99. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, 8. April 1976, um 9.02 Uhr



[8851] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, 8. April 1976, um 9.02 Uhr

(99. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwalt - mit Ausnahme von Oberstaatsanwalt Holland - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
JOS Janetzko,
JAss. Clemens.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:
Rechtsanwälte Schily, Schwarz, Schnabel, Künzel, Schlaegel, Linke und Grigat.

Als Zeugen sind anwesend:
Ulrich Radzey
Georg Pohl

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Zunächst darf ich die Herren Verteidiger bitten, die Terminsliste für Tage nach der Osterpause vorzulegen.

Wir haben also einige Veränderungen bekanntzugeben und zwar hängt es damit zusammen, daß betriebstechnische Gründe beim Springer-Verlag gewisse Verschiebungen der Zeugen notwendig machten. Es ist ja hier eine ganz große Anzahl von Zeugen auf einmal geladen.

Wir haben ja schon bekanntgegeben, daß der Kriminaloberkommissar Schwörer vom Mittwoch auf den Dienstag, 20.4. verlegt worden ist. Es ist ferner bekanntgegeben, daß an diesem Tag, Mittwoch, 21.4., auch der Kriminaloberkommissar Weidel wegen Urlaubs nicht greifbar ist.

Am Mittwoch, 21.4. ist ferner vorgesehen, um 14.00 Uhr noch der Zeuge Georg Hoffmann, der vom Donnerstag, 22.4. herausgenommen worden ist. Und nun ist die Zeugin, die auf 11.00 Uhr geladen ist, Gerda Porth verlegt auf 22.4., 9.00 Uhr. Ferner ist [8852] verlegt der Zeuge Günter Schiller, der auf 9.00 Uhr geladen ist, am 21.4 auf den 27.4., 10.30 Uhr.

Rechtsanwalt Kopp erscheint um 9.05 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Dann am 22.4.76, 9.00 Uhr ... nein, wir müssen die Gruppe 10.30 Uhr sehen. Hier sind die Herren Seilmann, Schilke, Witte und Lechte als Gruppe verlegt auf den 27.4., 9.00 Uhr - Seilmann, Schilke, Witte, Lechte - auf den 27.4., 9.00 Uhr.

Dafür sind vom 27.4. vorverlegt auf den 22.4. die Zeugen Damm und Schmitt, beide 9.00 Uhr. Ich hoffe, daß Sie drauskommen. Wir haben nun noch heute, vor Eintritt in die Osterpause, die Herrn Kriminaldirektor Pohl und Herrn Kriminalkommissar Radzey als Zeugen.

Die Zeugen Radzey und Pohl werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

Die Zeugen erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

Rechtsanwalt Kopp verlässt um 9.06 Uhr den Sitzungssaal.

Der Zeuge Radzey wird um 9.06 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Pohl macht folgende Angaben zur Person:

Georg Pohl, 51 Jahre alt,
Kriminalbeamter im Bundeskriminalamt,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Der Angeklagte Raspe erscheint um 9.07 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Zeuge, ist es richtig, daß Sie seinerzeit an der Vorführung des Herrn Hoff[4] zur Vernehmung in Stuttgart beteiligt gewesen sind? Das müßte also Ende Januar, Anfang Februar 76 gewesen sein?

[8853] Zeuge Pohl:

Ja, beteiligt im weitesten Sinne. Ich war für die Sicherheitsmaßnahmen zuständig und habe insoweit Sicherheitsfragen mit meinen Stuttgarter Kollegen koordiniert.

Vors.:

Haben Sie sich während der Vernehmung des Herrn Hoff hier im Gerichtssaal, sei es auch hinter dieser Mauer aufgehalten?

Zeuge Pohl:

Nicht hinter dieser Mauer, sondern im Gerichtssaal.

Vors.:

Im Gerichtsaal. Durchgängig oder ...?

Zeuge Pohl:

Bitte?

Vors.:

Durchgängig oder nur zeitweise?

Zeuge Pohl:

Doch ziemlich durchgängig, mit kleinen Unterbrechungen.

Vors.:

Haben Sie während der Vernehmungen des Herrn Hoff durch das Gericht, mit Herrn Hoff über die Ergebnisse der Anhörung gesprochen und haben Sie damit evtl. verknüpft Hinweise auf den Inhalt der von ihm noch abzugebenden Aussage?

Zeuge Pohl:

Während der Vernehmung, das heißt also in den Pausen.

Vors.:

Solange hier Herr Hoff vernommen worden ist, zwangsläufig wären es dann die Pausen, die in Betracht kommen.

Zeuge Pohl:

Ich habe in dieser Zeit mit Herrn Hoff gesprochen, dabei ging das Gespräch natürlich auch um die erfolgte Vernehmung, aber nicht in, wenn ich das richtig verstanden habe, Ihre Frage richtig verstanden habe, nicht in dem Sinne, was er aussagen soll.

Vors.:

So ist es; das ist die Frage, die damit verknüpft ist, ob durch die Gespräche Herr Hoff Hinweise bekommen haben könnte, die den Inhalt seiner noch bevorstehenden Aussage beeinflußt haben würde?

Zeuge Pohl:

Nein.

Vors.:

Können Sie uns ganz kurz skizzieren, weil Sie sagten, man hat sich auch in der Pause dann über das, was seine Vernehmung betrifft, unterhalten. Um was ist[a] es da gegangen?

Zeuge Pohl:

Ja, es ging nicht so sehr um Einzelheiten, sondern um den Gesamteindruck. Ich darf dazu also sagen, daß ich während des Transportes hier nach Stuttgart mit Herrn Hoff gesprochen habe. Er hat mich gefragt, was ihn denn nun so erwarte in einer solchen Verhandlung, wie das vor sich gehe; er stehe zum ersten Mal vor Gericht. Darüber ist also eingehend gesprochen worden; beispielsweise üben die Sitzordnung hier im Saale. Er hat also dann auch die Frage gestellt, was erwartet mich nun im einzelnen. Und ich habe ihm gesagt[b], er müsse damit rechnen, daß er von Verteidigung hart herangenommen werde; daß möglicherweise in seinem Privatleben nachgeforscht würde, daß beispielsweise sein Haschkonsum angesprochen würde und überhaupt sein Verhalten in seinem Privatleben. Ich habe außerdem gesagt, daß es am zweckmäßigsten ist, wenn [8854] er die Wahrheit sagt, dann könne er sich nicht in Widersprüche verwickeln und könne insoweit also auch nicht angegriffen werden. In der Vernehmungspause ist[c] dann über das Auftreten, hier des Herr Hoff gesprochen worden und insoweit bezog sich das also auf unser vorangegangenes Gespräch, ob es nun so ablaufe wie vorabgeschildert oder ob es sich anders darstellte.

Vors.:

Es ging also dann mehr um den äußeren Ablauf und um die Figur, die Herr Hoff hier macht, wenn ich Sie recht verstehe.

Zeuge Pohl:

Genau, ja.

Vors.:

Sie können also sagen, den Inhalt dessen, was Herr Hoff hier noch auszusagen hatte oder aussagen wollte, haben Sie nach Ihrem Eindruck durch solche Gespräche nicht beeinflußt?

Zeuge Pohl:

In keiner Weise.

RA Schi[ly]:

War das eine Frage?

Vors.:

Es ist die Zusammenfassung und der Herr Zeuge hat das als eine Frage verstanden und kann also daran anknüpfen; die Frage, ist es so, der Herr Zeuge hat gesagt, „in keiner Weise“.

RA Schi[ly]:

Ja, ich würde dann doch vorschlagen, also das zu kennzeichnen, als Ihre Zusammenfassung und dann in der Frageform zu bleiben.

Ich erinnere mich an die gestrigen Auseinandersetzungen über die Art von Zeugenbefragung und da wurde immer gesagt, „was ist die Frage“, und das ist auch berechtigt gefragt worden, aber vielleicht sollte sich auch das der Herr Vorsitzende[d] zu Herzen nehmen, daß nur eine Frage zulässig ist; entweder ein Vorhalt oder eine Frage.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich darf dazu sagen - wir wollen uns in dieses Streitgespräch nicht wieder einlassen - die Veranlassung „was ist die Frage“ ..., die Veranlassung zu der Frage, was die Frage sein soll, gab es durch diese langen Vorhalte. Hier ist es eine kurze Zusammenfassung gewesen. Der Herr Zeuge hat spontan darauf geantwortet, so[e] daß ich gar nicht mehr im Stande war[f], die an sich an die Zusammenfassung zu knüpfende Frage zu formulieren. Grundsätzlich haben Sie recht, aber es war nicht die Absicht dem Herrn Zeugen etwas suggestiv vorzuhalten. Ich glaube auch nicht, daß der Herr Zeuge dem erliegen würde.

Es war hier von einem der Herrn, die die Vorführung bewirkt haben, die Rede, er sei hier eingesetzt gewesen, um Herrn Hoff zu betreuen. Können Sie selbst, da Sie ja offenbar leitend diesen Transport hier organisiert haben, zu diesem Begriff irgendetwas mitteilen, was darunter zu verstehen ist?

[8855] Zeuge Pohl:

Die Betreuung bezog sich in erster Linie, auf die Unterbringung des Herrn Hoff, insbesondere aber um seine Versorgung mit Speisen und Getränken, das war die Aufgabe des „Betreuers“.

Vors.:

Könnte man darunter auch verstehen, eine Art seelische Betreuung, psychische Unterstützung, damit Herr Hoff sozusagen hier durchstehen könnte?

Zeuge Pohl:

Nein. Ich kann es mir auch nicht vorstellen, denn er hat als Vertrauensperson seinen Verteidiger hier gehabt. Wenn er also eine solche psychische Stütze, in welcher Weise auch immer, benötigt hätte, dann wäre diese Aufgabe wohl seinem Verteidiger zugefallen.

Vors.:

Ja. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter? Ich sehe nicht. Die Herren des Gerichts nicht?

Die Herren der Bundesanwaltschaft? Auch nicht.

Die Herren Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, darf ich Sie zunächst fragen, welchen Rang Sie einnehmen in Ihrer Dienststelle bei der Sie tätig sind?

Zeuge Pohl:

Das hat eigentlich der Herr Vorsitzender gesagt; ich bin Kriminaldirektor.

RA Schi[ly]:

Kriminaldirektor. Ich bin nur in dieser Hierarchie nicht so sehr bewandert. Kann man sagen, das ist ein relativ hoher Posten oder gehört das zu den ...?

Zeuge Pohl:

Relativ, ja.

RA Schi[ly]:

Relativ hoher Posten. Wenn man so mal die Entfernung vom Präsidenten des Bundeskriminalamts in der Hierarchie bestimmen würde, welcher Rang unterhalb des Präsidenten des BKA würden Sie sagen, ist es dann?

Zeuge Pohl:

Das ist die 3. Ebene unterhalb des Präsidenten. Es gibt also eine Vielzahl von ...

RA Schi[ly]:

Ja, sicherlich, sicherlich ...

Ist es eigentlich üblich, daß ein leibhaftiger Kriminaldirektor es übernimmt die Vorführung eines Zeugen zu betreuen, in welcher Form immer?

Zeuge Poh[l]:

Ja, die Fragestellung ist nicht richtig. Ich habe nicht die Vorführung des Zeugen gemacht, sondern seine Sicherheit gewährleistet. Sicherheit im weitesten Sinne, das heißt Absprache mit den Kollegen in Stuttgart getroffen und was im einzelnen zum Transport zu beachten ist.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, ich habe nur diesen Ausdruck gewählt, weil wir[g] immer hier zurechtgewiesen worden sind, daß es immer nur um [8856] Vorführbeamte ginge. Also ich nehme zur Kenntnis, bei Ihnen handelt es sich also nicht um einen Vorführbeamten, sondern um einen Sicherheitsbeamten?

Zeuge Pohl:

Nein, das ist auch nicht richtig.

RA Schi[ly]:

Auch nicht richtig.

Zeuge Pohl:

Ich bin kein Sicherheitsbeamter ...

RA Schi[ly]:

Sondern?

Zeuge Pohl:

... ich bin Kriminalbeamter und hatte für diesen Fall eine spezielle Aufgabe, dafür zu sorgen, daß Herr Hoff sicher zum Prozeß und sicher zurückkommt. Der Grund für solche Sicherheitsmaßnahmen ist bekannt, das brauche ich wohl hier nicht besonders zu schildern; ich erinnere an den Fall Schmücker.[5]

Rechtsanwalt Dr. Augst (als amtl. best. Vertreter von Rechtsanwalt Eggler) erscheint um 9.16 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Pohl:

Ich bin der Meinung, ein Schmücker reicht. Wir wollen einen lebenden Hoff uns behalten.

RA Schi[ly]:

Ja, sicher. War Herr Schmücker eigentlich dann, wenn Sie das schon erwähnen, in Haft, als er umgekommen ist?

Zeuge Pohl:

Ich habe die Frage nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Ob Herr Schmücker in Haft war[h], als er umgekommen ist?

Zeuge Pohl:

Das war er nicht, aber auf dem Transport ist der Herr Hoff ja auch nicht in Haft.

RA Schi[ly]:

Ja, na schön. Aber war eigentlich Ihre Anwesenheit hier im Saal und Ihre Gespräche mit Herrn Hoff, hatten die eigentlich was mit Sicherheitsfragen zutun?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Ja, welchen Zweck, waren Sie dann privat hier im Saal und haben Sie privat mit Herrn Hoff Gespräche geführt?

Zeuge Pohl:

Nein. Die Gespräche mit Herrn Hoff waren nicht privat.

Meine Anwesenheit hier im Saale war mehr oder weniger privater Natur, so kann man das ...

RA Schi[ly]:

Mehr oder weniger. Hatten Sie dann Diensturlaub für diese Zeit?

Zeuge Pohl:

In einem Strafprozeß läßt sich, wie ich meine, privates und dienstliches Interesse eines Kriminalbeamten nicht voneinander trennen.

RA Schi[ly]:

Ja, es mag schon sein, nur was war es nun? Sind Sie Ihren [8857] Dienstgeschäften nachgegangen oder privaten Vergnügungen?

Zeuge Pohl:

Ich muß Ihnen ehrlich sagen, ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht und habe auch keine Veranlassung, mir solche Gedanken zu machen.

RA Schi[ly]:

Das würde ich aber doch sagen, Herr Pohl. Wenn Sie ein Kriminaldirektor sind, ein relativ hoher Beamter, dann sollten Sie sich vielleicht darüber Gedanken machen, ob Sie Dienstgeschäften nachgehen oder privaten Vergnügungen, denn das trifft ja auch den Steuerzahler, notfalls, der ja dafür bezahlen muß.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande diese Art der Befragung, die auf nichts anderes abzielt, als den Zeugen hier unsicher zu machen ...

RA Schi[ly]:

Ach, Herr Zeis ...

OStA Z[eis]:

... in polemischer Form. Was soll denn das hier mit dem Steuerzahler und mit dem Diensturlaub.

Ich beanstande diese Art der Fragerei des Herrn Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich beanstande die Art der Beanstandung, die viel polemischer ist, als meine Art der Befragung, Herr Zeis, und Sie sollten sich um diese frühe Morgenstunde noch nicht aufregen. Das können Sie dann gegen Mittag tun, da haben Sie dann die Mittagspause in Sicht, dann können Sie sich ja wieder entspannen.

Vors.:

Das ist eine ebenso polemische Art, wenn Sie schon meinen die Bundesanwaltschaft hier wegen Polemik angreifen zu müssen. Der Verweis auf die Mittagspause und dergleichen ist unnötig.

RA Schi[ly]:

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, wer hier mit Polemik ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ...

RA Schi[ly]:

... ich habe ganz freundlich den Herrn Pohl gefragt, und es ist mir wohl gestattet ...

Vors.:

Sie brauchen jetzt nicht zu schildern wie Sie gefragt haben, das Gericht ist ja Zeuge Ihrer Befragung geworden ...

RA Schi[ly]:

Ja, sicherlich.

Vors.:

Ich gebe der Beanstandung nicht statt.

Ich bitte allerdings die Fragen in dieser Richtung nicht weiter zu vertiefen.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann erscheint um 9.19 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Bis jetzt erschienen die Frage noch durchaus im Rahmen dessen, was zur Überprüfung ...

[8858] RA Schi[ly]:

Also ich verzichte auf den Hinweis als Steuerzahler, obwohl ich auch Steuerzahler bin und insofern ein eigenes Interesse daran habe ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, ...

RA Schi[ly]:

... aber ich glaube die Frage, in welchen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, genügt es[i] Ihnen eigentlich nicht, daß ich jetzt gesagt habe, bis jetzt wird Ihren Fragen stattgegeben. Ich bitte aber jetzt in dieser Richtung die Dinge möglichst nicht weiter zu vertiefen. Das mit dem Steuerzahler ...

RA Schi[ly]:

Aber, Herr Vorsitzender, ich ...

Vors.:

... ist unsachlich, hat mit der Frage hier überhaupt nichts zutun gehabt, die an den Herrn Zeugen zu stellen waren. Das läßt aber die Frage trotzdem noch zulässig erscheinen, auch wenn ein Beiwerk dabei war, das nicht notwendig ist.

Jetzt bitte ich aber in der Befragung fortzufahren.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, vielleicht haben Sie es überhört, ich habe eben gesagt, ich verzichte auf den Hinweis, auf die Frage des Steuerzahlers ...

Vors.:

Gut, fragen Sie jetzt bitte weiter.

RA Schi[ly]:

... und frage jetzt, und das scheint mir zulässig zu sein, ob der Herr Pohl hier seinen dienstlichen Obliegenheiten nachgegangen ist oder privaten, wenn er hier im Gerichtssaal anwesend war.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat darauf Ihnen schon die Antwort gegeben.

Ich bitte jetzt weitere Fragen zu stellen.

RA Schi[ly]:

Nein, die Frage, die ist nicht beantwortet; bisher hat er gesagt, mehr oder weniger und das scheint mir keine zufriedenstellende Antwort zu sein.

Vors.:

Es ist bereits, jedenfalls für die übrigen Beteiligten sichtbar geworden, daß der Herr Zeuge erklärte, es lasse sich hier privates Interesse und dienstliche Aufgaben durchaus vereinen und deswegen sei er hier gewesen. Die Antwort ist damit gegeben.

RA Schi[ly]:

Dann frage ich Sie, hatten Sie einen dienstlichen Auftrag hier an dieser Verhandlung teilzunehmen, Herr Zeuge?

Zeuge Pohl:

Ich hatte keinen dienstlichen Auftrag.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich dann für den ..., Sie sagen ja, das war also[j] eine Mixtur zwischen dienstlichen und privaten ...

Zeuge Pohl:

Ich habe nicht verstanden.

RA Schi[ly]:

Sie sagten ja, das sei also eine Mixtur gewesen zwischen dienstlichen und privaten Angelegenheiten. War dann die, soweit es [8859] also eine dienstliche Seite hatte, Ihr Aufenthalt hier im Saal, haben Sie sich dann selber den Auftrag dazu erteilt?

Zeuge Pohl:

Ich bitte die Frage nochmal zu wiederholen.

RA Schi[ly]:

Also das Gericht hat Sie so verstanden, und so haben Sie es wohl auch ausgedrückt, daß es eine Mixtur war zwischen dienstlichen und privaten Angelegenheiten, wenn Sie sich hier während der Vernehmung des Herrn Hoff im Saale aufgehalten haben. Und nun die Frage, ob Sie den, soweit es eine dienstliche Seite hatte, dieser Aufenthalt, den Auftrag dazu selbst erteilt haben?

Zeuge Pohl:

In dieser Ebene erteilt man sich schon selbst Aufträge, wie Sie es vorhin herausgearbeitet haben.

RA Schi[ly]:

Ihre Gespräche in den Pausen, hatten Sie eigentlich denn was mit der Sicherheitsfrage zutun?

Zeuge Pohl:

Schlechthin, ja.

RA Schi[ly]:

Was heißt schlechthin?

Zeuge Pohl:

Es ging ja darum festzustellen, wo befinden sich Herr Hoff, beispielsweise in den Verhandlungspausen und ähnliche Dinge ...,

RA Schi[ly]:

Und das kommt ...

Zeuge Pohl:

... ist der Betreuungsbeamte greifbar, wird er in dieser Zeit tätig und ähnliches.

RA Schi[ly]:

Ja, in welcher Weise sollte der tätig werden?

Ach das Essen bringen, Entschuldigung, das hatte ich vergessen.

Zeuge Pohl:

Sehr richtig.

RA Schi[ly]:

Und das mußten Sie kontrollieren?

Zeuge Pohl:

Das mußte ich durchaus nicht.

RA Schi[ly]:

Und der Aufenthalt, das hätte Ihnen also nicht in anderer Weise zu Kenntnis kommen können, als daß Sie selber sich durch Gespräche davon überzeugen, daß Herr Hoff irgendwo sicher aufbewahrt ist, ja?

Vors.:

Ich könnte Sie jetzt auch fragen, ist das eine Frage.

RA Schi[ly]:

Ja, das nehme ich gerne zur Kenntnis. Ich frage also, war es nicht anderes, als durch Ihre persönliche Anwesenheit und durch Gespräche Ihrerseits mit Herrn Hoff, realisierbar festzustellen, ob auch der Herr Hoff in der Zelle richtig und sicher untergebracht ist?

Zeuge Pohl:

Ich habe die Frage wieder nicht verstanden.

Vors.:

Der Herr Rechtsanwalt ...

RA Schi[ly]:

Haben Sie es akustisch nicht verstanden oder den Inhalt?

[8860] Zeuge Pohl:

Ja, es ist erstens akustisch schlecht.

RA Schi[ly]:

Akustisch; Sie verstehen, dann versuche ich noch etwas langsamer zu sprechen.

Zeuge Pohl:

Ich habe den ersten Teil der Frage nicht mit der ...

Vors.:

Herr Zeuge, es ging darum, ob Sie nicht durch Rückfragen bei anderen Beamten denselben Zweck hätten erreichen können?

RA Schi[ly]:

- Zum Beispiel -

Zeuge Pohl:

Nein, das glaube ich nicht. Der Betreuungsbeamte befand sich in der unmittelbaren Umgebung des Herrn Hoff; wen hätte ich fragen sollen?

RA Schi[ly]:

Also das war nur durch Gespräche, wiederholte Gespräche in den Pausen möglich sich davon überzeugen ... - jetzt mache ich denselben Fehler wieder, Entschuldigung -.

War es nur durch wiederholte Gespräche möglich, in den Pausen mit Herrn Hoff, daß Sie sich davon überzeugen konnten, daß Herr Hoff sicher untergebracht ist?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Ja?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Eine neue Erkenntnis, aber immerhin, man lernt ja nicht aus. Sagen Sie Herr Pohl, haben Sie Herrn Hoff gelobt, hinsichtlich seiner Aussagen?

Zeuge Pohl:

Das kann man, wenn man es weit faßt, auch als Lob auffassen, ja. Aber es war für mich mehr Ausdruck eines Erstaunens über das Auftreten des Herrn Hoff.

RA Schi[ly]:

Ein Ausdruck des Erstaunens?

Zeuge Pohl:

Ja, weil er vorher ... Ich hatte ja auf die Gespräche hingewiesen die wir vorher geführt hatten; daß er also meinte ein bißchen unsicher zu sein und dann, nach meinem Eindruck, hier in der Verhandlung einen sehr sicheren Eindruck machte ...

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, können Sie ...

Zeuge Pohl:

... insoweit habe ich ihm das bestätigt.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, können Sie vielleicht wiedergeben, was Sie genau gesagt haben? Haben Sie etwa gesagt, das haben Sie gut gemacht oder haben Sie gesagt, ich staune wie gut Sie das machen oder ...?

Zeuge Pohl:

Ja, so etwa, in diesem Sinne. An die einzelnen Worte kann ich mich nicht mehr erinnern.

RA Schi[ly]:

Aber sinngemäß?

Zeuge Pohl:

Ja, es ist ganz erstaunlich, ich bin also der Meinung, Sie treten hier sehr sicher auf und nicht so, wie Sie das ursprünglich befürchtet haben.

[8861] RA Schi[ly]:

Sagen Sie, Herr Pohl, wann haben Sie eigentlich Herrn Hoff kennengelernt?

Zeuge Pohl:

Etwa zwei Wochen, drei Wochen nach Beginn seiner Vernehmung durch das Bundeskriminalamt.

RA Schi[ly]:

Und wann war das?

Zeuge Pohl:

Ja, ich glaube, er ist am 2.6. festgenommen worden; ich weiß es nicht, ich kann es nicht sagen. Aber etwa 3 Wochen danach. Drei Wochen ..., nein, nicht drei Wochen nach seiner Festnahme, sondern drei Wochen nachdem er[k] begonnen hat Aussagen vor dem Bundeskriminalamt zu machen, das müßte in den Akten feststellbar sein.

RA Schi[ly]:

Ja, es gibt da so zwei Phasen, nicht. Es gibt ja erstmal eine Phase, soweit wir das also aus den Akten feststellen können, also wir haben nicht alle Akten, die Verteidiger jedenfalls.[6]

Also da gibt es erstmal eine Phase, so Anfang Juli, vorigen Jahres, 3. Juli, also das ist unmittelbar im Anschluß an die Festnahme und dann eine Phase, wo sich also das Bild ändert hinsichtlich der Aussagen, das ist etwa 11. August, 12. August. Also nahezu Mitte August und wann haben Sie denn nun was mit Herrn Hoff zutun bekommen?

Zeuge Pohl:

In der 2. Phase, etwa 2 bis 3 Wochen - ich kann es im einzelnen nicht genau sagen - nach Beginn der wie Sie sagen, 2. Phase.

RA Schi[ly]:

Also das wäre etwa Ende August, ja?

Zeuge Pohl:

So etwa, ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann an Vernehmungen teilgenommen?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sondern?

Vors.:

Was heißt, sondern?

RA Schi[ly]:

Ja, in welcher Weise Sie ihn kennengelernt haben?

Zeuge Pohl:

Ich ihn kennengelernt habe?

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Pohl:

In welcher Weise ich ihn kennengelernt habe?

RA Schi[ly]:

Ja, was Sie damit Herrn Hoff zutun hatten?

Zeuge Pohl:

Ich hatte das Vernehmungszimmer betreten und habe bei der Gelegenheit Herrn Hoff kennengelernt.

RA Schi[ly]:

Ja, also dann war eine Vernehmung im Gange oder gerade abgeschlossen.

Zeuge Pohl:

Nein, das war eine Vernehmungspause.

RA Schi[ly]:

Eine Vernehmungspause. Und dann haben Sie ihn kennengelernt?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da auch mit ihm gesprochen?

[8862] Zeuge Pohl:

Ich habe auch mit ihm gesprochen, ja.

RA Schi[ly]:

Worüber, wenn ich fragen darf?

Zeuge Pohl:

Ich habe ihn nach seinem Befinden gefragt, ich habe ihn, damals war die sogenannte „Folterkampagne“ im Gange, ich habe ihn gefragt, ob er gefoltert würde. Und er hat mir also gesagt, daß er sehr korrekt behandelt würde. Und darauf zielt sich ja Ihre Frage weitgehend ab. Ich habe ihm keinerlei Fragen zur Sache gestellt, weil ich damit nicht unmittelbar befasst war.

RA Schi[ly]:

Und über seinen Lebensweg, haben Sie ihm da Fragen gestellt?

Zeuge Pohl:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Über seinen Lebensweg?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann, also von ihm unmittelbar ... Haben Sie von ihm unmittelbar irgendwelche Kenntnisse über seinen Lebensweg erhalten?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mittelbar irgendwelche Kenntnisse über seinen Lebensweg, also von den Vernehmungsbeamten etwa?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Darf ich fragen, aus welchem Grunde?

Zeuge Pohl:

Ich kann einen solchen Grund nicht angeben, das hat sich gesprächsweise ergeben. Man spricht ja auch im Kollegenkreis miteinander.

RA Schi[ly]:

Ja, gut, das ist plausibel. Waren Sie denn mit den Ermittlungen überhaupt nicht befasst?

Zeuge Pohl:

Nicht unmittelbar.

RA Schi[ly]:

Und mittelbar?

Zeuge Pohl:

Mittelbar, daß die Ermittlungen in meiner Organisationseinheit durchgeführt worden sind.

RA Schi[ly]:

Das verstehe ich noch nicht ganz. Also unmittelbar, da würde ich denken, da haben Sie also Vernehmungen durchgeführt oder sind irgendwelchen Beweisfragen nachgegangen, aber was heißt, mittelbar? Mittelbar ... also Ihre Abteilung im weiteren Sinne mit diesen Ermittlungen befasst war, aber Sie, sozusagen nur als Vorgesetzter eine gewisse Überwachungsfunktion wahrgenommen haben oder was heißt das?

Zeuge Pohl:

Ja, mittelbar insofern, daß der mit den Ermittlungen beauftragte Referent mir von Zeit zu Zeit über den Fortgang der Ermittlungen berichtet hat.

[8863] RA Schi[ly]:

Hat er Ihnen auch schon vor Ende August über den Fortgang der Ermittlungen berichtet?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Hat er Ihnen auch in der Phase zwischen dem Anfang Juli und Mitte August berichtet über die Ermittlungen?

Zeuge Pohl:

Davon muß ich ausgehen. Ich weiß nicht welchen Zeitraum oder welcher Inhalt der Ermittlungen diesem Zeitraum zugrundeliegt, so daß ich das jetzt nicht einordnen kann. Aber ich gehe davon aus, daß auch zu dem Zeitpunkt mir darüber berichtet worden ist.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie die Akten, die Ermittlungsakten, die im Fall Hoff geführt werden?

Zeuge Pohl:

Nur zum geringen Teil.

RA Schi[ly]:

Zum geringen Teil. Können Sie das etwas erklären.

Zeuge Pohl:

Ja, beispielsweise kannte ich seine Skizzen, seine handgefertigten Skizzen.

RA Schi[ly]:

Und die Vernehmungsprotokolle?

Zeuge Pohl:

Ich kenne die Vernehmungsprotokolle nicht zur Gänze. Ich glaube, ich habe einige Auszüge mal gelesen, also bestimmte Passagen aus den Vernehmungen, die mir vorgelegt worden sind, weil sie vielleicht einen besonderen Umstand enthielten.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, wissen Sie etwas über den Inhalt von Gesprächen, die möglicherweise mit dem Herrn Pohl in der Zeit zwischen Anfang Juli und Mitte August, vorigen Jahres geführt worden sind?

Zeuge Pohl:

Mit Herrn Pohl?

Vors.:

Mit Herrn Hoff ...

RA Schi[ly]:

Mit Herrn Hoff, Entschuldigung, ich habe mich versprochen.

Zeuge Pohl:

Wer mit wem? Wer mit Hoff?

RA Schi[ly]:

Ja, Kriminalbeamten, oder aus Ihrer Abteilung. Ich nehme, an, daß Sie also von anderen Personen wohl nichts gehört haben, aber von Beamten ... weil Sie ja von dem Referenten immer Berichte bekommen haben oder jedenfalls das annehmen, daß Sie Berichte bekommen haben.

Zeuge Pohl:

Nicht immer. Immer, habe ich nicht gesagt. Mir wurde von Zeit zu Zeit berichtet.

RA Schi[ly]:

Von Zeit zu Zeit. Gut, von Zeit zu Zeit.

Zeuge Pohl:

Ja, und ich gehe davon aus, daß mir natürlich auch in dieser Zeit berichtet worden ist.

RA Schi[ly]:

Ja, können Sie darüber etwas inhaltlich aussagen?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Woran liegt das, daß Sie das nicht[l] sagen können?

[8864] Zeuge Pohl:

Weil ich die Berichte, die mir erstattet worden sind, nicht zeitlich einordnen kann. Wenn Sie mir also jetzt sagen würden, um welchen Gegenstand der Vernehmung es sich handelt, dann würde ich mich möglicherweise erinnern.

RA Schi[ly]:

Ja, da sind wir in der fatalen Lage, daß es da möglicherweise darüber Vermerke gibt, über diese Gespräche, daß diese Vermerke aber uns nicht zugänglich gemacht worden sind, als Verteidigern. Insofern kann ich Ihnen da also auch kaum eine Gedächtnisstütze geben. Das müßte also dann schon anders bewerkstelligt werden.

Vors.:

Ich möchte aber darauf hinweisen, Herr Rechtsanwalt, dem Gericht liegen auch keine weiteren Unterlagen, als Ihnen vor ...

RA Schi[ly]:

Das habe ich ja ...

Vors.:

Für das Verfahren sind also keine weiteren Unterlagen insgesamt vorhanden und ich bitte Sie jetzt sich daran zu entsinnen, daß wir den Herrn Zeugen geladen haben zur der Überprüfung der Frage, jedenfalls primär, ob zur Besorgnis, daß Herr Hoff bei seinen Aussagen hier bei Gericht beeinflusst worden ist durch Vorführ- in Ihren Augen -, gleich Vernehmungsbeamte. Der Sinn war es wohl nicht, daß man jetzt diese Frage überprüft, die Sie hier im Auge haben. Sie können die Gelegenheit der Anwesenheit des Herrn Zeugen dazu wohl benutzen, aber ich möchte doch bitten, möglichst auf den Kern dessen zurückzukommen, was ja Ihrem eigenen Beweisantrag entsprach. Denn der Herr Zeuge ist ja aufgrund des Antrags der Verteidigung geladen.

RA Schi[ly]:

Ja, das ist sicher richtig und ich entsinne mich gerne.

Und ich entsinne mich auch, nur ich habe bisher nicht feststellen können, daß ich irgendeine unzulässige Frage gestellt habe, sonst wären Sie sicherlich sofort eingeschritten, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Sie haben recht, ja.

RA Schi[ly]:

... in Ihrer Aufmerksamkeit, dieser[m] nie nachlassenden. Im übrigen habe ich ja dem Gericht auch zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Vorwurf gemacht, daß es uns Unterlagen vorenthält. Sie sind ja bedauerlicherweise in derselben leidvollen Situation, daß Sie eben diese Vermerke auch ... Sie leiden darunter natürlich nicht, aber, weil ich nämlich Herrn Breucker jetzt also den Kopf schütteln sehe, aber ich würde es doch als leidvolle Situation bezeichnen, daß man hier ein unvollständiges Aktenmaterial darüber hat, wie die Aussage von Herrn Hoff zustandegekommen ist. Die Beanstandung [8865] richtet sich also an diejenigen, die über diese Unterlagen verfügen oder zumindestens verfügen könnten. Und wer das ist, darüber sind sich ja alle Beteiligten doch hoffentlich im klaren.[7] Falls also darüber keine Klarheit herrscht, bin ich gerne bereit auch den Personenkreis zu benennen, der dafür in Frage käme.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich habe Sie an den Kern dessen erinnert, was Gegenstand wohl Ihres Beweisantrages war im Zusammenhang mit der Ladung des Herrn Zeugen. Und ich möchte darauf hinweisen, wenn der Eindruck entstehen sollte, daß nun die Vernehmung des Herrn Zeugen zu anderen Zwecken verwendet werden soll, etwa jetzt um diese Aktenfrage aufzuklären, daß dann die Frage auftauchen müsste, ob das den Kern dessen noch berührt und ob dann die Sache noch sachdienlich ist. Nur darauf wollte ich vorsorglich noch hingewiesen haben.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich wüßte nicht ...

Vors.:

Aber ich würde Sie jetzt bitten ...

RA Schi[ly]:

Nein, wenn Sie mir jetzt hier schon ...

Vors.:

... Herr Rechtsanwalt, Sie sind in keiner Weise ...

RA Schi[ly]:

Wenn Sie es für erforderlich halten[n], mir hier irgendwelche merkwürdigen Belehrungen zu erteilen, dann muß ich doch Ihnen in aller Sachlichkeit da erwidern, daß Sie einfach in einem Irrtum befangen sind, daß man nicht irgendwie um Kern oder ..., das wird ja ..., das ist ja so ein neuerdings ..., wird das ja. Die Bundesanwaltschaft hat ja gestern auch vom Kern einer Aussage und ähnliches ... Es geht nicht um Kerne und Schalen, die Schale ist mitunter genauso wichtig wie der Kern. Im übrigen ist der Kern genau hier Gegenstand der Befragung, nämlich das Zustandekommen der Aussage von Herrn Hoff. Und da geht es nicht nur darum, ob Herr Pohl hier in seiner Eigenschaft als Kriminaldirektor private und berufliche Interessen gemischt hat, und Gespräche aus Sicherheitsfragen geführt hat, nicht nur darum geht es, sondern es geht auch um seine Kenntnisse, wie diese Aussage von Herrn Hoff eigentlich von Anfang an sich entwickelt hat. Das ist interessant und da sollte auch das Gericht ..., ich wundere mich, daß das Gericht der Frage überhaupt nicht nachgeht ...

Vors.:

Jetzt fahren Sie bitte mit Ihren Fragen fort.

RA Schi[ly]:

Das ist eigentlich viel interessanter und das wäre ..., die Frage sollten Sie sich lieber insgeheim einmal stellen.

Vors.:

Fragen Sie jetzt bitte.

[8866] RA Schi[ly]:

Im übrigen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, darf ich Sie jetzt um ...

RA Schi[ly]:

... Herr Vorsitzender, darf ich aussprechen?

Vors.:

Nein, ich darf Sie jetzt um folgendes bitten.

RA Schi[ly]:

Darf ich nicht aussprechen?

Vors.:

Sie haben jetzt lange genug Gelegenheit gehabt während der Ausübung Ihres Fragerechts zusätzliche Ausführungen zu machen.

RA Schi[ly]:

Wenn Sie nicht dauernd unterbrechen.

Vors.:

Ich habe Sie nicht dauernd unterbrochen.

RA Schi[ly]:

Es würde schneller gehen, wenn Sie mich nicht dauernd unterbrechen würden. Und im übrigen darf ich Sie mal auf folgendes ...

Vors.:

Ich kenne das Risiko, wenn man Sie unterbricht, was das an Zeit kosten kann.

RA Schi[ly]:

Ich darf auf folgendes Sie einmal hinweisen, Herr Vorsitzender, das wird ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, fahren Sie jetzt in Ihrem Fragerecht fort.

RA Schi[ly]:

Nein, ich möchte Sie auf folgendes hinweisen.

Vors.:

Dann lege ich jetzt eine Pause ein, damit Sie sich es überlegen, ob Sie in Ihrem Fragerecht fortfahren wollen.

RA Schi[ly]:

Wenn Sie wieder eine Pause zur Beruhigung ..., bitteschön.

Pause von 9.37 Uhr bis 9.41 Uhr

Der Angeklagte Raspe ist nicht mehr anwesend[o].

Vors.:

Ich denke wir können fortfahren.

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie haben die ...

RA Schi[ly]:

Ja, ich wollte Sie auf folgendes hinweisen, daß Sie seinerzeit den Kollegen Dr. Heldmann aus Anlaß der bevorstehenden Vernehmung des Zeugen Knut Müller, Polizeipräsident in Frankfurt, geschrieben haben: „Soweit eine Ausdehnung des Beweisthemas erreicht werden soll, steht der Zeuge zu Fragen zur Verfügung.“

Also da war nicht etwa notwendig, ein besonderer Beweisantrag, sondern es konnte auch die Ausdehnung des Beweisthemas, selbst wenn Sie jetzt eine Ausdehnung des Beweisthemas darin sehen, daß ich Fragen auch nach dem vorigen Jahr, also nicht nur nach diesem Jahr stelle, glaube ich, entspricht das Ihrer früher vertretenen Auffassung. Das wollte ich dazu sagen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich wollte Sie da nur bitten, daß Sie also diese Ausdehnung kennzeichnen, denn ursprünglich sind wir, wie gesagt davon ausgegangen, der Herr Zeuge sei Ihrem Antrag entsprechend [8867] eben zu diesem bestimmten Punkten geladen worden und da war nun der Sachzusammenhang nur schwierig herzustellen.

RA Schi[ly]:

Ja, ich ...

Vors.:

Auf das kam es mir an. Aber ich darf Sie jetzt doch bitten, die Fragen fortzusetzen.

RA Schi[ly]:

Gut, ich sehe keine Ausdehnung, aber wie gesagt, wenn es eine wäre, dann wird es auch Ihrer Auffassung entsprechen.

So, darf ich dann dazu zurückkehren, zu der Befragung.

Herr Pohl, was ist Ihnen darüber bekanntgeworden ... Erstmal die Vorfrage, ist Ihnen etwas darüber bekanntgeworden, was der Herr Hoff in Gesprächen, wie er möglicherweise in der Zeit zwischen dem 3. Juli und dem 11. August 1975 mit Beamten des Bundeskriminalamtes oder anderen Vernehmungspersonen geführt hat, welche Erklärungen der Herr Hoff in diesem Zusammenhang abgegeben hat?

Zeuge Pohl:

Ich hatte vorhin schon erklärt, daß ich das zeitlich nicht einordnen kann. Mir ist also sicher darüber berichtet worden, was in diesem Zeitraum geschehen ist, aber ich kann es jetzt nicht an einem Ereignis festmachen, an einer Aussage des Herrn Hoff. Deswegen ist diese Zeitbestimmung für mich vom soundsovielten bis soundsovielten nicht eingrenzbar. Ich kann also nicht sagen, ob mir über diesen Zeitraum etwas ..., was mir für diesen Zeitraum bekanntgeworden ist.

RA Schi[ly]:

Haben Sie eigentlich in dieser Zeit mit Anwälten von Herrn Hoff gesprochen?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie etwas darüber, ob und gegebenenfalls mit welchen Beamten des BKA die Anwälte von Herrn Hoff in der fraglichen Zeit, gesprochen haben?

Zeuge Pohl:

Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen.

RA Schi[ly]:

Wie, nicht mit Sicherheit?

Zeuge Pohl:

Soweit ich mich erinnern kann, hat es Gespräche zwischen dem ..., zwischen einem Kriminalbeamten und dem Anwalt des Herrn Hoff gegeben. Ich weiß aber nicht zu welchem Zeitpunkt und ich weiß auch nicht zu welchem Zwecke.

RA Schi[ly]:

Und wer das war?

Zeuge Pohl:

Das müßte gegebenenfalls ..., müßten die Vernehmungsbeamten gewesen sein. Den Herr Radzey haben Sie heute vorgeladen, der wird da sicher dazu etwas mehr sagen können.

RA Schi[ly]:

Und wer noch? Herr Holzhauer?

[8868] Zeuge Pohl:

Herr Holzhauer gehörte zu den Vernehmungsbeamten und Herr Freter, aber das ergibt sich wohl auch aus den Akten.

RA Schi[ly]:

Ja, und in den höheren Etagen des Bundeskriminalamtes, haben da Beamte mit den Anwälten von Herrn Hoff gesprochen?

Zeuge Pohl:

Das weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Davon wissen Sie nichts.

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, können Sie in groben Zügen schildern, was Sie an Informationen eigentlich über das erhalten haben, was Herr Hoff erklärt hat?

Oberstaatsanwalt Holland erscheint um 9.45 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Pohl:

Ich bin erst dann unterrichtet worden, als es zur Aussage des Herrn Hoff gekommen ist. Als man also begann vor Beamten des Bundeskriminalamtes oder von Beamten des Bundeskriminalamtes die Aussagen des Herrn Hoff zu protokollieren. Und über den Umfang und die Art seiner Aussage ist für mich, aus den Berichten besonders haften geblieben, die Darstellung des Herrn Hoff zur Herstellung der einzelnen Bomben und die von ihm dazu gefertigten Skizzen, deshalb bei mir so besonders haftengeblieben, weil ich ja die Stücke kannte aus vorangegangener Betrachtung und nunmehr die von ihm aus dem Gedächtnis gefertigten Skizzen sah.

RA Schi[ly]:

Ja, und dann haben Sie also etwas über den, wenn ich Sie richtig verstanden habe, etwas über den Lebenslauf von Herrn Hoff gehört.

Zeuge Pohl:

Ja, aber nur ganz grob.

RA Schi[ly]:

Nur ganz grob.

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Wann war das etwa, als Sie diese Information bekommen haben?

Zeuge Pohl:

Das kann ich zeitlich nicht einordnen.

RA Schi[ly]:

Etwa? Können Sie es etwa zeitlich bestimmen?

Zeuge Pohl:

Ich kann nicht mal sagen, ob es vor der Kenntnisnahme der Skizzen war oder danach?

RA Schi[ly]:

Ja, aber kann man das insoweit zeitlich eingrenzen, daß das im vorigen Jahr war?

Zeuge Pohl:

Ja, im vorigen Jahr war es.

RA Schi[ly]:

Hat man dann diese Information, also ich meine jetzt die Information über den Lebenslauf, ist Ihnen dann da noch[p] irgendeine [8869] schriftliche Unterlage zugegangen?

Zeuge Pohl:

Über seinen Lebenslauf?

RA Schi[ly]:

Ja, und so seine persönlichen Lebensverhältnisse.

Zeuge Pohl:

Das habe ich wahrscheinlich gelesen; den Teil seiner Vernehmung wo er zur Person aussagt.

RA Schi[ly]:

Wie kam es, daß Sie ausgerechnet darüber eine Unterlage bekamen oder haben Sie auch andere Unterlagen bekommen?

Zeuge Pohl:

Ich habe von Zeit zu Zeit solche Unterlagen bekommen. Ich hatte ursprünglich vor, die Vernehmung des Herrn Hoff zu lesen, und da am Anfang der Vernehmung die Aussagen zur Person stehen, deswegen habe ich also gerade diesen Teil gelesen. In der Folgezeit bin ich dann aufgrund anderer Aufgaben nicht mehr dazugekommen die Vernehmungsniederschrift zu lesen, so daß ich sie also in ihrer Gesamtheit nicht kenne.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sie dann irgendwie nochmals zu Gesicht bekommen, diese schriftlichen Aufzeichnungen oder haben Sie sie dann beiseitegelegt oder zurückgegeben?

Zeuge Pohl:

Ja, zurückgegeben.

RA Schi[ly]:

Zurückgegeben, zu[q] dem damaligen Zeitpunkt?

Zeuge Pohl:

Ja, und ich weiß auch nicht, bis zu welchem Zeitpunkt das nun war, ob die Vernehmung zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war oder noch im Gange war, aber ich nehme an, sie war noch im Gange.

RA Schi[ly]:

Haben Sie dann die Unterlagen, als Sie hier nach Stuttgart gereist sind, wieder zu sich genommen und mitgenommen?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Nein. Hatten Sie dann so ein Detail, wie Haschischkonsum?

Das war Ihnen noch präsent aus der damaligen ...

Zeuge Pohl:

Das war mir präsent, ja. Weil ja gerade von den Vernehmungsbeamten auch darüber gesprochen wird, insbesondere am Beginn einer Vernehmung; was hat man davon zu erwarten, wird er einigermaßen die Wahrheit sagen, wie hat er, sich bisher in[r] seinem Privatleben verhalten. Und da spielt natürlich auch die Frage, Genuß von Drogen eine Rolle, das ist also im Gespräch mit meinen Vernehmungsbeamten gesagt worden.

RA Schi[ly]:

In welchem Gespräch? Verstehe ich jetzt nicht, in welchem Gespräch?

Zeuge Pohl:

In einem Gespräch mit meinen Vernehmungsbeamten.

RA Schi[ly]:

In einem Gespräch, ja. Auf der Reise jetzt hier nach Stuttgart?

[8870] Zeuge Pohl:

Nein, nein, damals.

RA Schi[ly]:

Damals. Und hier auf der Reise nach Stuttgart. Sie haben ja schon so ein bißchen geschildert was also auf der Anreise Gesprächsthema war. War das das einzige Gesprächsthema oder worüber hat man[s] sich in einzelnen unterhalten? Wer war denn da mit wem zusammen? Der Herr Hoff, dann habe ich gehört, der Herr Freter war wohl dabei ...

Zeuge Pohl:

Bei dem Transport?

RA Schi[ly]:

Bei dem Transport, ja.

Zeuge Pohl:

Ja, Herr Hoff, Herr Freter und Herr Schäfer.

RA Schi[ly]:

Und Herr Schäfer. Haben Sie eigentlich den Herrn Hoff die gesamte Zeit begleitet, mit Ausnahme also der Zeit, wo Sie sich hier im Gerichtssaal aufgehalten haben?

Zeuge Pohl:

Wir haben ein gemeinsames Verkehrsmittel benutzt.

RA Schi[ly]:

Ich nehme an, daß Sie nicht unmittelbar dann hier vielleicht, also sagen wir mal um 8.30 Uhr hier in Stuttgart ankommen, 9.00 Uhr ist die Vernehmung, sondern also auch die Zwischenaufenthalte, die möglicherweise entstanden sind, haben Sie die auch gemeinsam verbracht, mit Herrn Hoff?

Zeuge Pohl:

Nein.

Ende Band 495

[8871] RA Schi[ly]:

Ja was war denn nun auf dem Transport Gesprächsthema?

Zeuge Pohl:

Ja das hatte ich eingangs bereits geschildert.

RA Schi[ly]:

Das war ausschließlich das, die Frage da, wer sitzt wo.

Nur über diese, sagen wir mal, protokollmäßigen Fragen hat man sich unterhalten und nicht über den Inhalt der Aussage selbst?

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder um 9.51 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, die letzte Frage, die ich an Sie habe. Ich hoffe, es ist die letzte. Was haben Sie darüber gehört, wie es zu dem Beginn der Aussagen Mitte August vorigen Jahres gekommen ist?

Haben Sie etwas, ich darf vielleicht die Vorfrage stellen, haben Sie etwas darüber erfahren, daß sich die Aussagen des Herrn Hoff Anfang Juli vorigen Jahres und dann ab Mitte August vorigen Jahres unterscheiden, daß die voneinander abweichen. Haben Sie davon gehört?

Zeuge Pohl:

Wenn Sie darauf abzielen, daß Herr Hoff erst zunächst abgelehnt hatte, auszusagen und dann ausgesagt hat, dann habe ich natürlich von diesem Unterschied gehört.

RA Schi[ly]:

Nein. Nach unseren Unterlagen hat Herr Hoff zunächst durchaus Aussagen gemacht, nämlich am 3. Juli. Da gibt es ein Protokoll. Und dann gibt es eine Zwischenphase und da macht er keine Aussagen, jedenfalls nicht offiziell. Und dann ab Mitte August werden wieder Aussagen protokolliert und diese Aussagen weichen von dieser ursprünglichen Einlassung ab. Man kann schon sagen, weichen stark ab. Ich glaube, da mit diesem Ausdruck sind wohl alle Prozeßbeteiligten einverstanden.

Rechtsanwalt Oberwinder erscheint um 9.51 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Pohl:

Das habe ich im einzelnen nicht verfolgt. Ich weiß aber, daß diese Zwischenphase, von der Sie gesprochen haben, daß zwischendurch von Herrn Hoff Sicherheitsbedenken geltend gemacht worden sind. Daß er also insbesondere befürchtete, daß gegebenenfalls Repressalien gegen seine Braut ergriffen würden oder gegebenenfalls gegen ihn, wenn er wieder auf freien Fuß kommt und ähnliches.

[8872] RA Schi[ly]:

Gegen wen?

Zeuge Pohl:

Gegen ihn selbst.

RA Schi[ly]:

Ja und, Sie sagten, glaube ich, noch etwas anders?

Zeuge Pohl:

Seine Braut.

RA Schi[ly]:

Seine Verlobte?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie darüber Kenntnis, ob da ein Verlöbnis bestand?

Zeuge Pohl:

Ich glaube, es ist während der Haft zustande gekommen, das Verlöbnis. Aber er hatte vorher bereits mehrfach diese Frau angesprochen und war sehr besorgt. Er bezeichnete sie wohl damals als seine Freundin.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, haben Sie in der Zwischenzeit eigentlich mit Herrn Freter mal gesprochen?

Zeuge Pohl:

Ich habe mit Herrn Freter gesprochen, ja.

RA Schi[ly]:

Auch über das, was innerhalb seiner Befragung hier ...

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Waren Sie eigentlich während der Befragung von Herrn Freter im Gerichtsaal?

Zeuge Pohl:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Waren Sie während der Befragung von Herrn Freter im Gerichtssaal?

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Ja, dann brauchten Sie wohl auch nicht mit ihm sprechen über den Inhalt seiner Befragung. Wie kam das, waren Sie da auch aus Sicherheitsgründen im Gerichtssaal oder ...?

Zeuge Pohl:

Ich meine, das hatten wir schon erörtert, die Frage, ob das aus Sicherheitsgründen erforderlich war oder nicht.

Vors.:

Ich glaube, das ist ein Mißverständnis. Die Frage ging dahin, Herr Pohl, ob Sie während der Vernehmung von Herrn Freter anwesend waren.

Zeuge Pohl:

Ja.

Vors.:

Herr Freter wurde dann später vernommen. Da war Herr Hoff nicht mehr hier.

Zeuge Pohl:

Ja, da war ich hier.

Vors.:

Jetzt richtig, es ist ja damals, Herr Rechtsanwalt Schily, unterbrochen worden, so daß Herr Freter noch mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten zwischen die Vernehmung oder abschließende Vernehmung von Herrn Hoff geschoben wurde, also Ihre dienstliche Anwesenheit ...

RA Schi[ly]:

Herr Pohl war während der Vernehmung von Herrn Freter im Ge- [8873] richtssaal anwesend. Dann habe ich keine Fragen mehr an Herr Pohl.

Vors.:

Weitere Fragen bitte? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Pohl, kennen Sie das Ermittlungsverfahren gegen Bonny Sorenson?

Zeuge Pohl:

Nein.

Vors.:

Bitte Herr Rechtsanwalt Schily?

RA Schi[ly]:

Haben Sie eigentlich Protokolle zu Gesicht bekommen über Aussagen von Zeugen in dem Verfahren gegen den Beschuldigten Hoff?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich nicht dafür interessiert?

Zeuge Pohl:

Nein. Interessiert sicher, aber das war aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich.

RA Schi[ly]:

Ja, dankeschön.

Vors.:

Herr Raspe?

Angekl. R[aspe]:

Ja, Sie haben hier vorhin gesagt, im Zusammenhang der Erklärung Sicherheit, also aus welchen Gründen Sie überhaupt hier waren. Hoff hätte also sicher zum Prozeß und zurückgebracht werden müssen und der Grund ...

Zeuge Pohl:

Darf ich Sie bitten, noch einmal zu beginnen, ich habe Sie nicht verstanden, es war zu leise.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich spreche etwas lauter. Sie haben hier vorhin gesagt, im Zusammenhang Ihrer Begründung, warum Sie hier sind, warum Sie also Hoff begleitet haben, er hätte sicher zum Prozeß und zurückgebracht werden müssen und dafür seien Sie also verantwortlich gewesen und zur Begründung haben Sie gesagt, Schmücker, ein Schmücker reicht, und Sie wollten einen lebenden Hoff oder so ähnlich, etwa diese Formulierung haben Sie benutzt. Ich wollt[t] jetzt mal wissen, bei Schmücker ist ja, jedenfalls nachdem, was ich also aus den Zeitungen über den laufenden Prozeß in Berlin[8] im Augenblick entnommen habe, bekannt geworden, daß er sehr enge Beziehung zum Verfassungsschutz hatte. Also bezieht sich diese Analogie, die Sie da in diese Begründung hereingezogen haben zu Hoff, Sicherheit Schmücker, bezieht sie sich auch darauf, daß also auch Hoff ähnlich enge Beziehung hatte oder wie?

Zeuge Pohl:

Zum Verfassungsschutz?

Angekl. R[aspe]:

Ja oder eben zur Polizei?

Zeuge Pohl:

Eine Person, die vernommen wird, hat zwangsläufig enge Beziehung zur Polizei. Die Frage Verfassungsschutz kann ich verneinen.

[8874] Angekl. R[aspe]:

Ja, also die Frage zum Verfassungsschutz verneinen Sie. Also ich meine es einfach so, ich kann es vielleicht noch in einer anderen Frage präzisieren. Hoff hat hier in der Vernehmung gestern erklärt, er könne nicht mehr zurück, was seine Aussage betrifft und in dem Zusammenhang hat er also auch von der Strategie seiner Aussage gesprochen.

Vors.:

Der Vorhalt ist nicht korrekt, Herr Raspe.

Angekl. R[aspe]:

Ja ich hab das Protokoll leider noch nicht hier und ich kann es deswegen nicht wörtlich zitieren. Das war aber sinngemäß das, was er gestern gesagt hat.

Vors.:

Nein, Sie erwähnten ja im Augenblick, Herr Hoff habe eine bestimmte Strategie seiner Aussage angedeutet. Davon war nicht die Rede. Er hat eben gesagt, warum er nicht mehr zurückkönne.

Angekl. R[aspe]:

Ich hab gesagt, er hat von der Strategie seiner Aussage gesprochen.

Vors.:

Er hat nie von einer Strategie seiner Aussage gesprochen. Und er sagte eben, er könne nicht mehr zurück, weil er ja schon bereits Angaben gemacht habe. Aber bloß damit Sie möglichst die Begriffe verwenden, die auch der Zeuge verwendet hat.

Angekl. R[aspe]:

Nein, mir geht es um die Formulierung und die ist wörtlich, Strategie der Aussage, bzw. Strategie meiner Aussage, das hat er gestern benutzt, diese Formulierung.

Vors.:

Fahren Sie mal mit Ihrer Frage oder Ihrem Vorhalt fort und formulieren Sie dann die Frage. Wir wollen sehen, ob es zulässig ist.

Angekl. R[aspe]:

Naja, mich würde interessieren, wie so eine Strategie zustande kommt. Die ist ja nun nicht nur, wenn er also z.B., ich weiß nicht, über Monate verhört wird, dann gibt es ja offensichtlich einen Punkt, wo er, mal ganz abgesehen davon, was das bedeutet, die Strategie der Aussage, wo sich das dann langsam beginnt abzuzeichnen, eine Aussagestrategie. Die kann ja schließlich nur zustande kommen, in diesem Zusammenhang, im Zusammenwirken mit der Polizei und ...

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben vielleicht überhört, daß der Herr Zeuge vorhin sagte, er war bei den Vernehmungen nicht dabei. Wollen Sie jetzt von dem Herrn Zeugen hören, wie Herr Hoff zu seiner Aussage gekommen ist oder wie er sich ein bestimmtes Konzept bei seiner Aussage entwickelt hat. Wenn Sie das fragen wollen, dann sollten Sie zumindest klar machen, welche Anhaltspunkte Sie haben, daß der Herr Zeuge imstande ist, über solche innere Gedankengänge des Herrn Hoff Auskunft zu [8875] geben.

Angekl. R[aspe]:

Ja, er hat doch selbst ausgesagt, daß er unterrichtet worden ist. Als Vorgesetzter der unmittelbar Hoff vernehmenden Beamten ist er natürlich unterrichtet worden ...

Vors.:

Über das, was Herr Hoff gesagt hat, aber doch nicht was er gedacht hat. Nun, haben Sie Anhaltspunkte, daß der Herr Zeuge Ihnen das konkret beantworten kann? Wenn, dann formulieren Sie jetzt bitte die Frage so, daß der Herr Zeuge auch eine Antwort geben kann.

Angekl. R[aspe]:

Die Anhaltspunkte ergeben sich aus der Hierarchie des Apparats, denn natürlich verläuft so eine Aussage nicht nur so, daß sie jemand wie der Zeuge überwacht, dadurch, daß er sie irgendwie zur Kenntnis nimmt, sondern natürlich auch dadurch, daß er Anweisungen gibt.

Vors.:

Und jetzt bitte formulieren Sie die Frage so, daß er auch eine Antwort darauf geben kann.

Angekl. R[aspe]:

Die Frage konkretisiert sich dann dahingehend, ob, unter welcher Form von dem Zeugen Anweisungen an die Vernehmungsbeamten gegeben worden sind, eine bestimmte Strategie der[u] Vernehmung durchzuziehen.

Zeuge Pohl:

Ich habe den Vernehmungsbeamten in keiner Phase der Vernehmung irgendwelche Anweisungen gegeben.

Angekl. R[aspe]:

Haben Sie Ihnen Anregungen gegeben?

Zeuge Pohl:

Auch nicht. Es bestand kein Anlaß.

Angekl. R[aspe]:

Und wie sahen dann konkret die Formen der Kommunikation aus zwischen Ihnen und Ihren, und den unmittelbar Hoff vernehmenden Beamten?

Zeuge Pohl:

Das hatte ich schon geschildert. Es ist mir von Zeit zu Zeit darüber berichtet worden über den Fortgang.

Angekl. R[aspe]:

Und Sie haben das einfach nur zur Kenntnis genommen?

Zeuge Pohl:

Ja. Es handelt sich um erfahrene Beamte, die wußten, was sie zu tun hatten, und in dem Falle ging es um die Niederschrift der Aussage des Herrn Hoff. Ich brauchte also in der Weise nicht belehrend einzuwirken, wie eine Vernehmung geschrieben wird.

Angekl. R[aspe]:

Ich habe noch eine andere Frage, eine weitere Frage. Und zwar wollte ich gern wissen, weil Sie ja auch hier verantwortlich waren für die Sicherheit des Herrn Hoff, wie es also zustande gekommen ist, die Anweisung zustande gekommen ist, daß hier einer Ihrer Untergebenen hinter dieser Mauer sitzt. Wer hat denn das angeordnet?

[8876] Rechtsanwältin Zuber (als Vertreterin von Rechtsanwalt König) erscheint um 10.02 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Dazu habe ich lange und öfters Auskünfte gegeben.

Angekl. R[aspe]:

Nein, das interessiert mich nicht von Ihnen, sondern ich möchte es von ihm hören.

Vors.:

Die Anweisung hinter der Mauer. Ich habe doch lange genug gesagt ...

Angekl. R[aspe]:

Er war doch ...

RA Schi[ly]:

... die Frage an den Zeugen gestellt. Das können Sie doch jetzt wirklich nicht beantworten, das ist doch korrekt.

Vors.:

Ich habe nichts dagegen, aber es geht doch um die Frage ...

Angekl. R[aspe]:

Naja, hören Sie doch auf, dauernd zu unterbrechen.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Augenblick, Herr Bundesanwalt Zeis, darf ich meinen Satz zu Ende führen. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen ...

Angekl. R[aspe]:

... das interessiert ... Sie können doch die Antwort nicht vorweg nehmen, dadurch ...

Vors.:

Herr Raspe, ich gebe Ihnen Gelegenheit dann an den Anschluß an das, was ich jetzt zu sagen hab, Ihre Frage zu formulieren. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen ...

RA Schi[ly]:

... Sie beeinflussen doch auch den Zeugen dadurch, wenn Sie vorweg jetzt eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Das tue ich bestimmt nicht.

RA Schi[ly]:

Lassen Sie doch erst mal den Herrn Pohl sich dazu äußern, dann können Sie ja alle Erklärungen abgeben, die Sie abgeben wollen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, eine Anweisung, sich hinter der Mauer aufzuhalten kann der Herr Zeuge im Gerichtssaal nicht geben.

RA Schi[ly]:

Ich widerspreche jetzt, daß Sie vor der Beantwortung dieser Frage, ich mache mir die Frage des Herrn Raspe zu eigen, nehme sie auf, ich bitte die Frage zuzulassen und beanstande, daß Sie ...

Vors.:

Sie haben jetzt gerade nicht das Wort zu Fragen, wollen Sie Fragen stellen?

RA Schi[ly]:

... Ich beanstande, daß Sie vor der Beantwortung der Frage eine Erklärung abgeben. Das beanstande ich.

Vors.:

Wie lautet, da Sie die Frage übernehmen wollen, Ihre Frage?

RA Schi[ly]:

Die Frage lautet, ob der Herr Pohl etwas darüber weiß, wie die Anordnung zustande gekommen ist, daß ein Beamter hier hinter der Mauer postiert wurde.

Vors.:

Das ist wieder etwas anderes. In dieser Form kann es auch zugelassen [8877] werden. Es ging vorher nach der Frage, ob er die Anweisung gegeben hat. Bitte, Herr Zeuge.

Zeuge Pohl:

Ich weiß nicht, wie das zustande gekommen ist.

RA Schi[ly]:

Haben Sie was davon erfahren, daß da einer ...

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Und was haben Sie darüber erfahren?

Zeuge Pohl:

Daß ein Beamter dort sitzt.

RA Schi[ly]:

Ach nur die Tatsache.

Zeuge Pohl:

Ja.

RA Schi[ly]:

Wissen Sie, wer das war?

Zeuge Pohl:

Ich mein, das war der Herr Schäfer.

RA Schi[ly]:

Ja, und wie haben Sie das erfahren, daß er da sitzt?

Zeuge Pohl:

Wahrscheinlich habe ich nach ihm, ich kann es im einzelnen nicht mehr sagen, aber ich nehme an, daß ich nach Herrn Schäfer gefragt habe und da wurde mir gesagt, er befindet sich im Saal.

RA Schi[ly]:

Ja, und haben Sie dann nicht einmal nachgefragt, das war doch an sich in Ihrer Dienstaufsicht unterliegender Beamter, nicht?

Haben Sie nicht einmal gefragt, was machen Sie eigentlich hier, Herr Schäfer?

Zeuge Pohl:

Ich bin der Sache nicht weiter nachgegangen, weil ich eine Notwendigkeit nicht gesehen habe.

RA Schi[ly]:

Na, ich würde doch denken, also ich meine, es ist vielleicht laienhaftes Verständnis, das mag ja sein, aber haben Sie sich denn überhaupt nicht dafür interessiert, wieso der Herr Schäfer nun hinter der Mauer sitzt, ob er da von ganz alleine sitzt. Haben Sie ihn nicht gefragt, ja kommen sie doch mit in den Gerichtssaal, neben mich.

Zeuge Pohl:

Nein, der Herr Schäfer hat jeweils den Herrn Hoff bis vor die Tür begleitet und hätte also quasi vor der Tür sitzen müssen, so hat es sich mir dargestellt, bis er wieder rauskommt. Und insoweit hat er also innerhalb des Saales gesessen und auf den Herrn Hoff gewartet. Und ich hatte keine Veranlassung, der Frage nun nachzugehen, wie das zustande gekommen ist.

Vors.:

Jetzt, Herr Raspe, Sie hatten noch eine weitere Frage, wenn ich es recht verstanden habe.

Angekl. R[aspe]:

Naja, ich versteh das noch nicht ganz, denn ich mein, Sie haben doch vorhin hier sehr breit und ausführlich den Begriff der Sicherheit in diesem Zusammenhang erklärt, warum Sie eigentlich hier sind, d.h., Sie waren doch verantwortlich dafür. Sie hatten doch die Ver- [8878] antwortung für die Sicherheit also offensichtlich des Herrn Hoff auch in diesem Haus. Da müssen Sie doch wissen, wo die unmittelbar Ihre Anweisungen ausführenden Beamten sich aufhalten konkret. Er kann ja nun einfach auch in der Zwischenzeit, was weiß ich was machen.

Zeuge Pohl:

Wie lautet die Frage?

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich halte Ihnen vor ...

Zeuge Pohl:

Ja, ich hab doch gewußt, ich hab doch erklärt, ich hab gewußt, wo er sich aufhält.

Angekl. R[aspe]:

Ja bloß ich will jetzt wissen, wie das zustande gekommen ist insofern, weil Sie sagen, Sie haben das zur Kenntnis genommen, Sie haben es gewußt, d.h. doch dann, das widerspricht doch Ihrer Aussage vorhin, daß Sie als unmittelbar Verantwortlicher natürlich auch die Anweisungen irgendwie gegeben haben. Und wenn die jemand anders gegeben hat, na schön, dann können Sie sagen, es entspricht also dem, was ich auch meine. Aber wie ist das denn nun überhaupt zustande gekommen. Das müssen Sie sich doch vorher überlegt haben, wenn Sie diesen Job hatten.

Zeuge Pohl:

Bin ich vorhin nicht verstanden worden. Ich habe gesagt, wie es zustande gekommen ist, weiß ich nicht. Ich habe erklärt, daß ich erfahren habe, daß sich der Beamte dort aufhält und ich hielt das für die Sicherheitsvorkehrung für vorteilhaft. Und deswegen brauchte ich der Frage nicht weiter nachzugehen.

Angekl. R[aspe]:

Ja wenn Sie sich auf so eine Sache vorbereiten, was weiß ich, also z.B. Hoff für drei Tage hierher zu begleiten, dann machen Sie doch ein Plan, der wird doch vorher gemacht.

Zeuge Pohl:

Bitte beginnen Sie noch einmal von vorne, ich verstehe Sie kaum. Ich kriege immer nur die letzten Worte mit.

Vors.:

Herr Raspe meint, Sie würden ja wohl ...

Angekl. R[aspe]:

Wenn Sie also beispielsweise so eine Sache, wie die Begleitung Hoffs durchführen, so eine Sonderaufgabe, und da eine verantwortliche Funktion übernehmen, dann machen Sie doch einen Plan vorher, wie das im einzelnen aussehen wird. Da werden also Sachen eingeteilt, also ist doch vorher klar, bevor das überhaupt anfängt ...

Zeuge Pohl:

Ich bin nicht bereit, über die Pläne auszusagen.

Vors.:

Ich bitte das als Frage zu verstehen. Herr Raspe hält es Ihnen vor, als sei es eine Tatsache, wie er es darstellt.

Zeuge Pohl:

Ich bin nicht bereit, über die Pläne auszusagen, die wir zur [8879] Sicherheit des Herrn Hoff erörtert haben.

Angekl. R[aspe]:

Ne, mich interessiert auch nicht der Inhalt der Pläne, sondern die Art und Weise, wie so ein Plan zustande kommt.

Zeuge Pohl:

Auch das ist nicht Gegenstand meiner Aussage. Das sind innerdienstliche Belange, wie so etwas zustande kommt ...

Angekl. R[aspe]:

Na gut. Es gibt also jedenfalls diesen Plan und in diesem Plan ist das dann sicherlich auch festgelegt. Darum geht es doch.

Und es ging mir nur darum zu wissen, wie also das zustande kommt. Also wie es zustande kommt, daß Sie sich dann also einfach damit begnügen, wenn Sie plötzlich hören ...

Vors.:

Gut, Herr Raspe, Sie erklären jetzt, auf was es Ihnen ankommt. Sie haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die Erklärung können Sie nachher abgeben.

Angekl. R[aspe]:

Nein, das interessiert mich.

Vors.:

Dann formulieren Sie bitte eine Frage. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, daß der Herr Zeuge sich darauf beruft, daß seine Aussagegenehmigung[9] offenbar nicht so weit reicht, daß er über diese Dinge aussagen kann.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich will nichts über den Inhalt der Pläne wissen, weil das auch wahrscheinlich ziemlich banal ist ...

Vors.:

Sie dürfen ja fragen, nach dem, was Sie wissen wollen. Aber Sie sollen Fragen formulieren und nicht Erklärungen abgeben. Dazu ist später Zeit, um das geht’s.

Angekl. R[aspe]:

Ich will ihm dann nochmal den Widerspruch vorhalten, daß das also jedenfalls sehr merkwürdig ist. Auf der einen Seite sagen Sie, Sie sind also verantwortlich für die Sicherheit von Hoff und auf der anderen Seite kümmern Sie sich nicht darum, wo also einzelne Beamte, die dieses Sicherheitskonzept realisieren sollen, wie das zustande kommt, daß die eine bestimmte Sache übernehmen, sich an einem bestimmten Punkt sich befinden ...

Vors.:

Also, Herr Raspe sieht darin einen Widerspruch. Frage, bleiben Sie dennoch bei Ihrer Darstellung, Sie haben sie ja abgegeben vorhin?

Zeuge Pohl:

Ja, ich kann ergänzend noch dazu sagen, daß der Beamte innerhalb eines vorgegebenen Rahmens einen Ermessensspielraum hat. Es spielt also keine Rolle, ob er sich hinter der Tür oder vor der Tür aufhält.

Vors.:

Weitere Fragen, Herr Raspe?

Angekl. R[aspe]:

Im Moment nicht.

Vors.:

Ja. Ich bitte also jetzt, Herr Raspe, aber dann doch Ihr Frage- [8880] programm möglichst durchzubringen. Wir wollen nicht wieder so anfangen, ich habe es aber oft genug erklärt, daß hier ständig gesprungen wird zwischen den Fragen.

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie scheinen noch Fragen zu haben. Bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Pohl, ich muß noch ein paar Fragen nachtragen. Wußte eigentlich der Herr Hoff, daß Sie sich hier im Saal aufhielten, während seiner Vernehmung?

Zeuge Pohl:

Nein, d.h. ich weiß es nicht, ob er es wußte, ob er es durch irgend einen Umstand erfahren hat. Ich habe es ihm jedenfalls nicht gesagt. Nur so kann ich das beantworten.

RA Schi[ly]:

Sie haben es ihm nicht gesagt?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sind Sie sicher?

Zeuge Pohl:

Ja, ich bin ziemlich sicher.

RA Schi[ly]:

Haben Sie es ihm nachträglich vielleicht gesagt oder zwischendurch mal?

Zeuge Pohl:

Nach dem ersten Gespräch hat er es auf jeden Fall erfahren, sonst hätte ich ihm ja nicht das sagen können, was ich vorhin bereits erklärt habe.

RA Schi[ly]:

Das meine ich doch.

Zeuge Pohl:

Es geht nur um die erste Phase.

RA Schi[ly]:

Achso. Und der Herr Freter, wußte der, daß Sie im Saal waren

Zeuge Pohl:

Das weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

War eigentlich der Herr Freter und waren noch andere Beamten hier im Saal während der Vernehmung von Herrn Hoff?

Zeuge Pohl:

Andere Beamte?

RA Schi[ly]:

Also der Herr Freter z.B., war der im Saal, als der Herr Hoff vernommen wurde?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Das wissen Sie genau?

Zeuge Pohl:

Das weiß ich genau. Denn soviel ich weiß, war ja dem Herrn Freter bekannt, daß er überhaupt in diesem Verfahren als Zeuge gehört würde, was für mich ja nicht vorlag. Ich hatte also auch gar keine Bedenken, hier im Saal zu sitzen. Denn daß ich eines Tages über den Transport des Herrn Hoff befragt werden würde, vor diesem Gericht, davon konnte ich nicht ausgehen.

RA Schi[ly]:

Wußte der Herr Freter, daß Sie während seiner Vernehmung im Saal waren?

[8881] Zeuge Pohl:

Das weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Dann eine weitere Frage, Herr Pohl. Wissen Sie, wer Herrn Freter seinerzeit, er war ja 1975 ja im Urlaub, wer ihn seinerzeit vertreten hat, wer die ihm obliegenden Aufgaben dann während dieser Zeit wahrgenommen hat?

Zeuge Pohl:

Soviel ich weiß, war das der vorhin schon erwähnte Herr Holzhauer.

RA Schi[ly]:

Holzhauer, ja. Haben Sie mit Herrn Staatsanwalt Fernholz, der bei der Bundesanwaltschaft tätig ist, Gespräche geführt?

Zeuge Pohl:

Während der Vernehmung des Herrn Hoff oder wann?

RA Schi[ly]:

Im Zusammenhang mit Herrn Hoff?

Zeuge Pohl:

Ich habe mit Herrn Fernholz mehrfach gesprochen im Laufe dieser Zeit, seit der Festnahme des Herrn Hoff.

RA Schi[ly]:

Was war der Inhalt dieser Gespräche?

Zeuge Pohl:

Das kann ich im einzelnen nicht mehr sagen.

RA Schi[ly]:

Na in groben Zügen vielleicht?

Zeuge Pohl:

Auch nicht. Es werden eine Vielzahl von Gesprächen geführt zwischen den Staatsanwälten und der Bundesanwaltschaft.

RA Schi[ly]:

Das Haschisch haben Sie gut im Gedächtnis behalten ...

Zeuge Pohl:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Den Haschischkonsum von Herrn Hoff haben Sie gut im Gedächtnis behalten, aber den Inhalt der Gespräche mit Herrn Fernholz, darüber können Sie nun überhaupt nichts mehr sagen.

Zeuge Pohl:

Nun das menschliche Gedächtnis ist ja eine eigenartige Einrichtung. Manche Dinge bleiben haften und manche nicht.

RA Schi[ly]:

Das ist sicherlich richtig. Es kommt immer nur darauf an, unter welchen Bestimmungen diese Selektion stattfindet.

Zeuge Pohl:

Ja, ich weiß nicht, ob das ...

Vors.:

Ja, ich meine auch. Wir haben hier mit Fragen und Antworten zu tun, nicht allgemeinen Erörterungen.

RA Schi[ly]:

Aber Sie sagen, Sie wissen also nichts mehr darüber, was Sie mit Herrn Fernholz ... können sich gar nicht mehr ...

Zeuge Pohl:

Also ich meine, daß die ersten Gespräche mit Herrn Fernholz in diesem Verfahren sich auf die Durchsuchung der Werkstatträume des Herrn Hoff bezogen haben. Da bin ich fast sicher. Was in der Folgezeit im einzelnen gesprochen worden ist, weiß ich nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mit der Frau Sorenson einmal gesprochen?

Zeuge Pohl:

Nie. Ich habe auch nicht nur nicht mit ihr gesprochen, ich habe sie auch nie gesehen. Ich bin überhaupt nicht in dieser Tiefe in diesem Verfahren, wie Sie das offenbar hier glauben.

[8882] RA Schi[ly]:

Naja, wissen Sie, ich halte mich da ein bißchen an den Herrn Freter, der auch immer gesagt hat, „konkretes weiß ich nicht und halten Sie sich an meinen Vorgesetzten.“ Das haben Sie ja selber mitbekommen, da waren Sie ja zugegen, wie Herr Freter befragt wurde.

Zeuge Pohl:

Ja, ich weiß nicht, ob er damit mich gemeint hat. Der unmittelbare ermittlungsleitende Beamte ist der Referent des Herrn Freter.

RA Schi[ly]:

Und wer ist das?

Zeuge Pohl:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Wer ist das?

Zeuge Pohl:

Das ist Herr Ruckmich, den Sie hier auch schon als Zeugen dazu gehört haben.

RA Schi[ly]:

Ach, Herr Ruckmich, ahja. Dann eine letzte Frage, nun wirklich die letzte. Haben Sie eine psychologische Ausbildung erhalten, Herr Pohl?

Zeuge Pohl:

Nein.

RA Schi[ly]:

Dankeschön.

Vors.:

Keine Fragen mehr? Herr Rechtsanwalt Schnabel?

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, haben Sie einen Dienstauftrag erhalten, diesen Transport zu überwachen oder durchzuführen, oder besteht das aus Ihrer eigenen Kompetenz?

Zeuge Pohl:

Hilfsauftrag, habe ich das richtig verstanden?

RA Schn[abel]:

Dienstauftrag.

Zeuge Pohl:

Einen Dienstauftrag. Ja.

RA Schn[abel]:

Von wem?

Zeuge Pohl:

Die Idee, daß ich das mache, stammt von mir. Der dienstliche Auftrag lautete, den Transport zu sichern und entsprechende Gespräche zu führen. Man hat sich dann Gedanken darüber gemacht, wer das wahrnehmen würde und ich habe dann gesagt, das werde ich übernehmen.

RA Schn[abel]:

Und den Auftrag als solchen, wer erteilte den?

Zeuge Pohl:

Der Abteilungsleiter.

RA Schn[abel]:

Und in welchem Rang steht der?

Zeuge Pohl:

Das ist ein Abteilungspräsident.

RA Schn[abel]:

Dann vielleicht noch in Nuancen eine Frage, die in etwa schon gestellt wurde, aber etwas anders. Ist es denn üblich beim Bundeskriminalamt, daß Zeugen zu Prozessen, die auch eine gewisse Wichtigkeit haben, von einem Kriminaldirektor begleitet werden?

Zeuge Pohl:

Ja die Begleitung war ja ein Nebeneffekt. Ich sagte es vorhin schon. Wir haben dasselbe Transportmittel benutzt. Ich hätte ebenso- [8883] gut ein anderes benutzen können. Die Sicherheit der Beamten ich war also nicht insoweit für den körperlichen Schutz des Herrn Hoff zuständig, sondern für die Gespräche hier mit der Polizei für die Koordinierung der Sicherheitsfragen, die sich dadurch ergeben.

RA Schn[abel]:

Und ist es üblich, wenn Zeugen verschubt werden, denn nichts anderes war es ja, daß dann Sicherheitsfragen von einem Beamten im Rang eines Kriminaldirektors geleitet und koordiniert werden?

Zeuge Pohl:

Das kommt darauf an, welches Sicherheitsrisiko man in einem solchen Transport sieht.

RA Schn[abel]:

Ist Ihnen ein Fall bekannt von einem Zeugen, der in einem Prozeß vernommen wurde, bei dem das Bundeskriminalamt auch bestimmte Einflüsse geltend machen konnte, bei dem mit diesen Fragen ein Beamter im Rang eines Kriminaldirektors betraut wurde, mit Ausnahme des Falles Hoff?

Zeuge Pohl:

Ich weiß nicht, ob es ein Kriminaldirektor war, aber ein Kriminaloberrat war es. Und da besteht kein wesentlicher Unterschied. Das ist mehr oder weniger eine Frage des Alters ....

RA Schn[abel]:

Ja, also soweit ich unterrichtet bin ...

Zeuge Pohl:

... in diesem Bereich, ob einer Kriminaloberrat oder Kriminaldirektor ist.

RA Schn[abel]:

Also Herr Zeuge, soweit ich unterrichtet bin, sind doch die Kriminaloberräte A 14er Positionen[v] und Kriminaldirektoren A 15er[w] Positionen, die dann auch eine gewisse Differenzierung in finanzieller und sonstiger Art haben. Es ist doch nicht so, daß jeder Kriminaloberrat automatisch Kriminaldirektor wird, wenn er ein gewisses Alter erreicht hat, sondern es ist eine effektive Beförderungsstufe.

Vors.:

Wollen Sie jetzt Fragen über Besoldungsgrundsätze stellen?

RA Schn[abel]:

Nein, ich will nicht, ich möchte nur dem, ich mein, ich bin ja auch nicht vom Mond von der Rückseite herunter gefallen, so daß ich also nicht es mir unbedingt hier gefallen lassen muß, wenn mir jemand gegenüberhält, es sei ja kein großer Unterschied zwischen einem Kriminaloberrat und einem Kriminaldirektor. Das mag man vielleicht dann den Kollegen sagen, die von sich aus sagen, sie wüßten über die Hierarchie nicht Bescheid. Ich gehöre nicht zu denen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, der Herr Zeuge meinte offensichtlich die Funktion und die Tatsache, daß man in die Funktion gelangt, aber nicht die Besoldung. Da sind Unterschiede.

RA Schn[abel]:

Ich hab das ja nur als Andeutung ... und er hat gesagt, es sei eine geringe. Dann möchte ich ... also gut, dann machen wir eben [8884] da weiter, wenn das so furchtbar wesentlich zu sein scheint, daß Sie da sogar eingreifen müssen.

Vors.:

Ja, Ihnen scheint es ja so wesentlich zu sein.

RA Schn[abel]:

Sie müssen ja sogar eingreifen, Herr Vorsitzender, sonst könnten Sie das ja lassen. Ja dann machen wir doch jetzt mal wirklich Boden hier. Was ist denn der wesentliche Unterschied zwischen dem Oberrat und Kriminaldirektor. Das ist doch nicht nur eine Altersfrage.

Vors.:

Ich lasse die Frage nicht zu. Sie ist nicht sachdienlich.

RA Schn[abel]:

Doch, die ist sachdienlich.

Vors.:

Begründen Sie es?

RA Schn[abel]:

Das brauche ich nicht zu begründen. Ich bitte um einen Gerichtsbeschluß.[10]

Vors. (Nach geheimer Umfrage):

Das Gericht hat beschlossen:

Die Frage wird nicht zugelassen, sie ist nicht sachdienlich. Sie kann der Aufhellung des Sachverhalts nicht dienen.

RA Schn[abel]:

Dann kommt die nächste Frage. Herr Zeuge, ist es nur eine Altersfrage, ob ein Kriminaloberrat Kriminaldirektor wird?

Vors.:

Wird auch nicht zugelassen.

RA Schn[abel]:

Bitte nochmals Gerichtsbeschluß.

Vors. (Nach geheimer Umfrage):

Es bleibt bei dem Beschluß.

Weitere Fragen?

Rechtsanwalt Kopp erscheint um 10.21 Uhr wieder im Sitzungssaal.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, ich habe unter ursprünglich ja eine Frage gestellt. Ich bitte die zu beantworten.

Vors.:

Welche Frage war das?

RA Schn[abel]:

Ja die habe ich gestellt.

Vors.:

Es ist dem Gericht nicht mehr ...

RA Schn[abel]:

Ja, es tut mir leid, also nachdem ansonsten keine Fragen zugelassen werden, die schon gestellt wurden, stelle ich auch nicht zum zweiten Mal eine Frage, die ich bereits gestellt habe.

Vors.:

Wissen Sie noch, Herr Zeuge, welche Frage gestellt wird?

Zeuge Pohl:

Ich kenne die Frage nicht. Es ist soviel geredet worden, ich weiß also nicht, in welchem Bereich die Frage gelegen hat.

RA Schn[abel]:

Dürfte ich bitten, das Protokoll zurückzuspulen.

[8885] Vors.:

Nein, dazu besteht es nicht. Sie können die Frage jederzeit nochmals stellen, wenn weder dem Gericht noch dem Herrn Zeugen die Frage mehr gegenwärtig ist. Das ist keine Zumutung an Sie, Herr Rechtsanwalt.

RA Schn[abel]:

Ich habe die Frage gestellt.

Vors.:

Das wissen wir, aber Sie kann nicht beantwortet werden, weil sie demjenigen, an den sie gerichtet ist, nicht mehr gegenwärtig ist.

Wenn Sie sie stellen wollen, können Sie sie wiederholen, wenn nicht, muß ich fragen, ob sonst jemand das Fragerecht wünscht? Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendung.

Der Zeuge Pohl wird vorschriftsmäßig vereidigt und vorläufig um 10.23 Uhr entlassen.

Vors.:

Herrn Radzey bitte.

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, ich möchte eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel hat nun die Gelegenheit, nach § 257[ StPO][11] eine Erklärung abzugeben, solange müssen wir zuwarten mit Herrn Radzey.

RA Schn[abel]:

Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die Zeugenaussage des Zeugen Pohl nicht abgeschlossen ist, da er eine Frage, die ich gestellt habe, nicht beantwortet hat und zwar deswegen nicht beantwortet hat, weil diese Frage vom Herrn Vorsitzenden unterbrochen wurde über Kompetenzstreitigkeiten zwischen finanzieller Besoldung zwischen einem Oberrat und einem Oberregierungsdirektor oder Regierungsdirektor. Es handelte sich lediglich darum, daß der Zeuge hätte beantworten sollen, ob er einen Fall kennt, daß ein Kriminaldirektor bereits schon einmal einen solchen Auftrag durchgeführt hat, den er durchgeführt hat in dem Fall Hoff. Und diese Frage wurde nicht beantwortet, weil in mein Fragerecht durch den Herrn Vorsitzenden eingegriffen wurde.

Der Angeklagte Raspe verläßt um 10.25 Uhr den Sitzungssaal

Der Zeuge Radzey erscheint um 10.25 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Bitte zunächst die Personalien.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

[8886] Zeuge Radzey

Ulrich Radzey, geb. [Tag].[Monat].1944,
Kriminalbeamter beim Bundeskriminalamt,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Radzey, ist es richtig, daß Sie bei der Vernehmung des Herrn Hoff, die Ende Januar, Anfang Februar dieses Jahres hier durchgeführt worden ist, als Vorführbeamter beteiligt gewesen sind?

Zeuge Rad[zey]:

Nein, das ist nicht richtig. Ich bin das erste Mal hier.

Vors.:

Haben Sie Herrn Hoff nicht hierher mit vorgeführt?

Zeuge Rad[zey]:

Jetzt, ja, heute. Also gestern habe ich Herrn Hoff vorgeführt. Das ist richtig. Aber vorher nicht. Herr Hoff ist ja bereits einmal hiergewesen, da war ich nicht dabei.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie bei den Vernehmungen, die früher mit Herrn Hoff von Seiten der Polizei durchgeführt worden sind, beteiligt waren?

Zeuge Rad[zey]:

Ich habe von Anfang an mit bei den Vernehmungen mitgewirkt.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte gewonnen, daß auf Herrn Hoff hinsichtlich des Inhalts seiner Aussage Einfluß genommen worden ist in dem Sinne, daß er beeinflußt werden sollte, etwas anderes anzugeben, als es offensichtlich seiner Erinnerung entsprach?

Zeuge Rad[zey]:

Nein, davon ist mir nichts bekannt.

Vors.:

Ist Ihnen bekannt geworden, ob während der Vernehmung hier in Stuttgart irgend jemand den Versuch hat unternommen, den Inhalt der Aussage des Herrn Hoff zu beeinflussen, sei es auch nur in dem Sinn, ihm das Gedächtnis wieder zu stärken, was er hier zu sagen hätte?

Zeuge Rad[zey]:

Beziehen Sie das auf die erste Aussage des Herrn Hoff vorigen Monats oder jetzt?

Vors.:

Ja, nicht heute.

Zeuge Rad[zey]:

Davon ist mir gar nichts bekannt, da ich einige Wochen im Ausland war.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht sehe ich nicht. Bei den Herrn der Bundesanwaltschaft? Nein. Herr Rechtsanwalt Schily, bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Radzey, wann sind Sie erstmalig mit dem Herrn Hoff zusammengetroffen?

[8887] Zeuge Rad[zey]:

Herrn Hoff habe ich erstmalig bei seiner Festnahme in Frankfurt gesehen, war allerdings nicht daran beteiligt, sondern hab ihn nur auf dem Gang so gesehen. Das war das erste Mal.

RA Schi[ly]:

Und wann haben Sie dann erstmalig mit Herrn Hoff gesprochen?

Zeuge Rad[zey]:

Das dürfte im August letzten Jahres etwa gewesen sein. Den Tag habe ich nicht mehr in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Im August, ja?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, ist richtig, im August etwa.

RA Schi[ly]:

Kann das etwa, wenn wir uns nach den hier vorliegenden Unterlagen richten, der 12. August gewesen sein, Herr Radzey?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, das ist möglich. Das dürfte dann in Karlsruhe gewesen sein.

RA Schi[ly]:

Wie bitte?

Zeuge Rad[zey]:

Das dürfte in Karlsruhe gewesen sein. Wenn es der Tag ist, wie gesagt, ich habe ihn nicht mehr genau in Erinnerung.

RA Schi[ly]:

Ja. wenn es der Tag ist, da komme ich gleich auf die Frage.

Wir haben also hier ein Protokoll vom 12. August 1975. Das ist in diesen Akten, die wir bekommen haben. Also ich führe das jetzt auf als Band, also unter der laufenden Nummer 146.

Vors.:

126?

RA Schi[ly]:

Ja also nach laufender Nummer wäre es 146, da gibt es ja Unterschiede.

Vors.:

Das ist unsere Nummer 126, ja.

RA Schi[ly]:

Ja aber laufende Nummer 146. Und da wäre es also Blatt 23.

Und da ist also ein Protokoll hier: „Beginn 8.50 Uhr, Bundeskriminalamt Karlsruhe, JVA, Datum: 12.8.1975“. Und da wird also etwas geschildert über die Vernehmung von Herrn Hoff und es beginnt mit dem Vermerk; „Noch zur Person“. Da heißt es dann: „Wie ich Ihnen bereits gestern in einem Gespräch usw. geschildert habe“, soll man dann daraus entnehmen, daß Sie dann ein Tag zuvor, bevor dieses Protokoll nun beginnt, ein Gespräch mit Herrn Hoff geführt haben, Herr Radzey?

Zeuge Rad[zey]:

Das ist richtig. Herr Hoff wurde in Karlsruhe aufgesucht und es wurde ein informatives Gespräch und zwar betreffend seiner Person geführt. Er sollte sich also etwa überlegen, die Angaben seit seiner Geburt an, weil ja doch jeder letzten Endes etwas Zeit dazu braucht, um das zusammenzukriegen. Herr Hoff ist ja bald 40 Jahre alt und hat ja einiges in der Zeit gemacht und das war an sich das Vorgespräch, daß wir geführt haben, worauf auch Bezug genommen worden ist. Was man also jederzeit auch ersehen kann, daß da ein Gespräch geführt wurde.

[8888] RA Schi[ly]:

Ja haben Sie dann üben das Gespräch ein Vermerk angefertigt?

Also Sie meinen wohl ein informatorisches Gespräch, das möglicherweise auch für Sie informativ war. Haben Sie darüber ein Vermerk angefertigt wie bitte?

BA Dr. W[under]:

Die Frage ist unkorrekt, Herr Rechtsanwalt. Ich darf vielleicht auf Blatt 21 und 22 der Akten hinweisen, daraus ergibt sich ganz genau, daß am 11.8. mit der Vernehmung begonnen wurde.

RA Schi[ly]:

Ja, ich sag doch, daß also offenbar schon, das ist also der Personalbogen, nicht. Der Personalbogen mit der Belehrung, da ist ja noch kein Vernehmungsinhalt ...

BA Dr. W[under]:

Beschuldigtenvernehmung ist dieses Blatt unterschrieben.

RA Schi[ly]:

Ja sicherlich, aber das ist ja nur der Personalbogen und mehr steht doch da nicht drin oder ... Haben Sie mehr?

Herr Zeis winkt ab, also hat er nicht mehr.

Vors.:

Also ich glaube, es kann fortgefahren werden.

RA Schi[ly]:

Ist darüber ein Vermerk angefertigt worden?

Zeuge Rad[zey]:

Wie Sie gerade selber sagen, ist dieser Beschuldigtenpersonalbogen ausgefüllt worden und danach ist nur erst ein informatives Gespräch geführt worden, worauf auch in dem Blatt vom 12.8. Bezug genommen wird. Allerdings ist kein Vermerk gefertigt worden, weil da an sich nicht viel aufgeführt worden ist, während dieses informativen Gespräches. Sondern es ist ihm nur gesagt worden, daß er sich überlegen soll zu seiner Person die Personalien, daß er die zusammenkriegt. Das war an sich alles.

RA Schi[ly]:

Ja, Herr Radzey, mit was waren Sie ausgerüstet, als Sie - also ich mein jetzt nicht etwa Bleistift und Papier - mit welchem Material waren Sie ausgerüstet, als Sie mit der Vernehmung von Herrn Hoff begonnen haben? Also ich schließ mich gern der Auffassung der Bundesanwaltschaft an, die gemeint haben: 11.8. Das ist ja jetzt ein Streit um Worte, ob man nun sagt 11.8. oder 12.8. Wir haben ja jetzt von Ihnen erfahren, zunächst mal war diese Phase zur Person. Personalbogen ausgefüllt, Belehrung vermutlich über das Aussageverweigerungsrecht und dann am 12.8. gehts so ein bißchen mehr, da kommt also Substanz.

Zeuge Rad[zey]:

Ich verstehe Ihre Frage nicht ...

RA Schi[ly]:

Jetzt frage ich Sie, mit was waren Sie ausgerüstet, mit welchem Material. Sind Sie da einfach so eingestiegen oder hatten Sie irgendwelche Vorinformation?

Zeuge Rad[zey]:

Herr Rechtsanwalt, mein Aussagerecht hier bezieht sich ledig- [8889] lich auf mein Wissen betreff der Bewachung des Herrn Hoff.

RA Schi[ly]:

Ja bezog sich denn das jetzt hier vom 12.8. ... war das auch Überwachung?

Zeuge Rad[zey]:

Sie sprechen da Ermittlungen an und darüber ist in meiner Aussagegenehmigung nichts enthalten.

Vors.:

Darf ich, Verzeihung Herr Rechtsanwalt, darauf hinweisen, uns liegt die Aussagegenehmigung nicht schriftlich vor. Haben Sie sie dabei?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, ich habe sie dabei.

RA Schi[ly]:

Ach, da wird der Vorhang jetzt runter gelassen.

Der Zeuge Radzey übergibt seine Aussagegenehmigung.

Die Aussagegenehmigung wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Es ist der übliche Text. Und zwar eingesetzt: „... die Genehmigung erteilt, als Zeuge auszusagen, betreffend sein Wissen über die Bewachung des Häftlings Dierk Hoff.“ Das liegt wahrscheinlich am Thema. Ich sehe gerade den Beweisantrag ein, wie er gelautet hat in Bezug auf Herrn Radzey, ob das nicht durch den Beweisantrag veranlaßt worden ist, diese Einschränkung: „Ich beantrage zum Beweis dafür, daß der Zeuge Dierk Hoff den Inhalt seiner Aussage in der Hauptverhandlung sowohl vor Beginn seiner Aussage, als auch während der Durchführung seiner Vernehmung mit Ermittlungsbeamten des Bundeskriminalamts besprochen hat und hierdurch in seiner Aussage beeinflußt wurde, dazu die Zeugen u.a. auch Herrn Radzey“.

RA Schi[ly]:

Ja, aber Aussage in der Hauptverhandlung vom Beginn seiner Vernehmung.

Vors.:

Ja, aber bezogen auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung, nämlich die Anreise, deswegen war ich selbst auch verblüfft, als ich nun erfahren habe, daß Herr Radzey gar nicht zu den Begleitpersonen gehört hat. Der Antrag stammte ja nicht von Ihnen. Ich nehme an, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz hat ihn gestellt. Also das liegt in der Tat am Beweisantrag selbst, daß wir hier eine sehr eingeschränkte Aussagegenehmigung vorliegen haben.

Ende von Band 496

[8890][12] [8891] RA Schi[ly]:

Ja, dann muß ich den Antrag stellen, die Aussagegenehmigung für Herrn Radzey ..., eine erweiterte Aussagegenehmigung für Herrn Radzey einzuholen, die es ihm auch erlaubt, darüber Auskunft zu erteilen, welche Informationen dem Zeugen zugänglich gemacht worden sind bei Beginn der Vernehmung am 11.8. bzw. 12.8.75.

Vors.:

Ja, es erscheint zweckmäßig, daß wir dieser Anregung sofort nachgehen und zwar einfach deshalb, weil sonst unter Umständen ein neues Beweisthema zu einer wiederholten Ladung führen müßte.

Die Angeklagten Ensslin und Raspe erscheinen um 10.35 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Zunächst würde ich bitten, daß wir Herrn Pohl sprechen können, vielleicht ist er von sich aus in der Lage, diese Ausweitung zu genehmigen. Wenn nicht, müßten wir es durch Rückruf klären.

Ich kann also nicht sagen, wie lange die Pause dauern wird, aber ich würde vorsichtshalber, sagen[x] daß die Prozeßbeteiligten spätestens in ¼ Stunde wieder hier anwesend sind.

Pause von 10.36 Uhr bis 10.58 Uhr

Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.58 Uhr.

Die Angeklagte Ensslin ist nicht mehr anwesend[y].

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Herr Rechtsanwalt Schily, zu Ihrer Unterrichtung, es ist versucht worden, durch Herrn Pohl diese Ausweitung zu bekommen, sie ist nicht erteilt worden. Es ist so, daß von Ihnen jetzt das Gericht erbittet, daß, wenn Sie weitere Beweise über den Herrn Zeugen miterheben wollen, daß Sie dann diese Themen schriftlich darlegen, so daß dafür gesorgt werden kann, daß der Herr Zeuge für dieses neue Beweisthema diese Aussagegenehmigung bekommt. Wir müßten eben notfalls dann Herr Radzey, Sie nochmals vorladen. Sie können in dieser Richtung also an den Herrn Zeugen Fragen stellen, aber er wird sich im Zweifelsfall auf seine nicht vorliegende Aussagegenehmigung berufen müssen.

RA Schi[ly]:

Ich möchte natürlich vermeiden, ich habe das einmal erlebt [8892] in einem Verfahren in Berlin - entschuldigen Sie, daß ich[z] mal wieder die Berliner Erfahrung hier präsentiere - da ging das so, da mußte ich dann nachher einen Fragenkatalog vorlegen und da wurden jeweils dann, begab sich der Vorsitzender in das Beratungszimmer und telefonierte, und dann wurde die Frage zugelassen und dann ging es wieder weiter. Da habe ich angeregt, der Herr Vorsitzende möge sich doch gleich das Telefon auf den Richtertisch stellen, damit dann also die Frage zugelassen wird von irgendeinem Anonymus im Hintergrund, das finde ich also keine sehr glückliche Situation. Ich bin sehr gern bereit, also hier noch ein Beweisthema zu formulieren, daß relativ umfassend dann ist, und hoffe, daß das dann reibungslos über die Bühne geht. Ich hätte dann jetzt nur noch ein paar kurze Fragen im Bereich Betreuung oder Überwachung, jeweils nach ...

Vors.:

Ja, das Beweisthema.

RA Schi[ly]:

Dazu hat er ja, Herr Radzey noch die Aussagegenehmigung.

Herr Radzey, also wenn ich das richtig verstanden habe, bei der ersten Anwesenheit von Herrn Hoff in Stuttgart, da waren Sie nicht dabei, sondern nur gestern?

Zeuge Rad[zey]:

Das ist richtig.

RA Schi[ly]:

Haben Sie denn gestern mit Herrn Hoff Gespräche geführt?

Zeuge Rad[zey]:

Ich habe gestern nur Gespräche geführt, die also das Essenholen betrafen, ansonsten ..., also nur private Gespräche; also Gespräche waren es nicht, es waren also einige Sätze nur, die nichts mit diesem Verfahren zutun haben.

RA Schi[ly]:

Und auf der Anreise?

Zeuge Rad[zey]:

Auf der Anreise kann ich sagen, also ich hatte noch eine Grippe in den Knochen und ich hatte jedes Wort an sich ..., Herr Hoff hat mich einige Male angesprochen, aber auch private Sachen ...

RA Schi[ly]:

Sie hatten die Grippe in den Knochen?

Zeuge Rad[zey]:

Ja. Ich entsinne mich z. B. an eines, da hat er irgendwie Falken da und da ...

RA Schi[ly]:

Ja, Rüttelfalken, das haben wir gestern auch schon gehört.

Zeuge Rad[zey]:

... da habe ich also nicht groß geantwortet, weil mir an sich jedes Wort[aa] schwergefallen ist.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie, wie kommt es, obwohl Sie krank sind, unbedingt Ihre Mitreise, hier nach Stuttgart erforderlich war?

[8893] Zeuge Rad[zey]

Ich bin nicht krank, sondern hatte eine Grippe bestanden und wahrscheinlich durch das Wetter ist das wieder etwas hochgekommen.

RA Schi[ly]:

Ja, warum war denn überhaupt Ihre Mitreise erforderlich?

Wer hat die Anordnung dazu erteilt?

Zeuge Rad[zey]:

Wer die Anordnung erteilt hat?

RA Schi[ly]:

Ja.

Zeuge Rad[zey]:

Meine Vorgesetzten.

RA Schi[ly]:

Ja, wer?

Zeuge Rad[zey]:

Darauf bezieht sich auch meine Aussagegenehmigung nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, das aber doch.

Zeuge Rad[zey]:

Nein, das bezieht sich ... Ich würde sagen, darauf bezieht sich die Aussagegenehmigung nicht.

Vors.:

Also die Diensteinteilung, so wird man es wohl begreifen müssen, ist wohl nicht umfasst. Das muß der Herr Zeuge selbst beurteilen.

Zeuge Rad[zey]:

Ich bin also deshalb eingeteilt worden, weil ich 1. vorgeladen war, hier, für heute, und 2., weil ich die Vernehmung Hoff größtenteils mitgestalt... mitgemacht habe.

Angekl. Ra[spe]:

Gestaltet.

Zeuge Rad[zey]:

Nein, gestaltet nicht, mitgemacht habe.

RA Schi[ly]:

Na, lassen wir doch, das klingt doch ...

Vors.:

Ich würde bitten, daß man den Herrn Zeugen antworten lässt, ohne Zwischenrufe, das gilt auch für Sie, Herr Raspe.

Herr Radzey, bitte.

Zeuge Rad[zey]:

Ich wiederhole, also 1. war ich für heute vorgeladen und 2. habe ich Herrn Hoff mit vernommen, größtenteils. Und wie gesagt, ...

RA Schi[ly]:

Deshalb sind sie heute mit hierher gekommen?

Zeuge Rad[zey]:

Deshalb bin ich gestern schon mit hierher gekommen.

RA Schi[ly]:

Ja, das verstehe ich aber nun eigentlich nicht, Herr Radzey.

Was hatte denn Ihre Tätigkeit bei der Vernehmung mit Ihrem Anreisen hierher zu tun?

Zeuge Rad[zey]:

Ich kenne die Vernehmung Hoff und das ist an sich alles.

RA Schi[ly]:

Ja, warum waren Ihre Kenntnisse von der Vernehmung von Herrn Hoff mitbestimmend dafür, daß Sie hier nach Stuttgart kommen?

Zeuge Rad[zey]:

Nein, die waren keineswegs mitbestimmend.

RA Schi[ly]:

Das haben Sie aber doch gerade gesagt.

Zeuge Rad[zey]:

Nein, das habe ich nicht[bb] damit gesagt.

RA Schi[ly]:

Na, aber, Herr Radzey, also ich meine, da müßte ich mich also sehr verhört haben. Sie sind doch gerade nach den Gründen gefragt worden, warum Sie hier mit nach Stuttgart gekommen sind [8894] und in dem Zusammenhang haben Sie auch erwähnt, daß Sie ja die Vernehmung mitgestaltet oder mitgemacht haben.

Zeuge Rad[zey]:

Die habe ich nicht mitgestaltet, sondern die habe ich mitgemacht.

RA Schi[ly]:

Ja, dann haben Sie jedenfalls Ihre Tätigkeit bei der Vernehmung haben Sie doch in dem Zusammenhang erwähnt und das war einer der Gründe dafür, daß Sie hier mitgekommen sind. Und das möchte ich mal näher von Ihnen ausgeführt wissen.

Zeuge Rad[zey]:

Und der Hauptgrund ist der, daß ich, wie gesagt, für heute vorgeladen war und man kann sagen, ich kenne Herrn Hoff durch die Vernehmung und da bin ich sowieso mitgefahren.

Ich lege also als ersten den Wert darauf, daß ich heute hier eigentlich zur Vernehmung vorgeladen war.

RA Schi[ly]:

Sie wären sonst sowieso mitgefahren? Wären Sie sonst sowieso mitgefahren?

Zeuge Rad[zey]:

Wenn ich nicht zur Vernehmung vorgeladen worden wäre, wäre ich nicht mitgefahren.

RA Schi[ly]:

Wären Sie nicht mitgefahren. Haben Sie denn den Inhalt Ihrer Vernehmung, die Sie da durchgeführt haben, in irgend einer Weise hier verwertet während Ihrer Anwesenheit in Stuttgart?

Zeuge Rad[zey]:

Ich habe, seit die Vernehmung abgeschlossen ist, nicht mehr in die Vernehmung reingeschaut und habe die auch nicht in irgend einer Art verwertet.

RA Schi[ly]:

Wer ist außer Ihnen noch mitgekommen?

Zeuge Rad[zey]:

Das ist noch ein Fahrer und noch ein Kollege.

RA Schi[ly]:

Wer war der Kollege?

Zeuge Rad[zey]:

Das bezieht sich auch nicht auf meine Aussagegenehmigung wieder.

RA Schi[ly]:

Doch das bezieht sich, denn Sie sind ja doch laut[cc] der Aussagegenehmigung zu der Frage der Überwachung ...

Zeuge Rad[zey]:

Das ist richtig, das ist meine Überwachung, auf meine Tätigkeit, nicht die auf des Kollegen.

RA Schi[ly]:

Also den Kollegen können Sie auch nicht nennen?

Zeuge Rad[zey]:

Nein, kann ich nicht nennen.

RA Schi[ly]:

Sie haben eine sehr knappe Aussagegenehmigung muß ich sagen, eine sehr beschränkte.

Professor Dr. Azzola erscheint um 11.06 Uhr im Sitzungssaal.

[8895] Zeuge Rad[zey]:

Ja, der Herr Vorsitzende hat sie vorgelesen.

RA Schi[ly]:

Kennen Sie einen Herrn Freter?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, einen Herrn Freter kenne ich.

RA Schi[ly]:

Haben Sie mit Herrn Freter mal gesprochen in der jüngsten Zeit?

Zeuge Rad[zey]:

Herr Freter ist im Urlaub, den habe ich lange nicht gesehen.

RA Schi[ly]:

Wann ist er denn in Urlaub gegangen?

Zeuge Rad[zey]:

Das dürfte etwa jetzt eineinhalb Wochen sein.

RA Schi[ly]:

Haben Sie ihn davor gesprochen?

Zeuge Rad[zey]:

Da ich ihn jeden Morgen sehe und ... sage ich auch schon mal „Guten Morgen“, da ich aber mit dem Verfahren Hoff an sich sonst nichts mehr zu tun habe, andere Arbeit habe, haben wir uns über Hoff oder dergleichen überhaupt nicht mehr unterhalten.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich nicht mehr bei Herrn Freter erkundigt, was denn mit der Vernehmung von Herrn Hoff hier ... wie das gegangen sei?

Zeuge Rad[zey]:

ich habe mich nur erkundigt, wie das mit Unterbringung undsoweiter ist, sonst nichts.

RA Schi[ly]:

Über den Hergang der Vernehmung haben Sie kein Wort gesprochen mit Herrn Freter?

Zeuge Rad[zey]:

Nein, habe ich nicht.

RA Schi[ly]:

Hat Ihnen Herr Freter etwas darüber berichtet, daß er als Zeuge vernommen worden ist?

Zeuge Rad[zey]:

Herr Freter hat gesagt, daß er Zeuge hier war, das ist richtig, aber das war an sich auch schon alles.

RA Schi[ly]:

Das war alles, hat er nicht auch darüber gesprochen, was er gefragt worden ist?

Zeuge Rad[zey]:

Da ich mir ausrechnen konnte, daß ich wahrscheinlich auch vorgeladen werde, habe ich wohlweislich davon abgesehen.

RA Schi[ly]:

Wieso konnten Sie sich das ausrechnen?

Zeuge Rad[zey]:

Weil ich an der Vernehmung größtenteils teilgenommen hab.

RA Schi[ly]:

Wie kamen Sie auf den Gedanken, daß Sie da ...

Vors.:

Soeben beantwortet, weil er sich als Vernehmungsbeamter ...

RA Schi[ly]:

Als Vernehmungsbeamter ...

Zeuge Rad[zey]:

Darf ich dazu was sagen, Herr Verteidiger.

RA Schi[ly]:

Ja, bitte.

Zeuge Rad[zey]:

Ich war schon in mehreren Gerichtsverfahren und da ist es üblich, daß so gut wie alle Vernehmungsbeamten vorgeladen werden.

RA Schi[ly]:

Und deshalb haben Sie es also vermieden, sich mit Herrn Freter zu unterhalten.

[8896] Zeuge Rad[zey]:

Ich habe mich mit ihm unterhalten, nur über die Sache nicht.

RA Schi[ly]:

Ah, ja. Kennen Sie Herrn Pohl?

Zeuge Rad[zey]:

Herrn Pohl kenne ich auch, ja.

RA Schi[ly]:

Ja. Haben Sie mit Herrn Pohl einmal gesprochen in der letzten Zeit?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, worüber

RA Schi[ly]:

Über die Tatsache, daß der Herr Hoff hier war und als Zeuge vernommen wurde und daß auch der Herr Pohl hier war.

Zeuge Rad[zey]:

Darüber ist mit Herrn Pohl nicht gesprochen worden, zumal ich mit Herrn Pohl an sich gar nichts zu tun habe, auch dienstlich. Es war mein Dienstvorgesetzter mit, aber das ist auch an sich alles. Ich sehe ihn morgens, wird mal gegrüßt und dabei wird es auch schon belassen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie nicht mal Herrn Pohl auch Berichte erstattet?

Zeuge Rad[zey]:

Worüber?

RA Schi[ly]:

Über die Vernehmung von Herrn Hoff, beispielsweise?

Zeuge Rad[zey]:

Das ist aber schon sehr lange her.

RA Schi[ly]:

Na wie lange her?

Vors.:

Also soweit ich informiert bin, haben wir uns gerade über diesen Komplex mit dem Stellvertreter in Ihrem Amte unterhalten und soweit ich weiß, haben Sie keine Aussagegenehmigung dafür bekommen. Jetzt wird es hier wieder eingeführt, also ich ... Herr Rechtsanwalt, wir wollen ja diesen Beweiskomplex nicht ausschließen. Wenn Sie Ihr[dd] Beweisthema formulieren, aber Sie wissen ja, daß der Herr Zeuge hier also nun wirklich überfordert wird. Er darf’s nicht.

RA Schi[ly]:

Ja, nur an sich hat’s ja der Herr Zeuge zu entscheiden und ich wundere mich auch ein bißchen, daß also einmal, wenn’s also um die Vorinformation geht, da wird also die fehlende Aussagegenehmigung eingezogen, aber Frage der Berichte offenbar nicht. Aber ich stelle die Frage gerne zurück, um dem Zeugen dann eine bessere Vorbereitung zu ermöglichen. Herr Radzey, haben Sie denn mit Herrn Pohl heute mal gesprochen?

Zeuge Rad[zey]:

Ja, ich habe ihm „Guten Morgen“ gesagt.

RA Schi[ly]:

Ja, das nehme ich an, daß Sie ein höflicher Mensch sind, aber danach wollte ich eigentlich nicht fragen, ob Sie ihn begrüßt haben mit „Guten Tag“ oder „Guten Morgen“, sondern ob Sie über das Thema Ihrer heutigen Befragung oder das Thema der Befragung von Herrn Pohl sich mit ihm unterhalten haben.

[8897] Zeuge Rad[zey]:

Darüber habe ich mich mit ihm nicht unterhalten.

RA Schi[ly]:

War eigentlich der Herr Pohl bei der Anreise jetzt hier mit Herrn Hoff dabei?

Zeuge Rad[zey]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Nein. Hat Herr Pohl während seines jetzigen Aufenthaltes in Stuttgart mit dem Herrn Hoff nochmal gesprochen?

Zeuge Rad[zey]:

Davon ist mir nichts bekannt, soviel ich weiß nicht.

RA Schi[ly]:

Soviel Sie wissen, nicht. Haben Sie einmal hier als Zuhörer an dieser Verhandlung teilgenommen?

Zeuge Rad[zey]:

Ich war gestern Morgen hier drin, nur während die beiden Kriminalbeamten vernommen wurden.

RA Schi[ly]:

Und als der Herr Hoff vernommen wurde?

Zeuge Rad[zey]:

Nicht mehr.

RA Schi[ly]:

Wo waren Sie da?

Zeuge Rad[zey]:

Da habe ich mich im Raum vor der Schleuse aufgehalten.

RA Schi[ly]:

Im Zeugenzimmer?

Zeuge Rad[zey]:

Zeugenzimmer, richtig.

RA Schi[ly]:

Wenn da eine Pause eintrat bei der Befragung von Herrn Hoff, waren Sie dann zugegen in der Pause?

Zeuge Rad[zey]:

Soviel ich weiß, war der Herr ... sein ... also sein Rechtsanwalt da, und da habe ich an sich nichts zu suchen, und war auch nicht bei[ee] ihm, groß. An sich nur, um das Essen zu bringen, sonst nichts.

RA Schi[ly]:

Haben Sie in der Pause nicht mit Herrn Hoff gesprochen?

Zeuge Rad[zey]:

Ich habe mit ihm gesprochen, aber nicht über irgendwelche Sachen, die hier zur Debatte standen.

RA Schi[ly]:

Dann habe ich vorläufig an Herrn Radzey keine weiteren Fragen, aber der größte Teil der Fragen ist jetzt zur Zeit also abgedeckt oder beschränkt durch die ... abgedrängt oder verhindert ...

Vors.:

Das liegt am Beweisantrag, wir haben es[ff] mitgeteilt. Das Bundes-Kriminalamt legt Wert darauf, im Rahmen der Aussagegenehmigung zu erfahren, zu was der Zeuge gefragt werden soll. Das ist beamtenrechtlich abgesichert,[13] und hier ist eben durch die Form des Beweisantrages nicht rechtzeitig mitgeteilt worden und jetzt ist die Entscheidung, da das Beweisthema nicht ersichtlich ist bei einer telefonischen Rücksprache, nicht erreichbar gewesen. Das hat also mit abdecken oder absichern undsoweiter, soweit ich die Dinge sehe, eigentlich nichts zu tun.

[8898] RA Schi[ly]

... ganz objektiv sage ich, ich bin dadurch gehindert ...

Vors.:

Ja, sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? ich sehe nicht.

Dann können wir den Herrn Zeugen vereidigen für heute ... Bitte?

RA Schi[ly]:

... Vernehmung, sonst müßte ich jetzt also das Beweisthema sofort formulieren, das könnte ich tun, aber ich würde doch vorschlagen, daß die Vernehmung jetzt nicht abgeschlossen wird.

Vors.:

Das würde nichts nützen, Herr Rechtsanwalt, weil ja diese Genehmigung schriftlich eingeholt werden müßte, der telefonische Weg hat sich bereits als nicht ausreichend erwiesen. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann ...

RA Schi[ly]:

Die Vernehmung kann doch unterbrochen werden, die Vernehmung kann doch unterbrochen werden.

Vors.:

Das ist eine andere Frage. Sie regen also an, den Zeugen nicht zu vereidigen, nicht abzuschließen.[14] Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie hatten sich, glaube ich, zu Wort gemeldet.

RA Dr. He[ldmann]:

Mit dem gleichen Antrag.

Vors.:

Mit demselben Antrag. Will sich jemand dazu äußern?

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu8nder]:

Ich rege an, die Vernehmung des Zeugen abzuschließen, denn es steht ja noch gar nicht fest, ob eine Aussagegenehmigung, wie beantragt, erteilt beziehungsweise die vorliegende erweitert wird.

Vors.:

Ich möchte auch den Zeugen vereidigen und die Vernehmung für heute abschließen. Das steht ja einer erneuten Vernehmung nicht im Wege.

RA Schi[ly]:

Ich bitte dann um Gerichtsbeschluß.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

der Zeuge ist zu vereidigen, die Vernehmung abzuschließen.

Der Zeuge Radzey wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.14[gg] Uhr entlassen.

Vors.:

Wir ... Herr Raspe wollen Sie zu der Zeugenaussage eine Erklärung gem. § 257[ StPO][15] abgeben?

Angekl. Ra[spe]:

Ja. Er hat an einer einzigen Stelle ...

Vors.:

Noch eine Vorfrage, die Herren haben vorhin gebeten, daß Herr Pohl noch anwesend bleibt, ich glaube, das hat sich erledigt.

Der Zeuge Pohl wird endgültig um 11.14 Uhr entlassen.

[8899] Vors.:

Bitte, Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja ich will das auch nochmal betonen, daß er also hier ausgesagt hat, daß er die Zeugenaussage Hoff’s in allen wesentlichen Punkten mitgestaltet hat und das ist eigentlich ... das inhaltlich rauszuarbeiten im einzelnen, wird verhindert durch eine Aussagebeschränkung, nachdem bei Freter irgendwie also in dieser Aussagebeschränkung ein Loch war offensichtlich, was Pohl, der hinten im Saal saß, dann also gleich als Vorgesetzter über die Kanäle des Apparats umgesetzt hat in eine Beschränkung der Aussagegenehmigung für Radzey, aber jedenfalls kam das bei raus, Mitgestaltung und Gestaltung einer Aussage. Das ist eben einer der Wege, von denen Buback spricht.[16] Und konkret ist das [hh] also im Bezug auf Hoff einer der Wege, auf denen hier Kronzeugen[17] gemacht werden, die dann hier vor diesem Gericht auf der Linie der propagandistischen Verwertung eingesetzt werden, um den Widerspruch in diesem Verfahren dadurch zu lösen, daß er eben unterdrückt wird, daß er überhaupt nicht sichtbar wird. Das ist zu diesem Zeugen eigentlich nur zu sagen. Ansonsten nichts.

Vors.:

Sonstige Erklärungen sehe ich nicht. Dann darf ich nochmals bitten, den Terminsplan vorzunehmen. Ich habe vergessen, darauf hinzuweisen, daß am 27.4 der Sachverständige Winkler ersetzt wird durch den Sachverständigen Dr. Grooß.

Es handelt sich um Schlüsselgutachten. Es sind hier zwei Schlüsselgutachten. Das ist Seite 3 des Terminsplans aufgeführt, es kommt ein drittes Gutachten hinzu, und zwar ist das das Gutachten vom 16.8.1972 unter dem Aktenzeichen KT VI 3 5752/72. Wir fahren fort nach der Osterpause ... bitte?

RA Schi[ly]:

Wie bitte, können Sie bitte wiederholen?

Vors.:

Sie haben’s nicht richtig ... gut ...

RA Schi[ly]:

5752?

Vors.:

5752/72.

RA Schi[ly]:

Dankeschön.

Vors.:

Und dazu die Asservate, die sind also Grundlage dieses Gutachtens C 2.1 Pos. 37/b und das Asservat E 29.1.

Wir setzen nach der Osterpause am Dienstag, 20.4. ...

Augenblick, ich muß es jetzt mit Ihnen besprechen. Wir hatten also mit Rücksicht darauf, daß alle Zeugen anreisen aus Hamburg, [8900] die am Dienstag zu vernehmen sind, den Sitzungsbeginn auf 14.00 Uhr vorgesehen, damit die Leute nicht abends am Ostermontag schon hierher abreisen müssen. Wir haben vormittags Verlesungen vorgesehen. Wir werden also den Sitzungsbeginn unter Streichung dieses Termins 9.00 Uhr auf 14.00 Uhr legen, beginnen also am Dienstag, 20.4.75, 14.00 Uhr, mit der Vernehmung der Zeugen Fischer, Ritzmann, Behrmann, Krapp, Fernstädt und Schlörer. Bis dahin Unterbrechung.

Ende der Sitzung um 11.17 Uhr.

Ende von Band 497.


[1] Ulrike Meinhof wurde am 86. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO für die Dauer von einem Monat von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 7739 des Protokolls der Hauptverhandlung, 86. Verhandlungstag). Die anderen Angeklagten hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen.

[5] Ulrich Schmücker wurde vom deutschen Verfassungsschutz in die Szene der RAF als V-Mann eingeschleust. Am 4.6.1974 wurde Schmücker im Berliner Grunewald am Ufer der Krummen Lanke ermordet (März, Die Machtprobe 1975, 2007, S. 27). Der sich anschließende Prozess dauerte 16 Jahre und bestand aus insgesamt vier Verfahrenszügen. Dreimal wurden die Schuldsprüche gegen die Angeklagten vom Bundesgerichtshof aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen. Im vierten Verhandlungsdurchgang stellte das LG Berlin das Verfahren wegen der überlangen Verfahrensdauer und wegen des unzulässigen Zusammenwirkens von Landesverfassungsschutz und Ermittlungsbehörde sowie der damit einhergehenden Beeinflussung und Steuerung des Verfahrens durch den Landesverfassungsschutz ein (LG Berlin, Urt. v. 28.1.1991 - Az.: (518) 2 P KLs 8/75 (35/89), Juristenzeitung 1991, S. 159 ff.; s. ferner Gaserow, taz. die tageszeitung v. 29.1.1991, S. 9, abrufbar unter: https://taz.de/!1734998/, zuletzt abgerufen am: 27.9.2021). Die tatsächlichen Umstände der Tat konnten nie aufgeklärt werden (Stuberger, Die Akte RAF, 2008, S. 297 Anm. 55; Hannover, Terroristenprozesse, 1991, S. 152).

[6] S. dazu den Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Beiziehung der fehlenden Ermittlungsakten gegen Dierk Hoff am 62. Verhandlungstag, S. 5575 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung. S. auch die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft am selben Verhandlungstag (S. 5604 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[7] Das Ermittlungsverfahren gegen Dierk Hoff wurde von der Bundesanwaltschaft geführt. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof übt als Strafverfolgungsbehörde das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 142a Abs. 1 GVG) aus. Diese Zuständigkeit des OLG für Strafsachen in erster Instanz ist nur für besondere Straftaten gegeben, etwa für Hoch- und Landesverrat (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GVG). Der Generalbundesanwalt kann zudem die Strafverfolgung für Strafsachen, die eigentlich zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören würden, wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernehmen, was in der Folge ebenfalls zur Zuständigkeit des OLG in erster Instanz führt (§§ 120 Abs. 2, 74a Abs. 2 GVG).

[8] S. bereits Fn. 5.

[9] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[10] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen selbst zurückweisen (§ 241 Abs. 2 StPO), oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO). Die Zurückweisung der Frage kann als unzulässig beanstandet werden, was ebenfalls die Entscheidung durch das Gericht zur Folge hat (§ 238 Abs. 2 StPO).

[11] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[12] Anlage 1 zum Protokoll vom 8. April 1976: Aussagegenehmigung für KK z.A. Radzey.

[13] S. Fn. 9.

[14] Mit der Entlassung (§ 248 Satz 1 StPO) erlischt auch das Fragerecht (§ 240 StPO) der Prozessbeteiligten, die vorher dazu anzuhören sind (zur Anwendung des § 248 Satz 2 StPO auf alle Prozessbeteiligten, denen ein Fragerecht zusteht s. Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 248 Rn. 3). Eine erneute Befragung kann - falls das Gericht nicht von Amts wegen eine Ladung vornimmt - nur mittels Beweisantrag erreicht werden (Ciernak/Niehaus, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 248 Rn. 4 ff.).

[15] Angeklagte sollen gem. § 257 Abs. 1 StPO u.a. nach jeder Zeugenvernehmung befragt werden, ob sie dazu etwas erklären wollen.

[16] Jan-Carl Raspe bezieht sich auf eine Aussage des Generalbundesanwalts Buback im Gespräch mit den Spiegel-Redakteuren Rolf Lamprecht und Hans-Wolfgang Sternsdoff: „Staatsschutz lebt davon, dass er von Leuten wahrgenommen wird, die sich dafür engagieren. Und Leute, die sich dafür engagieren, wie Herold und ich, die finden immer einen Weg“ (DER SPIEGEL, Ausgabe 8/1976 vom 16.2.1976, S. 30, 34).

[17] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).


[a] Maschinell eingefügt: ist

[b] Maschinell ergänzt: gesagt

[c] Handschriftlich ersetzt: in durch ist

[d] Handschriftlich durchgestrichen: Vorsitzender

[e] Maschinell eingefügt: so

[f] Handschriftlich eingefügt: war

[g] Maschinell ersetzt: Sie durch wir

[h] Handschriftlich eingefügt: war

[i] Maschinell eingefügt: es

[j] Maschinell eingefügt: also

[k] Handschriftlich eingefügt: er

[l] Maschinell eingefügt: nicht

[m] Maschinell ergänzt: dieser

[n] Handschriftlich ergänzt: halten

[o] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[p] Maschinell eingefügt: noch

[q] Maschinell ersetzt: von durch zu

[r] Maschinell eingefügt: in

[s] Maschinell eingefügt: man

[t] Handschriftlich ersetzt: wird durch wollt

[u] Maschinell eingefügt: Strategie der

[v] Handschriftlich ergänzt: 14er Positionen

[w] Handschriftlich ergänzt: 15er

[x] Maschinell eingefügt: sagen

[y] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[z] Maschinell eingefügt: daß ich

[aa] Maschinell eingefügt: Wort

[bb] Maschinell eingefügt: nicht

[cc] Handschriftlich ersetzt: an durch laut

[dd] Handschriftlich durchgestrichen: Ihren

[ee] Handschriftlich eingefügt: bei

[ff] Handschriftlich eingefügt: es

[gg] Handschriftlich ergänzt: 11.14

[hh] Maschinell durchgestrichen: ist