[8380] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 30. März 1976, 9.02 Uhr
(94. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
J. Ass. z.A. Scholze
J. Ass. Clemens.
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als deren Verteidiger sind anwesend:
Rechtsanwälte Pfaff, (als Vertr. v. RA Dr. Heldmann), Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, RA’in Zuber (als Vertr.v. RA König), Linke und Grigat.
Als Zeugen sind erschienen:
KHK Werner Eifler
KHK Heinz Martin und RKR Günter Drehmann
Als Sachverständiger[a] ist[b] erschienen:
LRKD Paul Neuendorf
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Herr Rechtsanwalt Pfaff in Vertretung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Die Herren Rechtsanwälte Schwarz und Grigat sind ab 10.15 Uhr[c], beziehungsweise 10.30 Uhr verhindert und entschuldigt. Jedoch werden sie wohl die Nachmittagssitzung wieder wahrnehmen. Es ist noch daraufhinzuweisen, daß auf Antrag ... Anfrage des Gerichts, Herr Rechtsanwalt Eberhard Becker, das Büro jedenfalls, mitteilen ließ, daß dieses Mandat für Herrn Raspe nicht mehr fortbesteht, so daß Herr Rechtsanwalt Eberhard Becker zu streichen ist von der Liste. Noch kleine Änderungen im Terminsplan. Am 1. April, also am Donnerstag, beginnen wir [8381] ja mit dem Sprengstoffanschlag Karlsruhe. Hier sind zusätzlich auf 11.00 Uhr noch geladen, die hier schon bekannten Zeugen Krapp und Mauritz. Maßgeblich für die Vernehmung es handelt sich hier also um Splitter, Sprengkörpersplitter, zu denen Aussagen zu machen sind, und die Asservierung dieser Beweisstücke maßgeblich dafür ist der Ordner 69. Dafür ist der Zeuge Pelzing, der auf den 1.4. geladen war, verhindert und ist umgeladen worden auf Donnerstag 6.4., 9.00 Uhr. Wir haben heute früh den Herrn Sachverständigen, leitenden Regierungskriminaldirektor Neuendorf. Dann haben wir als Zeugen anwesend Herrn Martin, Herrn Drehmann und Herrn Eifler.
Die Zeugen Eifler, Drehmann und Martin werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.
Die Zeugen Martin, Drehmann und Eifler, sowie der Sachverständige Neuendorf erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussagen auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]
Die Zeugen Eifler und Martin werden um 9.05 Uhr in Abstand verwiesen.
Der Zeuge Drehmann macht folgende Angaben zur Person:
Günter Drehmann,
49 Jahre alt,
Kriminalbeamter,
Bundeskriminalamt Wiesbaden.Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie in der Wohnung in Frankfurt, Inheidenerstraße zur Sicherung von Fingerabdrücken eingesetzt gewesen sind?
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Können Sie uns berichten, wie Sie vorgegangen sind - ganz kurz einen Arbeitsbericht - und zu welchem Ergebnis die Aufgabe damals geführt hat?
Zeuge Dre[hmann]:
An die Daten kann ich mich nicht mehr genau erinnern.
[8382] Es war im Jahre 1972, in der ersten Hälfte, der zweite Einsatztag war ein Feiertag, ich weiß nicht mehr welcher.
Am 1. Einsatztag sind wir nachmittags in der Wohnung eingetroffen. Und soweit es die Spurensicherung auf dem daktyloskopischen Sektor betrifft, haben wir mit der Spurensicherung begonnen, zunächst in der Küche. Anschließend Korridor, Bad, kleines Zimmer, möglicherweise erst kleines Zimmer und dann Korridor. Jedenfalls das waren die vier Räume, die an diesem ersten Tag begangen wurden. Wir hatten kurz vor Mitternacht die Spurensicherung abgebrochen, um am nächsten Vormittag, an diesem Feiertag, weiterzuarbeiten. Wir haben dann zunächst den großen Wohnraum bearbeitet, um als letztes den hinteren Raum, die sogenannte Werkstatt ebenfalls zu begehen. Es wurden, ich weiß nicht mehr wieviel, aber verschiedene Finger- und Handflächenabdrücke gesichert. Die sind auf den Spurensicherungskarten fixiert worden. Und wurden später ausgewertet.
Vors.:
Sie verfügen wohl über Vergleichsmaterial für die hier eventuell in Betracht kommenden Personenkreise. Oder ist das falsch?
Zeuge Dre[hmann]:
Das ist richtig. Aber ich weiß nicht, ob an diesem Tage bereits für den gesamten Personenkreis das Vergleichsmaterial vorhanden war.
Vors.:
Haben Sie jedenfalls später die Gelegenheit gehabt, nun ohne daß das jetzt in das Sachverständigengebiet[4] reingreifen müßte, mal einen, aus Ihrer Sachkunde heraus überprüfbaren Vergleich anzustellen, zwischen den Spuren, die Sie in der Wohnung sichern konnten und dem Vergleichsmaterial?
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Zu welchem Ergebnis sind Sie damals gekommen?
Zeuge Dre[hmann]: [d]
Hier sind Vergleiche angestellt worden, zwischen Spur- und Vergleichsmaterial, und in einigen Fällen wurde Identität festgestellt. Wurde festgestellt, daß die gesicherten Spuren die gleiche, das gleiche Aussehen haben, wie die Vergleichskarten.
Vors.:
Ja, wir haben ja nachher den Herrn Direktor Neuendorf zu diesem Zwecke anwesend, um[e] das noch als Sachverständiger uns im einzelnen zu belegen. Können Sie aus Ihrer damaligen Tätigkeit sagen, zu welchen Ergebnissen solche Vergleiche ge- [8383] führt haben, durch Nennung von Namen?
Zeuge Dre[hmann]:
Die Namen habe ich nicht mehr in Erinnerung. Es waren verschiedene Personen oder verschiedene Namen.
Ich kann mich nur auf die Berichte beziehen, die ich mit unterschrieben habe.
Vors.:
Könnten Sie, wenn ich Ihnen sage, zum Beispiel, ob der Vergleich dazu geführt hat, daß nach Ihren damaligen Feststellungen Spuren auch darunter gewesen wären, die von dem Angeklagten Baader herrühren könnten?
Zeuge Dre[hmann]:
Es kann sein, ich weiß es heute nicht mehr.
Vors.:
Das wissen Sie heute nicht mehr.
Ist das Material vielleicht greifbar, damit wir vielleicht dem Herrn Zeugen das noch vorlegen können, damit er uns bestätigt, daß es sich hier um die gesicherten Tatspuren handelt.
Sachverst. Neuendorf:
Ja.[f]
[Vors.:]
Es betrifft zunächst mal die Wohnung Inheidenerstraße. Herr Drehmann, voraus die Frage, ist es für Sie überhaupt möglich, wenn man Ihnen jetzt solches Material, das damals festgehalten wurde, vorlegt, das zu identifizieren und zu sagen, ja richtig, das war es.
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Gut, dann rentiert es sich, daß wir der Sache hier nachgehen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich habe hier eine Originalspurenkarte aus der Inheidener Straße.[g]
Sachverst. Neuendorf übergibt das Original[h] einer Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Frankfurt, Tatort Frankfurt/Main, Inheidenerstr. 69 auf der Rückseite von zwei Spurenbildern. Tagebuchnummer 142/72; gesichert durch, es sind dann die Namen der Beamten angegeben, am 17.6.72. An welchem Gegenstand: Großes Zimmer, Abfalltüte, Dr. Koch’s natürlicher ... naturtrüber, reiner Apfelsaft. Das ist hier zunächst handschriftlich eingetragen und dann anschließend ausdrücklich noch mit der Maschinenschrift. Die Beschriftung ist unten abgezeichnet unter der[i] Überschrift Skizze mit einem großen E/D. Das dürften die Handzeichen dann sein, der beteiligten Beamten. [j]
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Ich erkenne die Karte an meiner Handschrift[k] wieder. E/D, das ist das Zeichen, daß diese Spur durch Herrn Eifler, durch den Zeugen Eifler, sichtbar gemacht worden ist, und D, [8384] der Hinweis darauf, daß ich diese Spur dann nachher anschließend mit der Folie abgezogen habe. Auf der Rückseite der Karte ist weiterhin mit meiner Handschrift zu erkennen, ich habe das auch unterschrieben, daß die Spur von mir identifiziert worden ist, mit dem Finger 3, das ist der Mittelfinger der rechten Hand, von einem FA-Blatt, aufgenommen unter den Personalien Andreas Baader, 6.5.43 geboren.
Vors.:
Danke. Weitere derartige Karten?
Sachverst. Neu[endorf]:
Darf ich bitte eine Frage stellen, Herr Vorsitzender. Sollen dem Zeugen, beziehungsweise dem Gericht, alle Spurenkarten dieses Komplexes, das heißt alle von Herrn Drehmanns gesicherten Spuren vorgelegt werden oder nur solche, die später im Wege des Gutachtens eingebracht werden, als identisch.
Vors.:
Ich gehe davon aus, daß wohl beim Gutachten für jede Person zumindest eine Karte vorhanden ist. Und nur soweit, wie es dann für das spätere Gutachten von Bedeutung ist, sollten wir es dem Herrn Zeugen auch vorlegen zur Identifizierung.
Der Sachverst. Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Es handelt sich hier um eine Spurenkarte, die vorne wiederum zwei Aufnahmen mit verschiedenen Fingerabdrücken erkennen läßt, handschriftlich beschriftet. Auf der Rückseite ist wieder angegeben Tatort: Frankfurt, Inheidenerstraße 69, Tagebuchnummer 142/72. Gesichert durch, es folgt dann der Name des Beamten, am 17.6.1972. An welchem Gegenstand: 2. Blech Alu aus Werkstatt; unten ist wieder das Handzeichen D vermerkt und der handschriftliche Vermerk dürfte vom Herrn Zeugen möglicherweise stammen. Ich bitte das zu erklären und die Karte zu identifizieren.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Karte erkenne ich wieder, an meiner Handschrift auf der Vorderseite. Diese Spur ist durch mich sichtbar gemacht worden und später auch abgezogen worden, das heißt hier, mit der Transparentfolie auf die Karte ge- [8385] klebt worden. Auf der Rückseite zwei Stück Folie mit jeweils 2 Fingerabdrücken. Der eine Fingerabdruck, gekennzeichnet in diesem Viereck, ist auch von mir identifiziert worden, als der Finger, der sich auf dem Fingerabdruckblatt, Mittelfinger der rechten Hand, unter den Personalien Holger Meins,[5] 26.10.41 geboren, befand.
Vors.:
Danke.
Sachverst. Neu[endorf]:
Darf ich vielleicht noch eine Frage stellen, ...
Vors.:
Bitte.
Sachverst. Neu[endorf]:
... um den Verfahrensgang nicht eventuell wiederholen zu lassen. Es sind von einzelnen Personen zu diesem Komplex und zu anderen mehrere Fingerspuren als identisch dann erkannt worden. Im Gutachten habe ich von jeweils nur einer Person jeweils nur eine Spur, die Absicht einzubringen. Weitere könnten eingebracht werden. Insofern zeige ich auch nur immer die Spurenkarte, die vorerst eine Spur einer Person betrifft.
Vors.:
Ja, das ist genau das, was ich vorhin meinte. Sie sollten ansich jetzt die Spurenkarten nur insoweit hier zur Identifizierung aus ... vorlegen dem Herrn Zeugen, als Sie sie nachher für Ihr Gutachten benötigen.
Der Sachverst. Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Die nächste Spurenkarte wiederum selber Tatort, Tagebuchnummer ED/E 142/72. Gesichert durch: Es folgen die Namen von 2 Beamten, 16.6.72. An welchem Gegenstand: Küche aus Mülleimer, leere Karlsberg-Fingol-Pilsbüchse. Auch hier sind dann auf der Rückseite noch handschriftliche Vermerke, die auch unterschrieben sind, offensichtlich von Herrn Drehmann und Herrn Martin. Die Rückseite zeigt diverse Fingerspuren.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Spurensicherungskarte erkenne ich an meiner Handschrift wieder. Auf der Rückseite sind Fingerabdrücke sichtbar. Auch hier ist von mir ... in beiden Fällen sind verschiedene Fingerabdrücke identifiziert worden, mit [8386] Fingerabdruckblättern oder mit den Fingerabdrücken auf Fingerabdruckblättern, einmal Finger, linke ... Zeigefinger und Ringfinger der linken Hand von dem Fingerabdruckblatt, das aufgenommen worden ist unter den Personalien Holger Meins 26.10.41, und zum zweiten der Ringfinger der linken Hand, aufgenommen unter den Personalien Gerhard Müller[6] [Tag].[Monat].48.
Der Sachverst. Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Die nächste Karte vom selben Tatort, selbe Tagebuchnummer. Gesichert durch: Es werden wieder zwei Namen von Beamten aufgeführt, 17.6.72 im großen Zimmer, Trinkglas auf Boden vor hinterem Brett, siehe auf 2. Karte. Unten ist wieder abgezeichnet mit M/D. Und dann beschriftet, um was es sich handelt. Und wieder folgen die Unterschriften Drehmann und Martin. Auf der Rückseite sind verschiedene Fingerspurenfolien zu sehen.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Karte erkenne ich an meiner Handschrift wieder. Die Spur ist von dem Zeugen Martin sichtbar gemacht, und von mir dann nachher anschließend abgezogen worden.
Die Identifizierung ist auch von mir vorgenommen worden. Einmal der Daumen der rechten Hand, aufgenommen auf dem Fingerabdruckblatt unter den Personalien Jan-Carl Raspe, 24.7.44 geboren.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Vors.:
Die nächste Karte vom selben Tatort, Tagebuchnummer EDE 142/72. Gesichert: Wiederum zwei Namen, am 17.6.72. Unbekanntes Gerät, weißes Metall, großes Zimmer. Es ist noch vermerkt: Vermutlich Halterung für auswechselbares Nummernschild an Kraftfahrzeug. Unten ist eine Skizze angeführt, wie die Spuren verteilt sind, auf einem rechteckigen Gegenstand und abgezeichnet E/D. Die Rückseite [8387] zeigt wieder die Folien mit Fingerspuren.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Karte erkenne ich an meiner Handschrift wieder. Die Spur ist sichtbar gemacht worden von Herrn Eifler, und von mir später abgezogen worden. Auf der Rückseite, auf der sich Fingerabdruckspuren befinden, ist ein von mir gefertigter Vermerk über die Identifizierung des Zeigefingers der linken Hand auf dem Fingerabdruckblatt aufgenommen unter den Personalien Bernhard Braun,[7] [Tag].[Monat].46 geboren.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Die nächste Karte, wieder selber Tatort, selbe Tagebuchnummer. Gesichert wiederum durch zwei Beamte am 16.6.72. An welchem Gegenstand: Küche, Tisch, Eierlikörflasche. Das ist auch handschriftlich vermerkt unter dem ... der Überschrift Skizze, wiederum als Handzeichen die Buchstaben E/D. Und dann folgt ein handschriftlicher Vergleichsbericht, unterschrieben mit dem Namen Drehmann und dem Datum 22.6.72. Die Rückseite zeigt die Folien.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Spurensicherungskarte erkenne ich an meiner Handschrift wieder. Die Spur ist sichtbar gemacht worden von Herrn Eifler und von mir abgezogen worden. Die auf der ... oder der auf der Rückseite befindliche Fingerabdruck - nein es sind mehrere - sind alle von mir identifiziert worden. Einmal der Daumen der rechten Hand und ... Verzeihung der Daumen der linken Hand und der Mittelfinger der linken Hand, aufgenommen unter den Personalien Andreas Baader, 6.5.43 und zum 2. der Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand, aufgenommen unter den Personalien Gerhard Müller, [Tag].[Monat].48.
Der SV Neuendorf übergibt die Originale 2 zusammengehef- [8388] teter Spurensicherungskartei dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Hier handelt es sich um zwei Spurenkarten, die zusammengeheftet sind. Die erste und die zweite stammen vom selben Tatort wieder, und laufen unter derselben Tagebuchnummer. Gesichert jeweils durch die beiden gleichen Namen am 16.6. An welchem Gegenstand: Hier heißt es, Küchentisch, dreibeinige Porzellanschale (zweite Schale Aussenseite). Genauso heißt es auf der zweiten Karte, die offenbar auch nur Folien und Aufnahmen wiedergibt, von dieser Schale. Es ist auf der zweiten Karte ausdrücklich vermerkt, eine Skizze, die durch Pfeil zeigt, an welcher Stelle des Gefässes diese Spur gefunden wurde. Und wieder die Buchstaben E/D, als diejenigen Beamten, die ihr Handzeichen druntergesetzt haben. Außerdem folgt ein handschriftlicher Vermerk, den uns der Herr Zeuge jetzt möglicherweise erläutern kann.
Diese zusammenhefteten[l] Spurensicherungskarten werden dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Die eine Spurenkarte erkenne ich wieder, ebenfalls an meiner Handschrift. Und zwar die Spurenkarte, die bezeichnet ist mit Küchentisch, dreibeinige Porzellanschale (2. Schale Aussenseite). Auf der Rückseite dieser Spurensicherungskarte befindet sich eine Fingerabdruckfolie im Original, und der von mir handschriftlich gefertigt Vermerk über die Identifizierung des darauf zu sehenden Fingerabdruckes mit dem Zeigefinger der linken Hand, aufgenommen unter, ... auf dem Fingerabdruckblatt unter den Personalien Gudrun Ensslin, 15.8.40 geboren. Die zweite Spurensicherungskarte trägt auf der Vorderseite eine Fotografie. Ich erkenne ebenfalls das Handzeichen, als[m] von mir stammend[n], wieder. Diese Spur ebenfalls gesichert durch Herrn Eifler, sichtbar gemacht durch Herrn Eifler und abgezogen von mir.
Das ist offensichtlich die Fotografie der soeben, vorher beschriebenen Originalfingerabdruckspur. Die Handschrift darauf stammt nicht von mir. Die dürfte vom Zeugen Martin stammen.
Vors.:
Die Handschrift, die Sie im Augenblick im Auge haben, war die mit rotem ...
[8389] Zeuge Dre[hmann]:
Die mit rotem Filzstift geschriebene, dürfte von Herrn Martin stammen.
Vors.:
Wogegen die andere Handschrift, die mit offenbar ...
Zeuge Dre[hmann]:
Mit blauem Kugelschreiber gefertigt, stammt von mir.
Vors.:
Das ist die Ihre. Danke.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Wir haben dann die nächste Spurensicherungskarte, vom selben Tatort und derselben Tagebuchnummer. Wiederum die beiden Namen der Beamten, die gesichert haben, 16.6.72. An welchem Gegenstand: Küchentisch, Kabafit Dose. Unter der Bezeichung Skizze eine mit Bleistift geschriebene Handschrift mit einer Skizze eines Gefäßes mit der Aufschrift Kabafit. Es ist wieder abgezeichnet mit den Buchstaben E/D. Die Rückseite enthält eine Handschrift, die offenbar das Ergebnis wiedergibt des Vergleiches. Unterschrieben von den Herren Drehmann und Martin. Zu sehen ist ferner wieder die Abdruckfolie.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Spurenkarte erkenne ich als von mir gefertigt, von mir geschrieben, wieder. Diese Spur, auf der Rückseite, mit Folie abgezogen, ist sichtbar gemacht worden von Herrn Eifler und durch mich abgezogen und aufgeklebt. Auf der Rückseite, der Identifizierungsvermerk, stammt ebenfalls von mir. Ich habe handschriftlich beigefügt, vermutlich Mittelfinger der rechten Hand - Finger 8 -[o] von Ulrike Meinhof, 7.10.34 geboren. Das „vermutlich“ ist offensichtlich durchgestrichen, nicht von mir. Eine Paraphe befindet sich dabei.
Sämtliche vorgelegten Spurensicherungskarten wurden vom Gericht in Augenschein[8] genommen, bzgl. dem Komplex Inheidenerstraße.
Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Das wären die Spuren zu diesem Komplex.
[8390] Vors.:
Wir wollen jetzt Gelegenheit geben, soweit zu der Inheidenerstraße noch Fragen sind. Wir wollen dann dasselbe Thema erörtern, bezüglich der Garage Frankfurt, Ginnheimer Landstraße im Anschluß. Sind jetzt zu der Wohnung Inheidenerstraße in dieser Angelegenheit Fragen?
Ich sehe nicht. Dann an Sie die Frage, ist Ihnen die Garage oder sind Ihnen die Garagen in Frankfurt, Ginnheimer Landstraße 42 ein Begriff?
Zeuge Dre[hmann]:
Ich habe noch in Erinnerung einen Garagenhof, mehrere Garagen. Und ich war in einem Tatort, das könnte die Ginnheimer Landstraße gewesen sein, da befanden sich zwei Garagen, so eine Doppelgarage ohne Zwischenwand.
Vors.:
Ja, das dürfte die Garage in der Ginnheimer Landstraße sein. Ist es richtig, daß Sie in dieser Garage zum selben Zwecke eingesetzt waren, den Sie eben beschrieben haben, für die Inheidenerstraße?
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie heute noch eine Erinnerung daran, zu welchem Ergebnis Ihre Arbeit dort geführt hat?
Zeuge Dre[hmann]:
Ich habe nur noch eine schwache Erinnerung. Ich weiß, daß ein oder zwei Fahrzeuge, die Anzahl weiß ich nicht mehr, in der Garage standen, und daß das[p] oder die Fahrzeuge in den Hof des Bundeskriminalamtes transportiert worden waren. Dort, im Hof des BKA, ist dann an den Fahrzeugen oder in den Fahrzeugen eine Spurensicherung vorgenommen worden.
Vors.:
Erinnern Sie sich noch, nur damit wir die Garagen vielleicht dadurch näher bestimmen können, an die Fahrzeuge, was das für Typen waren. Wenn ich Ihnen sage, ein VW-Variant und ein NSU-Prinz.
Zeuge Dre[hmann]:
Wenn das in meinem Bericht zum Ausdruck gebracht worden ist, ja. Ich habe keine Erinnerung mehr an diese[q] Fahrzeuge.
Vors.:
Dann möchte ich Ihnen vorhalten, wir haben hier in Ordner 110, Blatt 12 einen Bericht vom 14.6.1972. Hier heißt es:
„Regierungskriminalrat Fernstädt teilte um 12.07 Uhr mit, daß in einer Garage in Frankfurt daktyloskopische Spuren zu sichern sind. KOK Wagner und Regierungskriminalrat [8391] Drehmann fuhren mit dem Dienst-Pkw um 12.50 Uhr nach Frankfurt/Main. Das Garagengelände wurde um 13.50 Uhr betreten“. Und als Tatort in diesem Bericht ist oben angegeben: „Frankfurt/Main, Ginnheimer Landstraße 42, Garagennummer 13 und 14.“
Zeuge Dre[hmann]:
Wenn ich diesen Bericht unterschrieben habe, dann ist es gültig.
Vors.:
Diesen Bericht haben Sie offensichtlich unterschrieben.
Wir wollen Ihnen die Ablichtung vorlegen.
Dem Zeugen Drehmann wird eine Ablichtung aus Ordner 110 Blatt 13 mit Bitte um Erklärung[r] vorgelegt, ob es sich um seine Unterschrift handelt.
Zeuge Dre[hmann]:
Ja, die Unterschrift links stammt von mir.
Vors.:
Jetzt wollen wir versuchen, ob Sie noch aus der Erinnerung zuwege bringen können, wo, an welchen Gegenständen damals daktyloskopische Spuren gesichert werden konnten. Also zunächst haben Sie ja erwähnt, sind beide Fahrzeuge untersucht worden. Wissen Sie, ob irgendetwas sichtbar gemacht werden konnte?
Zeuge Dre[hmann]:
An einem Fahrzeug dürfte eine Spur gesichert worden sein, die auch identifiziert worden ist. Möglicherweise sogar an beiden, aber ich kann mich nur noch an ein Fahrzeug erinnern. Die Spur müßte an der, an einer Tür gewesen sein. Ich weiß jetzt nicht Innen- oder Außenseite.
Vors.:
Käme noch ein anderer Gegenstand, möglicherweise ein fester Gegenstand aus der Garage ...
Zeuge Dre[hmann]:
Ja, ich denke an einen Lichtschalter.
Vors.:
Lichtschalter. Es liegt hier ein weiterer Bericht vor, vom 21.6.72, Blatt 15/16 des Ordners 110. Hier ist darauf hingewiesen. Es soll sich danach um eine Schuko-Vierfach-Steckdose gehandelt haben.
Zeuge Dre[hmann]:
Ja, Lichtschalter oder Steckdose, kann ich heute nicht mehr sagen. Aber es war irgendein, eine Verbindung, das habe ich noch in Erinnerung, eine Verbindung zum Strom. Also elektrische Leitung, beziehungsweise Schalter oder Schuko-Steckdose.
Vors.:
Also nicht nur an diesen beweglichen Fahrzeugen wurde gesucht, sondern auch an den festen Einrichtungen der Garage. Und hier scheint bei dieser Steckdose oder wie [8392] Sie als Lichtschalter bezeichnen, offenbar eine Spur gefunden worden zu sein. Wußten Sie heute noch die Spuren zuzuordnen aus dem Gedächtnis? Wenn Sie Vergleiche ...
Zeuge Dre[hmann]:
Wenn [s] ich die Spurensicherungskarten sehe, dann ja, sonst nicht.
Vors.:
Dann wollen wir auch hier wieder das Verfahren von vorhin anwenden und die Spurensicherungskarten dem Herrn Zeugen zur Identifizierung dann vorlegen.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer Spurensicherungskarte dem Gericht
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Hier ist vermerkt auf der Spurensicherungskarte: Frankfurt, Ginsheimer Landstraße, das ist offenbar ein Verschreiben. Tagebuchnummer 139/72, Straftat: Verdacht der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung. Geschädigt: Allgemeinheit. Gesichert: Es folgen dann wieder zwei Namen, am 14.6.72. An welchem Gegenstand: NSU-Prinz, rechte Tür, Innentürsicherung. Es ist eine Skizze unten angefertigt, die aufzeigt, an welcher Stelle diese Spur bei diesem Türgriff gesichert worden ist. Die Skizze ist auch mit einem Begleitvermerk versehen, unterschrieben von den Herren Drehmann und Wagner unter dem 14.6.72. Die Rückseite zeigt den Abdruck, und ist beschriftet auch wieder unterschrieben mit dem Namen Drehmann.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Spurenkarte erkenne ich wieder, an meiner Handschrift. Diese Spur ist gesichert worden von Herrn Wagner und durch mich abgezogen, an dem NSU-Prinz, rechte Tür, Innentürsicherung. Auf der Rückseite zwei Fingerabdrücke. Auch der Identifizierungsvermerk auf der Rückseite und Vorderseite stammt von mir. Er ist von mir gefertigt worden. Ich habe da vermerkt, daß Identität gegeben war, mit dem Abdruck des Daumens der rechten Hand. Aufgenommen auf dem 10-Finger-Abdruckblatt unter den Personalien, Werner Braun[9] [Tag].[Monat].46, Berlin geboren.
[8393] Der SV Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Die nächste Karte vom selben Tatort. Hier ist nun also das Ginsheimer korrigiert in Ginnheimer Landstraße 42. Tagebuchnummer ist dieselbe. Zwei Namen der sichernden Beamten folgen, dann Datum 14.6.72. Gegenstand: Nummernschild F - RZ 583. Rückseite, lag im VW-Variant, Kofferraum. Die Skizze zeigt das Kennzeichen. Mit einem Pfeil ist [t] gekennzeichnet, wo die Finger ... der Fingerabdruck sich befunden hat. Die Rückseite ist wieder besetzt mit den zwei Folienabzügen und Aufnahmen. Und beschriftet wieder mit rotem Filzstift.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Die Vorderseite der Spurenabdruckkarte ist ebenfalls von mir ausgefüllt. Ich erkenne das an meiner Handschrift wieder. Die Spur ist gesichert worden ... sichtbar gemacht worden durch Herrn Eifler, und abgezogen worden von mir.
Die Schrift auf der Rückseite, zwischen den beiden Fingerabdruckfolien mit rotem Filzschreiber, dürfte von Herrn Martin stammen, das ist nicht meine Schrift. Meine Schrift befindet sich lediglich auf der Vorderseite mit blauem Kugelschreiber.
Vors.:
Hätten Sie aus dem Gedächtnis heraus noch sagen können, ob ein Vergleich zu einem bestimmten Ergebnis geführt hat?
Zeuge Dre[hmann]:
Nein.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Wir haben hier dann die 3. Karte der Ginnheimer Landstraße. Tagebuchnummer dieselbe. Gesichert: Es folgt der Name des Sicherungsbeamten, 14.6.72. An welchem Gegenstand: Schuko-Vierfach-Steckdose zwischen Nr. 13 und 14 innen am Pfeiler. Es folgt dann wieder offenbar das Ergebnis eines Vergleichs in roter Filzschrift. Die Karte trägt außerdem auf der- [8394] selben Seite einen Abdruck.
Diese Spurensicherungskarte wind dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch diese Spurensicherungskarte erkenne ich an meiner Handschrift wieder. Meine Handschrift oder meine Schrift ist mit blauem Kugelschreiber und Bleistift gefertigt worden. Die rote Filzschreiberschrift dürfte von Herrn Martin stammen. Die Spur ist sichtbar gemacht worden von mir und auch von mir abgezogen worden.
Vors.:
Soweit Herr Martin nun mit einem Vergleichsergebnis festgehalten hat, hier mit dieser roten Schrift. Ist das später durch Ihre Hände gegangen, zwecks Prüfung?
Zeuge Dre[hmann]:
Das müßte aus dem Identifizierungsbericht hervorgehen.
Vors.:
Ja, hier ist vermerkt am Schluß dieses Berichtes, das halte ich Ihnen aus Blatt 16 des Ordners 110 vor: „Geprüft Drehmann, Regierungskriminalrat“. Deswegen jetzt die Frage, ob Ihnen Gedächtnismäßig es noch möglich wäre, zu sagen, auf wen die Spur damals bei den Vergleichen hingewiesen hat.
Zeuge Dre[hmann]:
Nein, bei der Vielzahl der Spuren ist das nicht möglich.
Sachverst. Neu[endorf]:
Das waren die Spuren zu diesem Komplex.
Vors.:
Danke. Wir haben damit die Fragen gestellt zur Ginnheimer Landstraße. Weitere Fragen zu diesem Komplex? Beim Gericht sehe ich nicht. Die Herren Verteidiger, Bundesanwaltschaft? Ebenfalls nicht. Sind insgesamt noch Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.
Sämtliche vorgelegten Spurensicherungskarten wurden vom Gericht in Augenschein genommen bezl. dem Komplex Ginnheimer Landstraße.[u]
Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Das heißt vielleicht zweckmäßigerweise, wenn Sie so freundlich wären, Herr Drehmann, Sie werden wahrscheinlich doch zusammen hin- und herfahren, noch zu warten, bis wir Herrn Martin auch gehört haben, evtl, noch Herrn Eifler. Dann vereidigen wir Sie zusammen.
Der Zeuge Drehmann[v] bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
OStA Ze[is]:
Herr Vorsitzender ...
[8395] Vors.:
Herr Bundesanwalt Zeis.
OStA Ze[is]:
Eine Frage bitte. In der Terminsladung[w] war Herr Drehmann auch noch zu der KW, Berlin, Budapester Straße, als Zeuge benannt. Soll dazu nur Herr Martin gehört werden?
Vors.:
Nein, wir haben die Budapester Straße[10] ganz aus dem Beweisprogramm gestrichen. Ist Ihnen das nicht zugegangen?
OStA Ze[is]:
Nein.
Vors.:
Das bedauere ich, das ist also ein Versehen seitens des Gerichts. Wir haben es dem Herrn Sachverständigen ausdrücklich mitgeteilt, daß die Budapester Straße nicht mehr zum Gutachterauftrag gehört, und das wirkt sich natürlich auf die Herren Zeugen genauso aus. Ich bitte um Entschuldigung, das ist ein Versehen, daß das nicht Bekanntgegeben worden ist.
Der Zeuge Martin erscheint um 9.40 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Martin macht folgende Angaben zur Person:
Karl-Heinz Martin,
55 Jahre alt,
Kriminalhauptkommissar,
Bundeskriminalamt
Wiesbaden, Teerstr. 11.Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Martin, wir haben eben schon gehört, durch den Herrn Zeugen Drehmann, daß Sie offenbar auch eingesetzt waren in der Ginnheimer Landstraße in Frankfurt - es handelt sich hier um eine Doppelgarage um dort nach daktyloskopischen Spuren ...
Zeuge Mar[tin]:
In Frankfurt, Hofeckweg, Garagen.
Vors.:
Nein, Ginnheimer Landstraße 42.
Zeuge Mar[tin]:
Nein, in der Ginnheimer Landstraße war ich am Tatort nicht. Ich glaube, das ist die Garage, wo ich später einen Mietvertrag zur Spurensicherung hatte.
Vors.:
Ja, Sie haben recht. Offenbar haben Sie nur das[x] dort von anderen Beamten gesicherte Material später mit Ihren Spuren- [8396] karten verglichen.
RA Schily erscheint um 9.41 Uhr im Sitzungssaal.
Zeuge Mar[tin]:
Ich hatte nachträglich noch einen Mietvertrag auf der Dienststelle bekommen, der untersucht wurde auf daktyloskopische Spuren.
Vors.:
Vielleicht können wir nochmals die Karten der Ginnheimer Landstraße bekommen, soweit sie mit rotem Filzstift beschrieben sind.
Dem Zeugen werden die mit rotem Filzstift beschriebenen Spurensicherungskarten bezügl. der Ginnheimer Landstraße, die bereits in Augenschein genommen und dem Zeugen Drehmann vorgelegt wurden, mit der Bitte um Erklärung übergeben, ob diese Schrift von ihm stammt und was der Beschriftungsvermerk aussagt.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt dem Zeugen ein Original einer Spurensicherungskarte.
Zeuge Mar[tin]:
Die Vorderseite ist nicht von mir beschriftet. Lediglich oben die eingetragene Nummer ED/E 139/72, und auf der Rückseite unter der Spur, das heißt FG 7, das heißt Finger 7, von Müller, Gerhard, geboren am [Tag].[Monat].48 in Wuhnitz, das stammt von mir und heißt so viel, daß die Spur übereinstimmt mit dem Fingerabdruck, der auf dem FA-Blatt des Herrn Müller ist, und zwar der 7. Finger, der linke Zeigefinger.
Vors.:
FA-Blatt heißt?
Zeuge Mar[tin]:
Fingerabdruckblatt.
Vors.:
Und das haben Sie selbst verglichen?
Zeuge Mar[tin]:
Das habe ich selbst verglichen und auch selbst geschrieben.
Vors.:
So daß Sie Ihre Handschrift hier anerkennen?
Zeuge Mar[tin]:
Ja.
Vors.:
Und auch den Vermerk?
Zeuge Mar[tin]:
Das ist einwandfrei meine Handschrift.
Vors.:
Ich möchte gern die Karte nochmal sehen, damit wir hier aus der Karte vermerken.
Die soeben vom Zeugen beschriebene Spurensicherungskarte wird dem Gericht übergeben.
[8397] Daraus gibt der Vorsitzende folgendes bekannt:
Es handelt sich hier um die Spur, die gesichert wurde am Nummernschild F - RZ 583; Rückseite, lag im VW-Variant, Kofferraum.
Der SV Neuendorf übergibt das Original einer Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende folgendes bekannt:
Hier handelt es sich um eine Spur, von der vermerkt ist: Gesichert an einem Schuko-Vierfach-Stecker zwischen Nr. 13 und 14 innen am Pfeiler.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Mar[tin]:
Wie bei der ersten Karte, ist oben die eingetragene Nummer und die Bezeichnung des Fingers 2, also rechter Zeigefinger, und der Vermerk: Raspe, Jan-Carl, 24.7.44 Seefeld von mir geschrieben - ich erkenne das an meiner Schrift - und heißt, daß die Übereinstimmung dieser Spur mit dem entsprechenden Fingerabdruck, auf dem Fingerabdruckblatt dieser Person übereinstimmt.
Vors.:
Und von Ihnen der Vergleich selbst angestellt worden ist?
Zeuge Mar[tin]:
Der Vergleich ist von mir durchgeführt [y] und auch von mir identifiziert worden.
Vors.:
Danke. Sind zu der Ginnheimer Landstraße weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Dann könnten wir jetzt kommen zu der Inheidener Straße 69 in Frankfurt. Ist Ihnen diese Adresse ein Begriff?
Zeuge Mar[tin]:
Jawohl, in der Inheidenerstraße war ich zur Spurensicherung in der Wohnung eingesetzt.
Vors.:
Wenn Sie uns über die Arbeit und das Ergebnis kurz berichten wollten.
Zeuge Mar[tin]:
Wir wurden nach Frankfurt beordert mit mehreren Kollegen, und dann vom Polizeipräsidium aus mit dem Wagen an diese Wohnung gefahren und durch Kollegen, die in der Wohnung anwesend waren, in die Wohnung eingewiesen. Und haben dann begonnen, dort unsere Arbeit zu machen, das heißt also, nach der Suche nach daktyloskopischen Spuren.
Ende des Bandes 467.
[8398] Zeuge Mar[tin]:
Dazu haben wir alle Gegenstände und festes Inventar mit dem entsprechenden Pulver eingestrichen. Und soweit Spuren vorhanden waren oder rauskamen, sichtbar wurden, gesichert und auf Spurenkarten geklebt und nachher mit zur Dienststelle genommen, wo die weitere Vergleichsarbeit durchgeführt wurde.
Vors.:
Wissen Sie noch, ist es in einem Tag zu erledigen gewesen?
Zeuge Mar[tin]:
Nein, wir waren nicht in einem Tag fertig, dafür war der Tatort zu groß. Wir haben, ich kann die Zeit nicht mehr genau sagen, ich glaube kurz vor Mitternacht am 1. Tag gearbeitet, und dann am nächsten Tag ungefähr 8 oder ½ 9 Uhr mit der weiteren Arbeit begonnen. In der Nacht war der Tatort durch Beamte abgesichert, so daß Fremde die Wohnung nicht betreten konnten.
Vors.:
So daß Sie insgesamt an 2 Tagen diese Arbeit durchgeführt haben. Trifft es zu, daß der Herr Drehmann hier mit beteiligt war?
Zeuge Mar[tin]:
Jawohl, Herr Drehmann, war mit.
Vors.:
Und wer noch?
Zeuge Mar[tin]:
Herr Drehmann, meine Person, Herr Eifler. Ja wir waren von der Spurensicherung.
Vors.:
Hätten Sie heute noch aus dem Gedächtnis die Möglichkeit, uns über das Ergebnis etwas zu sagen. Insbesondere könnten Sie noch Fingerspuren zuordnen - im Rahmen der Vergleiche, die Sie angestellt haben - zu bestimmten Personen und zu bestimmten Gegenständen?
Zeuge Mar[tin]:
Nein, das kann ich aus der Erinnerung nicht mehr ... Da müßte ich die Unterlagen sehen.
Reg. Dir. Widera verläßt um 9.45 Uhr den Sitzungssaal.
Vors.:
Dankeschön. Dann würde ich bitten, wenn wir vielleicht die Spurenkarten, soweit sie die Inheidenerstraße betreffen, die wieder mit rotem Filzstift beschriftet sind, wenn es da welche geben sollte ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Es gibt auch welche, Herr Vorsitzender. Die sind mit Kugelschreiber beschriftet und zwar dann, wenn nach dem Vergleich Identität festgestellt wurde, entweder durch den einen Zeugen Drehmann, dann durch Martin mitgezeichnet oder umgekehrt, von Martin mit Drehmann. Soll ich die gleichzeitig mit vorlegen, dann wäre das ...
Vors.:
Nur soweit die Karten für Sie für das Gutachten nachher von Bedeutung sind.
Sachverst. Neu[endorf]:
Nur diese?
Vors.:
Nur diese und soweit sie nicht bereits Herr Drehmann schon als selbst [8399] verglichen und beschriftet identifizieren konnte.
Also im Grunde genommen ist sehr kennzeichnend der rote Filzstift.
Zeuge Mar[tin]:
Ja nicht nur, das haben wir gemacht, das hat auch keine Bedeutung mit rotem Filzstift. Weil die Karten oft mehrere Spuren enthalten, haben wir das mit rot, damit es etwas auffällt, wenn man diese Karten nachher durchsieht, damit man weiß, diese Spur ist bereits identifiziert. Weil das immer eine sehr langwierige Arbeit ist, bis man die Spur wieder gefunden hat. Es ist ja nicht so, daß man draufguckt und sagt, aha der ist das. Man muß sich schon intensiv damit befassen.
Vors.:
Ich bin gar nicht sicher, ob bei der Inheidenerstraße eine Karte ist, die Herr Drehmann nicht hätte identifizieren können. Ich glaube, er hat alles erledigen können. Die letzte Karte, die Herr Drehmann in Verbindung mit dem Namen von Frau Meinhof gebracht hat, wäre noch auf jeden Fall von Interesse.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt die Originale von zwei[z] die Originale von zwei Spurensicherungskarten dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Vors.:
Ja hier ist der erste rotgeschriebene Vermerk. Es handelt sich um die doppelte Spurenkarte, also die zusammengeheftet ist, und die Spuren vom Küchentisch, dreibeinige Porzellanschale (zweite Schale Außenseite) abbildet.
Diese Spurensicherungskarten werden dem Zeugen Martin vorgelegt.
Zeuge Mar[tin]:
Die rote Schrift stammt wieder von mir und besagt, daß der linke Zeigefinger mit dem Fingerabdruck auf dem Fingerabdruckblatt der Frau Ensslin, Gudrun, geboren am 15.8.48 in Bartholomä übereinstimmt. Und zwar handelt es sich hier um die fotografisch gesicherte Spur. Diese Spur wurde zuerst fotografisch gesichert am Tatort, weil es sich um eine Schale handelte und bei dem Abziehen, auf runden Flächen passiert es gerne, daß die Folie schon einmal einreißt. Und aus Sicherheitsgründen wurde zuerst diese Fotoaufnahme gemacht und dann nachträglich die Spur noch einmal abgezogen und ebenfalls gesichert. Sie sehen auch, wenn Sie genau hinsehen, daß es, bis auf Kleinigkeiten sich um dieselben Finger handelt. Die mechanisch abgezogene Spurenkarte ist nicht von mir beschriftet, lediglich mit [8400] dem Namenszeichen der Überprüfung versehen. Und zwar Herr Drehmann hat diese Spur identifiziert und ich habe es nachgeprüft, ob diese Identifizierung stimmt. Das machen wir immer so, daß wir uns gegenseitig prüfen, daß uns keine Fehler unterlaufen.
Vors.:
Ja danke. Das ist auch gleichzeitig eine Erklärung, warum diese Doppelkarte hier entstanden ist.
Zeuge Mar[tin]:
Ja. Es ist einmal fotografisch gesichert und einmal mechanisch.
Sachverst. Neu[endorf]:
Es gibt keine weitere Karte mit rot beschriftet von Herrn Martin.
Vors.:
Wir würden vielleicht noch die Karte, die letzte Karte war es wohl mit dem Namen Meinhof, der vorhin ins Gespräch gebracht wurde, dem Herrn Zeugen vorlegen, ob er dazu irgend etwas zu erklären hat.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt das Original[aa] einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Sachverst. Neu[endorf]:
Die Paraphe stammt von mir.
Vors.:
Aha. Dann ist es schon geklärt. Also die Erklärung, die können Sie nachher dazu geben im Rahmen des Gutachtens, dann brauchen wir die Karte nicht vorlegen. Es ging um die Erwähnung, die der Herr Zeuge Drehmann vorhin gemacht hat, daß hier eine Veränderung am Text der Karte erfolgt ist mit Handzeichen, die nicht von Ihnen stamme. Aber sie stammt auch, daß ist schon jetzt geklärt, nicht von Herrn Martin. Fragen zur Inheidenerstraße 69? Ich sehe nicht. Jetzt noch ...
Bittesehr Herr Rechtsanwalt Künzel.
RA Kün[zel]:
Herr Zeuge, wieviel Spuren haben Sie denn gesichert in dieser Wohnung?
Zeuge Mar[tin]:
Die genaue Anzahl kann ich Ihnen nicht sagen. Es waren, wollen wir mal sagen, übermäßig viele Spurenkarten.
RA Kün[zel]:
Dann können Sie, oder haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, wieviel Personen nun aufgrund dieser Spuren in der Wohnung gewesen sein können?
Zeuge Mar[tin]:
Sie meinen, aufgrund der gesicherten Spuren wieviel Personen in der Wohnung waren?
RA Kün[zel]:
Ja, ja.
Zeuge Mar[tin]:
Schätzungsweise aus meiner Erinnerung noch fünf Personen. Fünf Personen, schätze ich, waren in der Wohnung. Also ich weiß nicht, ob die zur gleichen Zeit dort waren. Aber im Laufe der Zeit von fünf Personen wurden meiner Erinnerung nach Spuren gesichert.
RA Kün[zel]:
Und wieviel Spuren, das können Sie nicht mehr sagen?
Zeuge Mar[tin]:
Nein, leider nicht.
RA Kün[zel]:
Und daß es mehr waren als fünf, kann das sein, mehr als fünf Personen?
[8401] Zeuge Mar[tin]:
Ja. Ich kann Ihnen sogar sagen, mehr als 20.
RA Kün[zel]:
Was, Personen?
Zeuge Mar[tin]:
Spuren.
RA Kün[zel]:
Gut. Keine Fragen mehr.
Vors.:
Dann kämen wir jetzt zu der Adresse Frankfurt, Ginnheim, Raimundstraße 4. Ist Ihnen die Adresse ein Begriff?
Zeuge Mar[tin]:
Die Adresse ist mir ein Begriff von der Vergleichsarbeit her. Am Tatort war ich nicht. Raimundstraße sagten Sie, Herr Vorsitzender?
Vors.:
Ja, Raimundstraße 104.
Zeuge Mar[tin]:
Am Tatort der Raimundstraße war ich nicht, nein.
Vors.:
Das entspricht dem Bericht, aber Sie haben offenbar hier auch Vergleiche angestellt von in die Dienststelle gebrachtem Material. Wir wollen die hier vorhandenen Karten, soweit sie für das Gutachten von Bedeutung sind, dem Herrn Zeugen übergeben mit der Bitte zu erklären, ob die Karte von ihm beschriftet worden ist und zu welchem Ergebnis er gelangt ist.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt das Original[bb] einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Vors.:
Hier ist alles nur handschriftlich eingetragen bei dieser Spurenkarte. Rückseitig „BKA ED E 175/72“, offensichtlich die Tagebuchnummer, auf der Vorderseite die Folie mit der Bezeichnung „KABA-FIT Kakao gesichert durch“, es kommen dann die Namen des Beamten, das Datum 25.6.1972. Spurenträger. Eine Dose, und es ist dann auf der rechten Seite ein Handzeichen, das von dem Herrn Zeugen stammen könnte unter dem 13.7.72 und ein weiteres unter dem 12.7.72, das auf den Herrn Brosch hinweisen könnte.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Mar[tin]:
Die Beschriftung in rot, die Tagebuchnummer stammt nicht von mir. Soweit ich mich entsinnen kann, ist das die Schrift des pensonierten Kollegen, der damals mein Mitarbeiter war. Die schwarze Schrift, also Bezeichnung der Spurenkarte wo gesichert, an was gesichert, stammt ebenfalls nicht von mir. Aber der Vermerk Frankfurt-Main, Ginnheim, das Namenszeichen von mir, und auf diesen weißen Ein- [8402] rahmungen „Finger 3 Ensslin“, „Finger 2 Ensslin“ stammen von mir.
Die mit Bleistift geschriebene Schrift „Finger 2 Ensslin“ und „Finger 3 Ensslin“ stammt von dem pensonierten Kollegen Brosch.
Vors.:
Dankeschön. So daß Sie also daraus ersehen können, daß Sie selbst damals die Vergleiche auch angestellt haben.
Zeuge Mar[tin]:
Herr Brosch hat verglichen und ich habe Herrn Brosch geprüft.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt das Original einer weiteren Spurensicherungskarte dem Gericht.
Daraus gibt der Vorsitzende den Inhalt wie folgt bekannt:
Vors.:
Es folgt eine weitere Karte, die beschriftet ist mit „Tatort: Frankfurt, Ginnheim, Raimundstraße 104. Gesichert durch“ - es wird dann der Name des Beamten aufgeführt - am 25.6.1972, Dienststelle HLKA.
An welchem Gegenstand wurde die Spur gesichert: „Steinguttasse blau, stand in Küche auf Ablage“. Ist unterschrieben von einem Beamten, der Name dürfte Nicke lauten. Es ist wieder ... auf der Vorderseite sind sichtbar zwei Folien, und der Name eines offenbar beim Vergleich festgestellten Spurenverursachers. Wieder zwei Handzeichen, von denen eines offenbar dem Herrn Zeugen zuzuschreiben wäre.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen vorgelegt.
Zeuge Mar[tin]:
Ja auf der Vorderseite ist lediglich die Tagebuchnummer EDE 175/72 von mir geschrieben worden. Alles andere stemmt wahrscheinlich von dem Spurensicherer, weil es auch unterschrieben worden ist von ihm. Auf der Rückseite die Bezeichnungen „erster Abzug“, „zweiter Abzug“ sind nicht von mir. Aber die Bezeichnung „Finger 1“, also das heißt der rechte Daumen, Müller, Gerhard, [Tag].[Monat].1948, ist von mir geschrieben worden. Mein Namenszeichen und das Namenszeichen des Kollegen Brosch, d.h., ich habe die Spur überprüft und Herr Brosch hat sie identifiziert.
Vors.:
Ich darf noch darauf hinweisen, daß der Spurensicherer als Zeuge später kommen wird im Zusammenhang mit der Wohnung May, Raimundstraße.
Sachverst. Neu[endorf]:
Das waren die Spuren Raimundstraße.
Vors.:
Vielen Dank. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Seitens des Gerichts [8403] nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Ich sehe nicht. Die Herrn Verteidiger ebenfalls nicht.
Sämtliche dem Gericht und dem Zeugen Martin vorgelegten Spurensicherungskarten wurden in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Herr Martin, Sie haben ja hier bereits einen Eid geleistet?
Zeuge Mar[tin]:
Ja.
Vors.:
Wenn Sie die Richtigkeit der heutigen Aussagen versichern unter Berufung auf den bereits geleisteten Eid, so gilt das als neue Vereidigung. Geben Sie die Versicherung ab?
Der Zeuge Martin versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 9.58 Uhr entlassen.
Vors.:
Jetzt bitte ich Herrn Eifler.
Der Zeuge Eifler erscheint um 9.59 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Herr Eifler, bitte nehmen Sie Platz und geben Sie gleich Ihre Personalien an.
Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:
Zeuge Eifler
Werner Eifler, 44 Jahre alt,
Kriminalhauptkommissar, wohnh. Wiesbaden, Dienstadresse: Wiesbaden,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Ist Ihnen die Inheidenerstraße 69 in Frankfurt ein Begriff?
Zeuge Eif[ler]:
Ja, ist mir ein Begriff.
Vors.:
Durch welche Umstände ist Ihnen diese Adresse bekannt geworden?
Zeuge Eif[ler]:
Die Adresse ist mir dadurch bekannt geworden, daß ich dienstlich zu einem Einsatz nach Frankfurt beordert wurde und zwar zu der Wohnung Pflug in der Inheidenerstraße. Die Hausnummer weiß ich nicht mehr genau, es könnte 69 gewesen sein. Ich wurde beauftragt, dort an [8404] der Spurensicherung in dieser Wohnung teilzunehmen.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie nicht allein waren?
Zeuge Eif[ler]:
Es ist richtig, daß ich nicht allein war. Beteiligt waren daran Herr Drehmann, Herr Martin. Von der Spurensicherung kein anderer mehr. Es waren noch andere Personen da, aber wir drei machten die Spurensicherung.
Vors.:
Hat sich diese Arbeit über einen Tag oder über längere Zeit erstreckt?
Zeuge Eif[ler]:
Über zwei Tage hat sich die Arbeit erstreckt.
Vors.:
Über zwei Tage. Ist Gewähr dafür getragen worden, daß keine Veränderungen in der Wohnung stattfinden konnten, während Ihrer Abwesenheit?
Zeuge Eif[ler]:
Meines Wissens nach ist die Wohnung nachts besetzt gewesen von einem anderen Kollegen.
Vors.:
Ja. Wären Sie heute noch imstande, aus dem Gedächtnis eventuell gesicherte Spuren sowohl dem Gegenstand, wo sie gesichert worden sind, zuzuordnen, wie auch bei einem möglicherweise von Ihnen angestellten Vergleich einer Person zuzuordnen?
Zeuge Eif[ler]:
Nein. Ich habe, um das gleich vorwegzunehmen, keine Vergleiche keine Identifizierung mit den Spuren vorgenommen. Ich war lediglich an der Sichtbarmachung und an der Sicherung dieser Spuren in der Wohnung beteiligt. Die weiteren Arbeiten oblagen mir nicht. Ich kann mich im einzelnen natürlich nicht an bestimmte Spuren erinnern. Ich weiß, daß eine ganze Reihe Spuren von mir auch mitgesichert worden sind, in der Wohnung, in der Küche, im Wohnzimmer, auch im Badezimmer. Ich möchte es anders ausdrücken. Die Spuren, die sich auf Spurenkarten befinden, die mit einem, „E“ abgezeichnet sind, die sind von mir mitgesichert worden.
Vors.:
Ja. Wir haben hier schon verschiedene Karten schon besprochen, und auch dabei immer dieses Handzeichen „E“ vermerkt, soweit es darauf gestanden ist. Und Sie sagen also, solche Karten die tragen dann Spuren, die Sie gesichert haben?
Zeuge Eif[ler]:
Ja, an der Sicherung war ich mit beteiligt. Ich muß das etwas näher erklären vielleicht. In der Mehrzahl der Fälle habe ich die Sichtbarmachung vorgenommen und Herr Drehmann hat die Sicherung anschließend gemacht. Das hing mit dem Schmutz zusammen. Sie können sich vorstellen, bei der Sicherung habe ich sehr stark verschmutzte Hände gehabt, und wir haben uns das in dieser Form geteilt. In den Fällen, wo ich die Sichtbarmachung vorgenommen habe, steht das „E“ zu- [8405] erst und Drehmann hat ebenfalls mit abgezeichnet. Zum Schluß, in wenigen Fällen, habe ich, glaube ich, auch die Sicherung vorgenommen, und Herr Drehmann die Sichtbarmachung, in wenigen Fällen.
Vors.:
Können wir vielleicht beispielsweise eine der Karten dem Herrn Zeugen übergeben, nur zum Beispiel, daß er erklären kann, ob das ein Fall ist, wie er ihn eben geschildert hat.
Der Sachverständige Neuendorf übergibt das Original einer Spurensicherungskarte dem Gericht.
Diese Spurensicherungskarte wird in Augenschein genommen. Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.
Der Vorsitzende gibt folgendes daraus bekannt:
Vors.:
Wir haben hier also eine Karte, die auf der Rückseite vermerkt:
Spur gesichert im großen Zimmer, Abfalltüte Dr. Koch’s naturtrüber reiner Apfelsaft. Und hier die zwei Handzeichen: E/D.
Diese Spurensicherungskarte wird dem Zeugen übergeben.
Zeuge Eif[ler]:
Ja, ich muß diese Spur anerkennen. Die Karte[cc] ist abgezeichnet mit „E“ und mit Dora. Hier habe ich also die Sichtbarmachung vorgenommen. Ich erinnere mich auch an diese Abfalltüte und an den Apfelsaftbehälter. Ich glaube, das war ein Glasbehälter. - Das ist 4 Jahre her ich bitte um Entschuldigung. - Aber diese Spur ist von mir sichtbar gemacht worden und von Herrn Drehmann gesichert.
Vors.:
Ja. Das ist also ein Beispielsfall dafür, wie Sie das abgezeichnet haben und wo dieses große „E“steht. In dieser Schrift; da handelt es sich um von Ihnen gesicherte Spuren. Dankeschön.
Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Seitens des Gerichts sehe ich nicht. Die Herrn von der Bundesanwaltschaft? Nein. Die Herrn Verteidiger auch nicht? Dann können wir beide Zeugen ...
Ja wir haben an Sie[dd] noch eine Frage. Ist Ihnen die Ginnheimer Landstraße 104, - nein, das ist nicht 104, 42 ist es wohl gewesen -, ein Begriff? In Frankfurt, Ginnheimer Landstraße, es müßte sich hier um Garagen gehandelt haben?
Zeuge Eif[ler]:
Nein, da war ich nicht dran beteiligt. Es ist mir nicht erinnerlich. Ich kann mich nur an diese Wohnung in diesem Hochhaus erinnern.
[8406] Vors.:
Es liegt hier ein Bericht vor, - Ordner 110 Blatt 15 vom 21.6.1972 -, der vermerkt, daß am 14.6.1972 in dieser Ginnheimer Landstraße, Garage Nr. 13, 14, hier VW-Variant und NSU Prinz Spuren, gesichert worden seien. Und hier wird vermerkt, die am 14.6.1972 durch die Herren Drehmann, Wagner und Eifler, alle BKA Wiesbaden.
Zeuge Eif[ler]:
Ich kann mich erinnern, daß ich damals zu dieser Zeit auch an Fahrzeugen eine Spurensicherung mit Herrn Wagner gemeinsam vorgenommen habe. Inwieweit, Herr Drehmann war glaube ich, auch beteiligt, aber das kann ich nicht genau sagen. An Herrn Wagner erinnere ich mich gut. Und zwar sind das Fahrzeuge gewesen, die aus Frankfurt zur Dienststelle gebracht worden sind. Und auf dem Garagenhof der Dienststelle, da war ich an der Spurensicherung mit beteiligt. Das ist richtig.
Vors.:
Und wenn Ihnen nun schon gesagt worden ist, daß es sich um einen VW-Variant und einen NSU Prinz gehandelt haben soll, stimmt das mit Ihrer Erinnerung überein?
Zeuge Eif[ler]:
Das kann ich nicht mehr sagen.
Vors.:
Können Sie heute nicht mehr sagen.
Sind zu diesen Punkten noch irgend welche Fragen? Ich sehe nicht.
Dann könnten wir beide Herrn vereidigen, Herrn[ee] Drehmann und Herrn[ff] Eifler.
Reg. Dir. Widera erscheint um 10.06 Uhr für kurze Zeit im Sitzungssaal.
Zeuge Dre[hmann]:
Darf ich vielleicht noch einen Zusatz machen. Es ist vielleicht nicht ganz klar zum Ausdruck gekommen. Diese handschriftlichen Abzeichnungen sind jeweils von mir vorgenommen worden. Sowohl das „E“ als auch das „D“. Ich war der einzige, der noch einigermaßen saubere Finger hatte. Beide Schriftzeichen stammen von mir.
Vors.:
Gut. Das nehmen wir also zur Kenntnis, so daß das Handzeichen „E“ nicht von Herrn Eifler stammt, sondern von Ihnen. Aber von Ihnen gekennzeichnet worden ist, daß Herr[gg] Eifler an der Sichtbarmachung beteiligt war.
Zeuge Dre[hmann]:
Auch die Kennzeichnung „M“ für Martin, stammt von mir.
Vors.:
Vielen Dank. Sonstige Ergänzungen?
Zeuge Eif[ler]:
Allerdings in meinem Beisein jeweils abgezeichnet worden.
Vors.:
Ja. Dankeschön. Gibt es Anlaß zu Fragen? Ich sehe nicht.
Dann können wir jetzt die Vereidigung vornehmen.
Die Zeugen Drehmann und Eifler werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.07 Uhr entlassen.
[8407] Der Sachverständige Neuendorf wird gem. §§ 72, 57, 79 StPO[11] belehrt.
Vors.:
Ich darf Sie nun um die Angabe Ihrer Personalien bitten.
Der Sachverständige machte machte folgende Angaben zur Person:
Sachverständige Neuendorf
Paul Neuendorf, 55 Jahre alt,
leitender Kriminaldirektor beim Bundeskriminalamt,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Sie haben eben gehört, daß die Herren Drehmann, [hh] Martin und Eifler Fingerspuren gesichert haben. Können Sie zu den Fingerspuren, die eben beschrieben worden sind, Gutachten erstatten hinsichtlich des Spurenverursachers, wobei ich Sie bitten würde, zu beginnen mit der Inheidenerstraße 69 in Frankfurt. Es handelt sich hier um einen Bericht des ... Untersuchungsberichtes vom 26.6.1972, der dem Gutachten zugrunde gelegt werden sollte, d.h., die heutige Aussage, die daran anknüpft.
Sachverst. Neu[endorf]:
Herr Vorsitzender, Gutachten in diesem Sinne kann ich erstatten. Darf ich vielleicht vorerst ein paar allgemeine Ausführungen machen?
Vors.:
Das wäre mir lieb, wenn Sie diese allgemeinen Ausführungen gleichzeitig noch verknüpfen würden mit einem kurzen Hinweis auf die Sachkunde, die der Sachverständige mitbringt.
Sachverst. Neu[endorf]:
Vielleicht erst zur Sachkunde, bzw. zu meinem Werdegang als Sachverständiger für Daktyloskopie. Ich bin seit etwas mehr als 12 Jahren im Erkennungsdienst tätig. Zur Zeit Leiter des Erkennungsdienstes des Bundeskriminalamtes, zugleich Vorsitzender einer Arbeitsgruppe von Sachverständigen und Erkennungsdienstleitern der Landeskriminalämtern von 5 Landeskriminalämtern. Diese Arbeitsgruppe ist beauftragt, ein auf die mehrdimensionalen Möglichkeiten der maschinellen Datenverarbeitung ausgerichtetes Klassifizierverfahren zu entwickeln. Das ist geschehen. Ich habe selbst schätzungsweise 10 000 oder mehr Fingerabdrücke überprüft. Mehr als mit Sicherheit 1000 Spuren. Mich sowohl mit den Theorien hinsichtlich der Wiedererkennung der erforderlichen Merkmale, also mit der Fachliteratur be-[8408] schäftigt, und setze mich mit den Problemen täglich, praktisch und theoretisch, der Daktyloskopie auseinander.
Vors.:
Dankeschön.
Rechtsanwalt Schwarz verläßt um 10.11 Uhr den Sitzungssaal.
Sachverst. Neu[endorf]:
Zum Gutachten selbst darf ich vielleicht dem Gericht als erstes einen Ordner mit übergeben, der die Spuren 5:1 vergrößert enthält, die in meinen mündlichen Ausführungen mit dem Gutachten eingebracht werden. Ich nehme in meinen mündlichen Ausführungen jeweils im Einzelfall darauf Bezug.
Der Sachverständige übergibt den Ordner dem Gericht.
Dieser Ordner wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.
Sachverst. Neu[endorf]:
In diesem Ordner sind sowohl die Spuren und die Vergleichsabdrücke fotografisch in Originalgröße und in Vergrößerung 5:1 zum Zwecke der Inaugenscheinnahme in den Bildmappen enthalten.
Das Gericht nimmt die entsprechend dem Gutachten jeweils dazugehörenden Aufnahmen - siehe Ordner Anlage 1 zum Protokoll - in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, jeweils am Augenschein teilzunehmen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Mein Gutachten selbst, den Vortrag, beschränke ich weitestgehend auf die Anknüpfungstatsachen. Ich habe versucht, das zu schematisieren, und sofern zugestimmt wird, stelle ich zur Erleichterung des Protokolls eine schriftliche Ausfertigung mit der Vielzahl der Daten zur Verfügung.
Vors.:
Das ist bei uns deswegen nicht notwendig, da wir ja mit Ihrer Erlaubnis Ihre Ausführungen auf Tonband aufnehmen können. Es wäre allerdings zur Schreibarbeit natürlich eine wesentliche Erleichterung, auch zur[ii] Kontrolle, wenn dann diese schriftliche Ausarbeitung uns überlassen werden könnte. Vielen Dank.
Der Sachverständige übergibt eine schriftliche Ausarbeitung seines Gutachtens dem Gericht.
Diese schriftliche Ausarbeitung des Gutachtens wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen und ist im Ordner - Anlage 1 zum Protokoll - abgeheftet.
[8409] Sachverst. Neu[endorf]:
Die mir benannten Beweisthemen, Herr Vorsitzender, umfassen allerdings noch einen Komplex, der von den Zeugen heute nicht angerissen wurde, bzw. nicht genannt wurde.
Vors.:
Es handelt sich dann um das US-Corps in Frankfurt.[12]
Sachverst. Neu[endorf]:
Soll das zum Schluß Gegenstand des Gutachtens werden?
Vors.:
Würde ich den Vorschlag machen. Ich würde also die Reihenfolge Inheidenerstraße, Ginnheimer Landstraße 42, Raimundstraße 104 vorschlagen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Inheidener ...
Vors.:
Zunächst Inheidenerstraße, so wie die Nummerierung hier auch angegeben ist hier in dem Auftragsschreiben.
Sachverst. Neu[endorf]:
Zum Gutachten selbst. Gegenstand des Gutachtens ist die Identifizierung von daktyloskopischen Spuren, die zu folgenden Komplexen gesichert sein sollen.
1. Frankfurt, Inheidenerstraße 69 zum Untersuchungsbericht des BKA vom 26.6.1972 mit dem Geschäftszeichen - CA (ri.: ZA) II 1 -, Tgb.Nr. ED/E 142/72.
2. Frankfurt, Ginnheimer Landstraße 42, Untersuchungsbericht des BKA vom 14.6.1972 und 21.6.1972 - ZA II 1 -, Tgb.Nr. ED/E[jj] 139/72.
3. Frankfurt, Raimundstraße 104, Untersuchungsbericht des BKA vom 18.7.1972 - ZA I 1 -, Tgb.Nr. ED/E[kk] 175/72.
4. Frankfurt, 5. US-Corps, Untersuchungsbericht des Hessischen Landeskriminalamtes vom 29.5.1972 - III 2 Tgb.Nr. 920/72 -, Tgb.Nr. des Bundeskriminalamtes ED/E 123/72.
Es ist festzustellen, ob zwischen den gesicherten daktyloskopischen Spuren und den in Betracht kommenden Vergleichsabdrücken Identität, d.h. Übereinstimmung besteht.
Wie vorhin schon erwähnt, sind, sofern von einer Person zu einem Komplex mehrere Spuren die identisch sind, gesichert wurden, jeweils nur eine zum Gegenstand des Gutachtens gemacht worden. Weitere könnten gegebenenfalls eingebracht werden.
Einige wenige Sätze zu den anatomischen und physiologischen Grundlagen des daktyloskopischen Identitätsnachweises.
Der daktyloskopische Identitätsnachweis beruht auf zwei naturwissenschaftlich anerkannten Grundsätzen:
1. Jeder Mensch hat individuelle, d.h. unterschiedliche und in ihren Einzelheiten nicht vererbliche Papillarleistenbilder.
2. Die Hautleistenbilder eines jeden Mensch sind von der Geburt bis zur Auflösung des Körpers von Natur aus, d.h. ohne äußere Ein- [8410] wirkung oder Krankheit, unveränderlich.
Um den daktyloskopischen Nachweis der Identität führen zu können, müssen die zu vergleichenden Abdrücke sowohl im Papillarlinienverlauf als auch hinsichtlich der anatomischen Merkmale übereinstimmen. Derartige anatomische Merkmale sind charakteristische Gebilde, wie z.B. beginnende und endende Linien, Gabelungen, Augen oder Inselbildung in einem Hautleistenbild.
Nach den im Geltungsbereich der deutschen Strafprozeßordnung anerkannten Grundsätzen ist der daktyloskopische Identitätsnachweis erbracht, wenn mindestens 8-12 anatomische Merkmale im Untersuchungsmaterial übereinstimmen.
Zwei Sätze zur Entstehung daktyloskopischer Spuren. Daktyloskopische Spuren entstehen durch das Berühren eines Gegenstandes mit der bloßen Hand. Dabei bleibt ein sichtbares oder unsichtbares Abbild der Papillarleisten zurück, das durch besondere Verfahren sichtbar gemacht werden kann.
Zur Herkunft des Untersuchungsmaterials und zum Ergebnis der Untersuchung
Ausweislich der zur Verfügung stehenden Unterlagen (z.B. Spurensicherungskarten, Spurenberichte etc.) sind folgende daktyloskopische Spuren gesichert worden:
Zum Komplex Frankfurt, Inheidenerstraße 69.
Eine Fingerspur an einer Flasche „Dr. Koch’s naturtrüber reiner Apfelsaft“ aus einer Abfalltüte im großen Zimmer. Die Spur wurde gesichert am 17.6.1972 durch KOK Eifler und RKR Drehmann vom Bundeskriminalamt (siehe Spurenkarte - Bildmappe Nr. 5 Seite 3).
Dort ist die Spurenkarte als Reproduktion auf der Rückseite mit enthalten.
Der Vergleichsabdruck wurde aufgenommen am 21.1.1961 in München. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein E-Muster dar. Das ist eine nach rechts auslaufende Schleife. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Mittelfingers von Baader, Andreas, Bernd, geb. am 6.5.1943 in München. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Die Bilder befinden sich in der Bildmappe Nr. 5, Seiten 1 und 2.
Ferner eine Fingerspur an einer leeren „Karlsberg-Fingold-Pils“ - Büchse aus einem Mülleimer in der Küche.
Gesichert am 16.6.1972 durch KOK Martin und RKR Drehmann vom [8411] Bundeskriminalamt Wiesbaden (siehe Spurenkarte, bzw. Reproduktion Bildmappe Nr. 6 Seite 3).
Der Vergleichsabdruck hierzu wurde am 26.6.1969 in Berlin aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „SL“ eine Spirale links dar. Bei der Benennung des Musters habe ich noch zu erwähnen, daß das Muster jeweils nach den beim Bundeskriminalamt geltenden Qualifizierrichtlinien bezeichnet wird, in allen Fällen. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des linken Zeigefingers von Meins Holger Klaus, geb. 26.10.1941 in Hamburg, verst. 9.11.1974 in Wittlich. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Die Lichtbilder befinden sich in der Bildmappe Nr. 6, Seiten 1 und 2.
Eine weitere Fingerspur wurde auf einem Trinkglas, aufgefunden im großen Zimmer auf dem Fußboden vor dem hinteren Bett.
Am 17.6.1972 durch KOK Martin und RKR Drehmann, beide vom Bundeskriminalamt gesichert.
Die Spurenkarte - Bildmappe Nr. 7 Seite 3 -.
Der Vergleichsabdruck wurde am 1.6.1972 in Frankfurt/Main aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „Wr“ ein sogenannter Wirbel rechts dar. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Daumens von Raspe Jan-Carl Stefan, geb. 24.7.1944 in Seefeld/Österreich. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Die Lichtbilder befinden sich in der Bildmappe Nr. 7 Seite 1 und 2.
Ferner wurde eine Fingerspur an einem unbekannten Gerät aus weißem Metall, vermutlich Halterung für Kfz-Nummern-Schilder, aufgefunden im großen Zimmer gesichert und zwar ebenfalls am 17.6.1972 durch KOK Eifler und RKR Drehmann, beide Bundeskriminalamt Wiesbaden. Die Spurenkarte dazu befindet sich in der Bildmappe Nr. 8 Seite 3.
Der Vergleichsabdruck hierzu wurde am 18.10.1966 in Augsburg aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein Wirbel links dar, ein „Wl“ Muster. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des linken Zeigefingers von Braun Bernhard Matthias, geb. [Tag].[Monat].1946 in Berlin. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Die Bildmappe Nr. Seite 1 und 2.
Eine weitere Fingerspur wurde an einer Eierlikörflasche auf dem Tisch [8412] in der Küche gesichert und zwar am 16.6.1972 durch KOK Eifler und RKR Drehmann, beide von Bundeskriminalamt Wiesbaden. Sie Spurenkarte befindet sich in der Bildmappe Nr. 9 Seite 3.
Der Vergleichsabdruck hierzu wurde am 9.3.1966 in Frankfurt/Main aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „E“ Muster dar, also eine nach rechts auslaufende Schleife. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Mittelfingers von Müller Gerhard Ernst, geh. [Tag].[Monat].1948 in Wuhnitz/Sa. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Die Lichtbilder befinden sich in der Bildmappe Nr. 9 Seite 1 und 2.
Eine weitere Fingerspur wurde ebenfalls am 16.6.1972 durch KOK Eifler und RKR Drehmann vom Bundeskriminalamt an einer dreibeinigen Porzellanschale aufgefunden auf dem Tisch in der Küche gesichert. Siehe Spurenkarte - Bildmappe Nr. 10, Seite 3. Der Vergleichsabdruck hierzu wurde aufgenommen am 5.9.1968 in Frankfurt/Main. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „Jv“ eine nach links auslaufende Schleife mit einem v-förmigen Anstoß dar. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des linken Zeigefingers von Ensslin, Gurdrun, geb. 15.8.1940 in Bartholomä. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Siehe Bildmappe Nr. 10 Seite 1 und 2.
Eine weitere Fingerspur wurde an einer Dose „Kabafit“, aufgefunden auf dem Tisch in der Küche. Sie wurde gesichert am 16.6.1972 durch KOK Eifler und RKR Drehmann, Bundeskriminalamt Wiesbaden. Siehe Spurenkarte Bildmappe Nr. 11 Seite 3. Der Vergleichsabdruck hierzu wurde am 15.6.1972 in Hannover aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „Sr“ eine Spirale rechts dar. Die Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des linken Mittelfingers von Meinhof Ulrike Marie gesch. Röhl, geb. 7.10.1934 in Oldenburg/Oldenburg. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Siehe Bildmappe Nr. 11, Seite 1 und 2.
Vors.:
Dankeschön. Das war ja nun zu der Inheidenerstraße das gesamte Ergebnis. Wir wollen hier vielleicht gleich einsetzen, damit da noch ein paar Fragen gestellt werden können, bevor Sie zum nächsten Komplex kommen. Zunächst würde ich bitten, diese Ausführungen, die zuletzt gemacht worden sind, vielleicht den Prozeßbeteiligten, soweit sie das [8413] sehen wollen, hinsichtlich dieser 12 anatomischen Merkmale die übereinstimmen bei der Tatspur, bei der Vergleichsspur, zu erläutern.
Ich bitte also, wenn sie hieran beteiligt sein wollen, daß ist insbesondere deswegen von einer gewissen Bedeutung, weil ja ursprünglich das nur als eine mutmaßliche Spur bezeichnet worden ist, wogegen Sie zu einem sicheren Ergebnis kommen.
Vors. (zur Ablichtung der Spurensicherungskarte in der Lichtbildmappe 11 - siehe Anlage 1 zum Protokoll -.):
Also hier für die Beteiligten. Das ist die Ablichtung dieser Spurenkarte, die die Skizze enthält, wo angegeben ist, wo die Spur zu finden war und wie das Gefäß ausgesehen hat. Und hier war ja vermerkt, vermutlich von usw. Und dieses „vermutlich“ ist gestrichen worden auf der Originalkarte. Hat der Herr Sachverständige dieses Streichen mit seinem Handzeichen versehen, also kenntlich gemacht, daß er das gestrichen hat und zum sicheren Ergebnis kommt. Hier ist nun die Bildmappe, an der das verdeutlicht werden kann.
Der Sachverständige erläutert anhand der Lichtbildmappe Nr. 11 -siehe Anlage 1 zum Protokoll- die 12 anatomischen Merkmale.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, die Ausführungen des Sachverständigen am Richtertisch mitzuverfolgen.
Vors.:
Bitteschön, Herr Sachverständiger.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich darf vielleicht vorab folgendes erläutern. Wenn die Zeugen, die vorhin gehört wurden und andere Daktyloskopen beim Vergleich den Vergleichsabdruck und die Spur haben, haben sie die Originale vor sich. Die Originale sind manchmal im Abdruck klarer als nachher in der Vergrößerung und manchmal wiederum in der Vergrößerung klarer als im Originalabdruck. Fotografisch besser herausgeholt. Die Kontraste sind besser zu erkennen und ähnlich. In diesem Falle waren also die Voridentifizierer, ich kann nicht aus dem Kopf sagen wer, weil mir persönlich gleichgültig ist, wer da vorher was identifizierte. Mein Auftrag lautete, die Spuren zu diesem Komplex auf Identität zu untersuchen. Die Voridentifizierer, die Vorarbeiter dürften also anhand der Originalspur ihr Urteil gefällt haben. Bei diesen Spuren selbst, wenns recht ist, darf ich in dem Fall auch auf das Grundmuster selbst, eine Spirale rechts, ist nur ganz zart noch zu erkennen. Es sind aber eine ausreichende Anzahl von Merkmalen und zwar hier in der Vergrößerung leichter erkennbar als in der Original- [8414] spur mit einer kleinen Lupe. Deshalb wird in solchen Grenzfällen vergrößert und das habe ich auch hier durchführen lassen. Frage an das Gericht und an die Herrn Prozeßbeteiligten, ob ich die einzelnen Merkmale erläutern soll?
Vors.:
Wir würden vielleicht gerade das als ein Beispielsfall ansehen, wo Sie die Übereinstimmung insbesondere dieser anatomischen Merkmale, die Sie hier gekennzeichnet haben, erläutern. Ich mein, es gibt ja sicher noch die Möglichkeit, das weiter zu verfolgen. Sie haben sich eben bei der Zahl 12 beschränkt, nehme ich an.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich glaube ja, da sind noch mehr Merkmale drin. Aber mit der Zahl 12, mehr habe ich nicht angepunktet. Ich darf folgendes erklären. Rechts ist die Vergrößerung des Vergleichsabdruckes.
Ende von Band 468
[8415] Sachverst. Neuendorf:
Links die Spur. Das schwarze, und entschuldigen Sie bitte, es klingt etwas eigenartig, das schwarze sind die Linien, die Papillarlinien, die abgedruckten. Es ist manchmal schon angenommen worden, daß das weiße die Linien wären, und dann kam keine Übereinstimmung mit der Erklärung zusammen.
Hier ist ein Strich mit einem Punkt und der Ziffer Nr. 1.
An dieser Stelle sehen Sie im Vergleichsabdruck eine beginnende Linie. Diese beginnende Linie ist auch hier in der Spur vorhanden. Wenn ich von dieser beginnenden Linie aus 1, 2, 3 bis[ll] zu diesem[mm] Punkt zähle, und das auch hier in der Spur mache 1, 2, 3, stoße ich auf einen weiteren Punkt, und zwar in der Konfiguration auf eine Gabel nach unten, wie hier als Punkt Nr. 12 bezeichnet wurde. Von dem Punkt Nr. 12 kann ich wiederum, erst im Vergleichsabdruck zur Erleichterung[nn] 1, 2 bis zu dem Punkt Nr. 5, zwei Linien auszählen und komme dann zu einer beginnenden Linie;
Rechtsanwalt Grigat verlässt um 10.31 Uhr den Sitzungssaal.
1, 2 und komme hier[oo] zu einer beginnenden Linie, die hier außen als Nr. 5 bezeichnet ist. Von dort aus zähle ich 1, 2, 3, 4, wiederum zu einer beginnenden Linie, die hier als Punkt Nr. 4 gekennzeichnet wurde; 1, 2, 3, 4, eine beginnende Linie, die hier sogar unten wieder endet. Von dieser beginnenden Linie aus, Nr. 4, kann ich nach oben rechts, 1, 2, 3, 4, 5 Linien auszählen, um[pp] dann zum Punkt Nr. 3, der eine endende Linie kennzeichnet, zu erreichen.; 1, 2, 3, 4, 5, eine endende Linie, Punkt Nr. 3.
Vom Punkt Nr. 3 sind es 1, 2, 3, 4 bis zum Punkt Nr. 2, der ebenfalls eine endende Linie kennzeichnet; 1, 2, 3 und dann kommt der Punkt, nämlich eine Linie, die an dieser Stelle endet.
Nehme ich den Punkt Nr. 11, so kennzeichnet er - von links nach rechts gesehen - den Beginn einer Linie, hier ein kleines Dreieck, hier ein kleines Dreieck - Nr. 11 -. Von der Nummer 11 eine Linie nach unten, und zwar unten rechts, liegt der Punkt Nr. 8; hier Beginn einer Linie, da sie waagerecht verläuft. Von Punkt Nr. 11 eine Linie nach unten, rechts liegt der Punkt Nr. 8, der Beginn einer Linie.
Vom Punkt Nr. 8 komme ich, durch das Auszählen von 1, 2, 3 Linien zum Punkt Nr. 9, und zwar in einer Gabelung nach links; 1, 2, 3 Punkt Nr. 9, einer Gabelung nach links. Und vom Punkt Nr. 9 ist [8416] leicht erkennbar, daß man nur eine Linie zu überschreiten braucht, um etwas weiter nach links zu einer endenden, die in der Spur hier etwas verdrückt erscheint und anstößt, zu gelangen, das heißt, zum Punkt Nr. 10.
Punkt Nr. 9, eine Linie tiefer, dann nach links, komme nach kurzem Stück zum Punkt Nr. 10. Damit sind die Art der Merkmale, als gleich die Zahl der Merkmale stimmt überein, und die Lage der Merkmale zueinander und auch zu dem Gesamtpapillarlinienbild stimmt.
Das gleiche Prinzip wird bei allen Vergleichsvorgängen und Untersuchungen durchgeführt.
Vors.:
Es zeigt sich also, daß das Vergleichsmaterial in den anderen Fällen auf der Vergrößerung kräftiger aussieht, deutlicher, vielfältiger, das ist eine etwas schwache Spur offenbar, aber sie ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Ja, sie ist ein ..., für den Fachmann ganz eindeutig, für den Nichtfachmann am Anfang[qq] etwas schwieriger, aber bei längerer Betrachtung, vielleicht sogar mit einer Lupe, dann noch[rr] leichter zu erkennen; insoweit gut objektiv nachprüfbar.
Vors.:
Wir haben es absichtlich deswegen genommen, gerade weil hier die Vergleiche besonders deutlich gemacht werden können, wie schwierig das sein kann im Einzelfall, danke.
Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß das Gericht jeweils diese Bildtafeln, die der Herr Sachverständige übergeben hat, in Augenschein nimmt bei den Ausführungen.
Noch zu dem Komplex „Inheidener Straße[ss]“ die Frage. Herr Sachverständiger, wir haben hier die vier Angeklagten Baader, Raspe, Meinhof, Ensslin. Können Sie, nur der Zahl nach, sagen, wieviel Spuren noch gesichert wurden, die diesen vier genannten zugeordnet werden könnten in dieser Wohnung; also, ich meine Sie haben beispielhaft immer eine ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Die Spuren, die identifiziert werden ..., worden sind oder werden konnten, danach vom Sachverständigen oder insgesamt Spuren?
Vors.:
Nein, die den vieren mit Sicherheit zugeordnet werden könnten.
Gibt es da eine Zahlenvorstellung, die Sie haben?
Sachverst. Neu[endorf]:
Ja.
Vors.:
Die würde interessieren.
Sachverst. Neu[endorf]:
Beim Angeklagten Baader sind es vier Spuren, die zugeordnet werden könnten, nur eine Spur ist Gegenstand des Gutachtens.
Bei den Angeklagten, Inheidener Straße, bitte.
[8417] Vors.:
Heißt das, daß schon Vergleiche gezogen worden sind und man schon zum Ergebnis gekommen ist, daß hier Grund besteht anzunehmen, sie stammt von Baader oder daß man eine Sicherheit schon gewonnen hat?
Sachverst. Neu[endorf]:
Der Sachverständige hat Sicherheit gewonnen und hat diese Spuren vorsorglich für eine Augenscheinnahme mitvorbereitet, sofern man nicht von dem Verfahren der einmaligen Spur Gebrauch macht.
Vors.:
Sich nicht überzeugen ließe, das heißt also, Sie können von dieser einer Spur sagen, die Sie hier erläutert haben, mit Sicherheit; Sie können sagen, ich habe die anderen Spuren nicht zum Gegenstand des Gutachtens gemacht, weil ich glaubte, daß der Beispielsfall, diese eine Spur ausreicht, aber ich kann sagen, nach meinen Feststellungen würden auch 3 oder 4 weitere Spuren hier ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Im Falle des Angeklagten Baader wurde nach meiner Feststellung 3 weitere Spuren eingebracht werden können, in Form des Gutachtens.
Im Falle der Angeklagten Ensslin könnte 1 weitere Spur zum Komplex Inheidener Straße eingebracht werden, bei der ebenfalls Sicherheit hinsichtlich der Identität erlangt wurde.
Bei der Angeklagten Meinhof, keine weitere Spur und beim Angeklagten Raspe, 2 weitere Spuren.
Vors.:
Danke. Und nun noch zu der allgemeinen Angabe. Sie sagten, nach den forensischen Anforderungen genügten 8 - 12 Merkmale. Ist das eine unumstrittene Feststellung oder gibt es Sachverständige oder mehr Meinungen die eben davon ausgehen, es müssen mindestens 12 sein und darüberhinaus.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich möchte die Frage in zwei Teilen beantworten.
1. Für den Bereich der Strafprozeßordnung, dort zählt die Erkenntnis, daß 8 - 12 Merkmale ausreichen als empirische Erkenntnis, sie ist nicht beweisbar ...
Vors.:
Ich verstehe es insofern nicht ganz, wenn ich gleich vielleicht, wie das vervollständigt werden kann, nachfragen darf. Was heißt, nach der Prozeßordnung? Hat die Prozeßordnung andere Voraussetzungen als die Wissenschaft?
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, da verschiedene Theorien und verschiedene Verfahrensweisen auf der Welt vorhanden sind, versuche ich räumlich abzugrenzen wo diese Grundsätze hier gelten. Und einer der Abgrenzung, ist der Bereich der deutschen Strafprozeßordnung. Ich will damit auch das Land Berlin miteinschließen etc.
[8418] Vors.:
Das heißt also im Anwendungsbereich der deutschen Strafprozeßordnung ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Prozeßordnung, jawohl.
Vors.:
... läßt man, nach wissenschaftlicher Erfahrung 8 - 12 anatomische Merkmale genügen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ja.
Vors.:
Es werden nicht mehr ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Es werden nicht mehr ...
Vors.:
... als 12 gefordert ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Richtig.
Vors.:
... von der Summe der Wissenschaftler, kann man das so ausdrücken?
Sachverst. Neu[endorf]:
Jawohl.
Im übrigen Bereich der Welt wird verschieden verfahren. Es gibt Länder, z. B. Frankreich, da werden 17 Merkmale als erforderlich erachtet. Es gibt wiederum Länder, die überwiegende Anzahl der Länder läßt allerdings diese Erkenntnis, daß mindestens 12 Merkmale ausreichen ebenfalls gelten - das ist die überwiegende Zahl - und dann gibt es Länder in denen auch weniger als 8 und 12 bereits schon als Identitätsnachweis anerkannt wurde, so z. B. Amerika. Das ist die Praxis, in der Theorie gehen die Meinungen hinsichtlich der Berechnung, der notwendigen Anzahl, der mathematischen Berechnung, der notwendigen Anzahl anatomischer Merkmale auseinander. Wobei zu sagen ist, daß eine mathematische Berechnung der erforderlichen Anzahl von Merkmalen, um zu vermeiden, daß es einen zweiten Menschen mit einem gleichen Hautleistenbild geben könnte, ein mehr theoretischer Spass ist, weil die Berechnungen meistens, fast alle von falschen Voraussetzungen, nicht von der Realität ausgehen. Die mathematischen Berechnungen gehen z. B. immer davon aus, daß eine Gleichverteilung der anatomischen Merkmale vorhanden sei, so auch in Frankreich mit den 17 Merkmalen. Da hat es ein Gerichtsmediziner, namens Baltasar, 1910 etwa versucht auszurechnen und er kam zu der Erkenntnis, daß, wenn wir 4 Merkmale anatomische Arten unterstellen, nur vier - wir kennen in Deutschland z. B. mehr - und 17 Merkmale nehmen, dann würde die Möglichkeit, daß sich zwei Fingerabdrücke gleichen, in der Konfiguration 1:417 betragen.
Das wäre, deutsch etwas verständlicher ausgedrückt, 1:17 Mrd.[tt] gerundet bitte, es kommen noch ein paar Millionen hinzu. Damals betrug die, nach Auffassung des Berechnenden, die Menschheit auf der Erde etwa 1,5 Mill...
[8419] Vors.:
Milliarden.
Sachverst. Neu[endorf]:
- Pardon - Milliarden und damit gab es 15 Milliarden Möglichkeiten Einzelfinger, Hautleistenbilder. Da aber 17 Milliarden mehr sind als 15 schloß man es aus, daß Fingerabdrücke gleich sein könnten. Ein Schönheitsfehler bei dieser Berechnung, er hat z. B. nur 4 genommen, wenn er 5 Merkmale genommen hätte, wäre er zu einem ganz anderen Merkmal ..., anderer Berechnung gekommen und er hat auch Gleichverteilung unterstellt und beides ist in der Realität nicht gegeben. Wir können nur aus der Praxis sagen, aufgrund der Erfahrung die gewonnen wurde, reichen diese 8 mit Sicherheit aus, wobei diese Tatsache z. B. auf der ganzen Welt und auch beim Bundeskriminalamt täglich durch den Vergleich eingehender Fingerabdrücke immer wieder geprüft wird; beim Bundeskriminalamt muß man z. B. pro Tag mehr als 70 000 Fingerabdruckblätter und dabei auch Fingerabdrücke - pro Tag - vergleichen um feststellen zu können, ob ein oder ob der Eingang an Fingerabdrücken auf identische Abdrücke stößt. Es ist selten eine Tatsache, eine wesentliche Grundtatsache täglich so überprüft worden wie dieser empirische Wert.
Vors.:
Danke. Daß Sie selbst immer hier bei diesen Karten auf 12 Merkmale wert legen, läßt aber wohl darauf schließen, daß man es[uu] doch für wünschenswert halten muß in der Wissenschaft und Sie halten es ja auch offenbar für zweckmäßig auf die Mindestzahl 12 ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Sofern vorhanden, ja, insbesondere dann, wenn das Grundmuster nicht ganz so erkennbar ist, versucht man grundsätzlich 12 zu nehmen. Es ist aber ohne weiteres auch möglich 8 oder also weniger als 12, mindestens aber 8 Merkmale hinzuziehen, weil die Merkmale in sich noch unterschiedlich häufig auftreten und verschiedenen Informationswert haben, der im allgemeinen nicht angewandt wird.
Vors.:
Zum allgemeinen Teil und zur Inheidener Landstraße weitere Fragen?
Die Herren der Bundesanwalt, dann Herr Rechtsanwalt Schnabel hat sich gemeldet und dann Herr Rechtsanwalt Schily.
OStA Z[eis]:
Herr Neuendorf, eine Frage. Haben Sie außer daktyloskopische Spuren der hier vier angeklagten Personen, noch weitere Spuren festgestellt, die mutmaßlichen Bandenmitglieder zuzuordnen wären?
Vors.:
Das ist ja ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Herr Bundesanwalt, ich kann nicht sagen ...
Vors.:
Herr Bundesanwalt ..., entschuldigen Sie, Herr Sachverständiger. Es ist ja hier aufgeführt worden noch der Name Meins, Braun und Müller im Gutachten schon.
[8420] OStA Z[eis]:
Ja, ja, mir geht es aber um die Gesamtzahl der Spuren.
Vors.:
Jetzt von diesen drei Namen, ob da weitere Spuren da sind?
OStA Z[eis]:
Ja.
Vors.:
Dann müßten die Namen genannt werden. Es betrifft die Herren Meins, Braun und Müller.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich darf allerdings eine Kleinigkeit berichtigen, Herr Vorsitzender. Ich vermag nicht zu sagen, ob das mutmaßliche Bandenmitglieder sind, sondern ich kann nur sagen, ob Identität zwischen den Hautleistenbildern besteht. Insofern darf ich Auskunft geben. Wie vorhin schon erwähnt sind zu dem Komplex, neben den Angeklagten noch die Namen Braun ohne weitere Spur als die bereits eingebrachte und Müller erwähnt worden.
Bei Müller sind 4 weitere Spuren als identisch erkannt, aber hier noch nicht vorgetragen worden.
Im Falle des verstorbenen Meins sind neben der eingebrachten Spur, 5 weitere Spuren vorhanden. Ich habe die allerdings, weil ich davon ausging, daß keine in Augenscheinahme dieser weiteren Spuren - das weitert sich sonst bis zu 100 Gutachten aus - ich habe diese nicht sehr vergrößert, sondern nur noch im Original da.
OStA Z[eis]:
Ich habe keine weiteren Fragen mehr, danke.
BA Dr. Wu[nder]:
Eine Frage bitte.
Vors.:
Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Herr Sachverständiger, kommt es - eine allgemeine Frage - kommt es hinsichtlich der Dauer, wie lange sich Spuren als mehr oder weniger sichtbar feststellen lassen, darauf an, auf welchen Gegenständen diese Spuren sind, Plastik, Glas, Holz, Lack? Oder ist die Haltbarkeit einmal vorhandener Spuren gleichlang, ohne Rücksicht auf den Gegenstand auf dem sie sich befinden?
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, nicht nur der Gegenstand auf dem sich die Spuren befinden ist ausschlaggebend für die Haltbarkeit der Spur, auch der hat darauf Einfluß. Es gibt Material das hält eine Spur nicht sehr lange, sondern auch die klimatischen Umwelteinflüsse und die physiologischen Anlagen des Spurenverursachers sind mit ausschlaggebend. Es ist Zusammenspiel mehrere Faktoren.
BA Dr. Wu[nder]:
Danke. Eine Anschlußfrage. Gibt es Methoden nach denen man überhaupt auf das Alter der Fingerabdruckspuren schließen kann?
Sachverst. Neu[endorf]:
Keine Methoden die als exakt zu bezeichnen wären und die [8421] es gestatten, eine exakte Alterbestimmung einer Spur durchzuführen.
BA Dr. Wu[nder]:
Dankeschön.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schnabel.
RA Schn[abel]:
In Anschluß an die eben gestellte Frage dann. Können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, daß die Spuren, die von Ihnen gesichert wurden in dieser Inheidener Straße, auch dort verursacht wurden?
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich darf berichtigen, ich habe keine Spur gesichert. Ich habe nur die in der Inheidener Straße gesicherten Spuren mit den entsprechenden Abdrücken verglichen.
RA Schn[abel]:
Sicher; Sie können aber nicht also mit Sicherheit sagen, daß die Spuren, und das ist die Zeitfrage jetzt, daß die Spuren, die in der Inheidener Straße gesichert wurden, daß die auch in der Inheidener Straße verursacht wurden. Um es einmal konkret zu sagen, dieser trübe Apfelsaft[vv] wird ja irgendwo verkauft. Es könnte ja also diese Spur auch in dem Lebensmittelgeschäft oder sonst wo drauf gekommen sein, Wochen oder Monate vorher.
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein. Mein Gutachten erstreckt sich nicht ..., auch nicht darauf, daß sie dort verursacht wurden, sondern von wem sie verursacht[ww] worden sind.
RA Schn[abel]:
Ja, eben, so daß Sie also nicht sagen können, wo sie verursacht worden sind.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich kann nicht exakt sagen, daß die auf der Flasche Apfelsaft[xx] - naturtrüber - verursachte Spur dort, in der Inheidener Straße gelegt wurde. Das kann auch vorher beim Kauf oder ich weiß nicht wo geschehen sein.
RA Schn[abel]:
Gut, dann noch eine weitere Frage. Von den zusätzlichen Spuren von denen Sie sprachen, die noch nicht eingeführt sind, sind die jeweils auch von Ihnen selbst untersucht und identifiziert worden oder beziehen Sie sich hier auf Gutachten anderer Leute?
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, diese Spuren sind von mir selbst identifziert worden und ich habe sogar Spuren, die von anderen identifziert worden als nicht identisch vorgesehen.
RA Schn[abel]:
Danke.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.
RA Schi[ly]:
Wenn ich an Ihre letzte Antwort anknüpfen kann, Herr Sachverständige, dann kommt es vor, daß zunächsteinmal Identität festgestellt wird und Sie dann aufgrund Ihrer Untersuchung erklären, nein, das stimmt nicht?
Sachverst. Neu[endorf]:
Richtig, Herr Verteidiger. Ich verlasse mich keineswegs auf [8422] die Erkenntnis eines Vorgängers, sondern ich halte mich an das Beweisthema und habe selbst diese Spuren auf Identität zu untersuchen.
Vors.:
Es ist freundlich, daß Sie sich ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Dabei kann es sein, daß wir unterschiedlicher Auffassung sind ... Dabei kann es sein, das ist allerdings in der Praxis sehr, sehr selten, daß man einmal unterschiedlicher Auffassung ist.
RA Schi[ly]:
Wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Sachverständiger, dann sprechen Sie also von individuellen anatomischen Merkmalen mit einer bestimmten Mindestzahl, die vorhanden sein muß, habe ich das richtig verstanden?
Sachverst. Neu[endorf]:
Richtig.
RA Schi[ly]:
Individuelle anatomische Merkmale?
Sachverst. Neu[endorf]:
Jawohl.
RA Schi[ly]:
Ja, soll man denn nun, also was man da auf den Fotos beobachten kann, also eine kleine Ausbuchtung oder ein Triangel soll man das, für sich genommen als individuell ansehen?
Sachverst. Neu[endorf]:
In der Gesamtheit, ...
RA Schi[ly]:
Geht es nur um die Proportion, also in dem Verhältnis, in dem sich diese Merkmale befinden oder geht es um die einzelne Spur, also um das einzelne Merkmal?
Sachverst. Neu[endorf]:
Es geht um jedes einzelne Merkmal und die Merkmalsart und die Lage dieses Merkmals zum gesamten Papillarlinienbild. In dem gesamten Papillarlinienbild ist nicht nur das Muster enthalten, sondern auch die anderen anatomischen Merkmale sind enthalten. Man kann nicht aufgrund eines Merkmales sagen, Identität. Es ist denkbar, daß ein ähnliches Merkmal, deshalb nimmt man auch mindestens 8, daß ein ähnliches Merkmal - eins - sich einmal bei einem anderen Menschen wiederholt.
RA Schi[ly]:
Ja, ja, aber ..., also wenn ich Sie richtig verstehe, die Individualität, die wird nur dadurch erkennbar, daß durch die Proportion oder durch die Relation, also ... die Entfernung und die Zuordnung, also die Gruppierung in der Fläche.
Sachverst. Neu[endorf]:
Durch die Wechselbeziehungen der Merkmale und der Linien und des gesamten Bildes.
RA Schi[ly]:
Ja. Nun, sagten Sie, im Bereich der Strafprozeßordnung hätte man sich dadrauf geeinigt und bezeichnen das als einen wissenschaftlichen Erfahrungsatz[yy], aber das klingt mir eigentlich mehr nach einer Norm, wenn Sie diesen begrifflichen Unterschied vielleicht nachvollziehen wollen, eigentlich nicht so sehr einen Wissenschaft- [8423] lichen Erfahrungsatz[zz], sondern eine Norm; und wer stellt denn eine solche Norm eigentlich auf?
Sachverst. Neu[endorf]:
Herr Verteidiger, darf ich Sie bitten, damit wir diese semantischen[aaa] Probleme vermeiden, Sie sicher gehen könnten, mir zu definieren, was eine Norm in Ihrem Sinne ist?
RA Schi[ly]:
Also z. B. das Strafgesetz ist eine Norm - nicht -;
ja, Strafgesetz ist eine Norm. Und man kann sich auf bestimmte Regeln einigen, das kann man machen; man kann ...
Dann auf Abmessen, vielleicht mehr aus Ihrem technischen Bereich, man kann sich auf DIN-Norm beispielsweise einigen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Daran dachte ich.
RA Schi[ly]:
Ja, auch das ist möglich, aber das würde ich nicht als eine wissenschaftliche Erkenntnis ansehen, eine DIN-Norm, das ist keine wissenschaftliche Erfahrung, sondern ist eine willentliche Festlegung auf eine bestimmte ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Mindestanzahl von Merkmalen bei dem ...
RA Schi[ly]:
Bei der es nun ..., jetzt würde ich mich nur mal[bbb] interessieren dafür, wer ist sozusagen die ..., das Gremium, das diese Norm festlegt, also weil wir gerade bei den DIN-Normen sind, da gibt es also einen Normenausschuß und der legt diese DIN-Norm fest. Wer macht denn das im Bereich der Daktyloskopie?
Sachverst. Neu[endorf]:
Vielleicht darf ich hier auf einen Ihnen sicher bekannte Entscheidung hinweisen und zwar 3 StR 229 - wenn ich richtig liege - /52.[13] Dann wurden unter anderem in den Fällen Spuren zur Diskussion gestellt - eine Revision - bei der vom BGH in einem Fall die Anzahl von vorhandenen, 9 vorhandenen anatomischen Merkmalen anerkannt wurde.
RA Schi[ly]:
Ja, Moment, orientieren Sie sich jetzt also an einer ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Ferner wurde unter anderem, ich versuche sowohl[ccc] aus[ddd] der Rechtssprechung, weil Sie das Gesetz anführten, und im Gesetz selbst ist ja solch eine Norm, solch eine Anzahl nicht enthalten, stützen wir uns, hinsichtlich der Aussage, anerkannt, auch auf die Rechtssprechung. In diesem ...
RA Schi[ly]:
Darf ich ...
Sachverst. Neu[endorf]:
In dieser ...
RA Schi[ly]:
Ja, darf ich ...
Sachverst. Neu[endorf]:
In dieser Entscheidung ist z.B. auch, ich kann es nicht wörtlich, aber sinngemäß etwa zitieren, gesagt, daß das Indiz eines nach den Grundsätzen der Daktyloskopie ausgewerteten Fingerabdrucks ausreicht, [8424] wenn ein Richter allein nach diesem Indiz seine Überzeugung stützt; es war die Frage, ob ein Fingerabdruck allein mit solchen Merkmalen hinsichtlich als Beweis ausreichend ist. Hier ist also ausdrücklich in der Rechtssprechung anerkannt worden, daß die Grundsätze der Daktyloskopie, die wiederum seit der Jahrhundertwende immer wieder überprüft wurden und ich kann sagen, eben mit der Erkenntnis überprüft worden, daß mindestens 8 mit Sicherheit ausreichen um keinen zweiten Fingerabdruck dieser Art - keinen zweiten zu finden - daß kein zweiter vorhanden ist, daß dieser Grundsatz anerkannt wurde. Man hätte diese Norm, Herr Verteidiger, auch herabsetzen können; z. B. hat 1942 ein spanischer ID-Mann[eee], Leiter des Erkennungsdienstes in Madrid, sich mit dieser Theorie der erforderlichen Anzahl der Merkmale auseindergesetzt, und in der Fachliteratur, und auch in einem Kongreß der Polizisten zur Diskussion gestellt, nicht mehr 8 Merkmale als Mindestgrenze oder auch 12 zu nehmen, sondern die Merkmale nach ihrer Häufigkeit zu bewerten. Es gibt z. B. Häkchen, die treten sehr selten auf, Augen treten öfters auf, Beginnend[fff] [ggg] endende Linien mehr, Gabelungen auch sehr häufig; und nach der Wertigkeit jeweils einen Faktor zuzuordnen, Faktor 1 - 3, ein selten auftretendes Merkmal Faktor 3, dann wären - bloß immer einen Punkt - dann wären insgesamt 4 Merkmale nach dieser Theorie des Santa-Maria Belfran ausreichend, um auf Identität zu erkennen.
Man hätte also[hhh] die „Norm“ herabsetzen können, denn ich persönlich bin der Auffassung, daß diese Theorie auch der Praxis gerecht werden würde. Um aber die hohe Beweisbedeutung dieses Verfahrens, und hier greife ich ein Wort aus der von mir zitierten Entscheidung heraus, zu erhalten, hat man die Norm möglichst hoch gesetzt, um auch jedes Risiko ausschalten zu können.
RA Schi[ly]:
Ja, na das verstehe ich schon, Herr Neuendorf, Sie meinen also, es gäbe noch andere Systeme, bei dem man also die Merkmale klassifizieren könnte und dadurch also ein Stufensystem entwickeln könnte, das wenden Sie aber nicht an. Und insofern ist vielleicht also jetzt[iii] nicht so sehr zweckmäßig, wenn wir auf dieses andere System eingehen. Sie gehen ja von einem anderen System aus, und Sie sprechen aber immer davon: Man hat festgelegt. Nun frage ich Sie, ist diese Festlegung auf diese Merkmalanzahl, orientieren Sie sich dabei an der Entscheidung des Bundesgerichtshofes?
[8425] Sachverst. Neu[endorf]:
Nein. Die Zahl im Bundesgerichtshof ist zustandegekommen aufgrund der Erfahrung, des Erfahrungswertes; umgekehrtes Verhältnis, sie wurde anerkannt von der Rechtssprechung und „man“ sind die Wissenschaftler, die sich teilweise, oder aber auch, die Praktiker, die sich damit beschäftigt haben mit diesen Theorien. Und in Fachtagungen und in Kongressen und in der[jjj] Literatur hat man diese Erfahrungswerte zusammengefasst, und ist[kkk] zu dieser „Norm“ gekommen.
RA Schi[ly]:
Ja, nun wissen Sie, der Erkenntniswert irgendeiner wissenschaftlichen Untersuchungsarbeit hängt ja normalerweise nicht von nationalen Grenzen ab und hier scheint es aber so zu sein, daß Sie sagen, ja im Bereich der Geltung der deutschen Strafprozeßordnung hat also eine bestimmte Form der Aussage einen Erkenntniswert, während also anderswo, also ich höre ja von Ihnen in Frankreich, mindestens 17 Merkmale, also das anders liegt. Und da hat es in meiner Auffassung den Charakter einer Norm und nach wie vor möchte ich Sie fragen, wer ist denn nun für diese Festlegung der Norm verantwortlich? Sie sagen, an Fachtagungen und so was, ist da irgendwo mal einen Beschluß darüber gefasst worden oder wie kommt diese Norm zustande?
Sachverst. Neu[endorf]:
Teilweise ist das historisch begründet z. B. der von mir vorhin erwähnte Baltasar um 1910 etwa mit seiner mathematischen Berechnung, der dann laut Heindel, der deutsche Vater der Daktyloskopie noch etwas berichtigt wird und der dann laut Heindel zu der Erkenntnis kam, damals aufgrund ... Erfahrung, denn die Daktyloskopie ist in Europa etwa um die Jahrhundertwende etwa eingeführt und in Deutschland z. B. 1903, in Frankreich mag es etwas früher gewesen sein oder zum gleichen Zeitpunkt. Man hatte also noch nicht einmal so viel Erfahrung wie heute und versuchte dieses Problem rein rechnerisch zu lösen, ob das gut oder schlecht war, sei dahingestellt. Eines hat sich aber erwiesen, daß diese aus der Erfahrung heraus damals erstellten Werte ausreichend sind und daß sie tatsächlich nicht zu[lll] revidiert werden brauchen und auch sollten und immer nach unten ging. Man hat versucht in Kongressen internationaler Art, ich selbst habe in Paris an einem Kongress der Daktyloskopen teilgenommen, diese Norm eine einheitliche Anzahl von Punkten zu erreichen auf der ganzen Welt, das wäre zur Erklärung, zum Verständnis dieses Verfahrens vielleicht günstiger, aber wir haben es als undurchführbar erkannt, denn die Rechtssprechung jedes einzelnen Staates hat sich teilweise ihre eigenen [8426] Grundsätze erarbeitet und möchte naheliegender Weise möglichst von diesem, bis dahin von der Praxis bestätigten Sätzen, nicht abgehen.
RA Schi[ly]:
Also kann man eigentlich nur feststellen, daß ansich also keine übereinstimmende Auffassung wissenschaftlicher Art darüber besteht, sondern je eine relativ willkürliche Festlegung auf einen bestimmten Satz innerhalb, sagen wir mal, der Gutachter die hier in der Bundesrepublik und in West-Berlin tätig sind, stattgefunden hat. Kann das sein oder ...?
Sachverst. Neu[endorf]:
In Deutschland, ich bitte zu unterscheiden, Geltungsbereich der deutschen Strafprozeßordnung und das Ausland und die anderen Staaten. In Deutschland ist durch, wie ich es berichtet habe, wir sind nicht unterschiedlicher Auffassung, sondern es handeln alle danach und zwar auch nach einer Empfehlung an die Sachverständigen und nach den Erfahrungen der Sachverständigen selbst. Diese Norm ist mitüberliefert aus der Historie und sie hat sich als richtig bestätigt. Und der Erarbeitung dieser Norm - nur diesen Satz als Abschluß noch - an der Erarbeitung dieser Norm haben teilweise Wissenschaftler mitgewirkt, vorrangig Heindel, Schneikart, Juristen, Praktiker etc. und insofern wird in Deutschland einheitlich verfahren.
RA Schi[ly]:
Also, dann darf ich veileicht das resümierend feststellen, das ist eine aus der Tradition erarbeitete Norm, an der Juristen, Praktiker mitgearbeitet haben ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Naturwissenschaftler.
RA Schi[ly]:
... Naturwissenschaftler mitgearbeitet haben.
Sachverst. Neu[endorf]:
Richtig.
RA Schi[ly]:
Gut. Nun noch eine andere Frage. Sie sind ja von Herrn Bundesanwalt Zeis bereits gefragt worden nach anderen Spurenverursachern, außerhalb der hier Angeklagten. Nun möchte ich Sie fragen, haben Sie Feststellungen darüber oder Kenntnisse erworben oder Feststellungen darüber getroffen, wieviel Spurenverursacher überhaupt in den betreffenden Wohnungen festgestellt worden sind? Also jetzt zunächstmal die Inheidener Straße; also denn beschränke ich mich auf die Inheidener Straße.
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, Herr Verteidiger. So lautete auch mein Beweisthema nicht, sondern die Identifizierung der dort aufgefundenen Spuren. Wieviel Spurenverursacher es ingesamt sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Es gibt noch einige, bei denen nicht auszuschließen [8427] ist, daß sie dem einen oder anderen hier Genannten zugeordnet werden könnten, die aber für einen Identitätsnachweis überhaupt nicht ausreichen. Und es gibt noch Spuren, bei denen andere Spurenverursacher in Betracht kommen. Und wenn dort zwei vorhanden sind, es[mmm] ist manchmal nicht zu[nnn] entscheiden, ist das eine oder eine weitere Person; das war auch nicht meine Aufgabe.
RA Schi[ly]:
Naja, es ist ja eine bestimmte Vorauswahl offenbar getroffen worden. Dabei ist Ihnen bekannt, ob ..., wieviel Spurenverursacher überhaupt dort in Betracht kommen, an Spuren.
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, diese Zahl ist nicht exakt festzustellen. Ich darf bitte nochmal in zwei Teilen antworten. Mir ist mein Beweisthema exakt genannt worden, das heißt, es wurde formuliert diejenigen Untersuchungsberichten, so wie wir es jetzt haben, aufgeführten Spuren, die habe ich betrachtet. Weiter habe ich zwar auch betrachtet, aber da nicht zugeordnet, denn sie sind auf der Spurenkarte nicht. Ich kann nicht sofort entscheiden, die gehört zu diesem oder jenem. Es sind also auch noch Spuren vorhanden, bei denen ich nicht weiß, ob sie von der einen oder anderen Person, ob die von zweien oder dreien stammen, das war auch nicht meine Aufgabe das festzustellen.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Künzel, bitte.
RA Kü[nzel]:
Herr Sachverständiger, besteht innerhalb der[ooo] Sachverständigen Einigkeit darüber, was ein anatomisches Merkmal ist? Gibt es da Grenzfälle, die Wellenlinie, die vielleicht noch keines ist oder ist es eindeutig?
Sachverst. Neu[endorf]:
Die Definition für anatomisches Merkmal müßte eigentlich allen Sachverständigen geläufig sein oder zumindest dem überwiegenden Teil, ich kann mich nicht für alle verbürgen.
Sie sagt, es sind Charakteristika, die vom normalen Papillarlinienverlauf - und jetzt könnte gleich die weitere Frage entstehen, was ist normal. Ich meine damit die Mehrzahl der Hautleisten, und die Hautleisten sind meistens durchgehende Linien. Jede Abweichung von solch einer Linie gilt als ein anatomisches Merkmal. Und nun gibt es anatomische Merkmale verschiedener Art, wie ich sie eingangs aufzählte. Die müßten von jedem Sachverständigen, im wahrsten Sinne des Wortes davon sprechen wollen, beherrscht werden.
RA Kü[nzel]:
Sie haben vorhin, als Sie gezeigt haben wie die Lage der einzelnen Merkmale zueinander gegeben ist, die Linien ausgezählt [8428] ohne aber nun etwa den Winkel genau zu bestimmen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Entschuldigen Sie bitte, ich habe jetzt nicht das letzte Wort verstanden; zu bestimmen, war das letzte Wort.
RA Kü[nzel]:
Ohne den Winkel. Sie haben, also Sie von einem auf das andere Merkmal ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Linien gezählt.
RA Kü[nzel]:
... die Linien gezählt, aber haben gesagt, etwas weiter rechts oder weiter links, aber exakt war der Winkel, in der Sie nun von einem Merkmal zu anderem kamen, eigentlich nicht bestimmt.
Sachverst. Neu[endorf]:
Das Merkmal als solches, falls Sie darauf ausgehen, ich habe Linien ausgezählt bis zum nächsten Merkmal und dann gesagt, an dieser Stelle, haben wir Punkt 4 eine endende ..., ein anatomisches Merkmal, endende Linie oder aber eine Gabelung oder ein kleines Auge oder an der einen Stelle sagte ich, eine Inselbildung.
RA Kü[nzel]:
Gut, aber das sind ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Das sind die Definitionen für dieses Merkmal.
RA Kü[nzel]:
Sie sind von einem Merkmal auf das andere. Eben etwa in eine Richtung haben Sie gezeigt, aber ohne daß das nun genau die gleiche Richtung gewesen wäre.
Sachverst. Neu[endorf]:
Soll Ihre Frage dahingehen, ob das die Übereinstimmung der Merkmale ...?
RA Kü[nzel]:
Ob die Lage ..., ob die Lage eines Merkmals zum anderen bei der Art und Weise, wie Sie es hier demonstriert haben, eigentlich exakt identisch ist?
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein. Unter Übereinstimmung sollte man eigentlich kongruent verstehen, deckungsgleich, das ist die allgemeine Definition, alles andere ist abweichend, was nicht deckungsgleich ist. So versuche ich zu definieren. Dadurch, daß die Fingerkuppe, die Fingerbeere überhaupt, die Haut flexibel ist, gelingt es nie, auch bei größten Bemühen, weil Druck zu Farbe beschaffen etc. des Fingers, der Begleiterscheinung, also die Begleitumstände verschieden sind, absolute deckungsgleiche, zwei deckungsgleiche Abdrücke, auch nicht, wenn man eine Person bei sich hat, herzustellen. Dies gilt auch für das Legen einer Spur. Und insoweit kommt es dazu, wenn ich Ihre Frage verstehe, daß das einemal als beginnende Linie in der - das hatten wir vorher als konkreten Fall - im Vergleichabdruck auftreten kann. Diese Linie wird [8429] verdrückt durch den Griff und erscheint dann an der andren Stelle als Gabelung. Hier bedeutet also Übereinstimmung nicht kongruent, sondern ähnlich in der Lage und feststellbar durch Auszählen zu anderen Merkmalen oder zum Muster.
RA Kü[nzel]:
Herr Sachverständiger, Sie haben vorhin auf die Frage [ppp] eines [qqq] Bundesanwalts gesagt, das Alter einer solcher Spur ließe sich nicht exakt, immerhin aber einigermaßen, bestimmen. In welcher Größenordnung liegt dieses einigermaßen?
Sachverst. Neu[endorf]:
Das ist vom Einzelfall abhängig. Man kann keine grundsätzliche Schätzung abgeben. Aus der Literatur ist mir bekannt, daß Spuren noch nach 10 Jahren gesichert wurden, nach 8 Monaten, in vergrabenen Zinksärgen nach 8 Jahren oder aus meiner eigenen Praxis auf Papier nach 2 Jahren ...
RA Kü[nzel]:
Herr Sachverständiger ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Das wiederum ist aber, wenn ich das sagen kann, nicht durch eine eigene Untersuchung des Sachverständigen oder auch eines Chemikers etc., sondern durch andere Indizien erkannt worden; z. B. ein Paket aus Kairo - Sprengstoff - war bewacht in Kairo 2 Jahre lang und kam zusammengeklebt als Bombenpaket zu uns, und die aus zusammengeklebten Seiten wurden dann, nach dem sie zwei Jahre bewacht wurden, bei uns geöffnet, dann wurde eine Spur gesichert. Hier hatten wir also echt mal einen Fall, an dem wir aufgrund der äußeren Umstände annehmen konnten, daß sie mindestens 2 Jahre alt ist.
RA Kü[nzel]:
Herr Sachverständiger, wenn diese 12 Merkmale und dieses Verfahren so sicher ist, wie war es dann eigentlich möglich, daß im konkreten Fall ein anderer, wohl auch Sachverständiger, eine Spur anders identifiziert hat als Sie?
Vors.:
Ich darf darauf hinweisen, die Frage ist an sich beantwortet.
Der Herr Sachverständige hat darauf hingewiesen ...
RA Kü[nzel]:
Einige Erläuterungen.
Vors.:
... aber ... vielleicht, weil es doch ein Problem ist.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich darf ... Ich nehme den Fall Meinhof, gleich wieder praktisch, wir haben die eingebracht und dabei hatte ich mir auch den Hinweis bereits auf die unterschiedliche Auslegung, Möglichkeit erlaubt ...
Vors.:
Ich darf aber noch auf folgendes hinweisen - verzeihen Sie bitte -. Sie meinen nicht zu einer anderen Deutung gekommen, sondern nur beim Sicherheitsgrad ...
[8430] RA Kü[nzel]:
Ja, zugeordnet oder nicht, ja.
Vors.:
Also es wurde nicht jemand anderem zugeschrieben ...,
RA Kü[nzel]:
Ja, ja, ist klar, ja.
Vors.:
... sondern nur die Sicherheit.
Sachverst. Neu[endorf]:
Dieser Fall, wie er objektiv nachprüfbar im Wege der Vergrößerung unter - meine Besorgnis war, daß vielleicht gar keinen guten Lichtverhältnisse waren - unter guten Lichtverhältnissen ziemlich objektiv nachprüfbar, so auch für mich zuhaus ideale Bedingungen schaffen kann, so wie ich sie will. Ich gehe von der Vermutung aus, ansonsten wären die Herrn Zeugen zu hören, daß sie auch in diesen Fall nur die Originalspur gesehen haben, unter ihren Bedingungen und nicht eine Vergrößerung, also ein besseres Material zur Verfügung hatten und dann auch, vielleicht noch, das kann man auch noch zugutehalten, eine Vielzahl von Spuren in relativ kurzer Zeit identifizieren mußten, daß sie dann zu einem negativen Ergebnis kamen, zu einem vermutlichen. Wobei ich aber meine, daß dieses Ergebnis der Zeugen, ich meine, unschädlich sein dürfte, sofern sie mal von der Meinung eines Sachverständigen abweichen. Sie erkennen nicht ..., sie haben nicht auf Identität erkannt.
RA Kü[nzel]:
Keine Frage mehr.
Sachverst. Neu[endorf]:
Soll ich einen anderen Fall, umgekehrt, soll ich das auch noch erläutern?
Ende Band 469
[8431] Vors.:
Herr Rechtsanwalt Linke, bitte.
RA Li[nke]:
Herr Sachverständiger,[rrr] die Spur, die angeblich Frau Meinhof gelegt hat. Auf der Spurenkarte hatte Ihr Vorarbeiter zunächst „vermutlich von Frau Meinhof geschrieben“. Sie haben das vermutlich dann durchgestrichen. Darf ich davon ausgehen, daß der Vorarbeiter seiner Sache nicht so sicher war wie Sie?
Sachverst. Neu[endorf]:
Das vermag ich nicht zu beurteilen. Ich war sicher, daß Identität besteht und habe versucht, das hier bei der Inaugenscheineinnahme zu demonstrieren. Ob er nicht so sicher war, das schließe ich zwar ... Aber warum er zu der Bezeichnung „vermutlich“ kam, müßte er eigentlich selbst befragt werden. Ich kann es nicht ausschließen, daß das der Grund war.
RA Li[nke]:
Wer spricht in einem solchen Fall das letzte wissenschaftliche Wort, der leitende Regierungsdirektor oder der möglicherweise genau so qualifizierte andere Sachverständige?
Sachverst. Neu[endorf]:
Man merkt, das letzte war sehr bedeutungsvoll, an der Qualifikation dieser Zeugen zum Beispiel, fachlich bestehen gar keine Bedenken, und in diesen Fällen spricht jetzt bitte nicht der leitende Regierungskriminaldirektor, wenn Sie mich meinen, Herr Verteidiger ...
RA Li[nke]:
Gewiss.
Sachverst. Neu[endorf]:
... gar kein Wort, sondern erst dann, wenn er vom Gericht aufgefordert wird, Gutachten zu erstatten, wo also ich mich aus bestimmten Gründen völlig von der Vorarbeit befreie, das heißt, auf keine[sss] Vorarbeit eingehe, solange mir nicht der Auftrag der Gutachtenerstattung erteilt wurde.
RA Li[nke]:
Keine weiteren Fragen.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schily hat sich, glaube ich, zunächst gemeldet, dann Herr Bundesanwalt Zeis - in dieser Reihenfolge.
RA Schi[ly]:
Herr Neuendorf, nur damit das vielleicht nicht mißverstanden wird. Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, bei Befragung, der anfänglich durch mich, und, ich glaube auch schon zuvor, hatten Sie erklärt, es hat auch Fälle gegeben, in denen ein anderer kompetenter Sachverständiger oder Kriminalbeamter zu einem Ergebnis gekommen ist mit einem völlig anderen Inhalt als Sie, also nicht nur den Sicherheitsgrad. Auch das hat es doch offenbar nach Ihren ... den Antworten, die Sie gegeben haben, schon mal gegeben.
Sachverst. Neu[endorf]:
Richtig. Sogar im Zusammenhang mit dem hier mir übertragenen Beweisthema. Allerdings muß ich sagen, auch zur Erläuterung, wegen der Häufigkeit dieser verschiedeneren Auffassungen, daß das, [8432] ich sage das im Rahmen dieses Komplexes insgesamt, vielleicht unter 500 Spuren 2 mal, und zwar in einem Falle war.
RA Schi[ly]:
Ja gut ich meine ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Da bitte muß auch eine Erläuterung an sich gegeben werden; und, Herr Verteidiger, ich darf darauf hinweisen, die Sicherheit hei der Gutachtenerstattung im Bereich der Daktyloskopie, wird hier ja nicht von der Wahrscheinlichkeit, sondern nur identisch oder nicht identisch. Eine andere Aussage gibt es an sich von einem daktyloskopischen Sachverständigen nicht,
RA Schi[ly]:
Ja ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Es ist sehr, sehr selten, das kann sogar im Einzelfall begründet werden.
RA Schi[ly]:
Mir lag nur eben an der Feststellung, daß man da zu unterschiedlichen Ergebnissen im Inhalt und nicht nur in dem Sicherheitsgrad gekommen ist. Also jetzt die Zahl haben wir ja von Ihnen gehört, daß das also in sehr seltenen Fällen wohl vorgekommen ist. Die zweite Frage, die ich noch habe, Herr Sachverständiger, ist: Wie ist es, Sie ... Sie sehen also nach übereinstimmenden Merkmalen. Machen Sie auch das umgekehrte, was wir aus anderen Sachgebieten kennen, kontrollieren Sie auch auf Abweichung?
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich würde das auch wieder versuchen, exakt zu formulieren: Man betrachtet eine Spurenkarte, die Gegenstand eines Gutachtens werden soll, ganz allgemein, auch außerhalb, [ttt] man kann das nicht ausschließen. Und prüft es, ist[uuu] daran etwas auffälliges auf dieser Karte, ohne daß dazu ein Auftrag vorliegt. Das geschieht unbewußt und manchmal auch bewußt, weil zusätzliche Fragen, die man noch beantworten kann, gestellt werden. Eine echte Untersuchung auf Abweichungen erfolgt nicht. Darüber hinaus, sie erfolgt nicht nur, sie ist auch nicht nötig, denn nicht die Abweichung ist relevant, sondern die Übereinstimmung. Auch hier darf ich mir erlauben, auf die Entscheidung des BGH hinzuweisen. Es war geltend gemacht worden, auch in dieser Sache, daß auch die Abweichung relevant sein könnte und insbesondere in den fehlenden Teilen, da[vvv] Spuren ja überwiegend fragmentarischer Art seien, dürfen oder sind, Abweichungen relevanter Art vorhanden sein könnten. Dies ist auch vom BGH von der Praxis her richtigerweise als ... zurückgewiesen worden. Und die Abweichungen werden auch in diesem Sinne, Herr Verteidiger, nicht geprüft.
[8433] RA Schi[ly]:
Also Abweichungen spielen überhaupt keine Rolle?
Sachverst. Neu[endorf]:
Spielen keine Rolle. Die Zahl der Übereinstimmungen, und[www] die Art der Übereinstimmung findet ... spielt eine Rolle.
RA Schi[ly]:
Und es spielt auch keine Rolle, ob also Abweichungen erklärbar oder nicht erklärbar sind?
Sachverst. Neu[endorf]:
Das spielt ebenfalls keine Rolle. Denn ob etwas erklärbar ist, ist vom bildlichen Sachverhalt, von der Erfahrung des[xxx] Sachverständigen, von seiner Fantasie, etc. abhängig. Es ist ohne weiteres denkbar, daß er etwas nicht erklären kann. Ich möchte sogar sagen, er kann immer nur oder fast ausschließlich nur häufig, etwas einschränkend, vermuten, daß es so ist, wenn etwas abweichend, ... warum es so ist. Er kann aber nie, und nur selten für mich, sagen, das ist echt der Grund, warum es anders aussieht.
RA Schi[ly]:
Dankeschön.
Vors.:
Herr Bundesanwalt Zeis nächste Wortmeldung, dann Herr Rechtsanwalt Linke.
OStA Zeis:
Herr Neuendorf, können Sie mir sagen, ob an ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich habe die Frage jetzt bitte nicht verstanden; wenn Sie so freundlich sein würden ...
OStA Zeis:
Herr Neuendorf, können Sie[yyy] uns sagen, ob diese weiteren Spuren, die von den vier Angeklagten, insbesondere, verursacht worden[zzz] sind in der Inheidener Straße, von welchen Gegenständen die gesichert worden sind?
Sachverst. Neu[endorf]:
Da möchte ich doch, daß Sie ...
RA Schi[ly]:
Der Vorhalt ist wohl nicht richtig, entschuldigen Sie, ich muß den Vorhalt beanstanden ...
Sachverst. Neu[endorf]:
... an der Grenze des Einbringens ...
Vors.:
... der Vorhalt scheint ohnedies im Augenblick beanstandet, bitte.
RA Schi[ly]:
Weil, ich hatte den Herrn Sachverständigen so verstanden, daß er sagte, sein könnten. Da er insoweit kein Gutachten erstattet hat, kann er auch, glaube ich, eine weitere Aussage nicht machen. „Sein könnten“ so[aaaa] war, auch[bbbb] glaube ich, auch die Formulierung von Ihnen, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Nein, Herr Rechtsanwalt, ich habe extra nachgefragt. In der Tat, in all den Fällen, in denen der Herr Sachverständige sagte, von dem Verursacher sind noch weitere Spuren vorhanden, hat er bei seiner Untersuchung die Sicherheit gewonnen, daß es sich um eine Spur handelt. Er hat es nur unterlassen, das durch Fotografien näher zu belegen, oder haben wir Sie da mißverstanden?
[8434] Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, ich könnte sie einbringen. Ich habe diese Fotografien, ich habe das vorbereitet, ich könnte sie einbringen, wollte aber, sofern nicht ausdrücklich gefordert, von einen Einbringung absehen, um das nicht ausufern zu lassen.
Vors.:
Also im Grunde genommen könnte das Gutachten so lauten, Herr Rechtsanwalt Schily: Ich habe hier Ihnen demonstriert der und der Fall. Außerdem sind noch weitere vier sichere Spuren dieses Verursachers in der Wohnung gefunden worden.
Sachverst. Neu[endorf]:
Unter Vorlage des dafür erforderlichen Materials, so wie bisher das Gutachten gestaltet war.
Vors.:
Ja.
RA Schi[ly]:
Und insoweit haben Sie auch eigene Untersuchungen vorgenommen?
Sachverst. Neu[endorf]:
Ja, denn ...
RA Schi[ly]:
Dann habe ich das mißverstanden.
Sachverst. Neu[endorf]:
... die Unterstufung war nicht beschränkt, sondern Sie war darauf ...
Vors.:
Und jetzt war die Frage, wenn Sie solche vier weitere Spuren, beispielsweise im einen oder anderen Fall gefunden haben, oder zwei, welche Gegenstände die Spurenträger gewesen sind, ob Sie das heute angeben können.
OStA Zeis:
Ja, ganz genau.
Sachverst. Neu[endorf]:
Das kann ich tun, dann müßte ich allerdings meine Unterlagen wieder herbeiziehen und dann ... zur Inheidener Straße?
OStA Zeis:
Zur Inheidener Straße. Es ist ganz klar zu sagen, ich möchte verhindern, wenn das Ergebnis ein entsprechendes[cccc] wäre, daß nachher behauptet wird, hier seien Spurenabdrücke nur an beweglichen Gegenständen ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Ja, ich weiß jetzt im Moment nicht aus dem Kopf ...
RA Schn[abel]:
Ich beanstande die Frage, und zwar deswegen: Der Sachverständige hat ja die Spuren wohl nicht abgenommen. Insofern ist er ja nicht dazu in der Lage, sofern er nicht hier etwas abliest und das kann ich auch. Das ist dann aber keine Frage eines Zeugen und nicht eines Sachverständigen, wo die Spuren abgenommen werden. Denn diese Frage, die der Herr Bundesanwalt gestellt hat, kann niemals dieser Sachverständige hier beantworten, sondern allenfalls derjenige, der die Spur abgenommen hat.
Vors.:
Der Herr Sachverständige, Herr Rechtsanwalt Schnabel, wird darüber Auskunft geben können - insofern ist tatsächlich eine Einschränkung richtig - daß nach dem ihm vorliegenden Spurenkarten, [8435] Spurenträger, der oder jener Gegenstand gewesen sein soll.
Das kann man ohne weiteres als Befundtatsache hier mitteilen.
RA Schn[abel]:
Also dann ist die Frage aber insofern falsch gestellt.
Sie haben es eben selbst formuliert, Herr Vorsitzender, daß es dort abgenommen worden sein soll, und auf dieses soll kommt es an. Während der Herr Bundesanwalt hat ja gefragt: Wo wurde es abgenommen. [dddd] Und diese Frage kann er nicht beantworten.
Vors.:
Ja, das kann der Herr Sachverständige in der Tat nicht sagen sondern nur, was er als Befundtatsache aus seinen Spurenkarten festzustellen vermag, was Spurenträger gewesen sein sollen,
RA Schn[abel]:
Ja, das ist uninteressant.
Vors.:
Nein, das kann zur Ergänzung des Gutachtens durchaus erfragt werden. Genau so, wie gefragt werden kann, nach der Zahl der weiteren Spuren. Also die Frage in der Form ist auf jeden Fall zulässig.
RA Schn[abel]:
Dann soll sie auch bitte so gestellt werden.
Vors.:
Ja, sie ist ja nun inzwischen so, glaube ich, allseits modifiziert worden, daß Herr Bundesanwalt Zeis ... ich verstehe es so, daß die Frage so beantwortet werden kann, wie man’s jetzt erarbeitet hat.
OStA Zeis:
Ich verstehe die Aufregung überhaupt nicht.
Vors.:
Bitte. Was hat sich [eeee] aus Spuren ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich gebe also Auskunft darüber, an welchen Gegenständen des Komplexes Inheidener Straße von mir Spuren gesichert wurden, die von mir als identisch über die bereits vorgetragene hinaus erkannt wurden.
Vors.:
Wobei Ihre Unterlage die Spurenkarte ist.
Sachverst. Neu[endorf]:
Spurenkarte und das Vergleichsmaterial hinsichtlich der Spur. Also jetzt für die Aussage als solche nur die Spurenkarte. Vom Angeklagten Baader eine Spur in der Küche am Bratpfannendeckel auf dem Herd. Eine weitere Spur - Fingerspur des Angeklagten Baader - am rechten Regal am Fenster im großen Zimmer. Eine weitere Spur des Angeklagten Baader, an einer Büchse „Beck’s Bier“ im großen Zimmer, am Fußende der oder ... ja oder der Matratzen oder der Matratze.
Eine Spur vom Angeklagten Raspe, im großen Zimmer, vorn rechts am Regal an einer ... nicht am Regal, sondern im Regal [ffff] an einer Flasche „Jägermeister“. Eine weitere Spur des Angeklagten Raspe ebenfalls an einer Flasche „Jägermeister“ im [8436] großen Zimmer vorne rechts im Regal.
Eine weitere Spur der Angeklagten Ensslin an einer Prozellanschale auf dem Küchentisch, innen an der Porzellanschale.
Eine weitere Spur der Angeklagten Ensslin an einem Dosenöffner, der auf der Ablage in der Küche lag.
Insoweit die Spuren der Angeklagten. Soll ich die weiteren ...
Vors.:
Ja es ist also keine Frage, die das Gericht gestellt hat. Wird auf weitere Erläuterung hinsichtlich der Spuren Wert gelegt seitens der Bundesanwaltschaft?
OStA Zeis:
Herr Neuendorf, vielleicht noch bei Herrn Meins, bitte.
Sachverst. Neu[endorf]:
Pardon, entschuldigen Sie bitte, ich habe noch eine Spur übersehen. Es ist noch eine vorhanden der Angeklagten Ensslin, an einer Dose „Kaba-fit“ Kakao.
OStA Zeis:
Herr Neuendorf, ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Bitte.
OStA Zeis:
Könnte hinsichtlich des letzten Punktes nicht ein Irrtum Ihrerseits vorliegen?
Sachverst. Neu[endorf]:
Bitte?
OStA Zeis:
Könnte nicht hinsichtlich des letzten Gegenstandes ein Irrtum Ihrerseits vorliegen, daß diese Dose „Kaba-fit“ Spurenverursacherin Frau Meinhof ist? Ich meinte vorhin auf dieser Spurenkarte „Kaba-fit“ ...
Sachverst. Neu[endorf]:
Das halte ich für unwahrscheinlich, den Irrtum, aber ich werde mich überzeugen, da ich auch nur ein Mensch bin.
(Nach Durchsicht der Unterlagen:)
Halt, entschuldigen Sie, ich bin über die Inheidener Straße hinausgegangen. Das ist ja Komplex Raim... Ich bitte die letzte, insofern ist das ein Irrtum, nicht mehr Inheidener Straße. Ensslin, also das was ich jetzt bekanntgegeben habe und zwar ... diese Spur zählt nicht mehr. Und der Dosenöffner in der Küche ebenfalls nicht. Da habe ich überblättert den Komplex Inheidener Straße, dankeschön für den Hinweis.
OStA[ Zeis:]:
Herr Meins ... noch die Gegenstände auf die Fingerabdrücke von Herrn Meins verursacht worden sein können bitte.
Sachverst. Neu[endorf]:
Eine Spur am 2. Blech Aluminium, Alu abgekürzt, aus der Werkstatt. Eine Spur in der sogenannten „Werkstatt“ an einem Jenaer Glas, außen. Eine Spur im großen Zimmer am Rahmen der Balkontür, Innenseite, neben dem Griff. Eine Spur am Küchentürrahmen, vom Korridor gesehen links. Eine weitere Spur an einem Bild, Korridor[gggg] rechts neben der Küchentüre. Eine weitere Spur, ebenfalls am Bild Korridor, rechts, Wandseite unten.
Das müssen sie gewesen sein.
[8437] OStA Zeis:
Vielen Dank Herr Neuendorf.
Sachverst. Neu[endorf]:
Bitte.
Vors.:
Wir wollen Ihnen jetzt nur die Gelegenheit geben in Ruhe ...
Herr Rechtsanwalt Schnabel.
RA Schn[abel]:
Ich möchte bitten, daß man die weiteren Spuren vom Herrn Müller auch noch feststellt.
Vors.:
Ich kann es nicht verhindern, die Frage ist zulässig in derselben Form. Aber ich darf darauf hinweisen, daß wir heute Vormittag noch beabsichtigen, drei weitere Gutachten ... Herr Rechtsanwalt Schnabel, Sie speziell weise ich deswegen darauf hin, weil Sie schon einmal mir dann zu vorgerückter Zeit, als es in die Mittagspause reinging, das vorgehalten haben, also wir wollen die drei Gutachten heute früh noch anhören.
RA Schn[abel]:
Ich will auch noch eine Erklärung abgeben, nach [§ ]257[ StPO];[14] die will ich jetzt schon ankündigen.
Vors.:
Das ist Ihr gutes Recht. Es geht mir nur jetzt um die zeitliche [hhhh] Einteilung des heutigen Sitzungstages, damit da keine Mißverständnisse entstehen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Eine Spur in der Küche - rechts Vorratsschrank - und zwar an einem Mirabellen-Extraglas mit Tee-Inhalt. Eine weitere Spur im großen Zimmer, links neben der Eingangstür, an einer leeren Granini-Flasche ... Eine weitere Spur in der Werkstatt an einem Plastiktrichter, Innenseite, an der Werkstatt vor der Heizung. Eine weitere Spur an einer großen Porzellanschüssel, am Außenrand, am Küchentisch ... auf dem Küchentisch, ob auf oder am Küchentisch, Küchentisch ohne nähere Beschreibung. Eine weitere Spur an einer Eierlikörflasche in der Küche, - Tisch. - Das waren die Spuren des Müller.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Linke.
RA Li[nke]:
Herr Sachverständiger, ich möchte nochmal auf die Spur, die angebliche Spur der Frau Meinhof zurückkommen. Auf das Wort vermutlich, das auf der Spurenkarte steht und von Ihnen durchgestrichen worden ist. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe hat dieses Wort Herr Drehmann geschrieben. Haben Sie anschließend mit Herrn Drehmann wegen dessen Zweifel diskutiert?
Sachverst. [iiii] Neu[endorf]:
Nein.
RA Li[nke]:
Dann darf ich also davon ausgehen, daß Ihrerseits die Zweifel des Herrn Drehmann jedenfalls nicht ausgeräumt worden sind.
Sachverst. Neu[endorf]:
Meinerseits die Zweifel des Herrn Drehmann nicht ausgeräumt.
Vors.:
Ich glaube, das liegt so in der Beantwortung „nein“ drin.
[8438] Sachverst. Neu[endorf]:
Ich hab mich mit den Zweifeln des Herrn Drehmann nicht beschäftigt, ich[jjjj] habe nur die Spur für mich alleine betrachtet und mit dem Vergleichsfingerabdruck untersucht.
RA Li[nke]:
Wenn das so ist, daß einerseits Herr Drehmann gewisse Zweifel hat und Sie keine Zweifel mehr haben, dann ist doch in der Beurteilung auf alle Fälle auch ein subjektives Moment enthalten.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich meine, daß das zumindestens[kkkk] in dem Bereich der Daktyloskopie immer das subjektive Moment vorhanden ist, denn es geht nicht nur um das Zusammenzählen, sondern es geht um das Definieren eines Sachverhalts, das Auslegen, das Erkennen aller ... und insofern ist das Subjektive immer etwas dabei, aber wie wird dann ausgelegt.
RA Li[nke]:
Ja nun könnte es doch aber sein, daß dann in dem einen oder anderen Falle das subjektive Element mal das objektive überlagert, so daß also furchtbar viel Definition oder Spekulation drin steckt und die objektiven Kriterien fehlen. Denn das Untersuchungsmaterial als solches, die objektiven Kriterien, haben doch in unserem Beispielfall, sowohl Herrn Drehmann als auch Ihnen gleichermaßen zur Verfügung gestanden. Und wer sagt mir dann, wer sagt mir dann, hier im Gerichtssaal, da brauch ich ja Material mit dem ich arbeiten kann und zwar zuverlässig arbeiten kann, daß nun Ihre Beurteilung der objektiven Kriterien die richtigere ist, als die von Herrn Drehmann, der seine Zweifel geäußert hat.
Sachverst. Neu[endorf]:
Ich muß zwei Dinge bei Ihrer Fragestellung berücksichtigen.
Sie sind davon ausgegangen, Herr Verteidiger, daß uns das gleiche Material zur Verfügung gestellt hat. Das bezieht sich objektiv auf das ... auf die Originalspur und auf den Originalfingerabdruck, nur dort. Mir haben auch Vergrößerungen zur Verfügung gestanden, ob die auch dem Herrn Drehmann zur Verfügung standen, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe vorhin vermutet, daß das nicht der Fall sei, diese Aussage ... dabei bitte ich zu berücksichtigen, daß das eine Vermutung ist, Herr Drehmann müßte befragt werden.
Das zu einem Teil, zum zweiten Teil. Ich meine, daß die Vergrößerung [llll] des[mmmm] Untersuchungsmaterials in diesem Falle auch dem Nichtfachmann Gelegenheit gibt, das Vorhandensein dieser von mir angepunkteten und weiter ... oder von mir bezeichneten Merkmale zu überprüfen. Und es ist ohne weiteres drin, und ich möchte hier auch noch erklärend hinzufügen, daß ich aus ganz bestimmten Gründen nicht mit demjenigen, der nach meinem Dafürhalten im Bereich exekutiver Maßnahme eventuell vergleicht mit einer Sammlung, über das Ergebnis eines Gutachtens diskutiere, sondern das ist[nnnn] allein meiner Fachkenntnis und meiner Entscheidung über- [8439] lassen. Und insofern werden die Kontakte fachlicher Art in solchen Fällen mit den Zeugen, Voridentifizierern, ganz bewußt nicht gepflegt.
RA Li[nke]:
Herr Vorsitzender, dann möchte ich, um es mal ganz untechnisch auszudrücken, den Antrag stellen,
Herrn Drehmann, ich würde sagen, als sachverständigen Zeugen[15] darüber zu vernehmen, worauf sich seine Zweifel an der Spurenidentität gründen.
Vors.:
Ja. Ich bitte dann vielleicht, daß wir das zurückstellen, bis das Gutachten hier erstattet ist. Herr Drehmann ist im Saale anwesend. Es ist nicht zu erwarten, daß im Augenblick weitere Dinge zur Erörterung kommen, die seine weiteren Antworten irgendwie vorwegnehmen würden. Deswegen sehe ich keinen unbedingten Zwang, Herrn Drehmann in Abstand zu verweisen. Ist es Ihnen lieber?
Sachverst. Neu[endorf]:
Nein, ich bin einverstanden, wenn er hier bleibt.
Vors.:
Sie, Herr Drehmann, werden also nacher zu dem Punkte nochmals befragt werden müssen. Ich stelle es Ihnen anheim. Es ist ansich nicht notwendig, aber es gibt vielleicht optisch doch das bessere Bild ab, wenn Sie solange im Zeugenzimmer warten, bis Sie wieder vorgerufen werden.
Der als Zuschauer im Sitzungssaal anwesende Zeuge Drehmann wird um 11.46 Uhr in Abstand verwiesen.
Vors.:
Dann darf ich jetzt, wenn keine weiteren Fragen mehr sind, bitten, daß Sie zu dem Komplex Ginnheimer Landstraße in Frankfurt, Ginnheimer Landstraße Nr. 42, Untersuchungsbericht vom 14. und 21.6.72, Ihre Tagebuchnummer 139/72, kommen.
Sachverst. Neu[endorf]:
Zum Komplex Frankfurt, Ginnheimer Landstraße 42, dem eben zitierten Untersuchungsbericht, wurde eine Fingerspur an der Türsicherung der rechten Tür - innen - eines NSU-Prinz - ohne Kennzeichen - am 14.6.1972 durch KHK[oooo] Wagner und RKR Drehmann, beide vom Bundeskriminalamt Wiesbaden, gesichert. Eine Reproduktion der Spurenkarte befindet sich in der Bildmappe Nr. 2, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde am 18.10.1966 in Augsburg aufgenommen. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „Wr“, einen Wirbel rechts dar. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Daumens von Braun Bernhard Matthias, geboren [Tag].[Monat].1946 in Berlin. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Das Lichtbildmaterial befindet sich in der Bildmappe Nr. 2, Seiten 1 und 2.
[8440] OStA Holland verläßt um 11.48 Uhr den Sitzungssaal.
Sachverst. Neu[endorf]:
Eine weitere Fingerspur wurde an der Rückseite eines Kfz-Nummernschildes mit dem Kennzeichen F - RZ 583, das in dem VW-Variant-Kofferraum lag, gesichert, und zwar eben durch die Herren KOK Eifler und RKR Drehmann vom Bundeskriminalamt am [pppp] 14.6.1972. Die Reproduktion der Spurenkarte befindet sich in der Bildmappe Nr. 3, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde aufgenommen [qqqq] am 9.3.1966 in Hannover. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „Zl“, einen sogenannten Zwilling links dar. Identität wurde festgestellt mit dem linken Abdruck ... pardon mit dem Abdruck des linken Zeigefingers von Müller Gerhard Ernst, geb. [Tag].[Monat].1948 in Wuhnitz/Sachsen. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. - Das Untersuchungsmaterial befindet sich in der Bildmappe Nr. 3, Seiten 1 und 2.
Eine weitere Fingerspur wurde an einer Schuko-Vierfach-Steckdose zwischen den Garagen Nr. 13 und 14 - innen am Pfeiler - am 14.6.1972 durch RKR Drehmann, Bundeskriminalamt, gesichert. Die Spurenkarte dazu in Reproduktion befindet sich in der Bildmappe Nr. 4, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde aufgenommen am 1.6.1972 in Frankfurt/Main. Das Muster des Papillarlienienbildes stellt ein „Jv“, das heißt eine Schleife links mit einem V-förmigen Anstoß[rrrr] dar. Die Indentität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Zeigefingers von Raspe Jan-Carl Stefan, geb. 24.7.1944 in Seefeld/Österreich. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 8. (Siehe Bildmappe Nr. 4, Seiten 1 und 2).
Das waren die zu dem Kompelx Ginnheimer Landstraße vorgesehenen Spuren.
Vors.:
Sind zu diesem Komplex Fragen, Ginnheimer Landstraße? Keine Fragen wie ich sehe. Dann darf ich Sie gleich bitten, weiterzuschreiten zur Raimund-Straße 104.
Sachverst. Neu[endorf]:
Zum Komplex Frankfurt Raimund-Straße 104, Untersuchungsbericht des BKA. vom 18.7.1972 ED/E 175/72, wurde eine Fingerspur an einer KABA-FIT-Dose am 25.6.1972 durch KHM Nicke vom LKA Hessen, dem Erkennungsdienst, gesichert. Die Spurenkarte hierzu befindet sich in der Bildmappe Nr. 12, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde aufgenommen am 5.4.1968 in Frankfurt/Main. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein sogenanntes „E“, eine rechtsauflaufende Schleife dar, und Identität wurde festgestellt [8441] mit dem Abdruck des rechten Mittelfingers von Ensslin Gudrun, geb. 15.8.1940 in Bartholomä. Die Zahl der auf den Lichtbildern des Untersuchungsmaterials angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Das Anschauungsmaterial befindet sich in der Bildmappe Nr. 12, Seiten 1 und 2.
Ferner wurde eine Fingerspur an einer blauen Steinguttasse, die in der Küche auf einer Ablage stand, am 25.6.1972 durch KHM Nicke vom LKA Hessen gesichert. Die Spurenkarte hier zur Reproduktion siehe Bildmappe Nr. 13, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde aufgenommen am 9.2.1966 in Frankfurt/Main. Das Muster des Papillarlinienbildes stellt ein „E“ eine nach rechts auslaufende Schleife dar. Identität wurde festgestellt mit dem Abdruck des rechten Daumens von Müller Gerhard Ernst, [Tag].[Monat].1948 in Wuhnitz geboren. Die Zahl der auf dem Untersuchungsmaterial angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Das Untersuchungsmaterial befindet sich in der Bildmappe Nr. 13, Seiten 1 und 2. Das waren die Spuren zum Komplex Raimundstraße 104.
Vors.:
Dankeschön. Zu diesem Komplex Fragen? Ich sehe keine Fragen.
Dann kommt der letzte Komplex Frankfurt, US-Corp, 5. US-Corp.
Hier war der Zeuge für die Spurensicherung ja bereits gehört worden hier im Saale.
Sachverst. Neu[endorf]:
Zum Komplex Frankfurt, 5. US-Corp, Untersuchungsbericht des Hessischen Landeskrimianlamtes vom 29.5.1972, wurde eine Fingerspur an dem Fahrzeugkennzeichen F - NH 425 gesichert, und zwar am 19.5.1972 durch den Kriminalhauptmeister Donnecker vom Hessischen Landeskriminalamt. Die Reproduktion der Spurenkarte befindet sich in der Bildmappe Nr. 1, Seite 3. Der Vergleichsabdruck wurde am 13.1.1969 in Frankfurt/Main aufgenommen; und das Muster des Papillarlienienbildes stellt einen Zwilling links, abgezürzt „Zl“ dar. Indentität wurde festgestellt mit dem Abdruck des linken Daumens von Weisbecker Thomas, geb. 24.5.1949 in Freiburg, verstorben am 2.5.1972 in Augsburg.[16] Die Zahl der auf den Untersuchungsmaterial angepunkteten anatomischen Merkmale beträgt 12. Das Untersuchungsmaterial befindet sich in der Bildmappe Nr. 1 Seite 1 und 2. Weitere Spuren waren nicht da.
Vors.:
Vielen Dank. Wir nehmen auch die schriftliche Ausarbeitung des Gutachtens, die uns der Herr Sachverständige freundlicher überlassen hat, als Anlage zum Protokoll. Sie wird eingeheftet in den Lichtbildordner, der insgesamt Protokollanlage werden wird.
Sind jetzt im Augenblick Fragen an den Herrn Sachverständigen?
Wenn nicht, würde ich vorschlagen, daß der Herr Sachverständige [8442] im Moment hier noch Platz nimmt. In seiner Gegenwart dann der Herr Drehmann nochmals zu den aufgeworfenen Fragen sich äußert, und dann Sie abschließend sich dazu vielleicht nochmals äußern können.
Der Sachverständige Neuendorf bleibt im Sitzungssaal.
Der Zeuge Drehmann erscheint um 11.56 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Sie kennen ja im Grunde genommen die Fragen, die an Sie zu richten sind. Es liegt hier ein Bericht vor, auf den wir uns vorhin schon bezogen haben bei Ihrer Anhörung, vom 26.6.1972, und hier möchte ich Ihnen vorhalten aus O. 77 Bl. 75, daß Sie folgenden Vermerk in einem von Ihnen gezeichneten Bericht angebracht haben. „Eine Spur gesichert in der Küche, stimmt im Linienverlauf und den erkennbaren anatomischen Merkmalen mit einem Fingerabdruck[ssss] von 7. Ulrike Meinhof geb. usw., überein, so daß nicht auszuschließen ist, daß Ulrike Meinhof diese Spur verursacht hat.“
Zu Beginn des Berichtes Bl. 72 dieses Ordners heißt es „mögliche Spurenverursacherin Frau Ulrike Meinhof“. Der Herr Sachverständige hat eben mit Sicherheit aufgrund von Ihm festgestellten 12 anatomischen Merkmalen, übereinstimmenden Merkmalen, Frau Meinhof als Spurenvarursacherin bezeichnet. Frage an Sie:
Worauf gründeten sich Ihre Zweifel, daß Sie die Spurenverursacherin ist?
Zeuge Dr[ehmann]:
Das kann ich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen.
Möglich ist folgendes: Mir stand zum Vergleich die Originalspur zur Verfügung, und ebenfalls das Vergleichsmaterial in der Größe 1:1, das heißt, das Material war nicht vergrößert. Das ist die eine Möglichkeit, daß ich bei dem unvergrößerten Material nicht die erforderliche Anzahl der anatomischen Merkmale gefunden habe ... Möglichkeit Nr. 2: Beim Vergleichsmaterial, das mir zum Zeitpunkt der vergleichenden Untersuchung zur Verfügung stand, war möglicherweise der Teil des Abdruckes nicht ganz zum Abdruck gelangt, der zu untersuchen war. Möglichkeit Nr. 3: Es kann sich möglicherweise bei dem Vergleichsmaterial, das mir zur Verfügung gestanden hat, zum Zeitpunkt der Untersuchung um ein Fingerabdruck- oder Handflächenabdruckblatt, nein Fingerabdruckblatt, gehandelt haben, das auf dem Telebildweg uns übermittelt war; das weiß ich nicht. Daß da möglicherweise kleine Dinge nicht zu erkennen waren.
Ende von Band 470.
[8443] Vors.:
Können Sie mit Sicherheit sagen, daß Ihnen jedenfalls diese Vergrößerungen, mit denen der Herr Sachverständige gearbeitet hat, noch nicht zur Verfügung gestanden haben.
Zeuge Dre[hmann]:
Ich kann mich daran nicht erinnern. Ich weiß es nicht. Ich habe mich mit dem ...
Vors.:
Nein, Sie haben das vielleicht falsch verstanden. Sie sagten ja, die Möglichkeit 1, daß Ihnen nur Spuren und Vergleichsmaterialien im Größenverhältnis 1:1 zur Verfügung gestanden haben. Könnten Sie ausschließen, daß Ihnen damals schon bei Ihren Vergleichen diese Vergrößerungen mit denen der Herr Sachverständige gearbeitet hat, vorgelegen haben.
Zeuge Dre[hmann]:
Das muß ich ausschließen, das schließe ich aus.
Vors.:
Ja, auf das kommt es an. Also Sie können es ausschließen.
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Welche von den drei Möglichkeiten, die Sie jetzt gerade erwähnt haben, wodurch Sie zu einem unsicheren Ergebnis gelangt sind, nun tatsächlich zutrifft, das könnten ...
Zeuge Dre[hmann]:
Das vermag ich nicht zu sagen.
Vors.:
Es ist also rein theoretisch?
Zeuge Dre[hmann]:
Ja.
Vors.:
Und können Sie uns noch sagen, wenn Sie nun die Bezeichnung mögliche Spurenverursacherin wählen, der Herr Sachverständige hat uns ja gesagt, es gibt an sich für den Sachverständigen nur die Möglichkeit zu sagen: Identisch oder nicht identisch. Nun, Sie haben angedeutet mit wieviel Merkmalen würden Sie jetzt zum Beispiel dann solch eine Möglichkeit andeuten?
Zeuge Dre[hmann]:
Die Möglichkeit, daß [tttt] nicht auszuschließen ist, daß X Spurenverursacher ist, nun wenn weniger als 12 oder weniger als 8 anatomische Merkmale vorhanden sind.
Vors.:
Weniger als 12 oder 8, was gilt nun?
Zeuge Dre[hmann]:
Es kommt auf den Einzelfall drauf an. Wenn ich beispielsweise ein Grundmuster nicht erkennen kann, dann müssen es weniger als 8 Merkmale sein ... weniger als 12 Merkmale sein.
Vors.:
Also das heißt, je nach der Qualität der Erkennbarkeit ...
Zeuge Dre[hmann]:
Nach der Qualität des Abdruckes ...
Vors.:
... wird ein Sicherheitszuschlag zu den 8 hinzugegeben.
[8444] Zeuge Dre[hmann]: Ja.
Vors.:
Aber wie das hier im einzelnen der Fall war, wieviel Merkmale ...
Zeuge Dre[hmann]:
Das weiß ich nicht.
Vors.:
Das können Sie nicht mehr sagen. Danke. Herr Rechtsanwalt Linke, sonstige Fragen dazu?
RA Li[nke]:
Keine Frage, danke.
Vors.:
Ist es erforderlich, daß sich der Herr Sachverständige dazu noch äußert. Will jemand noch an Herrn Sachverständigen Fragen richten? Ich glaube nicht. Dann zunächst, Frage an Sie, Herr Drehmann, wenn Sie sich unter Berufung auf den vorhin geleisteten Eid, wenn Sie unter Berufung auf diesen Eid versichern, daß Sie jetzt erneut die Wahrheit gesagt haben, dann gilt das als neue Vereidigung.
OStA Holland erscheint wieder[uuuu] um 12.00 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge Drehmann versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO).[17]
Vors.:
Soll der Herr Sachverständige vereidigt werden? Wird ein Antrag gestellt? Nicht.
Anträge auf Vereidigung des Sachverständigen Neuendorf werden nicht gestellt.
Der Sachverständige Neuendorf bleibt gem. § 79 StPO unbeeidigt.[18]
Der Sachverständige Neuendorf und der Zeuge Drehmann werden um 12.01 Uhr im allseitigen Einvernehmen entlassen.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt Schnabel, Sie haben eine Erklärung nach § 257[ StPO] angekündigt. Auch die übrigen Zeugen, denen wir ja die Bitte ausrichten ließen, noch zuzuwarten, wir wüßten nicht wie es läuft, sind entlassen. Vielen Dank.
Wollen Sie eine kurze Pause vorher haben?
RA Schn[abel]:
Nein, nach den Zeugen- und Sachverständigenaussagen bleibt festzuhalten, daß niemand feststellen konnte, daß die in der Inheidenerstraße gesicherten Spuren auch dort verursacht wurden. Desweiteren, daß der Herr Sachverständige ausgeführt hat, daß Spuren im Bezug auf die Dauer nicht gesichert werden können. Mit anderen Worten, man kann [8445] bei einer Spur nicht feststellen, wann sie verursacht wurde. Ob Tage oder Wochen oder gar Jahre zuvor. Und desweiteren bleibt festzuhalten, daß bezüglich des Angeklagten Baader die Spuren, die in der Inheidenerstraße sichergestellt wurden, sich ausschließlich auf beweglichen Gegenständen befinden, im Gegensatz dazu befinden sich zwei Spuren, in Bezug auf den verstorbenen Herrn Meins, auf nichtbeweglichen Gegenständen.
Vors.:
Danke. Werden sonstige Erklärungen gewünscht? Ich sehe die Bundesanwaltschaft ...
OStA Ze[is]:
Die Bundesanwaltschaft[vvvv] gibt auch eine Erklärung nach [§ ]257[ StPO] ab. Zwar sollen in der konspirativen Wohnung Inheidenerstraße, mit Ausnahme von Fingerabdruckspuren des früher Beschuldigten Meins, von den hier vier Angeklagten nur Abdruckspuren an beweglichen Gegenständen gesichert worden seinen. Durch die Vielzahl der von den einzelnen Angeklagten gesicherten Fingerspuren und unter Berücksichtigung dessen, daß es sich um Gegenstände des täglichen Gebrauchs handelt, mit denen man normalerweise nicht umzuziehen pflegt, sowie in Verbindung mit der Tatsache, daß es sich um Spuren von Personen handelt, die nach ihrer eigenen Bekundung ein und derselben Vereinigung angehören - nämlich der RAF - wird der Beweiswert dadurch auf keinen Fall gemindert. Für die Bundesanwaltschaft steht außer Zweifel, daß die vier hier Angeklagten, Benutzer dieser gerade, auch im Zusammenhang mit den ihnen zur Last gelegten Sprengstoffanschlägen höchst bedeutsamen Wohnung waren. Danke.
Vors.
Sonstige Erklärungen? Sehe ich nicht. Dann setzen wir die Sitzung um 14.00 Uhr, mit der Vernehmung weiterer 3 Zeugen fort.
Pause von 12.04 Uhr bis 14.04 Uhr.
[8446] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.04 Uhr.
RAe Grigat und. Schwarz sind wieder[wwww] anwesend.
Reg. Dir. Widera ist wieder[xxxx] anwesend.
RA. Künzel ist nicht mehr[yyyy] anwesend.
Als Zeugen sind erschienen:
KHM Hans-Joachim Müller
Maria Seidemann
Slavka Markovic
Vors.:
Wir können, wie ich sehe, die Sitzung fortsetzen. Herr Rechtsanwalt Künzel hat eine kurze Verspätung. Noch folgender Hinweis zum Terminplan: Der Kriminalhauptkommissar Schlörer, der auf Mittwoch, 21.4. geladen war, mußte vorgezogen werden, da er an dem Tag verhindert ist, auf Dienstag, 20.4., 14.00 Uhr. Ich erfahre soeben, daß auch der Kriminalkommissar Penzkofer, der auf morgen geladen ist, an Grippe erkrankt ist, sodaß er uns morgen sicher nicht zur Verfügung steht. Eventuell dann später. Jetzt haben wir noch heute Nachmittag die Zeugen Frau Seidemann, Frau Markovic und Herrn Müller. [zzzz]
Die Zeugen Müller, Seidemann und Markovic werden gem. § 57 StPO belehrt.
Die Zeugen Müller, Seidemann und Markovic erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.
Die Zeugen Müller und Markovic werden um 14.07 Uhr in Abstand verwiesen.
Die Zeugin Seidemann macht folgende Angaben zur Person:
Maria Magdalena Seidemann, geb. [Tag].[Monat].33,
Verkäuferin,
Ditzenbach-Steinberg.[8447] Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Frau Seidemann wo haben Sie im Frühjahr 1972 gearbeitet?
Zeugin Sei[demann]:
In der Firma Heil in Frankfurt in der Inheidenerstraße.
Vors.:
Inheidenerstraße. Wissen Sie zufällig die Hausnummer?
Zeugin Sei[demann]:
Ich glaube 69 war es.
Vors.:
Könnte es auch die Nummer 67 gewesen sein?
Zeugin Sei[demann]:
Ich weiß es nicht mehr.
Vors.:
Wüßten Sie noch, auf Jeden Fall eine 60iger Nummer?
Zeugin Sei[demann]:
Genau.
Vors.:
Und eine Ungerade offenbar. Das wissen Sie auch?
Zeugin Sei[demann]:
Also ich weiß es nicht 100 %ig.
Vors.:
Können Sie die Zeit noch benennen? Genau, wielange Sie dort gearbeitet haben?
Zeugin Sei[demann]:
Ich habe dort gearbeitet vom 2. Januar 72 bis zum 31. März 73.
Vors.:
Ist Ihnen in dieser Zeit eine Kundin irgendwie durch, irgendwelche Besonderheiten aufgefallen? Sei es auch, daß Sie auf Besonderheiten erst nachträglich durch irgendwelche Vorkommnisse hingewiesen worden wären?
Zeugin Sei[demann]:
Durch das Einkaufen ist mir die Kundin aufgefallen. Denn[aaaaa] sie hat Sachen gekauft, die unsere normale Kundschaft nicht gekauft hat, weil es zu teuer war. Da drauf ist mir die Kundin aufgefallen. Aber aus sonst keinem Grund.
Vors.:
Was hat die Kundin, von der Sie, also es scheint offenbar in diesem Zeitraum, wo Sie dort waren, nicht viele Kundinnen dieser Art gegeben zu haben oder?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, so die normale Kundschaft. Die hat immer das regelmäßige gekauft, das Billige. Und diese Kundin eben die hat nur das Teuerste gekauft. Und das ist mir aufgefallen.
Vors.:
Ist das nun eine einzelne Kundin gewesen oder gab es mehrere Kundinnen, die so teuer eingekauft haben?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, in den Mengen nicht.
Vors.:
Sodaß also diese Kundin für Sie ein Einzelfall war, in dem Zeitraum?
[8448] Zeugin Sei[demann]:
Ja, sie ist mir aufgefallen. Sie kaufte ja immer das Teuerste und große Mengen.
Vors.:
Wüßten Sie noch in welchem Zeitraum Ihnen diese Kundin aufgefallen ist, wann das gewesen sein könnte?
Zeugin Sei[demann]:
Es müßte so im März, April das erste Mal gewesen sein.
Vors.:
Im März oder April?
Zeugin Sei[demann]:
1972.
Vors.:
1972. Könnten Sie diese Kundin heute noch aus dem Gedächtnis beschreiben?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, es ist mir aufgefallen. Sie hat einen furchtbar langen Hals gehabt. Und war immer schwarz angezogen.
Und einen Krusselkopf. Es war eben auch ein bißchen auffallend gewesen.
Vors.:
Was sagten Sie ...
Zeugin Sei[demann]:
So einen Krusselkopf, so ganz kleine Löckchen.
Vors.:
Gekräuseltes Haar.
Zeugin Sei[demann]:
So ungefähr ja.
Vors.:
Haben Sie die Sprache gehört?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, aber sie[bbbbb] war immer sehr höflich. Immer sehr nett.
Vors.:
Und ich meine, woraus schließen Sie, daß sie höflich gewesen ist und nett, wenn Sie die Sprache ...
Zeugin Sei[demann]:
Sie hat immer gelacht und gesagt: Guten Tag und Aufwiedersehen. So als wenn wir uns schon längere Zeit kennen würden.
Vors.:
Und bei diesen wenigen Worten haben Sie da irgendwelche Rückschlüsse ziehen können, ob sie Dialekt gesprochen hat, Schriftdeutsch?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Vors.:
Können Sie die Größe ungefähr noch angeben?
Zeugin Sei[demann]:
Das ist schlecht hinter so einer hohen Theke.
Vors.:
Achso, Sie standen ja ...
Zeugin Sei[demann]:
Ich war ja hinter der Theke und wir hatten eine hohe Glastheke und die Kunden standen davor.
Vors.:
Sie können es offenbar nur ... aber wenn Sie sich vielleicht vorstellen wollen, war die Kundin größer oder kleiner als Sie.
Zeugin Sei[demann]:
Ach nein, ich würde sagen so mittlere Größe.
Vors.:
Mittlere Größe. Was ist bei Ihnen mittlere Größe?
Zeugin Sei[demann]:
Vielleicht 1,65 - 68 Meter so ungefähr. Also sie war wahrscheinlich etwas größer als ich.
[8449] Vors.:
Wenn die Akten hier zutreffen, dann sind Sie einmal schon von der Polizei vernommen worden?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Erinnern Sie sich, daß Sie damals auch danach gefragt wurden, ob Sie die Kundin beschreiben könnten?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Wissen Sie noch, wie Sie damals die Größe angegeben haben?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, weiß ich nicht.
Vors.:
Dann darf ich aus Blatt 381 des Ordners 81 Ihnen angeben, daß damals gesagt wurde, wenn das Protokoll stimmt, ca. 1,70 Meter groß.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, ich sage ja, ich weiß es nicht mehr. Ich stand immer vor der Theke und da hat man dann doch nicht so die Überblick.
Vors.:
Können Sie nun die Gestalt näher beschreiben?
Zeugin Sei[demann]:
Wie sie aussah?
Vors.:
Die Gestalt ja?
Zeugin Sei[demann]:
Schmal und zierlich.
Vors.:
Und der Kopf selber?
Zeugin Sei[demann]:
Und dann war sie immer schwarz angezogen, das macht ja auch schmal.
Vors.:
Und die Kopfform?
Zeugin Sei[demann]:
Sie hat lauter Löckchen, und das hing auch alles so rundrum so ein bißchen. Kann ich nicht sagen, wie die Kopfform war.
Vors.:
Wie oft ist denn diese Kundin Ihnen dort wohl begegnet insgesamt?
Zeugin Sei[demann]:
Höchstens zwei- dreimal. Ich habe nur vormittags gearbeitet. Ob sie nachmittags noch kam, das weiß ich nicht.
Vors.:
Und Sie erwähnten vorhin, es sei im März oder April das erste Mal gewesen?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Wann war es dann wohl das letzte Mal? Ich meine, können Sie sich vielleicht erinnern, in welchem zeitlichen Abstand die Kundin kam. Kam sie jeden Tag ...
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein, es war immer längere Zeit. Es können vielleicht 4 oder 6 Wochen, ich weiß es heute nicht mehr. Das ist schon so lange her.
Vors.:
Zwischen den ...
Zeugin Sei[demann]:
Es waren längere Zeiten gewesen.
[8450] Vors.:
Zwischen den einzelnen Einkäufen.
Zeugin Sei[demann]:
Also es war so im März, April war sie da, und dann im Juni war das ja dann schon rum, da war sie höchstens bei mir zwei- dreimal.
Vors.:
Das können Sie heute nicht mehr präzise angehen? Wie etwa, welcher Zeitraum zwischen den einzelnen Einkäufen gelegen hat?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich kann es nicht mehr.
Vors.:
Früher haben Sie, laut 381, sollen Sie das so angegeben haben, gesagt, sie sei etwa alle 10 bis 14 Tage gekommen. Wenn ich Ihnen das jetzt vorhalte, das muß nicht so sein ...
Zeugin Sei[demann]:
Aber ich weiß es heute wirklich nicht mehr.
Vors.:
Also auch wenn ich Ihnen sage, 10 bis 14 Tage, hätten Sie früher gesagt, fällt Ihnen das nicht mehr ein.
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich kann es nicht mehr, das ist zu lange her.
Vors.:
Können Sie noch etwa angeben, wenn Sie also von März, April ausgehen, wann es zum letzten Mal gewesen sein könnte, daß Sie die Frau gesehen haben?
Zeugin Sei[demann]:
Es tut mir leid, das kann ich nicht mehr sagen.
Vors.:
Ich meine, könnten diese zwei bis drei Begegnungen, von denen Sie sprechen, alle in einem Monat stattgefunden haben?
Zeugin Sei[demann]:
Nein. Also es waren immer längere Zeiten. Denn nachdem Sie dann kam; „Ach ist auch wieder mal da“ - so ungefähr war dann mein Gedanke.
Vors.:
Ja, nun sprachen Sie von den teuren Waren, die sie gekauft habe, und dann haben Sie wohl auch noch die Menge erwähnt.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, größere Mengen ja.
Vors.:
Sind das auffällig große Mengen gewesen oder ...
Zeugin Sei[demann]:
Ja, also für die damaligen Begriffe, was die Kundschaft sonst gekauft hat.
Vors.:
Konnten Sie die ungefähr noch angeben? Also was würde eine Hausfrau annehmen, was für eine Familie hier zu versorgen ist, beispielsweise.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, also sie hat ein Pfund ungarische Wurst gekauft, wo die Normalkundschaft höchstens mal 1/8 gekauft hat, weil es zu teuer war. Das fällt einem dann auf.
[8451] Vors.:
Rückschlüsse auf die Zahl der Familie oder der Gruppe, die zu versorgen wäre, in irgendeiner Form haben Sie nicht ziehen können?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Vors.:
Ist diese Frau Ihnen später durch irgendwelche Ereignisse wieder vor Augen geführt worden?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, erst durch das Fernsehen.
Vors.:
Durch das Fernsehen. Was ist denn damals passiert, mit dem Fernsehen?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, an dem Abend, an dem sie festgenommen wurde, sah man sie im Fernsehen. Und da bin ich vom Sessel hoch und habe gesagt, das ist eine Kundin von mir.
Vors.:
Ist damals ein Namen genannt worden?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Nämlich?
Zeugin Sei[demann]:
Daß das Gudrun Ensslin sei.
Vors.:
Und Sie sahen also dieses Bild im Fernsehen.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, habe ich sofort erkannt. Habe ich gesagt, das ist ja eine Kundin von mir.
Vors.:
Waren Sie sich damals in Ihrem Urteil sicher?
Zeugin Sei[demann]:
Ja ich habe, das war glaube ich um 8, ich war wirklich fürchterlich aufgeregt, und dann habe ich nochmal gewartet bis um[ccccc] 9. Ich wollte mich vergewissern, und da gab es aber für mich kein Zweifel, daß sie das war.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie dann in der Folge von der Polizei wegen dieser Beobachtung gehört wurden?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Sind Sie selbst zur Polizei oder kam die Polizei zu Ihnen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich hatte damals den Abend, als das ... als ich es im Fernsehen sah, habe ich das der Polizei gesagt. Und da ist mir gesagt worden, das ist uninteressant; Hauptsache sie ist festgenommen. Das haben schon viele behauptet, weil ich gesagt habe, ich arbeite da und da, und die hat bei mir eingekauft. Und da wurde gesagt, egal, wir haben sie, Schluß. Und da war das für mich erledigt.
Vors.:
Aber später kam dann doch noch eine Vernehmung.
Zeugin Sei[demann]:
Aber später kamen sie dann ins Haus, in die Firma. Dann wurden wir gefragt, ob wir sie kennen würden. Dann habe ich gesagt, ja, ich kenne sie vom Einkaufen.
Vors.:
Jetzt hatte man also doch noch Interesse dafür. Ja nun, was heißt, wenn Sie gefragt wurden, ob Sie die kennen würden. Ist da ganz speziell auf die ...
[8452] Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich habe nur gesagt, die ist hier zum Einkaufen gekommen.
Vors.:
Ja und wie sind Sie dazu gekommen, etwa der Polizei zu sagen, es handle sich um die oder die Frau?
Zeugin Sei[demann]:
Ja uns wurden Bilder vorgelegt, so Alben.
Vors.:
Sind das Bilder gewesen, die nur eine Person zeigten?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, das waren ganze Stöße. Und mehrere Alben, die haben wir durchgeblättert.
Vors.:
Und da konnten Sie frei aussuchen?
Zeugin Sei[demann]:
Ja aber nur die, die ich eben daraus erkannt habe.
Vors.:
Das ist klar. Sie haben also eine Auswahl, und zwar, so wie Sie andeuten, eine große Auswahl von Bildern bekommen, und durften da durchblättern und sagen, die und die ist es.
Zeugin Sei[demann]:
Ja. Soweit ich noch in Erinnerung habe, waren auch Kleidungsbilder, Bilder mit Kleidungstücken waren auch noch dabei.
Vors.:
Würden Sie mal die Bilder hier darauf anschauen, ob es sich damals um solche Bilder gehandelt hat?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Vielleicht, wenn Sie auch mal anfangen blättern würden, ob Sie heute noch ein Bild davon erkennen könnten.
Der Zeugin wird die zu den Akten gehörende Lichtbildmappe übergeben.
Vors.:
Sie werden sich damals natürlich vorwiegend auf Frauenbilder konzentriert haben.
Zeugin Sei[demann]:
Nur auf diese eine Person. Sonst war mir niemand bekannt.
Vors.:
Aber wenn Sie hier jetzt anhand der Bilder sagen könnten, ja solche Bilder waren es damals, die ich gesehen habe.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, es ...
Vors.:
Ich meine, waren da zum Beispiel auch Männer dabei?
Zeugin Sei[demann]:
Ja und auch Fotografien von Kleidungsstücken.
Also ich würde sagen, solche Bilder waren es gewesen.
Vors.:
Ja, blättern Sie ruhig mal weiter, ob Sie irgendwo ein Bild entdecken, das Ihnen bekannt vorkommt.
Zeugin Sei[demann]:
Das war sie, Bild[ddddd] Nr. 13
Vors.:
Bildnummer 13. Danke. Ist das auch ein solches Bild damals gewesen, das Sie gesehen haben?
Zeugin Sei[demann]:
Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Vors.:
Aber aus Ihrem heutigen Gedächtnis würden Sie sagen, daß das die abgebildete Frau sein müßte?
[8453] Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Blättern Sie ruhig mal weiter, ob Sie weitere Bilder sehen?
Zeugin Sei[demann]:
Ja und so mit diesem Krusselkopf, so kam sie auch einkaufen.
Ich würde sagen, er war noch mehr gekrusselt und man sieht alles so ins Gesicht rein.
Vors.:
Das ist nun das zweite Blatt.
Zeugin Sei[delmann]:
Nr. 13 ...
Vors.:
Wenn Sie nochmal weiterblättern wollen, ob Sie noch irgendetwas sehen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, als das Bild ...
Vors.:
Das dritte Blatt von Nr. 13 würde Ihnen nichts besagen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Vors.:
Jetzt kommt schon die Nr. 14; das ist dann vielleicht nicht mehr so wichtig. Haben Sie damals, als Sie bei der Polizei die Bilder durchgesehen haben, auch ein Bild sicher wiedererkannt?
Zeugin Sei[demann]:
Das weiß ich nicht mehr. Ich habe mich auch nie damit befaßt.
Vors.:
Es geht jetzt nur darum, Sie sagten ja, Sie hätten bei der Polizei auch Lichtbilder vorgelegt bekommen, ob Sie die Erinnerung daran haben, daß Sie damals auch ein Bild vielleicht als übereinstimmend erkannt haben.
Rechtsanwalt Pfaff verläßt um 14.22 Uhr den Sitzungssaal.
Zeugin Sei[demann]:
Das weiß ich nicht.
Vors.:
Dann möchte ich Ihnen nur als Erinnerungsstütze, wenn Sie sich an diesen Vorgang nicht mehr erinnern ...
Zeugin Sei[demann]:
Ich glaube, da waren sogar mal zwei Herren, mit Alben bei mir in der Wohnung, soweit ich mich jetzt entsinnen kann. Aber ich glaube, ich habe in diesen Alben niemand erkannt. Das war aber lange danach. Da waren mal welche bei mir in der Wohnung. Das fällt mir jetzt gerade ein. Und dann waren auch welche im Geschäft mit diesen Bildern.
Vors.:
War das im Geschäft, war das dann nicht so lange danach oder was meinen Sie mit lange Weile.
Zeugin Sei[demann]:
Also ich weiß es wirklich nicht mehr.
Vors.:
Also hier liegt eine Vernehmung vor. Sie trägt möglicherweise Ihre Unterschrift.
Der Zeugin wird aus Ordner 81 Blatt 381 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob es sich um Ihre Unterschrift handelt.
[8454] Zeugin Sei[demann]:
Ja, das ist meine Unterschrift.
Vors.:
Also das ist ein Protokoll über eine Aussage, die Sie gemacht haben sollen. Hier unterschrieben von Ihnen. Und hier wird oben angegeben, Sie seien im HL-Markt in der Inheidenerstraße 67 aufgesucht worden, und zwar unter dem Datum 19.6.72. Die Tatsache, daß Sie im Geschäft aufgesucht worden sind, an das erinnern Sie sich, das haben wir ja schon erfahren.
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Jetzt erfahren Sie auch gleichzeitig noch durch diesen Hinweis, daß es die Hausnummer 67 war. Fällt Ihnen das jetzt wieder ein?
Zeugin Sei[demann]:
Ja nachdem Sie es sagen, aber ...
Vors.:
Sie wüßten es heute nicht mehr?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich weiß das heute nicht mehr, weil ich nicht mehr in Frankfurt wohne.
Vors.:
Und hier ist angegeben 19.6.1972. Das wäre also nicht allzulange nach den Ereignissen, die zu Fernsehveröffentlichungen geführt haben. Und hier sollen Sie gesagt haben, das ist der Eingangsabschnitt: „Mir wurde heute eine Lichtbildmappe vorgelegt. Bei dem Bild - Sie geben dann eine Nummer an - (Zeitungsausschnitt) erkenne ich zweifelsfrei die Frau wieder, die des öfteren bei mir in der Fleischabteilung eingekauft hat.“ Jetzt, Sie haben also gehört, was Sie damals angegeben haben sollen. Fällt Ihnen das jetzt wieder ein, daß es so gewesen ist, und daß Sie damals die Frau glaubten, aus den damals vorgelegten Bildern, wiederzuerkennen.
Zeugin Sei[demann]:
Also mit 100 % kann ich ich das heute nicht mehr sagen.
Vors.:
Auch nicht, wenn es dort in der Vernehmung heißt, Zeitungsausschnitt.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, wenn es da steht wird’s ... Ich selbst ich weiß es nicht mehr.
Vors.:
Um das geht es jetzt nicht, was hier steht, sondern nur, was Ihnen, wenn man Ihnen das bekanntgibt, wieder einfällt. Und nur das sollen Sie hier bekanntgeben. Auch damals sollen Sie die Nr. 13: „Bei dem Bild Nr. 13 (Zeitungsausschnitt) erkenne ich“ usw., also die Nr. 13 bezeichnet haben. Fällt Ihnen das ...
Zeugin Sei[demann]:
Nein, mir fällt es nicht ein.
Vors.:
Haben Sie sonst noch Gelegenheit gehabt, Ihr Erinnerungsbild zu überprüfen, hinsichtlich dieser Frau?
Zeugin Sei[demann]:
Ja immer nur, wenn ich sie ... Bild oder Fernseher oder Zeitung, dann sah ich sie immer vor mir.
Vors.:
Haben Sie diese Frau, nachdem sie bei Ihnen im Geschäft gewesen ist [8455] und dann dort nicht mehr auftauchte, nochmals gesehen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Rechtsanwalt Pfaff erscheint um 14.25 Uhr [eeeee] wieder im Sitzungssaal.
Vors.:
Überhaupt nie mehr?
Zeugin Sei[demann]:
Doch in Essen.
Vors.:
In Essen, da sprechen Sie jetzt wohl an, eine Gegenüberstellung, die gemacht wurde.
Zeugin Sei[demann]:
Genau.
Vors.:
Die war in der Justizvollzugsanstalt Essen. Können Sie ganz kurz erwähnen, wie das damals abgelaufen ist?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, das war Anfang Juni vor 2 vor 3 Jahren, da waren wir in so einem Zimmer im Gefängnis drin. Es waren mehrere Herren und auch noch mehrere Zeugen wurden geladen, und da wurden dann mehrere Frauen vorgeführt. Und da mußte man dementsprechend raussuchen, welche Nummer es war. Und dann hat man einen Bogen bekommen, den mußten wir ausfüllen und da reinschreiben.
Vors.:
Sie sagen, welche Nummer das war. Ist es deswegen so gewesen, daß die betreffenden Frauen, die hier Ihnen vorgeführt wurden, Nummern getragen haben?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, und die wurden in zwei Durchgängen, und die wurden dann immer verschieden; die Erste, die kam beim zweiten Durchgang vielleicht als Dritte, so.
Vors.:
Also nicht immer die gleichen Nummern, sondern es sind verschiedene Durchgänge gemacht worden. Wieviel insgesamt Durchgänge?
Zeugin Sei[demann]:
Zwei Durchgänge.
Vors.:
Und wieviel Frauen wurden vorgeführt. Wissen Sie das heute noch ungefähr?
Zeugin Sei[demann]:
Vielleicht 5-6, ich weiß es nicht.
Vors.:
5 oder 6 Frauen meinen Sie. Und haben Sie damals etwas wiedererkennen können?
Zeugin Sei[demann]:
Nur eben Gudrun Ensslin, die habe ich erkannt. Sonst niemand.
Vors.:
Also Sie konten eine Frau bezeichnen, von der Sie annahmen, daß das die Kundin ist?
Zeugin Sei[delmann]:
Genau ja.
Vors.:
Haben Sie nun dieses Wiedererkennen oder war Ihnen dieses Wiedererkennen möglich, weil Sie noch die Kundin in Erinnerung hatten oder könnte es auch sein, weil Sie die Bilder nachträglich gesehen haben?
[8456] Zeugin Sei[demann]:
Als Kundin habe ich sie wiedererkannt.
Vors.:
Sie haben also den Vergleich gezogen, zwischen der Kundin ...
Zeugin Sei[demann]:
Wie sie vor mir stand.
Vors.:
Wüßten Sie heute noch, welche Nummern Sie damals angegeben haben?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, das weiß ich nicht.
Vors.:
Zunächst möchte ich Ihnen aber die Erklärung Blatt 384 des Ordners 81 vorlegen.
Der Zeugin wird aus Ordner 81 das Blatt 384 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob es richtig ist, daß sie damals eine solche Erklärung ausgefüllt habe, ob das ihre Schrift und ihre Unterschrift ist.
Zeugin Sei[demann]:
Ja, das ist meine Schrift und meine Unterschrift.
Vors.:
Handelt es sich hier um diese Erklärung, von der Sie gerade gesprochen haben, wo Sie eintragen mußten, welche Nummer die betreffende Frau getragen hat?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Wenn ich Ihnen jetzt aus dieser Erklärung zunächst vorhalte, daß Sie hier eingetragen, im ersten Durchgang die Nummer 2, im zweiten Durchgang die Nr. 4. Fällt es Ihnen heute noch ein?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Vors.:
Dann wollen wir noch fragen, sind Sie im Anschluß an diese Gegenüberstellung vernommen worden?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
Vors.:
Waren Sie da nirgends mehr?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nichts mehr.
Vors.:
Sind Sie sich dessen ganz sicher?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, also das war das letzte Mal.
Vors.:
Sicher es könnte sein am selben Tag noch. Aber sind Sie, um über das Ergebnis ...
Zeugin Sei[demann]:
Ja, von einem Richter Knobloch oder wie er hieß ...
Vors.:
Knoblich.
Zeugin Sei[demann]:
Knoblich, ja.
[8457] Vors.:
Das war der damalige Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs.[19]
Zeugin Sei[demann]:
Das war am Spätnachmittag.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie von diesem Richter auch gefragt wurden oder es selbst erzählt haben, welche Nummern Sie damals festgestellt haben?
Zeugin Sei[demann]:
Ich weiß es nicht mehr.
Der Vorsitzende verliest gem. § 253 StPO[20] den Kopf des Vernehmungsprotokolls aus Ordner 81, Blatt 385 bis „nachstehend genannte Zeugin“ und gibt bekannt, daß sodann die Vernehmung der Zeugin Seidemann, beginnend mit deren Personalien, folgt.
Er verliest weiter von Blatt 386 den zweiten Absatz wie folgt:
„Ich habe heute in der Justizvollzugsanstalt Essen an einer Gegenüberstellung teilgenommen, bei der in je zwei Durchgängen sechs Frauen vorgeführt wurden. Ich habe dabei die soeben genannte Kundin, die ich im Frühjahr 1972 wiederholt bedient habe, mit Sicherheit wiedererkannt. Es handelt sich um die Frau, die im ersten Durchgang die Nummer 2 und im zweiten Durchgang die Nummer 4 hatte.“
Rechtsanwalt Künzel erscheint um 14.30 Uhr wieder im Sitzungssaal.
Vors.:
Haben Sie damals, bei dieser Vernehmung, sich bemüht, die Wahrheit anzugeben?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
Vors.:
Sind weitere Fragen an die Frau Zeugin? Herr Berichterstatter, bitte.
Richter Ma[ier]:
Sie schilderten vorher, daß im Fernsehen die Festnahme einer Frau Ensslin gezeigt wurde. Wenn Sie sich bitte zurück erinnern wollen, wann hatten Sie vor dieser Fernsehsendung zum letzten Mal diese Kundin gesehen. Lag es sehr lange zurück?
Zeugin Sei[demann]:
Das kann ich Ihnen nicht ...
Richter Ma[ier]:
Lag das Monate oder lag es nur Wochen zurück?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein, nein.
Richter Ma[ier]:
Monate waren es nicht?
Zeugin Sei[demann]:
Nein. Denn ich habe sie ja im März, April das erste Mal gesehen, und im Juni war sie ja dann schon im Fernsehen. Also waren das ja nur so drei, vier Monat. Und ich habe sie ungefähr dreimal [8458] in dieser Zeit gesehen.
Richter Ma[ier]:
Kann man daraus folgern, daß Sie sie auch noch im Mai 1972 gesehen haben?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, das kann möglich sein. Aber genaues kann ich nicht sagen.
Richter Ma[ier]:
Danke.
Vors.:
Weitere Fragen bitte? Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.
RA Schi[ly]:
Frau Zeugin, wenn ich Sie recht verstehe, dann haben Sie dieses Wiedererkennen an zwei Merkmalen festgemacht, und zwar dem langen Hals und dem, Sie haben sich wohl so ausgedrückt, Krusselkopf. Also der lange Hals und die Frisur. Das waren für Sie die Kennzeichen, an denen Sie das Wiedererkennen feststellen konnten. Sagen Sie, Sie sagten, Sie haben da so eine Übereinstimmung im Fernsehen festgestellt. Waren Sie bei dieser Fernsehsendung allein?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, mein Mann war dabei.
RA Schi[ly]:
Ihr Mann war zugegen. Haben Sie dem das auch berichtet?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, ich bin ja vom Sessel hoch.
RA Schi[ly]:
Ja. Und dann haben Sie sich noch einmal vergewissert, eine Sendung später ...
Zeugin Sei[demann]:
Ja, ja ..., ob es auch wirklich so ist.
RA Schi[ly]:
Und dann waren Sie sicher?
Zeugin Sei[demann]:
Ja. Da war ich genau sicher.
RA Schi[ly]:
Nachdem Sie es zum zweiten Mal gesehen haben. Und nun melden Sie sich bei der Polizei. Die Polizei winkt ab, wie Sie das geschildert haben. Haben Sie dann im Anschluß daran noch mit irgend jemand gesprochen oder haben Sie es dann erst mal für sich behalten?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein. Ich habe nur dann, wie ich ins Geschäft kam, meine Kollegin gefragt, da sagt sie, ja, das ist die ...
RA Schi[ly]:
Ahja, dann haben Sie mit den Kolleginnen gesprochen?
Zeugin Sei[demann]:
Nur mit meiner Kollegin, sonst war ja niemand da.
Wir waren ja nur zu zweit.
RA Schi[ly]:
Nur mit der Frau Markovic, die heute auch da ist?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Was haben Sie denn mit der Frau Markovic gesprochen?
Zeugin Sei[demann]:
Ja ich habe bloß gefragt, ob sie sich daran erinnert, an die Kundin. Und da sagte sie ja, sie würde sie auch kennen.
RA Schi[ly]:
Ja. Haben Sie sie angesprochen oder wie kam das nun dieses [8459] Gespräch mit Frau Markovic zustande?
Zeugin Sei[demann]:
Ja ich habe sie gefragt, ob sie sich an diese Person erinnert, weil ich war ja nur morgens da. Ich weiß ja nicht, ob diese Kundin auch mittags kam. Denn sie ist ja den ganzen Tag im Geschäft gewesen.
RA Schi[ly]:
Ja. Haben Sie nun der Frau Markovic erst mal erzählt, also ich habe gestern Fernsehen gesehen und ... oder wie ging das vor sich?
Zeugin Sei[demann]:
Nun ja, am anderen Morgen hat ja jeder davon gesprochen.
Und da habe ich gesagt, haben sie gestern Abend gesehen. Und da sagt sie, ja das ist eine Kundin. Die habe ich auch schon bedient. Und dann war das ja ..., sicher, man hat noch darüber gesprochen, aber für mich war das dann erledigt, weil ich gesagt bekommen habe, es ist uninteressant.
RA Schi[ly]:
Ja haben Sie sich da so gegenseitig bestätigt, sozusagen in ihrer Auffassung?
Zeugin Sei[demann]:
Nunja, das haben wir uns nicht zu bestätigen brauchen. Wir wußten es ja, daß sie hier einkaufen kam.
RA Schi[ly]:
Sagen Sie, diese polizeiliche Vernehmung. Sie sind ja dann später polizeilich vernommen worden?
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Haben Sie dann die Polizei noch darauf aufmerksam gemacht, naja, da könnte auch noch eine Kollegin etwas sagen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein.
RA Schi[ly]:
Wissen Sie, wieso die Polizei nun doch zu Ihnen kam?
Zeugin Sei[demann]:
Ja genaues weiß ich nicht. Ich weiß nur soviel, daß die eine Wohnung im Haus hatten. Aber mehr weiß ich auch nicht.
RA Schi[ly]:
Ja. Warum die Polizei dann doch gekommen ist, das ist Ihnen unbekannt.
Zeugin Sei[demann]:
Nein, das weiß ich nicht.
RA Schi[ly]:
Nun bei dieser polizeilichen Vernehmung, Frau Seidemann, da waren, da hieß es ja, da ist Ihnen die Lichtbildmappe vorgelegt worden. Können Sie nun sagen, ob nun von dieser Person, die Sie wieder zu erkennen meinen, ein Bild oder mehrere Bilder in dieser Mappe waren?
Zeugin Sei[demann]:
Sie meinen jetzt von dieser einen Person. Es war ein dickes Album.
RA Schi[ly]:
Ja, ja, das haben wir ja gehört. Es war also ein Album mit [8460] zahlreichen Lichtbildern, das haben Sie uns ja geschildert.
Jetzt nur die Frage, ob von der Person, die Sie wieder zu erkennen meinten, ob dann ein Foto oder ob davon mehrere Fotos ...
Zeugin Sei[demann]:
Ich weiß es nicht.
RA Schi[ly]:
Das wissen Sie nicht mehr. Sagen Sie, haben denn noch andere Kolleginnen, außer der Frau Markovic, darüber gesprochen, daß Sie da jemand wieder erkannt haben?
Zeugin Sei[demann]:
Das ist mir nicht bekannt.
RA Schi[ly]:
Hat Ihnen auch Frau Markovic in der Richtung nichts erzählt?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Sind Sie mit Frau Markovic hier angereist?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, wir sind zusammen angereist.
RA Schi[ly]:
Ja. Haben Sie mit Frau Markovic noch einmal über die damaligen Erlebnisse ...
Zeugin Sei[demann]:
Nein, wir haben nicht darüber gesprochen.
RA Schi[ly]:
Überhaupt nicht?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Kein Sterbenswort?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Also, und nach dieser Gegenüberstellung in Essen, haben Sie da mal nochmal mit Frau Markovic gesprochen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich habe sie heute zum ersten Mal gesehen, weil ich nicht mehr in Frankfurt wohne.
RA Schi[ly]:
Haben Sie seit der Zeit ...
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich habe sie heute zum ersten Mal wiedergesehen.
RA Schi[ly]:
Haben dann gar nicht mehr über den Sachverhalt gesprochen?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Habe ich Sie da richtig verstanden, daß Sie verschiedene Arbeitszeiten hatten, die Frau Markovic und Sie?
Zeugin Sei[demann]:
Ja. Ich hab nur vormittags gearbeitet, bis 12 Uhr.
RA Schi[ly]:
Sagen Sie, was hat ungarische Salami damals bei Ihnen gekostet?
Zeugin Sei[demann]:
2,20 DM 100 gr, damals.
RA Schi[ly]:
Und hat diese Kundin auch noch etwas anderes gekauft?
Zeugin Sei[demann]:
Ja, Tatar.
RA Schi[ly]:
Und was kostete das?
Zeugin Sei[demann]:
Oh, das weiß ich heute nicht mehr.
RA Schi[ly]:
Wissen Sie nicht mehr?
[8461] Zeugin Sei[demann]:
Nein, das weiß ich nicht mehr.
RA Schi[ly]:
Das waren die beiden Artikel, die ...
Zeugin Sei[demann]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Dann habe ich keine Fragen mehr an Frau Seidemann.
Vors.:
Sonst keine Fragen? Ich sehe nicht. Sie werden dann sicherlich warten, bis auch Frau Markovic ihre Aussage gemacht hat. Sie fahren wieder gemeinsam zurück. Herr Rechtsanwalt Künzel hat doch noch eine Frage.
RA Kün[zel]:
Ich bitte zum Beweis dafür, daß es sich bei der Person, von der die Zeugin nun spricht, nicht um die Frau Ensslin handelt, eine Gegenüberstellung. Zum Beweis dafür, daß es sich nicht um die Frau Ensslin handelt, beantrage ich, Frau Ensslin dieser Zeugin gegenüberzustellen.
Vors.:
Ja. Wir wollen aber zunächst jetzt Frau Markovic vernehmen und dann über den Antrag uns Gedanken machen. Denn wenn, dann käme es ja doch an beiden Zeugen wohl in Betracht, gegenüber beiden Zeugen.
Frau Markovic bitte.
Die Zeugin Seidemann bleibt zunächst im Sitzungssaal.
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, ich mein, Ihre Mandantin ist natürlich jederzeit imstande, hierher zu kommen, das wissen Sie.[21]
RA Schi[ly]:
Herr Vorsitzender, ich habe noch eine Bitte. Wenn Sie die Aussage von Frau Seidemann als abgeschlossen ansehen, aber möglicherweise noch Vorhalte machen wollen, dann aus der Aussage Markovic, dann würde ich vorschlagen, daß Frau Seidemann solange den Saal verläßt.
Vors.:
Das könnte man tun. Es war an sich nicht die Absicht, sondern es ging wieder nur um die gemeinschaftliche Vereidigung. Aber die Anregung ist richtig, danke.
Die Zeugin Markovic erscheint um 14.39 Uhr im Sitzungsaal.
Die Zeugin Seidemann wird um 14.39 Uhr in den Abstand verwiesen.
Vors.:
Darf ich um Ihre Personalien bitten, Frau Markovic.
Die Zeugin macht folgende Angaben zur Person.
[8462] Zeugin Markovic
Slavka Markovic, [Tag].[Monat].1945 geb.
Datentypistin, wohnh. Frankfurt, [Anschrift],mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Frau Markovic, wo haben Sie im Jahre 1972, oder genauer gesagt, im Mai 1972 gearbeitet?
Zeugin Mar[kovic]:
Bei Firma Hugo Leibrand in der Inheidenerstraße 67.
Vors.:
Ist es das, was man als den HL-Markt bezeichnet?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
In welcher Abteilung waren Sie dort tätig?
Zeugin Mar[kovic]:
Fleischabteilung.
Vors.:
Ist Ihnen in der damaligen Zeit irgend eine Kundin besonders aufgefallen?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja also, die Kundin Ensslin hat bei uns eingekauft. Und als die festgenommen worden ist, das haben wir im Fernsehen gesehen. Und die Kollegin Frau Seidemann, sie war bei mir, als ich am nächsten Morgen zur Arbeit kam. Und da hat sie gesagt, Frau Markovic, haben sie die Dame erkannt von gestern abend, wo sie festgenommen worden ist. Da habe ich gesagt, ja. Aber ich habe es nicht mitgekriegt im Fernsehen, was überhaupt war, weil ich damals noch nicht gut deutsch konnte, als jetzt. Und da hat sie mir gesagt, daß sie festgenommen ist, und wegen was, das wußte ich auch nicht. Naja, viel von der Frau weiß ich ja gar nicht, sie hat nur bei uns eingekauft. Drei, vier Wochen lang hat sie eingekauft, und drei Wochen später ist sie festgenommen worden.
Vors.:
Also wollen wir zunächst festhalten, daß Sie jetzt sagen, diese Kundin, die Sie bereits als Gudrun Ensslin bezeichnen, hat bei Ihnen drei bis vier Wochen lang eingekauft, soweit Sie sich erinnern.
Zeugin Mar[kovic]:
So ungefähr, ja.
Vors.:
Haben Sie sie in diesem Zeitraum des öftern bedient?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich habe jeden Tag bedient, und die hat bei uns jeden Tag eingekauft.
Vors.:
Jeden Tag bei Ihnen eingekauft?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Sind Sie sich darüber so sicher?
[8463] Zeugin Mar[kovic]:
Naja, da sind nicht viel Kunden gekommen, weil der Laden war neu auf. Und da kannte ich jeden Kunden, weil ich da auch gewohnt habe.
Vors.:
Also jeder Kunde ist aufgefallen.
Zeugin Mar[kovic]:
Nun ja, ich meine, weil ich da gewohnt habe. Das war alles Nachbarschaft. Dadurch habe ich sie alle gekannt, so vom Sehen, so daß ich weiß, wer was ist und wie er heißt.
Vors.:
Welcher Monat ist denn der maßgebliche gewesen in diesem Jahr?
Sie sprechen von drei bis vier Monat..., drei bis vier Wochen. Fiel das in einen Monat oder in mehrere Monate, dieser Zeitraum?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja wissen Sie, das kann ich nicht mehr sagen. Ich weiß nur, wie sie festgenommen worden ist, das war nach drei Wochen. Also, dann kann es vor drei Wochen gewesen sein, daß sie eingekauft hat.
Vors.:
Also gerechnet von dem Zeitpunkt der Festnahme an, wie er Ihnen bekannt geworden ist, war es etwa drei Wochen vorher, daß sie im Geschäft von Ihnen bedient worden ist?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Ist sie in diesen drei Wochen, von Beginn der drei Wochen, bis zu dem Zeitpunkt, wo sie dann alsbald darauf festgenommen worden ist, von Ihnen bedient worden?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Können Sie das zahlenmäßig etwa festlegen, wie oft Sie glauben. Ich höre gerade, daß ich möglicherweise Ihre Aussage falsch verstanden habe oder Sie mich falsch verstanden haben.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja bitte, dann fragen Sie noch einmal.
Vors.:
Also, Sie sprechen von der Festnahme dieser Kundin.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Durch was ist Ihnen diese Festnahme bekannt geworden?
Durch den Hinweis von Frau Seidemann, den Sie vorhin erwähnt haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, ja. Also ich habe sie auch selbst im Fernsehen gesehen. Sie war damals mit Perücke, mit einer langen Perücke. Und ich habe sie also in Gesicht gleich erkannt. Aber sie war nicht aufgezeichnet im Fernsehen, so mit den kurzen Haaren, wie ich sie bedient habe, sondern so in langer Perücke war sie im Fernsehen.
Vors.:
Also Sie haben auch nach der Festnahme eine Frau im Fernsehen gesehen, von der Sie dann offenbar annahmen, das war die Kundin.
Ende von Band 471
[8464] Zeugin Mar[kovic]:
Also das war an diesem Abend, wie sie festgenommen worden ist in Hamburg - naja, das haben sie gezeigt am Fernsehen.
Vors.:
Und diese Fernsehsendung haben Sie mitverfolgt?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich war grade in der Küche. Danach bin ich wieder ins Wohnzimmer gegangen, und da hab ich’s so ein bißchen mitgehört, bekam es allerdings nicht ganz richtig mit und bin dann wieder in die Küche gegangen. Es hatte mich eigentlich interessiert.
Vors.:
Also von dem Zeitpunkt an, wo Ihnen dann später, einen Tag darauf, Frau Seidemann den Hinweis gegeben hat, Sie selbst im Fernsehen etwas von einer Festnahme sahen.
Wieviel Zeit zuvor haben Sie die Kundin zum letztenmal gesehen?
Zeugin Mar[kovic]:
Wie ich gesagt habe schon, also drei Wochen vorher, ...
Vors.:
... so daß also zwischen dem letzten Einkauf der Kundin, den Sie mitbeobachtet haben und dem Zeitpunkt, wo Sie das Fernsehen gesehen haben mit der Festnahme, ungefähr drei Wochen gelegen haben.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Und wieviel Zeit zuvor - von dem letzten Einkauf - ist die Kundin zum erstenmal bei Ihnen aufgetaucht?
Zeugin Mar[kovic]:
Das ist schwer zu sagen - ich kann mich nicht mehr daran erinnern.
Vors.:
Und ungefähr?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, wissen Sie, also in der letzten Zeit, also bevor sie festgenommen worden ist - wissen Sie, das ist schon lange Zeit her; ich hab mich da nicht mehr drum gekümmert. Also ich kann es Ihnen schlecht sagen.
Vors.:
Frau Markovic, nach vier Jahren ist das kein Wunder, wenn Sie das im einzelnen nicht mehr wissen.
Wenn Sie’s nicht beantworten können, da bedarf’s keiner langen Erklärung, sondern dann müssen Sie eben schlicht und einfach sagen: Das weiß ich heute nicht mehr.
Nun haben Sie zu Beginn Ihrer Vernehmung gesagt, die Kundin habe etwa 3 - 4 Wochen bei Ihnen eingekauft?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
[8465] Vors.:
Wenn man das also zurückrechnet, dann müßte es in der Tat begonnen haben mit dem Einkauf etwa sieben Wochen vor der Festnahme - 6 - 7 Wochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Das kann sein. Also ganz genau weiß ich das nicht mehr.
Vors.:
Und jetzt versuchen Sie nochmals, sich zu überlegen, wie oft haben Sie die Kundin in dem Zeitraum, in dem sie eingekauft hat, bedient? Sie sprachen vorhin von täglichen Einkäufen. Wenn Sie sich’s nochmals überlegen, ob sich das zahlenmäßig ausdrücken läßt.
Zeugin Mar[kovic]:
Das kann ich sehr schlecht sagen zahlenmäßig.
Vors.:
War das fünfmal, war das zehnmal, war das zwanzigmal?
Zeugin Mar[kovic]:
Es kann sein, daß ich sie so sieben- bis achtmal bedient habe, ...
Vors.:
... in diesen drei bis vier Wochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Das weiß ich noch genau heute, was ich ihr verkauft habe.
Vors.:
Ist sie außerhalb den Einkäufen, in denen Sie selber die Bedienung übernommen hatten, auch noch im Geschäft gewesen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja. Es war noch eine Frau Müller.
Vors.:
Nein, ich meine, ob Sie beobachtet haben, daß diese Kundin auch an Tagen, an denen Sie sie selbst nicht bedient haben, dort eingekauft hat?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Wie oft, würden Sie glauben, daß Sie die Kundin insgesamt in dem Geschäft dann gesehen haben, sei es, daß Sie sie selbst bedient haben, sei es, daß Sie beobachtet haben, daß sie von andern bedient worden ist beim Einkaufen?
Zeugin Mar[kovic]:
Das ist schwer zu sagen, denn ich habe das nicht gezählt.
Vors.:
Nur, damit wir ungefähr ne Vorstellung bekommen:
War das mehr als zehnmal, war das mehr als zwanzigmal, oder können Sie das überhaupt nicht sagen?
Zeugin Mar[kovic]:
Das kann ich schwer sagen. Es kann sein, zehnmal, aber das kann ich nicht sagen. Wir haben nur, kann ich Ihnen ehrlich sagen, so ein bißchen gelacht - ich selbst und die Frau Seidemann -, weil sie immer so komisch ausgesehen hat, und deshalb ist es uns aufgefallen, daß sie auch bei uns einkaufte und so ... -
[8466] Vors.:
Was war komisch an ihrem Aussehen?
Zeugin Mar[kovic]:
Sie hat so komische Haare immer gehabt, so kurz und Wellen, und schmal hat sie ausgesehen und was weiß ich, wie sie bei uns eingekauft hat. Also ich meine, sie hatte immer nur Tatar gekauft und Kolbatsch, Paprikawurst und ungarische Salami - das weiß ich. Also nicht so, wie die anderen Kunden, was ich also zu Hause vorbereiten kann. Irgendwas selbst, also etwas, das mehr hält.
Vors.:
Das hab ich jetzt nicht verstanden, das letzte.
Also keine Speisen, die sie selbst zu Hause zubereiten muß, sondern?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, ich meine nur, nur so was, was man aufbewahren kann, so Dauerwurst, ...
Vors.:
... was man länger aufbewahren kann, ...
Zeugin Mar[kovic]:
Eben.
Vors.:
... so meinten Sie.
Also Ihnen ist aufgefallen, weil Sie sagen, vom komischen Aussehen, daß sie so’ne für Sie komische Frisur getragen hat, ...
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
... und Sie beschreiben sie jetzt als schmal.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Wie würden Sie die Größe beurteilen? Können Sie das?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, sie war schlank; groß war sie nicht, sondern mittelgroß.
Vors.:
Läßt sich das in Meter und Zentimeter ausdrücken, oder können Sie das schlecht beurteilen?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, etwas kleiner als ich. Aber schmal war sie.
Vors.:
So groß schätzen Sie, wie Sie selbst?
Zeugin Mar[kovic]:
Etwas kleiner vielleicht oder, was sag ich genau ...-
Vors.:
Wie groß sind Sie?
Zeugin Mar[kovic]:
164 cm.
Vors.:
Und Sie glaubten, daß die Kundin möglicherweise kleiner gewesen sei?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja also, das weiß ich nicht, ich hab sie nicht gemessen. Aber so ... -
Vors.:
Sonst noch irgendwas Auffälliges an der Kundin?
Also komisch die Frisur.
[8467] Haben Sie sonst irgendwelche Kennzeichen noch, die Sie uns heute noch aus dem Gedächtnis schildern könnten?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee. Sie hat nur so ne Hose getragen, ne Cowboyhose - und was weiß ich, einen Pullover hat sie angehabt und ... naja, jetzt fällt mir nichts mehr ein.
Vors.:
Sonst fällt Ihnen also nichts Weiteres ein?
Zeugin Mar[kovic]:
Nein.
Vors.:
Nun haben Sie erwähnt, daß Sie eine Fernsehsendung gesehen haben ...
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
... und dabei eine Frau sahen.
Ist Ihnen damals an dieser Frau, die im Fernsehen kam, irgendwas Besonderes dann aufgefallen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, weil ich sie erkannt habe. Da hab ich gleich meinem Mann gesagt: Das ist die Frau, die ich bedient habe; die Frau kenn ich von irgendwoher, und da ist mir dann eingefallen, daß ich sie bedient habe.
Und als ich am Morgen zur Arbeit komme, sagte die Frau Seidemann zu mir: „Frau Markovic, haben Sie die Dame gestern Abend im Fernsehen gesehen?“. Darauf sagte ich: Ich hab sie gesehen, aber ich hab es nicht mitbekommen. „Haben Sie sie erkannt?“, und dann hab ich gesagt: Ja, ich kenne sie als Kundin; also ich glaube, die hat hier eingekauft. Sagte ich: Ja, Du weißt, daß wir über sie gelacht haben und so. Sonst ... -
Vors.:
Also Sie glaubten, die Frau im Fernsehen als die Kundin wiederzuerkennen, von der Sie mit den „komischen Haaren“ vorhin erzählt haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, sie hat eine Perücke angehabt, als sie im Fernsehen gezeigt worden ist, und wir hatten sie mit kurzen Haaren gesehen, ...
Vors.:
... und trotz dem sie eine andere Frisur hatte bei der Vorführung im Fernsehen ...
Zeugin Mar[kovic]:
... hab ich sie trotzdem erkannt.
Vors.:
Haben Sie dann später Gelegenheit gehabt, sich noch durch weitere Bildvorlagen und Vergleiche zu vergewissern, ob Sie sich an die Frau erinnern können oder an die Kundin erinnern können?
[8468] Zeugin Mar[kovic]:
Also im Gesicht, glaube ich, konnte ich sie erkennen, aber ich meine ...-
Vors.:
Nein, Sie haben mich jetzt mißverstanden, Frau Markovic:
Ob Sie dann später noch weitere Abbildungen gesehen haben von einer Frau, in der Sie glaubten, diese Kundin wiedererkennen zu können, außer dem Fernsehen?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also nur einmal in Essen, wo sie uns gezeigt worden ist. Sonst nicht. Nur einmal.
Vors.:
Abbildungen, nicht die Person?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
Vors.:
Etwa durch Zeitungsveröffentlichungen?
Zeugin Mar[kovic]:
In Zeitungen hab ich sie auch gesehen.
Vors.:
Eben. Das meine ich.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, mit der kurzen Frisur, auch mit der langen Perücke. Sonst hab ich sie nicht gesehen.
Vors.:
Und was waren das für Zeitungen, und wann sind diese Bilder dort veröffentlicht worden? Wissen Sie das heute noch?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
Vors.:
Überhaupt keine Zeitung mehr im Gedächtnis da?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
Vors.:
Früher haben Sie mal vom „Stern“ gesprochen.
Zeugin Mar[kovic]:
Was für ein Stern?
Vors.:
Von der Zeitschrift „Stern“.
Zeugin Mar[kovic]:
O ja, das hab ich ja bestellt. Das haben wir jede Woche bekommen. Das kann sein.
Sehen Sie mal, ich erinnere mich jetzt nicht mehr so.
Das haben wir ja jede Woche bekommen; also im „Stern“ hab ich sie gesehen.
Vors.:
Im „Stern“ kam eine Abbildung.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, ja.
Vors.:
Waren Sie sich, als Sie das Bild gesehen haben, Ihrer Meinung sicher, daß das[fffff] die Kundin ist, die Sie damals gesehen haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
[8469] Vors.:
Sie haben erwähnt in einer Vernehmung, die hier festgehalten ist in
Ordner 81, Bl. 368 und 369
folgendes:
„Seit Anfang bis Mitte Mai war eine Kundin mehrmals von mir bedient worden, deren Bild ich im „Stern“ Nr. 26 des Jahrganges 72 S. 17 gesehen habe“.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, im „Stern“. Also das war die Zeitung, die ich schon bestellt habe.
Vors.:
Darf ich zunächst mal fragen jetzt:
Erinnern Sie sich, daß Sie damals dieses „Stern“-Bild nach der Ausgabe dieses Exemplars genau bezeichnen konnten? Also Nr. 26 im Jahre 72 S. 17?
Zeugin Mar[kovic]:
Na - 26? Das weiß ich nicht, daß ich das gesagt habe, daß das die Nr. 26 wäre. Nee - also ich weiß nur, daß ich in den „Stern“- Zeitungen gesehen habe. Aber daß ich gesagt haben soll, daß die Nr. 26 ... -
Vors.:
Wie kommt dann in ein Protokoll, daß ...
Zeugin Mar[kovic]:
Das kann sein, aber ich weiß es nicht mehr so.
Vors.:
Lag die Zeitung damals vor, als Sie von der Polizei gehört wurden?
Zeugin Mar[kovic]:
Kann sein, daß ich’s aus den Zeitungen rausgeholt habe und das haben dann die vielleicht aufgenommen ...
Vors.:
... aufgenommen aus der Zeitung?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, das kann sein, aber ...
Vors.:
... das wüßten Sie heute nicht mehr?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
Vors.:
Also „Stern“ jedenfalls?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, diese Zeitschrift habe ich jede Woche bekommen.
Vors.:
Und dann sind Sie in der Folge, wie Sie schon angedeutet haben, später nochmals zu einer Gegenüberstellung offenbar gefahren.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Hatten Sie vor dieser Gegenüberstellung noch Gelegenheit, irgendwelches Bildmaterial darauf durchzusehen, ob Sie die Frau wieder finden könnten?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, da waren zwei Polizisten bei mir mit zwei Büchern, [8470] da waren verschiedene Bilder drin. Da hab ich nur die Gudrun Ensslin wieder gekannt. Sonst niemanden.
Vors.:
Wir wollen Ihnen hier eine Mappe vorlegen. Sie sollten sich diese Mappe mal in aller Ruhe ansehen.
Der Zeugin wird die zu den Akten gehörende Lichtbildmappe übergeben mit der Bitte, zu erklären,
1. ob es damals auch solche Bilder waren, die ihr übergeben worden sind; und
2. ob sie bei diesen Bildern irgend jemand wiedererkennt.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, da sind viele Bilder gezeigt worden.
Vors.:
Zunächst [ggggg] also geht die Frage dahin, Frau Markovic:
Haben Sie damals auch eine größere Auswahl von Bildern bekommen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Hatte diese Mappe, die Sie damals bekommen haben, eine ähnliche Dicke, wie das Ding, was Sie vor sich liegen haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Da seh ich sehr viele, die ich so durchs Fernsehen kenne, wenn ich mir so die Tagesschau ansehe - dann seh ich sie. Also das kann ich selber hier wieder erkennen.
Vors.:
Also die Bilder, die Sie jetzt eingangs gesehen haben, die kommen Ihnen aus dem Fernsehen bekannt vor.
Zeugin Mar[kovic]:
Jaja, das ist alles vom Fernsehen bekannt, nicht?
Zeugin Mar[kovic] (nach weiterem Durchblättern der Lichtbildmappe):
Ja, die hat man mir damals auch gezeigt.
Vors.:
Die Bilder waren damals auch dabei?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Es kommt jetzt nur darauf an, wenn Sie weiterblättern, ob Sie irgend jemand ... Blättern Sie doch ruhig mal weiter - wenn Sie insgesamt durchblättern, ob Sie irgend jemand ...
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, solche Bilder sind im Fernsehen gezeigt worden von Gudrun Ensslin.
Vors.:
Welche Bildnummer haben Sie jetzt?
Zeugin Mar[kovic]:
Nr. 13.
Vors.:
Ja, es kommt nicht darauf an, in welcher Erinnerung Sie die Fernsehbilder haben, sondern, ob Sie in diesen Bildern die Kundin wiedererkennen können.
[8471] Zeugin Mar[kovic]:
Ja, also das kann ich ...
Vors.:
Trifft das bei dem Bild Nr. 13 zu?
Zeugin Mar[kovic]:
Die Frisur hat sie gehabt, als ich sie bedient habe.
Vors.:
Jetzt, als Sie das Aussehen der Frisur beschreiben, zeigt ...
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also ich wollte nur sagen, an der Frisur, und dann auch hab ich sie gesehen im Fernsehen. Da hab ich das Gesicht wiedererkannt.
Als die Zeugin erwähnt, daß die Frisur der Kundin so gewesen sei, deutet sie auf die zweite Seite der Bilder Nr. 13.
Das hier ist auch so ähnlich, aber da hatte sie so grade Haare gehabt. Das hat sie nicht so ...
Vors.:
Sie sollen ja nur die Bilder auswählen, die Ihnen den Eindruck vermitteln, sie könnte diese Kundin darstellen. Wenn Sie sich dessen nicht sicher sind, dann ... -
Zeugin Mar[kovic]:
Das ist die, ja.
Vors.:
Meinen Sie das auch noch? Würden Sie die Bilder hier, die dritte Seite der Nr. 13 noch erkennen, oder wären Sie sich da nicht sicher?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, wenn sie so aussehen, wie sie hier ausgesehen hat, dann glaube ich, daß ich sie wieder erkennen werde.
Vors.:
Nein. Es kommt nicht drauf an, daß sie so ausgesehen hätte wie abgebildet, sondern ob Sie die Bilder in Verbindung mit Ihrer Erinnerung an die Kundin bringen können. Wenn nicht ...
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, doch.
Vors.:
Auch bei der dritten Seite von Bild Nr. 13?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Jetzt sind Sie schon bei Bild Nr. 14, 15, wie ich sehe.
Gut. Dann glaube ich, können wir auf das weitere Durchsehen verzichten.
RA Schi[ly]:
Warum eigentlich?
Vors.:
Wenn Sie wünschen, kann auch die ganze Mappe durchgesehen werden. Das steht Ihnen zu.
RA Schi[ly]:
Herr Vorsitzender, ich stelle fest, daß Sie jedesmal bei Bild Nr. 14 die Besichtigung der Bildmappe stoppen.
Warum eigentlich?
Vors.:
Es, kann auch weiter angesehen werden - aus Zeitgründen.
[8472] RA Schi[ly]:
Was haben die Zeitgründe eigentlich mit der Aufklärung des Sachverhalts zu tun, Herr Vorsitzender?
Vors.:
Es hat etwas mit dem Ablauf der Verhandlung zu tun.
Wünschen Sie, daß die weiteren Bilder durchgesehen werden?
RA Schi[ly]:
Nein. Ich frage Sie, warum die Zeugin ...
Vors.:
Ich gebe Ihnen jetzt keine Auskunft auf irgendwelche Fragen.
RA Schi[ly]:
Doch, doch. Das ist für mich von großem Interesse, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Es mag sein; deswegen gebe ich trotzdem die Auskunft jetzt nicht, denn ich habe Ihnen gesagt ...
RA Schi[ly]:
Doch. Ich habe das erste Mal das festgestellt, daß Sie bei Bild Nr. 14 sagen: Jetzt hat sich’s erledigt; und jetzt hör ich’s also bei Bild Nr. 15 wiederum.
Wie kommen Sie zu dieser ...? Wenn Sie die Bildmappe vorlegen, dann müssen Sie doch insgesamt vorlegen.
Vors.:
Welche Konsequenzen wollen Sie daraus gezogen haben, daß ...
RA Schi[ly]:
Nein, ich möchte eine Erklärung von Ihnen, Herr Vorsitzender, wie Sie dazu kommen, einen solchen Stopp zu vollziehen an dieser Stelle?
Vors.:
Ich habe Ihnen gesagt, ich gebe Ihnen jetzt keine weitere Erklärung. Wenn Sie irgendwelche Anträge damit verknüpfen wollen, insbesondere den Antrag, daß weiter durchgesehen wird, bitte, das steht Ihnen frei.
RA Schi[ly]:
Ich bitte um fünf Minuten Pause.
Vors.:
Fünf Minuten Pause wird Ihnen gewährt.
RA Schi[ly]:
Danke schön.
Pause von 15.01 Uhr bis 15.10 Uhr.
Vors.:
Wir setzen die Sitzung fort.
Herr RA Schily.
RA Schi[ly]:
Ich halte Ihre Verfahrensweise zwar für bedenklich, aber ich gebe sonst keine weiteren Erklärungen ab.
[8473] Vors.:
Also Sie scheinen dann auch nicht mehr auf weiteres Durchblättern zu bestehen. Danke.
Dann können wir fortfahren, Frau Zeugin.
Haben Sie nun außer diesem Bildmaterial sonstige Möglichkeiten erhalten zu überprüfen, ob Sie die Kundin wiedererkennen können?
Zeugin Mar[kovic]:
Das ist schon lange Zeit her. Vielleicht würde ich sie erkennen, wenn sie sich nicht sehr verändert hat.
Vors.:
Nein. Sie haben mich mißverstanden.
Sie haben damals eine Kundin gesehen; Sie haben verschiedene Gelegenheiten gehabt: Fernsehen, Bilder, sich darauf zu überprüfen, ob Sie die Kundin anhand von Bildnissen wieder feststellen können.
Gab man Ihnen noch eine weitere Gelegenheit, zu überprüfen, ob Sie die Kundin wiedererkennen können?
Wissen Sie, was eine Gegenüberstellung ist?
Zeugin Mar[kovic]:
Nein, also können Sie das irgendwie anders erklären?
Vors.:
Sind Ihnen später noch Personen vorgeführt worden mit der Bitte, zu sagen, ob Sie unter diesen Personen jemanden wiedererkennen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Genau. Diesen Vorgang sollten Sie uns noch schildern, wie das abgelaufen ist? Wann das gewesen ist, und ob Sie damals irgend jemand erkannt haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Das war in Essen, und da sind uns sechs Frauen vorgestellt worden.
Vors.:
Sechs Frauen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja. Und die wurden, eine nach der andern, reingebracht.
Wenn wir die Frau wiedererkennen, sollten wir nach der Nummer sehen und sollten und die Nummer behalten; und das war zweimal, die sind zweimal reingekommen. Wir haben uns dann die Nummer aufgeschrieben und da haben wir sie doch wiedererkannt.
Vors.:
Also die Frauen, die Ihnen hier vorgestellt wurden, wie Sie sagen, die sind zweimal vorgeführt worden und sie trugen Nummern?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, ich glaube, sie haben eine Nummer getragen, und da war auch eine Nummer da drauf. Also, wie sie reingekommen sind, da haben sie eine Nummer an die Tür gelegt, wenn sie reingekommen sind.
[8474] Vors.:
Also nicht die Frauen selber trugen eine Nummer, sondern ...?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich glaube nicht. Ich weiß es nicht genau, also kann ich es Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur: Nach den Nummern haben wir gesehen; aber ob sie selber die Nummer getragen hat, das weiß ich nicht mehr genau. Nur, daß ich nach den Nummern gesehen habe. Also die Frauen sind eine nach der andern gekommen und da hab ich sie wieder erkannt.
Vors.:
Und Sie hatten dann wohl den Auftrag, daß Sie, wenn Sie jemand wiedererkennen können oder glauben, wiederzuerkennen, daß Sie dann die Nummer der Betreffenden aufschreiben.
Ist das richtig?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Haben Sie damals irgend jemand wiedererkannt, dessen Nummer Sie aufschreiben konnten?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, sie hab ich wiedererkannt, und da hab ich also jedesmal die Nummer aufgeschrieben. Also wie ich sie erkannt habe, habe ich die Nummer aufgeschrieben.
Vors.:
Also Sie glaubten damals, unter den 6 Frauen die Kundin wiederzuerkennen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Aufgrund welcher Umstände haben Sie die Betreffende wiedererkennen können?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich hab sie wieder erkannt, so, wie ich sie bedient hatte, mit dem gleichen Gesicht. Also sie hatte abgenommen. Aber trotzdem: Man kann das Gesicht wiedererkennen, wenn man eine Person kennt.
Vors.:
Sie sagten: So, wie ich sie bedient habe - haben Sie das Gesicht wiedererkannt.
Könnte es sein, daß die Bilder, die Sie in der Zwischenzeit gesehen haben, die im Fernsehen veröffentlicht waren, im „Stern“ gekommen waren, daß das der Grund war, warum Sie die Person wiedererkannten?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, dadurch hab ich nur gehört und festgestellt, was da überhaupt geworden ist mit der Frau, um was geht’s. Also ich hab sie bedient. Also man kann eine Kundin bedienen können und so vom Sehen ..., aber man weiß nie, was wer macht.
[8475] Vors.:
... um wen sich’s handelt.
Zeugin Mar[kovic]:
Eben, ja.
Vors.:
Also Sie meinen, diese Bilder waren für Sie nur der Anhaltspunkt, wer diese Kundin war?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja. Ich meine, natürlich ist man eher interessiert, wenn man einen Menschen kennt.
Vors.:
Frau Markovic, die Frage geht dahin:
Als Sie diese sechs Frauen gesehen haben, haben Sie dann diese Frauen verglichen mit dem Erinnerungsbild an die Kundin selbst oder bloß mit der Erinnerung an die Bilder, die Sie dazwischen gesehen hatten?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, mit der Kundin selbst.
Vors.:
Wüßten Sie heute noch, welche Nummer Sie damals feststellen konnten?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich glaube, 4 und 2 - also ich glaube 4 und 2, soweit ich mich noch erinnere
Vors.:
Wüßten Sie noch, in welcher Reihenfolge? Sie sagten ja, zweimal seien die Betreffenden vorgeführt worden.
Zeugin Mar[kovic]:
Ich glaube, beim erstenmal war sie vierte und beim zweitenmal zweite, glaube ich, wie ich mich erinnern kann.
Vors.:
Erinnern Sie sich noch daran, daß Sie ... oder ist es so, daß Sie anschließend über diese Feststellungen, die Sie bei der Vorführung der Frauen getroffen haben, vernommen wurden?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee -
Vors.:
Wurden Sie nochmals jemandem vorgeführt, der Sie dann zu dieser Gegenüberstellung gehört hat?
Zeugin Mar[kovic]:
Das hab ich schlecht verstanden.
Vors.:
Nicht wahr, Sie haben also gesagt, Sie hätten damals eine Erklärung ausgefüllt mit der Nummer.
Sind Sie zusätzlich noch von jemandem gefragt worden anschließend bei einer Vernehmung, was Sie erkannt haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Nämlich? Wissen Sie noch, wer Sie damals vernommen hat?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee - ich glaube, es war ein Rechtsanwalt oder was weiß ich.
Vors.:
Ein Richter?
[8476] Zeugin Mar[kovic]:
Ich weiß nur, daß ich eine Aussage ... also ... -
Vors.:
Wüßten Sie heute noch den Namen des Richters?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
Vors.:
Wenn ich Ihnen sage, Dr. Knoblich?
Zeugin Mar[kovic]:
Kann sein. (Weiteres unverständlich).
Vors.:
Könnte sein.
Ist das am selben Tage, an dem die Gegenüberstellung durchgeführt worden ist, zu dieser Anhörung gekommen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Der Vorsitzende verliest gem. § 253 StPO den Kopf des Vernehmungsprotokolls aus
Ordner 81 Bl. 378
bis „nachstehend genannte Zeugin“
und gibt bekannt, daß sodann die Vernehmung der Zeugin Markovic, beginnend mit deren Personalien folgt.
Er verliest weiter von Bl. 379 den letzten Absatz wie folgt:
„Ich habe heute in der Justizvollzugsanstalt Essen an einer Gegenüberstellung teilgenommen, bei der in je zwei Durchgängen sechs Frauen vorgeführt wurden. Ich habe dabei die soeben genannte Frau, die ich damals in unserem Geschäft öfters bedient habe, wiedererkannt. Es handelt sich um die Frau, die im ersten Durchgang die Nummer 2 und im zweiten Durchgang die Nummer 4 hatte.“
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, das habe ich dann umgekehrt gesagt.
Vors.:
Frage, Frau Markovic:
Haben Sie damals sich bemüht, die Wahrheit zu bekunden?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
Vors.:
Sind an die Frau Zeugin weitere Fragen?
Bitte, Herr Berichterstatter.
Richter Mai[er]:
Sind Sie selbst von sich aus zur Polizei gegangen oder ist die Polizei zu Ihnen gekommen beim erstenmal?
Zeugin Mar[kovic]:
Die Polizei ist zu mir gekommen.
Richter Mai[er]:
Danke.
Vors.:
Noch die Frage:
Haben Sie sich ...
Sind Sie mit Frau Seidemann hierher gefahren?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
[8477] Vors.:
Haben Sie auf der Fahrt über den heutigen Tag irgendwie gesprochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, wir haben gesprochen. Ich habe auch selbst gesagt, ich weiß überhaupt nicht, ob ich mich erinnere, wer also von den ... also was ich gesagt habe. Ich weiß nur, was war, also ganz genau. Man kann die Worte verdrehen, irgendwie, weil ich nicht genau weiß ... also das war schon drei Jahre her. Man kann irgendwas vergessen. Ich habe gesagt, ich glaube trotzdem, was ich ausgesagt habe; Sie werden mir Fragen stellen, falls ich etwas vergessen habe. Sonst nichts, nein.
Vors.:
Ich meine, daß man ganz allgemein erwähnt:
Ich weiß nicht, ob ich mich noch dran erinnere; vielleicht hab ich vergessen. -
Das besagt noch nichts über den Inhalt dessen, was hier ausgesagt wird.
Haben Sie sich darüber unterhalten, was Sie hier aussagen könnten oder sollten oder wollten?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also ich hab ja kein Geheimnis. Also das, was ich sage und gesagt habe, das sag ich nur, wenn ich ...
Vors.:
Nein, nein, nur, ob Sie mit Frau Seidemann drüber gesprochen haben, über das, was Sie z. B. zu sagen beabsichtigen.
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, nee.
Vors.:
Und umgekehrt:
Frau Seidemann hat Ihnen auch nicht erzählt, was sie sagen wird?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee. Ich hab sie nicht gefragt, und sie hat mir auch nichts erzählt.
Vors.:
Weitere Fragen an die Frau Zeugin?
Ich sehe, beim Gericht nicht.
Die Herrn der Bundesanwaltschaft?
Herr B. Anwalt Holland.
OStA Ho[lland]:
Frau Markovic, Sie haben ja nun diese Kundin in diesem HL-Laden oder HL-Markt häufiger bedient.
Können Sie uns etwas sagen über das Auftreten dieser Frau, über ihr Benehmen im allgemeinen? War sie in ihrem Benehmen oder ihrem Auftreten, sagen wir mal höflich oder unhöflich, oder ist Ihnen sonst irgend etwas aufgefallen?
[8478] Zeugin Mar[kovic]:
Nee, sie war ruhig. Das, was sie wollte, hatte sie verlangt. Mehr hat sie mit uns nicht gesprochen. Sie ist immer mit einem Mann gekommen; aber an den Mann kann ich mich nicht mehr erinnern.
Vors.:
Bitte, die Herrn Verteidiger?
Herr RA Schily.
RA Schi[ly]:
Frau Zeugin, ich möchte jetzt mal anknüpfen an Ihr Gespräch mit der Frau Seidemann auf der Hinfahrt.
Haben Sie da nicht auch darüber gesprochen, was nun Gegenstand Ihrer Befragung ist hier heute, um was es eigentlich geht?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee. Also ich kann Ihnen sagen, daß wir auch nicht viel zu sagen gehabt haben; wir haben auch nichts gegen die Frau zu sagen, daß wir uns darüber unterhalten haben. Wir haben die Frau nur so bezeichnet, wie wir sie bedient haben. Gegen die Frau hatten wir nichts direkt und daß wir von ihr ...
RA Schi[ly]:
Ich versteh schon. Aber es ist ja nun einige Zeit her, und das haben Sie ja offenbar auch mit Frau Seidemann diskutiert, nicht?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
RA Schi[ly]:
So einige Sätze haben Sie ja hier auf Befragen des Gerichts uns schon mitgeteilt, daß man doch darüber gesprochen hat.
Aber haben Sie nicht vielleicht doch mit Frau Seidemann darüber gesprochen? Das liegt ja an sich nahe, daß Sie mit Frau Seidemann gesprochen haben: Was wissen Sie noch eigentlich? Wie war denn das eigentlich, und was werden wir denn da gefragt werden?
Und ... -
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, ich hab das nur gesagt: Was wissen wir überhaupt heute noch davon; das war schon lange Zeit her. Ich habe gesagt: Na, ich glaube, die werden uns die Fragen stellen, wenn wir etwas vergessen haben. Ich glaube, die haben das beim erstenmal alles aufgenommen, was wir gesagt haben, und wenn wir was vergessen haben, dann werden uns die Fragen bestimmt gestellt werden.
Sonst habe ich gesagt: Ich hab’s ziemlich vergessen - sonst nichts.
[8479] RA Schi[ly]:
Was haben Sie ziemlich vergessen?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also weil ich nicht mehr so dran interessiert bin.
Ich meine, wenn man sich nicht dafür interessiert, dann vergißt man natürlich vieles. Das war ja nicht gestern, sondern es liegt ja schon eine ziemlich lange Zeit zurück, und ich meine, ich habe nur gesagt: Wenn sie mich nichts fragen werden?
Von selber werde ich nicht sehr viel sagen können, weil es eben schon lange Zeit her ist.
RA Schi[ly]:
Sagen Sie:
Es ist erwähnt worden ein Bild im „Stern“, und dann haben Sie erwähnt diese Fernsehsendung.
Haben Sie auch dann in den folgenden Tagen, nach der Kenntnisnahme dieses Bilds im Fernsehen und im „Stern“ da auch noch Fotos in Zeitungen gesehen, in andern Zeitschriften vielleicht?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, vielleicht hab ich auch ein Bild in Zeitungen gesehen. Also da hatte ich nicht mehr so drauf gesehen.
RA Schi[ly]:
Haben Sie nicht mehr geschaut?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich bin nicht mehr so dran interessiert.
RA Schi[ly]:
Nein, ich meine damals.
Zeugin Mar[kovic]:
Damals ja. Das war sicher oftmals in Zeitungen und überall. Dann hab ich mir natürlich das Bild angeschaut.
RA Schi[ly]:
Ja, wenn ich Ihnen mal vorhalten darf aus dieser richterlichen Vernehmung auf
Bl. 379
- also dieselbe Blattzahl wie eben: ...
Zeugin Mar[kovic]:
Entschuldigen Sie bitte, ich hab ...
RA Schi[ly]:
„In den nächsten Tagen habe ich das Bild dieser Frau wiederholt in Zeitungen und Zeitschriften abgebildet gesehen und dabei festgestellt, daß es sich um die Beschuldigte Ensslin handelte.“
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Ist das auch Ihre heutige Erinnerung?
Zeugin Mar[kovic]:
O ja, was heißt, Gudrun Ensslin? Ich hab nur diesen Namen im Fernsehen gehört. Sonst wußte ich nicht, wie die geheißen hat.
RA Schi[ly]:
Naja, so steht es hier:
[8480] „In den nächsten Tagen habe ich das Bild dieser Frau wiederholt in Zeitungen und Zeitschriften abgebildet gesehen und dabei festgestellt, daß es sich um die Beschuldigte Ensslin handelte.“
Also mir geht’s an sich nur darum, daß also die ...
Zeugin Mar[kovic]:
Ich glaube nicht, daß ich Vor- und Zunamen dieser Frau erwähnt habe, sondern nur sagte, daß ich die Frau im Fernsehen erkannt habe. Nicht? Ich hörte nur im Fernsehen, wie diese Frau geheißen hat. Woher sollte ich sonst wissen, wie sie geheißen hat?
RA Schi[ly]:
Frau Zeugin, nun interessiert mich nochmals:
Sie haben also im Fernsehen das gesehen, Ihrem Mann haben Sie auch da irgendwie davon Kenntnis gegeben. [hhhhh] Nun kommen Sie am nächsten Tag in Ihren Betrieb. Wie war das eigentlich? Hatten Sie Schichtbetrieb mit Frau Seidemann zusammen oder abwechselnd?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Mit Frau Seidemann zusammen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, das hab ich damals gehabt.
RA Schi[ly]:
Also nicht etwa abwechselnd, daß Sie vormittags und Frau Seidemann nachmittags ...?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, die Frau Seidemann hat nur vormittags geschafft und ich ganztags.
RA Schi[ly]:
Ach so: also einen halben Tag zusammen ... (spricht des weiteren unverständlich).
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Nun kamen Sie also am nächsten Tag und sprachen mit Frau Seidemann. Wer hat wen angesprochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Die Frau Seidemann hat mich angesprochen und die hat die Zeitungen mitgebracht.
RA Schi[ly]:
Und haben Sie nun über diesen Vorfall und Ihre Beobachtungen nur mit der Frau Seidemann gesprochen oder auch noch mit anderen?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, unsere Arbeitskollegen waren auch dabei. Die haben alle in die Zeitungen geschaut, aber was weiß ich, ob die die Bekanntgabe ...? Das weiß ich nicht.
RA Schi[ly]:
Wissen Sie nicht?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also die andere meine ich nur - die Frau Seidemann und mich - also wir haben sie beide erkannt, denn wir beide haben sie auch oftmals bedient.
[8481] RA Schi[ly]:
Ja, früher haben Sie mal was anderes gesagt, Frau Zeugin.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja - was hab ich gesagt?
RA Schi[ly]:
Da haben Sie also ...
Also das erste Protokoll auf
Bl. 370,
also die Leserabschrift zitiere ich jetzt:
„Noch andere Verkäuferinnen haben diese Frau gesehen und wiedererkannt.“
Also das ist die Mehrzahl, und dann erwähnen Sie die Frau Seidemann.
Zeugin Mar[kovic]:
Kann sein, die Frau Müller, die war im Geschäft. Aber das kann sein - was weiß ich - ob ich die Frau Müller überhaupt erwähnt hab, daß sie auch mitgesehen hat. Kann sein, aber ich weiß es nicht.
RA Schi[ly]:
Frau Zeugin, haben Sie dann eigentlich auch gegenüber andern Personen, also vielleicht Kunden usw. von Ihren Erlebnissen berichtet, wen Sie da erkannt haben wollen?
Zeugin Mar[kovic]:
Entschuldigung, aber ich habe Sie nicht so gut verstanden.
RA Schi[ly]:
Haben Sie dann im Anschluß, als Sie meinten, irgend jemand erkannt zu haben, haben Sie dann auch mit Kunden oder mit Nachbarn oder Bekannten darüber gesprochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Nein, nur mit Frau Seidemann, und die Frau Seidemann hat an diesem Morgen dann die Polizei angerufen.
RA Schi[ly]:
Und mit sonst niemandem haben Sie gesprochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
RA Schi[ly]:
Da sind Sie sicher?
Zeugin Mar[kovic]:
Vielleicht habe ich auch jemandem im Geschäft gesagt, daß ich die Frau gekannt habe, denn es standen Zeitungen an dem Tisch - es kann sein. Also ich kann mich nicht mehr so gut erinnern. Vielleicht, wenn Sie mir die Frage stellen? Vielleicht hab ich gesagt und ich es aber vergessen habe. Können Sie’s mir sagen, vielleicht, daß ich was gesagt habe und dann werde ich mich erinnern.
[8482] RA Schi[ly]:
Hat Sie das eigentlich in Ihrer Erinnerung bestärkt, als Sie nun mit der Frau Seidemann gesprochen haben?
Zeugin Mar[kovic]:
Wieso stärkt?
RA Schi[ly]:
Bestärkt:
Sie sehen jemand abends im Fernsehen und meinen, jemand erkannt zu haben und am nächsten Tag sprechen Sie mit der Frau Seidemann.
Zeugin Mar[kovic]:
Nee.
RA Schi[ly]:
Hat Sie das bestärkt?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, also ... -
RA Schi[ly]:
Das hat Sie vollkommen gleichgültig ... war Ihnen vollkommen gleichgültig?
Zeugin Mar[kovic]:
Wenn ich was sehe und ...
RA Schi[ly]:
Nun, sehen Sie’s. -
Zeugin Mar[kovic]:
Wenn ich was sehen kann, kann ich auch sagen, also ... -
RA Schi[ly]:
Das hat Sie in gar keiner Weise bestärkt?
Zeugin Mar[kovic]:
Was soll mich bestärken. Wenn ich sage, daß ich eine Person kenne, dann braucht niemand zu bestätigen, daß die das ist, wenn ich das genau ... Schließlich bin ich auch kein kleines Kind, daß ich das sehe und ... -
RA Schi[ly]:
Naja, das soll auch bei Erwachsenen vorkommen. Aber wenn Sie’s so sehen, Frau Zeugin, dann kann ich das nur so zur Kenntnis nehmen, nicht?
Kennen Sie eine Frau Korte?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, die kenn ich.
RA Schi[ly]:
Haben Sie mit Frau Korte über diesen Vorfall gesprochen?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, ich glaube, Frau Korte ist auch an diesem Tag zu mir gekommen, und da hab ich auch erzählt, und da hat sie, glaube ich, - jemand von ihren Verwandten ist Polizist; was weiß ich - und da hat sie erzählt und dann ist der zu mir gekommen.
RA Schi[ly]:
So ist das.
Zeugin Mar[kovic]:
Also sehen Sie: Wenn Sie mir Fragen stellen, dann kann ich antworten. Aber sonst vergißt man alles, nicht?
RA Schi[ly]:
Wann haben Sie vor der heutigen Vernehmung Frau Seidemann das letztemal gesehen?
[8483] Zeugin Mar[kovic]:
Seitdem wir in Essen waren, habe ich die Frau Seidemann nicht mehr gesehen.
RA Schi[ly]:
Danach nicht mehr?
Zeugin Mar[kovic]:
Nein, denn ich bin nämlich jetzt bei einer andern Firma und diese ist nach Steinberg umgezogen und ich bin noch in Frankfurt. Also sie arbeitet jetzt wieder beim HL, aber sie ist umgezogen, und wir haben nicht mehr zusammen gearbeitet, und ich hab sie niemehr gesehen.
RA Schi[ly]:
Sagen Sie:
Wie kam es dann, daß Sie heute zusammen angereist sind?
Zeugin Mar[kovic]:
Ihr Mann hat nämlich im Geschäft angerufen - der hat gedacht, daß ich noch beim HL bin - und der wollte nur wissen, ob ich auch eine Ladung bekommen habe und ob wir zusammen fahren könnten, daß seine Frau nicht alleine fährt. Das ist schon eine andere Stadt und ein bißchen weit dazu, und da freute ich mich auch, daß ich nicht alleine fahren muß. Ich hab nämlich erst sehr spät meine Ladung bekommen - das war am Freitag - da hab ich die Frau Seidemann[iiiii] angerufen. Es ist für mich natürlich viel besser, daß ich nicht alleine fahre und für sie auch.
RA Schi[ly]:
Sagen Sie, Frau Zeugin - noch eine kurze Frage zu dem Verhalten, nach dem Sie ja der Herr Bundesanwalt schon gefragt hat, dieser Kundin:
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Haben Sie sie auch mal sprechen gehört?
Zeugin Mar[kovic]:
Wen sprechen gehört?
RA Schi[ly]:
Die Kundin. Haben Sie die mal sprechen gehört?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, wie gesagt, also die hat nur verlangt, was sie gewollt hat.
RA Schi[ly]:
Hat sie mal ne Begrüßungsformel gewählt: „Guten Tag!“ oder „Auf wiedersehn!“?
Zeugin Mar[kovic]:
Na, „Guten Tag!“, glaube ich, hatte sie gesagt. Ich weiß nicht, sie war so ruhig. Sie hat gar nichts gefragt.
RA Schi[ly]:
Früher haben Sie mal gesagt in der polizeilichen Vernehmung:
„Gesprochen hat die Frau nie, auch nicht „Guten Tag!“ oder anderes.“
[8484] Zeugin Mar[kovic]:
Kann sein. Also sehr ruhig war sie; also mit mir hat sie direkt nicht gesprochen.
RA Schi[ly]:
Also hat Sie noch nicht mal „Guten Tag!“ gesagt?
Zeugin Mar[kovic]:
Sie nur gesagt, was sie möchte: das und das, und dann hab ich sie bedient. Dann ging sie wieder weg.
RA Schi[ly]:
Hat sie gesagt: „Salami“, und dann hatte sich das?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, das hat sie natürlich gesagt, was sie gewollt hat.
RA Schi[ly]:
Und „Guten Tag!“ oder so was, gab’s gar nicht?
Zeugin Mar[kovic]:
Wie bitte?
RA Schi[ly]:
Ja nun, wenn ich mich an Ihre polizeiliche Aussage halte, dann hat sie noch nicht mal ein „Guten Tag!“ entboten.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Vielleicht hat sie das.
RA Schi[ly]:
Haben Sie damals die Unwahrheit gesagt?
Zeugin Mar[kovic]:
Kann sein, daß sie damals „Guten Tag!“ gesagt hat.
RA Schi[ly]:
Ich frage Sie, haben Sie damals die Wahrheit oder nicht die Wahrheit gesagt?
Zeugin Mar[kovic]:
Natürlich hab ich bestimmt die Wahrheit gesagt, weil ich mich damals noch besser erinnern konnte als heute - das war nach kurzer Zeit, nicht?
RA Schi[ly]:
Ja. Dann hab ich keine Fragen mehr.
Danke schön.
Vors.:
Bevor wir über die Vereidigung der Frau Zeugin und der Frau Seidemann befinden, wollen wir erst ...
RA Kü[nzel]:
Eine Frage.
Vors.:
Herr RA Künzel.
RA Kü[nzel]:
Frau Zeugin, wielange sind Sie in Deutschland?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich bin jetzt fünf Jahre in Deutschland, bald sechs.
RA Kü[nzel]:
Haben Sie 1972 schon einigermaßen deutsch verstanden?
Zeugin Mar[kovic]:
Naja, ziemlich.
RA Kü[nzel]:
Ziemlich?
Zeugin Mar[kovic]:
Ziemlich viel.
RA Kü[nzel]:
Da waren Sie ja erst ein Jahr dann in Deutschland?
Zeugin Mar[kovic]:
1970 bin ich nach Deutschland gekommen - das waren schon zwei Jahre.
RA Kü[nzel]:
War es Ihnen eigentlich möglich, als Sie 1973 mal von einem Richter vernommen wurden, diese Vernehmung ohne Dol- [8485] metscher zu folgen?
Zeugin Mar[kovic]:
Was ich sagen konnte, das habe ich auch gesagt.
RA Kü[nzel]:
Ja, haben Sie da alles verstanden, was Sie da gefragt wurden?
Zeugin Mar[kovic]:
Der hat mich auch zwei-, dreimal gefragt wenn ich ihn nicht verstanden habe, und ich habe auch ihn zwei-, dreimal gefragt und ... -
RA Kü[nzel]:
Sie meinen, das war möglich?
Zeugin Mar[kovic]:
Ach ja, natürlich. Wenn ich sage, was er nicht versteht und wenn ich was nicht verstanden habe, dann habe ich nochmals gefragt und hab’s danach verstanden.
RA Kü[nzel]:
Ja nochmals:
1972 - haben Sie da schon mit der Kundschaft sich unterhalten können, daß Sie alles verstanden haben, was gesagt wurde?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja, natürlich bin ich gleich in den Verkaufsraum gegangen. Da mußte ich schon deutsch sprechen - so wie heute konnte ich das natürlich nicht - aber ich meine, soviel konnte ich, daß ich mich mit der Kundschaft so gut verstehen konnte. Von meinem Beruf aus gesehen - ich war in einer Metzgerei beschäftigt - hatte es mir gereicht, daß ich das auszudrücken wußte, womit ich gearbeitet habe.
RA Kü[nzel]:
Kam diese Kundin immer zu einer bestimmten Tageszeit?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich weiß nicht mehr. Das war jedesmal eine bestimmte Zeit, aber ich weiß es nicht mehr, wann.
So gegen mittags war es, glaube ich oder ...? -
RA Kü[nzel]:
Sie haben vorhin gesagt, die Kundin sei gelegentlich in Begleitung eines Mannes gewesen.
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Kü[nzel]:
War sie nun immer oder nur manchmal in Begleitung?
Zeugin Mar[kovic]:
Ich glaube, daß ich sie nur zweimal mit diesem Mann gesehen habe.
RA Kü[nzel]:
Und diesen Mann haben Sie auf keinem der Bilder oder sonst irgendwie erkannt?
Zeugin Mar[kovic]:
Nee, nee.
RA Kü[nzel]:
Keine Frage mehr.
RA Schi[ly]:
Darf ich eine kurze Anschlußfrage stellen:
War das immer derselbe Mann?
Zeugin Mar[kovic]:
Zweimal, ja.
RA Schi[ly]:
War das derselbe, ja?
Zeugin Mar[kovic]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Danke schön.
[8486] Vors.:
Bevor wir über die Vereidigung und Entlassung der Frau Zeugin entscheiden, müssen wir uns jetzt über den Antrag auf Gegenüberstellung schlüssig werden.
Herr RA Künzel.
RA Kü[nzel]:
... den ich nun erweitere:
Auch zum Beweis dafür, daß die Zeugin in der Angeklagten Ensslin die Kundin aus dem Jahr 1972 nicht wiedererkennt,
beantrage ich
eine Gegenüberstellung.
Vors.:
Also auch die Zeugin Markovic, denn inhaltlich ist das das gleiche wie bei der Zeugin Seidemann.
Möchte sich die B. Anwaltschaft dazu äußern?
Bitte, Herr B. Anwalt Dr. Wunder.
BA Dr. Wu[nder]:
Ausdrücklich entgegentreten möchte ich dem Antrag nicht.
Wichtig und nötig war meines Erachtens allerdings allein die damalige Gegenüberstellung - heute sieht die Angeklagte Ensslin ja ganz anders aus als damals beim Einkauf.
Vors.:
Wir wollen uns kurz Gedanken machen über diesen Antrag.
Ich darf bitten, daß man dann im Anschluß, wenn wir wieder kommen, also etwa in zehn Minuten - um 15.45 Uhr - beide Zeuginnen im Saal dann anwesend hält.
RA Schi[ly]:
Herr Vorsitzender, ich möchte nur der Erklärung der B. Anwaltschaft entgegentreten, die jetzt hier schon so schlankweg eine vorweggenommene Beweiswürdigung vornimmt und erklärt, Frau Ensslin sehe heute anders aus als beim Einkaufen damals. Ich glaube also, solche vorweggenommenen Erklärungen sind kaum für die Beurteilung der Beweisaufnahme förderlich.
Vors.:
Ich würde aber folgenden Vorschlag machen, Herr RA Schily:
Wenn von Ihrer Seite Interesse an der Gegenüberstellung besteht oder bestünde, dann wäre vielleicht die Empfehlung in der Pause an Frau Ensslin, die ja jederzeit im Verfahren auftreten kann, nicht unangebracht, daß sie sich in der Verhandlung zeigt. Also wenn von Ihrer Seite Interesse besteht.
Um 15.45 Uhr.
Der Senat zieht sich um 15.37 Uhr zur Beratung zurück.
Ende von Band 472.
[8487] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 15.47 Uhr.
Die Zeuginnen Seidemann und Markovic sind anwesend.
Vors.:
Der Senat hat beschlossen: Dem Antrag, die Angeklagte Ensslin den Zeuginnen Seidemann und Markovic in der Hauptverhandlung gegenüber-zu-stellen, wird nicht stattgegeben.
Der Senat hält es im Hinblick auf die verflossene Zeit im Rahmen seiner Aufklärungspflicht[22] nicht für zweckdienlich, die beantragte[kkkkk] Gegenüberstellung durchzuführen. Im übrigen ist es der Angeklagten Ensslin nicht verwehrt, zu jeder Zeit an der Hauptverhandlung teilzunehmen.
Sind weitere Fragen an eine der Frau Zeuginnen? Ich sehe nicht.
Können wir die Zeuginnen vereidigen? Ist noch ... Wenn eine Frage ist ...
OStA Ho[lland]:
Entschuldigung, Herr Vorsitzender.
Vors.:
Bittesehr.
OStA Ho[lland]:
Wir hätten eine Anregung und zwar im Anschluß an das, was die Zeugin Markovic über Gespräche mit der Zeugin Seidemann gesagt hat.
Da scheinen sich einige, zumindest scheinbare Widersprüche aufgetan zu haben.
Vors.:
Haben Sie Fragen an die Frau Zeugin ...
OStA Ho[lland]:
... ich wollte das anregen, daß Sie es vielleicht machen.
Vors.:
Ich sehe eigentlich vom Gericht aus im Augenblick keinen Anlaß dazu. Wenn Fragen gestellt werden sollen, also dem Inhalte nach das gegenüberzustellen, was hier gesagt worden ist, das würde ich dann der Bundesanwaltschaft gerne überlassen, wenn Sie Fragen haben.
OStA Ho[lland]:
Dann darf ich vielleicht mal an die Zeugin Seidemann noch eine Frage richten?
Vors.:
Dann darf ich Frau Markovic bitten, Platz zu nehmen.
Bitte Herr Bundesanwalt Holland.
OStA Ho[lland]:
Frau Seidemann, kann es sein, daß Sie vielleicht ganz allgemein heute über diese Sache mit der Zeugin Markovic gesprochen haben?
Zeugin Sei[demann]:
Direkt würde ich nicht sagen.
OStA Ho[lland]:
Und was haben Sie indirekt gesagt?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, ich hab nur heute morgen, nachdem wir uns drei Jahre [8488] ja nicht gesehen haben, habe ich gesagt; „Oh Gott, ich bin furchtbar aufgeregt“. Aber ich kann nur das sagen, was ich weiß. Und das steht doch alles schon in den ...
OStA Ho[lland]:
Ist auch schon einmal darüber gesprochen worden, daß vielleicht die eine oder andere Erinnerungslücke durch den Zeitablauf eingetreten sein könnte?
Zeugin Sei[demann]:
Wir haben uns weiter nur ganz kurz unterhalten. Sie hat gesagt, ich hatte sie ja gefragt vor ein paar Tagen, ob sie mitfährt. Und da sagte sie nein. Und da habe ich gesagt; „Da muß ich ja so alleine fahren.“ Und am Samstag rief sie mich an: „Ich fahr auch“. Und da habe ich gesagt; „Gott sei Dank“. Heute Morgen haben wir uns auf dem Bahnhof getroffen und da sagte ich nur; „Ich habe gar nicht gedacht, daß wir da noch einmal hin müssen und ich bin furchtbar aufgeregt“. Und dann habe ich gesagt, was wir wohl gefragt werden. Und da habe ich gesagt; „das, was ich weiß, das ist in fünf Minuten erledigt“. Und dann haben wir uns nur noch privat unterhalten.
OStA Ho[lland]:
Gut. Vielen Dank Frau Zeugin.
Zeugin Sei[demann]:
Bitte.
Vors.:
Weitere Fragen an eine der Frau Zeuginnen? Ich sehe nicht.
Herr Rechtsanwalt Schily, bitteschön. Auch an Frau Seidemann?
RA Schi[ly]:
Ja, ja, an Frau Seidemann. Frau Seidemann, es klingt nur ein bißchen anders, als Sie auf meine Frage das geschildert haben. Was ist denn auf die Frage, was wird denn wohl gefragt werden, geantwortet worden?
Zeugin Sei[demann]:
Nunja, wahrscheinlich nur das, was wir wissen. Denn das war ja an sich schon bekannt.
RA Schi[ly]:
Ja und dann war das Gespräch zu Ende oder wie?
Zeugin Sei[demann]:
Wir haben uns jetzt da nicht drüber unterhalten. Wir haben uns rein privat im Zug unterhalten.
RA Schi[ly]:
Ja nur, haben Sie sich vorher dienstlich unterhalten oder wie?
Zeugin Sei[demann]:
Bitte?
RA Schi[ly]:
Haben Sie sich vorher dienstlich unterhalten?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, wir haben uns nur am Bahnsteig über hier unterhalten.
Was wird, wie wird es wohl sein. Weil ... ich hab ja mit sowas noch nie zu tun gehabt. Und da habe ich nur gesagt: „Ich bin furchtbar aufgeregt.“
RA Schi[ly]:
Ja, ja. Nur Frau Zeugin, Sie werden ja wohl nicht gefragt, was Sie nicht wissen.
[8489] Zeugin Sei[demann]:
Bitte?
RA Schi[ly]:
Sie werden ja wohl nicht gefragt, was Sie nicht wissen. Man fragt nach Ihrer Kenntnis und nach Ihrem Wissen. Also diese allgemeine Frage ist doch ein bißchen überflüssig.
Zeugin Sei[demann]:
Ja ich habe gesagt; „Ich kann nur das sagen, was ich weiß.“
Und das ist nicht viel.
RA Schi[ly]:
Oder haben Sie doch ein bißchen konkreter gefragt?
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein.
RA Schi[ly]:
Nein?
Zeugin Sei[demann]:
Nein. Was soll ich sie fragen. Es ist ja nicht viel, was sie weiß oder was ich weiß.
RA Schi[ly]:
Hat denn einer von Ihnen darüber gesprochen, daß das Gericht Ihnen eventuell irgendwelche Hilfen geben kann?
Zeugin Sei[demann]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Nein?
Zeugin Sei[demann]:
Ach, was soll die mir helfen. Ich habe nur gesagt ...
RA Schi[ly]:
Na aus den Akten vielleicht, ein Vorhalt aus dem Protokoll.
Zeugin Sei[demann]:
Nein, nein.
RA Schi[ly]:
Darüber ist nicht gesprochen worden?
Zeugin Sei[demann]:
Ach was. Ich weiß ja gar nicht, wie so was vor sich geht.
Ich war ja noch nie so wo gewesen. Also konnte ich das auch nicht annehmen.
RA Schi[ly]:
Oder hat einer von Ihnen die Erwartung ausgedrückt, naja, da wird das Gericht Ihnen ja dann schon aus den Akten ...
Zeugin Sei[demann]:
Nein. Ich habe nur gesagt, hoffentlich geht es schnell, daß ich nach Hause komm. Ich hab zu Hause ein kleines Kind alleine.
RA Schi[ly]:
Ja. Dann habe ich keine Fragen mehr, danke.
Vors.:
Können wir die Frau Zeuginnen vereidigen? Ich sehe ja, keine Einwendungen.
Die Zeuginnen Seidemann und Markovic werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.53 Uhr entlassen.
Der Zeuge Müller erscheint[lllll] um 15.54 Uhr im Sitzungssaal
Vors.:
Herr Müller, darf ich zunächst um Ihre Personalien bitten.
Der Zeuge Müller machte folgende Angaben zur Person:
[8490] Zeuge Müller
Hans-Joachim Müller, Kriminalhauptmeister, 30 Jahre alt, Kripo Frankfurt, KK 52,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Müller, sind Ihnen die beiden Zeuginnen, die heute anwesend waren, ein Begriff?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Wodurch haben Sie die Zeuginnen kennengelernt?
Zeuge Mül[ler]:
Die Damen habe ich im Zusammenhang mit dem Komplex Inheidenerstraße 69 vernommen. Mitte Juni 1972 vielleicht. Die Damen waren Angestellte im Lebensmittelgeschäft. Bei der Häuserbefragung in den umliegenden Häusern wurde ich also auf die Damen hingewiesen, die also irgendwie Gesprächsweise angegeben haben, daß Sie also anläßlich einer Sternveröffentlichung irgendwelche Leute erkannt, auf Bildern erkannt hätten. Ich hab also das Geschäft, das weiß ich nicht genau, entweder sind wir über das Geschäft an die Personalien der Damen gekommen. Eine Dame habe ich also zu Hause in ihrer Wohnung aufgesucht, ich glaube, es war die Frau Markovic. Die habe ich also zu Hause in ihrer Wohnung aufgesucht und hab sie dort, ich glaube, handschriftlich vernommen, ich weiß aber nicht mehr genau. Irgendeine handschriftliche Vernehmung habe ich gemacht in dem Fall. Und eine Dame habe ich im Geschäft aufgesucht und hab sie dort auch vernommen.
Vors.:
Ja. Ist bei der Vernehmung Lichtbildmaterial verwendet worden, um die Zeugin darauf zu überprüfen, ob sie aus einer Auswahl von Bildern imstande ist, irgend jemanden zu bezeichnen, der in Frage käme.
Zeuge Mül[ler]:
Sofern mir bekannt ist, haben wir also eine Lichtbildmappe mitgeführt gehabt von uns.
Vors.:
Wissen Sie heute noch, um was für eine Mappe es sich gehandelt hat
Zeuge Mül[ler]:
Oh Gott, das kann ich Ihnen also nicht sagen.
Vors.:
War das eine bestimmte Bezeichnung, die diese Mappe getragen hat?
Zeuge Mül[ler]:
Ich weiß nur, daß es so ein normal großer Ordner war, wie sie hier vorliegen. Das da vielleicht 60, 70 verschiedene Personen abgebildet waren, die allerdings, daß weiß ich nicht, ich will mich also nicht festlegen, ob die jetzt nur, ob da also auch andere Personen drin waren oder frühere Angehörige oder bekannte Angehörige der [8491] kriminellen Vereinigung waren.
Vors.:
Ja. Kriminelle Vereinigung, damit meinen Sie?
Zeuge Mül[ler]:
Baader-Meinhof-Angehörige.
Vors.:
Baader-Meinhof-Angehörige. Handelte es sich, und das war an sich der Sinn der Frage, also um eine Auswahlmappe, die Personen darstellen sollte, die möglicherweise im Zusammenhang mit der Baader-Meinhof-Gruppe gesucht wurden oder bekannt waren.
Zeuge Mül[ler]:
Gesucht wurden oder bekannt waren, ja.
Vors.:
Wir wollen Ihnen hier eine Lichtbildmappe vorlegen mit einigen Bildern. Sie sollten zusammenfassend einen Blick reinwerfen, ob es sich um solche Bilder gehandelt hat, die Sie damals zur Verwendung hatten.
Dem Zeugen wird die Lichtbildmappe, die sich bei den Akten befindet, vorgelegt.
Zeuge Mül[ler]:
Es war in etwa eine Mappe, die also den gleichen Aufbau gehabt hat, auch von der Nummerierung her. Also hier zumindest am Anfang würde ich schon sagen, daß es also das gleiche Bildmaterial gewesen ist.
Vors.:
Und wenn Sie nun getrennt für die einzelnen Zeuginnen uns das Ergebnis, soweit Sie es noch im Gedächtnis haben, dieser Lichtbildvorlage schildern könnten. Beginnen wir vielleicht bei Frau Markovic.
Zeuge Mül[ler]:
Es war so, daß Frau Markovic die Beschuldigte Ensslin wieder erkannt hat und zwar, ich weiß jetzt also nicht mehr. Es war so, daß sie sagte, die Beschuldigte Ensslin wäre ihr deshalb aufgefallen, weil die also über einen längeren Zeitraum hin - über welchen Zeitraum, möchte ich mich also jetzt auch nicht festlegen -, also einige Wochen, kann man sagen, daß die also dort eingekauft hätte und wäre also deswegen aufgefallen, weil sie immer eine bestimmte Wurstsorte gekauft hätte, Hartwurst, Salami oder irgend so was. Außerdem wäre sie durch ihr äußerliches Erscheinungsbild aufgefallen, durch Magerkeit und halt eben hauptsächlich die Haare, die Frisur. Und wir haben also Lichtbilder vorgelegt und da wurde also die Frau Ensslin anerkannt.
Vors.:
Ist es so gewesen, daß die Zeugin bei der Durchsicht dieser Mappe bei dem Bild von Frau Ensslin aufgehört hat oder hat sie die gesamte Mappe durchgesehen?
Zeuge Mül[ler]:
Wir haben es also in der Regel immer so gehalten, daß also auf jeden Fall das Material, das wir gehabt haben, weiter durchgesehen worden ist.
[8492] Vors.:
Insgesamt durchgesehen. Ist es in diesem Falle auch so gehandhabt worden? Können Sie das heute noch sagen?
Zeuge Mül[ler]:
Ich bin sicher. Also genau weiß ich es nicht, aber ich nehme es stark an, weil wir es also immer gemacht haben.
Vors.:
Weil das Ihrer Übung entspricht.
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Sie können aber nicht sagen, ob in dem einen Fall es so gewesen ist. Hat nun Frau Markovic ein bestimmtes Bild, ich möchte mal sagen, vom beobachtenden her, mit Sicherheit und ohne Schwanken ausgewählt oder gab es bei ihr auch noch andere Bilder, wo sie hin und hergeschwankt hat?
Zeuge Mül[ler]:
Das kann ich nicht mehr sagen.
Vors.:
Wissen Sie nicht mehr.
Zeuge Mül[ler]:
Nein.
Vors.:
Wüßten Sie heute noch die Nummer des Bildes, die damals genannt worden ist?
Zeuge Mül[ler]:
Nein, kann ich auch nicht mehr sagen.
Vors.:
Können Sie nicht mehr. Es liegt hier ein Vermerk vor, der die Unterschrift Müller trägt, AGS.
Dem Zeugen wird das Blatt 371 des Ordners 81 mit der Bitte vorgelegt, ob es sich um seine Unterschrift handelt.
Zeuge Mül[ler]:
Das ist meine Unterschrift.
Vors.:
Dankeschön. In diesem Vermerk heißt es, Frau Markovic erkannte mit Sicherheit die Gudrun Ensslin wieder. Und dann heißt es in Klammer Bild Nr. und dann noch Zeitungsausschnitt.
Zeuge Mül[ler]:
Ja, das war, achso, das weiß ich jetzt nicht mehr gewiß. Es kann also sein, daß sie mir dann noch den „Stern“ vorgelegt hatte, als es in ihrer Wohnung war. Daß sie also noch den „Stern“ beigezogen hat und hat auf die Person gewiesen. Doch ich mein schon, daß es so gewesen ist.
Vors.:
So daß also die Bildnummer sich bezieht auf diese Mappe oder auf diese Lichtbilder, die Sie ja hatten, die Sie selbst mitgebracht haben, und das zusätzliche „Zeitungsausschnitt“ möglicherweise bedeutet, daß sie auf die Sternveröffentlichung hingewiesen hat.
Es ist hier aufgeführt das Bild Nr. 13. Wenn Sie das Bild mal ansehen wollten, ob Sie aus der Erinnerung sagen können, daß das die Bilder waren, die auch der Zeugin gegeben wurden.
Zeuge Mül[ler]:
Die haben wir zur Verfügung gehabt, ja.
[8493] Vors.:
Es sind insgesamt 3 Blätter Nr. 13. Wenn Sie mal die durchsehen wollen, welche Blätter Sie zur Verfügung hatten. Das ist das letzte.
Zeuge Mül[ler]:
An das letzte kann ich mich also nicht erinnern.
Vors.:
Nicht erinnern. Jetzt das zweite.
Zeuge Mül[ler]:
An diese Bilder kann ich mich auf jeden Fall erinnern. Ja und die auch.
Vors.:
Ja. Und das erste Blatt Nr. 13 auch. Dankeschön. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen im Zusammenhang mit der Lichtbildvorlage an Frau Markovic? Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.
RA Schi[ly]:
Herr Zeuge, Sie sagten, also Sie haben zunächst mal eine handschriftliche, so habe ich Sie verstanden, ich mein, das ist ein bißchen untechnisch ausgedrückt, eine handschriftliche Vernehmung durchgeführt?
Zeuge Mül[ler]:
Richtig.
RA Schi[ly]:
Und dann eine Lichtbildvorlage. Haben Sie diese erste Vernehmung alleine durchgeführt?
Zeuge Mül[ler]:
Ich weiß nicht, ob noch ein Kollege dabei gewesen ist. Ich kann es also nicht mehr sagen. Normalerweise wäre es so üblich, daß noch einer mitgewesen ist. Nein, kann ich also nicht sagen, ob noch ein Kollege dabei gewesen ist.
RA Schi[ly]:
Sind Sie 100 %ig sicher, daß Sie diese Vernehmung gemacht haben?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
RA Schi[ly]:
Haben Sie später mal Ihren Namen gewechselt?
Zeuge Mül[ler]:
Nein.
RA Schi[ly]:
Die Lichtbildvorlage, diese ...
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, darf ich fragen, welches Blatt Sie im Auge haben, vielleicht wäre 369 in dem Zusammenhang maßgeblicher als 370.
RA Schi[ly]:
Ach so, da ist dann möglicherweise ...
Vors.:
Ja, ja. Das ist nur die Leseabschrift. Die Unterschriften gelten nur für die Abschrift.
RA Schi[ly]:
Entschuldigung, Entschuldigung ...
Vors.:
Bittesehr.
RA Schi[ly]:
Das ist ein Irrtum meinerseits. Sagen Sie, bei dieser Lichtbildvorlage am, war die am gleichen Tag oder war die an verschiedenen Tagen?
Zeuge Mül[ler]:
Das kann ich also auch nicht mehr sagen.
RA Schi[ly]:
Wissen Sie nicht mehr. In dieser Lichtbildmappe, die Sie vorgelegt haben, war da ein einzelnes Foto von Frau Ensslin oder mehrere?
Zeuge Mül[ler]:
Es waren mit Sicherheit mehrere Bilder dann dabei.
[8494] RA Schi[ly]:
Die Lichtbildvorlage, jetzt sagen wir mal, Sie wissen nicht mehr, ob das am selben Tage war. Aber könnten Sie die zeitliche Abfolge noch sagen. Was zunächst war, also diese sogenannte handschriftliche Vernehmung oder die Lichtbildvorlage also dieser Lichtbildmappe.
Zeuge Mül[ler]:
Ich möchte mich also auch dahin nicht 100 %ig festlegen. Aber ich glaube, ich habe zuerst die Vernehmung gemacht und möchte also in dem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, wie gesagt, daß wir da mit Sicherheit zu dem Zeitpunkt, als ich[mmmmm] diese handschriftliche Vernehmung gemacht hab, daß mir Frau Markovic bei der Gelegenheit auch den Stern gezeigt hat. Das dürfte also bei der Gelegenheit auch gewesen sein. Ob ich zu dem Zeitpunkt schon die Lichtbildmappe dabei gehabt hab, oder ob das zum späteren Zeitpunkt geschehen ist, das kann ich also nicht sagen. Und soviel ich weiß, habe ich, glaube ich, Frau Markovic nur einmal vernommen. Ich habe Sie dann also, glaube ich, nicht noch einmal vernommen. Da müßte ich mir entsprechend Vorhalt machen lassen. Ich weiß es also nicht mehr. Ich glaub nur einmal.
RA Schi[ly]:
Ja, ich muß Sie dann doch mal fragen, gibt es bei Ihnen einen Kollegen Muhr?
OStA Z[eis]: (unverständlich)
RA Schi[ly]:
He, ne, es ist gar nicht so eindeutig. Jetzt gucken wir mal die Unterschriften. Vielleicht dürfen wir mal dem ... Vielleicht können wir es einfach mal dem Zeugen vorlegen, Herr Vorsitzender. Weil wenn sich die Unterschrift auf Blatt ...
Vors.:
Ich wollte genau das anregen, daß das jetzt geschieht.
Dem Zeugen wird das Originalschreiben, dessen Ablichtung in Ordner 81 Blatt 368/369 enthalten ist, vorgelegt.
Zeuge Mül[ler]:
Das ist also meine Schrift, das habe ich schon gesehen. Das ist auch meine Unterschrift.
Vors.:
Und ist das, was hier als Muhr möglicherweise gelesen werden könnte ...
Zeuge Mül[ler]:
Das ist schon meine Unterschrift.
Vors.:
Das ist Ihre Unterschrift.
RA Schi[ly]:
Ja, ich komm nur deshalb drauf, weil die Unterschrift hier auf 371 etwas anders aussieht, aber das kann ja die Variationsbreite sein.
Vors.:
Die Unterschrift auf 369 anerkennt der Zeuge als die seine.
RA Schi[ly]:
Gut, dann habe ich an den Zeugen keine weiteren Fragen.
[8495] Vors.:
Herr Rechtsanwalt Künzel?
RA Kün[zel]:
Herr Zeuge, hat Ihnen die Frau Markovic ganz konkrete Einzelheiten in der Erscheinung dieser Kundin genannt, aufgrund welcher sie die Frau Ensslin wieder erkennen möchte, wieder erkannt hat?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
RA Kün[zel]:
Und was denn?
Zeuge Mül[ler]:
Sie wies auf, wie ich gesagt hab, das äußere Erscheinungsbild hin, besonders die Frisur. Dann Figur auch ...
RA Kün[zel]:
Dann hat sie ja von, wenn ich dazwischen fragen darf, von Frisur oder Perücke gesprochen?
Zeuge Mül[ler]:
Frisur, ich weiß nicht, ob sie Perücke gesagt hat oder Haartracht. Es bezog sich alles auf die Frisur.
RA Kün[zel]:
Hat sie von einer kurzen Haarpracht oder einer langen Haarpracht ...
Zeuge Mül[ler]:
Ja mit so Krusselhaaren oder so Kraushaaren.
RA Kün[zel]:
Und was noch?
Zeuge Mül[ler]:
Ja und daß sie halt ziemlich ruhig gewesen wäre und letztlich auch deswegen aufgefallen sei, weil sie immer nur eine bestimmte Wurstsorte gekauft hätte.
RA Kün[zel]:
Das hat sie auf dem Bild wohl nicht wiedererkannt, die Ruhe.
Das ist ja noch kein Kriterium zum Wiedererkennen. Was hat sie denn noch genannt?
Zeuge Mül[ler]:
Das kann ich jetzt nicht mehr sagen. Dann müßte man mir das vorhalten, was ich da formuliert hab oder niedergeschrieben hab und dann könnte ...
RA Kün[zel]:
Hat sie etwas zur Größe gesagt?
Zeuge Mül[ler]:
Das kann ich auch nicht sagen.
RA Kün[zel]:
Hat sie was zur Form des Halses gesagt?
Zeuge Mül[ler]:
Das kann sein, aber wie gesagt, an Einzelheiten in dem Zusammenhang kann ich mich also ziemlich schlecht erinnern.
RA Kün[zel]:
Keine Frage mehr.
Vors.:
Das war also zur Frau Markovic. Und nun dasselbe bei Frau Seidemann. Sie haben ja erwähnt, daß Sie auch Frau Seidemann Bildmaterial vorgelegt haben. Hat es sich da um dasselbe Material gehandelt?
Zeuge Mül[ler]:
Jawohl.
Vors.:
Erinnern Sie sich noch, ob Frau Seidemann damals imstande war, aus dieser Auswahl von Bildern eine bestimmte Abbildung herauszuziehen und zu sagen: „Ich glaube, das stimmt überein.“
[8496] Zeuge Mül[ler]:
Jawohl.
Vors.:
Welche Bilder? Waren das die gleichen?
Zeuge Mül[ler]:
Das war dieselbe Lichtbildmappe. Wir hatten also nur eine gehabt.
Vors.:
Gut. Und ich meine, was nun die Person anlangt, die abgebildet war?
Zeuge Mül[ler]:
Auch die gleiche Person dann, also Frau Ensslin wiedererkannt.
Vors.:
Auch auf die Abbildung von Frau Ensslin?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Hat Frau Seidemann da irgendwelche Zweifel erkennen lassen oder ist das so gegangen, daß man das Gefühl ...
Zeuge Mül[ler]:
Nein, an sich ziemlich resolut und auch ziemlich eindeutig auf Frau Ensslin.
Vors.:
Gedeutet, ja?
Zeuge Mül[ler]:
Ja.
Vors.:
Nun heißt es bei Frau Seidemann in dem von Ihnen aufgenommenen Protokoll, das ist Blatt 381 wiederum: „Bei dem Bild Nr. 13“, also da soll die Zeugin gesagt haben, das haben Sie protokolliert, das trägt dann die Unterschrift von Frau Seidemann, im Gegensatz zu Frau Markovic, wo Sie nur einen Vermerk gemacht haben „(Zeitungsausschnitt) erkenne ich zweifelsfrei die Frau wieder.“ Was bedeutet nun hier das Nr. 13 (Zeitungsausschnitt)? Sie haben ja erwähnt, Frau Markovic hat Ihnen offenbar den „Stern“ gegeben. Das läßt sich aus der Art Ihrer Niederschrift wiedererkennen, daß der „Stern“ eine Rolle gespielt hat. Was bedeutet hier das in (Zeitungsausschnitt) zur Nr. 13 bei Frau Seidemann?
Zeuge Mül[ler]:
Ich könnte es mir höchstens so noch vorstellen, daß ich vielleicht das ... in der Mappe oder mit oder als weiteres Material halt eben dieser Ausschnitt mitgenommen worden ist. Aber wie gesagt, das kann ich halt nicht sagen.
Vors.:
Also ich meine, wenn Ihr Protokoll das beinhaltet, dann ist ja wohl anzunehmen ...
Zeuge Mül[ler]:
Dann muß irgend ein Zeitungsausschnitt dabei gewesen sein, richtig.
Vors.:
Haben Sie vielleicht bei Frau Markovic diese „Stern“abbildung übernommen? Haben Sie darum gebeten, daß sie die Ihnen überläßt, diese Abbildung.
Zeuge Mül[ler]:
Das weiß ich nicht, das kann ich nicht mehr sagen.
Vors.:
Wäre das eine Erklärung?
[8497] Zeuge Mül[ler]:
Eine Erklärung wäre es schon, nur möchte ich mich nicht drauf ...
Vors.:
Sie wissen es nicht mehr, ja. Aber Sie sind sich sicher, daß Frau Seidemann auch aus diesem ...
Zeuge Mül[ler]:
Diese Lichtbildmappe hat sie zu Gesicht bekommen. Da kann ich mich noch entsinnen, wir mußten ..., wir waren also im Geschäft und da mußten wir irgendwo in den Keller gehen. Das weiß ich also noch. Da habe ich eine Schreibmaschine dabei gehabt und habe also auch die Lichtbildmappe dabei gehabt. Das weiß ich noch mit Sicherheit.
Vors.:
Zu diesem Punkte noch weitere Fragen? Ich sehe beim Gericht nicht.
Die Herrn der Bundesanwaltschaft auch nicht. Die Herrn Verteidiger auch nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.
Der Zeuge Müller wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 16.12 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir sind damit am Ende des heutigen Programms. Morgen sind vorgesehen die Zeugen Schaub, Unruh, der Sachverständige Hecker und dann nachmittags die Zeugen Richter, Albert - Penzkofer ist zu streichen wegen Krankheit - Koch und der Sachverständige Dr. Grooß. Maßgeblich scheinen zu sein die Ordner 75, 80 and 81. Fortsetzung morgen früh um 9 Uhr.
Ende der Sitzung um 16.13 Uhr
Ende von Band 473
[1] Ulrike Meinhof wurde am 86. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO für die Dauer von einem Monat von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 7739 des Protokolls der Hauptverhandlung, 86. Verhandlungstag). Die anderen Angeklagten hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).
[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[4] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 - Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2). Im Unterschied dazu vermitteln Sachverständige Sachkunde oder wenden diese bei der Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts an. Bei der Bekundung von Tatsachen ist zu unterscheiden: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 85 Rn. 2 f.).
[5] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten u.a. den Senat, insbesondere aber den Vorsitzenden Dr. Prinzing verantwortlich für seinen Tod (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).
[6] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die umfassende Aussage Müllers, mit der er die Angeklagten schwer belastete, u.a. durch das Versprechen diverser ungesetzlicher Vorteile unzulässig beeinflusst worden war (s. hierzu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 4 bis 19 zum Protokoll zum 20.7.1976, S. 10643 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag; s. zu den Vorwürfen der Verteidigung auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 305 ff.).
[7] Der Kfz-Schlosser Bernhard Braun war seit 1971 Mitglied der RAF. Gemeinsam mit Brigitte Mohnhaupt war Braun vor allem in Berlin aktiv. Im Juni 1972 lösten in einer von ihnen genutzten Wohnung gelagerte Sprengstoffe eine Explosion aus. Eine Woche später wurden sie in West-Berlin festgenommen. Die Polizei konnte in der Wohnung Chemikalien und Anleitungen zur Herstellung von Bomben sicherstellen. Mohnhaupt und Braun wurden wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von je viereinhalb Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 54, 92 ff., 250; Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 112 f.).
[8] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).
[9] Hierbei dürfte es sich um Bernhard Braun (Fn. 7) handeln. Zum einen wird dieser durch den Sachverständigen Neuendorf später im Zusammenhang mit der NSU-Prinz-Innentür genannt (S. 8339 des Protokolls der Hauptverhandlung), zum anderen stimmen auch die (hier aus datenschutzrechtlichen Gründen geschwärzten) Geburtsdaten überein.
[10] In der Anklageschrift war die Budapester Straße 39 in Berlin als Unterkunft der RAF aufgeführt, zu der unter anderem die Angeklagten Ensslin und Meinhof Schlüssel gehabt haben sollen. Die Polizei soll bei der Durchsuchung der Wohnung mehrere handschriftliche Sprengstoffrezepte, sowie verschiedene Waffen gefunden haben (s. S. 85, 161, 285 ff., 306 und 328 der Anklageschrift).
[11] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen als Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; der Regelfall ist hier die Nichtvereidigung. Heute ist auch die Vereidigung für Zeug/innen nur noch in Ausnahmefällen vorgesehen (§ 59 StPO).
[12] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.
[13] Der BGH hatte sich in dieser Entscheidung mit den Regeln der Beweiswürdigung im Falle daktyloskopischer Gutachten zu befassen. Er führte dazu u.a. aus: „Ein Tatrichter, der seine Überzeugung von der Täterschaft des Beschuldigten auf das Beweisanzeichen der an den Tatorten festgestellten und nach den wissenschaftlichen Grundsätzen der sogenannten Daktyloskopie sorgfältig ausgewerteten Fingerabdrücke des Täters stützt, begeht damit keinen Verstoß gegen Rechtsnormen des Strafrechtes oder gegen allgemeine Erfahrungssätze der Wissenschaft.“ Der BGH ließ unbeanstandet, dass das LG Frankfurt in seiner Ausgangsentscheidung für verschiedene Fingerabdrücke je 9, 11, 12 und 14 übereinstimmende anatomische Merkmale genügen ließ. Auch, dass manche der Fingerabdrücke nicht vollständig erkennbar gewesen seien, sowie die Beurteilung des Landgerichts, es sei „allein entscheidend [...], dass die Abdrücke in ihrem Linienbild und in ihren besonderen anatomischen Merkmalen übereinstimmten“, ließ der BGH unbeanstandet (BGH, Urt. v. 11.6.1953 - Az.: 3 StR 229/52, Rn. 6, juris).
[14] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, etwas dazu zu erklären.
[15] S. bereits Fn. 4.
[16] Thomas Weisbecker trat im Juli 1971 zusammen mit Angela Luther von den Tupamaros West-Berlin zur RAF über. Bereits seit dem 14. Februar 1972 wurde er observiert. Er starb am 2. März 1972 in Augsburg. Die genauen Umstände von Weisbeckers Tod wurden nie geklärt. Bekannt ist nur, dass Weisbecker, der vermutlich bewaffnet war, am Nachmittag des 2. März von zwei Polizeibeamten verfolgt und dann von einem der beiden erschossen wurde. Weisbecker gehörte mit Petra Schelm und Georg von Rauch zu den ersten Opfern der RAF und galt fortan als Ikone der RAF (s. die Beiträge von König und Wunschik in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 430, 459 f., 464 ff., bzw. S. 531, 546 ff.).
[17] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.
[18] Sachverständige können nach dem Ermessen des Gerichts vereidigt werden (§ 79 StPO), wobei der Regelfall die Nichtvereidigung darstellt. Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung allerdings zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).
[19] Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die Vornahme gerichtlicher Untersuchungshandlungen grundsätzlich dasjenige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die antragstellende Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat (§ 162 StPO). Hat, wie in diesem Verfahren, der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen, so sind auch die Ermittlungsrichter/innen des BGH zuständig (§ 168a Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.; heute § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO). Grundsätzlich ist zwar die Staatsanwaltschaft die Herrin des Ermittlungsverfahrens, d.h. Ermittlungshandlungen führt sie entweder selbst oder unter Zuhilfenahme der Polizeibehörden durch (§§ 160 Abs. 1, 161 StPO). Auch jenseits derjenigen Untersuchungshandlungen, für die richterliche Anordnungen gesetzlich vorgeschrieben sind, kann sie allerdings gerichtliche Untersuchungshandlungen beantragen (§ 162 StPO). So hat die richterliche im Vergleich zur polizeilichen Zeugenvernehmung den Vorteil, dass in bestimmten Situationen nur die Verlesung des richterlichen, nicht jedoch des polizeilichen Vernehmungsprotokolls in der Hauptverhandlung zulässig ist (§ 251 Abs. 1 StPO a.F.; entspricht heute weitestgehend § 251 Abs. 2 StPO). Auch die Vernehmung der Verhörperson ist im Falle einer richterlichen Vernehmung in bestimmten Fällen von dem aus § 252 StPO hergeleiteten Beweisverwertungsverbot ausgenommen (s. dazu Ellbogen, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 252 Rn. 47 ff.).
[20] Grundsätzlich darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden (§ 250 Satz 2 StPO; die §§ 251 ff. StPO enthalten jedoch enge Ausnahmen von diesem Grundsatz). Sind alle Möglichkeiten des Zeugenbeweises erschöpft und erinnert sich der/die Zeug/in auch nach entsprechenden Vorhalten noch immer nicht, ermöglicht § 253 Abs. 1 StPO schließlich doch die Verlesung des Protokolls einer früheren Vernehmung (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 253 Rn. 11). In diesem Fall wird das verlesene Protokoll selbst zum Beweismittel (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 253 Rn. 1; s. aber auch Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 5 ff., wonach § 253 StPO abschließend die Möglichkeit des Vorhalts regeln soll mit der Konsequenz, dass nicht die verlesene Passage, sondern allein die Antwort des/der Zeug/in zum Beweisgegenstand werden soll).
[21] S. Fn. 1.
[22] Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO). Damit trifft die Aufklärungspflicht das Gericht unabhängig von Anträgen der Verfahrensbeteiligten.
[a] Handschriftlich ergänzt: Sachverständiger
[b] Handschriftlich ersetzt: sind durch ist
[c] Maschinell eingefügt: Uhr
[d] Handschriftlich durchgestrichen: Wir sind zwei gleiche Ange
[e] Handschriftlich ersetzt: und durch um
[f] Maschinell eingefügt: SV. Neuendorf: Ja.
[g] Maschinell eingefügt: Straße.
[h] Maschinell eingefügt: das Original
[i] Handschriftlich eingefügt: der
[j] Maschinell durchgestrichen: Wir
[k] Handschriftlich ersetzt: Anschrift durch Handschrift
[l] Maschinell eingefügt: zusammenhefteten
[m] Handschriftlich ersetzt: das durch als
[n] Handschriftlich ersetzt: stammt durch stammend
[o] Maschinell eingefügt: - Finger 8 -
[p] Handschriftlich eingefügt: das
[q] Handschriftlich ergänzt: diese
[r] Maschinell eingefügt: um Erklärung
[s] Maschinell durchgestrichen: Sie
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[v] Maschinell eingefügt: Drehmann
[w] Maschinell ersetzt: Terminsverfüg durch Terminsladung
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[aa] Maschinell eingefügt: das Original
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[cc] Maschinell eingefügt: Karte
[dd] Handschriftlich ersetzt: sich durch Sie
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