelegentlich handhaben. Ich erwähne das nur, dieses Schreiben vom 6.2., weil ich das Original zum Protokoll als Anlage geben will, Anlage 1 für heute.

Das Schreiben des Vorsitzenden an die Verteidiger vom 6.2.1976 wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Wir haben heute die Zeugen Herrn Halmburger - bitte behalten Sie Platz - Herrn Körber, dann Herrn Hack, dann haben wir als Sachverständige Herrn Dipl.Ing. und Leitender Regierungsdirektor Windhaber, dann Herr Wollny ist anwesend und Herr Schmidt.

Die Zeugen Halmburger, Körber und Hack werden gem. § 57 StPO[6] belehrt.

Die Sachverständigen Schmidt, Windhaber und Wollny werden gem. § 72, 57 und 79 StPO[7] belehrt.

[6668][8] [6669] Die Zeugen und Sachverständigen sind damit einverstanden, daß ihre Aussagen auf Tonband aufgenommen werden.[9]

Die Zeugen Körber und Hack werden um 9.15 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Willy Halmburger, geb. [Tag].[Monat].1928, Lindau/Bodensee,

Redakteur bei der „Deutschen Presseagentur“ im Landesbüro München. Privatanschrift München.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Sie sagten gerade, wenn ich es recht verstanden, Halmburger?

Zeuge Hal[mburger]:

Halmburger ja.

Vors.:

Also nicht mit zwei „ll“ wie wir geschrieben haben, sondern mit „m“.

Zeuge Hal[mburger]:

Der Name ist hier auf der Zeugenladung falsch geschrieben.

Vors.:

Das tut uns leid. Ist es richtig, daß Sie im Mai 1972 auch schon bei dpa in München beschäftigt gewesen sind?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja.

Vors.:

Ist Ihnen noch bekannt, daß es im Mai 1972 zu einem Sprengstoffanschlag in Frankfurt gekommen ist? Würden Sie das heute noch wissen?

Zeuge Hal[mburger]:

Das ist mir bekannt.

Vors.:

Haben Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Arbeit, in München irgendein Ereignis erlebt, das im Zusammenhang mit diesem Sprengstoffgeschehen stehen könnte?

Zeuge Hal[mburger]:

Ich darf meine Unterlagen benutzen, ja?

Vors.:

Wenn Sie zunächst mal versuchen könnten, den äußeren Sachverhalt ohne Unterlagen anzugeben, das wäre uns lieb. Sie geraten sonst nur unnötig in den Verdacht, daß Sie hier ...

Zeuge Hal[mburger]:

Ich muß die Unterlagen benützen, weil es ist mir [6670] sonst bei der Fülle der Meldungen und Post und was nun täglich bei uns eingeht, nicht möglich, hier eine präzise Antwort sonst zu geben.

Vors.:

Das ist verständlich, Herr Halmburger. Es geht jetzt nur um die äußere Tatsache, ist irgendein Ereignis eingetreten und wenn ja, können Sie das charakterisieren?

Zeuge Hal[mburger]:

Es ist ein Ereignis, das von uns nicht als Ereignis gewertet wird, sondern es ist ein Brief eingegangen, der im Zusammenhang vom Inhalt her möglicherweise darauf schließen läßt, daß im Zusammenhang mit diesem Attentat bestehen könnte.

Vors.:

Ja genau, das konnte man also ohne die Unterlagen wohl angeben. Wem ist dieser Brief zugegangen. Das heißt, welche Personen haben diesen Brief erhalten?

Zeuge Hal[mburger]:

Der Brief ist am 26. Mai „Per Eilboten“ im Münchner Büro, also der dpa in München, in der Sonnenstr. 27, von einem Eilbriefträger übermittelt worden. Ich kann nicht sagen, wer ... wen er im einzelnen im Hause erreicht hat. Aber er kam dann zu mir, als der damalig diensthabende Redakteur.

Vors.:

Sie haben ihn damals also in die Hände bekommen. Haben Sie ihn auch aufgemacht und inhaltlich zur Kenntnis genommen?

Zeuge Hal[mburger]:

Jawohl.

Vors.:

Wenn wir Ihnen hier ein Beweisstück vorlegen, wären Sie imstande, vom äußeren Anschein her anzugeben, ob es das gewesen ist? Vielleicht könnten Sie voraus noch aus dem Gedächtnis, Herr Halmburger, da wären wir Ihnen sehr dankbar, mitteilen, um was es ungefähr gegangen ist. Selbstverständlich keine präzisen Angaben und wir sind uns auch klar darüber, daß, wenn Sie es mit der Wahrheitspflicht[b] ernst nehmen, Sie an sich berechtigten Anlaß haben bei der Fülle der Schriftstücke, die durch Ihre Hände geht zu sagen, ich muß auf die Unterlagen zurückgehen. Aber nur den Gegenstand kennzeichnen, um was es ungefähr gegangen ist?

Zeuge Hal[mburger]:

Es war ein Brief, in dem ein Kommando 15.[c] Juli [6671] der Roten-Armee-Fraktion sich also zu diesem, ... nein, ich glaube, das ist jetzt ...

Vors.:

Sie müssen ja die Daten nicht nennen, wenn Sie sie nicht im Kopfe haben ... Herr Halmburger, bitte benützen Sie dazu die Unterlagen.

Zeuge Hal[mburger]:

Das muß gestrichen werden, das ist ... verschiedene Unterlagen, das ist nicht da. Wir haben mehrere dieser ...

Vors.:

Ja, das ist bekannt.

Zeuge Hal[mburger]:

Ich konnte es aus dem Gedächtnis nicht mehr rekonstruieren.

Vors.:

Gut, können Sie uns etwa angeben, daß es inhaltlich darum gegangen ist, daß sich irgendeine Gruppierung, die sich irgendeinen Namen gegeben hat, zu diesem Anschlag äußerte? Herr Halmburger, bitte ohne Unterlagen, die Frage ist wahrscheinlich ohne Unterlagen zu beantworten. Ist es richtig, daß sich in diesem Brief irgendeine Gruppierung inhaltlich mit dem Anschlag befaßte?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja, das ist richtig.

Richter Ma[ier]:

Herr Halmburger, ist es möglich, daß bei der Deutschen Presseagentur in München verschiedene Briefe ähnlicher Art und ähnlichem Zusammenhang eingegangen sind. Sie haben gerade vom „Kommando 15. Juli“ gesprochen und als Eingangsdatum den 26.5. genannt. Können Sie sich möglicherweise an einen früheren Brief, mit einer anderen Kommandobezeichnung erinnern?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja, das ist, ich nehme an, Sie sind, wir haben eine Reihe dieser Briefe bekommen, ähnlicher Briefe, sagen wir mal, bekommen und die jeweils mit unterschiedlichen Absendern. Wobei der[d] Absender also hier nicht wörtlich zu nehmen ist. Der Absender war in keinem Falle erkennbar oder von uns zu identifizieren, und ich nehme an, es geht ... bitte ich um ... Schreiben vom 15. Mai,[10] in dem ein Brief, ein „Kommando Petra Schelm“[11] sich zu dem Anschlag auf das Frankfurter Hauptquartier des 5. US-Armee-Korps bekannte.

Richter Ma[ier]:

Können Sie vielleicht noch sagen, wie die Unterschrift lautete. Also einmal „Kommando Petra Schelm“ und dann?

Zeuge Hal[mburger]:

Unterzeichnet war der Brief mit „Rote-Armee-Fraktion“.

[6672] Richter Ma[ier]:

Rote-Armee-Fraktion. Danke.

Das Gericht nimmt das Original des Schriftstücks - dessen Fotokopie in Ordner 121, Blatt 3/4 und Ordner 87, Blatt 131/132 abgelegt ist - in Augenschein.[12] Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Dem Zeugen wird das Schriftstück vorgelegt, mit der Bitte, sich zu äußern, ob es sich um ein solches Schreiben gehandelt hat oder ob er erkennt, daß es dieses Schreiben gewesen ist.

OStA Zeis verläßt um 9.23 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Hal[mburger]:

Ich sehe, der Poststempel ist nicht erkennbar. Er ist offenbar entfernt worden auf dem Kuvert.

Richter Ma[ier]:

Herr Halmburger, wenn Sie das Kuvert herausnehmen und vielleicht sich mal die Rückseite ansehen.

Vors.:

Wir machen es so, Herr Halmburger. Sie erkennen offenbar anhand von irgendwelchen Besonderheiten dieses Schriftstück nicht, ob es das war, was Sie damals in den Händen hatten. Wir werden jetzt den Text verlesen und Sie sollten uns dann anhand vielleicht mitteilen, ob Ihnen dieser Text bekannt vorkommt. Sollten Sie sich damals irgendwelche Unterlagen angelegt haben, das etwa fotokopiert haben, so können wir sogar den Vergleich ziehen, ob das, was Sie damals fotokopiert haben, damit übereinstimmt, textlich. - Nicht vorauslesen: Wir müssen das durch Verlesen in den Prozeß einführen,[13] Herr Halmburger.

RA. Schily erscheint um 9.25 Uhr.

Vors.:

So, ich bitte es zurückzugeben, wir führen jetzt zunächst dieses Schriftstück gem. § 249[ StPO] im Urkundenbeweis ein. Sie können ruhig vergleichen dabei, Herr Halmburger, und zuhören, ob der Text Ihnen bekannt ist und ob er, wenn Sie sich damals Unterlagen, das wäre noch die Vorfrage, gemacht haben, ob er übereinstimmt. Haben Sie sich damals Unterlagen gemacht?

Zeuge Hal[mburger]:

Wir haben ... meine Unterlagen ist die Meldung, die dpa-Meldung, die damals aus dem Brief gemacht wurde.

Vors.:

Eine direkte Ablichtung dieses Briefes haben Sie nicht?

[6673] Zeuge Hal[mburger]:

Nein.

Vors.:

Nein.

Zeuge Hal[mburger]:

Weil, es ist so, der Brief wurde dann der Polizei ausgehändigt.

Vors.:

Ja, wir werden also jetzt den Brief zunächst verlesen.

Gem. § 249 StPO wird das Schreiben und dessen Kuvert verlesen und anschließend festgestellt, daß dieses Schriftstück in Ordner 121, Blatt 4 ff.[e] und Ordner 87, Blatt 131 ff. in Ablichtung vorhanden ist.

OStA Zeis erscheint um 9.26 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Besagt Ihnen das, was jetzt inhaltlich vorgelesen worden ist, irgendetwas? Kennen Sie den Inhalt wieder?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie Anhaltspunkte, daß das das Schreiben ist, daß Sie damals in den Händen hatten?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja, der Inhalt stimmt, soweit ich ihn hier nach meinen Unterlagen vergleichen kann, in fast allen Passagen im wörtlichen Zitat mit unseren Meldungen, damit auch mit dem seinerzeit bei uns eingegangenen Brief, überein.

Vors.:

Herr Halmburger, nur, was war dann das Schicksal des Briefes bei Ihnen? Sie haben schon angedeutet.

Zeuge Hal[mburger]:

Es ist so, wir haben das Schreiben der Polizei ausgehändigt und zwar nachdem uns gesagt wurde, es ist im Allgemeinen nicht üblich, daß Unterlagen gesagt wurde, daß hier der Verdacht auf ein Verbrechen bestehen würde und daß, wenn wir es nicht mehr oder weniger freiwillig tun würden, in Kürze ein Gerichtsbeschluß erwirkt würde. Ein gerichtlicher Beschlagnahmebeschluß. Das war der Vorgang.

Vors.:

Wissen Sie noch, wer Ihnen den Brief unmittelbar übergeben hat?

Zeuge Hal[mburger]:

Das ist mir nicht bekannt. Das ist mir nicht mehr in Erinnerung, weil das ist in so einem Betrieb nicht ... weil ja nicht vorher abzusehen war nun, der Inhalt auch nicht.

Vors.:

Sind beim Gericht weitere Fragen an den Herrn Zeugen? [6674] Ich sehe nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft?

Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Halmburger, mir ist nur eins nicht klar geworden. Sie sagten, der eben gelesene Brief, der stimme in fast allen Passagen, und jetzt die Frage, womit überein? Das habe ich nicht verstehen können.

Zeuge Hal[mburger]:

In der mir zur Verfügung stehenden Unterlage. Ich habe keine Ablichtung des Briefes, sondern ich habe nur die damals von uns verbreitete dpa-Meldung vorliegen, in der nicht alles, also nicht das gesamte Schreiben wörtlich zitiert ist. Darum kann ich nicht sagen, weil ich natürlich den genauen wörtlichen Text in dieser Zeit nicht mehr in Erinnerung habe. Ich kann mich nur darauf beschränken, auf die seinerzeit von uns, aber das ist wohl ein großer Teil des Inhaltes, wörtlich zitierten Passagen des Briefes.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielen Dank, Herr Halmburger.

Vors.:

Die Herren Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Dürfte ich mal Ihre Unterlage, die Sie da haben, einsehen?

Zeuge Hal[mburger]:

Das dürfen Sie gerne.

RA Schnabel werden die Unterlagen des Zeugen Halmburger zur Einsichtnahme übergeben.

RA Schn[abel]:

Waren Sie an dem fraglichen Tag Chef vom Dienst in München?

Zeuge Hal[mburger]:

Ja, das war ich.

RA Schn[abel]:

Wann ist denn der Brief bei Ihnen abgegeben worden? Wissen Sie das noch? Zeitlich ungefähr?

Zeuge Hal[mburger]:

Steht’s drin, ich glaube ...

RA Schn[abel]:

Ja, es steht drin eben. Wann die Meldung raus ist, steht drin.

Zeuge Hal[mburger]:

Das kann ich nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Vormittags, abends? Oder wissen Sie gar nichts?

Zeuge Hal[mburger]:

Wenn Sie mir meine Unterlage wieder zurückgeben, dann kann ich es Ihnen ungefähr sagen.

RA Schn[abel]:

Heißt das mit anderen Worten, daß, wenn Sie diese Unterlagen nicht gehabt hätten, daß Sie sich an überhaupt nichts hätten erinnern können.

Zeuge Hal[mburger]:

Das ist mit anderen Worten das, ja.

RA Schn[abel]:

Ja?

[6675] Zeuge Hal[mburger]:

Ja.

RA Schn[abel]:

Danke.

Richter Ma[ier]:

Dann habe ich aber eine Frage, Herr Halmburger, haben Sie Zweifel daran, daß Ihre Unterlagen etwa nicht richtig sind?

Zeuge Hal[mburger]:

Daran habe ich keine Zweifel. Nein. Aber es ist mir nicht möglich, mich bei einer Fülle von Meldungen die sich mit unseren verschiedenen Diensten, also auf mehrere hundert im Tag belaufen, einfach derartige Dinge im Detail hinterher zu rekonstruieren. Zumal der Vorgang für uns damals ein Nachrichtenvorgang war, der nichts außergewöhnliches bedeutete.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel, Sie haben noch ...

RA Schn[abel]:

Ja, eine Anschlußfrage. Sie haben bestätigt, daß diese Unterlagen wohl richtig sind. Von wem stammen die, mit anderen Worten, wer hat die Meldung abgefaßt?

Wissen Sie es auswendig?

Zeuge Hal[mburger]:

Weiß ich auch nicht, nein.

RA Schn[abel]:

Also nach dem Kurzzeichen sind Sie es zweifellos nicht gewesen, wenn Sie Halmburger heißen, das wäre eine merkwürdige Abkürzung.

Zeuge Hal[mburger]:

Das kann ich nicht feststellen, weil es ist so, daß, welcher Kollege oder welche Kollegen das bearbeitet haben ... Das Zeichen ist, muß nicht identisch sein mit dem Verfasser.

RA Schn[abel]:

Damit können Sie aber auch nicht mit Sicherheit sagen, daß diese Meldung dem entspricht, was aus dem Brief gelesen wurde. Denn Sie haben sie ja nicht abgefaßt.

Zeuge Hal[mburger]:

Ich sagte ja vorhin schon, daß ich sage, ich kann aufgrund der Meldung, ohne deren Verfasser zu sein, aber ich war mit der Meldung natürlich befaßt. Und ich habe hier die Ablichtung vorliegen und ich habe nicht mehr gesagt, als daß ich sage, das mir vorgelegene Schreiben stimmt in den meisten Passagen des mir vorgelegenen Briefes nach Zitat mit dem damals eingegangenen Brief, weil das ja in der Meldung stand, wenn man so will. Vertrauen haben wir in[f] unsere eigenen Meldungen, also daß wir es glauben, daß auch Zitate darin richtig wiedergegeben sind.

RA Grigat erscheint um 9.32 Uhr.

[6676] RA Schn[abel]:

Ja sicher, das ist eine Vertrauensfrage, aber der Herr Berichterstatter hat Sie ja nach dem Wahrheitsgehalt der Meldung gefragt. Und den können Sie nicht bejahen.

Zeuge Hal[mburger]:

Ja also, da verstehe ich Ihre Frage nicht.

RA Schn[abel]:

Hat die Meldung, also die Frage ist ganz klar. Sie haben die Meldung nicht abgefaßt. Ja oder Nein?

Zeuge Hal[mburger]:

Ich kann das nicht im Moment, ich weiß es nicht.

RA Schn[abel]:

Also damit wissen Sie doch aber auch nicht, ob die Meldung wahr oder falsch ist.

Zeuge Hal[mburger]:

Sie müssen sich vorstellen, das ist nicht rekonstruierbar, sondern die Geschichte ist so, das ist Vorgang, sagen wir mal, wer im Einzelnen damit befaßt war, wenn Sie mich fragen, wer hat die Meldung vor einem Jahr gemacht, dann weiß ich das nicht. Ich bedauere, das tut mir leid, das kann ich nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Ja also und damit können Sie aber auch nicht den Wahrheitsgehalt der Meldung bestätigen. Und nur das möchte ich ja von Ihnen hören.

Zeuge Hal[mburger]:

Ich habe nicht vom Wahrheitsgehalt gesprochen, ich habe gesagt, der mir vorgelesene Text stimmt in dem meisten Passagen mit der damals von der Deutschen Presseagentur herausgegebenen Meldung, die auf dem damals bei uns eingegangenen Brief basierte, soweit zitiert wurde, überein.

RA Schn[abel]:

Ja, aber der Herr Berichterstatter hat Sie ja eben nach etwas anderem gefragt und zwar im Anschluß an meine Frage. Und zwar nach dem Wahrheitsgehalt der Meldung und den können Sie nicht bestätigen, oder?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, der Vorhalt ist in dieser Form nicht richtig, es ist gefragt worden, ob der Herr Zeuge Zweifel daran habe, daß die Meldung richtige Zitate aus dem Schreiben enthalte.

RA Schn[abel]:

Das ist doch nur mit anderen Worten der Wahrheitsgehalt der Meldung, das ist doch genau das, was ich sage.

Vors.:

Die formale Übereinstimmung der Texte.

RA Schn[abel]:

Ha ja eben, ... Kollege Linke sagt: Wissen Sie, oder [6677] glauben Sie, Sie wissen nicht. Sie wissen ja nicht mal, wer die Meldung gemacht hat.

Zeuge Hal[mburger]:

Es ist doch so, ich habe diese Meldung vorliegen. Ich kann nur bestätigen, daß die, der überwiegende Teil der mir vorgelesenen Passagen im Zitat mit der damals an diesem Tage von uns gemachten Meldungen übereinstimmt. Ich meine, wenn Sie die Frage nach dem Wahrheitsgehalt stellen, würden Sie ja mehr oder weniger unserer Agentur wohl unterstellen, daß, sagen wir mal, wir überwiegend falsch zu zitieren pflegen, ich weiß es nicht.

RA Schn[abel]:

Unterstellen tue ich gar nichts, der dpa am wenigsten. Aber ich frage Sie, und das müßte doch klar sein, wohl auch im Büro München so gehandhabt werden, daß eine Meldung von jemand verfaßt wird. Daß sie der Chef vom Dienst liest und dadurch entsprechend genehmigt, sie dann im Fernschreibraum weitergibt und daß dann festgestellt wird und zwar durch Kürzelzeichen, das ist ja auch in anderen Presseagenturen, [g] Landesbüros, üblich, wer Chef vom Dienst war, wer die Meldung gemacht hat. Und das muß unten ersichtlich sein. Das wird ja wohl in München nicht anders sein?

Zeuge Hal[mburger]:

Das ist richtig.

RA Schn[abel]:

Also und warum ist das in diesem Fall nicht so?

Zeuge Hal[mburger]:

Warum das in diesem Fall nicht so ist, weil die Meldung um 15.47 Uhr gelaufen ist, wenn ich mich recht erinnere, und hier sie genau in den Schichtwechsel fiel. Also ist es so, daß es durchaus ... ich sage Ihnen ja, ich kann es einfach nicht sagen, daß es durchaus möglich ist, daß ich sie noch bearbeitet habe und sie aber einfach, sogar von mir abgezeichnet worden war, und sie aber in die Schicht meines Nachfolgers bereits[h], das war damals Herr Körber, das Zeichen ist „Kö“, fiel und damit draußen ...

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, jetzt sind wir doch genau dorthin gekommen, wo ich also schon vor einer Viertelstunde war, indem ich nämlich gesagt habe, wer hat das abgezeichnet. [6678] Und das „KÖ“ habe ich unten selbst gelesen und da haben Sie aber damals gesagt, Sie könnten nicht feststellen, wer dafür verantwortlich ist. Jetzt endlich sagen Sie, daß es der Kollege Körber war.

Zeuge Hal[mburger]:

Wer verantwortlich ist, natürlich, verantwortlich war er bereits, aber es überschnitt sich, also ist es so, daß wir sagen mal, Sie es wahrscheinlich, ich nehme an, eben in meiner Schicht noch gemacht worden und lief dann aber nach dem Schichtwechsel bei ihm durch.

RA Schn[abel]:

Ja aber, Herr Zeuge, es sind doch jetzt, haben wir doch eines festgestellt, für diese Meldung ist verantwortlich der Kollege Körber von Ihnen. Und Sie haben ...

Zeuge Hal[mburger]:

Er ist ... sicher ja, er ist also, nach dem Pressegesetz ist er verantwortlich, an diesem Tage, weil es in seiner Schicht, und er hat sie vermutlich auch abgezeichnet, das Kürzelzeichen deutet darauf, das ist richtig, ja.

RA Schn[abel]:

Eben, und damit wissen Sie doch vermutlich, oder ich frage Sie, wissen Sie doch über die näheren Umstände überhaupt nicht Bescheid?

Zeuge Hal[mburger]:

Die näheren Umstände, weiß ich deswegen natürlich Bescheid, weil der Brief in meiner Schicht eingegangen ist.

RA Schn[abel]:

Woher wissen Sie das, Sie haben vorher auf meine Frage, als ich Sie gefragt habe, wann der Brief eingegangen ist, der Zeuge ...

Zeuge Hal[mburger]:

... weil ich sie nicht vorher hatte.

RA Schn[abel]:

Ja Herr Zeuge, aber ich habe Sie gefragt, wann ist der Brief eingegangen und da habe ich das Schreiben bei mir gehabt und da sagen Sie, Sie wissen gar nichts. Sie wissen nicht mal, ob er vormittags oder nachmittags eingegangen ist und jetzt schließen Sie aufgrund ...

Zeuge Hal[mburger]:

Ich schließe das nicht, sondern ich sehe es so, sagen wir mal, seit ich hier aussage, berufe ich mich auf die Unterlagen, weil ich nichts im Kopf habe, das sage ich Ihnen ganz offen. Ich kann mich, und ... ich kann mich mehr oder weniger an nichts erinnern.

RA Schn[abel]:

Das ist ein klares Wort jetzt. Danke.

[6679] Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Richter Ma[ier]:

Ich hätte noch eine. Herr Halmburger, an welchem Tage ist denn nach Ihren Unterlagen diese dpa-Meldung hinausgegangen?

Zeuge Hal[mburger]:

Die ist am 15. Mai gelaufen.

Richter Ma[ier]:

15. Mai 1972?

Zeuge Hal[mburger]:

1972, im Landesdienst Bayern ist sie am 15.47 Uhr gelaufen, also bitte, ich lese das ab hier.

Vors.:

Herr Halmburger, es sind keine Fragen an Sie, würden Sie ...

OStA Zei[s]:

Pardon, ich hätte noch eine Frage.

Vors.:

Entschuldigung, bitte Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Ze[is]:

Herr Halmburger, Sie haben vorhin gesagt, daß das Schriftstück dann der Polizei übergeben worden sei. Erinnern Sie sich noch an welche Polizeidienststelle?

Zeuge Hal[mburger]:

Das weiß ich nicht. Abgeholt, glaube ich, ist es worden, von einem, vermutlich vom Münchner Stadtpolizisten, aber ich glaube, es ist, es lief wohl ins Bayerische Landeskriminalamt, glaube ich. Es ist mir auch nicht, ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, weil wir[i], wie gesagt, mehrere dieser Briefe gekriegt haben.

OStA Ze[is]:

Herr Halmburger, erinnern Sie sich, ob Sie dieses Schreiben persönlich dem Polizeibeamten übergeben haben?

Zeuge Hal[mburger]:

Bitte?

OStA Ze[is]:

Erinnern Sie sich, ob Sie dieses Schreiben persönlich dem Polizeibeamten ...

Zeuge Hal[mburger]:

Speziell dieses weiß ich auch nicht, nein.

OStA Ze[is]:

Pardon, Herr Halmburger, wenn Sie mich vielleicht bitte ausreden lassen, denn sonst verstehe ich Ihre Antwort nicht. Deswegen nochmal meine Frage. Erinnern Sie sich, ob Sie dieses Schreiben persönlich dem Polizeibeamten übergeben haben?

Zeuge Hal[mburger]:

Kann ich nicht mehr sagen, weil ich, ich habe einmal ein Schreiben, ob es dieses war, weiß ich nicht. Wir haben mehrere Schreiben bekommen, in dieser ähnlicher Art.

Vors.:

Herr Halmburger, wir werden Herrn Körber jetzt vernehmen. Sie sind ja beide von derselben Dienststelle. Ich darf Sie bitten, ganz kurz solange zurückzusitzen, an einem der rückwärtigen Tische, die gleich hinter Ihnen sind. Wir werden sie dann nachher zusammen vereidigen, wenn dagegen keine Bedenken erhoben werden. Ich glaube nicht. Herrn Körber bitte. Herr Rechtsanwalt Schnabel.

[6680] RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, in diesem speziellen Fall wäre es vielleicht tunlich, diesen Zeugen in Abstand zu bitten, solange der Herr Körber vernommen wird.

Vors.:

Gut, dann wollen wir den Herrn Zeugen rasch vereidigen, wenn keine Bedenken erhoben werden, ihn nicht entlassen, sondern warten, bis die Vernehmung von Herrn Körber abgeschlossen ist. Ich darf Sie doch wieder bitten, vorzutreten.

Der Zeuge Halmburger wird vorschriftsmäßig vereidigt und vorläufig um 9.42 Uhr entlassen.

Den Angeklagte Raspe erscheint um 9.42 Uhr.

Der Zeuge Körber erscheint um 9.42 Uhr.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Manfred Körber, 39 Jahre,

Redakteur, München,

[Anschrift].

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Körber, ist es richtig, daß Sie bei der dpa in München im Jahre 1972 beschäftigt waren?

Zeuge Kö[rber]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch an den Monat Mai, daß in diesem Monat in Frankfurt ein Sprengstoffanschlag stattgefunden hat.

Zeuge Kö[rber]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Zusammenhang damit beruflich irgendein Ereignis erlebt, das eine Verbindung zu diesem ...

Zeuge Kör[ber]:

Doch ja, am 15. Mai, wenn ich mich recht entsinne, am 15. Mai erhielten wir einen Eilbotenbrief, in dem die Rote-Armee-Fraktion, also es war mit Schreibmaschine geschrieben, aber als Absender gab sich Rote-Armee-Fraktion, beziehungsweise innerhalb der Roten-Armee-Fraktion, das Kommando Petra Schelm. Und das hat sich dazu bekannt.

Vors.:

Und hat zu diesem Anschlag sich geäußert?

Zeuge Kör[ber]:

Ja, zu diesem Anschlag insofern sich geäußert, indem erstmal der Anschlag geschildert wurde, nämlich in dem Brief stand ... - ob es[j] aber genauso vor sich ging, das weiß ich nicht - in dem [6681] Brief stand jedenfalls, daß drei Bomben mit einem Gesamtgewicht von 80 kg TNT dort zur Explosion gebracht wurden.

Vors.:

Wie ist Ihnen dieses Schreiben bekannt geworden?

Zeuge Kör[ber]:

Der Brief kam am[k] Nachmittag per Eilboten an. Er war nicht unterzeichnet, also weder durch einen Fingerabdruck oder durch eine Unterschrift, und wie sich später dann anschließend herausstellte, wurde auch nicht festgestellt, ob ein Fingerabdruck drauf ist, chemisch überhaupt sichtbar geworden wäre.

Vors.:

Und ich meine nun, wer hat den Brief entgegengenommen, wer hat ihn geöffnet und wann, in welchem Stadium haben Sie dann den Brief zu Gesicht bekommen? Ist er da schon durch andere Hände durchgelaufen.

Zeuge Kör[ber]:

Der kam am Nachmittag. Und am Nachmittag hatte ich Tischdienst, das ist eine Funktion der dpa. Und ich kann es nicht genau sagen, wer ihn in die Hand genommen hat als Erster. Es war ein Eilbotenbrief ohne Absender. Und der wurde, das könnte ich jetzt nicht genau sagen, ob der mir von ... in die Hand gedrückt wurde, ober ob zum Beispiel unsere Empfangsdame den zunächst genommen hat und ihn mir dann gegeben hat. Also wer ihn genau als Erster in der Hand hatte, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Sie jedenfalls haben den Brief in der Hand gehabt?

Zeuge Kör[ber]:

Ja natürlich.

Vors.:

Und gelesen?

Der Angeklagte Raspe verläßt um 9.45 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kör[ber]:

Ja natürlich.

Vors.:

War er schon geöffnet, als Sie ihn in die Hand bekamen?

Zeuge Kör[ber]:

Das kann ich nicht mehr genau sagen, ob ich ihn selbst aufgemacht habe, oder ob er einfach geöffnet war, das kann ich nicht genau sagen. Die Meldung wurde[l] dann unter meiner Regie, wie man so schön sagt, ich war Chef vom Dienst dort, „gemacht“, und ich habe die Meldung dann abgezeichnet und habe den Brief natürlich, die Meldung mit dem Brief verglichen, selbstverständlich wie man das bei Meldungen macht.

Vors.:

Haben Sie aus dem Inhalt noch irgend sonst etwas im Gedächtnis?

Zeuge Kör[ber]:

Ja doch, ich meine die Begründung für den Anschlag war[m] die, daß sich der Brief gegen die Amerikaner in [6682] erster Linie wandte und drum wurde auch der Anschlag laut Brief auf das Hauptquartier in Frankfurt verübt. Und zur Begründung wurde angegeben, daß sich die Rote-Armee-Fraktion, in dem Fall das Kommando Petra Schelm, gegen die Vorgänge, gegen die Terroranschläge und Bombenanschläge der Amerikaner in Vietnam[14] richtet.

Vors.:

Also Vietnamkrieg. Wer hat unterzeichnet? Also nicht handschriftlich ...

Zeuge Kör[ber]:

Niemand.

Vors.:

Und welche Gruppierung hat sich als Absender ausgegeben?

Zeuge Kör[ber]:

Also als Absender, [n] ... daß ein konkreter Absender dastand, also auf dem Kuvert stand ja auch keiner. Aber mal aus dem ganzen Text, so fing er schon an, die Rote-Armee-Fraktion, Kommando Petra Schelm.

Vors.:

Und was war dann das Schicksal dieses Briefes, nach der ...

Zeuge Kör[ber]:

Das Schicksal des Briefes war sehr einfach. Wir haben ihn ausgewertet, haben eine Meldung gemacht und dann haben wir natürlich, wir haben ja mehrere solche Schreiben bekommen, der Polizei gegeben und die Polizei hat ihn dann ausgewertet und weitergeleitet, nach Bad-Godesberg, oder wie der Vorgang dort war, das weiß ich nicht im Einzelnen.

Vors.:

Wüßten Sie noch, wer die Meldung verfaßt hat?

Zeuge Kör[ber]:

Wer sie von uns in der Redaktion verfaßt hat, das weiß ich nicht mehr genau, nein.

Vors.:

Können Sie nicht mehr sagen. Herr Berichterstatter, wenn Sie noch fragen, bevor wir dem Herrn Zeugen dann das Schriftstück mal vorlegen.

Richter Ma[ier]:

Höchstens, um eventuelle Unklarheiten zu beseitigen. Herr Körber, hatten Sie damals an dem Tag dieselbe Funktion wie der Herr Halmburger? Möglicherweise in einer anderen Schicht, oder wie war das?

Zeuge Kör[ber]:

Ich hatte jedenfalls, ich könnte es nicht sagen, ich nehme es an, es ist bei uns so: Einer fängt um halbneun an und der andere übernimmt um drei. Und das ganze geschah um[o] drei und deswegen hatte ich da Dienst. Ob jetzt Herr Halmburger mein Vorgänger war, oder ob der vielleicht an dem Tag im Urlaub war, oder ob ein anderer die Vorgängerschicht hatte, das weiß ich jetzt nicht mehr genau. Auf jeden Fall die ganze Berichterstattung über diesen Brief, die lag in meiner Schicht.

Richter Ma[ier]:

Die lag in Ihrer Schicht. Und Sie sind sich sicher, [6683] aus Ihrer[p] Erinnerung, daß Sie[q] den Brief in der Hand hatten?

Zeuge Kör[ber]:

[r] Ja.

Vors.:

Sind, bevor wir[s] dem Herrn Zeugen das Schriftstück selbst mal zum Besichtigen vorlegen, oder ein Schriftstück, das es möglicherweise sein könnte, noch Fragen? Herr Bundesanwalt Widera, bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Körber, wenn Sie eine Meldung machen für dpa, wie zeichnen Sie sie im Entwurf?

Zeuge Kör[ber]:

Im Entwurf schreibe ich meinen Namen drunter.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Den vollen Namen?

Zeuge Kör[ber]:

Nein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Wie denn?

Zeuge Kör[ber]:

Ja, Körber.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Also doch den vollen Namen.

Zeuge Kör[ber]:

Ich meinte jetzt unter vollem Namen, Manfred Körber.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen? Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich habe keine Frage, aber ich würde bitten, nach der Vernehmung des Zeugen Körber um eine Pause, von 5 Minuten.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, der Zeuge spricht noch.

Vors.:

Entschuldigung, wir können das vielleicht zurückstellen, bis der Herr Zeuge soweit ist. Ich weiß also, daß Sie[t] im Anschluß an die Vernehmung eine Pause erbitten wollen. Ich gebe Ihnen dann Gelegenheit, das nochmals vorzutragen. Herr Zeuge bitte, Sie haben noch eine Antwort.

Zeuge Kör[ber]:

In dem Fall war meine entscheidende Funktion, nicht die Meldung zu schreiben, sondern sie abzuzeichnen und dann kann man sie erst an den Sender geben.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Wie wird sie gewöhnlich abgezeichnet?

Zeuge Kör[ber]:

Abgezeichnet wurde damals noch mit drei Buchstaben. KOE in dem Fall, heute bloß noch mit zwei, aber es geht ja um damals.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielen Dank.

Vors.:

Keine Fragen sonst? [u] ... Sie wollen also noch eine Frage stellen. Bitte, Herr Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, würden Sie vielleicht dem Herrn Bundesanwalt mal die Interna der Abzeichnung erklären, ich glaube, daß er nämlich auf der falschen Fährte liegt. Es ist doch so, daß, ich stelle es als Frage jetzt, Aie [6684] zeichnen als Chef vom Dienst mit „Koe“ ab. Das heißt aber nicht, daß Sie die Meldung geschrieben haben?

Zeuge Kör[ber]:

Das heißt nicht, daß ich sie geschrieben habe.

RA Schn[abel]:

Eben.

Zeuge Kör[ber]:

Das heißt, daß ich die Meldung übernehme, daß sie jemand anderer geschrieben hat, ... und dann geht sie an den Sender.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Körber, mir ist das klar. Ich hatte auch nicht das erfragen wollen, was der Herr Rechtsanwalt eben mir unterstellt.

Zeuge Kör[ber]:

Weil sonst ... anderer Redakteure überhaupt nicht schreiben lassen, wenn man alles selber schreibt.

RA Schn[abel]:

Herr Bundesanwalt, Sie haben gefragt, wie zeichnen Sie eine Meldung im Entwurf ab, wenn Sie sie abfassen. Sollten Sie anderer Meinung sein, bitte ich das Band zurückzuspulen, denn ich höre genau zu. Das haben Sie gefragt und nichts anderes.

Vors.:

Wir werden das ja später anhand der Protokolle ausdeuten können, was gefragt worden ist und auch die Antworten sehen, die im übrigen dem Gericht alle zu Gehör gekommen sind und hier genau registriert wurden[v]. Wir wissen es auch, wie gefragt worden ist.

Dem Zeugen wird das Original des Schriftstücks - dessen Fotokopie in Ordner 121, Bl. 3/4 und Ordner 87, Blatt 131/132 - vorgelegt, mit der Bitte sich zu äußern, ob ihm dieses Schreiben etwas besagt.

Zeuge Kör[ber]:

Ja, das ist dieses Schreiben, von dem ich vorher sprach.

Vors.:

Wenn Sie das Kuvert vielleicht nochmals auf die Rückseite besichtigen wollen.

Zeuge Kör[ber]:

Ja, diese Nummer ja. Also die Nummer, auswendig wußte ich sie nicht mehr, aber das Bild von dem Kuvert, also nicht bloß der Text, sondern auch vom Bild her ...

Vors.:

Und rückseitig ist noch ein Poststempel enthalten. Aufgedruckt auf dem Kuvert. Ob das auch mit Ihrem Erinnerungsbild übereinstimmt?

Zeuge Kör[ber]:

Es war in München aufgegeben, ja. Und da ist ein Münchner Stempel, also den kann ich nicht mehr so genau ...

Vors.:

Würde also auch dazupassen.

Zeuge Kör[ber]:

Es war auch am gleichen Tag, wenn ich mich daran erinnere, am gleichen Tag aufgegeben worden, offenbar [6685] in den Vormittagsstunden, sonst wäre es wohl am Nachmittag nicht ...

Vors.:

Ja, der Herr Zeuge hat das Schriftstück in Augenschein genommen, von dem sich Ablichtungen im Ordner 121, Bl. 4 und Ordner 87/131 befinden. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge Körber wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 9.52 Uhr entlassen.

Der Zeuge Halmburger wird ebenfalls um 9.52 Uhr endgültig entlassen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie wollten um eine Pause bitten.

RA Schi[ly]:

Wenn ich bitten darf, meine Mandantin hat mich um eine kurze Rücksprache gebeten. Sie wissen, daß sie ausgeschlossen ist[15] und vielleicht ist es doch angemessen, daß Sie mir das kurz ermöglichen. Ich glaube, daß ich mit 5 Minuten auskomme.

Vors.:

Gut, 5 Minuten Pause. Wir treffen uns um 10.00 Uhr wieder.

RA Schi[ly]:

Danke.

Pause von 9.52 Uhr bis 10.04 Uhr

Ende des Bandes 365.

[6686] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.04 Uhr

Rechtsanwälte Schnabel und Schlaegel sind nicht mehr[w] anwesend. Der Zeuge Hack ist anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Hack ist als Zeuge schon anwesend.

Der Zeuge Hack macht folgende Angaben zur Person:

Manfred Hack, 34 Jahre alt,

Fernschreiber, Fürstenfeldbruck ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, wir können es leider akustisch nicht verstehen.

Vors.:

Herr Hack, entschuldigen Sie, es ist nicht verstanden worden. Wir wollen nochmals wiederholen.

[Zeuge Hack:]

Manfred Hack, 34 Jahre alt,

Fernschreiberangestellter, Fürstenfeldbruck, [Anschrift].

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

[Vors.:]

Herr Hack, wo waren Sie im Jahre 72 als Fernschreiber beschäftigt?

Zeuge Ha[ck]:

Bei der deutschen Presseagentur in München.

Vors.:

Ist Ihnen heute noch in Erinnerung, daß 1972 in der Bundesrepublik verschiedene Sprengstoffanschläge stattgefunden haben?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, sicher.

Vors.:

Wissen Sie, daß damals eine Fahndung stattgefunden hat nach einer bestimmten Gruppierung ...?

Zeuge Ha[ck]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Rahmen Ihres Berufes irgendein Ereignis erlebt, daß im Zusammenhang mit dieser Gruppierung stehen könnte?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, es geht da um einen Brief, also soviel kann ich mich noch erinnern da.

Vors.:

Was war mit dem Brief?

Zeuge Ha[ck]:

Ich weiß bloß noch, daß ein Daumenabdruck drauf war.

[6687] Vors.:

Ein Daumenabdruck ...

Zeuge Ha[ck]:

An das kann ich mich noch erinnern.

Vors.:

... Wissen Sie noch wo der Daumenabdruck angebracht war?

Zeuge Ha[ck]:

Nein.

Vors.:

Ich meine, war der am Ende des Briefes oder am Anfang oder in der Mitte?

Zeuge Ha[ck]:

Ich glaube, zum Schluß war das, aber ich weiß es[x] nicht bestimmt.

Vors.:

Nun stehen zum Schluß der Briefe meistens die Unterschriften. War dieser Brief unterschrieben?

Zeuge Ha[ck]:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Wissen Sie nicht mehr. Haben Sie noch eine Ahnung, wann das, was Sie jetzt gerade ansprechen, geschehen sein könnte?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, also das war 72, war das, ja.

Vors.:

1972; können wir es da noch zeitlich etwas näher festlegen, Jahreszeit vielleicht oder zurück auf den Monat, vielleicht kommen wir sogar auf den Tag?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, Moment, des ..., nein, ich weiß es nicht genau.

Vors.:

Sagen Sie das, was Sie noch wissen.

Zeuge Ha[ck]:

Also, ich kann mich erinnern an den Brief da, [y] mit dem Fingerabdruck, mit dem Daumenabdruck oder was das war und das war’s eigentlich, so.

Vors.:

Ja, jetzt geht es um die Zeit, wann das gewesen sein könnte.

Zeuge Ha[ck]:

Ja, ...

Vors.:

Also Sie sagten 1972.

Zeuge Ha[ck]:

Ja, das muß ja aus den Unterlagen hervorgehen, irgendwie.

Vors.:

Ja, wir wollen ja jetzt überprüfen a) ob Sie noch eine eigene Erinnerung an den Vorgang haben und wir müssen ja auch erkennen, ob gewisse Unterlagen, die wir möglicherweise dann nachher uns ansehen, durch Ihre Beschreibung überhaupt in Betracht kommen als diejenigen, die wir hier weiterverfolgen müßten.

Zeuge Ha[ck]:

Ja, also ...

Vors.:

Sie sagten 1972. Könnten Sie sagen anfangs oder Ende 1972 oder Mitte oder irgendwann?

Zeuge Ha[ck]:

Nein, das weiß ich jetzt gerade nicht im Moment.

Vors.:

Und wie sind Sie zur Kenntnis gelangt, daß hier ein Brief mit Daumenabdruck bei Ihnen einlief?

Zeuge Ha[ck]:

Der war im Briefkasten.

Vors.:

Haben Sie damals die Post aus dem Briefkasten holen müssen oder wie kommen Sie ...?

Zeuge Ha[ck]:

Die habe ich geholt, ja.

[6688] Vors.:

Wußten Sie, daß ein Brief im Briefkasten liegt oder ist das die übliche Routineaufgabe gewesen, den Briefkasten zu leeren, für Sie?

Zeuge Ha[ck]:

Nein, da war ein Anruf da, daß im Briefkasten ein Brief drin ist.

Vors.:

Also bevor Sie den Brief abgeholt haben, wurden Sie angerufen?

Zeuge Ha[ck]:

Richtig, ja.

Vors.:

Hat man Sie selbst angerufen oder wurden Sie verständigt von jemanden, es sei angerufen worden?

Zeuge Ha[ck]:

Nein, ich wurde selber angerufen.

Vors.:

Sie selbst haben das Telefongespräch abgenommen?

Zeuge Ha[ck]:

Ja.

Vors.:

Und jetzt versuchen Sie sich doch mal zu erinnern, was damals gesagt wurde am Telefon.

Zeuge Ha[ck]:

Also, ich kann das nur so ungefähr ...

Vors.:

Ja, das ist klar nach der langen Zeit.

Zeuge Ha[ck]:

... es ist wirklich so lange her: Im Briefkasten liegt ein Brief der Baader-Meinhof-Gruppe - oder so ähnlich -, das war ein ganz kurzes Telefongespräch.

Vors.:

Also es läge ein Brief der Baader-Meinhof-Gruppe, erinnern Sie sich daran sicher, daß es die Rede war von der Baader-Meinhof-Gruppe?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, kann man sagen, ja.

Vors.:

Und sind Sie dann sofort zum Briefkasten um das abzuholen?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, ich bin dann sofort runter.

Vors.:

Und was haben Sie nun angetroffen, wie sind Sie dann, wenn Sie was angetroffen haben, weiter verfahren?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, ich hab dann den Brief geholt und aufgemacht und drum kann ich mich genau erinnern, es war ein Fingerabdruck drauf, also ein schwarzer und was dringestanden ist, das weiß ich nicht mehr genau.

Vors.:

Ungefähr, etwa der Richtung nach. Was könnte es geheißen haben, was da drin stand?

Zeuge Ha[ck]:

Nein, das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Mit was hat es sich befasst, wissen Sie es noch?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, sicherlich, der Gruppe da; genau kann ich das wirklich nicht mehr sagen - Freiheit für ... -

Vors.:

Und haben Sie den Brief dann irgendjemand weitergegeben?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, der Redakteur war da und der hat dann die Kriminalpolizei angerufen in München und die sind dann gekommen - ein paar Herren - und die haben den Brief dann abgeholt. Und das war alles eigentlich was ich mitgekriegt habe.

[6689] Vors.:

Haben Sie selbst den Brief im geöffneten Zustand in der Hand gehabt?

Zeuge Ha[ck]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen angewandt dabei?

Zeuge Ha[ck]:

Also meine Fingerabdrücke sind nicht daraufgewesen.

Vors.:

Warum nicht? Herr Hack, warum nicht?

Zeuge Ha[ck]:

Ja, ich habe Handschuh angezogen gehabt.

Vors.:

Ja, eben, Sie haben Handschuhe angezogen, damit ja keine Fingerabdrücke draufkommen von Ihnen, nicht? Und dann ist die Polizei verständigt worden und hat den Brief abgeholt. Meinen Sie, Sie wären im Stande, wenn Sie ein Schreiben hier vorgelegt bekommen könnten, zu beurteilen, daß das gewesen sein könnte oder gewesen ist?

Zeuge Ha[ck]:

Also, nach so langer Zeit bestimmt nicht mehr.

Vors.:

Haben Sie noch irgendeine ... Können Sie Ihr Erinnerungsbild im Zusammenhang mit dem Daumendruck noch auffrischen ein bißchen? Das ist doch etwas ungewöhnliches, daß man so ein Schreiben bekommt.

Zeuge Ha[ck]:

Ja, soviel ich weiß, der war zum Schluß.

Vors.:

Jetzt noch die Frage nochmals, vielleicht fällt es Ihnen ein. War eine Unterschrift beigefügt?

Zeuge Ha[ck]:

Nein, also das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Das wissen Sie nicht, gut. Bevor der Brief vorgelegt wird, es sind im Augenblick seitens des Gerichts keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen. Fragen seitens der Bundesanwaltschaft? Die Herren Verteidiger? Ich sehe nicht, dann wollen wir dem Herrn Zeugen ein Schriftstück übergeben, er soll sich das in Ruhe angucken, ob ihm dieses Schreiben irgendetwas besagt.

Dem Zeugen wird das Originalschreiben des Angeklagten Baader, das in Fotokopie im Personenaktenordner Baader Band I, Bl. 125/126 abgelegt ist, vorgelegt mit der Bitte es anzuschauen, ob ihm das Schreiben etwas sagt.

Zeuge Ha[ck]:

Es könnte sein.

Vors.:

Das könnte er sein. Achten Sie doch bitte vor allen Dingen auf diesen Daumenabdruck und Sie sehen ja jetzt, daß über dem Daumenabdruck hier eine Unterschrift steht. Wenn Sie das jetzt wieder vor Augen haben, weckt das wieder Ihre Erinnerung oder müssen Sie auch heute noch sagen ...?

[6690] Zeuge Ha[ck]:

Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen.

Vors.:

Sehen Sie sonst irgendetwas Charakteristisches an dem Schreiben was Ihnen das Wiedererkennen möglich macht, außer dem Daumenabdruck?

Zeuge Ha[ck]:

Nein.

Das Gericht nimmt das Originalschreiben, das in Fotokopie im Personenaktenordner Baader Band I, Bl. 125/126 abgelegt ist, in Augenschein.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Das Originalschreiben wird nun gemäß § 249 StPO verlesen.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Rechtsanwalt Linke, haben Sie Fragen?

RA Li[nke]:

Nein.

Vors.:

Nicht. Herr Zeuge, ist Ihnen aus dem Text, den Sie gerade gehört haben, irgendeine Passage oder vielleicht der Gesamtinhalt wieder bekannt vorgekommen?

Zeuge Ha[ck]:

Nein.

Vors.:

Nicht. Keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen.

Der Zeuge wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.18 Uhr entlassen.

Vors.:

Ich würde nun bitten, daß wir den Herrn Sachverständigen Schmidt zuerst hören.

Der Sachverständige Schmidt macht folgende Angaben zur Person:

Horst Schmidt, 51 Jahre alt,

Bundeskriminalamt Abt. Kriminaltechnik, Sachbearbeiter für Maschinenschriftuntersuchungen.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ich will vielleicht noch, bevor Sie das dann zu Gesicht bekommen, Sie fragen, dieses Fachgebiet, das Sie bearbeiten, setzt sicherlich eine längere Erfahrungszeit, eine Ausbildungszeit voraus, altersgemäß ist Ihnen das jederzeit möglich gewesen, diese Zeit zu haben. [6691] Können Sie bestätigen, daß Sie sich das notwendige Fachwissen durch praktische Arbeiten in Ihrem Beruf erwerben konnten?

Sachverst. Schm[idt]:

Ich habe diese Tätigkeit begonnen im April 1958 und nach mehr als 3 Jahre, das war im Dezember 1961, eine Prüfung abgelegt und ein Zeugnis erhalten, daß ich als ..., in der Lage bin als Sachverständiger über Maschinenschriften unter anderem, da waren noch andere Untersuchungen, kriminaltechnische Untersuchungsmöglichkeiten, die gelehrt wurden auf einem vorhergehenden Lehrgang, daß ich in der Lage wäre, als Sachverständiger tätig zu sein und Gutachten zu erstatten auf diesem Gebiet, unter anderem Maschinenschriftuntersuchungen.

Vors.:

Dankesehr.

Dem Sachverständigen wird das Originalschreiben mit dem Daumenabdruck, das in Fotokopie im Personenaktenordner Baader Band I, Bl. 125/126 abgelegt ist, vorgelegt mit der Frage, ob er das Schriftstück schon in Händen gehabt hat und ob er sich gutachterlich damit befasst hat.

Sachverst. Schm[idt]:

Dieses Schriftstück hier ist mir im Geschäftsgang zugeleitet worden im Februar 1972, und ich sollte überprüfen, ob die maschinenschriftlichen Teile von einer Schreibmaschine herrühren, deren Schriftbild in der erkennungsdienstlichen Maschinenschriftensammlung des Bundeskriminalamts bereits registriert ist. Diese Auswertung habe ich durchgeführt, sie ergab keine Anhaltspunkte dafür, daß zwischen diesem Schreiben eine Schreibmaschinenidentität besteht. Daraufhin wurde das Schriftstück in der Sammlung erfaßt. Für den Fall, daß weitere Schreiben eingehen, deren Herkunft unbekannt ist, um es dann, wie die anderen bereits in der Sammlung vorhandenen, zu vergleichen mit den neu eingehenden Schriften.

Vors.:

Ja. Und unter welcher Registriernummer wird das erfaßt?

Sachverst. Schm[idt]:

Registriernummer T 7205, die ist hier vermerkt auf dem Schreiben auch. Das geschieht deshalb, weil die Maschine ja noch nicht bekannt war zu diesem Zeitpunkt; mit allen, nicht nur mit diesem Schriftstück, also allen Schriftstücken, die von Schreibmaschinen herrühren, wo wir noch nicht wissen welcher Schreibmaschine sie zuzuordnen sind, die erhalten eine Registriernummer, [6692] damit wir also im Schriftverkehr uns kurz fassen können, sagen nur ein Schriftstück, oder besser gesagt, eigentlich die Schreibmaschine, deren Schriftbild unter T 7205 erfaßt ist in diesem konkreten. Fall, um die geht es.

Vors.:

Um für die Zukunft den Beteiligten den Gang, dann der weiteren Untersuchung solcher Schriftstücke klarzumachen. Wenn Sie jetzt wieder als Sachverständiger ein Schreiben bekommen würden, das Sie derselben Schreibmaschine, nach Ihrer sachverständigen Meinung zuordnen müßten, was geschehe dann?

Sachverst. Schm[idt]:

Also nach dem schriftbildlichen Vergleich aus der ..., der würde, also in dem Falle der Zuordnung würde es darum gehen, die Übereinstimmung festzustellen und das Ergebnis, ob ..., die Schlußfolgerung aus dem erhobenen Befund, ob Schreibmaschinenidentität oder nicht wird den betroffenen Dienststellen mitgeteilt, also im Fall, daß kein Zusammenhang festgestellt wird, wird nur mitgeteilt, das Schriftstück ist registriert worden, wie in diesem Falle. Wurde ein Zusammenhang festgestellt, dann erhalten beide Dienststellen, falls es verschiedene sind, Nachricht, werden informiert in Form eines Gutachtens, daß als das neu vorgelegte Schriftstück schreibmaschinenidentisch ist mit einem zweiten, bereits in der Sammlung einliegenden.

Vors.:

Würde dann ein solches zweites Schriftstück auch unter derselben Nummer abgelegt?

Sachverst. Schm[idt]:

Würde unter derselben Nummer abgelegt. Ich deutete es vorhin bereits an, es geht eigentlich um die Bezeichnung einer Schreibmaschine, nur weil uns die konkrete Bezeichnung fehlt, wird eine Arbeitsbezeichnung hier angenommen, eine Registriernummer.

Vors.:

Danke. Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Schmid, könnten Sie uns nun sagen, was eigentlich die charakteristischen Merkmale dieser Schrift T 7205 sind?

Sachverst. Schm[idt]:

Die Schreibmaschine, um die es hier geht, ist mit einer Pika-Druckschrift ausgestattet. Also wir kennen verschiedene Schriftarten und -größen, Druckschrift bezieht sich auf den Schriftcharakter und Pika auf die Schriftgröße. Und zwar ..., es gibt da mehrere, hier in diesem Fall handelt es sich ..., ich habe zwar diese Untersuchung nicht durchgeführt, habe keine Systembestimmung gemacht, ich kann das aber, weil ich bevor ich hierhergekommen bin, mir das nochmal vorgenommen habe, ...

[6693] Richter Mai[er]:

Dann erübrigt es sich, glaube ich, Herr Schmidt, wenn das also nicht auf Ihren eigenen Untersuchungen beruht.

Sachverst. Schm[idt]:

Es war nicht Gegenstand der Untersuchung damals.

Richter Mai[er]:

Ja danke, ist erledigt.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Sachverständigen? Ich sehe nicht. Wird ein Antrag gestellt auf Beeidigung, kann der Herr Sachverständige nach § 79[ StPO] unbeeidigt bleiben?[16]

Anträge auf Vereidigung werden nicht gestellt.

Der Sachverständige Schmidt bleibt gemäß § 79 StPO unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.26 Uhr entlassen.

Vors.:

Herr Wollny, darf ich Sie dann bitten.

Der Sachverständige Wollny macht folgende Angaben zur Person:

Alfred Wollny, 53 Jahre alt, Sachbearbeiter und Sachverständiger für Daktyloskopie beim Bayrischen Landeskriminalamt in München, München 19, Maillingerstraße 15.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ich bitte Sie, Ihre Qualifikation ganz kurz anzuschneiden.

Sachverst. Wo[llny]:

Ich bin seit 1947 im Erkennungsdienst tätig, habe mich 1950 zum Sachverständigen für Daktyloskopie qualifiziert und bin seit dieser Zeit als Sachverarbeiter und Sachverständiger beim Bayrischen Landeskriminalamt für Daktyloskopie tätig.

Dem Sachverständigen Wollny wird das Originalschreiben mit dem Daumenabdruck, das in Fotokopie im Personenaktenordner Baader Band I, Bl. 125/126 abgelegt ist, vorgelegt mit der Frage, ob er sich damit befaßt hat.

Sachverst. Wo[llny]:

Ja, ich habe mich mit dem Schreiben befasst. Gegenstand meines Gutachtens ist die Untersuchung dieses Schreibens und des Briefumschlages mit der Unterschrift A. Baader daraufhin

1.: ob der Fingerabdruck unter der Unterschrift A. Baader vom Herrn Baader stammt.

2.: Festzustellen, ob sich an dem Schreiben und dem Briefumschlag [6694] noch latente daktyloskopische Spuren des Herrn Baader befinden. Im Zuge des Geschäftsganges wurde mir dieser Brief und der dazugehörige Briefumschlag zur Untersuchung übergeben. Ich habe die Untersuchung durchgeführt und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

1. Der unter die Unterschrift A. Baader gesetzte Fingerabdruck ist identisch mit dem rechten Daumenabdruck des Herrn Baader.

2. Zur Sichtbarmachung latenter daktyloskopischer Spuren wurden die Ränder des Schreibens und der Briefumschlag mit Ninhydrin behandelt. Ninhydrin wird in diesem Fall als Nachweisreagent der Aminosäure und Eiweißbestandteile der Hauterscheinung angewandt und auf diese Weise werde latente Spuren sichtbar gemacht. Nach dieser Ninhydrinbehandlung wurden an dem Brief daktyloskopische Spuren sichtbar, von denen zwei Fingerspuren und eine Teilhandflächenspur zum Nachweis einer Identität brauchbar sind. Eine Spur ist dann zum Nachweis einer Identität brauchbar, wenn sie mindestens 12 anatomische Merkmale zeigt. Diese zwei Fingerspuren und die Handflächenspur wurden mit denen in der Sammlung beim Bayrischen Landeskriminalamt einliegenden Fingerabdrücken des Herrn Baader verglichen. Dieser Vergleich hat ergeben, daß die zwei Fingerspuren mit dem linken Ringfingerabdruck des Herrn Baader identisch sind. Die Handflächenspur wurde mit denen bei BLKA einliegenden Handflächenabdrücken des Herrn Baader verglichen und auch hier wurde Identität mit dem linken Handflächenabdruck des Herrn Baader festgestellt. An dem untersuchten Briefumschlag waren keine brauchbaren daktyloskopische Spuren festgestellt. Die Beweiskraft der Daktyloskopie, wenn ich das ganz kurz ansprechen darf, beruht auf zwei wissenschaftlich[z] und international anerkannten Grundsätzen: 1. Die Papillarlinienbilder, das sind die[aa] in Finger ..., Handflächen und Fußsohlen der Menschen befindlichen Hautleistenfiguren sind von der Geburt bis in den Tot hinaus, bis zur restlosen Zerstörung der Haut, von Natur aus unveränderlich

- Grundsatz Nr. 1 -

2. Jeder Mensch hat andere Papillarlinienbilder. Für den Nachweis einer Identität von Fingerabdrücken ist es erforderlich, daß die zu vergleichenden Abdrücke neben der Übereinstimmung der Grundmuster des Papillarlinienverlaufes auch Übereinstimmung der sogenannten anatomischen Merkmale aufweisen. Als anatomische Merkmale werden alle Besonderheiten bezeichnet, die eine Abweichung vom normalen Verlauf der Papillarlinien darstellen wie z. B. beginnende [6695] und endende Linien, Gabelungen, Einlagerungen, Augenbildungen, Inselbildungen usw. Stimmt eine bestimmte Anzahl dieser anatomischen Merkmale nach Form und Lage zueinander als auch zum Gesamtpapillarlinienbild überein, dann sehen wir nach den Grundsätzen der Daktyloskopie den Beweis der Identität als erbracht. Ich habe im vorliegenden Fall diese Übereinstimmung der anatomischen Merkmale nach Form und Lage zueinander, als auch zu den Gesamtpapillarlinienbildern, sowohl in den Abdrücken auf diesem Schreiben, wie auch den Vergleichsfinger und dem Handflächenabdruck des Herrn Baader festgestellt. Damit steht nach den Grundsätzen der Daktyloskopie einwandfrei fest, daß der Fingerabdruck unter der Unterschrift des Herrn Baader, unter der Unterschrift A. Baader, mit dem rechten Daumen des Herrn Baader identisch ist und daß die beiden Fingerspuren jeweils mit dem linken Ringfingerabdruck identisch sind und die Handflächenspur von der linken Hand des Herrn Baader verursacht wurde. Zur Vorlage beim Gericht habe ich von jeder Identität ein Lichtbildbogen gefertigt und habe jeweils den Abdruck des Schreibens mit dem identischen Vergleichsabdruck in dem Lichtbildbogen gegenübergestellt; 12 der identischen anatomischen Merkmale habe ich in den Fingern gekennzeichnet und mit Ziffern versehen und in der Handfläche 16 der übereinstimmenden anatomischen Merkmale.

Vors.:

Darf ich fragen zu der Zahl 12, ist das nach allgemeiner Erkenntnis ...

Sachverst. Wo[llny]:

Nach den im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen werden grundsätzlich 12 anatomische Merkmale zum Nachweis einer Identität erforderlich. Diese Grenze darf nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen unterschritten werden.

Vors.:

Da steckt also schon einer gewisser Sicherheitszuschlag dazu ...

Sachverst. Wo[llny]:

So ist es.

Vors.:

... wenn ich Sie richtig verstanden habe?

Sachverst. Wo[llny]:

Jawohl, so ist es.

Der Sachverständige Wollny übergibt dem Gericht eine beglaubigte Fotokopie der Fingerabdrücke - siehe Anlage 2 zum Protokoll - und der Handflächenabdrücke - siehe Anlage 3 zum Protokoll - des Angeklagten Baader, mit dem Hinweis, daß sich die Originalunterlagen in der Sammlung des Bayrischen Landeskriminalamtes befinden.

[6696] Sachverst. Wo[llny]:

Ich habe hier eine Lichtbildmappe mit dem rechten Daumenabdruck des Herrn Baader.

Der Sachverständige übergibt eine Lichtbildmappe mit dem rechten Daumenabdruck des Angeklagten Baader. Die Lichtbildmappe wird dem Protokoll als Anlage 4 beigefügt.

Sachverst. Wo[llny]:

Wieder ein Lichtbildbogen mit der Identität des linken Ringfingers.

Der Sachverständige übergibt einen Lichtbildbogen mit dem Abdruck des linken Ringfingers (Fingerspur auf dem Schreiben links von der Unterschrift A. Baader). Der Lichtbildbogen wird dem Protokoll als Anlage 5 beigefügt.

Sachverst. Wo[llny]:

Nocheinmal der linke Ringfinger.

Der Sachverständige übergibt einen Lichtbildbogen mit dem Abdruck des linken Ringfingers (Fingerspur auf der Vorderseite am linken Rand des Schreibens mit der Unterschrift A. Baader). Der Lichtbildbogen wird dem Protokoll als Anlage 6 beigefügt.

Sachverst. Wo[llny]:

Und nun den Lichtbildbogen ... Identität des linken Handflächenabdruckes, wobei ich die Vergrößerung der Handfläche mit dazugegeben habe und hier eingezeichnet habe.

Der Sachverständige übergibt einen Lichtbildbogen mit dem Abdruck der linken Handfläche des Angeklagten Baader.

Der Lichtbildbogen wird dem Protokoll als Anlage 7 beigefügt.

Das Gericht nimmt nun die Vergleichsabdrücke (Anlage 2 + 3 zum Protokoll) und die Lichtbildbogen (Anlage 4 - 7 zum Protokoll) in Augenschein.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit an der Augenscheineinnahme teilzunehmen.

Zu Anlage 2 zum Protokoll

Sachverst. Wo[llny]:

Ich habe auf einer Ablichtung dieses Schreibens die Lage der Spuren noch einmal in einer Zustandsaufnahme festgehalten. Das ist der rechte Daumen und neben dem rechten Daumen befindet sich der Zeige- Mittel- Ring- und Kleinfinger der linken Hand, wovon der linke Ringfinger daktyloskopisch auswertbar ist. Das heißt, in diesem linken Ringfinger zeigen sich 12 und mehr übereinstimmend anatomische Merkmale.

[6697][17] [6698][18] [6699][19] [6700][20] [6701][21] [6702][22] [6703] Zu Anlage 7 zum Protokoll:

Sachverst. Wo[llny]:

In diesem Lichtbildbogen sind in den Fingern, wie ich hier schon ansprach, 12 der übereinstimmenden anatomischen Merkmale gekennzeichnet und in der Handflächenspur 16. Ich bin selbstverständlich in der Lage, dem Gericht die anatomischen Merkmale zu erklären und Lage und Form der Merkmale zu erläutern. Eine Identität ist dann gegeben, wie ich es schon angesprochen habe, wenn die Möglichkeit besteht von Merkmal zu Merkmal fortzufahren und diese Übereinstimmung einwandfrei erkennbar ist.

Der Sachverständige demonstriert anhand des Lichtbildbogens mit dem linken Handflächenabdruck (Anlage 7 zum Protokoll) die Übereinstimmung der Merkmale.

Sachverst. Wo[llny]:

Es handelt sich in diesem Fall um eine Teilhandflächenspur, die sich[bb] an der linken Seite des Briefes befand und zwar ist hier dieser Teil; ein Teil, wie wir Daktyloskopen sagen, der Fingerwurzelpartie. Das Delta ist auch hier noch einwandfrei zu erkennen. Ich beginne bei Merkmal 1. Merkmal 1 ist ein eingelagertes Linienfragment; hier im Vergleichsabdruck, hier in der Spur. Merkmal 2 ist ein eingelagertes Linienstück. Zwischen Merkmal 1 und 2 läuft eine Papillarlinie - Merkmal 1 und 2 eine Papillarlinie -. Merkmal 3 Beginn einer nach rechts verlaufenden Linie. Zwischen Merkmal 2 und 3 - Merkmal 2 und 3 - liegt wiederum eine Papillarlinie. Merkmal 4 ist eine nach rechts verlaufende Papillarlinie; auch hier in der Spur eine nach rechts verlaufende Papillarlinie. Zwischen Merkmal 3 und 4 befinden sich 5 Papillarlinien. Merkmal 5 ist wiederum eine ..., der Beginn einer nach rechts verlaufenden Papillarlinie. Zwischen Merkmal 4 und 5 liegen zwei Papillarlinien. Und jetzt machen wir einen großen Sprung und gehen runter zu Merkmal 6. Merkmal 6 ist der Beginn einer nach links verlaufenden Linie - Spurenvergleichsabdruck -. Zwischen Merkmal 5 und 6 liegen 15 Papillarlinien. Merkmal 7 ist der Beginn einer nach rechts verlaufenden Linie und liegt unmittelbar links von Merkmal 6. Merkmal 8 ist der Beginn einer nach rechts verlaufenden Linie und liegt 2 Linien oberhalb Merkmal 7. Soll ich weiter fortfahren?

Vors.:

Ist jemand interessiert, daß das weiter demonstriert wird? Ich glaube nicht. Wir danken Ihnen.

[6704] Der Vorsitzende stellt fest, daß das Stammblatt (Anlage 2[cc] zum Protokoll) gekennzeichnet ist mit Name, Geburtstag, Geburtsort, Beruf und letzter Wohnort des Angeklagten Baader.

Sachverst. Wo[llny]:

Ja, das sind die Vergleichsunterlagen, die sich in der 10-Fingerabdrucksammlung des bayrischen Landeskriminalamtes befinden. Das Fingerabdruckblatt und das Handflächenabdruckblatt in der Handflächenabdrucksammlung des bayrischen Landeskriminalamtes in München. Ich habe diese Ablichtungen bestätigen lassen, sie sind amtlich beglaubigt.

Es wird festgestellt, daß das Stammblatt (Anlage 2[dd] zum Protokoll) amtlich beglaubigt wurde.

Vors.:

An den Herrn Sachverständigen weitere Fragen? Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Sachverständiger, Sie haben geschildert 12 Merkmale und haben das, glaube ich, so mit den Worten gekennzeichnet, nach den in der Bundesrepublik geltenden Regeln. Das klingt so nach Normcharakter. Wer setzt denn solche Normen fest, also wer setzt fest, wieviele Merkmale erforderlich sind?

Sachverst. Wo[llny]:

Grundsätzlich bestehen die Richtlinien für die daktyloskopische Auswertung und den Identitätsnachweis schon mehr als 50 Jahre. Seinerzeit hat das Reichskriminalpolizeiamt im Zusammenarbeit mit den Ländern Richtlinien festgesetzt, nach dem ein Identitätsnachweis dann gegeben ist, wenn in der Spur 8 - 12 Merkmale nach Form und Lage übereinstimmen. Nach dem letzten Krieg hat erneut eine Konferenz zwischen den Erkennungsdiensten aller Bundesländer und dem Bundeskriminalamt stattgefunden, in denen für das Bundesgebiet im Strafprozeßbereich des Bundesgebiets geltenden Bestimmungen die Identitätsfeststellung nur dann vor Gericht zu vertreten ist, wenn grundsätzlich mindestens 12 anatomische Merkmale nach Form und Lage zueinander, als auch zum Gesamtpapillarlinienbild festzustellen sind. Aufgrund dieser Bestimmung wird einheitlich im Bundesgebiet danach verfahren.

RA Schi[ly]:

Also das ist eine Vereinbarung, jetzt früher einer anderen Institution, Sie sagen vor 50 Jahren, und nun novelliert durch das Bundeskriminalamt mit allen Erkennungsdiensten, ja?

[6705] Sachverst. Wo[llny]:

Ja. Das ist eine Empfehlung.

RA Schi[ly]:

Eine Empfehlung. Aber Sie sagen ja, die Richtlinien haben Sie ja auch gesagt.

Sachverst. Wo[llny]:

Ja, eine Empfehlung, eine richtungsweisende Empfehlung, so ist es vielleicht besser gesagt.

RA Schi[ly]:

Dann habe ich keine Fragen mehr, danke.

Vors.:

Wird sonst eine Frage gewünscht? Ich sehe nicht. Wird Beeidigung beantragt? Keine Beeidigung beantragt.

Anträge auf Vereidigung werden nicht gestellt[ee].

Der Sachverständige Wollny bleibt gem. § 79 StPO unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.45 Uhr entlassen.

Der Sachverständige übergibt das Schreiben des Bayrischen Landeskriminalamtes vom 29.12.1975.

Dieses Schreiben wird als Anlage 8[ff] zum Protokoll genommen.

Der Sachverständige Windhaber macht folgende Angaben zur Person:

Franz Windhaber, 63 Jahre alt,

Dipl. Ing., Chemiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundeskriminalamt, wohnh. in Wiesbaden.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Sachverständige, wir haben zunächst auch an Sie die allgemeine Frage zu richten über die Qualifikation.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Ich bin auf dem Sektor Urkundenprüfung tätig seit dem Jahre 1949, zuerst Amt für die britische Zone in Hamburg, daraus ging das Bundeskriminalamt hervor und seitdem im Bundeskriminalamt als Sachverständiger tätig, generell auf dem Sektor Urkundenprüfung, einschließlich Materialprüfung, Drucktechnik und Maschinenschriftauswertung.

Vors.:

Es war heute die Rede von 2 Schriftstücken. Sie haben das mitverfolgt.

[6706][23] [6707] Dem Sachverständigen Windhaber wird das Originalschreiben, das in Fotokopie im Ordner 121 Blatt 3/4 und im Ordner 87 Blatt 131/132 abgelegt ist, und das Originalschreiben, das in Fotokopie im Personenaktenordner Baader Band I, Bl. 125/126 abgelegt ist, vorgelegt mit der Bitte sich zu äußern, ob er diese Schriftstücke schon in Händen gehabt hat und was das Ergebnis war.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Ja, das hatte ich in Händen und zwar hatte ich auf kriminaltechnischen Wege zu prüfen, ob zwischen dem Brief vom 24.1.1972, sogenannten Baader-Brief, der an dpa München adressiert ist ...

Vors.:

Der mit dem Daumendruck, um das zu unterscheiden.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

... jawohl und zwischen dem RAF-Schreiben vom 14. Mai 1972 desgleichen an dpa München adressiert Schreibmaschinenidentität besteht. Mit anderen Worten, ob der Baader-Brief vom 24.1.1972 und das RAF-Schreiben vom 14. Mai 1972 mit Hilfe ein und derselben Schreibmaschine geschrieben war.

Ende Band 366

[6708] Sachverst. Wi[ndhaber]:

Die im Sinne der Frage durchgeführte lupentechnische und meßtechnische Auswertung der Schriftbilder des Baader-Briefes und des RAF-Schreibens führt zur sicheren Erkenntnis, daß die konfrontierten Maschinenschriften sowohl in[gg] den Systemelementen als auch in den Typen-Formdefekten und mit den Typen-Justierungsdefekten absolut übereinstimmen. Bei diesen Typen-Formdefekten handelt es sich vor allem um die Typen[hh] TUß, bei den Justierungsdefekten um das PSAEZGBFHDR. Aufgrund dieser übereinstimmenden individualcharakteristischen Merkmalskomplexe steht mit Sicherheit fest, daß der Baader-Brief vom 24.1.1972 und das RAF-Schreiben vom 14. Mai 1972 mit Hilfe ein- und derselben Schreibmaschine gefertigt worden sind.

Vors.:

Das würde also bedeuten, daß es die Maschinenschrift ist, die ...

Sachverst. Wi[ndhaber]:

... zur Niederschrift des Baader-Briefes benutzt worden ist; sie ist auch benutzt worden zur Niederschrift des RAF-Schreibens vom 14. Mai 1972, ...

Vors.:

... so daß das hier ein Anwendungsfall der Unterbringung unter derselben Arbeit ...

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Genau.

Vors.:

... wäre. Beide Schreiben müßten demnach unter T 7205[ii] ...

Sachverst. Wi[ndhaber]:

...und sind auch unter dieser Nummer registriert.

Vors.:

Ist Ihnen auch damals schon oder später eine Maschine vorgeführt worden, die zu dieser Schrift passen würde?

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Ja, und zwar hatte ich eine „Erika“-Schreibmaschine bekommen, d. h. Schriftproben sind von dieser Maschine genommen worden, die in Frankfurt, Inheidener[jj] Straße,[24] asserviert wurde, und diese Schreibmaschine ist desgleichen aufgrund dieser übereinstimmenden Merkmalskomplexe unter T 7205 im zentralen Schreibmaschinenerkennungsdienst des BKAs erfaßt worden, d. h. mit anderen Worten jetzt ausgedrückt:

Diese „Erika“-Schreibmaschine mit der Nr. 571 609/6 ist zur Niederschrift sowohl des Baader-Briefes als auch zur Niederschrift des RAF-Schreibens benutzt worden.

Vors.:

Danke schön. Ich hab keine Frage mehr.

Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, haben Sie evtl. auch die Asservatennummer der soeben genannten Schreibmaschine?

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Da muß ich mal nachsehen.

[6709] Asservaten-Nr. - das ist aber vom Amt die Nummer - 7716; und von der Dienststelle hab ich sie nicht. Das war die Asservat-Nummer AGS E 23.1.528 - AGS E 23 V-31.

Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, das V kann möglicherweise auch eine römische Fünf sein - und dann ein Strich 31.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Bindestrich, ja.

Richter Mai[er]:

Was anderes noch, Herr Sachverständiger:

Haben Sie ähnliche oder gleichlautende Schreiben wie das vom 14.5.1972 noch begutachtet, die also etwa denselben Text hatten?

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Ja, ich kann mich erinnern.

Richter Mai[er]:

Haben Sie da heute Ihre Unterlagen dabei?

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Nein, die hab ich nicht mit.

Richter Mai[er]:

Wir werden Sie ja später noch hören.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Und zwar, ich meine, daß Sie damit die Briefe anschneiden, die seinerzeit wiedergegeben worden sind ... die Nr. 9.

Richter Mai[er]:

Wenn Sie Ihre Unterlagen nicht dabei haben, Herr Sachverständiger, ist bei der Vielzahl der Gutachten, die Sie erstattet haben, naheliegend, daß Sie das wahrscheinlich ...

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Da ist eine Vermutung ausgesprochen, daß es diese „Erika“-Schreibmaschine gewesen sein könnte, die zur Niederschrift glaube ich vom 16., 20., 14. Mai - Schreiben, ja?

Richter Mai[er]:

Da kommen wir später drauf zurück. Danke schön.

Sachverst. Wi[ndhaber]:

Kommando „2. Juni“.

Vors.:

Sonstige Fragen? Beim Gericht seh ich nicht.

Die Herrn der B. Anwaltschaft? Nein.

Die Herrn Verteidiger? Nicht.

Wird ein Antrag auf Vereidigung des Herrn Sachverständigen gestellt? Ich sehe, nicht.

Anträge auf Vereidigung werden nicht gestellt.

Der Sachverständige Windhaber bleibt unbeeidigt nach § 79 StPO und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.53 Uhr entlassen.

Die Aussagegenehmigung[25] des SV Windhaber wird als Anl. 9 zum Protokoll genommen.[kk]

Wir sind damit am Ende des Vormittags-Beweisprogrammes. Heute nachmittag wird noch der Zeuge Dengler, der ja vorgezogen worden ist, gehört. Wir kommen damit heute nachmittag bereits zu dem Sprengstoffanschlag in Heidelberg.

[6710][26] [6711] Bis dahin - 14.00 Uhr - Unterbrechung.

Pause von 10.53 Uhr bis 14.05 Uhr

Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.05 Uhr:

RA Herzberg (als ministeriell bestellter Vertreter von RA Schlaegel) ist auch anwesend.

RA Schnabel ist wieder anwesend.

Als Zeuge ist erschienen: KHM Dengler.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Es ist festzustellen, daß Herr RA Herzberg Herrn RA Schlaegel heute nachmittag vertritt - die Vertretung wird ausdrücklich genehmigt.

Es ist noch von heute früh nachzutragen, bei dem Allgemeinen, bekanntzugeben, daß Frau Meinhof RA Mairgünther das Mandat entzogen hat, so daß Herr RA Mairgünther von der Verteidigerliste zu streichen ist.

Es handelt sich um Herrn Raspe, um es richtig zu sagen, der diese Veränderung gewünscht hat.

Wir haben jetzt noch Herrn Dengler als Zeugen.

Der Zeuge KHM Dengler wird gern. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge De[ngler]:

Erich Dengler, 43 Jahre, verh. Kriminalhauptmeister, Angehöriger des LKAs Stuttgart,

Hölderlinplatz 1;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Dengler, ist Ihnen bekannt, daß im Jahre 1972 im Mai in Heidelberg ein Sprengstoffanschlag im dortigen US-Hauptquartier ausgeführt wurde?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

Vors.:

Sind Sie in die Ermittlungen damals eingeschaltet gewesen?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

[6712] Vors.:

Hat sich’s dabei um unmittelbare Ermittlungen nach dem Anschlag gehandelt oder erst bei der etwas später durchgeführten Spurensicherung?

Zeuge De[ngler]:

Meine Feststellungen habe ich begonnen am Tage nach der Tat.

Vors.:

Das wäre dann gewesen der ...

Zeuge De[ngler]:

... 25. Mai 1972.

Vors.:

Wir können also davon ausgehen, daß Sie bei der Spurenermittlung insbesondere eingesetzt waren.

Ist das richtig?

Zeuge De[ngler]:

Bei Feststellungen über sichergestellte Spuren war ich eingesetzt.

Vors.:

Sind hier irgendwelche besonderen Stücke zu erwähnen, die Sie damals zwecks Ermittlung vor die Augen bekamen und denen Sie dann auch weiter nachgegangen sind?

Zeuge De[ngler]:

Ja. An beiden Orten innerhalb des Hauptquartieres wurden ja nach den Explosionen Teile der verwendeten Bomben aufgefunden. Es handelte sich am einen Tatort um den Splitter einer Propangasflasche, d. h. genauer gesagt, um den Splitter des Halsringes einer Propangasflasche, und es handelte sich beim zweiten Explosionsort um einen ganzen Halsring einer größeren Propangasflasche.

Diese beiden sichergestellten Teile der Explosionskörper, des Sprengsatzes bekamen wir in der Ermittlungsgruppe mit dem Auftrag, Feststellungen über diese Spuren, insbesondere über die in den Teilen enthaltenen Zahlen und Zeichen festzustellen.

Vors.:

Können Sie nun irgendeine dieser Zahlen noch benennen, so daß wir jetzt sehen könnten, welches Stück Sie im Auge haben?

Zeuge De[ngler]:

Ich würde vielleicht bei diesem Halsringsplitter mal beginnen, wenn das Ihre Reihenfolge wäre.

Bei dem Halsringsplitter handelte es sich um das Teil einer ... wahrscheinlich einer 11 kg Butan-Propangasflasche.

Vors.:

Könnten wir mit dem andern Splitter beginnen, den Sie vorhin als einen ganzen Halsring bezeichnet haben?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

Vors.:

Können Sie irgend etwas von der Bezeichnung, von der Punzierung, wie es ja fachmännisch heißt, diese Splitter uns noch angeben, damit wir die Identität notfalls überprüfen können?

[6713] Zeuge De[ngler]:

Ja, es sind mir noch einige Zeichen, die eingestanzt waren und noch erkennbar waren, in Erinnerung.

Zunächst war da ein N, also wie Nordpol, sichtbar.

Ich füge vielleicht gleich die Feststellungen jeweils zu den Zeichen hinzu.

Vors.:

Nein. Wir wollen Ihnen dann gleich das Beweisstück nachher noch übergeben, damit Sie’s selbst vergleichen können. Wir wollen nur mal sehen, ob Sie aus dem Gedächtnis noch irgendwelche Kennzeichen uns sagen können.

Zeuge De[ngler]:

Dieses große N. Dann waren Zahlengruppen, römische Zahlen, ich glaube, eine römische II enthalten. Dann waren Zahlen mit Komma sichtbar - 3,25 war wohl eine Angabe -, und dann war noch die Herstellungsnummer der Flasche, die ich noch als G und hinter der Nummer 1778 in Erinnerung habe.

Dem Zeugen wird das Asservat B 52 Pos. 2.1

- eingeschweißter Halsring einer Flüssig-Gasflasche -

vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob es sich um dieses Beweisstück handelt, das er gesehen hat.

Es handelt sich um das aufgefundene Sprengstück mit den Einprägungen, wie sie damals bereits vorhanden und festgestellt ... vorhanden waren und festgestellt wurden.

Vors.:

Sie erkennen also dieses Beweisstück wieder, wenn ich Sie recht verstehe?

Zeuge De[ngler]:

Ich erkenne es als das damalige Beweisstück wieder.

Vors.:

Und jetzt haben wir ja im Grunde genommen nur zwei Fragen an Sie, die natürlich weitere Fragen ergeben wahrscheinlich.

Das erste:

Wie sind Sie zu dem Beweisstück gelangt? Was haben Sie gehört, wo es gefunden worden ist? Und welche Ermittlungen haben Sie dann angestellt und getroffen bezüglich der Bedeutung dieser Eintragungen auf dem Beweisstück?

Zeuge De[ngler]:

Das Beweisstück erhielt ich von dem kriminaltechnischen Beamten des BKAs, der damals schon früher am Tatort war, und er sagte mir, daß es sich um einen Teil handelt, das am Tatort I, also d. h. Tatort Ford Pkw, aufgefunden wurde.

Vors.:

Wie ist der Name dieses Beamten?

[6714] Zeuge De[ngler]:

Es handelt sich hierbei um den KHK Krapf oder Krapp, so hab ich ihn also in Erinnerung.

Vors.:

Hat er Ihnen erklärt, woher er das Stück hatte? Hat er es selbst gefunden oder wiedervermittelt bekommen?

Zeuge De[ngler]:

Darüber weiß ich nicht Bescheid; ich habe angenommen, daß er es, wie er sagte, aus der Umgebung des Tatorts hatte. Aber ich weiß nicht, ob er es dort selber entdeckt hat oder ob es ihm von anderen Personen übergeben wurde.

Vors.:

Und nun die Frage nach den Ermittlungen, die Sie hinsichtlich dieses Stückes angestellt haben, wobei Sie etwas in der Luft hängen - wir haben Sie ja, weil Sie morgen verhindert sind, vorziehen müssen.

Ist es richtig, daß Sie zusammengearbeitet haben mit dem morgen erwarteten Zeugen Weinmann?

Zeuge De[ngler]:

Jawohl, ...

Vors.:

... so daß also Ihre Aussagen auch darauf Rücksicht nehmen können, daß wir ja Erhebliches auch über Herrn Weinmann dann erfahren können.

Sie sollten also nur[ll] das schildern, was Sie aus eigenem Wissen haben und nicht etwa das einfließen lassen, was Ihnen vielleicht durch Herrn Weinmann dann bekanntgeworden ist.

Zeuge De[ngler]:

Wir haben uns zunächst mit diesem Teil an die in Mannheim ja bekannte Fa. Butan gewandt, um Erkundigungen einzuholen, um Feststellungen zu treffen von sachkundigen Personen, die mit Gasflaschen umgehen, über die Bedeutung der Einprägungen.

Vors.:

Wie kamen Sie auf die Fa. Butan?

Zeuge De[ngler]:

Die Fa. Butan war allgemein in Heidelberg als Hersteller von Flüssig-Gasflaschen bekannt.

Vors.:

Wenn Sie das Beweisstück genau ansehen wollen?

Zeuge De[ngler]:

Es ist auch die Bezeichnung Butan enthalten, und es hat sich dann rausgestellt, daß die Bezeichnung Butan einen Hinweis gibt auf die Herstellerfirma.

Vors.:

Eben, so daß man doch annehmen kann, daß Sie deshalb zu der Firma gegangen sind, weil diese Punzierung oder der Name der Firma eingestanzt ist.

Ist das richtig?

Zeuge De[ngler]:

Richtig.

[6715] Dort erhielten wir also erste Informationen über die übliche Stanzweise, über die üblichen Daten und Einstanzungen auf derartigen Flaschenhalsringen. Es wurde dann - möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt - vereinbart, daß auch Angehörige des TÜV Mannheim, die mit der Prüfung von Gasflaschen regelmäßig zu tun haben, einmal bei einer informatorischen Erkundigung zugegen waren und auch ihre Erfahrungen jeweils über diese Einstanzungen uns, die wir uns ja mit derartigen Gepflogenheiten bei Flüssig-Gasflaschen zunächst nicht auskannten, uns da mal grob informierten.

Wir haben dann also uns sagen lassen, daß es sich bei der Nr. G 1778 um die Herstellernummer handelt, d. h. also um die Nummer, die der Hersteller der Flüssig-Gasflasche in den Halsring einprägt: G 1778, die Nummer des Herstellers.

Der Hersteller, wie bereits erwähnt, ist die Fa. Butan KG, Berlin. Die Bezeichnung N vor einer Zahlenreihe, durch einen Punkt getrennt, bedeute, so wurde uns erklärt, das Glühwertzeichen der Gasflasche und heiße „normalgeglüht“.

Dann ist erkennbar eine 27, die Zahl 27 - in der Reihenfolge nach rechts weiter - diese Zahl bedeute eine Angabe über den sog. Streckwert des Materials.

Nach einem Punkt die römische Zahl II - das sei eine Aussage über die Qualität des Materials.

Wieder durch einen Punkt getrennt die Zahl 3.25. Über diese Zahl wurde uns die Auskunft erteilt, daß das die Stärke des Materials sei.

Dann ist noch ein Zeichen enthalten: Das ist ein großes K im Kreis. Über dieses Zeichen herrschte zunächst einige Unklarheit; selbst Sachverständige des TÜV, die, wie ich bereits erwähnt habe, zugegen waren, konnten sich von diesem Zeichen zunächst überhaupt nichts vorstellen, wogegen dann wieder klar war, daß die Zahl 33,5 das Gewicht der Flasche darstellt.

Vors.:

Gefüllt oder leer?

Zeuge De[ngler]:

Das heißt - genau gesagt - das Leergewicht der Flasche - nochmals was genauer gesagt - bedeutet das - mit der Einschränkung, wenn ich es noch recht in Erinnerung habe - das Leergewicht der Flasche, ohne Flaschenfuß, ohne Halterungen, ohne Glocken- [6716] kappe, ohne Armaturen - also das Gewicht der Flasche, wie sie vom Hersteller auf die Waage gebracht wird, allenthalben Leergewicht genannt.

Dann ist noch sehr schwer erkennbar - wir haben es damals mit Kreide sichtbar gemacht - ein im Kreis befindliches Zeichen, von dem ich glaube, daß es das TÜV-Zeichen des TÜVs Berlin sein könnte; aber hier kann ich mich ganz sicher nicht mehr festlegen. TÜV 1 bedeutet, soviel ich weiß, Technischer Überwachungsverein Berlin.

Vors.:

Das würde also bedeuten, daß der Technische Überwachungsverein bei diesen Flaschen die Hände im Spiel hat.

Haben Sie geklärt, in welcher Form?

Zeuge De[ngler]:

Der Technische Überwachungsverein prüft die Flasche nach Herstellung hinsichtlich des Flaschendrucks, und er prüft alle zehn Jahre die Flasche auf ihre Betriebssicherheit.

Vors.:

Haben Sie sich nun grade dieser Frage noch etwas zugewandt dieser Prüfungen, etwa in Form, daß Sie sich mal um Prüfberichte u. dergl. gekümmert haben für diese Flasche?

Zeuge De[ngler]:

Das war im Zuge weiterer Nachforschungen notwendig, denn es war natürlich jetzt wichtig, in Erfahrung zu bringen, was aufgrund dieser jetzt sichtbar gemachten Daten, Zahlen und Angaben über die Flasche selbst, über ihre Herstellung, über ihren Weg insgesamt noch in Erfahrung gebracht werden konnte, und hierzu wurden zunächst beim Hersteller Erkundigungen eingeholt, also bei Butan, Berlin, und im Zuge der späteren Ermittlungen dann erst allerdings auch bei demjenigen Technischen Überwachungsverein, der die Flasche dann nach zehn Jahren geprüft hat.

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob wir auch die erste Prüfung nach der Herstellung beim TÜV Berlin noch nachgefragt haben.

Das, glaube ich, war nicht notwendig, denn ...

Vors.:

Nein. Es sieht also nach den hier vorhandenen Unterlagen nicht so aus, sondern erst die Nachprüfung.

Was hat Sie veranlaßt, dem so nachzugehen? Haben sich da irgendwelche Veränderungen ergeben, die Sie in grader Linie verfolgen mußten, oder was war die Ursache?

Zeuge De[ngler]:

Zunächst war es ja unsere Aufgabe, alle Feststellungen zu treffen, die irgendwelche wichtigen Umstände über die Flasche aussagen könnten, um schließlich zu beweiserheblichen Feststellungen zu führen. Die damaligen Feststellungen sollten zunächst [6717] Aufschluß geben über den Weg der Flasche. Wir hatten zunächst angenommen, es wäre vielleicht noch möglich, bei einer der vielen Verteilerstellen eine Feststellung treffen zu können über den letzten Verbleib der Flasche, um möglicherweise dann feststellen zu können, wie die Flasche in ... später als Sprengkörper hergerichtet wurde und verwendet wurde.

Das hat sich dann von dem Zeitpunkt an, wo Typenschilder gefunden wurden, geändert. Die Ermittlungen wurden von diesem Zeitpunkt an dann geführt unter Einbeziehung der Typenschilder, d. h., es war naheliegend, zu prüfen, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den in Heidelberg verwendeten Gasflaschen und den dann etwa sechs Tage später in Frankfurt aufgefundenen Typenschildern [mm] von Flüssiggasflaschen.

Sobald wir davon Kenntnis erhalten hatten in Heidelberg, daß solche Typenschilder in Frankfurt aufgefunden wurden, richteten sich also unsere Ermittlungen, wie gesagt, darauf, einen möglichen Zusammenhang festzustellen. Das ging dann so vor sich, daß wir uns diese Typenschilder mal angesehen haben; wir haben die Daten der Typenschilder überprüft, soweit es möglich war, und es war tatsächlich möglich, dann im Zuge dieser Überprüfung einige Feststellungen zu treffen, die einen Zusammenhang tatsächlich zwischen einem vorhandenen Typenschild aus Frankfurt und diesem hier vorliegenden Halsring erkennen ließen.

Vors.:

Gut. Darüber wird ja in erster Linie später Herr Weinmann berichten können, der da wohl federführend war.

Frage:

Haben Sie selbst in diesem Zusammenhang Einzelermittlungen getroffen? Etwa solche TÜV-Prüfungen nachkontrolliert, um da irgendwelche Veränderungen festzustellen? Kurzum: um eben zu klären, woher kommt die Flasche? - den Ursprung - wie kommt’s vielleicht zu Änderungen gegenüber anderen Bezeichnungen, die man dann entdeckte? usw. usf. ...

Zeuge De[ngler]:

Ich selbst hatte damals noch Nachforschungen angestellt bei einer Fa. Hauke-Propan in Würzburg. Die Fa. Hauke-Propan in Würzburg war die Flüssiggas-Firma, die auf den in Frankfurt aufgefundenen Typenschild eingetragen war. Die Fa. Hauke-Propan war damals - so erinnere ich mich - aufgrund eines telefonischen Gesprächs, aufgrund von telefonischen Anfragen in der Lage, [6718] zu sagen, daß Unterlagen - zunächst einmal Unterlagen - noch vorhanden sind, Geschäftsunterlagen, aus denen zu entnehmen war, daß diejenige Flüssig-Gasflasche, die den Typenschild mit ihrer Firmenbezeichnung geführt hat, von der Fa. Hauke-Propan zur Überprüfung für den TÜV an eine Fa. GEGA oder ähnlich gegeben hat, d. h. zur Überprüfung und Instandsetzung an eine Fa. GEGA gegeben hat, und sie war weiterhin in der Lage, eine Ausfertigung eines TÜV-Prüfberichtes aus ihren Unterlagen noch zu entnehmen, der dann nachher auch in die Akten eingeführt wurde, aus dem hervorging, daß diejenige Flüssig-Gasflasche - ich möchte jetzt zunächst noch nicht sagen, daß es sich um die gleiche Gasflasche handelt -, daß die Flüssig-Gasflasche, von der dieser in Frankfurt gefundene Typenschild stammt, die gleiche Gasflasche war, wie die Gasflasche, von der wir in Heidelberg den Halsring gefunden haben.

Vors.:

Sie haben also von dieser Fa. Hauke, wie Sie sagen, Unterlagen bekommen, die hier weitere Überprüfungen ermöglichten.

Zeuge De[ngler]:

Jawohl.

Vors.:

Zunächst mal:

Hieß die Firma damals noch Hauke? Oder waren da Veränderungen eingetreten?

Zeuge De[ngler]:

Da waren damals, soviel ich weiß, inzwischen geschäftliche Veränderungen vorgegangen, die ich aber jetzt nicht mehr in der Lage bin, darzustellen.

Vors.:

Es liegt hier bei den Akten - das halte ich Ihnen vor aus

Bd. 104 Bl. 43 -

ein Schreiben an Sie vor von einer Fa. TEGA, Technische Gase und Gastechnik GmbH.

Besagt Ihnen das etwas?

Zeuge De[ngler]:

Ich sagte ja, daß die Fa. TEGA die Gasflasche zur Überprüfung an den TÜV ...

Vors.:

Sie hatten vorhin zu Recht den Namen GEGA erwähnt; GEGA und TEGA sind zwei Paar Stiefel - es ist schwer auseinanderzuhalten.

[6719] RA Schi[ly]:

Ich weiß nicht, Herr Vorsitzender, wie diese Vorhalte eigentlich zustandekommen?

Vors.:

Aus Bl. 43 Bd. 104.

RA Schi[ly]:

Jaja ... Nur: Ich glaube, Sie können da in der Form keine Vorhalte machen.

Vors.:

Ich kann dem Herrn Zeugen das Schreiben vorhalten ...

RA Schi[ly]:

Das können Sie, ja.

Vors.:

... dann wird’s sehr vereinfacht; aber ich möchte ja grade versuchen, ihn aus dem Gedächtnis her schildern zu lassen.

Zeuge De[ngler]:

Soweit kann ich mich erinnern, daß diejenige Gasflasche, von der ...

Vors.:

Es geht jetzt darum, daß Sie uns schilderten, daß Sie von einer Fa. Hauke, wie Sie sie bezeichnet haben, Unterlagen bekommen haben, die weitere Überprüfungen ermöglichten. Es geht jetzt nur um diese Unterlagen noch im Augenblick, und die Frage war jetzt an Sie gestellt, ob Sie damals mit einer Fa. Hauke korrespondiert haben, oder ob sich in der Firmenbezeichnung dieser Firma inzwischen etwas geändert hatte?

Zeuge De[ngler]:

In Erinnerung ist mir schon der Begriff Fa. Hauke, und ich meine, mich auch noch zu erinnern, daß der betreffende Firmenangehörige Bohnenberger oder so ähnlich hieß, mit dem ich mich telefonisch damals auseinandergesetzt hatte und der dann wohl aufgrund dieses Telefongesprächs diese Mitteilung gemacht hat.

Vors.:

Ich halte Ihnen das jetzt aus

Bl. 43 des Bandes 104

nochmals vor. Hier liegt ein Schreiben „Fa. TEGA“, oben als Kopf, „Technische Gase und Gastechnik GmbH, vormals Hauke-Propan“, und hier heißt es dann:

„An die Kriminalpolizei,

z.Hd.v. Herrn Dengler.“

Es kommen nun einige Angaben noch zur Firma; dann heißt es: „Bearbeiter Herr Bohnenberger“, wie Sie schon schilderten; Datum: „30.6.72, Betr.: Propangasflasche, Typenschild Hauke Nr. 30 094“ Und dann lautet der 1. Absatz:

[6720] Der Vorsitzende verliest den ersten Absatz des Schreibens Bl. 43 aus Bd. 104.

Wenn ich Ihnen das jetzt vorhalte, Frage:

Ist das das Schreiben gewesen, mit dem Ihnen die vorhin erwähnten Unterlagen übersandt worden sind?

Zeuge De[ngler]:

Richtig. Bei dieser Beschreibung handelt es sich um den Bescheid auf meine telefonische Anfrage, und durch dieses Schreiben wurde auch als Anlage der TÜV-Prüfungsbericht übersandt, aus dem dann diese wesentlichen Angaben hervorgingen.

Vors.:

Und die Frage vorhin war nur deswegen an Sie gestellt, weil hier nicht eine Fa. Hauke an Sie schreibt, sondern eine Fa. TEGA. Aber es ist Ihnen ja nun schon vorgehalten worden „vormals: Hauke-Propan“, also die scheint sich inzwischen umgewandelt zu haben.

Zeuge De[ngler]:

Ja, mir ist das auch noch dunkel in Erinnerung, aber jetzt konnte ich es doch so nicht mehr genau aussagen.

Vors.:

In dem Schreiben selbst - wissen Sie noch, ob darauf hingewiesen wurde auf diese Firmenänderung?

Zeuge De[ngler]:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Dann halte ich Ihnen vor, daß es darin heißt

- zweitletzter Absatz des Schreibens Bl. 43 aus Bd. 104:

„Bemerken möchten wir noch, daß wir dann am 1. September 69 unseren Firmennamen erneut geändert haben ...“

Das war also der Hinweis.

Das wußten Sie nicht mehr. Ist’s Ihnen jetzt geläufig geworden?

Zeuge De[ngler]:

Das ist mir nicht mehr in Erinnerung.

Ich hab das als nicht so bedeutsam für unsere Ermittlungen gehalten.

Dem Zeugen wird aus Bd. 104 Bl. 44 - 53 vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob es dieselben Anlagen waren, die dem Schreiben beigefügt worden sind.

[6721] Das sind die Anlagen wohl gewesen. Erinnern kann ich mich mit Sicherheit aber an das erste Blatt

Bl. 44 -,

und mit Sicherheit kann ich mich erinnern an eine ... an die Prüfbescheinigung, und zwar an diejenige ... an dasjenige Blatt - Prüfbescheinigung - aus dem die Herstellungsnummer der Gasflasche hervorging. Es sind hier mehrere Blätter dabei - das hab ich nicht mehr in Erinnerung -, aber ich hab in Erinnerung, daß eine derartige Prüfbescheinigung enthalten war - ein derartiges Blatt „Prüfbescheinigung“, enthalten war -, aus der die Nummer unserer Gasflasche hervorging.

Vors.:

Diese Erklärung bezieht sich jetzt auf welche Blattzahl?

Zeuge De[ngler]:

Das bezieht sich jetzt auf

Bl. 52.

Vors.:

Jawohl. Danke schön.

Herr Berichterstatter, bitte schön.

Richter Mai[er]:

Herr Dengler, ich hab bloß noch die eine Frage:

Haben Sie was in Erfahrung bringen können über den ersten Abnehmer dieser Flasche?

Zeuge De[ngler]:

Ja, es war möglich, festzustellen, daß die Flasche im Jahre 1954 von Butan Berlin an die Fa. Stinnes nach Mannheim geliefert wurde.

Richter Mai[er]:

Und wie kommt die Flasche von Stinnes zur Fa. Hauke? Welche Beziehungen bestanden zwischen diesen beiden Firmen?

Zeuge De[ngler]:

Es bestanden geschäftliche Verbindungen einige Zeit, soviel ich weiß. Die sind dann wohl später wieder unterbrochen worden. Wir haben uns damals, soviel ich weiß, auch mit dem Herrn Bohnenberger, der schon diese Unterlagen zugeschickt hat, dann nochmals auseinandergesetzt. Herr Bohnenberger brachte, wenn ich das richtig weiß, zum Ausdruck, daß er wohl zu der Zeit, zu der Geschäftsbeziehungen bestanden haben, noch nicht bei der Firma war.

Richter Mai[er]:

Herr Dengler, es interessiert so im einzelnen nicht. Aber Sie haben also in Erfahrung gebracht, daß zwischen den Firmen Stinnes und Hauke, Würzburg jedenfalls irgendwelche geschäft- [6722] lichen Beziehungen bestanden.

Zeuge De[ngler]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Haben Sie noch weiterhin in Erfahrung gebracht etwas über die erste Eigentümernummer, die diese Flasche bei der Fa. Stinnes bekommen hat?

Zeuge De[ngler]:

Ja, die war ja auch in der Prüfbescheinigung enthalten. Die erste Eigentümernummer, die also dann auf dem ersten Typenschild enthalten war, war 273.

Richter Mai[er]:

Von wem haben Sie das erfahren?

Zeuge De[ngler]:

Das war damals möglich, festzustellen, aufgrund der Herstellungsnummer.

Richter Mai[er]:

Von welcher Firma haben Sie das erfahren? Von der Fa. Stinnes? Wissen Sie’s nicht mehr?

Zeuge De[ngler]:

Mit Sicherheit ging es aus der Prüfbescheinigung hervor. Ob mir nun diese Mitteilung aus Produktionsunterlagen ...

Richtig, ich meine, mich zu erinnern:

Sie war in Produktionsunterlagen der Fa. Butan Berlin enthalten.

Richter Mai[er]:

Ja. Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Bei der B. Anwaltschaft? Nicht.

Die Herrn Verteidiger?

Herr RA Schily.

Ende von Band 367.

[6723] RA Schi[ly]:

Herr Dengler, haben Sie Ihre früheren Unterlagen über die Ermittlungen, die Sie damals geführt haben, nochmals vor Ihrer heutigen Vernehmung eingesehen?

Zeuge De[ngler]:

Die Unterlagen, die damals im Gesamtkomplex erstellt worden sind, waren mir nicht mehr zugänglich.

RA Schi[ly]:

Also Vermerke etwa oder was, haben Sie die nochmals eingesehen?

Zeuge De[ngler]:

Es gab einige vervielfältigte Informationsblätter, die wir damals erstellt hatten für Sachbearbeiter. Solche Unterlagen sind vorhanden und wurden immer wieder, auch bei verschiedenen Anlässen, bei Überprüfungen, bei Parallelüberprüfungen wohl mal durchgesehen und sind wohl immer mal wieder in die Hand gekommen.

RA Schi[ly]:

Ich meine nur:

Vor Ihrer heutigen Vernehmung, haben Sie da irgendwelche Vermerke nochmals durchgesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ich hatte vor einiger Zeit die Möglichkeit, nochmals mich zu informieren. Aber wie bereits gesagt: Die Originalunterlagen standen mir nicht zur Verfügung.

RA Schi[ly]:

Ja nun, gut: Durchschriften.

Wann war denn das?

Zeuge De[ngler]:

Auch keine Durchschriften, ...

RA Schi[ly]:

Fotokopien oder was?

Zeuge De[ngler]:

... es handelt sich nur um Informationsblätter, die für die damaligen Sachbearbeiter als Anhalt mit den Daten herausgebracht wurden. Die Unterlagen - auch keine Durchschriften, wie sie heute dem Gericht vorliegen - standen mir nicht zur Verfügung, zur Einsicht.

RA Schi[ly]:

Sie meinen also, das waren also mehr so Auszüge oder nochmals Abschriften davon - auszugsweise Abschriften, wo bestimmte Daten nochmals aufgezeichnet waren?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Und wann haben Sie die zuletzt eingesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ja das ist ganz schwer zu sagen. - Das war wohl irgendwie mal zu dem Zeitpunkt, wo ich ... etwa um den Zeitpunkt, wo ich erfahren hab, daß ich als Zeuge im Prozeß aufgeführt bin.

RA Schi[ly]:

Wann war denn das?

[6724] Zeuge De[ngler]:

Das war zu dem Zeitpunkt, als die Anklageschrift herauskam.

RA Schi[ly]:

Und wann war das?

Zeuge De[ngler]:

Das kann ich nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Das ist aber schon einige Zeit her.

Kann man das in Jahren rechnen, diesen Zeitraum?

Zeuge De[ngler]:

Mag sein, daß dann nachher ... Es gab eine Abbildung über diesen für uns immerhin recht interessanten Fall aus dem Vorgang, der mal eine Zeitlang auch bei der Dienststelle gelegen hat.

RA Schi[ly]:

Aber nach der Anklageschrift haben Sie also erfahren - mit Einreichung der Anklageschrift -, daß Sie als Zeuge benannt werden.

Haben Sie denn die Anklageschrift auch gesehen?

Zeuge De[ngler]:

Die Anklageschrift? Ich weiß nicht, ob es sich um eine vollständige Anklageschrift gehandelt hat. Es war wohl so’n Verzeichnis, das bei uns mal vorlag und auf dem die Zeugen aufgeführt waren - die Anklageschrift selber habe ich nicht gesehen.

RA Schi[ly]:

Aber das Beweismittelverzeichnis der Anklageschrift?

Zeuge De[ngler]:

Das Zeugenverzeichnis, ...

RA Schi[ly]:

... das haben Sie gesehen?

Zeuge De[ngler]:

... oder es war ein Auszug daraus. Also ich hab jedenfalls die Seite gesehen, auf der ich als Zeuge aufgeführt war.

RA Schi[ly]:

Und wie ist das Ihnen zugegangen?

Zeuge De[ngler]:

Tja - das kann ich tatsächlich nicht sagen. Es sind damals, wie es also um die Vorbereitung des Prozesses ging, hat man sich ja wohl informiert, da war ja wohl mal die eine oder andere Unterlage im Hinblick auf den Prozeß ...

RA Schi[ly]:

Und da sind so zufällig ... -

Ja, wann haben Sie denn angefangen, sich auf den Prozeß vorzubereiten?

Zeuge De[ngler]:

Wie bitte?

RA Schi[ly]:

Sie sagten, wie man sich auf den Prozeß vorbereitet hat. Sie haben sicher auch auf den Prozeß vorbereitet?

Zeuge De[ngler]:

Eine Vorbereitung war mir so, wie man das vielleicht unter dem Wort Vorbereitung versteht, nicht möglich, weil ich, wie ich bereits sagte, die Akten, die Originalakten nicht zur Verfügung hatte.

[6725] RA Schi[ly]:

Naja, ob Ihnen das möglich war oder nicht, das frag ich auch nicht.

Ob Sie sich vorbereitet haben, weil Sie das selber erwähnt haben - ich greife Ihr Wort auf, Herr Dengler.

Zeuge De[ngler]:

Wenn Sie das Vorbereitung nennen?

Natürlich war es interessant, immer mal wieder bei Gelegenheit sich mit den Dingen vertraut zu machen.

RA Schi[ly]:

Na, mit welchen Dingen?

Zeuge De[ngler]:

Mit den Vorgängen, mit der Tat in Heidelberg, die ja ...

RA Schi[ly]:

Wie haben Sie denn das gemacht?

Zeuge De[ngler]:

Auf vielfältigste Art und Weise. Das ergab sich bei Überprüfungen mit anderen Vorgängen, wo man vielleicht mal eine Nummer mal mitbekommen hat, bei der es jetzt darum ging, Vergleiche anzustellen mit den damaligen Nummern - allgemeinen Nummern, Fahrgestellnummern oder Ausweisnummern - kommt es dann schon mal vor, daß man versucht, bei der Auswertung oder bei der allgemeinen Informationsarbeit einmal wieder Einblick zu nehmen in die Unterlagen, soweit sie ...

RA Schi[ly]:

Und da ist Ihnen zufällig auch eine Seite des Beweismittelverzeichnisses der Anklageschrift zu Gesicht gekommen, ja?

Zeuge De[ngler]:

Ja - ich sagte: eine Seite, auf der Zeugen aufgeführt waren für den Prozeß in Stammheim.

RA Schi[ly]:

Woher kam denn diese Seite? Kam die da so zufällig per Post oder wie? Kam die auf Ihren Tisch?

Zeuge De[ngler]:

Das ist mir nicht bekannt. Man hat wohl sich einmal notiert, wer als Zeuge aussagt.

Im übrigen handelte es sich um Angelegenheiten, die bei uns im innerdienstlichen Verkehr vor sich gingen, und über diese Angelegenheiten habe ich ja wohl keine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Wie? Was? Haben Sie keine Aussagegenehmigung?

Zeuge De[ngler]:

Meine Aussagegenehmigung erstreckt sich nicht auf Vorgänge über innerdienstliche Angelegenheiten.

RA Schi[ly]:

Na, aber Sie datieren also den Zeitpunkt, bei dem Sie Ihre Aufzeichnung, wo Sie sagen, da war so’n bißchen was aufgezeichnet auf diesen Vermerken, den datieren Sie also auf den Zeitpunkt ... den datieren Sie also auf die Kenntnisnahme von dieser Seite aus dem Beweismittelverzeichnis der Anklageschrift? [6726] Sie haben ja gesagt:

Zum Zeitpunkt der Einreichung der Anklageschrift, da haben Sie das letztemal diese Unterlagen sich angesehen?

Zeuge De[ngler]:

Da ist es mir noch in Erinnerung. Aber es ist ... ich möchte natürlich nicht in Abrede stellen, daß man sie auch nachher nochmals bei irgendwelchen Anlässen, wenn man die Akten einmal von der einen Schrankseite auf die andere legt, vielleicht einmal auch einsieht.

RA Schi[ly]:

Können Sie denn nicht mehr sagen, wann das das letztemal war in etwa? War es noch in diesem Jahr? War es im vorigen Jahr? - Können Sie da, wenn Ihnen das vielleicht eine Zeitschleuse ist, so der 1. Januar, können Sie das noch sagen?

Zeuge De[ngler]:

Das könnte absolut dieses Jahr schon gewesen sein.

RA Schi[ly]:

Nun, und jetzt können wir da vielleicht ein bißchen annähern - wir sind jetzt im Februar.

Kann’s vielleicht gestern gewesen sein, Herr Zeuge?

Zeuge De[ngler]:

Ich kann mich da auf eine genaue Zeit leider nicht festlegen, weil ich mir das nicht so genau gemerkt habe, weil ich im übrigen ...

RA Schi[ly]:

Was gestern war - Sie haben doch da ganz phantastische Erinnerungen noch an Ziffern, Herr Zeuge? Was gestern war, das wissen Sie auf einmal nicht mehr?

Zeuge De[ngler]:

Gestern war es nicht.

RA Schi[ly]:

Eben sagten Sie, das wissen Sie nicht mehr.

Herr Zeuge, Moment, was ist ...

Zeuge De[ngler]:

Wenn das also gestern gewesen wäre, da wär’s mir ja schon noch in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Aber eben haben Sie mir noch eine andere Antwort gegeben, da haben Sie nämlich gesagt, Sie wissen nicht mehr, was gestern war.

War’s vorgestern?

Zeuge De[ngler]:

Vorgestern war’s wohl auch nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, wann war’s denn nun das letztemal?

Zeuge De[ngler]:

Das liegt vielleicht einige Zeit zurück, aber ich kann den Zeitpunkt nicht mehr genau sagen; das weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Wir haben’s doch ein bißchen angenähert, Herr Zeuge:

Es war in diesem Jahr, meinten Sie.

Wann war’s denn nun?

[6727] Zeuge De[ngler]:

Es könnte beispielsweise Anfang dieses Jahres gewesen sein, im Januar irgendwann, möglicherweise. -

RA Schi[ly]:

Ende Januar?

Zeuge De[ngler]:

Ha, das kann ich also nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Ja wissen Sie, es fällt mir auf, Herr Zeuge, daß Sie also hier so Zahlen produziert haben, von denen Sie selber sagen, daß Sie da Feststellungen getroffen haben im Jahre 1972 - wir schreiben jetzt das Jahr 1976 - das ist immerhin ein Zeitraum von vier Jahren, und das haben Sie ganz locker hier so dargestellt: Das war die Ziffer so und so, 3,25 - das kam also sehr fließend -, und jetzt also, was in der Nähe liegt: gestern und auch vielleicht etwa vorigen Monat, das fällt Ihnen ein bißchen schwer.

Woran liegt dieser Unterschied?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich muß den Vorhalt in der Richtung korrigieren, daß der Herr Zeuge z. B. die Zahl 3,25 abgelesen hat anhand des Beweisstückes; er hat nur Bruchteile ...

RA Schi[ly]:

Hab ich doch gar nicht gesagt. Dann hätten Sie mal besser zugehört, Herr Vorsitzender.

Ich habe gesagt, er hat diese Zahlen sehr locker hier produziert; er hat gesagt ...

Vors.:

Was heißt produziert, wenn er’s hier vom Beweisstück abliest.

Ich höre sehr wohl Ihnen zu, Herr Rechtsanwalt, wenn Sie fragen.

RA Schi[ly]:

Moment, Moment. Bevor das Beweisstück - dann können wir gern das Tonband zurückspielen lassen, wenn Sie’s nicht mitbekommen haben - bevor er hier das Beweisstück gesehen hat, hat er hier Zahlen genannt.

Vors.:

Er hat Zahlen genannt; ...

RA Schi[ly]:

Ja und darum geht’s mir.

Vors.:

... er hat die römische II, er hat die N genannt und G 1778 - das ist richtig, ja.

[nn]

RA Schi[ly]:

Meiner Meinung hat er auch 3,25 genannt. Aber wir können’s gerne nochmals ...

Vors.:

Das war abgelesen.

RA Schi[ly]:

Er hat auf jeden Fall Zahlen genannt.

Vors.:

Sicher, aber nicht die 3,25.

[6728] RA Schi[ly]:

Ich meine, er hat auch die 3,25 gesagt - darum will ich mich gar nicht streiten - er hat jedenfalls Zahlen genannt, so. Und jetzt, Herr Zeuge, wie kommt es, daß Sie hier Zahlen so darstellen, so aus dem Gedächtnis: vier Jahre Zeitraum; aber was im vergangenen Monat war, wann Sie die Unterlagen eingesehen haben, das wissen Sie auf einmal nicht mehr.

Wie kommt das?

Zeuge De[ngler]:

Das hab ich ja nicht gesagt, daß ich die Zahlen zum letztenmal, zur Zeit der damaligen Ermittlungen, gelesen habe. Die Zahlen sind im übrigen durch die immerhin einige Wochen dauernden Ermittlungen ja schon schnell wieder in Erinnerung zu bringen. Wenn man sie also einmal durchliest, dann hat man sie wieder ...

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, eine andere Frage:

Hätten Sie die Zahlen heute hier wieder nennen können, wenn Sie diese Vermerke überhaupt nicht wieder gesehen hätten?

Zeuge De[ngler]:

Wahrscheinlich nicht, nein.

RA Schi[ly]:

Ist es also eigentlich nur eine Erinnerung an den Vermerk?

Zeuge De[ngler]:

Um welchen Vermerk handelt sich’s jetzt bitte?

RA Schi[ly]:

Um Ihre Aufzeichnungen, wo Sie also Zahlen sich notiert haben.

Zeuge De[ngler]:

Würden Sie bitte nochmals die Frage stellen? Ich hab sie nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Erinnern Sie sich in Wahrheit nur an Ihre Aufzeichnung? Können sagen: Ja, ich hab mir das da aufgezeichnet, diese Zahl, aber haben gar keine Erinnerung mehr an die Zahl von damals?

Zeuge De[ngler]:

Ja, wie verhält sich das eigentlich? -

Ich würde meinen, daß ich nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Einstanzungen auf dem ganzen Halsring hier, von links angefangen, bis rechts vorzusagen. Das wäre mir nicht mehr möglich gewesen.

RA Schi[ly]:

Jetzt frage ich Sie, Herr Zeuge, woran erkennen Sie eigentlich dieses Asservat? Sie haben gesagt, es handelt sich um das Sprengstück. Woran erkennen Sie das?

Zeuge De[ngler]:

Zunächst mal an seiner ganz besonderen Verformung oder Deformierung, die durch die Explosion wohl entstanden ist, durch die Art der Verformungen, die grade hier an dieser einen Stelle, [6729] diese ganz prägnante Verformung und eben allgemein am Aussehen, am Gewinde, an den Rändern, an der Farbe, am großen Gewinde, am kleinen Gewinde, das also insgesamt eine Vielzahl von Merkmalen aufzeigt, die es ganz eindeutig und unverkennbar als dieses Teil darstellen lassen, das auch damals vorgelegen hat.

RA Schi[ly]:

Daran erkennen Sie das?

Zeuge De[ngler]:

Ja, natürlich, auch an den mir jetzt wieder geläufigen Einstanzungen.

RA Schi[ly]:

Wann haben Sie das zuletzt gesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ja, dieses ... -

RA Schi[ly]:

... dieses Sprengstück ...

Zeuge De[ngler]:

... Sprengteil habe ich dann nach den Ermittlungen in Heidelberg nicht mehr gesehen.

RA Schi[ly]:

Das letztemal wann? Können Sie das etwa sagen, wann das war?

Zeuge De[ngler]:

Ja. Das war ungefähr sechs Wochen nach der Tat.

RA Schi[ly]:

Also Mitte 1972?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Da haben Sie’s zuletzt gesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Sie erkennen das nach diesem Zeitraum an diesen Details wieder? Diese Details sind Ihnen nach diesem Zeitraum noch in Erinnerung?

Zeuge De[ngler]:

Die sind mir noch in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dazwischendurch dann Fotos nochmals gesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ja, Fotos waren auch von den Beweisstücken gemacht.

RA Schi[ly]:

Ja, haben Sie die nochmals gesehen?

Zeuge De[ngler]:

Ja, die hab ich auch gesehen nochmals. Das könnte spätestens Anfang Januar gewesen sein nochmals.

RA Schi[ly]:

Anfang Januar?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Also Anfang Januar haben Sie anscheinend einige Aufzeichnungen gesehen und auch Fotos, nicht?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie:

Der Herr Weinmann, ist der auf derselben Dienststelle wie Sie?

Zeuge De[ngler]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie den Herrn Weinmann?

Zeuge De[ngler]:

Ja, natürlich.

[6730] RA Schi[ly]:

Wann haben Sie ihn zuletzt gesprochen?

Zeuge De[ngler]:

Ja, das weiß ich jetzt auch nicht. - Ich glaube, noch einmal nach Ende der Heidelberger Ermittlungen - zufällig.

RA Schi[ly]:

Vielleicht zufällig im Januar?

Zeuge De[ngler]:

Nein. Mit Sicherheit dieses Jahr noch nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, wann denn zuletzt?

Zeuge De[ngler]:

Das könnte Mitte letzten Jahres mal gewesen sein; später war das mit Sicherheit nicht mehr der Fall.

RA Schi[ly]:

Ja, danke schön. Keine Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, nicht.

Das Asservat B 52 Pos. 2.1

- Gasflaschenhalsring -

wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, an der Besichtigung teilzunehmen.

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen?

RA Schn[abel]:

Bloß noch eine Frage.

Vors.:

Herr RA Schnabel, bitte schön.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, aus welchem Material ist denn das Stück?

Zeuge De[ngler]:

Es handelt sich um ein Metallstück. Ich habe darüber keine genaueren Erkundigungen eingeholt.

RA Schn[abel]:

Ja, Metall ist natürlich ein weiter Begriff. Ist es Gold, ist es Silber, ist es Zinn, ist es Eisen? Kupfer?

Vors.:

Also Herr Rechtsanwalt, Sie fragen nach seinem persönlichen Eindruck.

RA Schn[abel]:

Ich wäre dankbar, wenn jetzt grad dieses sehr wohlverwahrt oben bliebe.

Vors.:

Sie sehen, es ist sogar abgedeckt.

Die Metallbeschaffenheit selber - ich weiß nicht, ob das eine Zeugenfrage ist? Ich habe nichts dagegen, wenn der Herr Zeuge ...

RA Schn[abel]:

Ja gut, Herr Vorsitzender. Es waren vielleicht manche andere Fragen, wie er von wem erfahren hat, wie man das so macht, auch nicht unmittelbare Zeugenfragen, was er so von der Fa. Butan von anderen erfahren hat, wieso oder warum.

Vors.:

... Ermittlungsergebnis. Aber bitte, Herr Rechtsanwalt, wir wollen sehen, ob der Herr Zeuge ...

RA Schn[abel]:

Ich bin immer noch beim Material.

[6731] Zeuge De[ngler]:

Wir haben über das Material eine genaue Begutachtung nicht eingeholt, weil wir das im Zusammenhang mit unseren Ermittlungen nicht für so wesentlich erachtet haben. Möglicherweise kam es mal zur Sprache bei unseren Erkundigungen, die wir eingeholt haben, bei Gesprächen, die wir geführt haben mit Angehörigen des Technischen Überwachungsvereins oder der Hersteller- und Verarbeitungsfirmen.

Ich ging davon aus, daß es sich wahrscheinlich um Gußeisen handelt.

RA Schn[abel]:

Welche Farbe hat das Stück denn?

Zeuge De[ngler]:

Das Stück ist jetzt leicht angerostet. Damals hat es also eine gleichmäßige grau-bräunliche Farbe gehabt - mal etwas blankere Stellen drunter, mal etwas angerauhtere Stellen.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben doch auf eine Frage eben des Kollegen Schily, wie Sie das Stück erkennen, gesagt: an der Farbe und haben unter Umständen auch noch andere Merkmale genannt. Und jetzt sagen Sie: Jetzt ist es angerostet; dann ist doch die Farbe nicht mehr dieselbe.

Wie erkennen Sie’s dann noch an der Farbe?

Zeuge De[ngler]:

Das hat sich durch die Roststellen nicht in der Farbe total verändert, sondern es sind schon noch einige ursprüngliche Stellen vorhanden, die zu einem Vergleich sich recht gut eignen.

RA Schn[abel]:

Und wie sind denn diese Vergleichsstellen jetzt farblich?

Zeuge De[ngler]:

Das sind die Stellen, die jetzt nicht ... die sich nicht verändert haben, die also auf der ... zumindest die Oberseite, die Seite, auf der die Einstanzungen vorgenommen sind, die hat sich ja nicht verändert, die war lediglich damals etwas mit Kreide ausgefüllt zur besseren Sichtbarmachung der Zeichen; aber ansonsten hat sich die Oberseite eigentlich nicht verändert.

RA Schn[abel]:

Sind Sie sich auch sicher?

Zeuge De[ngler]:

Da bin ich mir sicher.

RA Schn[abel]:

Wodurch hat die sich nicht verändert? Rosten da Teile und andere Teile rosten nicht?

Zeuge De[ngler]:

Offenbar.

Vors.:

Es kann doch der Herr Zeuge nicht die Ursache beantworten ...

[6732] RA Schn[abel]:

Ja, aber es könnte ja sein.

Ist das irgendwie noch bearbeitet worden? Ist da vielleicht Rost …?

Zeuge De[ngler]:

Ja. Ich erkenne, daß der größte Teil der Oberfläche, vor allem der Teil, an dem die Einstanzungen vorgenommen sind, heute noch die gleiche Farbe hat, wie zu dem Zeitpunkt, als wir uns bei den Ermittlungen mit dem Beweisstück beschäftigt haben.

RA Schn[abel]:

Und wie würden Sie diese Farbe mal nennen, grade dort?

Zeuge De[ngler]:

Die Farbe ist sehr schwer zu bezeichnen. Ich würde sie als Mischton bezeichnen.

RA Schn[abel]:

Mischtöne gibt es viele, Herr Zeuge.

Zeuge De[ngler]:

Also es ist weder ein ganz ... natürlich grau ist die heraus... der herausragende Farbton - mal etwas heller, mal vielleicht etwas dunkler, also mit Schattierungen und Änderungen am Gewindeteil - das ist ja auch verständlich - und etwas anderen Farbtönen an der glatten Oberseite: bräunlich dort, wo ... ins Bräunliche gehend dort, wo Gewindeseiten vorhanden sind, also in der Innenseite, und das Außengewinde grau - vorherrschend grau - dort, wo an der Oberseite die Stanzzahlen eingetragen sind.

RA Schn[abel]:

Sind die Stanzzahlen eingeschlagen oder überstehend?

Zeuge De[ngler]:

Eingestanzt mit Stanzeisen, die bei der Herstellerfirma vorhanden sind und die von Hand eingestanzt werden.

RA Schn[abel]:

Woher wissen Sie das?

Zeuge De[ngler]:

Das haben wir uns damals zeigen lassen bei Butan in Mannheim, ...

RA Schn[abel]:

...wie man das macht?

Zeuge De[ngler]:

Ja.

RA Schn[abel]:

Und wo wissen Sie die ursprüngliche Nummer her, die vorher Sie der Herr Berichterstatter gefragt hat - die Herstellungsnummer, die ursprüngliche Herstellungsnummer?

Zeuge De[ngler]:

Die Herstellernummer steht auf dem Halsring, die Nummer, die die Firma, die die Flasche herstellt, als ihre Nummer einstanzt und die nie identisch ist mit der Eigentümernummer.

RA Schn[abel]:

Wissen Sie sie jetzt auch noch?

Zeuge De[ngler]:

Ja, natürlich.

RA Schn[abel]:

Nämlich?

Zeuge De[ngler]:

G 1778

RA Schn[abel]:

Sie haben doch auch noch ne andere Nummer genannt auf die Frage des Herrn Berichterstatters?[oo]

[6733] Zeuge De[ngler]:

Das war die ursprüngliche Eigentumsnummer 273.

RA Schn[abel]:

Nach der habe ich ja gefragt.

Vors.:

An sich beantwortet, Herr Rechtsanwalt. Es ist ganz klar gesagt worden, woher der Herr Zeuge diese Nummer kennt. Ich würde also doch bitten, daß man solche Fragen nicht wiederholt; sie sind ganz klar beantwortet.

Sonstige Fragen noch?

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich wollte mich nur erkundigen danach:

Ist nicht beabsichtigt, den Zeugen zu seinen Ermittlungen hinsichtlich des weiteren Splitters, eines weiteren Halsringes zu befragen? Nicht beabsichtigt?

Vors.:

Die heutige Aussage sollte auf diesen Splitter beschränkt sein.

Der Zeuge Dengler wird vorschriftsmäßig vereidigt und um 15.10 Uhr im allseitigen Einvernehmen entlassen.

Wir kommen morgen zu der Vernehmung der Zeugen

Weinmann, Hörner, Gomille, Borchardt, Burkart, Tietgen, Pelzing, Kleckers und Leidel.

Für die Vernehmung dieser Zeugen scheinen mir maßgeblich zu sein die Ordner 102, 103 und 104.

Damit sind wir am Ende des heutigen Sitzungstages.

Fortsetzung um 9.00 Uhr morgen früh.

Ende der Hauptverhandlung um 15.11 Uhr.

Ende von Band 368.


[1] Andreas Baader wurde am 70. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO bis zum Ende des Monats Februar von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 6268 f. des Protokolls der Hauptverhandlung), Gudrun Ensslin am 73. Verhandlungstag (S. 6659 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht grundsätzlich auch eine Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Die Besonderheit in diesem Verfahren, dass es den Angeklagten freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, was nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, NJW 1976, S. 116, 117).

[2] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO; dies gilt jedoch nicht, wenn sich der/die Beschuldigte in einer (Haft-)Anstalt befindet, § 141 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO), dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf das zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Schily (für die Angeklagte Ensslin) zu. Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidiger stets fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[3] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 - Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2). Im Unterschied dazu vermitteln Sachverständige Sachkunde oder wenden diese bei der Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts an. Bei der Bekundung von Tatsachen ist zu unterscheiden: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 85 Rn. 2 f.).

[4] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft, wodurch die bis dahin zulässige kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenslage - auch „Blockverteidigung“ genannt - abgeschafft wurde. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur für eine/n Angeklagte/n anwaltlich tätig werden. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).

[5] Die zwei „Lager“ der Verteidigung - die Vertreter/innen der Vertrauensverteidigung auf der einen, die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger (Fn. 2) auf der anderen Seite - wurden auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[6] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[7] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen im Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; die Regel ist hier die Nichtvereidigung. Heute ist auch die Vereidigung für Zeug/innen nur noch in Ausnahmefällen vorgesehen (§ 59 StPO).

[8] Anlage 1 des Protokolls von. 10.2.1976: Hinweis des Gerichts auf das Verbot der gemeinschaftlichen Verteidigung und Androhung von Konsequenzen.

[9] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[10] Das „Kommando Petra Schelm“ bekannte sich in einer Erklärung vom 14. Mai 1972 zu dem Sprengstoffanschlag auf das I.G.-Farben-Hochhaus am 11. Mai 1972. Die Erklärung ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145.

[11] Die 20-jährige Petra Schelm starb am 15. Juli 1971 in Hamburg. Sie entkam in ihrem Auto zunächst einer Polizeisperre und flüchtete schließlich, nachdem sie durch ein weiteres Polizeifahrzeug gestoppt werden konnte, mit ihrem Begleiter Werner Hoppe zu Fuß vor der Polizei. Bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten wurde sie durch einen Kopfschuss getötet. Sie war das erste Todesopfer aus den Reihen der RAF. Ihr Tod löste nach Angaben von Mitgliedern eine Radikalisierung der Gruppe aus (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 312 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 64).

[12] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[13] Ein Beweisstück kann Gegenstand sowohl des Augenscheins-, als auch des Urkundenbeweises sein. Beide Beweisarten zielen auf unterschiedliche Erkenntnisse. Während mittels Inaugenscheinnahme Merkmale wie das Vorhandensein an sich, die äußere Beschaffenheit o.ä. festgestellt werden können, dient der Urkundenbeweis der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 249 Rn. 7). Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ergänzt durch die Möglichkeit des Selbstleseverfahrens).

[14] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück, die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.). Bereits wenige Monate nach ihrem Kriegseintritt begann die US-amerikanische Luftwaffe am 2. März 1965 mit der Bombardierung von Zielen in Nordvietnam. Die Operation trug den Namen „Rolling Thunder“ und endete erst nach mehr als drei Jahren am 31. Oktober 1968. Obwohl die Amerikaner mit mehr als 300.000 Einsätzen zahlreiche infrastrukturelle Zerstörungen anrichteten und ca. 50.000 Menschen töteten, scheiterten sie mit ihrem Vorhaben, Nordvietnam zur Aufgabe zu zwingen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 118 ff.). Zwischen 1967 und 1973 griff die Central Intelligence Agency (CIA) im Vietnamkrieg auf das sogenannte „Phoenix-Programm“ zurück, um die Guerillatruppen der Befreiungsfront Südvietnam (FNL) durch Gefangennahmen, Folter und Ermordung zu zerschlagen. Das Programm basierte auf Erfahrungen des französischen Militärs in der Schlacht um Algier im Jahr 1957. Schätzungen zufolge starben in Vietnam durch das Programm zwischen 20.000 und 40.000 Menschen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 174 f., 195; Riegler, Terrorismus, 2009, S. 379 ff.). Bei der „Operation Linebacker“ wurden allein innerhalb von sechs Monaten Bombenangriffe im Umfang von 155.000 Tonnen geflogen. Kurz bevor sich die USA Ende Januar 1973 offiziell aus dem Vietnamkrieg zurückzogen, versuchte Präsident Nixon mit einer erneut beispiellosen Bombardierung von Hanoi und Hai Phong, der „Operation Linebacker II“ bzw. dem „Weihnachtsbombardement“, noch einmal die Stärke des amerikanischen Militärs zu demonstrieren und den von ihm gegenüber Saigon ausgesprochenen Beistandsgarantien nach Abzug amerikanischer Bodentruppen Nachdruck zu verleihen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.).

[15] S. Fn. 1.

[16] Die Vereidigung von Sachverständigen erfolgt nach dem Ermessen des Gerichts (§ 79 Abs. 1 StPO), wenn besondere Umstände die Vereidigung zweckmäßig erscheinen lassen; der Regelfall ist die Nichtvereidigung (BGH, Urt. v. 22.2.1967 - Az.: 2 StR 2/67, BGHSt 21, S. 227, 228). Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung aber zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).

[17] Anlage 2 zum Protokoll vom 10.2.1976: Fingerabdrücke von Andreas Baader.

[18] Anlage 3 zum Protokoll vom 10.2.1976: Handflächenabdruckblatt von Andreas Baader.

[19] Anlage 4 zum Protokoll vom 10.2.1976: Lichtbildbogen zum daktyloskopischen Gutachten vom 1.2.1972 (Fingerabdruck).

[20] Anlage 5 zum Protokoll vom 10.2.1976: Lichtbildbogen zum daktyloskopischen Gutachten vom 1.2.1972 (Fingerspur).

[21] Anlage 6 zum Protokoll vom 10.2.1976: Lichtbildbogen zum daktyloskopischen Gutachten vom 1.2.1972 (Fingerspur).

[22] Anlage 7 zum Protokoll vom 10.2.1976: Lichtbildbogen zum daktyloskopischen Gutachten vom 1.2.1972 (Handflächenspur).

[23] Anl. 8 zum Protokoll vom 10.2.1976: Mitteilung des BLKA (keine Aussagegenehmigung für den Sachverständigen Wollny erforderlich).

[24] In der Inheidener Straße in Frankfurt a.M. befand sich eine Wohnung, die u.a. für die Herstellung von Sprengstoff verwendet wurde. Die Wohnung und die darin aufgefundenen Gegenstände waren insbesondere ab dem 91. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[25] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.).

[26] Anl. 9 zum Protokoll vom 10.2.1976: Aussagegenehmigung für den Sachverständigen Windhaber.


[a] Maschinell eingefügt: in

[b] Maschinell durchgestrichen: Wahrheit nicht Ernstspflicht

[c] Maschinell ersetzt: 16. Durch 15.

[d] Handschriftlich ersetzt: das durch der

[e] Handschriftlich eingefügt: ff.

[f] Maschinell ersetzt: und durch wir in

[g] Maschinell durchgestrichen: des

[h] Maschinell ersetzt: gereicht durch bereits

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[k] Handschriftlich eingefügt: am

[l] Handschriftlich ersetzt: ist durch wurde

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[n] Maschinell durchgestrichen: wenn

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[r] Maschinell durchgestrichen: Danke

[s] Maschinell eingefügt: wir

[t] Maschinell eingefügt: Sie

[u] Maschinell durchgestrichen: Herr Zeu

[v] Maschinell eingefügt: wurden

[w] Maschinell eingefügt: mehr

[x] Maschinell eingefügt: es

[y] Handschriftlich durchgestrichen: und

[z] Handschriftlich durchgestrichen: wissenschaftlichen

[aa] Maschinell eingefügt: die

[bb] Maschinell eingefügt: sich

[cc] Handschriftlich eingefügt: 2

[dd] Handschriftlich eingefügt: 2

[ee] Maschinell eingefügt: Anträge auf Vereidigung werden nicht gestellt

[ff] Handschriftlich eingefügt: 8

[gg] Maschinell eingefügt: in

[hh] Handschriftlich ergänzt: Typen

[ii] Handschriftlich ergänzt: T 7205

[jj] Handschriftlich ergänzt: Inheidener

[kk] Maschinell eingefügt: Protokoll genommen.

[ll] Maschinell eingefügt: nur

[mm] Maschinell durchgestrichen: und

[nn] Maschinell durchgestrichen: RA Schi.: Meinetwegen hat er auch

[oo] Maschinell eingefügt: Frage des Herrn Berichterstatters?