82. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung Am Donnerstag, den 26. Februar 1976, um 9.10 Uhr



[7281] Fortsetzung der Hauptverhandlung Am Donnerstag, den 26. Februar 1976, um 9.10 Uhr.

(82. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. Ass. Clemens und
Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:
RAe Pfaff (als Vertreter von RA Dr. Heldmann), Dr. Augst (als amtlich bestellter Vertreter für RA Eggler), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, RA’in Zuber (als Vertreterin für RA König) und Grigat.

Als Zeugen sind anwesend:
Joseph Kosalko, KHK Kurt Runkel,

Als Dolmetscher ist anwesend:
Hans-Joachim Führer.

Vors.:

Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wir setzen die Sitzung fort.

Die Verteidigung ist gewährleistet.

Durch den Nebel hat sich eine gewisse Verzögerung ergeben.

Ich bitte um Verständnis.

Herr RA Schily sollte heute vertreten werden durch Herrn RA Geulen; er ist aber wegen des Nebels auch mit dem Flugzeug wohl nicht rechtzeitig weggekommen, so daß dadurch eine Verzögerung eintritt, die mit wirksamer Entschuldigung. Wir haben heute wieder Zeugen, zunächst aber als Dolmetscher Herrn Führer.

[7282] Der Dolmetscher Führer wird gem. § 189 Abs. 1 GVG[2] belehrt.

Der Dolmetscher macht folgende Angaben zur Person:

Dolmetscher Füh[rer]:

Hans-Joachim F ü h r e r, 60 Jahre,
verh. Dolmetscher, ladungsfähige Anschrift:
7 Stuttgart, [Anschrift];

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Der Dolmetscher Führer beruft sich auf seinen allgem.[a] geleisteten Eid.[3]

Vors.:

Dann können wir aufrufen die Zeugen:

Herrn Kosalko und Herrn Runkel.

Der Zeuge Bizzell ist noch nicht anwesend - scheint sich also auch wohl in Zusammenhang mit dem Nebel verzögert zu haben.

Die Zeugen Kosalko und Runkel werden gem. § 57 StPO[4] belehrt.

Die Zeugen Kosalko und Runkel erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[5]

RA Linke erscheint um 9.15 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Runkel wird um 9.15 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Kosalko macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Kos[alko]:

Joseph K o s a l k o, 35 Jahre,
Feldwebel in der US-Armee und beschäftigt als Programmierer in der EDV,
16. EDV-Einheit in Nellingen/Deutschland;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Zeuge, haben Sie auch schon im Mai 1972 in der amerikanischen Armee gedient?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Wo waren Sie damals stationiert?

Zeuge Kos[alko]:

Carrel Baracks in Heidelberg/Deutschland.

[7283] Vors.:

Und dort ist auch gleichzeitig das US-Hauptquartier untergebracht?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Für die Truppen in Deutschland natürlich.

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie noch eine Erinnerung daran, daß es im Gelände dieses Hauptquartiers im Mai 1972 zu einem Sprengstoffanschlag gekommen ist?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Wo haben Sie damals - präziser beschrieben - anhand der Örtlichkeit Dienst versehen?

Zeuge Kos[alko]:

Kann ich aufstehen und das zeigen?

Vors.:

Gerne.

Der Zeuge gibt anhand eines Modells des US-Hauptquartiers Erklärungen ab.

Zeuge Kos[alko]:

Hier ist an dem Modell etwas nicht ganz in Ordnung.

Vors.:

Nämlich?

Zeuge Kos[alko]:

Hier, an diesem Platz, der hier gezeigt ist, befanden sich damals Armee-Lkws, die jetzt aber hier nicht gezeigt sind; aber hier draußen befand sich noch ein Rechner ... ein Büro außer der hier gezeigten Antenne, und in diesem Bereich habe ich damals Dienst getan.

Vors.:

Herr Kosalko, können wir davon ausgehen, daß die festen Gebäude, die hier verzeichnet sind, richtig wiedergegeben werden im Modell?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Und das, was Ihnen fehlt, sind bewegliche Teile?

Zeuge Kos[alko]:

Sie sind beweglich gewesen; allerdings: Damals befanden sie sich nicht auf Lkws montiert, sondern standen auf der Erde. Man hätte sie aber, nehme ich an, wieder auf Lkws setzen und insofern beweglich machen können.

Vors.:

Ist es richtig, daß diese beweglichen Teile u. a. gekennzeichnet waren durch einen Funkmast?

Zeuge Kos[alko]:

Das ist wahrscheinlich das, was hier gezeigt ist. Aber diese Antenne ist nicht beweglich, die ist stationär; sie ist ungefähr 80 m hoch.

[7284] Vors.:

Sind Sie im Bereich dieser Antenne beschäftigt gewesen?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Gut, dann wissen wir jetzt den Platz.

Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen, denn das Weitere können wir Sie vom Tisch aus erklären lassen.

Wenn Sie uns genauer beschreiben können, in welchem Teil im Bereiche dieses Funkmastes Sie damals Dienst versehen haben.

Zeuge Kos[alko]:

Ich war in einem Lkw beschäftigt, der als Büro ausgebaut war.

Vors.:

Wollen Sie uns nun bitte schildern, was Sie im Zusammenhang mit diesem Sprengstoffanschlag erlebt haben, und zwar möglichst in der zeitlichen Reihenfolge.

Zeuge Kos[alko]:

Die Uhrzeit kann ich leider nicht genau angeben, es muß aber gegen 6.00 Uhr gewesen sein.

Vors.:

Ich darf Ihnen dazu vielleicht vorhalten, daß Sie - das ergibt sich aus

Bl. 1 des Ordners 103 -

früher die Uhrzeit mit 18.10 Uhr bezeichnet haben.

Zeuge Kos[alko]:

Wann habe ich diese Angabe gemacht?

Vors.:

Im Juni 1972.

Gut. Ich wollte Ihnen das nur als Orientierung geben.

Fällt es Ihnen wieder ein, daß die Zeit etwa zutreffen könnte? Wenn nicht, dann müssen Sie sagen: Ich kann mich nicht mehr genau erinnern.

Zeuge Kos[alko]:

Mir scheint es heute, daß es näher an 6.00 Uhr dran war - vielleicht kurz vor 6 oder ganz kurz nach 6, also näher als 6.10 Uhr, aber ich bin nicht mehr ganz sicher.

Vors.:

Bitte, fahren Sie fort.

Zeuge Kos[alko]:

Gegen 18.00 Uhr wartete ich mit einem andern Mann im Büro. An den Namen des anderen Mannes erinnere ich mich nicht; es handelte sich um einen neuen, der erst zwei Wochen im Dienst war.

-OStA Holland verläßt um 9.25 Uhr den Sitzungssaal.-

[7285] Wir sollten um 18.30 Uhr abgelöst werden, und wir haben uns deshalb unterhalten, bis die neue Ablösung eintraf.

Wir hörten eine Explosion, haben uns dann gegenseitig angeguckt und gesagt: Das klingt ja, wie eine Bombe. Ich bin dann aufgestanden und ging in Richtung auf die Tür, die sich in der Mitte des Fahrzeugs befindet - ich war auf der einen Seite des Fahrzeugs und er war ursprünglich auf der andern Seite des Fahrzeugs.

Nachdem ich aufgestanden war, war das nächste, was ich beobachtete, daß ich wieder auf der Erde lag, denn die Decke kam herunter und die Bücher. Es war dies also die zweite Explosion. Die erste Explosion habe ich gehört, die zweite nicht mehr; die hat mich einfach zu Boden geschleudert.

Ich bin dann gleich wieder, so schnell ich konnte, aufgestanden und mein Kamerad auch. Wir sind dann beide herausgegangen, weil wir dachten, vielleicht kommt es noch zu einer weiteren Explosion unter dem Fahrzeug, und wir sind dann zusammen um das Gebäude 22 herumgelaufen. Wir sind dort, glaube ich, zwei bis drei Minuten geblieben und sind dann zurückgegangen, um nachzusehen, was passiert war. Wir haben dann gesehen, daß die Decke des Lkws eingestürzt war, aber das war gar nichts. Die Hauptsache hatte sich bei dem Multiplex-Fahrzeug abgespielt: Das Multiplex ist also ein Fahrzeug, von dem die gesamten Telefonleitungen in das Gebäude hereingespeist werden. Wir haben dann die Tür geöffnet und in diesen Wagen hereingeschaut: Er war völlig zerstört; es war eigentlich nichts mehr darin intakt.

Vors.:

Wissen Sie, ob in diesem Multiplex-Fahrzeug irgendwelche Personen im Zeitpunkt der Explosion gewesen sind?

Zeuge Kos[alko]:

Nein. Der Dienst wurde nur von zwei Leuten versehen:

Einer war ich und der andere war dieser Mann, den ich vorhin schon erwähnt habe, ...

Vors.:

... so daß Sie im Rahmen Ihres Dienstes möglicherweise auch das Multiplex-Fahrzeug hätten benützen müssen?

Zeuge Kos[alko]:

Ja, das ist Teil unserer Arbeit, unseres Dienstes.

Vors.:

Bitte, fahren Sie fort.

-OStA Holland erscheint wieder um 9.30 Uhr im Sitzungssaal.-

[7286] Zeuge Kos[alko]:

Ich habe dann dem Mann gesagt, er solle die Energie, also den Strom abschalten in dem Radioteil. Ich selbst habe dann die Stromzufuhr in dem Computer abgeschaltet - es handelte sich um einen Digitalcomputer.

Ich bin dann in das Gebäude 22 gegangen, um dort meinen Vorgesetzten zu rufen.

Vors.:

Herr Kosalko, sind Sie selbst verletzt worden?

Zeuge Kos[alko]:

Ich bin von einem Splitter am linken Arm getroffen worden - ich weiß nicht genau, was für ein Splitter es war, ob es ein Glassplitter oder ein Bombensplitter oder was es war, weiß ich nicht -, denn ich bin zu dem Krankenhaus dann gegangen und dort wurde es herausgenommen, ohne daß ich erfahren habe, was es im einzelnen war.

Vors.:

Aber Komplikationen sind offenbar dann keine eingetreten?

Zeuge Kos[alko]:

Nein.

Vors.:

Haben Sie selbst Beobachtungen machen können über den Ort, wo diese Sprengung geschehen ist, wieweit das insbesondere entfernt war von Ihrer Dienststelle?

Zeuge Kos[alko]:

Der Ort, in dem die Bombe untergebracht war, befand sich nach meiner Ansicht in einem Volkswagen, der etwa 3 m von dem Multiplex-Wagen abgestellt war.

Darf ich um eine Wiederholung dieser Aussage bitten?

Vors.:

Ja, selbstverständlich.

Zeuge Kos[alko]:

Es war so, daß neben dem Wagen, in dem wir uns befanden, noch ein weiterer Wagen sich befand, also ein Dienstfahrzeug mit technischem Gerät, und dann bis zu dem Platz, in dem ich mich befand, müssen ungefähr von dem Ort der Explosion 25 m Entfernung gewesen sein.

Vors.:

Wir werden das nachher anhand einer Skizze nochmals mit Ihnen besprechen. Wir wollten jetzt zunächst mal aber Ihre Aussage aus dem Gedächtnis feststellen. Ich möchte Ihnen aber zunächst aus Ihrer früheren Aussage, die Sie im Juni 1972 ziemlich unmittelbar nach dem Geschehen gemacht haben, vorhalten

Bl. 1 des Ordners 103,

daß Sie damals folgendes gesagt haben:

[7287] „Später stellte ich fest, daß die Explosion etwa 15 m entfernt stattgefunden hatte.“

Heute sprechen Sie von 25 Metern?

Herr Zeuge, wir wollen Sie damit nicht überfordern; die Entfernungsschätzungen sind ohnehin eine etwas kritische Sache. Ich möchte Ihnen nur den Hinweis geben, daß Sie früher die Distanz kürzer bezeichnet haben als heute, um Sie zu veranlassen, Ihr Gedächtnis in dieser Richtung möglichst nochmals zu überprüfen.

Wenn Sie durch diesen Vorhalt kein zusätzliches Erinnerungsbild mehr gewinnen können, müssen Sie sagen: Ich kann’s nicht mehr sagen, wie es gewesen ist.

Zeuge Kos[alko]:

Mir scheint es, daß es 25 m waren. Die Sache liegt allerdings vier Jahre zurück; ich war inzwischen auch nicht mehr in Heidelberg.

Vors.:

Kurzum, das bedeutet: Sie können, wenn man Ihnen das vorhält, sich nicht näher festlegen; Sie bleiben bei der Meinung, es könnten 25 m gewesen sein?

Zeuge Kos[alko]:

Wann ich damals gesagt habe - gleich im Anschluß an das Vorkommnis -, daß es 15 m gewesen waren, dann kann ich davon nicht abgehen, wenn es mir auch heute scheint, daß die Entfernung größer war. Wenn hier eine genaue Zeichnung, eine Maßskizze des Ortes des Geschehens vorhanden ist, dann kann ich exakt angeben, wo ich mich befand, und die Entfernung kann nachgemessen werden.

Vors.:

Können Sie uns die Beschädigungen Ihres Fahrzeugs, in dem Sie also Dienst versehen haben, noch näher beschreiben?

Zeuge Kos[alko]:

Es ist ja, glaube ich, klargeworden, daß wir in einem Lkw Dienst taten. Der Lkw hatte eine Sperrholzdecke und diese Decke stürzte ein.

Die Angeklagte Meinhof erscheint um 9.37 Uhr im Sitzungssaal.

Außerdem waren in der Tür zwei oder drei Löcher, die meines Erachtens von Splittern der Explosion hergerührt haben müssen. Innerhalb des Lkws war kein großer Schaden entstanden. [7288] Es sind lediglich infolge der Explosionswelle die Bücher heruntergekommen, ebenfalls Kaffeetassen und eine Kaffeekanne; eine davon, glaube ich, habe ich aufgefangen.

Vors.:

In diesem Zusammenhang der Vorhalt - wiederum aus

Bl. 1 des Ordners 103:

Früher gaben Sie an, im Innern seien die Sitze aufgeschlitzt worden.

Der Vorhalt ist gestrichen, da es sich hierbei um sein eigenes Fahrzeug handelte.

RA Pfaff verläßt um 9.38 Uhr den Sitzungssaal.

Sind, bevor wir dem Herrn Zeugen die Skizze vorlegen, noch weitere Fragen zu stellen?

Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Kosalko, Sie sagen: Die Decke bestand aus Sperrholz. Aus welchem Material bestanden die Wände dieses Trucks[b], in dem Sie gearbeitet haben?

Zeuge Kos[alko]:

Das gesamte Fahrzeug bestand aus Metall. Das Dach war ebenfalls aus Metall, und die Sperrholzdecke war nur angebracht aus dekorativen Gründen, ...

Richter Mai[er]:

... also nur zur Verkleidung im Innern?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Dann sprechen Sie von einer Tür. Ging diese Tür in Richtung zu dem Gebäude 22 oder in Richtung zu dem Parkplatz?

Zeuge Kos[alko]:

Sprechen Sie von der Tür, aus der ich dann herausgegangen bin?

Richter Mai[er]:

Gab es zwei Türen?

Zeuge Kos[alko]:

Es sind zwei Türen da.

Richter Mai[er]:

War eine dieser beiden Türen geöffnet?

Zeuge Kos[alko]:

Die Tür, die zu ... in Richtung auf den Multiplex-Wagen und daher auch in Richtung der Explosion zeigte, die stand etwas offen, um etwas Luft hereinzulassen - schon vor der Explosion.

RA Pfaff erscheint wieder um 9.40 Uhr im Sitzungssaal.

[7289] Richter Mai[er]:

Sie sprachen von einem VW, in dem sich Ihrer Ansicht nach die Bombe befunden haben muß.

Stand dieser VW nach dem, was Sie nachher gesehen haben, am Rande des Parkplatzes oder mehr zur Mitte des Parkplatzes hin?

Zeuge Kos[alko]:

Beziehen Sie sich mit Ihrer Frage auf die Zeit nach der Explosion oder vor der Explosion?

Richter Mai[er]:

Nach der Explosion. Vorher kann er’s ja nicht gesehen haben.

Zeuge Kos[alko]:

Nach der Explosion befand sich das Fahrzeug überall:

Der Motor befand sich z. B. unterhalb eines Antennenmastes - Mikrowellenantennenmastes -, und die übrigen Teile befanden sich teilweise in den Büros, teilweise in den Bäumen und generell über den Parkplatz verstreut. Unter dem Platz, wo der VW ursprünglich wohl gestanden haben mußte, erkannte man ein Loch.

Richter Mai[er]:

Darauf zielte an sich meine Frage:

Befand sich nun dieses Loch, von dem er gerade geredet hat, etwa am Rande des Parkplatzes?

Zeuge Kos[alko]:

Es befand sich am Rande des Parkplatzes, ungefähr 2 m von dem Multiplex-Fahrzeug.

Richter Mai[er]:

Hat er an dieser Stelle vor der Explosion schon ein Fahrzeug stehen sehen?

Zeuge Kos[alko]:

Nein, es handelt sich ja um einen normalen Parkplatz.

Richter Mai[er]:

Kann der andere Mann, der Kamerad von ihm - der neue - möglicherweise Paul Saccoccie geheißen haben?

Zeuge Kos[alko]:

Ich weiß, daß der Nachname, der Familienname dieses Mannes äußerst schwierig war; deshalb habe ich auch vorhin einen Namen nicht angegeben, denn ich konnte mich an diesen Namen von vornherein nicht gut erinnern; ich weiß auch seinen Vornamen nicht, ob der Name Paul war.

Richter Mai[er]:

Welchen Dienstgrad hatte er?

Zeuge Kos[alko]:

Ein PFC.[6]

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen? Beim Gericht seh ich, nicht.

Herr B. Anwalt Widera.

[7290] Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Kosalko, hatten Sie oder Ihr Kamerad auch außerhalb des Lkws auf dem Gelände Dienst zu tun?

Zeuge Kos[alko]:

An diesem Tag oder generell?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Generell und insbesondere an diesem Tag?

Zeuge Kos[alko]:

Damals war die Bombendrohung hier für den Bereich Stuttgart bereits bekannt, und wir hatten daher Anweisung, das Gebiet genau zu überwachen nach fremden Personen und außerdem jede Stunde die Fahrzeuge abzusuchen nach dort an den Fahrzeugen eventuell verborgenen Bomben.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Um welche Uhrzeit in dieser Schicht, die um 18.30 Uhr endete, sind solche Rundgänge gemacht worden?

Zeuge Kos[alko]:

Wir haben diese Rundgänge gemacht - wir sollten sie jede Stunde machen -, aber wie die Uhrzeit genau war, als wir dieses Gebiet hier durchsucht haben, das kann ich nicht sagen, denn das dauerte ja immerhin eine ziemliche Zeit. Also ob es fünf Minuten nach voll oder 40 Minuten nach voll war, das weiß ich nicht; die Rundgänge sind jedenfalls ausgeführt worden und sind auch in ein entsprechendes Protokollbuch eingetragen worden.

Reg. Dir. Wi[dera]:

War der diensthabende Kamerad kurz vor der Explosion im Wagen, oder ist er erst kurz vor der Explosion zurückgekommen?

Zeuge Kos[alko]:

Ich glaube, er ist grade vorher zurückgekommen, denn bei ihm handelte es sich um einen Radiotechniker, der immer die verschiedenen Schaltkreise prüfen mußte und daraufhin prüfen mußte, ob sie geräuschfrei waren oder Geräusche aufwiesen, und nachdem ja die Wachübergabe um 18.30 Uhr erfolgen sollte, mußte er, soviel ich mich erinnere, vorher diese Prüfungen außerhalb des Fahrzeugs durchgeführt haben und deshalb grade erst zurückgekommen sein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Heißt das, daß er dann kurz vor der Explosion in dem Multiplex-Fahrzeug gewesen ist?

Zeuge Kos[alko]:

Ja, ich würde sagen, etwa zehn Minuten vor der Explosion.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Haben Sie, indem Sie vielleicht durch die offene Tür gesehen haben oder durch sonst ein Fenster, das möglicherweise da gewesen ist, unmittelbar vor der Explosion andere Personen in der Gegend der Explosionsstelle gesehen, oder haben Sie andere Personen durch eben die offene Tür evtl. gehört?

[7291] Zeuge Kos[alko]:

Zwischen dem Fahrzeug, in dem ich mich befand und dem Gebäude 22 befindet sich ein Gehweg, der stark begangen ist, denn er führt einerseits zum Kasino und auch zum Kino, und um diese Tageszeit und generell wird er stark begangen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Welche Beobachtungen haben Sie nach der Explosion zum Ausmaß der Splitterwirkung gemacht? Wie weit sind Splitter, also Teile etwa von Fahrzeugen oder sonstige Eisenteile, entfernt gewesen?

[c]

Zeuge Kos[alko]:

Ich kann hiermit wieder Schwierigkeiten haben mit dieser Antwort.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielleicht lassen sich die Schwierigkeiten vermeiden, wenn Herr Kosalko ans Modell geht und einfach die Ausmaße zeigt.

Der Zeuge Kosalko gibt anhand des Modells des US-Hauptquartiers weitere folgende Erklärungen ab.

Zeuge Kos[alko]:

Hier sind 3 Parkplätze, und ich glaube, das Loch, von dem ich gesprochen habe, war entweder an dem ersten oder an dem ... war an diesem Parkplatz.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Mir geht es nicht um diese Sprengstelle; über die ist ja vorhin schon gesprochen worden.

RA Pfaff verläßt um 9.53 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kos[alko]:

Teile sind einerseits durch die Antenne gedrungen, die ja sehr hoch ist. Es wurden hier auch auf dem Dach Teile gefunden. Der Motor befand sich unterhalb des Antennenfußes. Wir hatten auch hier einen Lkw geparkt. Teile der Reifen befanden sich hier bei dem abgestellten Pkw. Mein Personenfahrzeug befand sich 4 Parkplätze weiter in dieser Richtung abgestellt und alle Fenster waren eingedrückt, und es waren auch in der Fahrzeugwand Löcher, die durch Splitter, die von der Bombe oder anderen Metallsplitter verursacht worden sind. Die hier abgestellten Fahrzeuge waren beschädigt, d.h., die Fenster waren eingedrückt und Löcher waren zu erkennen.

[7292] Reg. Dir. Wi[dera]:

Und wie sah es in diesem Gebiet aus, zum Kasino hin?

Zeuge Kos[alko]:

Ich bin da nicht herübergegangen. Aber am nächsten Tag, nachdem ich vom Krankenhaus wieder zurück war, habe ich gesehen, daß auch im Kasino Fenster eingedrückt waren.

Ende von Band 401.

[7293] Reg. Dir. Wi[dera]:

Noch eine letzte Frage Herr Kosalko. Nach der Explosion sind Sie ja gleich zum Gebäude 22 und auch in dies Gebäude hineingegangen. Wie sah es in diesem Gebäude eventuell mit Beschädigungen aus?

Zeuge Kos[alko]:

Im Gebäude 22 befindet sich eine Sicherheitstür, die also nur auf Tastendruck geöffnet wird. Ich habe die Klingel dann betätigt, aber es kam niemand, um die Tür dann zu öffnen. Innen sah es neblig aus, wahrscheinlich von dem Gips, der von den Wänden heruntergerissen worden war. Schließlich kam jemand, dem ich dann gesagt habe, ich wolle hereingehen, um zu telefonieren ...

Herr RA. Pfaff erscheint wieder um 9.56 Uhr im Sitzungssaal und unterhält sich mit der Angeklagten Meinhof.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ich bitte um Entschuldigung für die Unterbrechung. Gehen wir recht in der Annahme, daß Herr Rechtsanwalt Pfaff nicht Verteidiger der Frau Meinhof ist.

Vors.:

Ich glaube, Herr Bundesanwalt Zeis, die Frage muß in der Form nicht gestellt werden, da Sie wissen, daß er nicht Verteidiger ist. Herr Rechtsanwalt Pfaff, wir haben schon festgestellt, ich würde Sie bitten, an das Schreiben[7] sich zu erinnern, das der Senat an alle Verteidiger in diesem Zusammenhang herausgegeben hat. § 146[ StPO][8], der ja nun eine strenge Auslegung in der Rechtssprechung erfährt[9] ...

Angekl. Me[inhof]:

Ja sicher, Sie können auch noch die restlichen Anwälte rausschmeißen.[10]

Vors.:

... läßt das nicht zu. Ich bitte Sie also in der Form sich dann zu halten. Sie haben nicht das Recht Frau Meinhof zu verteidigen. Herr Rechtsanwalt Pfaff bitte.

RA Pfa[ff]:

Frau Meinhof hat mich gebeten, nach Rechtsanwalt Oberwinder zu forschen, der sich für den heutigen Tag angesagt hat. Diese Gefälligkeit habe ich Frau Meinhof gerne erwiesen.

Vors.:

Wir sind auch davon ausgegangen, daß es sich um keine Verteidigeraufgaben im engeren Sinne gehandelt hat, haben deswegen bisher dazu geschwiegen. Aber wir müssen Sie bitten, diese ... den äußeren Anschein möglichst auch zu reduzieren, denn sonst kommen diese Einwendungen, die gerade, durchaus zu Recht an sich erhoben worden sind ...

[7294] Angekl. Me[inhof]:

Welchen äußeren Anschein?

Vors.:

Ich darf jetzt bitten, daß in der Vernehmung fortgefahren wird. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

OStA Hol[land]:

Herr Vorsitzender, ich hätte noch eine Frage.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Holland ... Herr Bundesanwalt Widera bitte, Sie haben das Fragerecht.

Angekl. Me[inhof]:

Können Sie das mal erklären, was Sie mit äußerem Anschein meinen.

Vors.:

Frau Meinhof, ich habe jetzt mit Ihnen kein Gespräch. Es ist im Augenblick die Befragung des Herrn Zeugen im Gange.

Angekl. Me[inhof]:

Soll das eine Drohung sein oder was?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielleicht sollte Frau Meinhof jetzt gleich belehrt werden.

Vors.:

Frau Meinhof ein Hinweis: Sie haben die Möglichkeit, hier Anträge zu stellen oder sonst etwas, dann werden wir klären, ob die Anträge jetzt gestellt werden können. Im übrigen können Sie sich an der Befragung des Herrn Zeugen beteiligen. Die wird jetzt abgeschlossen. Zwischenrufe dieser Art, die Sie im Augenblick machen, können die Folge haben, die Sie nun hinlänglich kennen.[11] Ich verwarne Sie.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Der Zeuge war noch nicht fertig mit seiner Antwort, ob er nun im Gebäude drin war oder ob er von außen Beobachtungen im Gebäude 22 gemacht hat.

Die Angeklagte Meinhof verläßt um 9.59 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kos[alko]:

Ich kam schließlich in das Gebäude herein, nachdem jemand gekommen war, um mich einzulassen. Ich ging in das erste Büro und sagte dort meinem Vorgesetzten, daß wir draußen eine Explosion gehabt haben. Ich mußte deshalb in das Büro gehen, in das Gebäude gehen, weil sämtliche Telefonleitungen, Telefonapparate bei uns draußen nicht funktionierten.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich möchte ja nur etwas dazu hören, ob er über Beschädigungen im Gebäude Beobachtungen gemacht hat.

Zeuge Kos[alko]:

Der Schaden, den ich beobachten konnte, war, daß die Lampen heruntergekommen waren und daß der Fußboden mit Gips bedeckt war. Ich habe dort mit einem Hauptmann gesprochen, und eine der Lampen, die herunterkamen, hatte ihn am Kopf getroffen. Er und ich waren die einzigen, die in [7295] diesem Bereich dann zum Krankenhaus mußten.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielen Dank.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Holland, bitteschön. Hat sich erledigt? Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, mir ist eines noch unklar, nämlich der Standort des Multiplexfahrzeuges.

Vors.:

Wir wollen es nachher mit der Skizze genau feststellen.

OStA Ze[is]:

Danke.

Vors.:

Ich möchte bloß Gelegenheit geben, vor der Vorlage der Skizze noch Fragen zu stellen. Bei Ihnen keine Fragen mehr? Sonst die Herren Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Pfaff.

RA Pfa[ff]:

Herr Zeuge, ist Ihnen nach der Explosion bekanntgeworden, ob im Hauptquartier Computer beschädigt worden sind?

OStA Holland verläßt um 10.01 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kos[alko]:

Damals, als ich in diesem Bereich tätig war, war ich mit der Reparatur von Computern beschäftigt. Die Computer, die dort standen, sind Computer. Aber in Wirklichkeit handelt es sich um eine durch Computer betätigte Telefonzentrale. Das heißt, es werden Leitungen geschaltet mit Hilfe eines Computers. Es sind also nicht solche Computer, wie Sie sich vielleicht hier darunter vorstellen. Dieser sogenannte Computer, ein Digitalschalter - genauer bezeichnet -, befand sich in dem Raum[d], von dem wir noch nicht näher gesprochen haben. Und dieser war beschädigt.

Vors.:

Ja, ich gehe davon aus, die Frage ist beantwortet damit.

RA Pfa[ff]:

Soweit, wie ich Sie gestellt, ja. Ich möchte aber nachfragen, Herr Zeuge, ist Ihnen bekannt geworden, ich will meine Frage präzisieren, ist Ihnen bekannt geworden, daß Computer beschädigt wurden, die logistische Funktionen hatten?

Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 10.03 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kos[alko]:

Ich wußte, und ich habe ja auch gehört, daß eine weitere Explosion stattgefunden hatte, an diesem Abend. Es handelt sich um die, von mir als erste Explosion bezeichnete, vorhin. Nachdem wir die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatten, das heißt, den Strom abgeschaltet hatten und nachdem ich meinen Vorgesetzten be- [7296] nachrichtigt hatte, kamen Leute hinzu, die sagten, der eigentliche Schaden ist auf der anderen Seite des Kasernengeländes. Und wir sind dann da auch herübergegangen und haben gesehen, daß dort ein Loch in der Wand war. Und nachdem wir das angesehen haben, bin ich wieder zurückgekommen.

RA Pfa[ff]:

Ich muß nachfragen. Noch offen ist die Antwort auf die Frage, ob ihm bekannt geworden ist, daß es sich um Computer oder um Einrichtungen handelt, die mit Logistik zu tun hatten?

Zeuge Kos[alko]:

Dabei handelte es sich um den Computer, der logistische Einsatzaufgaben hatte.

RA Pfa[ff]:

Herr Zeuge, ist Ihnen auch bekannt geworden, welche, für welchen Bereich diese Logistikcomputer oder Logistikeinrichtungen vorhanden waren? Welche Funktionen sie hatten?

Zeuge Kos[alko]:

Ich kann mich hier nur auf Hörensagen beziehen, was mir Leute eben erzählt haben. Sie sagten, daß der Computer, den ich persönlich nie gesehen habe, und ich selbst war in diesem Gebäude auch noch nie anwesend gewesen, für Personenaufzeichnungen diente und generell für logistische Arbeit. Aber ich kann näheres dazu nicht sagen.

RA Pfa[ff]:

Danke.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ordner 102 Bl. 273 vorgelegt, mit der Bitte, die Fahrzeuge und Gebäudeteile zu bezeichnen, die er in seiner Aussage erwähnt hat.

Der Dolmetscher erklärte, daß der Zeuge soeben auf ein Rechteck, das sich links neben der Zahl 3, 10 befindet, deutete. Er fragte, ob er diese Figuren beschreiben soll.

Vors.:

Ja, nur um was es sich gehandelt hat.

Zeuge Kos[alko]:

Es war dort ein Loch, das meines Wissens mit einem Metalldeckel abgedeckt war, in dem Farbe und Benzin aufbewahrt wurde, und zwar für Leute, die hier drüben untergebracht waren oder Dienst taten. Es war nicht für uns gedacht.

Vors.:

Also eine Grube, die abgedeckt war?

Zeuge Kos[alko]:

Ja.

Vors.:

Bitte jetzt die Figur zu beschreiben, die am unteren Skizzenrand, unter der Schrift „Funkmast“ zu sehen ist.

Der Dolmetscher gab bekannt, daß der Zeuge soeben auf das Rechteck, das sich unter dem Funkmast befindet, deutete. Er fragte, ob es sich dabei um den Funkmast handle.

BA Dr. Wunder erscheint um 10.08 Uhr wieder im[e] Sitzungssaal.

[7297] Vors.:

Das ist ja genau das, was wir von Ihnen wissen wollen. Also ich meine, die Skizze selbst ergibt es, daß er sich irrt.

Zeuge Kos[alko]:

Wer hat diese Zeichnung gemacht und wann wurde sie gemacht?

Vors.:

Sie ist später gemacht worden, sie ist vermessen worden. Aber das spielt hier jetzt keine Rolle. Ich möchte den Zeugen bitten, zu sagen, ob er imstande ist, etwas dazu zu erklären. Wo nicht, werden wir versuchen, weitere Fragen zu stellen. Eventuell bleibt es dann eben ohne Ergebnis.

Zeuge Kos[alko]:

Dieser dunkle Punkt, der hier zu sehen ist, weiter rechts vom ... von dem Wort „Funkmast“, etwas weiter unten, das ist der Motor, den man später gefunden hat.

Vors.:

Ja, das ist richtig. Danach war aber ursprünglich nicht gefragt. Wir haben damit etwas vorausgenommen. Ich bitte also nochmals zu erklären, ob der Herr Zeuge, der offenbar den Funkmast inzwischen erkannt hat, zu der Figur, die unter der Schrift „Funkmast“ steht, irgendwas sagen kann?

Zeuge Kos[alko]:

Das ist der Radiowagen, der Funkwagen.

Der Dolmetscher erklärt, daß der Zeuge noch nähere technische Angaben über die Funktion des Funkwagens gemacht hat.

Vors.:

Ja, die interessieren hier nicht. Ich bitte Sie, Herr Kosalko, möglichst klar und knapp das zu beantworten, was gefragt ist. Weiterungen sind nicht notwendig. Es könnte sein, daß ein Prozessbeteiligter sich dafür interessiert, Sie dann speziell fragt. Wir können jetzt weitergehen zu der Figur, die nun rechts von dem schwarzen Punkt, den der Herr Zeuge bereits als Motor gekennzeichnet hat, zu sehen ist.

Reg. Dir. Widera verlässt um 10.14 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kos[alko]:

Ich nehme an, daß damit das Büro gemeint ist.

Vors.:

Unter Büro haben Sie vorhin Ihr Fahrzeug, in dem Sie Dienst versehen haben, bezeichnet. Wäre das also Ihre Standstelle gewesen?

Zeuge Kos[alko]:

Es ist zwar der Platz, aber die Abmessungen im Verhältnis zu den übrigen Figuren hier stimmen nicht.

[7298] Vors.:

Jetzt haben wir noch eine Figur, die zwischen dem Büro und dem hier als Explosionsstelle bezeichneten Punkt liegt. Eine Linie mit 5,70 m führt darauf zu. Kann der Herr Zeuge zu dieser Figur etwas sagen.

Zeuge Kos[alko]:

Das ist der Multiplexwagen.

Vors.:

Herr Kosalko, sind außer diesen Fahrzeugen oder Gebäudeteilen, die Sie im Augenblick beschrieben haben, noch weitere Fahrzeuge oder Gebäudeteile, vielleicht beweglicher Art, hier vorhanden gewesen? Nach Ihrer Erinnerung?

Zeuge Kos[alko]:

Hier war noch ein Versorgungsfahrzeug.

Der Dolmetscher erklärt, daß der Multiplexwagen nach Überzeugung des Zeugen weiter oben gestanden haben muß, also näher am Explosionsort.

Ferner gab der Dolmetscher bekannt, daß der Zeuge soeben auf einen Platz, der sich exakt zwischen den Zahlen 13 und 23 befindet, zeigte und erklärte: „Dort befand sich noch ein weiteres Fahrzeug.“

Und das Büro war weiter unten. Der Platz als solcher ist gut, aber das Fahrzeug war länger und muß also bis an die Kante der Zeichnung herangereicht haben. Und hier links, ganz an der Begrenzung dieser punktierten Fläche, befand sich ein weiteres Fahrzeug, auf das ich schon zu sprechen kam. Nämlich mit diesem Digitalschalter, also der Vermittlung.

Vors.:

Sind Fragen an den Herrn Zeugen, im Zusammenhang mit dieser Skizze? Ich sehe beim Gericht nicht. Bundesanwaltschaft? Nicht. Die Herren Verteidiger? Auch nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Bedenken.

Der Zeuge Kosalko wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.17 Uhr entlassen.

Der Zeuge Bizzell erscheint um 10.19 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Bizzell wird gem. § 57 StPO belehrt.

[7299] Der Zeuge ist damit einverstanden, daß seine Aussagen auf das Gerichtstonband aufgenommen werden.

Der Zeuge Bizzell macht folgende Angaben zur Person:

Word Bizzell,
42 Jahre alt,
Berufsoffizier der Armee,
Oberstleutnant,
Fort Hood, Texas.

Im übrigen verneinend.[12]

Vors.:

Herr Zeuge, haben Sie im Mai 1972 in Deutschland Dienst versehen?

Zeuge Biz[zell]:

Ja.

Vors.:

Wo waren Sie damals stationiert?

Zeuge Biz[zell]:

In Heidelberg, Campbell Barracks.

Vors.:

Gehen wir richtig davon aus, daß dieses Modell die Campbell Barracks zeigt?

Zeuge Biz[zell]:

Ja, das ist richtig.

Vors.:

Haben Sie in diesem Bereich, im Mai 1972 einen Sprengstoffanschlag miterlebt.

Zeuge Biz[zell]:

Ja.

Vors.:

Können Sie uns nun von sich aus ohne weitere Fragen schildern, wie Sie das damals erlebt haben; möglichst in der zeitlichen Reihenfolge?

Zeuge Biz[zell]:

Gegen 18.00 Uhr fuhr ich in meinem, in einem Fahrzeug zu dem Gebäude, das in den Campbell Barracks als Casino bezeichnet war.

Vors.:

Wir können es vielleicht dem Herrn Zeugen vereinfachen, wenn, er ist ja nun schon lange Zeit nicht mehr dagewesen, wenn er zur Beschreibung seines Weges das Modell benützt.

Der Zeuge beschreibt anhand eines Modells des US-Hauptquartiers in Heidelberg den Weg, den er zurückgelegt hat.

Zeuge Biz[zell]:

Ich kam von der Römerstraße[f], habe dann eine Rechtsbiegung gemacht. Bin dann hier durch das Einlaßtor gefahren, dann nach rechts, dann wieder nach links, an diesem Platz entlang, an der Sporthalle entlang, dem sogenannten [7300] Gymnasium und dann, bei dem USAREUR-Gebäude wieder nach rechts. Gleich hinterher, bei Gebäude 54 nach links und dort, wo diese Grünfläche links sich befindet, gerade an der Ecke des großen Platzes. Als ich mich dort befand, erfolgte eine Explosion, die jenseits dieses langgestreckten Gebäudeflügels dort bei der Grünfläche ungefähr stattgefunden haben muß.

Vors.:

Können wir davon ausgehen, Herr Zeuge, daß diese Detonation, die Sie selbst nicht unmittelbar gesehen haben, im Bereich des Gebäudes Nr. 31 gewesen sein müßte? Ich meine hiermit den nördlichen Flügel des Gebäudes 31.

Zeuge Biz[zell]:

Ich weiß, daß es jenseits dieses Flügels stattgefunden hat. Wir waren sehr nahe am Ort der Explosion. Ich habe sofort angenommen, daß es sich um eine Explosion in einem Kraftfahrzeug handeln müsse. Der gesamte Parkplatz, oder besser gesagt, alle die einzelnen Abstellplätze auf diesem Parkplatz, waren mit Automobilen belegt.

Reg. Dir. Widera erscheint wieder um 10.28 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Biz[zell]:

In diesem Augenblick habe ich einen Fehler gemacht.

Ich habe mich dann entschlossen, von diesen Autos wegzufahren. Ich fuhr daher so schnell, wie ich konnte, an den, an das linke Ende dieses Parkplatzes, dort wo der Parkplatz zu Ende ist. Als ich dann eine Linkskurve mit meinem Auto machte, sah ich ein dunkelgestrichenen, lackierten Volkswagen, der explodierte. Die Explosion drückte mein Fahrzeug seitlich weg. Und ein Teil des Wagens, ein Splitter, drang in die Motorhaube meines Fahrzeugs ein. Die anderen Fahrzeuge in der Nähe des Explosionsfahrzeuges brannten. Gleich nach der Explosion fuhr ich dann schnell auf diesen Platz hier, der hier gezeigt ist. Ich bin dann zu Fuß wieder zurückgegangen, zu diesem Platz, mit der Antenne, um zu sehen, ob ich dort helfen könne, den Leuten, die sich in diesem Gebiet befanden. Ein Hauptmann, dessen Name ich vergessen habe, hatte eine schlimme Wunde am Kopf, infolge der Explosion. Gleich danach erschien dann die Militärpolizei am Ort, ebenfalls der Krankenwagen. Ich konnte daher nichts mehr weiter tun, und bin dann weggegangen.

[7301] Vors.:

Danke. Sie haben erwähnt, daß Sie mit Ihrem Fahrzeug gefahren sind. Waren Sie allein im Fahrzeug?

Zeuge Biz[zell]:

Nein, ich hatte als Fahrgäste meine Frau und deren Eltern.

Vors.:

Also zu viert?

Zeuge Biz[zell]:

Ja.

Vors.:

Sie erwähnten, Sie hätten einen Volkswagen gesehen, dunkelgestrichen. Gleichzeitig bekundeten Sie, Sie hätten gesehen, wie er explodiert ist. Haben Sie dieses Fahrzeug schon vorher beobachtet? Bevor es explodierte?

Zeuge Biz[zell]:

Ich war sehr sorgfältig damals bei der Beobachtung von Kraftfahrzeugen.

Vors.:

Hing das damit zusammen, daß Sie sofort angenommen haben, die erste Detonation sei in einem Kraftwagen erfolgt?

Zeuge Biz[zell]:

Ja.

Vors.:

Könnten Sie die Farbenangabe noch etwas präzisieren? Dunkel sei der Volkswagen gewesen.

Zeuge Biz[zell]:

Es war schon dunkel. Es war abends.

Vors.:

Nun die Uhrzeit, die wir bisher jeweils von den Zeugen erfahren haben, müßte eigentlich die Annahme rechtfertigen, daß es noch nicht sehr dunkel gewesen sein könnte. Es war Mai.

Zeuge Biz[zell]:

Es war dämmrig. Es war kein heller Tag.

Vors.:

Könnten Sie wenigstens angeben, in welcher Richtung diese Farbe ging. War das rötlich, gelb, oder gelb kommt ja, scheidet ja nicht aus, aber rötlich oder blau. Oder was für eine Frage käme in Betracht?

Zeuge Biz[zell]:

Rot, blau, braun, schwarz.

Vors.:

Sie können also überhaupt nicht angeben um welche Farbe es sich gehandelt hat?

Zeuge Biz[zell]:

Nein. Ich glaube allerdings, daß rot ausgeschlossen werden kann.

Vors.:

Und Sie haben selbst beobachtet, wie es dieses Fahrzeug zerrissen hat, durch eine Detonation.

Zeuge Biz[zell]:

Das ist bestimmt ein sehr ungewöhnliches Ereignis. Wenn ich mir vorgenommen hätte, den Wagen zu betrachten, dann wär es mir sicherlich nicht gelungen. Aber ich habe ihn aufblitzen sehen.

Vors.:

Nun haben Sie erwähnt, daß Sie selbst, das heißt Ihr Fahrzeug von Trümmerstücken getroffen worden sei. Zunächst, wieweit waren Sie in diesem Augenblick entfernt, von die- [7302] sem explodierenden Fahrzeug?

Zeuge Biz[zell]:

Etwa 25 m.

Vors.:

Können Sie uns mitteilen, ob Sie nun von einem Trümmerstück nur getroffen wurden oder ob Ihr Fahrzeug mehrfach getroffen worden ist?

Zeuge Biz[zell]:

Wir haben später festgestellt, daß das Fahrzeug von mehreren Teilen getroffen worden ist.

Vors.:

Gibt es irgendein markantes Trümmerstück, das Sie getroffen hat, das Sie heut noch im Gedächtnis haben könnten?

Zeuge Biz[zell]:

2 sehr auffällige Teile waren dabei. Das Teil, das die Motorhaube des Fahrzeuges etwa 30 cm vor der Windschutzscheibe getroffen hat, wog etwa 25 Pfund, also 11 Kilo und zerstörte die Motorhaube und den größten Teil des Motors selbst. Das andere Teil war ein 15 cm langes Stück Metall, das ungefähr ein halbes Pfund, also 220 gr. wog. Dieses Teil traf die Fahrzeugtür, drang in die Fahrzeugtür ein, und kam dann wenige Zentimeter vor meinem Körper zu stehen.

Vors.:

Ist jemand in Ihrem Fahrzeug verletzt worden?

Zeuge Biz[zell]:

Nein.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß daran noch irgendwelche Beobachtungen gemacht, die Auskunft geben könnten über die Wucht, die Gewalt dieser Sprengung, über Schäden, die dadurch eingetreten sind. Wenn Sie das können, bitte schildern Sie das jetzt im Zusammenhang.

Zeuge Biz[zell]:

Ich habe Erfahrung mit Explosionen. Ich habe Erfahrung mit Sprengstoffen und würde sagen, daß die Explosion einer Explosionsstärke von 5 bis 10 Pfund Plastiksprengstoff entsprach.

Ende von Band 402

[7303] Zeuge Bi[zzell]:

Diesen Schluß ziehe ich aus der Helligkeit der Explosion, dem Ton der Explosion und der Druckwelle, die auf meinem Fahrzeug erkennbar wurde.

Vors.:

Ja, Herr Zeuge, Ihre Aufgabe ist es an sich, uns Tatsachen mitzuteilen. Wir gehen davon aus, daß Sie sich selbst diese Meinung gebildet haben. Das können Sie als innere Tatsache bekunden. Aber uns kommt es jetzt darauf an, ob Sie uns äußere Fakten benennen können, die solche Rückschlüsse nun dem Gericht ermöglichen, nicht Ihre eigenen Rückschlüsse zu erfahren.

Zeuge Bi[zzell]:

Wir waren 25 Meter von der Explosionsstelle entfernt, und mein Fahrzeug wurde seitlich ungefähr 30 cm über die Reifen hinweg geschoben von der Wucht. Die Fahrzeuge, die auf der westlichen Fahrspur abgestellt waren, und das war die, die meinem Fahrzeug am nächsten war, haben alle Feuer gefangen. Die Fahrzeuge, die sich am nächsten an dem Volkswagen befanden, sind durch die Explosion vollkommen zerstört worden.

Dem Zeugen wird die Skizze aus
Ordner 102, Blatt 273
- die Entfernungsangaben sind abgedeckt -, vorgelegt, mit der Bitte, daß er seinen Standort nochmals naher bezeichne.

Dolmetscher Füh[rer]:

Die Fragen beziehen sich also auf die zweite Explosion?

Vors.:

Richtig, ja.

Zeuge Bi[zzell]:

(zu der Skizze) Da, wo die Zahl 1 steht, befand sich mein Fahrzeug.

Vors.:

Bis zu dem Standort ist die Entfernung vermessen worden von der mutmaßlichen Explosionsstelle. Sie ist größer, als die von Ihnen angegebene Entfernung.

Zeuge Bi[zzell]:

Das kann durchaus sein.

Vors.:

Es handelt sich also bei Ihrer Entfernungsangabe um eine Schätzung.

Zeuge Bi[zzell]:

Ja, ich hab’s ja nicht gemessen.

[7304] Vors.:

Wenn ich Ihnen nun sage, daß nach den Angaben in der Skizze die Entfernung 44 Meter betragen haben soll, wäre das nach Ihrer Erinnerung auch möglich?

Zeuge Bi[zzell]:

Ich würde sicher darüber nicht streiten wollen. Ich bin aber erstaunt, daß es so weit war. Selbst wenn mein Fahrzeug etwas näher war, dann hätte das höchstens auf der Zeichnung hier 5 Meter ausgemacht, also ich bin dennoch erstaunt.

Vors.:

Diese Zahl 1 soll offensichtlich auch gleichzeitig ein Trümmerstück kennzeichnen. Es sind hier in der Skizze noch weitere Trümmerstücke erkennbar. Haben Sie in diese Richtung auch eigene Beobachtungen gemacht?

Zeuge Bi[zzell]:

Das Trümmerstück 1 ist dasjenige, das vorne auf mein Fahrzeug getroffen ist. Und es handelt sich dabei um das größte Trümmerstück, das ich persönlich gesehen habe.

Vors.:

Könnten Sie zu den übrigen Trümmerstücken, die hier auf der Skizze angedeutet sind, irgend eine Erklärung geben, wenn nicht, dann genügt ein schlichtes „nein“.

Zeuge Bi[zzell]:

Nein.

Dem Zeugen werden nun die Lichtbilder aus Ordner 102, Bl. 274-281 vorgelegt, mit der Bitte, daß er [g] die Bilder daraufhin ansieht, ob er irgendetwas dazu zu erklären hat.

Zeuge Bi[zzell]:

(zu den Lichtbildern) Auf der Fotografie Blatt 274 das große Trümmerstück, das auf der südwestlichen Fahrbahn dieses Parkplatzes sich befindet, ist das Teil, das die Motorhaube meines Fahrzeugs getroffen hat.

Vors.:

Sind Sie sich dessen sicher?

Zeuge Bi[zzell]:

Mehr oder weniger sicher.

Ich habe die Fahrzeuge, die auf den Fotografien Blatt 274 und 275 gezeigt sind, am Abend des gleichen Tages noch angesehen.

Vors.:

Geben die Bilder den Zustand wieder, wie Sie ihn auch beobachten konnten?

Zeuge Bi[zzell]:

Ja. Zur Zeit der Explosion befanden sich auf diesem Parkplatz wesentlich mehr Fahrzeuge, die dann aber zwischen 18.30 Uhr und 19.00 Uhr weggefahren wurden, entweder zu anderen Abstellplätzen im Kasernenbereich oder überhaupt aus der Kaserne heraus.

Vors.:

Sonstige Erklärungen zu den Bildern?

[7305] Vors.:

Wo nicht, genügt also schlichtes „nein“.

Zeuge Bi[zzell]:

Nein.

Vors.:

Ich habe den Eindruck, der Herr Zeuge hat zu den Fotografien sonst nichts weiteres zu erklären. Danke. Das Gericht hat keine weiteren Fragen mehr, das heißt, ich sehe, zumindest der Herr Berichterstatter nicht. Sonstige Fragen bei den Herren Richtern? Nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Widera, bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Bizzell, können Sie einem Irrtum unterliegen, wenn Sie auf der Karte bei Ziff. 1 zeigen, daß das der Standort gewesen sein soll, als der schwere Splitter auf Ihren Wagen krachte? Kann es nicht sein, wenn ich das noch ergänzend dazu fragen kann, um vielleicht die Erinnerung wieder hervorzurufen, kann es nicht sein, daß Sie schon am Offizierskasino vorbeigefahren waren oder gerade dort entlangfuhren?

Zeuge Bi[zzell]:

Nein, dieses Metallstück war in meinem Fahrzeug eingebettet und fiel dann herunter, als ich den Wagen weiterfuhr. Aus dem Grunde erkenn ich das auch so genau. Dieses Metallstück ist rechts von meinem Fahrzeug nachdem ich wieder weiterfuhr, auf die Straße gefallen.

Vors.:

Ich ... Entschuldigung, Herr Führer, hat der Zeuge nicht noch erklärt, warum nach rechts, das würde bezüglich des Standortes gewisse Rückschlüsse ermöglichen.

Dolmetscher Führ[er]:

Nein.

Zeuge Bi[zzell]:

Weil ich eine ... die Rechtskurve zum Ende brachte (verbessert sich)[h] ... die Linkskurve zu Ende brachte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielen Dank. Ich habe jetzt keine Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ja, Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitte.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, welchen Dienstrang bekleideten Sie damals?

Zeuge Bi[zzell]:

Major.

RA Pf[aff]:

Ist Ihnen bekannt, welche Schäden die erste Explosion verursacht hat?

Zeuge Bi[zzell]:

Ich weiß von dieser ersten Explosion. Ich habe auch die Explosion gehört und habe auch die Druckwelle gespürt, allerdings nur von oben, weil zwischen dem Explosionsort und meinem eigenen Standort sich ein Gebäude befand. Ich hab dann später auch den Schaden gesehen.

RA Pf[aff]:

Können Sie den bitte beschreiben.

[7306] Zeuge Bi[zzell]:

Ich sah die Wand und das Fenster, die in Folge der Explosion eingedrückt waren im Rechenzentrum.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, wenn Ihre Frage beantwortet ist und Sie daran anknüpfen wollen, dann bitte ich das zu tun. Ich habe das Gefühl, der Herr Zeuge beantwortet mehr, als Sie an sich fragen wollten im Augenblick oder täusche ich mich?

RA Pf[aff]:

Nein, nein. Wissen Sie, welche Einrichtungen in diesem Gebäude beschädigt wurden?

Zeuge Bi[zzell]:

Nur vom Hörensagen.

RA Pf[aff]:

Dann bitte ich darum.

Zeuge Bi[zzell]:

Ich habe gehört, daß der Schaden im Rechenzentrum erheblich war, sehr viel Geld gekostet hat und leider, daß drei Personen dort getötet worden sind.

RA Pf[aff]:

Hatten diese Einrichtungen mit dem Nachschub für Vietnam[13] zu tun?

Zeuge Bi[zzell]:

Nein, 1972, nein, das müßte ich verneinen.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, haben Sie eine umfassende Aussagegenehmigung[14] erhalten oder eine Aussagebeschränkung?

Zeuge Bi[zzell]:

Die Aussagegenehmigung ist in keiner Weise beschränkt worden. Ich bin daraufhin auch noch nicht einmal angesprochen worden.

RA Pf[aff]:

Wie kommen Sie darauf, zu sagen, daß 1972 eine Beschädigung der Einrichtungen nicht mit dem Nachschub für Vietnam zu tun haben könnte? Gleich eine Zusatzfrage. Und warum hätten Sie das gewusst, wenn es so gewesen wäre?

Zeuge Bi[zzell]:

1972 war ich ja im United States Army Europe[15] im damaligen Hauptquartier tätig und ich habe nur feststellen können, daß sämtliche Nachschubgüter ausschließlich für Europa und die NATO bestimmt waren und dort hin gingen und in keiner Weise in Beziehung mit Vietnam standen.

RA Pf[aff]:

Hatten Sie mit diesen Nachschubfragen selbst zu tun?

Zeuge Bi[zzell]:

Nein.

RA Pf[aff]:

Danke.

Vors.:

Sonst sehe ich keinen Wunsch mehr an den Herrn Zeugen. Können wir ihn vereidigen. Ich bitte, den Herrn Zeugen darauf hinzuweisen, daß ich ihm zuerst die Eidesformel vorspreche, bevor er dann selbst den Schwur ablegt.

[7307] Der Zeuge Bizzell wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.03 Uhr entlassen.

Der Dolmetscher Führer wird um 11.04 Uhr entlassen.

Der Zeuge Runkel erscheint um 11.04 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Runkel macht folgende Angaben zur Person:

Kurt Runkel, 37 Jahre, verheiratet,
Kriminalhauptmeister beim Kriminalkommissariat Mosbach.
Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß an den Sprengstoffanschlag im Heidelberger Hauptquartier Ermittlungen geführt hinsichtlich der Uhrzeit der Explosion?

Zeuge Ru[nkel]:

Nein, die hab ich nicht geführt. Ich kam zur Sonderkommission da lag die Explosion schon zwei bis drei Tage zurück.

Vors.:

Von einer Wanduhr undsoweiter, die damals sichergestellt worden ist, wissen Sie demnach nichts.

Zeuge Ru[nkel]:

Die Wanduhr ist mir bekannt. Ich war damals eingeteilt, die Beweisstücke zu katalogisieren und zu verwalten, und da ist auch ein Lichtbild vorhanden, auf dem die Uhrzeit dargestellt wird.

Dem Zeugen wird ein Lichtbild aus O. 104 Bl. 158 vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob er sich in seiner Aussage gerade auf dieses Lichtbild bezogen hat. Ebenfalls soll er feststellen, ob die Unterschrift, die dieses Lichtbild trägt, von ihm stammt.

Zeuge Ru[nkel]:

Es handelt sich hier um das Lichtbild, das ich eben erwähnt habe und die Unterschrift, die Eine von mir, die Andere ist von dem Kollegen, der mit mir die Asservate da verwaltet hat.

Vors.:

Können Sie sagen, ob dieses Lichtbild den Zustand der Uhr zeigt, so wie die Uhr seinerzeit sichergestellt worden ist?

Zeuge Ru[nkel]:

Wir bekamen die Uhr, als wir da zur Sonderkommission zugeteilt wurden und da war die Uhrzeit so, und wie die Uhrzeit vorher war, ob da möglicherweise ’ne Veränderung eingetreten ist, das kann ich nicht sagen.

[7308] Vors.:

Können Sie nicht sagen, danke.

Dem Zeugen wird das Asservat
B 52 Pos. 1.1
(Halsringsplitter)
vorgelegt mit der Bitte, ob er dazu etwas erklären kann.

Zeuge Ru[nkel]:

Dieser Splitter war bei meinem Eintreffen bei der Sonderkommission auch schon vorhanden. Der wurde am Explosionsort - die Stelle kann ich nicht bezeichnen - wurde der gefunden und in dieser Sache da waren ... wurden also speziell von anderen Kollegen monatelange Ermittlungen durchgeführt, was die Splitter anbetrifft.

Vors.:

Haben Sie etwas über den Finder dieses Splitters erfahren?

Zeuge Ru[nkel]:

Da kann ich aus der Erinnerung heraus keine Angaben dazu machen.

Vors.:

Sie sagten schon, auch zum Fundort können Sie nichts bekunden.

Zeuge Ru[nkel]:

Nein, da war schon alles ... das war also schon im Büro, als wir da hingekommen sind und da wurde uns das nur übergeben.

Vors.:

Bitte.

Richter Mai[er]:

Herr Runkel, es ist folgendes. Wir hatten ursprünglich den Herrn Krischke für heute geladen. Er war aber verhindert und sagte uns, Sie hätten ihn bei seinen Ermittlungen immer begleitet und der Herr Krischke soll nun nach den Akten an der Fundstelle eben dieses Splitters gewesen sein. Es soll ein amerikanischer Soldat ihm diese Fundstelle, die[i] möglicherweise nicht innerhalb, sondern außerhalb des Geländes des Hauptquartiers lag, gezeigt haben.

Waren Sie bei einem derartigen Vorgang beteiligt?

Zeuge Ru[nkel]:

Da gibt’s, hinsichtlich der Fundstelle ist da folgendes zu sagen. Soweit mir das in Erinnerung ist, ich nehme an, daß es sich hier um den Splitter handelt. Da wurde zunächst angenommen, daß der Splitter in einem Gebäude gefunden worden ist und einige Zeit später hat sich herausgestellt, daß der Splitter außerhalb des Anwesens, des Hauptquartiers, gefunden worden ist und die Stelle, die ist in einer Skizze bezeichnet.

Richter Mai[er]:

Aber Sie waren nicht dabei, als jemand den angeblichen Fundort dieses Stückes dem Herrn Krischke gezeigt hat?

Zeuge Ru[nkel]:

Als der Fundort dem Kollegen Krischke gezeigt worden ist, war ich nicht zugegen.

Richter Mai[er]:

Danke.

Zeuge Ru[nkel]:

Ich weiß das nur, weil wir ständig zusammen hier ...

[7309] Vors.:

Wenn zu diesen beiden Punkten weitere Fragen gestellt werden sollen. Ich sehe keine Fragen.

Dem Zeugen wird eine Fotokopie der Liste aus O. 103 Bl. 45 - 51 vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob ihm diese Liste bekannt ist und ob er selbst an der Herstellung der Liste beteiligt gewesen ist. Zusätzlich wird dem Zeugen noch das Original der Liste übergeben.

Zeuge Ru[nkel]:

Ich kann dazu folgendes sagen. Bei der Erstellung von Nr. 45 und 46, Seiten Nr. 45 und 46 war ich zugegen. Die restlichen Blätter 47, 48, 49, 50 und 51, die wurden mit meiner Mitarbeit erstellt.

Vors.:

Wie ist es damals vor sich gegangen. Haben Sie diese einzelnen Gegenstände zu Gesicht bekommen?

Zeuge Ru[nkel]:

Wir haben die einzelnen Gegenstände bekommen mit dem Auftrag, diese zu katalogisieren und entsprechende Ermittlungen zu tätigen, damit man da abklären konnte, was gehört jetzt dazu, was gehört möglicherweise nicht dazu.

Vors.:

So daß Sie was die Aufzeichnungen anlangt, davon ausgehen können wohl, daß sie vollständig und richtig gemacht worden sind.

Zeuge Ru[nkel]:

Die Liste hier wurde von uns aufgrund der uns vorliegenden Gegenstände gefertigt.

Vors.:

Ja, auf das kommt es an. Jede Nummer die hier verzeichnet ist, ist als Gegenstand auch sichtbar gewesen.

Zeuge Ru[nkel]:

Die war als Gegenstand für uns sichtbar, ja.

Vors.:

Wir werden dann diese Liste verlesen. Dabei gehen wir davon aus, daß Sie nicht im Stande sind, heute aus dem Gedächtnis noch den Inhalt dieser Listen herzusagen.

Zeuge Ru[nkel]:

Nein, das ist also leider nicht möglich, das waren ja eine Vielzahl Gegenstände.

Die Liste aus O. 103 Bl. 47 - 51 wird gemäß § 249 StPO[16] verlesen.

Vors.:

Sie können sich, wie Sie schon vorhin sagten, für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Liste verbürgen?

Zeuge Ru[nkel]:

Ja.

Vors.:

Ja.

[7310] RA Geulen erscheint um 11.18 Uhr (als Vertr. für RA. Schily) im Sitzungssaal.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, wodurch haben Sie diese Liste wiedererkannt?

Zeuge Ru[nkel]:

Die Liste habe ich deshalb wiedererkannt, weil ich sie selber geschrieben habe.

RA Schn[abel]:

Sämtliche Blätter?

Zeuge Ru[nkel]:

Sämtliche Blätter. Die Liste die hat damals kein anderer gefertigt als der Kollege Krischke und ich.

RA Schn[abel]:

Welche Funktion hatte dann der Kollege Krischke, wenn Sie sie geschrieben haben?

Zeuge Ru[nkel]:

Mit diesem Komplex, der jetzt hier eben besprochen worden ist, war niemand anders befasst als wir.

RA Schn[abel]:

Ja wie waren Sie befasst und wie war Ihr Kollege befasst, wenn Sie sie geschrieben haben?

Zeuge Ru[nkel]:

Der Eine hat diktiert und der Andere hat geschrieben.

RA Schn[abel]:

Und aufgrund wessen hat er diktiert?

Zeuge Ru[nkel]:

Aufgrund der Gegenstände, die vorgelegen waren.

RA Schn[abel]:

Wenn Sie geschrieben haben und der andere diktiert hat, hatten Sie dann die Gegenstände auch gesehen?

Zeuge Ru[nkel]:

Wir haben uns dazu Zeit gelassen und haben die Gegenstände, um sie einigermaßen beschreiben[j] zu können, auch vorher angesehen.

RA Schn[abel]:

Schreiben Sie blind Schreibmaschine?

Zeuge Ru[nkel]:

Ich hab’s gelernt, aber ich schreib heute nicht mehr blind. Das war zu dem Zweck auch nicht nötig.

RA Schn[abel]:

Haben Sie, bevor Sie das Einzelne geschrieben haben, immer den Gegenstand auch angesehen?

Zeuge Ru[nkel]:

Natürlich, wir haben die Gegenstände angesehen, haben uns gemeinsam Gedanken gemacht, wie die zu beschreiben wären.

RA Schn[abel]:

Aber Sie sagten doch, der eine hätte diktiert und der andere geschrieben?

Zeuge Ru[nkel]:

Die Reihenfolge, wie das im einzelnen da jetzt vor sich gegangen ist, das kann ich Ihnen heute also nicht mehr sagen.

RA Schn[abel]:

Was heißt hier Reihenfolge. Stimmt das jetzt, daß Sie geschrieben und der andere diktiert haben oder stimmt das nicht?

[7311] Zeuge Ru[nkel]:

Möglicherweise habe ich auch mal eine Zeit lang diktiert und der Kollege hat geschrieben.

RA Schn[abel]:

Warum haben Sie das vorher nicht gesagt?

Zeuge Ru[nkel]:

Das ist ja wahrscheinlich ziemlich unerheblich für die Liste.

RA Schn[abel]:

Also was für Sie unerheblich ist, muß für mich noch lange nicht unerheblich sein. Ich habe Sie deutlich gefragt, was Sie getan haben, dann haben Sie gesagt, Sie hätten geschrieben und der andere diktiert. Und jetzt nach zwei Minuten ist es dann anders, bloß weil es unerheblich ist.

Zeuge Ru[nkel]:

Ich kann dazu nur folgendes sagen. Die Liste, die hier eben Gegenstand der Vorlesung war, die wurde von dem Kollegen Krischke und mir gefertigt und mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Hat dann der Kollege Krischke vielleicht auch manches geschrieben?

Zeuge Ru[nkel]:

Ich hab die Erinnerung heute nicht mehr so dran, wer jetzt da[k] was im einzelnen ganz genau getan hat.

RA Schn[abel]:

Sie hatten doch aber noch vor drei Minuten die Erinnerung, daß er diktiert und Sie geschrieben haben und jetzt haben Sie keine Erinnerung mehr?

Zeuge Ru[nkel]:

Ich kann dazu nur sagen, daß die Liste von uns gefertigt worden ist, daß dazu ... dabei niemand anders zugegen war. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Stimmt das also nicht, was Sie vorher sagten, daß Sie geschrieben haben und der andere diktiert hat?

Zeuge Ru[nkel]:

Die Angaben die ich gemacht habe, die sind richtig.

RA Schn[abel]:

Die widersprechen sich aber. Das sehen Sie ja wohl selber.

Was stimmt jetzt?

Zeuge Ru[nkel]:

Die widersprechen sich im Prinzip nicht.

RA Schn[abel]:

Die widersprechen sich doch. Sie haben vorher gesagt, Sie hätten geschrieben und der andere diktiert und jetzt sagen Sie, Sie könnten sich nicht mehr daran erinnern, wie es im einzelnen war. Was stimmt jetzt? Das eine schließt das andere aus.

Zeuge Ru[nkel]:

Es ist richtig, daß die Liste von uns gefertigt worden ist, mehr kann ich dazu nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Also stimmt das nicht, was Sie vorher gesagt haben?

Zeuge Ru[nkel]:

Natürlich stimmt das.

RA Sch[nabel]:

Nein, das stimmt nicht dann. Das ist doch eine ganz simple logische Frage. Sie können doch nicht im einen Fall sagen, [7312] Sie hätten geschrieben und der andere diktiert und nach drei Minuten oder auch vier Minuten, sagen Sie dann, Sie können sich aber im Detail nicht mehr erinnern, wie es vorgegangen ist, was stimmt jetzt?

Zeuge Ru[nkel]:

Möglicherweise hat der eine die Seite geschrieben und der andere hat die Seite geschrieben und dann wurde wechselseitig diktiert, das ist also im Bereich des Möglichen, aber wer welche Seite im einzelnen geschrieben hat und wer welche Seite im einzelnen diktiert hat, das kann ich Ihnen also heute bestimmt nicht mehr sagen.

RA Schn[abel]:

An welchem Tag haben Sie die Liste geschrieben?

Zeuge Ru[nkel]:

Kann ich aus dem Kopf auch nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Ungefähr.

Zeuge Ru[nkel]:

Das tut mir leid, da kann ich mich nicht festlegen.

RA Schn[abel]:

In welchem Jahr?

Zeuge Ru[nkel]:

1972.

RA Schn[abel]:

In welchem Monat?

Zeuge Ru[nkel]:

Das tut mir leid, ich kann das nicht sagen, ich hab das jetzt nicht im Kopf.

RA Schn[abel]:

Keinerlei Anhaltspunkt?

Zeuge Ru[nkel]:

Kann ich aus meiner Erinnerung heraus nicht sagen, an welchem Tag ich die Liste geschrieben habe.

RA Schn[abel]:

Ich habe nach dem Monat im Moment noch gefragt.

Zeuge Ru[nkel]:

Ich kann’s Ihnen auch nicht mit dem Monat mehr benennen.

RA Schn[abel]:

War es Anfang oder Ende des Jahres?

Zeuge Ru[nkel]:

Es war Mitte des Jahres wahrscheinlich. Während meiner Zugehörigkeit zur Sonderkommission auf jeden Fall.

RA Schn[abel]:

Wann gehörten Sie denn der Sonderkommission an, von wann bis wann?

Zeuge Ru[nkel]:

Von zwei Tage nach der Explosion bis Mitte September 1972.

RA Schn[abel]:

Wann war die Explosion, wissen Sie das noch?

Zeuge Ru[nkel]:

Die war Ende Mai, 27.

RA Schn[abel]:

War es dann am Ende oder am Anfang Ihrer Zugehörigkeit zur Sonderkommission, als Sie diese Liste schrieben oder zusammen ...

Zeuge Ru[nkel]:

Ich kann mich da zeitlich nicht festlegen, das tut mir leid, weil ich’s aus der Erinnerung nicht mehr sagen kann.

RA Schn[abel]:

Mosbach ist der Polizeidirektion Heidelberg unterstellt, stimmt das?

Zeuge Ru[nkel]:

Nein, Mosbach ist eine eigene Dienststelle.

Ende von Band 403.

[7313] RA Schn[abel]:

Warum steht dann am Anfang dieser Liste „PD Heidelberg“?

Zeuge Run[kel]:

Weil die Sonderkommission der PD Heidelberg angegliedert war.

Vors.:

Außerdem steht da zusätzlich was: AGS und ...

RA Schn[abel]:

Es steht von Mosbach nichts, und ich hab ja jetzt nur mal auf Heidelberg ...

Vors.:

Es steht AGS drinne, und das ist ja wohl ...

RA Schn[abel]:

Ja sicher. Ich meine, ich les ja nicht die ganze Liste vor - es steht natürlich wesentlich mehr drin.

Vors.:

Wenn Sie vorhalten, dann bitte schön, machen Sie einen sinnvollen Vorhalt, und dazu gehört, daß Sie den gesamten Vorhalt dann bringen.

RA Schn[abel]:

Also ich mache den sinnvollen Vorhalt dergestalt, was steht am Anfang dieser Liste: „PD Heidelberg“ - am Anfang.

Vors.:

Ist nicht richtig. Es steht darunter dann sofort: „AGS“[17], und dann kommt diese Bezeichnung.

RA Schn[abel]:

Ja, und das ist auch nicht richtig, denn es steht unmittelbar darunter: „Inhaltsübersicht über die sichergestellten Beweismittel“ - und dann kommt ein Strich, wenn man schon ganz genau sein will.

Herr Zeuge, ist es üblich gewesen, bei der
„PD Heidelberg, AGS 52, Inhaltsübersicht über die sichergestellten Beweismittel“,

daß man dort kein Datum und keine Unterschrift auf Listen machte?

Zeuge Run[kel]:

Das war eine Inhaltsübersicht, mehr war das nicht. Jeweils vor den einzelnen Akten war das reingehängt, damit jeder weiß, wo er was finden kann. Die einzelnen Beweismittel sind ja nochmals extra bezeichnet, und da sind Unterschriften drauf.

RA Schn[abel]:

Und warum ist dann diese Inhaltsübersicht nicht unterschrieben?

Zeuge Run[kel]:

Das war lediglich ne Inhaltsübersicht, damit wir wissen, wo wir unsere Dinge abgeheftet haben und damit’s auch evtl. ein anderer findet.

[7314] RA Schn[abel]:

Und können Sie heute noch aus der Erinnerung sagen, daß Sie von einer Liste von 1, 2, 3, 4 Seiten und dann noch zwei Bemerkungen auf der 5. Seite, jeden einzelnen Punkt der insgesamt 22 Punkte mit entsprechenden Unterabteilungen im Kopf haben, daß der auch damals vorgelegen hat.

Wissen Sie das heute noch?

Zeuge Run[kel]:

Mit dem Komplex war niemand anders befaßt, und wir haben die Liste gefertigt.

RA Schn[abel]:

Das ist nicht die Beantwortung meiner Frage.

Ich habe gefragt, ob Sie im Detail heute noch wissen, daß all diese Punkte mit den entsprechenden Unterpunkten damals vorgelegen haben?

Zeuge Run[kel]:

Die lagen vor, sonst wären Sie nicht katalogisiert worden.

RA Schn[abel]:

Eben - das ist dann eine andere Frage.

Ist es richtig, daß Sie deswegen, weil Sie damals diese Liste gefertigt haben und davon ausgehen, daß Sie sie damals richtig gefertigt haben, daß deswegen diese Liste stimmt? War so Ihre Überlegung?

Zeuge Run[kel]:

Bitte? Ich hab die Frage nicht richtig verstanden.

RA Schn[abel]:

Ob Ihre Überlegung so war:

Weil Sie damals die Liste gefertigt haben und Sie davon überzeugt sind, daß Sie damals eine richtige Liste gefertigt haben, daß deswegen auch diese Liste ja heute noch stimmen muß?

Zeuge Run[kel]:

Davon bin ich überzeugt.

RA Schn[abel]:

Aber Sie können sich nicht mehr im Detail daran erinnern, daß - heute - jeder einzelne Punkt damals auf die Liste genommen wurde?

Zeuge Run[kel]:

Wir haben die Liste gefertigt, nachdem wir uns vorher die Beweismittel alle beschafft hatten bzw. nachdem sie alle da waren und haben die Katalogisierung sehr sorgfältig vorgenommen, und aus diesem Grund besteht für mich kein Zweifel, daß die Liste heute nicht mehr vollständig sein soll.

RA Schn[abel]:

Wissen Sie, wieviel Punkte die Liste enthält heute?

Zeuge Run[kel]:

Hauptpunkte sind’s, glaube ich, 21, aber ich kann mich da auch nicht genau festlegen, weil ich die Liste ja nicht auswendig gelernt hab.

RA Schn[abel]:

Es sind 22, aber ... -

[7315] Wissen Sie, wieviel Punkte auf der letzten Seite der Liste enthalten sind?

Zeuge Run[kel]:

Das tut mir leid, das kann ich Ihnen heute nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Wissen Sie von jeder einzelnen Seite dieser Liste, daß sie die Originalliste von damals ist, oder kann es sein, daß auch inzwischen eines dieser Blätter ausgetauscht wurde?

Zeuge Run[kel]:

Theoretisch wäre das möglich, aber ich hab keinen Anhaltspunkt dafür, es anzunehmen, da ja die Art, wie die Liste geschrieben ist, durchgehend gleich ist.

RA Schn[abel]:

Können Sie also nicht mit Sicherheit sagen, ob auf S. 51 der Punkt 21.1 damals auch schon vorhanden war, speziell dieser Punkt? Oder wissen Sie überhaupt, was 21.1 für ein Punkt ist?

Zeuge Run[kel]:

Ich kann das nicht aus der Erinnerung sagen.

RA Schn[abel]:

Also könnte sein, daß diese letzte Liste, das letzte Blatt dieser verschiedenen Blätter, damals nicht vorhanden war?

Zeuge Run[kel]:

Ich weiß nicht, was der Punkt 21.1, was da aufgeführt ist, und deshalb kann ich auch dazu nichts sagen.

RA Schn[abel]:

Nein. Ich frage Sie jetzt noch nicht nach dem Punkt, sondern ich frage, ob es möglich ist, daß das letzte Blatt dieser Liste noch nicht vorhanden war?

Zeuge Run[kel]:

Das halte ich für ausgeschlossen.

RA Schn[abel]:

Warum halten Sie das für ausgeschlossen?

Zeuge Run[kel]:

Denn mit diesem Komplex, der hier angesprochen ist, war nur Herr Krischke und ich befaßt, und da hat sich kein anderer drum gekümmert.

RA Schn[abel]:

Sicher. Aber es wäre doch z. B. denkbar, daß damals Ihre Liste aufgehört hätte mit dem Punkt 20 und daß dann noch ein Punkt 21 und noch ein Punkt 22 von irgend jemand später mal ein- oder angefügt oder angehängt wurde, zumal es sich da um ein Extrablatt handelt?

Zeuge Run[kel]:

Nach einiger Zeit hatten wir ja eine Übersicht, was da an Beweismittel usw. vorliegt. Das sehen Sie auch daran, daß einige Dinge entnommen worden sind, die offensichtlich gar nicht zu diesem Komplex gehören.

Ich kann das nur nochmals wiederholen:

[7316] Die Liste wurde gefertigt, nachdem der Überblick entsprechend war von der Liste.

RA Schn[abel]:

Erinnern Sie sich an einen bestimmten Punkt. Es handelt sich bei dieser Liste im Wesentlichen - ich nehme die Überschriften - mal um Explosionsteile, Metallteile, Gewindestücke, Leichenteile, Fahrzeuge;

und da paßt ein Punkt nicht ganz hinein, denn es handelt sich weder um menschliche Teile, noch handelt sich’s um Metallteile noch um Kunstlederteile - auch das sind hier vorhanden - sondern um ein anderes Material.

Zeuge Run[kel]:

Ich weiß nicht, was ... -

RA Schn[abel]:

Wissen Sie, daß bei dieser ganzen Sache irgendein Papierstück dabei war?

Zeuge Run[kel]:

Da waren mehrere Papierstücke dabei.

RA Schn[abel]:

Zum Beispiel?

Zeuge Run[kel]:

Zerfetzte Landkarten, Ausweispapiere, Tankquittungen, Notizzettel, Lichtbilder - zum Teil zerrissen - war alles da.

RA Schn[abel]:

War auch eine Zeitung dabei?

Zeuge Run[kel]:

Das schließ ich nicht aus, daß auch eine Zeitung dabei war.

RA Schn[abel]:

Schließen Sie aus, daß ein Brief dabei war?

Zeuge Run[kel]:

Kann ich nicht ausschließen, weil viele dieser Papierteile waren zerrissen, so daß also da jetzt nicht festzustellen, unbedingt festzustellen war, ob das Stück aus einem Notizblock war oder ob das ein Teil von einem Brief war oder so.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, gehe ich fehl, wenn ich sage, daß Sie sich nicht speziell daran erinnern, daß ein Brief dabei war?

Zeuge Run[kel]:

Sie gehen nicht fehl.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen oder ist das jetzt erschöpfend? Scheint mir.

Der Zeuge Runkel wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.33 Uhr entlassen.

[7317] Die Zeugen Haustein und Schlegelmilch und der Sachverständige Goebel erscheinen um 11.34 Uhr im Gerichtssaal.

Die Zeugen Haustein und Schlegelmilch werden gemäß § 57 StPO belehrt;
der Sachverständige Goebel wird gemäß §§ 57, 72 und 79 StPO[18] belehrt.
Die Zeugen und der Sachverständige sind damit einverstanden, daß ihre Aussagen auf das Gerichtstonband aufgenommen werden.

Der Zeuge Schlegelmilch wird um 11.35 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Haustein macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Hau[stein]:

Helmut H a u s t e i n, 35 Jahre,
Kriminalhauptmeister,
beschäftigt b. d. Kriminalabteilung in Frankfurt a. M.;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Haben Sie noch Kenntnis davon, daß im Jahre 1972 - in der Mitte des Jahres 1972 - einige der hier angeklagten Personen verhaftet worden sind?

Zeuge Hau[stein]:

Ja.

Vors.:

Es handelte sich damals um drei, die auf einmal verhaftet worden sind; jetzt sind hier zwei davon angeklagt, nämlich: Herr Baader und Herr Raspe.

Ist Ihnen der Vorgang in Erinnerung?

Zeuge Hau[stein]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß daran irgendwelche Sicherstellungen gemacht von Personen oder körperbezogenen Spuren?

Zeuge Hau[stein]:

Ich habe die Fingernägel der damals Beschuldigten gesichert.

Vors.:

Von sämtlichen Beschuldigten?

Zeuge Hau[stein]:

Ja. Das war von Herrn Raspe, von Herrn Meins[19] und von Herrn Krause, ...

Vors.:

... von Herrn Krause, der ja nun in einen andern Zusammenhang reingehört.

Aber nicht von Herrn Baader demnach?

[7318] Zeuge Hau[stein]:

Nein.

Vors.:

Also Sie können bestätigen, damals die Fingernagelproben von Herrn Raspe abgenommen zu haben.

Haben Sie’s selber abnehmen müssen?

Zeuge Hau[stein]:

Ja, ich hab sie selbst abgenommen.

Vors.:

Und haben Sie das dann asserviert? In welcher Form?

Zeuge Hau[stein]:

Die sind also einzeln abgenommen worden und einzeln verpackt worden, und soviel ich mich noch erinnern kann, an einen Beamten der Sonderkommission auf unserer Dienststelle übergeben worden.

Dem Zeugen wird das Asservat B 54 IV 3.0
- Fingernagelschmutz Raspe -
mit der Bitte übergeben, zu erläutern, ob es sich um diese Asservate handeln könnte und ob die Verpackung dem damaligen Zustand entspricht.

Vors.:

Daran wird’s ja wohl am leichtesten erkenntlich sein, ob Sie’s in solche Celophanbeutel reingegeben haben.

Zeuge Hau[stein]:

Jawohl, in diese Celophanbeutel haben wir’s verpackt, also auf einer weißen Unterlage, jeder Finger einzeln; und immer, wenn wir, sagen wir, den linken Daumen gesichert haben, ist der linke Daumen sofort verpackt worden, damit da keine Unstimmigkeiten evtl. passieren konnten.

Vors.:

Gibt es irgendwelche speziellen Kennzeichen noch an diesen Beuteln, etwa Beschriftungen, wo Sie sagen können: Das stammt von mir?

Zeuge Hau[stein]:

Nein, das könnt ich nicht mehr sagen.

Vors.:

Danke schön.

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Keine mehr. Dann können wir das Asservat zurücknehmen.

Der Zeuge Haustein wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.39 Uhr entlassen.

[7319] Der Zeuge Willi Schlegelmilch erscheint um 11.40 Uhr im Sitzungssaal.

Die Aussagegenehmigung[20] des Zeugen wird als Anl. 1 dem Protokoll beigefügt.[l]

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Schle[gelmilch]:

Willi Schlegelmilch, 31 Jahre,
Kriminaloberkommissar in Frankfurt a. M.,
Polizeipräsidium Frankfurt;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Schlegelmilch, erinnern Sie sich noch daran, daß in Frankfurt im Juni 1972 der Angeklagte Baader und der Angeklagte Raspe verhaftet worden sind?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß daran mit der Sicherstellung von irgendwelchen Spuren zu tun gehabt?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Soweit ich mich erinnere, kam der Herr Kollege Nötzel vom BKA mit der Bekleidung des verhafteten Andreas Baader in meine Diensträume, und wir haben dann diese Bekleidungsstücke durchsucht und katalogisiert ...

Vors.:

Ist darüber also eine Liste erstellt worden?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Da ist ein Protokoll gefertigt, ja.

[m]

Dem Zeugen wird aus Ordner 95 Bl. 2 vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob es ein Schriftstück ist, das er kennt.

Ja.

Vors.:

Nämlich?

Zeuge Schl[egelmilch]:

Dieses Blatt ist von dem Herrn Nötzel und von mir gefertigt worden, wobei ich im einzelnen jetzt nicht mehr sagen kann, wer das geschrieben hat oder ist also ... angesagt worden, einer hat geschrieben. Wer das jetzt gewesen ist, kann ich also nicht mehr sagen.

Vors.:

Aber Sie erkennen das als die Liste wieder, von der Sie eben gesprochen haben?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Das ist richtig so.

Vors.:

Danke schön.

[7320][21] [7321] Gemäß § 249 StPO wird die Liste aus Ordner 95 Bl. 2 verlesen.

Vors.:

Sie sagen schon vom Besicht her, daß es sich um die Liste handelt, an der Sie beteiligt waren - Sie haben jetzt den Inhalt nochmals erfahren.

Können Sie sich dafür verbürgen, daß jede Position, die hier wiedergegeben ist, Ihnen auch vorgelegen hat?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Wenn diese Positionen auf dieser Liste aufgeführt wurden, dann haben sie mit Sicherheit auch vorgelegen.

Vors.:

Sind zu dieser Liste irgendwelche Fragen zu stellen?

Ich sehe, nicht.

Dann haben Sie erwähnt, daß Sie nicht nur bei Herrn Baader diese Aufgabe bekommen haben, sondern bei wem noch?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Ich hab keine weitere Liste insoweit gefertigt.

Vors.:

Ist Ihnen Herr Raspe damals nicht auch mit derselben Aufgabe bekannt geworden?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Soweit ich weiß: nein; das ist mir nicht bekannt.

Vors.:

Ich möchte Ihnen zunächst aus

Bl. 150 des Ordners 95

vorhalten, daß hier auch eine Aufstellung sichergestellter Gegenstände vorhanden ist, und da heißt es allerdings dann:

„Gezeichnet Schlegelmilch“,

ohne daß Ihre Unterschrift drauf zu sehen wäre.

Zeuge Schle[gelmilch]:

Da erinnere ich mich nicht.

Vors.:

Und dazu heißt es,

daß es sich um Bekleidungsstücke handelt und Gegenstände, die vermutlich von Herrn Raspe stammten.

Zeuge Schle[gelmilch]:

Da kann ich nichts dazu sagen; das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Könnte das Ihrer Arbeitsweise damals nach möglich sein, daß Herr Nötzel, der ja offenbar grundsätzlich mit Ihnen zusammenarbeitet, das vorbereitet hatte für Sie beide gleich schriftlich, und Sie sind dann gar nicht hinzugezogen worden, haben folglich auch nicht unterschrieben?

[7322] Zeuge Schle[gelmilch]:

Das könnte sein. Ich meine, wenn der Herr Nötzel meinen Namen dazuschreibt, dann muß ich also in irgendeiner Weise auch dran beteiligt gewesen sein. Aber ich kann beim besten Willen im einzelnen nicht mehr sagen, wie das jetzt war.

Dem Zeugen wird aus Ordner 95 Bl. 150 vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob ihm dieses Schriftstück bekannt vorkommt.

Das sagt mir nichts.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Wir haben dann natürlich noch das Bl. 151, in dem weitere Positionen verzeichnet sind - auch mit den beiden Unterschriften -, aber Sie sagen ja, im Zusammenhang mit Herrn Raspe ist Ihnen überhaupt nichts erinnerlich?

Zeuge Schle[gelmilch]:

Nee, ich erinnere mich nur an diese Sache von Herrn Baader.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Dem Zeugen wird das Asservat B 54 IV 1.1 Pos. 4 - schwarze Hose - vorgelegt.

Zeuge Schle[gelmilch]:

Ja, das ist die Hose.

Vors.:

Das ist also die sichergestellte Hose damals, die Sie auch unter der angegebenen Bezeichnung asserviert haben.

Danke schön.

Der Zeuge wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmung um 11.47 Uhr entlassen.

Der Sachverständige Goebel macht folgende Angaben zur Person:

Rainer G o e b e l, 39 Jahre,
wissenschaftlicher Mitarbeiter im BKA,
Dienstsitz: Bundeskriminalamt Wiesbaden;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

[7323] Vors.:

Welches ist Ihr spezielles Sachgebiet?

Sachverst. Goe[bel]:

Zu dem Zeitpunkt, der hier in Rede steht, d. h., als die Untersuchungen durchgeführt wurden, habe ich das Sachgebiet Materialuntersuchung innerhalb der Fachgruppe Physik geleitet.

Vors.:

Sie sprechen schon auf einen bestimmten Zeitraum an, gehen also richtig davon aus, daß wir das, was grade auch u.a. durch die Zeugenvernehmung vorbereitet worden ist, nämlich die Untersuchung bestimmter Asservate jetzt von Ihnen erfragen wollen.

Daher die Frage:

Haben Sie im Zusammenhang mit der Festnahme von hier Angeklagten Untersuchungen an Gegenständen, die bei diesen Leuten sichergestellt worden sind, durchgeführt?

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, ich habe sämtliche Untersuchungen, die in den sachlichen Rahmen meines Sachgebietes gefallen sind, durchgeführt, d. h., in diesem Sachgebiet werden, um das vielleicht ganz kurz allgemein abzustecken, allgemein anorganisch chemische Materialien und Mikrospuren untersucht; und alles, was vom Sachlichen her in dieses Sachgebiet einzuordnen war, ist von mir untersucht worden und zum größten Teil dann in irgendeiner Form auch in Gutachten gefaßt worden.

Vors.:

Haben Sie so etwa den Fingernagelschmutz, der sichergestellt worden ist bei Herrn Baader, untersucht?

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

Vors.:

Können Sie dieses Gutachten uns nun hier abgeben?

Es handelt sich um das Gutachten vom 25.1.1973, Ihre Nr. 3684.

Ordner 95 Bl. 53.

Sachverst. Goe[bel]:

Wir haben den Fingernagelschmutz zur Verfügung gestellt bekommen, und zwar den abgenommenen Fingernagelschmutz in entsprechend bezeichneten Tüten, und unsere Aufgabe war zunächst rein mikroskopischer Art. Wir haben diese einzeln bezeichneten Schmutzproben mikroskopisch untersucht und dabei einige metallisch glänzende rundliche Teilchen gefunden, die in einem Größenbereich etwa zwischen einem halben mm bis ... Entschuldigung, 5/100 mm bis zu etwa 2/10 mm lagen, und wir haben diese Teilchen zunächst durch eine mikrochemische Vor- [7324] Prüfung identifiziert als Aluminium. Wir haben diese Teilchen dann weiterhin noch sicher über eine Emissionsspektralanalyse ebenfalls als metallisches Aluminium identifiziert. Mit diesem Befund, nämlich der Fingernagelschmutz, enthält rundliche Aluminiumteilchen in dieser Größenordnung, wurde zunächst für uns damals die Untersuchung abgeschlossen, weil wir keine weiteren Möglichkeiten hatten, zu diesem Zeitpunkt weiter noch zu untersuchen.

Vors.:

Ich bitte Sie dann gleich, Ihr weiteres Gutachten mit in den Vortrag einzubeziehen. Es stammt vom 14.3.1973 -

Bl. 56 des Ordners 95.

bei Ihnen

Zeichen: 1347/73.

Das Asservat B 54 IV 1.4 wird vom Gericht in Augenschein[22] genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen

Dem Sachverständigen wird das Asservat B 54 IV 1.4
- Fingernägel -
vorgelegt.

Wir möchten dann wegen der Arbeitsweise noch folgendes klären:

Haben Sie damals diese Schmutzspuren speziell gesichert?

Sachverst. Goe[bel]:

Nein. Die Schmutzspuren waren ... - ich weiß nicht, wer sie gesichert hat - wurden uns in fertig verpackter Form vorgelegt.

Vors.:

Nein, ich meine auch das, was Sie dann speziell als Substrat dieser Untersuchung gewonnen haben. Wurde das gesichert??

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, wir haben das, was übrig geblieben ist, was bei der Untersuchung nicht verbraucht worden ist, wie das bei uns allgemein üblich ist, aufbewahrt und das ist z. B. eine dieser Proben, die ich hier habe.

Vors.:

Unter welcher Kennzeichnung führen Sie solche Proben?

Sachverst. Goe[bel]:

Unter unserer Aktenzeichennummer.

[7325] Vors.:

Das heißt also: Wenn das Gutachten 3684/72 ist, dann wird auch die Probe in dieser Weise geführt?

Sachverst. Goe[bel]:

Dann kommt grundsätzlich das verbleibende Spurenmaterial in eine Tüte dieser Art, wird beschriftet - innen auch nochmals, die einzelne Innenverpackung - und wird dann in die Sammlung eingereiht.

Vors.:

Können Sie uns bestätigen, daß das, was Sie jetzt unter diesem Aktenzeichen mitgebracht haben - auf einer Glasscheibe wohl aufgezogen -, daß das dieses untersuchte Material bzw. der Rest dieses untersuchten Materials ist?

Sachverst. Goe[bel]:

Das ist der Rest des Materials, was bei uns untersucht und unter dem draufstehenden Aktenzeichen beschrieben worden ist,

Vors.:

... nämlich dem Aktenzeichen ...?

Sachverst. Goe[bel]:

... Aktenzeichen 3684/72.

Die vom Sachverständigen vorgelegten Schmutzreste, die zwischen zwei Glasscheiben aufgezogen sind, werden vom Gericht in Augenschein genommen
(Gutachter-Nr. 3684/72).
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Das ist von uns zwischen zwei Mikroskop-Objektträger geklebt worden, damit’s nicht verloren geht.

Vors.:

Können Sie uns diese Proben, die Sie uns mitgebracht haben, für einige Zeit überlassen? Es könnte sein, daß wir sie wieder brauchen.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja. Natürlich. Ich möchte allerdings darum bitten, daß, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, dann uns wieder zur Verfügung gestellt werden.

Vors.:

Ich darf Sie nun bitten, weiter vorzutragen, welche zusätzlichen Untersuchungen dann noch gemacht worden sind.

Sachverst. Goe[bel]:

Es wurde Anfang 1973 noch einmal um eine Nachuntersuchung gebeten, und zwar sollten der in vorerwähnter ... diese vorher erwähnten Aluminiumteilchen noch einmal mit dem nunmehr zur Verfügung stehenden Raster-Elektronenmikroskop untersucht werden. Der Grund war der, daß wir in der Zwischenzeit versuchten, Vergleichsmaterialien, ganz bestimmte morphologische Strukturen mit Hilfe des Raster-Mikroskopes festgestellt hatten[n], [7326] die wir vorher nicht erfassen konnten. Der Untersuchungsantrag zielte darauf: Sind an dem damals unter 3684 untersuchten Material ebenfalls diese morphologischen Strukturen zu finden; und dieses haben wir gemacht, und das Ergebnis ist von mir herausgegeben worden unter der Gutachtennummer

KT 121347/73 vom 14. März 1973.

Wir haben diese Teilchen eben auf diese Art und Weise untersucht und haben keine Oberflächenstruktur finden können, die den ... unseren Erfahrungen von Vergleichsproben entsprochen hat, und zwar einfach deswegen, weil diese Teilchen sehr stark verschmutzt waren, die Oberfläche war dadurch nicht mehr im Originalzustand und teilweise auch zerdrückt, und wir konnten also praktisch keine Auswertung in morphologischer Hinsicht mehr vornehmen an diesem Material. Das einzige, was wir sagen können, ist also schon in dem ersten Gutachten gesagt worden: die Größe und die chemische Zusammensetzung.

Vors.:

Sie sind aber in dem Gutachten im Befund noch etwas weitergegangen, wenn die schriftliche Ausfertigung Ihres Gutachtens zutreffend sein sollte?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich weiß, ich habe jetzt noch nicht das Vergleichsmaterial einbezogen in diese Untersuchung, was wir ja inzwischen hatten, was wir zu dem ersten Fall noch nicht hatten.

Wir haben natürlich diesen Befund in Beziehung gesetzt zu dem in der Zwischenzeit untersuchten und uns bekannten Vergleichsmaterial aus verschiedenster Herkunft, nämlich die Sprengstoffmischungen, die von verschiedenen Fundorten sichergestellt worden waren, und wir haben, ich möchte sagen, leger diese Vergleichsproben jeweils als roten bzw. grauen Sprengstoff bezeichnet - das war für uns der Arbeitstitel. Und wir haben gefunden, daß dieser Fingernagelschmutz des Herrn Baader in den Variationsbereich - Größenvariationsbereich - hineinfällt, den auch das Vergleichsmaterial zeigt, d. h. in der gleichen Größenordnung, etwa zwischen 5/100 und 2/10 mm, und daß natürlich die chemische Zusammensetzung ebenfalls die gleiche ist. Worüber wir keine [7327] Aussage machen können, weder positiv noch negativ, ist über die Oberflächenstruktur, d. h. über die Morphologie.

Vors.:

Also wenn man das richtig versteht:

Das, was Ihnen als Vergleichsmaterial bezeichnet worden ist, nämlich: Sprengstoff, so wie Sie’s angesehen haben, hat dieselben Bestandteile der Größe nach wie diese Bestandteile, die im Fingernagelschmutz von Herrn Baader gefunden worden sind ...

Sachverst. Goe[bel]:

... und der chemischen Zusammensetzung nach, soweit es sich auf die Aluminiumteilchen bezieht.

Vors.:

Ja, das ist klar. Es geht nur um diese wenigen Aluminiumteilchen.

Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, könnten Sie bitte die Asservatennummer des Vergleichsmaterials angeben, das Sie für dieses Gutachten verwendet haben?

Sachverst. Goe[bel]:

Ja. Das ist die Asservat-Nr. E 23 VI 5, 145.

Richter Mai[er]:

Und könnten Sie genauer sagen, um was für ein Material, der Art nach, es sich dabei gehandelt hat?

Sachverst. Goe[bel]:

Das ist das Material, das bei uns unter der Arbeitsbezeichnung „roter Sprengstoff“ gehandelt wurde oder bezeichnet wurde und das in - da bin ich jetzt nicht sicher, aber ich glaube jedenfalls - größerer Menge, jawohl ...

Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, darf ich Ihnen aus Ihrem Gutachten

- Ordner 95 Bl. 57 -

vorhalten: Da ist die Rede von Aluminiumpulver, also nicht vom Sprengstoff, sondern nur von einem, ich weiß nicht, möglichen Bestandteil desselben, nämlich Aluminiumpulver.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, das ist denkbar, das kann ich aber im Augenblick nicht mehr überblicken. Wir hatten auch aus dem gleichen Komplex E 23 reines Aluminiumpulver, als Vergleich aus einem Sack entnommen, vorliegen.

[o]

Richter Mai[er]:

Und ist es möglich, daß es sich in diesem Fall also nur um das Aluminiumpulver als Vergleichsmaterial handelt?

Sachverst. Goe[bel]:

Das ist möglich.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

[7328] Vors.:

Sonstige Fragen zu diesem Punkt?

Ich sehe, nicht.

Haben Sie den Fingernagelschmutz des Herrn Raspe auch untersucht?

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

Vors.:

Dann darf ich Sie um Erstattung des Gutachtens bitten. Schriftlich ist es wohl am 26.1.1973 erstattet worden und trägt das

Az. 3539/72 - Bl. 179/180 des Ordners 95.

Sachverst. Goe[bel]:

Wir haben hier ebenfalls das abgenommene Untersuchungsmaterial zur Verfügung gestellt bekommen - verpackt in beschrifteten Tüten -, und wir haben es auf die gleiche Art und Weise, wie vorher bei dem anderen Material beschrieben, untersucht und haben an einigen Fingernagelabschnitten, nämlich an dem Abschnitt, der bezeichnet war mit „rechter Daumen“ und an dem Abschnitt, der bezeichnet war mit „rechter Mittelfinger“ ebenfalls Aluminiumteilchen zunächst mikroskopisch nachweisen können, Aluminiumteilchen, die etwa in der Gegend von 1/10 mm Durchmesser oder Größe lagen, also auch in den Variationsbereich des vorher beschriebenen Aluminiumpulvers hineinfallen. Wir haben dann auch hier die chemische Untersuchung und nachgewiesen, daß es sich tatsächlich um metallisches Aluminium handelt und haben auch hier in diesem Fall uns zunächst damit beschieden mit dieser Untersuchung.

Im Jahre 1973 haben wir dann dieses beschriebene Material noch einmal untersucht; das ist unter der gleichen Gutachtennummer dann als Ergänzungsgutachten von uns herausgegangen mit dem Datum vom 1. November 1973 und haben hier eine Untersuchung mit dem Raster-Elektronenmikroskop durchgeführt und haben gefunden, daß die Teilchen, die ich vorhin aufgezählt habe, also aus dem Fingernagelschmutz des rechten Mittelfingers des rechten Daumen ... nee, nur des rechten Mittelfingers - Entschuldigung - die Teilchen aus dem rechten Mittelfinger auch in morphologischer Hinsicht, d. h. in Bezug auf ihre Form und in Bezug auf ihre Oberflächenstruktur mit dem vorhin beschriebenen Aluminiumpulver aus E 23 über- [7329] einstimmten. Es ist insofern faßbar gewesen, daß ... oder man kann das so beschreiben - die morphologische Struktur: Es handelt sich um Teilchen, die nicht kugelförmig sind - auch nicht blättchenförmig -, sondern die, ich möchte fast sagen, eine Art wurstförmige Struktur haben in einer sehr großen Variationsbreite und bei denen als Besonderheit eine körnige gewellte Oberflächenstruktur - wir haben es als „Brombeerstruktur“, weil es recht gut die Oberfläche einer Brombeere betrifft, bezeichnet - diese Oberflächenstruktur, die tritt in beiden Fällen, d. h. bei dem erwähnten Spurenmaterial und bei den erwähnten Vergleichsmaterial auf. Wir haben also zusätzlich zu der größenordnungsmäßigen Einordnung zu dem chemischen Zusammenhang hier noch einen mikromorphologischen Zusammenhang.

Vors.:

Das Asservat, das Sie damals untersucht haben, ist Ihnen das aus dem Gutachten ersichtlich?

Sachverst. Goe[bel]:

Das muß ich nachsehen.

Die Asservatnummer hab ich nicht.

Dem Sachverständigen wird das Asservat B 54 IV 3.0 vorgelegt mit der Bitte sich[p] dieses anzusehen.

Über die Asservatnummer weiß ich, wie gesagt, nichts, aber das sind zumindest die Proben, die uns vorgelegt worden sind und die wir untersucht haben.

Vors.:

Ich meine, Sie haben in dem Gutachten ja zumindest festhalten müssen, von wem die Proben stammen sollen?

Sachverst. Goe[bel]:

Jawohl. Wir haben unter dieser Nummer hier die Proben von dem Herrn Raspe - ich müßte es nachzählen, das müßten 10 Tütchen sein, weil von jedem Finger die Fingernägel einzeln verpackt waren und jedes Tütchen mit dem zugehörigen Fingernamen beschrieben war.

Vors.:

Und wie sind Sie in den Besitz dieser Proben gekommen?

Sachverst. Goe[bel]:

Über die Sonderkommission der Sicherungsgruppe[23] wurde das wohl durch Post oder Dienstboten - ich weiß im Moment nicht mehr wie - aber jedenfalls auf dem normalen Wege uns zur Verfügung gestellt.

Vors.:

Sind zu diesem Punkt Fragen?

Bitte, Herr Berichterstatter.

[7330] Richter Mai[er]:

Grade zu diesem Punkt, Herr Sachverständiger:

Sie haben in Ihrem schriftlichen Gutachten vom 26. Januar 1973 ein Bezugsschreiben genannt, also das Auftragsschreiben.

Haben Sie das Auftragsschreiben selbst bei den Akten?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich habe es nicht bei den Akten, aber das ist natürlich bei unserer Dienststelle abgelegt.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen zu diesem Gutachten?

Herr RA Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Sachverständiger, hat die morphologische Struktur von Aluminium mit dem kristallinen Aufbau des Metalls zu tun?

Sachverst. Goe[bel]:

Nein, mit dem kristallinen Aufbau nicht, sondern mit dem Herstellungsverfahren.

RA Kü[nzel]:

Dann wäre es so, daß alles auf gleiche Weise hergestellte Aluminium hat die gleiche Struktur?

Sachverst. Goe[bel]:

Nun, Aluminium wird in den entsprechenden Herstellungsstätten natürlich für einen außerordentlich weiten Anwendungsbereich hergestellt und man bemüht sich natürlich technologisch, dem Anwender entgegenzukommen und für den gewünschten Anwendungszweck optimale Ausführungen des Aluminiums zur Verfügung zu stellen, und in diesem Fall handelt es sich um ein Aluminium, das in einer Art Sprühtrocknungsverfahren hergestellt worden ist und das speziell nach seiner technischen Spezifikation für die angeforderten Zwecke des Letztverwenders ausgerichtet ist.

RA Kü[nzel]:

Keine Frage mehr.

Vors.:

Haben Sie nun im Rahmen Ihrer beruflichen Aufgaben auch Kleidungsstücke von Festgenommenen, die mit diesem Verfahren im Zusammenhang stehen, untersucht?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich selbst habe in dem Zusammenhang Aluminiumpulver keine Kleidungsstücke untersucht, zumindest sind mir im Augenblick jedenfalls keine erinnerlich. Wir haben, was die Kleidungsstücke anbetrifft, zusammengearbeitet mit unserer Parallelfachgruppe Chemie, und in unserer Fachgruppe Chemie sind diese Kleidungsstücke mikroskopisch untersucht worden und das so gewonnene Spurenmaterial, das dann abgenommen wurde natürlich, wurde uns zur weiteren Identifizierung bzw. [7331] weiteren Untersuchung zur Verfügung gestellt - mir jedenfalls.

Vors.:

So daß Sie also nicht in den originären Besitz gekommen sind, sondern eben abgeleitet erst, nachdem die andern bereits gearbeitet hatten. Sie können also die Herkunft nicht unmittelbar belegen, wenn ich Sie richtig verstehe?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich kann es nicht nach eigenem Augenschein belegen.

Vors.:

Sind Ihnen Materialien vorgelegt worden, von denen Ihnen gesagt worden ist, sie stammten aus der Bekleidung eines der hier Angeklagten?

Ende von Band 404.

[7332] Sachverst. Goeb[el]:

Ja, und zwar ...

Vors.:

Nämlich von wem?

Sachverst. Goe[bel]:

... deren mehrere, wir haben einmal eine Schmutzprobe bekommen, die bezeichnet war als aus der Hosentasche des Herrn Baader stammend. Es handelte sich dabei um die schwarze Herrenhose, die vorhin auch hier schon einmal gezeigt wurde.

Das Gericht nimmt das Asservat B 54 IV 1.1. Pos. 4 in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Ihr Gutachten dazu stammt vom 19.6.1972.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja. Dazu sollte ich vielleicht noch ergänzend sagen. Diese Kleidungsstücke sind unserer, ganz generell, unserem kriminaltechnischen Institut übergeben worden mit Bitte um irgendwelche Fragestellungen, also die in diese Richtung zielten war verschieden, und wir haben dann von Fall zu Fall diese Kleidungsstücke untersucht. Die, die[q] hier in Rede stehen, sind, wie gesagt, bei uns in der Fachgruppe Chemie gesichert worden, das schließt aber nicht aus, daß ich die[r] nie gesehen habe, sondern in der Regel wurde es so gehandhabt, wir haben damals sehr eng zusammengearbeitet mit den Kollegen, daß wir uns die Sachen zunächsteinmal angesehen haben und dann gesagt haben, das wird hier gemacht, das wir hier gemacht usw. und entsprechend dann das Material isoliert und verteilt haben. Also diese Hose habe ich zwar nicht mikroskopisch, aber immerhin zunächst auch selbst mir angesehen. Aus dieser Hose, und zwar aus der Hosentasche, wurde neben sehr uncharakteristischen Schmutzteilchen, wie er in Hosentaschen zu finden ist, ein weißes kristallähnliches Körnchen gesichert, das bezieht sich übrigens jetzt auf mein Gutachten 3945/72 von 19.6.73, ein weißes Körnchen gesichert. Dieses Körnchen hatte eine maximale Länge von etwa 0,5 mm und dieses Körnchen wurde mir übergeben mit Bitte um Identifizierung. Ich habe in diesem Fall nach der fotografischen Aufnahme dieses Körnchens, ich nehme an, daß die Bilder auch in den Akten gekommen sind dazu, und nach mikroskopischen Untersuchung folgendes gefunden: Es handelt sich um ein weißes Kriställchen und bei mikroskopischer Untersuchung sind an diesem Kristall rötliche und metallisch [7333] glänzende Anhaftungen zu finden. Und nun der nächste Schritt war, diese verschiedenen Komponenten zu identifizieren. Wir haben zunächst durch Röntgenfeinstrukturaufnahmen, das ist eine Untersuchungsmethode, die speziell für derartige Mikrospurenuntersuchungen entwickelt worden ist und bei uns routinemäßig eingesetzt wird; die rötlichen Anhaftungen an diesen weißen Körnchen als Pb3O4, also als Bleioxyd - Handelsbezeichnung Mennige - identifizieren können. Wir haben weiterhin das Teilchen dann im Raster-Elektronenmikroskop untersucht, haben dabei feststellen können, daß die metallisch glänzenden Auflagerungen aus Aluminium bestanden und das ist uns, wir haben es dann weiter versucht, das weiße Körnchen selbst, also die größere Menge dieses Materials auch noch zu identifizieren, das ist uns nicht gelungen. Wir haben lediglich, jedenfalls nicht als Substanz gelungen, wir haben allerdings in dem weißen Material als Hauptelement das Element Kalium nachweisen können. Und das war für uns natürlich insofern von Wichtigkeit, weil wir wußten, es wird Kaliumnitrat als Bestandteil verwendet in dem Vergleichssprengstoff, den wir ja kannten, der in unserer Fachgruppe Chemie parallel untersucht worden war und insofern war das für uns natürlich von Wichtigkeit, daß wir dieses Element Kalium als Hauptelement nachweisen konnten. Wir können also sagen zu diesem Teilchen, daß die Hauptmenge dieses 0,5 mm großen Teilchens aus einer kaliumhaltigen weißen kristallinen und, das wollte ich noch dazu sagen, hygroskopischen Substanz bestand - hygroskopisch, das heißt Wasser anziehend -, daß auf diese Masse Anlagerungen von Bleimennigepulver und Aluminium, metallischem Aluminium aufgebracht war.

Vors.:

Wie werden denn nun solche Mikroteilchen gewonnen? Durch schlichtes Ausschütten oder gibt es da ein spezielles Absaugverfahren?

Sachverst. Goe[bel]:

Sie meinen bei der Asservierung selbst?

Vors.:

Ja.

Sachverst. Goe[bel]:

Nein, nein. Das Kleidungsstück wird Quadratzentimeter für Quadratzentimeter unter dem Mikroskop untersucht und jeder irgendwie verdächtig erscheinende Materialanhaftung wird mit einer speziellen Pinzette oder einer Nadel entnommen und in eine Glasschale gesichert.

Vors.:

So daß man also grundsätzlich nicht allzusehr befürchten muß, daß Schmutzteile, die in der Luft vorhanden sind oder sonst irgend- [7334] wie, hier zufällig zur Untersuchung gelangen.

Sachverst. Goe[bel]:

Eben. Es geht uns ja drum, wenn man mal von diesen Schmutzteilen sogar absieht, es geht uns drum, nicht nur das Material an den Kleidungsstücken zu finden, sondern zu wissen, wo das Material gesessen hat, an welcher Stelle des Kleidungsstückes, und das kann man natürlich durch Absaugen nicht erreichen.

Die vom Sachverständigen vorgelegte Tüte mit den Schmutzresten der Hose des Angeklagten Baader (Gutachten Nr. 3945/72) wird in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Bitte weitere Fragen.

Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, es ist gerade eine Asservatennummer genannt worden. Würden Sie bitte aus Ihrem schriftlichen Gutachten die Asservatennummer bekanntgeben, der diese Anhaftung abgenommen wurde?

Sachverst. Goe[bel]:

Es dreht sich um das Asservat, das bezeichnet ist als „Herrenhose des Andreas Baader“ und das [s] die Asservatennummer B 54 IV 1.1. Pos. 4 trägt.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen zu diesem Gutachten? Ich sehe nicht. Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Sachverständiger, Kochsalz enthält ja wohl, auch wenn es nicht ganz rein ist, das Element Kalium, so zu 2 % von 98. Wenn ich also heute eine Suppe salze und dann mit meiner Hand in die Tasche fahre, dann könnte es sein, daß ich ein Kaliumkristall in meine Tasche bringe.

Sachverst. Goe[bel]:

Das ...

RA Kü[nzel]:

Ich frage nur, ob es sein könnte.

Sachverst. Goe[bel]:

Wenn Sie auf diese Art vorgehen, wie Sie es eben beschrieben haben, ist das unmöglich, denn es ist richtig, daß das Kochsalz je nach Qualität ein geringen Prozentsatz an Kalium, meistens in der Form von Kaliumchlorit, enthält. Diese Kristalle treten aber nicht jetzt etwa als Einzelkristalle zwischen dem übrigen Salz auf - Kochsalz selbst ist ja Natriumchlorit bekanntlich - nicht als Einzelkristalle auf, das sagen wir mal, jeder 100te[t] Kristall ein Kaliumchloritkristall wäre, so tritt es nicht auf

[7335] RA Kü[nzel]:

Aber es wäre so denkbar oder ich könnte auch, wenn ich Steinsammler bin[u], durch Bearbeiten von Steinen etwa Kaliumkristall in meine Tasche bekommen.

Sachverst. Goe[bel]:

Wenn man mit entsprechendem Material zu tun hat, kann das in die Tasche kommen, aber eines kann ich mit Sicherheit sagen, Kaliumchlorit war es nicht.

RA Kü[nzel]:

Das sage ich auch nicht, aber es war Kalium. Und wenn ich mein Gartentor grundiere, könnte ich auch Reste von Mennige in der Tasche haben.

Sachverst. Goe[bel]:

Natürlich.

Vors.:

Weitere Untersuchungen über Schmutzproben oder sonstige Bestandteile aus der Kleidung, ich darf vielleicht auf das Gutachten vom 19.3.1973 verweisen. Das ist bei Ihnen die Nummer 3882/72.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, 3222/72, hier handelte es sich um Spurenmaterialien, die aus den Kleidungsstücken des Herrn Raspe gesichert worden waren. Der Weg ist gelaufen ganz analog zu dem Asservat „Hose Baader“ wie eben geschrieben. Das heißt, diese Kleidungsstücke, es handelte sich um die Hose, um die Jacke und um Schuhe und Strümpfe, wurden ebenfalls bei uns in der Fachgruppe Chemie mikroskopisch untersucht, das dabei anfallende Spurenmaterial wurde separiert und wurde untersucht. Wurde dann uns[v] übergeben und von uns untersucht. Wir haben diese Schmutzmaterialien natürlich auch noch einmal mikroskopisch untersucht, wir haben in dem Material von der Hose eine größere Menge, nicht nur Einzelteilchen, sondern diesmal tatsächlich eine größere Menge von rundlichen Aluminiumteilchen gefunden. Wir haben diese Aluminiumteilchen größenordnungsmäßig klassifiziert. Es sind Teilchen dabei gewesen die bis zu 1 mm lang waren, in der Regel lagen sie um 1 - 2 zehntel mm Größe. Wir haben sie natürlich als Aluminium selbst wieder identifiziert und wir haben diese Teilchen im Raster-Elektronenmikroskop untersucht und haben auch auf diesen Teilchen diese inzwischen charakteristische brombeerartige Oberflächenstruktur nachgewiesen, soweit zu dem Spurenmaterial von der Hose. Wir haben außerdem Kristalline, weiße kristalline Teilchen ebenfalls in diesem Schmutz gefunden, konnten sie jedoch nicht identifizieren. In der Schmutzprobe von der Jacke war kein Material nachzuweisen, damit dem uns bekannten Sprengstoffvergleichsmaterialien in Zusammenhang hätte gebracht werden können. In der Schmutzprobe von Schuhen und Strümpfen waren ebenfalls wieder Aluminiumteilchen [7336] vorhanden, die etwa in der Größenordnung von 1/10 mm lagen und auch diese Teilchen zeigten die gleiche brombeerartige Oberflächenstruktur, so daß wir hier wieder, wie vorhin beschrieben, den größenordnungsmäßigen chemischen und mikromorphologischen Zusammenhang haben zwischen den Spurenmaterialien von Hose, Schuhen und Strümpfen und dem uns zur Verfügung stehenden Vergleichsaluminiumpulver.

Vors.:

Ist Ihnen die Asservatennummer aus Ihrem Gutachten ersichtlich?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich weiß nicht, ob sie vollständig ist. Ich habe hier nur eine Asservatennummer B 54 IV.3 Es kann sein, daß da noch etwas folgt, das weiß ich nicht.

Vors.:

Diese Asservatenbezeichnung ist ja aufgeteilt in verschiedene Positionen, die wir jetzt in Augenschein nehmen wollen.

Die Asservate
B 54 IV 3.1. Pos. 4 (Herrenhose)
B 54 IV 3.2. Pos. 6 (Socken)
B 54 IV 3.2. Pos. 7 (Schuhe)

und die Schmutzproben (Gutachter Nr. 3882/72)

- 3 Tüten mit folgendem Inhalt:
Tüte 1 Schmutzprobe Hose
Tüte 2 Schmutzprobe Jacke
Tüte 3 Schmutzprobe Schuhe u. Strümpfe -

werden vom Gericht in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Dann, wenn keine weitere Fragen mehr sind, bitte ich Sie, zu weiteren Proben von irgendwelchen Asservaten, die von den Angeklagten stammen sollen, sich zu äußern; vielleicht beginnend mit dem Gutachten vom 13.3.1973.

Sachverst. Goe[bel]:

Die Gutachten Nr. Kt 124558/72; hier handelte es sich um Kleidungsstücke der Ulrike Meinhof, und diese Kleidungsstücke wurden uns ebenfalls mit gleichen Fragestellung, das heißt unserem Institut mit gleichen Fragestellung übersandt, nämlich sind Spuren von Substanzen daran vorhanden, die zur Sprengstoffherstellung gedient haben könnten. Nun, diese Kleidungsstücke sind auch in diesem Fall bei uns direkt untersucht worden und, das heißt, wie ich es vorhin beschrieben habe, mikroskopisch untersucht worden und festgestellt worden, ob irgendwelche Bestandteile daran vorhanden sind, wenn ja, wurden diese Bestandteile gesichert und weiter untersucht. Es handelte sich im Einzelnen [7337] um folgende Bekleidungsstücke:

1. ein schwarzes Halstuch, es war bezeichnet mit Pos. 40

2. ein braunes Herrenhemd, es war bezeichnet mit der Pos. 41

3. eine dungelbraune Perücke, bezeichnet mit Pos. 42

4. ein schwarzer Hut, bezeichnet mit Pos. 43

5. ein brauner Mantel, bezeichnet mit Pos. 44

6. eine schwarze Jacke, bezeichnet mit Pos. 45

7. ein orangefarbenes Unterhemd, mit Pos. 46 bezeichnet

8. eine Unterhose, mit Pos. 47 bezeichnet

9. ein paar Strümpfe, mit Pos. 48 bezeichnet

10. eine Strumpfhose und zwar eine schwarze Strumpfhose, bezeichnet mit Pos. 77

11. eine dunkelbraune Damenbluse, bezeichnet mit Pos. 78

12. ein paar Damenhandschuhe aus schwarzem Leder, bezeichnet mit Pos. 89

13. ein blaues Seidentuch, bezeichnet mit Pos. 118

und eine Papierserviette und eine Stoffserviette, bezeichnet mit Pos. 119.

Sämtliche Asservate, die ich eben aufgezählt habe, wurden auf die beschriebene Art und Weise untersucht und was an Spurenmaterial zu finden war, auf diese Weise wurde abgenommen zum Zwecke der Identifizierung. Es war im Wesentlichen an allen diesen Teilen ein recht uncharakteristischer Staub bzw. Schmutz, wie er sich eben an Kleidungsstücken festsetzt und dort zu finden ist. Wir haben allein in dem Spurenmaterial mit der laufenden Nr. 6, also Pos. 45, nämlich von der schwarzen Jacke, Aluminiumteilchen finden können, ebenfalls wieder in der gleichen Größenordnung 0,2 mm und haben diese Teilchen im Raster-Elektronenmikroskop untersucht und dabei gefunden, daß die gleiche körnige brombeerartige Oberflächenstruktur, die schon ein paar Mal erwähnt worden ist, da vorhanden war. Also auch hier bei diesen Teilchen die gleiche ..., das gleiche Material bezüglich Größe, Chemie- und Mikromorphologie, aber wie gesagt, nur an dem Asservat „schwarze Jacke“.

Vors.:

Es handelt sich auch hier um Aluminiumteilchen?

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

Das Asservat C 6.4.2. Pos. 45 wird dem Sachverständigen gezeigt mit der Bitte um Erklärung, ob es sich um eine solche schwarze Jacke gehandelt hat.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

[7338] Vors.:

Sonstige Fragen zu diesem Gutachten? Ich sehe nicht. Darin kämen wir noch zu einem Gutachten vom 29.5.1973, bei Ihnen unter der laufenden Nummer 4561/72.

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Bitte.

RA Schn[abel]:

... wieviel Gutachten noch beabsichtigt sind, heute Vormittag abzuhandeln?

Vors.:

Es sind noch zwei Gutachten, die zur Debatte stehen.

Sachverst. Goe[bel]:

Es handelte sich hier ebenfalls wieder um einen Untersuchungsantrag in Sachen gegen Ulrike Meinhof. Es wurden uns in diesem Fall Taschen übersandt mit der gleichen Fragestellung wie vorhin, sind Reste von Chemikalien in diesen Taschen nachzuweisen, die zur Herstellung von Sprengstoff gedient haben könnten. Es handelte sich dabei um eine Damenumhängetasche aus braunem Leder mit der Asservatennummer C 6,4.2. Pos. 24; eine Einkaufstasche aus schwarzem Kunststoff-Asservatennummer C 6.4,2. Pos. 79; eine Reisetasche aus schwarzem Kunststoff mit der Asservatennummer C 6.4.2. Pos. 80 und ein Einkaufsplastikbeutel mit der gleichen Asservatennummer Pos. 90 und schließlich um eine Tasche aus grauem Wildleder Pos. 81. Wir haben diese Taschen untersucht und haben eine Fülle von Materialien in diesen Taschen gefunden. Die Frage ist, ob diese ganzen Einzelmaterialien hier von Interesse sind, die darin gefunden worden sind, dann trage ich sie vor.

Vors.:

Es interessiert natürlich das Ergebnis in Richtung auf das von Ihnen schon mehrfach erwähnte Vergleichsmaterial. Ich gehe davon aus, daß die übrigen Beteiligten dem zustimmen, so daß wir uns darauf beschränken können.

Sachverst. Goe[bel]:

Wir haben in der Tasche Pos. 24, also die Damenumhängetasche aus braunem Leder, Metallteilchen gefunden, die als Aluminiumteilchen bezeichnet werden konnten; die in der Größe, in der Form, in der chemischen Zusammensetzung und in der Mikromorphologie, das heißt wieder die berühmte brombeerartige Oberflächenstruktur mit dem inzwischen bekannten Vergleichsmaterial ebenfalls übereinstimmt. Wir haben verschiedene Kristalle gefunden, die aber weiter nicht ausgewertet werden konnten. Wir haben auch Aluminiumteilchen in Splitterform gefunden und zwar insbesondere in der Einkaufstasche aus schwarzem Kunststoff - Pos. 79 - die wir demnach aber nicht mit dem Sprengstoffgrundmaterial in Verbindung bringen [7339] können und verschiedene, sehr viele verschiedene Metallteilchen aus den verschiedensten Metallen, meistens in Form von Splittern oder Spänen, und schließlich in der Tasche aus grauem Wildleder - Ass. C 6.4.2. Pos. 81 - eine Schweißperle, also ein Rückstand einer Schweißarbeit. Diese Schweißperle war insofern noch näher identifizierbar als wir sagen können, aufgrund der Oberflächenstruktur dieser Perle, stammt sie nicht von einem Autogenschweißvorgang, sondern von einem Elektroschweißvorgang. Diese Perle ist also durch Elektroschweißarbeiten entstanden und in irgendeiner Art und Weise in die Tasche hineingekommen. Das ist glaube ich das gewesen, was in diesem Gutachten zumindest ... Übrigens in dergleichen Tasche, in dieser grauen Wildledertasche war auch das bekannte Aluminiumpulver, dessen Eigenschaften ich jetzt im Einzelnen nicht mehr aufzählen möchte; auch drin vorhanden in einzelnen Teilchen.

Vors.:

Ist auch Spurenmaterial von Mennige gleichzeitig gefunden worden? Und wenn, wo?

Sachverst. Goe[bel]:

Jawohl. Mennigepulver ebenfalls in der gleichen Tasche, die zuletzt erwähnt worden ist, also in der Tasche aus grauem Wildleder - Pos. 81 -. Dort haben wir also diese Schweißperle, das Aluminiumpulver und das Mennige gefunden.

Dem Sachverständigen werden nun folgende Asservate vorgeführt:
Asservat C 6.4.2. Pos 24 (braune Damenumhängetasche)

Vors.:

Sie haben sie damals, Herr Sachverständiger, auch im Original gesehen?

Sachverst. Goe[bel]:

Diese Asservate habe ich im Original gesehen.

Asservat C 6.4.2. Pos. 79 (schwarze Einkaufstasche)

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, die habe ich auch gesehen.

Asservat C 6.4.2. Pos. 80 (schwarze Reisetasche)

Sachverst. Goe[bel]:

Diese ebenfalls.

Asservat C 6.4.2. Pos. 81 (graue Wildledertasche)

Sachverst. Goe[bel]:

Ja.

Sämtliche Gegenstände, die dem Sachverständigen gerade vorgeführt wurden, werden vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Vors.:

Es ist noch eine Ergänzungsfrage. Herr Berichterstatter.

[7340] Richter Mai[er]:

Herr Sachverständiger, Sie sagen, Sie haben eben in dieser grauen Tasche eine Schweißperle gefunden, die nicht ..., die von einem Elektroschweißvorgang stammen muß, also nicht von autogenem Schweißen. Nun, meine Laienfrage: Wie kommt so eine Schweißperle in so eine Damentasche rein, also ich meine, haben Sie dafür eine Erklärung? Bricht eine solche Schweißperle etwa von einer Schweißnaht ab, ist das möglich?

Sachverst. Goe[bel]:

Es gibt verschiedene Erklärungen dafür. Eine dieser Erklärungen wäre die, die Sie eben angesprochen haben. Wenn ich einen geschweißten[w] Körper in ..., etwa in eine Tasche packe und erfahrungsgemäß hängen an frisch hergestellten geschweißten Gebilden oft, nicht in jedem Fall, aber oft noch irgendwelche weggespritzten Perlchen relativ lose dran und wenn man die einpackt, kann das durchaus passieren, daß die dann abfallen, das wäre die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit wäre, daß die Tasche irgendwo steht und in der Nähe, das heißt in einer Entfernung bis zu 2-3 Metern oder so was wird geschweißt, dann kann es auch passieren.

Richter Mai[er]:

Und nehmen wir mal die erste Alternative, daß, die Perle also von einer Schweißnaht abgebrochen ist. Kann das irgendeine beliebige Schweißnaht sein oder können Sie möglicherweise sagen, von einer derartigen Schweißnaht kann diese Perle nicht abgebrochen sein, kann man solche Aussagen machen?

Sachverst. Goe[bel]:

Nein. Die einzige Eingrenzung, die man machen kann, das ist, daß die Schweißnaht elektrisch geschweißt worden sein muß.

Dem Sachverständigen wird das Asservat C 6.4 2. Pos. 79 a + b (Handgranate) vorgelegt.

Richter Mai[er]:

Sehen Sie dort eine Schweißnaht?

Sachverst. Goe[bel]:

Ich sehe eine Schweißnaht. Ich bin allerdings, wie sicher bekannt ist, kein Schweißfachmann, ich kann nicht entscheiden, ob diese Schweißnaht elektrisch oder autogen gesetzt worden ist, aber was ich sehe, das ist, daß in der Umgebung dieser Schweißnaht relativ lose angepappte Reste von kleinen Schweißperlen hängen, jetzt noch.

Richter Mai[er]:

Ja, es ist also eine Möglichkeit etwa die, daß von einem Körper, wie diesem, möglicherweise eine solche Schweißperle abgebrochen ist beim Transport in der Tasche.

[7341] Sachverst. Goe[bel]:

Natürlich.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Das zweite Gutachten, das wir vorhin erwähnt haben auf Ihre Frage, Herr Rechtsanwalt Schnabel, ist bereits einbezogen. Es ging ja hier um die Deutung der Schweißperle, daß sie im elektrotechnischen Vorgang ...

Sachverst. Goe[bel]:

Ja, das hatte ich gleich mit noch hineingenommen.

Vors.:

... zustandegekommen ist, so daß wir jetzt am Ende wären, wenn keine weiteren Fragen mehr an den Herrn Sachverständigen sind. Bitte, Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Ich habe noch eine Frage. Sie haben doch eben gesagt, Sie seien nicht Sachverständiger für Schweißarbeiten, können es also nicht entscheiden, ob das jetzt elektrostatisch oder sonstig gemacht wurde. Wie konnten Sie es dann bei der Schweißperle denn machen?

Sachverst. Goe[bel]:

Wir, in unserem Institut arbeiten im allgemeinen so, daß wir weniger oder fast gar nicht auf dem technologischen Bereich arbeiten, sondern rein auf dem analytischen Bereich und wir wissen, allerdings auch erst seit relativ kurzer Zeit, daß aufgrund von allen möglichen Untersuchungen, die hier mit diesen Fällen überhaupt nichts zu tun haben, und auch von eigenen Versuchsreihen, daß Schweißarbeiten, die elektrisch bzw. autogen vorgenommen werden, völlig unterschiedliche Schweißperlen ergeben. Und diese Unterschiede können wir auswerten und können[x] dann rückwirkend aufgrund dieser Versuchsergebnisse bzw. aufgrund dieser Erfahrung sagen, wenn wir eine Schweißperle haben, die stammt von dem einen Verfahren oder von dem anderen Verfahren. Das ist zum Beispiel, ich kann das ganz kurz klarlegen, eines dieser Merkmale ist darin gegeben, selbst wenn ich kein Schweißfachmann bin, weiß ich, daß man zum Elektroschweißen andere Schweißelektronen braucht als zum Autogenschweißen, und zwar sind die Schweißelektroden[y], die man zum Elektroschweißen benutzt, mit einer kristallartigen Substanz umhüllt, die haben also eine Umhüllung. Und wenn nun diese Elektrode abbrennt, dann wandert ein Teil dieses Umhüllungsmateriales auf die Oberfläche der wegfliegenden Schweißperlen, dieses Material ist sehr stark titanoxydhaltig[z]. Wir können also auf so entstanden Schweißperlen etwa das Element Titan auf der Oberfläche nachweisen, während wir es bei Autogenschweißperlen nicht können.

RA Schn[abel]:

Also, Sie haben festgestellt, daß die Schweißperle von einem [7342] Elektroschweißvorgang herrührt. Sie haben dann auf die Frage des Herrn Berichterstatters, ob[aa] diese Schweißperle von dieser Handgranate hier abspringen könnte oder herstammen könnte, mit ja beantwortet. Sie konnten aber nicht feststellen, ob es sich hier um eine Elektroschweißnaht oder um eine autogene Schweißnaht handelt. Ich glaube, das wäre doch Voraussetzung der Beantwortung Ihrer zweiten Frage, denn, wenn es sich um eine autogene Schweißnaht handelt, kann diese Perle, die ja elektrostatisch geschweißt ist[bb], wohl nicht von dieser Handgranate abspringen.

Sachverst. Goe[bel]:

Deswegen habe ich ja auch gesagt, ich kann nicht sagen, daß ..., wie diese Schweißnaht entstanden ist. Es ging mir nur drum ... die Möglichkeit, daß Schweißperlen von einem derartigen Körper - ganz gleich wie er nun hergestellt ist - abgeschabt oder abgescheuert werden können, die ist gegeben. Es hat jetzt zunächst mal mit zwei völlig verschiedene Komplexe, einmal Schweißperlen können von diesem Ding hier ganz sicher abgeschabt werden, das hat mit der Eigenschaft Autogen - oder Elektroschweißperle überhaupt nichts zu tun. Wenn ich. z. B. jetzt von dieser Handgranate - eine solche soll es wohl sein - eine dieser relativ losen, lose aufsitzenden kugeligen Gebilde - ich sage es ganz vorsichtig - kugeligen Gebilde, die ich gerade eben so gesehen habe, abnehmen würde, könnte es durchaus möglich sein, daß ich mit Hilfe des Mikroskopes an dieser ..., an diesem kugeligen Gebilde nachweisen könnte, daß es eine Elektroschweißperle oder einer Autogenschweißperle ist, das könnte ich. Nur an der Schweißnaht kann ich es nicht sehen.

RA Schn[abel]:

Ja eben, aber Sie können keine Verbindung herstellen zwischen der gefundenen[cc] Schweißperle und der hier festgestellten ...

Sachverst. Goe[bel]:

Es wurde nur nach der Möglichkeit gefragt und die kann ich nicht ausschließen.

RA Schn[abel]:

Ja, Möglichkeiten gibt es viel.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Sachverständiger, haben Sie jeweils das a) Volumen b) Gewichtsverhältnis zwischen dem Spurenmaterial und dem insgesamt in einem Objekt vorgefundenen Material festgestellt?

Sachverst. Goe[bel]:

Diese Frage habe ich nicht verstanden.

RA Kü[nzel]:

Haben Sie das prozentuale Verhältnis etwa in Bezug auf Gewicht und Volumen in dem jeweiligen Gegenstand, also einer Tasche, festgestellt zwischen Spurenmaterial und dem insgesamt vorgefundenen Materiales, so daß Sie also sagen können, das, was Sie als nicht [7343] besonders typisches Material ansehen x-Gramm und das andere y und daß dann ins Verhältnis gesetzt haben?

Sachverst. Goe[bel]:

Das ist natürlich ... Ich kann es Ihnen zahlenmäßig nicht sagen, es ist natürlich sehr schwer.

RA Kü[nzel]:

Haben Sie es ..., das kann man doch wiegen.

Sachverst. Goe[bel]:

Nein, das ist ... Sie können derartig heterogene Materialien, wie sie sich im Hosenschmutz etwa ansammeln, praktisch nicht ..., weder volumen- noch gewichtsmäßig vergleichen. Man kann es natürlich, aber das würde es völlig verfälschen, denn Sie haben einmal jetzt Sachen, die metallisch sind, relativ ...

RA Kü[nzel]:

Deswegen frage ich ja dem Gewichts- und nach dem Volumenverhältnis.

Sachverst. Goe[bel]:

... und haben auf der anderen Seite Tabakkrümel etwa oder pflanzliche Bestandteile, die man volumenmäßig so gut wie gar nicht bestimmen kann oder nur mit sehr aufwendigen Methoden. Insofern kann ich sagen, daß wir das nicht gemacht haben. Ich kann in etwa einen Anhaltspunkt geben, allerdings nur in einem Teilbereich, nämlich bezüglich dieser grauen Wildledertasche, dort haben wir aus dieser Tasche etwa eine Glasschale - wir benutzen solche Glasschalen von 10 cm Durchmesser - herausgeholt an Material, deren Boden gerade bedeckt war oder 1, 2 ...

RA Kü[nzel]:

Aber Sie haben das nicht besonders geprüft?

Sachverst. Goe[bel]:

Nein.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Sachverständigen? Wird ein Antrag auf Beeidigung[24] des Herrn Sachverständigen gestellt?

BA Dr. Wu[nder]:

Nein.

Vors.:

Nicht.

Die übrigen Verfahrensbeteiligten stellen ebenfalls keinen Antrag auf Beeidigung des SV.

Der Sachverständige Goebel bleibt gem. § 79 StPO unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 12.47 Uhr entlassen.

Pause von 12.47 Uhr bis 14.20 Uhr

Ende Band 405

[7344] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.20 Uhr.

Rechtsanwalt Geulen ist nicht mehr anwesend[dd].

Die Zeugen Strauß und Sauer sind anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet. Wir haben jetzt als Zeugen anwesend, Frau Sauer und Herr Strauß.

Die Zeugen[ee] Anni Sauer und KHK[ff] Egbert Strauß werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Zeugen[gg] Anni Sauer und KHK[hh] Egbert Strauß erklären sich mit der Aufnahme ihre Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge KHK[ii] Strauß wird um 14.23 Uhr in [jj] Abstand verwiesen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff?

RA Pfaff:

Ich möchte noch eine Erklärung nach § 257[ StPO][25] abgeben zu der Vernehmung des Sachverständigen Göbel.

Vors.:

Oh, da müßten wir beinahe Frau Sauer bitten, oder ist es so ...

RA Pfaff:

Ich glaube nicht, daß Frau Sauer den Saal verlassen muß zu dem Zweck.

Vors.:

Gut. Dann können wir Frau Sauer hierlassen. Bitteschön.

RA Pfaff:

Die bisherige Beweisaufnahme hat ja ergeben, daß der Angeklagte Baader in der Garage einige Zeit auf dem Boden gelegen hat, zuletzt im verwundeten Zustand, und daß 2. in dieser Garage, wohl auch auf dem Boden, Sprengstoffpartikel vorhanden waren, so daß es also leicht erklärlich ist, daß auf diesem Wege die Substanzen, die bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Göbel festgestellt worden sind, unter die Fingernägel des Angeklagten Baader gekommen sein können. Insofern ist also der Komplex oder ist die Beweisaufnahme, die heute morgen insoweit erfolgt ist, kein Beweis dafür, daß der Angeklagte Baader bei der Herstellung von Spreng- [7345] stoff beteiligt war.

Vors.:

Ja. Will sonst jemand eine Erklärung abgeben? Ich sehe nicht. Dann können wir jetzt mit Ihrer Vernehmung beginnen, Frau Sauer. Ich bitte Sie zunächst um Ihre Personalien.

Die Zeugin machte folgende Angaben zur Person

Zeugin Sauer

Anni Sauer, geb. am [Tag].[Monat].1920, Hausfrau,
wohnh. Frankfurt-Bornheim, [Anschrift],
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Frau Sauer, Sie wohnten in dieser [Anschrift] wohl schon auch 1972. Ist das richtig?

Zeugin Sauer:

Ja, da haben wir geheiratet, also meine Elternstraße, also Enkheimerstraße.

Vors.:

So daß Sie sich dort gut auskennen?

Zeugin Sauer:

Gut auskennen, ja.

Vors.:

Auch unter den Nachbarn?

Zeugin Sauer:

Auch unter den Nachbarn.

Vors.:

Sind Sie auch vertraut mit den Fahrzeugen, die Ihre Nachbarn im allgemeinen fahren?

Zeugin Sauer:

Anfürsich ist das eine Sackgasse bei uns. Und da kennt jeder das Auto, wem es gehört.

Vors.:

Ja.

Zeugin Sauer:

Und wenn dann wochenlang, monatelang ein Auto da herum steht, dann wird jeder mißtrauisch.

Vors.:

Sie spielen auf ein offenbar Ihnen fremd gewesenes Fahrzeug an?

Zeugin Sauer:

Ja. Das hat bei uns vor den Liegenschaften[kk] 13-15 gestanden und hat immer den Parkplatz von den anderen Mietern weggenommen.

Vors.:

Wann war das?

Zeugin Sauer:

Das war März bis zur Verhaftung an dem Tag, hat noch das Auto bei uns vor dem Schlafzimmerfenster gestanden.

Vors.:

Was meinen Sie jetzt bis zur Verhaftung?

Zeugin Sauer:

Ja, wie die dort in den Hofeckweg oder wie das heißt, [7346] da in der Garage, wie die da festgenommen worden sind. Die Nacht hat noch das Auto bei uns vor dem Schlafzimmerfenster gestanden.

Vors.:

Der Hofeckweg ist sicher nicht sehr weit entfernt von Ihrer Straße?

Zeugin Sauer:

Oh doch.

Vors.:

Ja.

Zeugin Sauer:

Das ist da am Hessischen Rundfunk, also schon eine Portion weg.

Vors.:

Ah ja. Nun sagen Sie, Sie haben also in dieser Zeit bis zu dieser Nacht, dieser Festnahmeaktion im Hofeckweg ein fremdes Fahrzeug gesehen.

Zeugin Sauer:

Ja, ich hab ja das erst hier aus den Akten, daß das Hofeckweg ist. Wir wußten nur immer vom Hessischen Rundfunk.

Vors.:

Aha. Aus welchen Akten ersehen Sie das?

Zeugin Sauer:

Ja hier aus der Ladung, da steht, Baader-Meinhof-Komplex: Hofeckweg.

Vors.:

Komplex Hofeckweg. Damit ist der Name für Sie ...

Zeugin Sauer:

Also das war mir vollkommen unbekannt bis dahin.

Vors.:

Aber die Festnahmeaktion, von der Sie sprechen, mit Hessischem Rundfunk, die war Ihnen geläufig noch.

Zeugin Sauer:

Ja, das ist doch durch Rundfunk und alles durchgegangen.

Vors.:

Was war das für ein Fahrzeug? Fabrikat?

Zeugin Sauer:

Das war ein Porsche, lila, KN-CU 90, sehr gepflegt.

Vors.:

Sehr gepflegt ...

Zeugin Sauer:

Ja, ja, immer schmutzig.

Vors.:

... Kennzeichen, lila Porsche.

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

Und warum ist Ihnen nun dieses Fahrzeug speziell so aufgefallen?

Zeugin Sauer:

Sie müssen verstehen, wir sind eine kleine Sackgasse. Da kennt jeder vom anderen das Auto. Und das Auto war immer da gestanden, und war dermaßen verdreckt, und ist immer nur nachts bewegt worden. Und bei uns ist jeder so interessiert, wem gehört das Auto, wem gehört des Auto. Da sind schon oftmals Auto abgestellt worden, geklaut worden, auf deutsch gesagt. Und da paßt halt jeder so auf den anderen ein bißchen auf.

[7347] Vors.:

So daß also Ihre Aufmerksamkeit nach einer gewissen Zeit offenbar auf dieses Fahrzeug gelenkt war?

Zeugin Sauer:

Ach, jeder in der Straße hat sich, wir haben drei Häuser da drin. Wir haben die Nachbarn ausgefragt, ist das ein Gast von euch, Bekannte.

Vors.:

Haben Sie sich nun bemüht, mal festzustellen, wer eigentlich zu dem Fahrzeug gehört.

Zeugin Sauer:

Nein, ich habe ja niemand gesehen. Das Auto ist immer nur in der Dunkelheit bewegt worden und normalerweis bei uns in der Dunkelheit, da schläft jedes.

Vors.:

Nun, wenn ein Fahrzeug bewegt wird, bedarf es eines Fahrers. Haben Sie mal einen Fahrer gesehen?

Zeugin Sauer:

Ja morgens, da habe ich einmal einen gesehen. Da habe ich gerade meine Betten reingemacht, und da ist da so ein junger Herr ausgestiegen mit langen Haaren. Also er hat einen ungepflegten Eindruck gemacht. Ich habe ihn ja nur von der Seite gesehen und der ist dann die Straße runter, und das war alles.

Vors.:

Können Sie die Person noch etwas näher beschreiben? Der Größe nach, der Gestalt nach?

Zeugin Sauer:

War schmal, hager und eine blasse Farbe. So 1.76 m.

Vors.:

Wie kommen Sie auf so ein genaues Maß? Ich mein ...

Zeugin Sauer:

Weil ich einen Sohn habe der ... Ich bin 1.66 m und ...

Vors.:

Sie haben früher mal nämlich eine andere Größenangabe, etwas größer gemacht.

Zeugin Sauer:

Naja, das ist schon so lange her.

Vors.:

Das können Sie nicht mehr sagen. Also verglichen mit Ihrem Sohn würden Sie heute auf 1.76 m etwa tippen. Und haben Sie sonstige Auffälligkeiten an dieser Person bemerkt, im Gang ...

Zeugin Sauer:

Nein, nein, gar nichts. Der ist aus dem Auto raus und ist dann über die Straße rüber. Und dann sehe ich nichts mehr, weil die Häuser vorgebaut sind.

Vors.:

Ist die Inheidenerstraße von Ihrer Wohnung aus weit entfernt?

Zeugin Sauer:

Nein, nein, nein.

Vors.:

Wie weit ist es denn zu der Inheidenerstraße von Ihnen aus?

Zeugin Sauer:

Das werden so vier, fünf Minuten sein.

[7348] Vors.:

Und jetzt haben Sie später Anhaltspunkte gewonnen, um wen es sich bei dieser Person gehandelt haben könnte?

Zeugin Sauer:

Ja, da waren Beamte bei uns. Da war morgens der Aufruf im Rundfunk. Also den KN - CU 90, den haben sie gefunden in der Garage da beim Hessischen Rundfunk. Da sind bei uns die Autos rumgefahren. Wer kann sagen, wo das Auto geparkt hat. Eine Mieterin bei uns unten im Hause hat die Polizei angerufen. Und da kamen die Beamten zu uns ins Haus. Und so ist das ins Rollen gekommen.

Vors.:

Sie haben also über die Suche nach einem Kraftfahrzeug mit diesem Kennzeichen Kontakt bekommen mit der Polizei.

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

Hatten Sie in dem Zeitpunkt, als die Polizei mit Ihnen Kontakte bekommen hat, schon irgend einen Anhaltspunkt gehabt, um wen es sich gehandelt hat?

Zeugin Sauer:

Nein, nein.

Vors.:

Nein. Wie haben Sie dann, oder ob ist zunächst zu fragen, haben Sie dann in der Folge dessen, als die Polizei bei Ihnen war, Anhaltspunkte bekommen, wer es sein könnte.

Zeugin Sauer:

Ja, da kamen nachher zwei Beamte. Einmal von Wiesbaden und dann von Karlsruhe. Die kamen dann und haben Alben vorgelegt, und wollten den Mann beschrieben haben. Und ich weiß nicht, ob ich den da richtig erkannt hab.

Vors.:

Ist das schon geschehen, bevor über die ...

Zeugin Sauer:

Ja das war danach.

Vors.:

Am selben Tag noch?

Zeugin Sauer:

Nein, nein, nein. Das war später.

Vors.:

Später. Hatten Sie vorher schon irgendwelches Bildmaterial gesehen?

Zeugin Sauer:

Nein, nein. Das muß doch da in dem Bericht stehen von den Beamten, die das Vernehmungsprotokoll bei uns gemacht haben. Also Daten weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Gut. Also wir wollen jetzt festhalten, Frau Sauer, Sie haben dann von Beamten Bildmaterial vorgelegt bekommen. Wie lange nach dem Aufruf, bezüglich des Kennzeichens, ist das etwa gewesen?

Zeugin Sauer:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Könnte das monatelang gedauert haben, bis Sie die Bilder gesehen haben?

[7349] Zeugin Sauer:

Also ich weiß nur, einmal waren Beamten da, mein Mann hat ein Herzinfarkt gekriegt am 8. April 1973. Und da kamen Beamten zu mir und da habe ich gesagt, mir steht der Kopf nach nichts. Da haben sie so Anoraks und so Zeug mitgebracht, und da habe ich gesagt, sie möchten bitte das Haus verlassen.

Vors.:

Nun, Frau Sauer, wir haben hier einen Bericht, auf den Sie ja vorhin schon hingewiesen haben. Wieviel Beamte sind damals bei Ihnen im Haus ...

Zeugin Sauer:

Das waren jedesmal zwei Stück immer.

Vors.:

Auch als man Ihnen die Bilder vorgelegt hat?

Zeugin Sauer:

Ja, ja.

Vors.:

Und Sie meinen dann, die Bildervorlage sei gewesen, nach dem 8. April 1973.

Zeugin Sauer:

Nein, nein, das war davor.

Vors.:

Ja vielleicht wenn Sie sich mal an dem Datum orientieren. Einerseits Aufruf wegen des Kennzeichens, andererseits 8. April 1973. Lag das nun näher am 8. April 1973 oder näher bei der Aufrufzeit?

Zeugin Sauer:

Das war näher bei der Aufrufzeit, nehme ich an.

Vors.:

Ja nun, was heißt, nehme ich an. Sie sollten natürlich versuchen, als Zeugin, sich zu orientieren. Wenn Sie es nicht mehr können, müssen Sie sagen, ich weiß es nicht mehr. Das ist klar. Aber ich mein, man kann sich anstrengen, vielleicht fällt einem manches dann noch ein. Sie wissen es nicht mehr?

Zeugin Sauer:

Nein.

Vors.:

Erinnern Sie sich, daß nach dieser Sache beim Hessischen Rundfunk, wie Sie sagen, sich die Zeitungen und auch eventuell das Fernsehen der Sache angenommen haben?

Zeugin Sauer:

... es ging hier doch lediglich um den KN-CU 90, der bei uns in der Straße gestanden hat.

Vors.:

Erinnern Sie sich ja nun, gleichgültig ob es nun damals der Polizei ums Kennzeichen ging, daß später oder in der Folge die Zeitungen darüber berichteten oder auch das Fernsehen?

Zeugin Sauer:

Also das weiß ich jetzt nicht mehr.

Vors.:

Wissen Sie nicht mehr, ob da z.B. Bilder gekommen sind, Abbildungen von denen, die hier festgenommen worden sind?

Zeugin Sauer:

Ja das kann in Illustrierten so gewesen sein, ja.

Vors.:

Ich meine, gab es mal irgendwann eine Zeit, wo Sie ein Bild gesehen haben schon von diesen Festgenommenen, bevor man Ihnen die Bildmappe der Polizei vorlegte?

[7350] Zeugin Sauer:

Nein, nein, nein.

Vors.:

Das ist merkwürdig, Frau Sauer, denn ...

Zeugin Sauer:

Das weiß ich jetzt, Sie müssen verstehen, mein Mann hat einen [Gesundheitsdaten] gehabt und ich bin jetzt mit ihm hier unten. Er ist laufend krank. Ich bin mit den Zahlen ganz durcheinander und ich auch. Ich kann nichts 100 %-iges mehr sagen.

Vors.:

Frau Sauer, es ist nicht der geringste Grund zur Aufregung. Wir versuchen das ja aufzuklären. Und wir halten Ihnen dann das vor, was Sie möglicherweise früher angegeben haben, jedenfalls den Berichten nach, und dann sollen Sie uns sagen, ob die früheren Berichte richtig sind und ob Ihnen das eine oder das andere wieder einfällt. Grund zur Aufregung besteht nicht. Und wenn ein Zeuge ...

Zeugin Sauer:

Also ich war 73, war das 73? Ja, in Ossendorf und da habe ich dem Herrn Bundesanwalt ja alles ausgesagt. Und jetzt haben wir 76.

Vors.:

Ja, Frau Sauer, jetzt lassen Sie sich nur mal in Ruhe diese Vorhalte machen. Der [Gesundheitsdaten], von dem Sie berichten, Ihres Mannes, lag ja 10 Monate nach den Ereignissen in Frankfurt am Hessischen Rundfunk. Das Datum kennen wir ja nun. Sie haben früher, das halte ich Ihnen vor, aus Ordner 93 Blatt 66 ff angegeben: „Nach der Festnahme von Baader, Meins und Raspe erkannte ich den Raspe in einer Fernsehsendung und in den Zeitungen, als die Person, die vor unserem Haus den Porsche abgestellt hat. Ich kann mich an die Sache deshalb noch so genau erinnern, weil ich zu meinem Mann sagte, das ist ja der Mann von dem Porsche.“ So haben Sie es früher ausgedrückt. Wenn man das nun unbefangen liest, so hat man den Eindruck, es mag die Polizei gekommen sein, sich nach dem Kennzeichen erkundigt haben, aber das Wiedererkennen, das mögliche Wiedererkennen, das vermeintliche Wiedererkennen von Ihnen sei nun geschehen durch Veröffentlichungen im Fernsehen und in der Presse, und nicht erst durch die Bildmappe.

Zeugin Sauer:

Ja, wo soll ich das, soll ich das beim Herrn Buback[26] gesagt haben?

Vors.:

Nein, bei der Polizei.

Zeugin Sauer:

Bei der Polizei, ach du liebe ...

[7351] Vors.:

Noch vor dem [Gesundheitsdaten], also vor diesem für Sie sicherlich aufregenden Ereignis, sollen Sie das angegeben haben.

Zeugin Sauer:

Also das kann ich heute nicht mehr beschwören, das weiß ich nicht mehr. Ich hab den auf den Bildern zu Hause erkannt, also ich weiß nicht, ob sie es sind. Da waren zig Mappen dagewesen, und da hat er geblättert und geblättert. Ich weiß es ja nicht.

Vors.:

Frau Sauer, Sie sind nicht die Einzige, die sich bisher darüber geäußert hätte. Sie sagen ja, Sie erinnern sich nicht mehr daran, daß Ihnen die Bilder, die damals durch Fernsehen und die Zeitungen gingen, irgendwie bekannt vorgekommen wären. Es wäre also gar nicht erstaunlich, wenn das zuträfe, was Sie hier bekunden. Und das müssen Sie doch wissen, ob Sie von sich aus zu Ihrem Mann sagten, schon bevor Sie die Bilder der Polizei sahen, das ist ja der Mann vom Porsche.

Zeugin Sauer:

Das kann sein, ich kann mich nicht mehr entsinnen.

Vors.:

Kann das sein, daß das so gelaufen ist?

Zeugin Sauer:

Das kann sein. Mein Mann ist draußen, vielleicht können Sie den fragen, ob das so war.

Vors.:

Ich meine, können Sie angeben, ob Sie damals, als die Polizei bei Ihnen war, diese Vernehmung stammt von dem 26. März 1973, bemüht waren, die Wahrheit zu sagen?

Zeugin Sauer:

Ja, natürlich.

Vors.:

Gut. Nun wollen wir also zu dem Zeitpunkt gehen, wo Ihnen eine, zu dem Ihnen eine Lichtbildmappe vorgelegt worden ist. Sie haben das zeitlich nicht mehr richtig einordnen können. Wenn ich Ihnen jetzt sage, daß dieses Ereignis beim Hessischen Rundfunk Anfangs Juni 1972 gewesen sein soll, gewesen ist, können Sie sich dann daran orientieren? War das mit der Lichtbildmappe etwa noch im Jahre 1972 oder könnte das schon 1973 gewesen sein?

Zeugin Sauer:

Ja, das war 72. Ich weiß nur, die Beamten waren bei uns im Haus und zwar an dem Tag, wie das am Hessischen Rundfunk passiert ist. Da war das 6. Revier bei uns im Haus.

Vors.:

Da hat es aber damals vielleicht diese Bildmappe noch nicht für Sie gegeben.

Zeugin Sauer:

Nein, da hat es auch keine gegeben.

Vors.:

Eben. Und wann ist dann das geschehen mit der Lichtbildmappe?

[7352] Lange Zeit hinterher?

Zeugin Sauer:

Ich glaube ja.

Vors.:

Sie glauben ja.

Zeugin Sauer:

Ich weiß es nicht mehr.

Vors.:

Es heißt hier in dieser Vernehmung von dem 26. März 1973, also ...

Zeugin Sauer:

März 1973?

Vors.:

Also über 9 Monate später: „Mir wurde heute eine Lichtbildmappe vorgelegt.“

Zeugin Sauer:

26. März 1973.

Vors.:

Ja. Auf Blatt 67 des Ordners 93 geben Sie das an:

„Mir wurde heute eine Lichtbildmappe mit verschiedenen Personenlichtbilder vorgelegt“. Und dann bekunden Sie das Ergebnis.

Zeugin Sauer:

Ich weiß nicht. Am 8. April, 9. April 1973 waren die Beamten noch einmal da.

Vors.:

Ja noch einmal. Aber Sie sagten doch vorhin, die Lichtbildmappe, das sei schon vor der Krankheit Ihres Mannes gewesen.

Zeugin Sauer:

Vor der Krankheit meines Mannes war das.

Vors.:

Ja könnte das dann stimmen mit dem 26.3.?

Zeugin Sauer:

Das weiß ich jetzt nicht.

Vors.:

Können Sie nicht mehr sagen.

Der Zeugin wird der Lichtbildordner vorgelegt mit der Bitte, diesen darauf anzusehen, ob es sich um eine solche Mappe gehandelt hat[ll].

Zeugin Sauer:

Das weiß ich auch nicht mehr, wie die ausgesehen haben. Nein, da waren vier Bilder soviel ich weiß.

Vors.:

Gucken Sie doch einmal durch, ob Sie irgendwelche Anhaltspunkte gewinnen, daß Sie solche Bilder damals gesehen haben.

Zeugin Sauer:

Nein, nein, nein, solche nicht.

Vors.:

Wollen Sie sich mal hier die Nummer 34 ansehen?

Zeugin Sauer:

Also so was habe ich überhaupt nicht gesehen da.

Vors.:

Gucken Sie sich mal die Nummer 34 an.

Zeugin Sauer:

Des Bild oder des Bild habe ich gesehen. Des oder des.

Vors.:

Eines von den zweien.

Die Zeugin deutet bei Bild Nr. 34 auf die oberen 2 Bilder und erklärt

„Eines von diesen beiden habe ich gesehen.“

Vors.:

Eines von den zweien war da dabei. Aber unter verschiedenen Bildern.

[7353] Zeugin Sauer:

Unter verschiedenen, aber die habe ich nicht gesehen.

Vors.:

Wir wollen also nochmals klarhalten. Aber Sie haben die nicht als Einzelbilder vorgehalten bekommen, sondern in einer Mappe.

Zeugin Sauer:

In einer großen Mappe, da waren ... so eine große Mappe war das. Da hatte der drei oder vier Stück vom Revier. Die da habe ich gesehen, von denen nichts.

Vors.:

Und was haben Sie zu diesem Bild zu sagen, oder damals zu sagen gehabt?

Zeugin Sauer:

Ja, da habe ich nur gesagt, das könnte der sein, der da ausgestiegen ist.

Vors.:

Sagten Sie damals, das könnte er sein oder glaubten Sie sich damals dieser Sache, dieser Angabe sicher zu sein?

Zeugin Sauer:

Also ich hab mir eingebildet, daß er das ist. Ich weiß es nicht.

Vors.:

Warum sagen Sie jetzt, ich habe mir das eingebildet. Sind Sie sicher, daß er es nicht ist.

Zeugin Sauer:

Ich nehme es[mm] an, daß er es ist.

Vors.:

Sie sagten früher: „Nach Durchsicht der Mappe bin ich mir sicher.“

Zeugin Sauer:

Daß er es ist, ja. Das Bild ist mir ja gleich wieder aufgefallen hier.

Vors.:

Würden Sie also auch heute noch beim Ansehen dieses Bildes diese Ähnlichkeit bejahen?

Zeugin Sauer:

Würde ich heute noch, ja.

Vors.:

Ist es richtig, Frau Sauer, daß Sie später die, drücken wir es ganz neutral aus, eine Gegenüberstellung mitgemacht haben?

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

Können Sie uns den Verlauf dieser Gegenüberstellung mitteilen, wie das gegangen ist?

Zeugin Sauer:

Da wurden fünf oder sechs Personen vorgeführt und da war unter anderem so ein wohlerzogener junger Mann, der den Schuh in den Saal da reingekickt[nn] hat, und glaub bei dem habe ich das Kreuz drangemacht.

Vors.:

Sind diese fünf oder sechs Personen gleichzeitig aufgetreten?

[7354] Zeugin Sauer:

Nein, nein, einer nach dem anderen.

Vors.:

Und wie waren die gekennzeichnet?

Zeugin Sauer:

Gar nicht.

Vors.:

Aber irgendwie müßten Sie doch, wenn Sie sagen, ich habe das Kreuz dran gemacht ...

Zeugin Sauer:

Achso, mit Nummern war es, so war das.

Vors.:

Mit Nummern waren die gekennzeichnet und würden Sie heute noch sagen können, welche Nummern damals ...

Zeugin Sauer:

Oh was war denn das, vier oder fünf. Das weiß ich jetzt nicht mehr.

Vors.:

Das wissen Sie heute nicht mehr.

Zeugin Sauer:

Nein, nein.

Vors.:

Und Sie bekamen offenbar vorher einen Zettel?

Zeugin Sauer:

Einen Zettel hat jeder bekommen, ja.

Vors.:

Und was sollten Sie da tun mit dem Zettel?

Zeugin Sauer:

Nur ein Kreuz dran machen, an die Nummern ein Kreuz, sonst nichts.

Vors.:

An die Nummer, die Sie glauben, daß das die Person ist, die Sie wiedererkennen können.

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

Haben Sie damals nach Ihrer heutigen Meinung und damaligen Meinung die Person entdeckt, die zum Porsche gegangen ist oder ausgestiegen ist?

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

War das die Person, die Sie auch heute auf den Fotografien ...

Zeugin Sauer:

Da auf dem Dings, ja.

Vors.:

... wieder zu erkennen glauben? Ist Ihnen damals der Name genannt worden?

Zeugin Sauer:

Ja, nachher später.

Vors.:

Später? Um wen hat es sich gehandelt?

Zeugin Sauer:

Ja, um den Raspe.

Vors.:

Haben Sie im Anschluß an diese Gegenüberstellung noch eine Vernehmung mitgemacht?

Zeugin Sauer:

Durch Herrn Bundesanwalt Buback.

Vors.:

Sind Sie sich dessen, über die Person des Vernehmenden sicher?

Zeugin Sauer:

Ja, ich nehm an, daß er es war, Herr Richter. Also der hat kurze Haare gehabt. Ich weiß jetzt nicht, wie der sich vielleicht verändert hat, ob der jetzt schmäler geworden ist [7355] oder dicker.

Vors.:

Nun kurze Haare sind für Herrn Buback nicht unbedingt ein sicheres Erkennungszeichen. Wir haben hier ein Formular vorliegen, ein Vernehmungsformular in dem der Name ausgewiesen ist. Zunächst vielleicht sagen Sie uns noch, wann ist das gewesen, diese Gegenüberstellung?

Zeugin Sauer:

Moment, moment, moment, da habe ich glaub sogar noch was hier. Da ist es verschoben worden. Das war einmal eine Ladung am 26. Juni, und das ist verschoben worden. Und da hat uns unser Sohn, und zwar war das Dezember oder November, es hat dicker Schnee gelegen, da hat er uns raufgefahren nach Köln-Ossendorf.

Vors.:

Ja, Dezember oder November meinen Sie. Wenn ich Ihnen jetzt das Datum 13.12.1973 benenne?

Zeugin Sauer:

Ja, das, ja, ja. Das sollte erst am 26. Juni sein und ist verschoben worden.

Vors.:

Wissen Sie, ob Sie damals dem Vernehmungsbeamten erklärt haben oder nach unseren Verzeichnissen ist es ein Richter gewesen, der Sie vernommen hat, daß Sie den betreffenden Mann, den Sie bei dem Porsche gesehen haben bei der Gegenüberstellung wieder erkannt haben?

Zeugin Sauer:

Ja.

Vors.:

Waren Sie sich damals der Sache sicher?

Zeugin Sauer:

War ich mir sicher, ja.

Vors.:

Sie haben damals die Nummern benennen können, die Sie bei diesem Mann, den Sie wiedererkannt haben, gesehen haben. Sie sagten heute schon, Sie seien dazu nicht mehr imstande.

Zeugin Sauer:

Ich weiß jetzt nicht, es war zum Schluß. Nachher sind die in verkehrter Reihenfolge aufgetreten. Ich weiß jetzt nicht, war das jetzt vier oder fünf oder ...

Gem. § 253 StPO[27] wird aus dem richterlichen Vernehmungsprotokoll vom 13.12.1973 - aus Ordner 93 Bl. 68/4 - folgender Satz verlesen: „Es handelt sich um den Mann, der im ersten Durchgang die Nr. 2 und im zweiten Durchgang die Nr. 1 hatte.“

Zeugin Sauer:

Oh.

Vors.:

Das wüßten Sie heute nicht mehr. Aber Sie werden uns sagen [7356] können, ob Sie damals die Wahrheit gesagt haben.

Zeugin Sauer:

Ja, ja. Ich hab doch ein Kreuz drauf gemacht. Das muß doch dabei sein.

Vors.:

Ich hab sonst keine Frage. Herr Berichterstatter, bitteschön.

Richter Ma[ier]:

Frau Sauer, gehen wir mal wieder zurück zu dem Porsche. Sie sagen, der stand da vom März an - früher haben Sie mal gesagt, vom April an - bis zu der Verhaftung. Lassen wir es mal.

Zeugin Sauer:

Ja, ja.

Richter Ma[ier]:

Bis zu der Verhaftung da beim Hessischen Rundfunk. Und nun haben Sie einmal diesen jungen Mann morgens den Porsche verlassen sehen. Wissen Sie heute noch ungefähr, in welchem Monat das war? Können Sie sich erinnern ...

Zeugin Sauer:

Das kann ich, nein ...

Richter Ma[ier]:

Frau Sauer, hören Sie doch bitte mal zu.

Zeugin Sauer:

Moment, moment. Das kann sein, mein Mann der sieht schlecht. Und der fährt erst wieder weg, wenn es morgens früh hell ist. Das kann vielleicht Ende April, Mai gewesen sein.

Richter Ma[ier]:

Frau Sauer, wenn Sie sich vielleicht zurück erinnern, an diese Verhaftungsaktion. Wieviele Tage oder Wochen vorher haben Sie das beobachtet?

Zeugin Sauer:

Daran kann ich mich nicht mehr entsinnen, nein.

Richter Ma[ier]:

Frau Sauer, Sie sollen, als ein Polizeibeamter namens Kraus und Bittenbecher am 3. Juni 1972 bei Ihnen waren ...

Zeugin Sauer:

Ach die Beamten da vom Revier ...

Richter Ma[ier]:

Wenige Tage nach dieser Verhaftungsaktion waren offenbar mal zwei Polizeibeamte bei Ihnen?

Zeugin Sauer:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Und denen gegenüber, das halte ich Ihnen vor aus Ordner 93 Blatt 63, denen sollen Sie am 3. Juni 1972 gesagt haben, daß Sie diesen Mann etwa 1 Woche vorher, vor dem 3. Juni gesehen haben. Haben Sie es damals noch besser gewußt?

Zeugin Sauer:

Ich weiß, also die Zeit ist zu lang, ich habe mir keine Notizen gemacht.

Richter Ma[ier]:

Und dann sind Sie ja offenbar von dem Herrn Leidel noch vernommen worden, der Ihnen die Lichtbilder gezeigt haben soll. Ich halte Ihnen vor aus Ordner 93 Blatt 66, zu dem sollen Sie gesagt haben: „Etwa im Monat Mai 1972 habe ich den jungen Mann gesehen.“

Zeugin Sauer:

Also Monate weiß ich jetzt nicht mehr. Ich weiß nur, [7357] die haben so ein viertel Jahr bei uns vor dem Haus gestanden.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie es damals gewußt, Frau Sauer?

Zeugin Sauer:

Damals werde ich es gewußt haben.

Richter Ma[ier]:

Und wenn ich es Ihnen jetzt hier aus den Akten vorhalte, haben Sie es damals richtig angegeben.

Zeugin Sauer:

Ja, ich sag immer die Wahrheit. Es kann auch sein, daß ich was vergessen hab.

Richter Ma[ier]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an die Frau Zeugin. Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herrn von der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Frau Sauer, warum können Sie sich noch so genau an dieses Kennzeichen KN-CU 90 erinnern?

Zeugin Sauer:

Weil das Auto dermaßen „gepflegt“ war und jeder in der Straße hat sich aufgeregt.

OStA Z[eis]:

Habe ich Sie richtig verstanden? Gepflegt, im Sinne von nichtgepflegt?

Zeugin Sauer:

Im Sinne von nichtgepflegt, ja.

Vors.:

Ironisch wohl gemeint.

Zeugin Sauer:

Ja und der hat nämlich uns immer die Parkplätz von den Nachbarn, von den Mietern alles weggenommen. Und da merkt man sich so eine Nummer.

OStA Z[eis]:

Die haben Sie sich also gemerkt.

Zeugin Sauer:

Ja, ja. Und die merkt man sich, wenn die ewig da steht.

OStA Zeis:

Jetzt noch eine zweite Frage, Frau Sauer. Wie weit ist es denn etwa von Ihrem Schlafzimmerfenster, von dem aus Sie den Mann beobachtet haben wollen, bis zu dem Abstellplatz von dem Porsche?

Zeugin Sauer:

Ja, das ist gerade hier die Straßenseite ...

OStA Z[eis]:

Ja wissen Sie, ich kenne die [Straße] nicht.

Zeugin Sauer:

Das ist, der Bürger..., ein kleiner Vorgarten und der Bürgersteig und die Straße und da parkte das Auto, gerade so vis-à-vis.

OStA Z[eis]:

Ja, können Sie es uns vielleicht irgendwie hier im Sitzungssaal die Entfernung in etwa angeben.

Zeugin Sauer:

Ja, wie breit ist eine Straße jetzt, Menschenskind, eine normale Straße.

Vors.:

Da gibt es keine Normbreite für normale Straßen. Sie müßten etwa sagen, von Ihrem Standpunkt aus bis zur Wand oder bis zu mir.

[7358] Die Zeugin deutet auf die hinter dem Richtertisch aufgestellten Aktenordner.

Zeugin Sauer:

Bis zu den Ordner da hinten oder ein bißchen weiter wo die Ordner da hinten stehen.

Vors.:

Sie können ja auch zur Seite schauen. Da drüben sehen Sie auch Wände, wo Sie es vergleichen können.

Die Zeugin schaut zu der rechts von ihr befindlichen Betonwand.

Zeugin Sauer:

Das ist zu weit.

Vors.:

Das ist zu weit. Nicht mal so weit, wie bis zur ersten Wand oder meinen Sie die äußere Wand?

Die Zeugin schaut zu der vor der Betonwand befindlichen weißen Backsteinwand.

Zeugin Sauer:

Ja so, bis zur ersten Wand dahin.

OStA Z[eis]:

Danke, ich habe keine weiteren Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen an die Zeugin? Herr RA Pfaff, bitteschön.

RA Pf[aff]:

Frau Sauer, wissen Sie, wie groß der Herr Raspe ist?

Zeugin Sauer:

Ja, 1,76 m oder 1,78 m. Das weiß ich nicht.

Vors.:

Also Sie wissen es nicht. Die Frage lautete, ob Sie es wissen.

Zeugin Sauer:

Also Zentimeter genau kann ich es nicht sagen.

Vors.:

Ja, ja sicher. Die Frage war, ob Sie wüßten, wie groß der Herr Raspe ist. Und da müssen Sie sagen: „Nein.“

Zeugin Sauer:

Nein.

Vors.:

Ja eben. Sie haben nur die Person, die Sie gesehen haben, geschätzt.

Zeugin Sauer:

Ja, ja.

Vors.:

Sonstige Fragen? Ich sehe nicht.

Die Zeugin Sauer wird vorschriftsmäßig vereidigt und um 14.53 Uhr vorläufig entlassen.

Der Zeuge KHK Strauß erscheint um 14.54 Uhr im Sitzungssaal.

Die Aussagegenehmigung des Zeugen wird als Anl. 2 dem Protokoll beigefügt.

Vors.:

Ihre Personalien bitte?

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge KHK Strauß:

Egbert Strauß, 44 Jahre alt,
Kriminalhauptkommissar, Dienststelle: Bundeskriminalamt in Bad Godesberg,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

[7359][28] [7360] Vors.:

Ist Ihnen die Zeugin Sauer, die Sie ja jetzt eben nochmals gesehen haben, ein Begriff?

Zeuge Strauß:

Dazu kann ich nichts sagen, weil seinerzeit über 30 Zeugen geladen waren. Und ich hab sie auch heute nicht wiedererkannt.

Vors.:

Aber daraus, daß Sie sagen, seinerzeit waren über 30 Zeugen geladen, kann man wohl schließen, daß Sie in Verbindung mit Frau Sauer irgend einen bestimmten Vorgang vor Augen haben?

Zeuge Strauß:

Da habe ich auch keinen bestimmten Vorgang im Auge, weil meine Aufgabe seinerzeit der Ablauf der Gegenüberstellung, der war von mir also schriftlich festzuhalten, über das Verhalten der Beschuldigten mit den Zeugen selbst; und auch in diesem Verfahren habe ich nicht gearbeitet.

Vors.:

Ja, aber Sie haben auf jeden Fall eine Gegenüberstellung vor Augen?

Zeuge Strauß:

Ich habe daran teilgenommen.

Vors.:

Und wer wurde da wem gegenüber gestellt, also wer war da auf der Beschuldigtenseite?

Zeuge Strauß:

In der Reihenfolge erschien zuerst der Herr Raspe, dann kam die Frau Meinhof, dann Frau Ensslin und Herr Baader.

Vors.:

Wann soll denn das gewesen sein?

Zeuge Strauß:

Das war am 13. Dezember 1973.

Vors.:

Und durchgeführt wurde das in ...

Zeuge Strauß:

In der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf und zwar in dem dortigen Filmsaal.

Dem Zeugen wird aus Ordner 93 Blatt 68/1 vorgelegt, mit der Frage, ob er in diesem Vermerk seine Unterschrift wiedererkennt.

Zeuge Strauß:

Das ist meine Unterschrift, ja.

Vors.:

Gut, danke. Wenn Sie es damit wieder weglegen wollen und nicht vom Inhalt zunächst mal Kenntnis nehmen. Dieser Vermerk dürfte ein Formularvermerk gewesen sein, zunächst mal ...

Zeuge Strauß:

Das ist richtig.

Vors.:

Und um was ist es dabei gegangen?

Zeuge Strauß:

Es ging darum, daß man die Reihenfolge der Durchgänge, wir hatten ja die Wahlgegenüberstellung durchgeführt, im ersten Durchgang und im zweiten Durchgang. Und jeweils wurde dort verzeichnet, in welchem Durchgang der Beschuldigte die Nummer, [7361] nun mal angenommen die Nummer 5 trug, im ersten oder im zweiten Wahldurchgang.

Vors.:

Ja. Und diese Eintragung entsprechend Ihrem Vermerk wurde dann überprüft, bei den Zeugen, ob sie dieselbe Nummerierung etwa gefunden hatten. Daraus läßt sich dann ablesen, ob sie richtig wiedererkannt haben oder nicht.

Zeuge Strauß:

Die Zeugen hatten jeweils Formulare in die Hand bekommen, wo sie dann ihre Wahrnehmungen einzutragen hatten. Hier war zu schreiben, im ersten Durchgang Nr. 5 oder im zweiten Durchgang Nr. 3.

Vors.:

Wissen Sie heute noch, jetzt nur für die Person des Herrn Raspe, in welcher Reihenfolge die Nummern bei ihm aufzuzeichnen waren, wenn man es richtig gemacht hat.

Zeuge Strauß:

Das kann ich aus der Erinnerung nicht mehr sagen.

Vors.:

Können Sie nicht sagen. Ihr Vermerk beinhaltet hier, das halte ich Ihnen vor, der Beschuldigte war im ersten Durchgang mit der Nummer 2 und im zweiten mit der Nummer 1 gekennzeichnet.

Zeuge Strauß:

Dann ist das richtig.

Vors.:

Ja nun Frage, fällt Ihnen das nun wieder ein, heute, daß das so gewesen ist?

Zeuge Strauß:

Diese Nummerierung, das kann ich nicht sagen. Wir haben ja damals sechs Beschuldigte gegenüber gestellt. Und wie die Reihenfolge nun da im einzelnen gewesen ist, welche Nummer der Beschuldigte oder die Beschuldigte getragen hat, das kann ich heute nicht mehr sagen.

Gem. § 249 StPO wird der Vermerk aus Ordner 93 Blatt 68/1 verlesen.

Vors.:

Sie können offenbar heute jedenfalls bestätigen, daß diese Eintragung damals korrekt und richtig ist?

Zeuge Strauß:

Die ist gewissenhaft und korrekt von mir gefertigt worden.

Vors.:

Eingetragen worden. Dankeschön. Irgendwelche Erinnerungen an Frau Sauer, ob Sie diese Nummer nun angeben konnte, haben Sie offenbar nicht?

Zeuge Strauß:

Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

Vors.:

Danke. Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen. Ich sehe nicht.

[7362] Der Zeuge Strauß wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseiten Einvernehmen um 14.59 Uhr entlassen.

Vors.:

Und Frau Sauer ist dann geklärt. Auch Frau Sauer ist damit entlassen.

Die Zeugin Sauer wird ebenfalls um 14.59 Uhr endgültig entlassen.

Ende von Band 406

[7363] Die Zeugen Hunt und Sweigert erscheinen um 15.00 Uhr im Sitzungssaal.
Der Dolmetscher Führer erscheint ebenfalls um 15.00 Uhr im Sitzungssaal.
Die Zeugen Hunt und Sweigert werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Angeklagte Meinhof erscheint um 15.01 Uhr für kurze Zeit im Sitzungssaal.

Die Zeugen[oo] sind damit einverstanden, daß ihre Aussagen auf das Gerichtstonband aufgenommen werden.

Der Zeuge Hunt wird um 15.04 Uhr in den Abstand verwiesen.

Der Zeuge Sweigert macht folgende Angaben zur Person:

James Sweigert, 39 Jahre,
EDV-Man bei der Armee,
Mannheim-Vordenheim,
[Anschrift].

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Sweigert, waren Sie im Mai 1972 in Heidelberg beschäftigt?

Zeuge Sw[eigert]:

Ja.

Vors.:

Wo?

Zeuge Sw[eigert]:

In den Campbell-Barracks, Heidelberg.

Vors.:

Ist das richtig, wenn wir annehmen, daß dieses Modell die Campbell-Barracks wiedergibt?

Zeuge Sw[eigert]:

Ja.

Vors.:

Wären Sie so freundlich, uns anzugeben, in welchem Gebäudeteil Sie beschäftigt gewesen sind?

Der Zeuge zeigt anhand des Modells seinen Beschäftigungsort.

Zeuge Sw[eigert]:

Ich war hier in diesem Gebäude tätig. Das ist hier markiert mit EDV-Gruppe.

[7364] Vors.:

Das ist wohl die Gebäudenummer. Am Haupteingang sieht man’s.

Zeuge Sw[eigert]:

31s.

Vors.:

31 und der südliche Flügel von 31. Danke. Erinnern Sie sich, daß es in diesem Bereich im Jahre 1972 zu einem Bombenanschlag, zu einem Sprengstoffanschlag gekommen ist?

Zeuge Sw[eigert]:

Ganz bestimmt.

Vors.:

Waren Sie anwesend?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich war nicht genau an dem Ort anwesend. Ich will gerne zeigen, wo ich war als die Bombe explodierte.

Vors.:

Jedenfalls können wir aus dieser Antwort entnehmen, daß Sie selbst miterlebt haben, daß die Bombe explodiert ist?

Zeuge Sw[eigert]:

Mit den Augen habe ich die Explosion nicht gesehen.

Vors.:

Aber Sie haben Dienst verrichtet an dem Tage, an dem die Explosion erfolgte?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich ging gerade von dem Kasino weg, um die Kaserne zu verlassen.

Vors.:

Das heißt, Sie hatten Dienst verrichten, hatten aber inzwischen schon wieder frei gehabt?

Zeuge Sw[eigert]:

Ja.

Vors.:

Wollen Sie nun bitte schildern, wo Sie gewesen sind, Sie können das auch anhand des Modells tun und uns dann erzählen, was Sie beobachtet haben an diesem Tage.

Der Zeuge zeigt anhand des Modells seinen genauen Aufenthaltsort bei der Explosion.

Zeuge Sw[eigert]:

Ich war im Kasino anwesend.

Vors.:

Bitte die Uhrzeit.

Zeuge Sw[eigert]:

Und zwar in dem Klub. Drei Minuten vor sechs etwa.

Vors.:

Wie kommt es zu dieser ganz präzisen Angabe?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich sollte ... Um 6.00 Uhr hatte ich mich mit jemand verabredet hier draußen vor der Kaserne und deshalb weiß ich ganz exakt, wie spät es war.

Vors.:

Es ist eine Einzelheit, aber wir wollen sie doch gleich jetzt aufklären. Nach Ihrer früheren Aussage, das halte ich Ihnen aus Bl. 126 des Ordners 102 vor, sollten Sie sich zehn Minuten nach sechs mit einem anderen treffen. Könnte es diese Zeit auch gewesen sein?

Zeuge Sw[eigert]:

Also ich weiß nicht mehr genau, wegen der Verabredung, weiß aber, daß ich drei Minuten vor sechs hier das Kasino verlassen hatte. Ich mußte dann hier herum laufen. Hier war mein Wagen [7365] geparkt, mußte mich in den Wagen begeben. Ich hab dann meinen Wagen hier erst mal gewendet, zurückgestoßen, gewendet und bin dann hier ... als ich hier hingekommen war, hier ist also der Exerzierplatz, und als ich in Höhe des Exerzierplatzes, hier bei diesem Pavillon, oder wie man das nennen soll, war, da hörte ich die Explosion.

Vors.:

Ich möchte nur zu Protokoll geben, daß der Herr Zeuge die Stelle an der er seinen Wagen bestiegen und weggefahren hat, bezeichnete am Ende des Süd-Flügels des Gebäudes Nr. 31.

Zeuge Swe[igert]:

Dazwischen waren natürlich noch die Bäume, die hier auch im Modell zu sehen sind.

Vors.:

Bitte, fahren Sie fort. Wenn Sie jetzt das Modell jetzt zu Ihrer Schilderung nicht mehr brauchen ...

Herr Sweigert, schildern Sie nun bitte, was Sie dann erlebt haben. Sie sind also gekommen bis zu diesem Pavillon, wie Sie’s bezeichnet haben, des Exerzierplatzes, und was geschah dann.

Zeuge Sw[eigert]:

Zunächst dachte ich, daß vielleicht, daß Kanonenschüsse zu hören waren, weil das bei der Flaggenparade ab und zu vorkommt. Dann fuhr ich weiter bis zum Tor und das Tor wurde gerade eben geschlossen und dann sagte mir der MP[29]-Mann, daß Bomben in Campbell-Barracks explodiert seien. Ich wurde dann zur MP-Station geführt und ich ging dann wieder zurück in die Campbell-Barracks. Mein Auto stand noch vor der MP- Wache und ich ging dann zurück zu der Stelle, an der sich mein Büro befindet. Und dann sah ich eben die Verheerung.

RA Geulen erscheint um 15.14 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Vors.:

Zunächst, wie oft hat es geknallt? War das einmal oder mehrere Male?

Zeuge Sw[eigert]:

Das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Haben Sie, bevor Sie Ihr Fahrzeug bestiegen haben, irgendetwas beobachtet, was vom normalen Zustand abgewichen ist?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich sah nur einen grünen Volkswagen an einem Parkplatz, der eigentlich meinem Chef zustand, nicht der erste, der oberste Chef, sondern der zweite. Und ich dachte, das war sicher einer meiner Leute, der seinen Wagen da hingestellt hat auf diesen reservierten Parkplatz. Denn einer unserer Leute hat tatsächlich einen Wagen mit dieser Farbe.

Vors.:

Haben Sie sich für dieses Fahrzeug deswegen näher interessiert, ob es wirklich Ihrem Bekannten gehören könnte?

[7366] Zeuge Sw[eigert]:

Ja, denn es gibt dort zwei reservierte Parkplätze. Einer für den Obersten und einer für den Oberstleutnant und wie ich das gesehen habe, daß da dieser grüne Wagen stand, sagte ich, und zeigte nach oben: „Der hat sicher den Platz hier belegt“ und dachte an meinen Mitarbeiter.

Vors.:

Können Sie sich an das Kennzeichen dieses Fahrzeugs erinnern?

Zeuge Sw[eigert]:

Nein.

Vors.:

Nein. War es ein deutsches oder ein amerikanisches Kennzeichen?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich habe das Kennzeichen nicht angeguckt.

Vors.:

Sie hatten früher mal zu diesem Punkte, das halte ich Ihnen wiederum aus Bl. 126 vor, angegeben, es habe sich um ein USAREUR-Kennzeichen gehandelt.

Zeuge Sw[eigert]:

Ich erinnere mich nicht mehr, ob ich das gesagt habe oder nicht.

Vors.:

Ja und insbesondere, ob es tatsächlich so gewesen ist oder nicht. Das ist ...

Zeuge Sw[eigert]:

Die ganze Sache liegt ja nun schon vier Jahre zurück. Ich erinnere mich nicht mehr so genau. Es kann sein, daß ich gesagt habe, es sei ein grünes ... ein grünes Kennzeichen gewesen, weil der Major, der drei Minuten vor mir herausgegangen ist, diese Angabe gemacht hat und ich mich auf ihn bezogen habe.

Vors.:

Haben Sie dieses Fahrzeug, als Sie an Ihre Dienststelle zurückkehrten, nach dem Knall, wiedergesehen?

Zeuge Sw[eigert]:

Von dem Fahrzeug war nichts mehr übrig.

Vors.:

Haben Sie irgendwie sich einen Eindruck verschafft, warum dieses Fahrzeug nicht mehr da war?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich war im Gebäude 31s, schaute dann aus dem Fenster ... Ich stand vor der Tür des Gebäudes 31s und guckte von da auf den Parkplatz herüber. Da sah ich einen schwarzen Volkswagen stehen. Ein schwarzer Wagen, der einige Zeit da schon gestanden ... schon einige Wochen dort gestanden hatte, der beschädigt war. Ursprünglich, dachte ich, daß in diesem Fahrzeug die Bombe hochgegangen sei. Dann habe ich aber zu dem Platz herübergeschaut, wo das grüne Fahrzeug gewesen war und hab gesagt: „Das ist ja weg.“ Und zwar sah ich irgendwelche grüne Spuren, so daß ich auf dieses Fahrzeug schließen konnte.

Vors.:

Sie haben früher unterscheiden können, zwischen den einzelnen [7367] Explosionen[pp]. Nach unseren Kenntnissen müssten es zwei Explosionen gewesen sein. Wenn ich Ihnen das vorhalte, fällt das wieder ein oder ist es aus Ihrer Erinnerung endgültig verschwunden?

Zeuge Sw[eigert]:

Ich glaube, daß es zwei Explosionen gewesen sind. Ich habe ursprünglich an zwei Kanonenschüsse gedacht und die beiden Explosionen lagen aber nah beieinander, dicht[qq] nah beieinander.

Vors.:

Bitte, wenn weitere Fragen sind, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Zeuge, wo befand sich nun der Parkplatz des Oberst Hastings, auf dem der grüne VW stand.

Zeuge Sw[eigert]:

Kann ich das auf dem Modell hier zeigen?

Der Zeuge zeigt anhand des Modells den Parkplatz des Oberst Hastings. Dabei deutet er von hinten aus betrachtet, auf den 2. Parkplatz von rechts.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Bei der Bundesanwaltschaft? Nicht. Bei den Herren Verteidigern? Auch nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Der Zeuge Sweigert wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.22 Uhr entlassen.

Der Zeuge Hunt erscheint um 15.23 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge Hunt macht folgende Angaben zur Person:

Paul Hunt, 46 Jahre, Club-Manager bei der Armee, Heimatadresse Kalifornien.
Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung
nicht vorbestraft.

Vors.:

Mr. Hunt, waren Sie schon 1972 in der jetzigen Dienststelle tätig?

Zeuge Hu[nt]:

Nein.

Vors.:

Wo waren Sie 72 beschäftigt?

Zeuge Hu[nt]:

Im Offiziersclub in Frankfurt.

Vors.:

Waren Sie dort auch im Mai 72 beschäftigt?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Vors.:

Dann kann man wohl annehmen, daß Sie miterlebt haben, daß dort Bomben explodiert sind oder Sprengstoffbehälter explodiert sind.

[7368] Zeuge Hu[nt]:

Ich war bei der Explosion.

Vors.:

Wollen Sie uns bitte schildern, was Sie damals beobachtet haben?

Zeuge Hu[nt]:

Ich werde jeweils Absätze machen und dann für die Übersetzung eine Pause machen.

Es war abends. Ich war gerade dabei, die Beleuchtung einzuschalten zwischen dem IG-Farben-Hochhaus[30] und dem Terrace-Club. Ich ging dann zur vorderen Ausgangstür um zu prüfen, ob die Beleuchtung richtig eingeschaltet war. Ich ging dann zurück und setzte mich auf den Stuhl gerade bei der Tür. Ich saß dort eine kurze Zeit ein paar Minuten und hörte dann ein Geräusch, von dem ich später erfuhr, daß es eine Explosion war. Im Augenblick selbst habe ich das nicht so identifiziert. Sekunden später hörte ich eine zweite Explosion und ich bin dann vom Stuhl sofort aufgestanden. Ich hatte mich gerade halb vom Stuhl erhoben, als die dritte Explosion erfolgte, und zwar gerade da, wo ich mich befand, nicht weit von meinem Standort. Ich sah die Explosion, als ich gerade halb mich erhoben hatte und wurde dann von dem Druck, der von rechts kam, nach links herüber geschoben. Ich wurde dann von der Explosion mitgenommen und rollte hinter ein Sofa, das dort stand. Ich lag dort, bis die Decke, die herunterkam, eben sich beruhigt hatte und als alles wieder still war, habe ich mich erhoben. Ich hörte zwei meiner Angestellten, es handelte sich um Frauen, schreien. Die waren vollkommen von dem Schutt bedeckt. Es handelte sich um die Kassiererinnen, die das Geld hatten. Ich ging herüber und trug sie aus dem Schutt. Die beiden Kassiererinnen litten an dem Schock, waren im übrigen aber nicht ernsthaft verwundet. Ich habe Sie deshalb gebeten, das Geld zusammenzusammeln, das überall herumlag. Ich bin dann durch den Club hindurchgegangen und hab alle Leute herausbeordert aus dem Club und hab mich umgesehen, ob irgendwo ein Brand entstanden war. Ich hab noch etwas vergessen, als ich dort vor der Explosion in dem Stuhl saß, ging ein Offizier aus der vorderen Tür heraus. Wie ich dann später erfuhr, ist dieser Offizier dann getötet worden. Ich kann weitere Details bringen, falls Sie das wünschen, aber das handelt sich dann um persönliche Sachen.

Vors.:

Zunächst würde uns interessieren, ist Ihnen der Name dieses Offiziers bekannt geworden?

Zeuge Hu[nt]:

Es war der Oberstleutnant Bloomquist.

Vors.:

Kannten Sie ihn schon vor dem Geschehen?

Zeuge Hu[nt]:

Ich hab ihn nur gesehen, wenn er zum Club kam.

[7369] Vors.:

Haben Sie ihn nach der Explosion noch gesehen?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie irgendwie bemüht, ihm ... sich bemüht, ihm Hilfe zukommen zu lassen?

Zeuge Hu[nt]:

Als ich die Frauen dort aus dem Schutt herausgrub, kam jemand und sagte mir, daß draussen ein Mann auf der Straße läge. Ich bin dann rausgegangen, da war aber inzwischen schon ein MP-Offizier da, der auch einen Krankenwagen schon angefordert hatte und ich hab den Mann dann darauf auf der Straße liegen sehen.

Vors.:

Sie können aber sagen, es handelte sich um diesen Offizier, den Sie zuvor an sich vorbei gehen sahen?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Vors.:

Können Sie das zeitlich nun noch etwas näher einordnen. Sie sagten, es war abends. Läßt sich das näher bestimmen?

Zeuge Hu[nt]:

Es muß sich um Minuten nur vor 19.00 Uhr gehandelt haben. Die Uhren, die durch die Explosion stehen blieben, zeigten auf eine Minute vor 19.00 Uhr.

Vors.:

Sind Sie selbst verletzt worden?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Vors.:

Welcher Art waren die Verletzungen?

Zeuge Hu[nt]:

Nichts ernstes, aber ich hatte hunderte von kleinen Schnittwunden, die durch Glassplitter ...

Die schlimmsten war eine Verwundung im Ohr und eine zweite am Ellenbogen.

Vors.:

Sie haben erwähnt, den Offizier der getötet worden sein soll. Sie haben erwähnt, die zwei Frauen, die Sie befreit haben aus dem Schutt. Waren sonst noch Personen in der Nähe des Detonationsortes.

Zeuge Hu[nt]:

Ja, oben ging ... lief eine Party ab. Es wurde mir gesagt, daß oben mehrere Personen verletzt worden sind. Ich hatte aber keine Zeit, mich darum zu kümmern. Um so mehr, als oben bereits Hilfe eingetroffen war.

Vors.:

Haben Sie später beobachtet, ob in diesen oberen Räumen namhaftere Zerstörungen sichtbar wurden?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Vors.:

Welcher Art?

Zeuge Hu[nt]:

Es handelte sich um Glasschäden. Die Fenster waren alle herausgedrückt worden.

Vors.:

Sind etwa von der Decke schwerere Bestandteile runtergefallen?

[7370] Zeuge Hu[nt]:

Die Lampen und auch der Deckenbewurf, aber die eigentlichen tragenden Teile sind nicht, die haben ausgehalten. Die waren zwar beschädigt, haben aber Stand gehalten.

Vors.:

Sind in dem Bezirk, in dem Sie zunächst gesessen hatten, weitere Personen sichtbar gewesen? Außer den zwei Frauen und dem Offizier?

Zeuge Hu[nt]:

In der Lobby, also in dieser Vorhalle, in der ich mich befand, war niemand außer diesen zwei Kassiererinnen.

Vors.:

Danke. Bitte weitere Fragen. Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Aus was für einem Material bestand die Decke in der Lobby?

Zeuge Hu[nt]:

Ich verstehe nicht viel vom Bauwesen. Ich glaube, daß es so quadratische Elemente waren.

Richter Mai[er]:

Waren das schwere Steinplatten oder waren das eventuell nur leichte Heraklithplatten?

Zeuge Hu[nt]:

Die Decke selbst war aus leichtem Material, aber es war auch schweres Steinmaterial, beispielsweise in der ... im Treppenhaus. Da sind auch Beschädigungen festgestellt worden.

Richter Mai[er]:

Und nun nochmal zu Ihrem genauen Standpunkt. Nachdem was wir bisher gehört haben, ist es so, daß wenn man den Kasinoeingang hereinkommt, da sind erst mal rechts und links Büros, Blumenläden und so weiter, dann kommt die eigentliche Lobby und an der Rückseite dieser Lobby befindet sich rechts und links eine Treppe, die zu dem oberen Stockwerk führt. Können Sie sagen, wo etwa in der Lobby Sie gesessen haben.

Zeuge Hu[nt]:

Wenn man in den ... wenn man durch diese vordere Eingangstür hereinkommt ist links ein Blumenladen. Und dann folgt eine weitere Doppeltür die in die Lobby führt. Ich saß ungefähr 1 Meter von diesen Doppeltüren aus im Inneren.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen bitte? Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Hunt, woraus bestanden die Wände des Blumenladens und der Wechselstube?

Zeuge Hu[nt]:

Eine Seite der Blumenläden bestand aus den äußeren Fenstern. Auch innen waren Glaswände. Auf der anderen Seite waren die Büros die einen Teil der Lobby darstellten und die aus festem Material bestanden. Und zwar waren dort kleine Ziegel dafür verwendet worden.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich meine also nur die Innenwände. Womit war denn das Glas oder, wenn es die kleinen Ziegelsteine gewesen sein sollten, [7371] womit war denn das gestützt? Wodurch wurde das gehalten?

Zeuge Hu[nt]:

Ich weiß es[rr] wirklich nicht, aber ich glaube, das meiste war Gips. Ich muß das annehmen. Genau weiß ich das nicht.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Dann würde ich bitten aus der ... Herr Vorsitzender, aus der hier schon zu Protokoll genommenen Bildermappe wohl das Bild 29, dann die Bilder ... das Bild 35 dem Zeugen vorzulegen und ihm diese Bilder erläutern zu lassen.

Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft übergibt eine Lichtbildmappe.

Vors.:

Darf ich die Mappe zuerst mal sehen, daß wir die Übereinstimmung feststellen, zwischen der zum Protokoll genommenen. Es sind die selben Bilder. Haben die Beteiligten Bedenken, wenn wir jetzt nicht das Protokoll extra beiziehen um die Mappe dort herzuholen, sondern die verwenden. Es sind die selben Aufnahmen.

Es werden keine Einwände erhoben.

Dem Zeugen wird die von der Bundesanwaltschaft übergebene Lichtbildmappe, die mit der Anlage 5 des Protokolls vom 20.1.76 identisch ist, übergeben.

Es werden ihm dann die Bilder 29 und 35 - mit abgedecktem Text - vorgelegt mit der Frage, ob er erkennen kann, was diese Bilder darstellen und ob er das Material, welches auf den Bildern zu sehen ist, erläutern kann.

Zeuge Hu[nt] (zu Bild Nr. 29):

Das ist, wenn man fast außen vor der Tür steht und jetzt nach innen hereinschaut. Hier ist die Kasse, oder wo die Kasse mal gewesen war ... und zwar gerade links von dem Mann, der dort zu sehen ist und rechts befindet sich die Telefonzentrale, die rechts von dem dort sichtbaren Mann zu erkennen ist.

Vors.:

Jetzt war gewünscht, ob Sie im Stande sind, Sie haben jetzt bereits bezeichnet, daß es sich um die Wechselstube gehandelt hat, Kassenstube. Können Sie die Materialien, die hier baumäßig verwendet worden sind, auf diesem Bild erkennen und erläutern?

Zeuge Hu[nt]:

Ich glaube, daß hier zum Teil Metall verwendet war, aber im übrigen ist es ja Holz.

Vors.:

Weitere Wünsche zu Bild 29, Herr Bundesanwalt, bitte.

[7372] Reg. Dir. Wi[dera]:

Handelte es sich bei dem Holz um scharfkantige Balken oder sehe ich das falsch?

Zeuge Hu[nt]:

Ich glaube nicht, daß es sich um Balken in dem Sinne gehandelt hat, die ja tragende Elemente sind, sondern mehr um Verkleidungsmaterial.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ist dieses Holz, was man dort sieht, zur Seite gebrochen oder ist das in den Raum hinein geschleudert worden?

Zeuge Hu[nt]:

Grundsätzlich, es kann zwar sein, daß einzelne Teile hin und her bewegt worden sind, grundsätzlich stellt das die Situation nach der Explosion dar.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Hunt, würden Sie sich jetzt bitte noch das Bild 35 ansehen.

Zeuge Hu[nt] (zu Bild Nr. 35):

Diese Aufnahme ist praktisch von dem gleichen Ort gemacht worden, von dem auch die Aufnahme 29 gemacht worden ist. Etwas mehr allerdings seitlich. Hier ist eine Säule, also ein Träger sichtbar, der sich links befand.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Kann es sein, daß es der Blumenladen ist.

Zeuge Hu[nt]:

Ja, das war der Blumenladen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Eine Frage noch Herr Hunt, haben Sie Beobachtungen dazu gemacht, ob etwa Eisenteile von draußen von dieser Vorhalle in das Foyer hineingeschleudert wurden?

Zeuge Hu[nt]:

Ich war da nur etwa eine Stunde, war überall mit Blut bedeckt, die Ärzte kümmerten sich um mich. Ich hab mich also nicht so genau um diese Einzelheiten kümmern können.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Trotzdem noch eine Frage Herr Hunt, haben Sie in dieser kurzen Zeit Beobachtungen dazu gemacht, ob Baumaterial der Außenwände nach innen gekommen sind?

Zeuge Hu[nt]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Sonst habe ich keine Fragen mehr.

Vors.:

Weitere Fragen bitte. Ich sehe, es werden keine Fragen mehr gewünscht. Ich glaube, die Mappe können wir wieder zurückgeben. Können wir den Herrn Zeugen dann vereidigen? Bevor wir das tun, möchte ich dann gleich darauf hinweisen, daß wir anschließend die Sitzung beenden werden. Es geht weiter, ich bitte das zu beachten, erst am nächsten Donnerstag, das wäre also der 4.3.1976 mit den Zeugen Sonja und Astrid Siemsen, den Kriminalbeamten Habekost, Gutzeit, Röter, Prechtl, Schäfer, Ruckmich, dazu notwendig O. 86, 87 und 109. Und ich bitte auch zu beachten, daß wegen des späten Beginns, in der nächsten Woche Fortsetzung am [7373] Freitag, 5.3. ist[ss]. Wir verhandeln also in der nächsten Woche am Donnerstag und Freitag. Wir wollen jetzt den Herrn Zeugen vereidigen.

Der Zeuge wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.50 Uhr entlassen.

Der Dolmetscher Führer wird ebenfalls um 15.50 Uhr entlassen.

Ende der Sitzung um 15.50 Uhr.

Ende von Band 407.


[1] Andreas Baader wurde am 70. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO bis zum Ende des Monats Februar von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 6268 f. des Protokolls der Hauptverhandlung), Gudrun Ensslin am 73. Verhandlungstag (S. 6659 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 189 Abs. 1 GVG lautet: „Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten: daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.“

[3] § 189 Abs. 2 GVG lautet: „Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art allgemein vereidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid.“

[4] Nach § 57 StPO werden die Zeug/innen vor der Vernehmung zur Wahrheit ermahnt und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt, sowie auf die Möglichkeiten der Vereidigung hingewiesen; diese war damals, anders als heute, der Regelfall (§ 59 StPO a.F.). § 79 StPO enthält die Vorschriften für die Vereidigung von Sachverständigen. Diese erfolgt nach dem Ermessen des Gerichts.

[5] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[6] Private First Class (s. das Abkürzungsverzeichnis unter https://www.defense.gov/Resources/Insignia/, zuletzt abgerufen am: 27.9.2021). Der Rang eines/einer PFC entspricht unter Berücksichtigung des NATO-Rangcodes für militärische Dienstgrade (STANAG 2116) dem Rang eines/einer Ober-oder Hauptgefreiten der Bundeswehr.

[7] In einem Schreiben vom 6.2.1976 teilte der Vorsitzende Dr. Prinzing der Verteidigung mit, der Senat halte Gespräche und den Austausch von Schriftstücken mit anderen als den jeweils von ihnen verteidigten Angeklagten, die - so die Vermutung des Senats - Verteidigungszwecken dienten, für unvereinbar mit dem Verbot der Mehrfachverteidigung. Sollte dies nicht eingestellt werden, müsse der Senat „seinerseits entsprechende Maßnahmen treffen“. Eine tatsächlich durchgeführte gemeinschaftliche Verteidigung mehrerer Angeklagter könne „nicht ohne Konsequenzen bleiben“ (das Schreiben befindet sich in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.2.1976, S. 6668 des Protokolls der Hauptverhandlung, 74. Verhandlungstag).

[8] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft, wodurch die bis dahin zulässige kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenslage - auch „Blockverteidigung“ genannt - abgeschafft wurde. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten und für diese/n anwaltlich tätig werden. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).

[9] Die Neuregelung des § 146 StPO wurde nach ihrem Inkrafttreten durch die Rechtsprechung - nicht zuletzt durch den 2. Strafsenat des OLG Stuttgart - gleich in mehrfacher Hinsicht weit ausgelegt. So wurde das Verbot der Mehrfachverteidigung auch auf Beschuldigte in anderen Verfahren ausgedehnt (s. dazu den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des OLG Stuttgart v. 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/74, NJW 1776, S. 157; so kurz darauf auch BGH, Beschl. vom 27.2.1976 - 1 BJs 25/75, StB 8/76, BGHSt 26, S. 291, 293 f.); auch die sog. sukzessive Mehrfachverteidigung nach Beendigung eines Mandatsverhältnisses wurde untersagt (OLG München, Beschl. v. 28.11.1975 - Az.: 1 Ws 1304/75, NJW 1976, S. 252, 253 f.; später bestätigt durch BGH, Beschl. v. 23.3.1977 - Az.: 1 BJs 55/75; StB 52/77, BGHSt 27, S. 154, 155 f.). Da die umstrittenen Auslegungen auch auf den nicht eindeutigen Wortlaut zurückzuführen waren, wurde die Vorschrift durch das StrVÄG 1987 vom 27. Januar 1987 (BGBl. I, S. 475) neugefasst. Der heutige Wortlaut umfasst explizit auch das Verbot, Beschuldigte in Parallelverfahren zu verteidigen, wenn sie wegen derselben Tat beschuldigt sind (s. zur Neuregelung auch Meyer-Goßner, NJW 1987, S. 1161, 1163; Nestler-Tremel, NStZ 1988, S. 103 f.), nicht jedoch das Verbot der sukzessiven Verteidigung (BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - Az.: 5 StR 251/02, BGHSt 48, S. 170, 173; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. 2015, Rn. 124; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 146 Rn. 18 ff.).

[10] Noch vor Beginn der Hauptverhandlung wurden die früheren Verteidiger Baaders, die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele durch den 1. Strafsenat des OLG Stuttgart wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (§ 138a StPO) von der Mitwirkung im Verfahren ausgeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff.). Darüber hinaus wurden die Rechtsanwälte Golzem, Köncke und Spangenberg wegen des Verbots der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) durch den 2. Strafsenat ausgeschlossen, da diese in einem Parallelverfahren vor dem LG Kaiserslautern die dort Angeklagten Grashof, Grundmann und Jünschke vertraten (OLG Stuttgart, Beschl. vom 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/74, NJW 1976, S. 157; s. dazu auch die Kritik der Verteidigung am 43. Verhandlungstag, S. 3320 f., 3338 ff., 3354 ff. und 3394 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Nicht mehr auftreten konnte zudem Rechtsreferendar Dr. Temming, der ab dem 41. Verhandlungstag als amtlicher Vertreter der Wahlverteidigerin Becker an der Hauptverhandlung teilgenommen hatte: Aus den Diskussionen am 43. Verhandlungstag geht hervor, dass das Landgericht Stuttgart die amtliche Bestellung als allgemeiner Vertreter von Rechtsanwältin Becker aufgehoben haben dürfte (S. 3318, 3340, 3356 des Protokolls der Hauptverhandlung). Ähnliches dürfte auch in Bezug auf den Rechtsreferendar Düx, amtl. Vertreter von Rechtsanwalt von Plottnitz, geschehen sein, wobei dies lediglich angedeutet wird (43. Verhandlungstag, S. 3340 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 43. Verhandlungstag). Rechtsanwalt von Plottnitz wurde zwar nicht vom Verfahren ausgeschlossen, allerdings wurde seine Bestellung als Pflichtverteidiger für den Angeklagten Raspe zurückgenommen (die Verfügung vom 7.11.1975 ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.; s. hierzu auch die auf diese Verfügung gestützte und am 43. Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe von Rechtsanwalt Mairgünther vorgetragene Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit, S. 3308 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Gleiches gilt für die der Angeklagten Ensslin beigeordnete Rechtsanwältin Becker (s. S. 3146 des Protokolls der Hauptverhandlung, 41. Verhandlungstag), wobei die Gründe ihrer Entpflichtung nicht aus dem Protokoll hervorgehen. Die Bestellung des Rechtsanwalts Riedel, der der Angeklagten Meinhof beigeordnet war, wurde schließlich auf eigenen Antrag, sowie auf Antrag der Angeklagten Meinhof aufgehoben (S. 5179 des Protokolls der Hauptverhandlung, 57. Verhandlungstag).

[11] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind. Nachdem die Angeklagten zu Beginn der Hauptverhandlung noch für den restlichen Sitzungstag, ab dem 27. Verhandlungstag auch für die restliche Sitzungswoche (erstmals auf S. 2239 des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag) ausgeschlossen wurden, erfolgte am 43. Verhandlungstag zum ersten Mal der Ausschluss für den restlichen Sitzungsmonat (ausgesprochen am 11.11.1975; s. S. 3382 f. des Protokolls der Hauptverhandlung betr. Andreas Baader, S. 3385 betr. Jan-Carl Raspe, S. 3387 betr. Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof, allesamt 43. Verhandlungstag). Der bisher längste Ausschluss wurde am 70. Verhandlungstag gegen den Angeklagten Baader ausgesprochen, der am 29. Januar 1972 bis zum Ende des Monats Februar 1972 ausgeschlossen wurde (Fn. 1).

[12] Diese Aussage bezieht sich auf die Frage, ob der Zeuge mit den Angeklagten verwandt oder verschwägert sei, sowie die Frage nach etwaigen Vorstrafen wegen Meineids (vgl. die entsprechenden Angaben des vorigen Zeugen, S. 7282 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[13] In einer durch das „Kommando 15. Juli“ unterschriebenen Erklärung wurde der Anschlag in Heidelberg mit den vorangegangenen Bombenangriffen der USA im Vietnam-Krieg gerechtfertigt. Darin heißt es u.a.: „Die amerikanische Luftwaffe hat in den letzten 7 Wochen mehr Bomben über Vietnam abgeworfen als im 2. Weltkrieg über Deutschland und Japan zusammen. Von weiteren Millionen Sprengstoffen ist die Rede, die das Pentagon einsetzen will, um die nordvietnamesische Offensive zu stoppen. Das ist Genozid, Völkermord, das wäre die »Endlösung«, das ist Auschwitz“ (Die Erklärung vom 25.5.1972 ist abgedruckt in ID-Verlag [Hrsg.], Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 147 f.). Nachdem Nordvietnam 30. März 1972 auf die schwierigen Friedensverhandlungen in Paris mit der sogenannten Oster-Offensive reagierte, bei der ca. 120.000 Soldaten nach Südvietnam vordrangen, antwortete die USA mit schweren Bombardierungen. Am 8. Mai erging eine Anordnung von Präsident Nixon zur Verminung nordvietnamesischer Häfen, um Nordvietnam durch die Unterbrechung von Versorgungswesen weiter unter Druck zu setzen und damit neue Verhandlungen zu erzwingen. Bei der „Operation Linebacker“ wurden innerhalb von sechs Monaten Bombenangriffe im Umfang von 155.000 Tonnen geflogen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.).

[14] Da es sich bei dem Zeugen um einen in der Bundesrepublik stationierten amerikanischen Soldaten handelte, fand über § 18 GVG a.F. das NATO-Truppenstatut Anwendung, dessen Art. 38 das Einholen einer Aussagegenehmigung vorsieht, sofern „sich im Verlauf eines strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Verfahrens oder einer Vernehmung vor einem Gericht oder einer Behörde einer Truppe oder der Bundesrepublik [ergibt], daß ein Amtsgeheimnis eines der beteiligten Staaten oder beider oder eine Information, die der Sicherheit eines der beteiligten Staaten oder beider schaden würde, preisgegeben werden könnte [...]“ (s. dazu auch Kleinknecht, Strafprozessordnung, 32. Aufl. 1975, § 18 GVG Anm. 7 und 8 m.w.N.).

[15] Die United States Army Europe and Seventh Army (engl. Abkürzung USAREUR) bildet das Regionalkommando der US-amerikanischen Armee in Europa. Ihr heutiger Sitz ist Wiesbaden.

[16] § 249 Satz 1 StPO a.F. lautete: „Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung verlesen.“ Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung (§ 249 Abs. 1 StPO) kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO).

[17] Arbeitsgruppe Sprengstoff.

[18] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen als Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; der Regelfall ist hier die Nichtvereidigung. Heute ist auch die Vereidigung für Zeug/innen nur noch in Ausnahmefällen vorgesehen (§ 59 StPO).

[19] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten u.a. den Senat, insbesondere aber den Vorsitzenden Dr. Prinzing verantwortlich für seinen Tod (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[20] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[21] Anlage 1 zum Protokoll vom 26.2.76: Aussagegenehmigung für KOK Schlegelmilch.

[22] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[23] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen betreffend die RAF eingerichtet (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).

[24] Sachverständige können nach dem Ermessen des Gerichts vereidigt werden (§ 79 StPO), wobei der Regelfall die Nichtvereidigung darstellt. Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung allerdings zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).

[25] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[26] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[27] Grundsätzlich darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden (§ 250 Satz 2 StPO; die §§ 251 ff. StPO enthalten jedoch enge Ausnahmen von diesem Grundsatz). Sind alle Möglichkeiten des Zeugenbeweises erschöpft und erinnert sich der/die Zeug/in auch nach entsprechenden Vorhalten noch immer nicht, ermöglicht § 253 Abs. 1 StPO schließlich doch die Verlesung des Protokolls einer früheren Vernehmung (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 253 Rn. 11). In diesem Fall wird das verlesene Protokoll selbst zum Beweismittel (Mosbacher, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 27. Aufl. 2019, § 253 Rn. 1; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 253 Rn. 1; s. aber auch Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 5 ff., wonach § 253 StPO abschließend die Möglichkeit des Vorhalts regeln soll mit der Konsequenz, dass nicht die verlesene Passage, sondern allein die Antwort des/der Zeug/in zum Beweisgegenstand werden soll).

[28] Anlage 2 zum Protokoll vom 26. Februar 1976: Aussagegenehmigung für KHK Strauß.

[29] Military Police.

[30] Das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).


[a] Handschriftlich eingefügt: allgem.

[b] Handschriftlich ersetzt: Bracks durch Trucks

[c] Maschinell durchgestrichen: Z.Kos.: Es kann

[d] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch Raum

[e] Maschinell ersetzt: im durch wieder im

[f] Handschriftlich durchgestrichen: Römerhofstraße

[g] Handschriftlich durchgestrichen: Zeuge

[h] Handschriftlich eingefügt: (verbessert sich)

[i] Handschriftlich eingefügt: die

[j] Maschinell ergänzt: beschreiben

[k] Handschriftlich durchgestrichen: das

[l] Maschinell eingefügt: dem Protokoll beigefügt.

[m] Maschinell durchgestrichen: V.: Wir wollen Ihnen

[n] Maschinell ergänzt: Mikroskopes festgestellt hatten

[o] Maschinell durchgestrichen: Ri. Mai.: Und ist es möglich, daß in diesem Fall also nur Aluminiumpulver

[p] Maschinell eingefügt: sich

[q] Maschinell eingefügt: die

[r] Maschinell eingefügt: die

[s] Handschriftlich durchgestrichen: ist

[t] Handschriftlich durchgestrichen: 100tel

[u] Maschinell eingefügt: bin

[v] Maschinell eingefügt: uns

[w] Handschriftlich ergänzt: geschweißten

[x] Maschinell ersetzt: wenn durch können

[y] Handschriftlich ersetzt: Schweißelektronen durch Schweißelektroden

[z] Handschriftlich ersetzt: titandyosdhaltig durch titanoxydhaltig

[aa] Handschriftlich eingefügt: ob

[bb] Handschriftlich eingefügt: ist

[cc] Maschinell ergänzt: gefundenen

[dd] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[ee] Handschriftlich ersetzt: Zeugin durch Zeugen

[ff] Handschriftlich ersetzt: KOK durch KHK

[gg] Handschriftlich ersetzt: Zeugin durch Zeugen

[hh] Handschriftlich ersetzt: KOK durch KHK

[ii] Handschriftlich ersetzt: KOK durch KHK

[jj] Handschriftlich durchgestrichen: den

[kk] Handschriftlich ergänzt: Liegenschaften

[ll] Handschriftlich ersetzt: habe durch hat

[mm] Handschriftlich eingefügt: es

[nn] Handschriftlich ersetzt: reingeschickt durch reingekickt

[oo] Maschinell ersetzt: Verfahrensbeteiligten durch Zeugen

[pp] Handschriftlich ergänzt: Explosionen

[qq] Handschriftlich ergänzt: dicht

[rr] Handschriftlich eingefügt: es

[ss] Handschriftlich eingefügt: ist