65. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 20. Januar 1976, um 9.05 Uhr



[5660] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 20. Januar 1976, um 9.05 Uhr.

(65. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft, mit Ausnahme von OStA Zeis, erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens und

Just. Ass. z. A. Scholze.

Der Angeklagte Raspe ist anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:

Prof. Dr. Azzola, RAe Dr. Augst (als amtlich bestellter Vertreter von RA Eggler), Künzel, Schnabel, Schwarz, König, Linke und Grigat.

- Eine Fotokopie der Bestallungsurkunde des RA Dr. Augst ist dem Protokoll als Anl. 1 beigefügt. -

Als Zeugen sind anwesend:

KHM Möller, KHK[a] Heintze und KHK Krug.

Vors.:

Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wir setzen die Sitzung fort.

Die Verteidigung ist gewährleistet.

Herr RA Schlaegel hat eine kurze Verspätung angekündigt; Herr RA Dr. Heldmann ist anwesend, hat begründet und sich entschuldigt dafür, daß er nicht heute auftreten kann; ich sehe allerdings, Herr RA Schily ist nicht anwesend.

Herr Professor, bitte schön.

Prof. Azz[ola]:

(spricht unverständlich)

Vors.:

Ist also auch hier.

Prof. Azz[ola]:

(bleibt unverständlich).

Vors.:

Verspätung durch das Flugzeug.

[5661] Dann wollen wir sehen, daß wir mit der Sitzung jetzt fortfahren können. Bevor wir die Herrn Zeugen aufrufen und belehren, ein ganz kurzer technischer Hinweis:

Der Sachverständige Stephan, der auf den 10.2.1976 geladen ist, ist an diesem Termin verhindert und ist umgeladen auf den

19. Februar 1976 - eine Woche später - 14.00 Uhr.

Sodann sind die auf Donnerstag, 12. Februar 1976 geladenen Zeugen

Leonard und Cox,

wie sich bei den Ladungsversuchen herausgestellt hat, inzwischen in die USA zurückgekehrt. Da diese beiden Zeugen nur über einen Kennzeichendiebstahl Auskunft geben sollten, erscheint ihre Ladung ausdrücklich aus Amerika nicht angezeigt.

An ihre Stelle wird dann treten der Zeuge

KHM Ludwig von der Kripo Heidelberg

- Fundstelle Ordner 103 Bl. 159 ff -

er ist derjenige, der wegen der Diebstähle von US-Kennzeichen in Neu-Ulm ermittelt hat.

OStA Zeis erscheint um 9.07 Uhr im Sitzungssaal.

Wir haben heute früh ...

Ich habe mich im übrigen zu entschuldigen:

Beim letzten Mal habe ich angegeben, glaube ich, daß der Ordner 71 heute wohl maßgeblich wäre für die Vernehmung der Zeugen. Das war ein Versehen.

Richtig ist, daß die

Ordner 86/1 und 2

heute benötigt werden.

Wir haben heute die Herren Zeugen

Krug, Möller und Heintze

auf 9.00 Uhr geladen.

Die Angeklagte Ensslin erscheint um 9.08 Uhr im Sitzungssaal.

[5662][2] [5663] Die Aussagegenehmigungen[3] der Zeugen Möller, Krug und Heintze werden dem Protokoll als Anlagen 2 - 4 beigegehen.

Die Zeugen Möller, Heintze und Krug werden gemäß § 57 StPO[4] belehrt. Die Zeugen Möller, Heintze und Krug erklären sich mit der Aufnahme Ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[5]

Herr Professor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich möchte darum bitten, daß Frau Ensslin das Wort zu einer Korrektur gegeben wird in der Sacherklärung zur Sache. Es wird gewünscht, eine nicht umfangreiche Korrektur ...

Vors.:

Kann man erfahren, wie lange das etwa in Anspruch nehmen soll?

Angekl. Enss[lin]:

Drei Seiten sind es.

Vors.:

Drei Seiten.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Das dürften zehn Minuten sein.

Vors.:

Dann darf ich die Herrn bitten, im Zeugenzimmer zu warten.

Die Zeugen Möller, Heintze und Krug verlassen um 9.11 Uhr den Sitzungssaal.

Herr Bundesanwalt.

BA Dr. Wu[nder]:

Darf ich mir noch eine technische Frage erlauben?

Vors.:

Bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Haben die Angeklagten ihre [b] Zusage inzwischen eingehalten, die Erklärung, die sie abgegeben haben, schriftlich inzwischen zu übergeben?

Vors.:

Nein.

Kann uns Herr Prof. Azzola oder die Angeklagten dazu etwas sagen?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich bin erst heute morgen angereist; ich kann Ihnen nichts sagen; ich habe mit der Technik hier nichts zu tun.

Vors.:

Frau Ensslin oder Herr Raspe, können Sie uns sagen, bekommen wir diese Erklärung schriftlich?

Angekl. Enss[lin]:

Ja, wir sind inzwischen davon ausgegangen, daß Sie sich’s von der B. Anwaltschaft besorgt haben, denn Herr Zeis hat ja offensichtlich veranlaßt, daß da doch ein Band mitlief. Wenn dies nicht so ist, dann bekommen Sie sie von uns.

Vors.:

Sie sind von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen.

[5664] Ich bin auch überzeugt, daß niemand hier im Gerichtssaal ohne Genehmigung des Gerichts ein Tonband laufen lassen würde. Also Ihre Mutmaßung ist ganz unrichtig.

Wann können wir dann diese Ausführungen schriftlich bekommen?

Angekl. Enss[lin]:

Das wird abgeschrieben. Wielange es dauert, kann ich jetzt nicht sagen, können wir jetzt nicht sagen.

Vors.:

Können Sie dann wenigstens damit beginnen und, sobald die Teile nun mal ...

Angekl. Enss[lin]:

Wir werden sie ganz übergeben.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, mehr kann ich im Augenblick zu Ihrer Frage wohl auch nicht sagen.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich bedanke mich, aber es war für uns alle, glaube ich, eine sehr gute Erfahrung, die wir hier gemacht haben.

Vors.:

Nun bekommt zunächst also Frau Ensslin zur Ergänzung der Einlassung zur Sache das Wort.

Angekl. Enss[lin]:

Eine der Sprachregelungen der unsere Erklärung verfälschenden Berichterstattung ...

Vors.:

Verzeihen Sie, Frau Ensslin, nur eine Frage:

Wie ist das nun gedacht? Wir haben im Augenblick unser Tonbandprotokoll laufen. Kann das jetzt weiterlaufen für diese Erklärung?

Angekl. Enss[lin]:

Kann laufen.

Vors.:

Gut.

Angekl. Enss[lin]:

Eine der Sprachregelungen der unsere Erklärungen verfälschenden Berichterstattung der Nachrichtenagenturen war, wir hätten uns von der Sowjetunion distanziert.

Dazu ist zu sagen:

1. Die Behauptung ist falsch.

Wir haben überhaupt nicht von der sowjetischen Politik gesprochen; auch deswegen nicht, weil es absurd wäre und es nicht unsere Sache ist, hier Urteile, Beurteilungen, Meinungsäußerungen abzugeben, die für unsere Politik belanglos sind und so die Sache, die zu vermitteln ist - den Begriff proletarische Politik - nur verwirren kann.

Proletarische Politik ist die bewußte Artikulation, die bewaffnete Interpretation des Widerspruchs im Imperialismus; [5665][6] [5666][7] [5667][8] [5668] des Widerspruchs, den das System in seiner Reproduktion und Akkumulation produziert und in seiner Politik sich zum Kontrahenten, Feind, Gegensatz, Antagonisten macht - national und international.

Wir haben die historische und aktuelle Dialektik zwischen den Befreiungskriegen[9] an der Peripherie, ihrer Wirkung auf die Entwicklung der Demarkationslinie zwischen Arbeit und US-Kapital in den Metropolen, die es uns ermöglicht, sie zur Front zu entwickeln und der Demarkationslinie Ost-West aus den politischen, ökonomischen, militärischen und ideologischen Rückwirkungen der Befreiungskriege auf die Demarkationslinien in den Metropolen erklärt. Wir haben so revolutionäre Politik inhaltlich bestimmt in erster Linie aus der Analyse der Kapitalbewegung in der imperialistischen Metropole B. Republik in ihren internationalen Bedingungen. Wir haben also bewußt darauf verzichtet, hier im einzelnen die amerikanische Außenpolitik, ihre taktischen Schritte in Süd-Ost-Asien, im Nahen Osten, in Afrika, in Lateinamerika und Westeuropa zu analysieren und so auch daraus die sowjetische und chinesische Außenpolitik und den Sinn zum sowjetischen Gegensatz. Wörtlich haben wir gesagt:

„Schon Tatsache ist, daß die beiden großen Systeme nicht mehr für die beiden kämpfenden Klassen stehen. Es gibt keine Staaten mehr anstelle von Klassen. Was als eine Krise des Klassenbegriffs erscheint, ist die Krise des Staates, Krise der politischen Führung des Klassenkampfes, Krise der Klassenorganisation des Kapitals im Staat und des Proletariats in den traditionalistischen kommunistischen Parteien. Es ist eine Übergangsphase, ein transitorischer Moment der Neuformierung der bürgerlichen Schicht und der proletarischen Organisation. So verschärft sich der Zusammenstoß, und er entwickelt neue Formen, neue Kampfmethoden, die das Gleichgewicht brechen. In diesem Moment hat eine strategische Neuorientierung des proletarischen Internationalismus notwendig die Form einer antizipatorischen Initiative, die der Konsolidierung der kapitalistischen Strategie auf der Ebene des Staates zuvorkommen soll in[c] dem sie angreift, im Angriff die Entwicklung interpretiert.“

[5669] 2. Wir sind so dazu gekommen, die Politik der revisionistischen Parteien ... Parteiversuche in der B. Republik abzulehnen, und zwar sowohl die am falsch rezipierten chinesischen Revolutionsmodell, falsch, insofern die Kulturrevolution in ihnen nicht reflektiert ist, wie die an der sowjetischen Außenpolitik orientierten Organisationen als den objektiven Notwendigkeiten revolutionärer Politik hier nicht angemessen. Zu dem lenin’schen Organisationsmodell, die Partei, die den bewaffneten Aufstand organisiert, haben wir festgestellt: Die Erfahrung der minoritären und zentralisierten revolutionären Partei, die die Massenaktion von außen und oben nur führt, statt in und aus ihr zu kämpfen, kommt aus einer Zeit, die für Organisationsformen, die unmittelbar den imperialistischen Staat angreifen, noch nicht reif war. Über die DKP haben wir überhaupt nicht gesprochen. Wir würden sagen: Sie ist eine Denuntiation revolutionärer Politik. Sie war in der B. Republik bis jetzt nichts als eine der Vermittlungen sozialdemokratischer Politik und des DGB als ideologische Staatsapparate. Aus dem Interesse der Sowjetischen Koexistenzpolitik fungiert sie so als Appendix der Sozialdemokratie und Operate der Integration des Prozeß der neuen Linken in den ... und ihrer Reintegration in den imperialistischen Staat als eine seiner Agenturen staatstragende Parteien.

3. Auf eine Analyse der Struktur und Politik der chinesischen kommunistischen Partei in der chinesischen Revolution haben wir uns nicht eingelassen, aus dem einfachen Grund, weil noch keine revolutionäre Organisation einem technologisch[d] so hochentwickelten und psychologisch durchkonstruierten Repressionspotential gegenüberstand, wie wir in den Metropolen.

Man kann auch einfach sagen:

Wir teilen die dritte Weltromantik der Chinaapologeten nicht. Die chinesische[10] und die vietnamesische Revolution[11] waren Bauernrevolutionen. Es kann nicht unvermittelt aus ihren Erfahrungen gelernt werden. Dazu haben wir gesagt:

[5670] „Vietnam war der Punkt, der im Netz der internationalen Arbeiterbewegung standgehalten hat. Die chinesische Kulturrevolution[12] hat einen bestimmten Typ revolutionären Voluntarismus der Basis- und Masseninitiative gezeigt. Diese beiden Linien - Befreiung im Krieg und Wiederaufnahme des kommunistischen Angriffs - sind die Bedingung der neuen Linken. Sie sind auch die subjektiven Faktoren, die die Insurrektion in den Metropolen bestimmen.“

Dann ging durch die Nachrichtenagenturen, wir hätten uns von jeder Art sozialistischer Politik in der Geschichte und heute distanziert.

Dazu

4. also:

Die Erfahrung in den Metropolen seit 1917 ist, daß sozialistische Politik klar definiert bei Lenin[13], Marx[14], Engels[15], Luxemburg[e][16], Gramsci[17] als eine Politik, die den Prozeß der totalen Umwälzung der Produktionsverhältnisse vom Prozeß der Eroberung der Macht trennt und so darauf zielt, den Staat des Kapitals als Instrument zur Verstaatlichung der Produktionsmittel, als Übergang zum Kommunismus zu benutzen,[18] also ihre Strategie auf ein taktisches Ziel reduziert, den revolutionären Prozeß blockiert. Sie blockiert ihn durch Bürokratismus, Parlamentarismus, endpolitisierende taktische Kalküle, Funktionärstum. Es ist eine taktische Position, die aus sich nicht kommunistische Politik werden kann, d. h. nicht zum Bruch mit der kapitalistischen Mentalität, Konkurrenz, Eigennutz, Apparatdenken kommen kann und so Herrschaft disfunktional zu den wirklichen Prozessen an der Basis bleibt. Als Arbeiterpolitik ist sie defensiv.

Da ist auch einfach nochmals an Rosa Luxemburgs Rede auf dem Gründungsparteitag der KPD[19] zu erinnern und an Lenins Staat und Revolution,[20] die beide unter Berufung auf Marx 1848 „Das kommunistische Manifest“[21] und beide gegen Engels die unmittelbare Umwälzung wollten - kommunistische Politik jetzt. Begriffsloser Unsinn der nur zur Rezeption von Klischees fähigen imperialistischen Medien ist so auch die Kolportage, wir hätten uns von Marx distanziert.

[5671] Wir haben die marx’sche Analyse und Methode auf die heutige Situation angewendet, nicht übertragen sondern angewendet. Nur ein Idiot kann ernsthaft der Meinung sein, die marx’sche Kapitalismusanalyse und der marx’sche Begriffsapparat seien überholt. Sie wird es für das Verständnis der unmittelbaren Gegenwart sein, wenn das System Kapitalismus, das er durchdacht hat, abgeschafft sein wird. Wir haben auch deswegen ausführlich über den Charakter proletarischer Wissenschaft gesprochen.

5. Sozialismus, sozialistische Politik innerstaatlich und internationalistisch als Zwischenstaatlichkeit und Organisierung staatstragender Parteien ist heute exakt der Begriff für die Politik, die die SPD macht; das ist die fortgeschrittenste und so auch reaktionärste Linie des multinationalen US-Kapitals als eine Naturnotwendigkeit seiner Reproduktion, nur mit umgekehrtem Klassenvorzeichen: Statt Diktatur des Proletariats Diktatur des US-Kapitals. Aber es ist keine Usurpation, wie der alte Faschismus eine Usurpation sozialistischer Politik war. Es ist die politische Organisation von Kauzkys Imperialismusanalyse,[22] Ultraimperialismus als Politik des Kapitals in der strategischen Defensive, in der er sich seit Vietnam befindet.

Angesichts der Tendenz zum Antagonismus zwischen Produktion und Verwertung im Imperialismus, der faschistischen institutionellen Lösung des Ziel-Mittelkonflikts der kapitalistischen Produktionsweise, der Entwicklung der Produktivkräfte, Wissenschaft und Technologie und der Vergesellschaftung der Produktion in den Metropolen angesichts der Durchstrukturierung der Maschinerie als Herrschaftstechnologie und der ihnen entsprechend wissenschaftlich instrumentierten Repression - Techniken, Technologie und Repressionspotential - muß revolutionäre Politik heute kommunistische Politik sein und kann proletarische Politik nur als bewaffnete Politik, die sich selbst organisiert und aus ihren konkreten Bedingungen Strategie wird, die Politik des Proletariats werden.

[5672] Das ist die Situation. In ihr ist die Apologetik der maoistischen Organisation in der B. Republik[23], die Linie Hauptfeind UDSSR[24] und die Linie gegen beide Supermächte objektiv reaktionär. Ihr Antikommunismus neutralisiert den sich hier entwickelnden Antiamerikanismus und sie versperrt die Erkenntnis des globalen Kräfteverhältnisses zwischen Revolution und Imperialismus, dessen Protagonist die Befreiungsbewegungen der dritten Welt sind, in dem und aus dem wir kämpfen. Sie verschmiert die Widersprüche im Imperialismus und verschenkt so, wie die Parteien der dritten Internationale in der Krise 29 - 33[25] die realen Möglichkeiten einer antifaschistischen Bündnispolitik, weil sie defensiv ist und ihre Defensive die Niederlage antizipiert.

Aber auch das nur noch als Karikaturen der lenin’schen Kaderpartei und der bürokratischen Apparate der westeuropäischen Parteien.

Die Behauptung, wir hätten uns von der sowjetischen Außenpolitik distanziert, unterstellt unsere Analyse ideologischen, proklamatorischen, schließlich Rechtfertigungscharakter. Das alles ist falsch - lächerlich, psychologische Kriegsführung.

Wir beziehen die Tatsachen, die sie schafft, in unsere Analyse ein, um den revolutionären Standpunkt gegen das Kapital hier praktisch zu entwickeln. Das ist unser Verhältnis dazu.

Revolutionäre Politik ist die Negation der Politik des Kapitals, hier und jetzt des US-Kapitals; die ist nur durch Kampf, dem bewaffneten Angriff, die Taktik, die in jedem Moment und jede Aktion die Strategie antiimperialistischen Kampf antizipiert, zu entwickeln. Sie entwickelt sich, indem sie den Staat aus seiner Funktion für das US-Kapital als die Gewaltmaschine angreift, die die Herrschaft einer Klasse über die andere konstituiert und reproduziert.

Oder anders:

Revolutionäre Identität behauptet sich nicht über Distanzierungen, sondern durch die Initiative Wirkung, Spur ihrer Politik auch in dieser Lage.

[5673] Vors.:

Gut, das war wohl jetzt das Ende dieser Zusatzerklärung.

Herr Professor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich bitte um das Wort für eine Erklärung nach § 257 Abs. 2 StPO,[26] ...

Vors.:

... die Sie selbst abgeben wollen?

Prof. Dr. Az[zola]

... die ich selbst abgeben will, ja.

Vors.:

Bitte, Sie haben das Wort.

Die Angeklagte Ensslin verläßt um 9.26 Uhr den Sitzungssaal.

Prof. Dr. Az[zola]:

Die Erklärung meiner Mandantin zur Sache hat ergeben, daß, selbst wenn man die Anklageschrift in allen Punkten als bewiesen annehmen dürfte, hieraus nichts anderes als ein Freispruch folgen kann, weil die in der Anklageschrift bezeichneten Taten im Kriege nicht strafbare Handlungen sind. Die Angeklagten befanden sich im Kriegszustand.

Zunächst sind die Gegner zu bezeichnen:

auf der einen Seite der Imperialismus des internationalen Kapitals und seine Agenten;

auf der anderen Seite die den proletarischen Internationalismus praktizierenden Befreiungsbewegungen. Diese Befreiungsbewegungen sind:

Sozialrevolutionär, antiimperialistisch und, da sie antikolonialistisch bzw. antihegemonistisch sind, national. Sodann ist der Konflikt zu bezeichnen:

Der Konflikt ist international, denn das Kapital ist international organisiert und das Proletariat organisiert sich zu einem gemeinsamen, d. h. internationalen Widerstand.

Des weiteren sind die Mittel der Kriegsführung zu bezeichnen: Unbeschadet seiner Internationalität wird dieser kriegerische Konflikt an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten mit den unterschiedlichsten Mitteln ausgekämpft, nämlich sowohl mit klassischen Mitteln kriegerischer Auseinandersetzung als auch mit modernen Mitteln, die übrigens neuerdings rechtliche Anerkennung erfahren haben, wie z. B. der Partisanenkrieg als solcher,[27] aber auch die in seinem Vollzug angewandten Mittel und [5674] seine Fortentwicklung - die Stadtguerilla[28] -, wobei letztere regelmäßig in den Metropolen, d. h. in den Basismachtzentren des internationalen Kapitals kämpft.

Die Angeklagte Meinhof erscheint um 9.28 im Sitzungssaal.

Zu dieser Rechtsentwicklung ist noch folgendes zu sagen:

Wenn bisher erst der Partisanenkrieg im internationalen Recht eine positive Verrechtlichung gefunden hat, die Entwicklung aber über diesen hinausgeschritten ist, so liegt das an zwei Gründen, nämlich:

1. wegen der grundsätzlichen zeitlichen Abfolge zwischen Faktizität und Verrechtlichung;

2. wegen der fortbestehenden Stärke des Kapitals in den Metropolen, wobei es klar ist, daß das herrschende Kapital sich selbstverständlich einer Verrechtlichung dieses unmittelbar gegen seine Machtzentren gerichteten Widerstandes mit allen Mitteln entgegenstellt, so daß, gemessen an den augenblicklichen Kräfteverhältnissen, es noch nicht gelungen ist, insoweit auch eine rechtliche Anerkennung durchzusetzen.

Es ist im folgenden etwas zu der Kategorie des Krieges zu sagen als rechtlicher Kategorie:

Der Krieg ist keine absolute ...

Vors.:

Verzeihen Sie, Herr Professor, ich möchte Sie doch auf die Vorschrift des Abs. 3 der von Ihnen in Anspruch genommenen Vorschrift - § 257 StPO - hinweisen:

Die Erklärungen dürfen den Schlußvortrag nicht vorwegnehmen.

Prof. Dr. Az[zola]:

Herr Dr. Prinzing, ich weiß das.

Die Erklärung ist nicht allzu umfangreich; sie wird selbstverständlich nicht den Schlußvortrag vorwegnehmen, das ist ganz klar, aber sie wird auslaufen in dem An... in einem Antrag - das ist ja wohl auch klar -, nämlich:

[5675] So, wie die Staatsanwaltschaft das erste Rederecht in diesem Verfahren wie in jedem Strafverfahren hat und damit, wenn ich so sagen darf, ihren Gang des Verfahrens darlegt, habe ich als Verteidiger die notwendigen rechtlichen Konsequenzen aus der Sacheinlassung meiner Mandantin zu ziehen.

Vors.:

Gut, also ich habe Sie auf Abs. 3 hingewiesen; die Vorschrift ist Ihnen geläufig, das ist klar; aber ich bitte, das auch zu beachten.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich bemühe mich. Ich bemühe mich.

Vors.:

Bitte sehr, Herr Bundesanwalt.

BA Dr. Wu[nder]:         

Herr Vorsitzender, darf ich, damit nichts passiert, auch noch auf die Existenz der Bestimmung des § 140 StGB[29] hinweisen?

Vors.:

Herr Professor.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich habe es zur Kenntnis genommen.

Der Krieg ist keine absolute, von [f] gesellschaftlichen Verhältnissen unabhängige, geschichtslose Kategorie. Dies gilt selbstverständlich auch für die Kategorie des Krieges, als der das Kriegsrecht des bürgerlichen Zeitalters konstituierende Kategorie, und damit ist von Kriegsrecht, von Völkerrecht die Rede, und das muß ich darlegen können. Die bürgerliche Kategorie des Krieges war selbst von der feudalstaatlichen der Söldnerheere grundlegend verschieden, nämlich als bürgerlicher Volkskrieg Levee en masse wie ihn beispielhaft und erfolgreich die Französische Revolution hervorgebracht hat[30] in ihrer Auseinandersetzung mit den Truppen der reaktionären europäischen Interventionsmächte.

Rechtliche Konsequenzen aus dieser veränderten Lage wurden erst Jahrzehnte später, ja zum Teil erst über ein Jahrhundert, später gezogen, nämlich in der Ersten Genfer Konvention[31] bzw. in der Ersten[g] Haager Landkriegsordnung.[32] Dabei entsprach die Verknüpfung der Kategorie des Krieges mit der Kategorie der Nation zum Zwecke der Bestimmung der legitimerweise kriegsführenden Partei der Tatsache, daß sich das Bürgertum in der Nation politisch konstituierte, wie sich in der Französischen Revolution das, „parliament“ zur „assemblee nationale“ erklärte.

[5676] Daneben hat es im bürgerlichen Zeitalter zwar auch die Kategorie des Bürgerkrieges gegeben. Diese war aber gerade nicht sozial bestimmt und so mit historischem Inhalt gefüllt; sie war dementsprechend nicht verrechtlicht und mit bürgerlichen Kategorien auch noch nicht verrechtlichungsfähig, so daß ihre Bestimmtheit noch erst gewonnen werden muß bzw. als antibürgerliche Kategorie in der Kategorie des Klassenkrieges tendentiell bereits gewonnen ist.

Damit sind die kriegsführenden Parteien nicht mehr im Horizont der Kriegsführung durch Nationen bestimmt, sondern tendentiell weltweit, nämlich, wo immer sich diese Klassen[h] auseinandersetzen. Inhaltlich bedeutet diese Neubestimmung die Einbeziehung aller Mittel, die in dieser Auseinandersetzung praktischerweise zur Anwendung kommen. Dies entspricht nicht den internationalen Grenzen beschränkten ... Pardon:

Dies entspricht der[i] nicht in nationalen Grenzen beschränkten Konstitution der am Kampf beteiligten Klassen, ihrer weltweiten Existenz.

Demgegenüber haben die veränderten gesellschaftlichen Machtverhältnisse schon jetzt für die nationalen Befreiungsbewegungen, d. h. für die antiimperialistischen und antihegemonialen Kämpfe an der Peripherie jedenfalls zu einer tendentiellen Verrechtlichung geführt und auch zu politischer Anerkennung, was bewiesen wird sowohl durch die Neubestimmung des Kombattantenstatus in den Genfer Konventionen 1974[33] als auch - nämlich indirekt - durch die Terrorismusdiskussion in der UN-Vollversammlung 1972[34] bis hin zu der Verleihung des UN-Status - Mitgliedsstatus - an die PLO (mit Ausnahme des Stimmrechts)[35] aus Anlaß der jüngsten Nahost-Debatte des UN-Sicherheitsrates. Diese rechtliche Anerkennung geschah freilich mit allen Brüchen, ja inneren Widersprüchen, die eine solche Inkorporation revolutionärer Postulate in herrschendes Recht nach sich ziehen muß, etwa hinsichtlich der Frage der Neubestimmung des Völkerrechtssubjekts und der hieran zu knüpfenden Rechtsfolgen.

In den vergangenen Jahrzehnten ist es den Völkern der Dritten Welt durch ihren weltweit gestiegenen Einfluß gelungen, die Anwendung des Kriegs- und Völkerrechts in Konflikten zwischen [5677] der Kolonialmacht und der sich gewaltsam befreienden Kolonie schrittweise durchzusetzen, d. h.: der sich befreienden Kolonie, der Befreiungsbewegung und ihrem Kampf einen rechtlichen Status zuzuerkennen, vergleichbar demjenigen der internationalen Konflikte, mit allen Privilegien, die hieran für die Freiheitskämpfer. insbesondere bei ihrer Gefangennahme, geknüpft sind.[36] Vor allem sind sie als Kriegsgefangene zu behandeln und nicht als kriminelle Häftlinge. So jedenfalls der Stand der Diskussion in der internationalen Kommission des Roten Kreuzes.

Ich gebe Ihnen folgende Beispiele:

In Deutschland wurden ähnliche Probleme diskutiert, in dieser B. Republik, als sich in Südtirol die dort lebende deutsche nationale Minderheit - freilich keineswegs in einem sozialrevolutionären Konflikt - gewaltsam der Romanisierung und Inkorporation in das italienische Staatswesen widersetzte.[37] Ebensosehr, wie im großen Südtirolprozeß[38] die italienische Regierung den mehr als 40 Angeklagten gemeine Kriminalität, nämlich Mord und Mordversuch vorzuwerfen und nachzuweisen bemüht war, hat es insbesondere in Österreich, aber auch in dieser B. Republik selbst überwiegend Stimmen gegeben, die gerade dies entschieden zurückwiesen.

Daß sich ein Kampf, wie er in Belgien zwischen Wallonen und Flamen[39] stattgefunden hat, nicht einmal vom bürgerlichen Standpunkt aus als kriminell bezeichnen läßt, liegt schon daran, daß es sich keine Regierung leisten kann, die Hälfte des Volkes zu Kriminellen bzw. deren Sympathisanten zu erklären.

Sogar die Schweiz, (gewiß tendentiell nicht fortschrittlich gesonnen), hat, wenn auch spät, so doch dem bürgerlichen Teil der jurassischen Befreiungsbewegung[40] nicht oder doch nur sehr bedingt die stumpfe Waffe des Strafrechts oder der offenen militärischen Repression entgegengestellt, sondern die politische Lösung der Konflikte gesucht, die, weil es sich um eine prinzipiell bürgerliche Protestbewegung handelt, auch prinzipiell im Bereich der Möglichkeiten des bürgerlichen Staates lag.

[5678] Nicht anders ist das Verhalten der britischen Kolonialisten in Irland zu verstehen: Der Versuch, die IRA[41] zu kriminalisieren, wurde schon bald aufgegeben und durch eine Doppelstrategie ersetzt, nämlich einerseits mit Hilfe von Vermittlungsangeboten [j] einen Teil der IRA zu einer Kooperation im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft und ihres Staates zu gewinnen, um zugleich gegen den nicht befriedbaren Teil um so härter militärisch zu intervenieren, wobei durch die kleinbürgerlichnationale Gruppierung innerhalb der IRA die Verhältnisse nur deshalb verkompliziert[k] werden, weil deren Petita, obwohl sie grundsätzlich im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft und ihres Staates gelöst werden könnten, aufgrund der Siedlungsstruktur, aber auch ihres Sachzusammenhanges sich einer gesonderten Lösung entzieht.

Es ist gewiß kein Akt kriminalistischer Faulheit, wenn die gefangenen Mitglieder der IRA in kriegsgefangenenähnlicher Weise interniert werden, auch ohne daß die IRA formell von der britischen Regierung einen Rechtsstatus im völkerrechtlichen Sinne zuerkannt bekommen hat. Unter dem Gesichtspunkt rechtlicher Würdigung ist dieses Verhalten der britischen Regierung dahin zu deuten, daß darin konkludent[42] zum Ausdruck kommt, daß die britische Regierung selbst davon ausgeht, daß sie sich mit der IRA im Kriegszustand befindet. Nichts anderes ergeben jene Vereinbarungen, die aus verschiedenen Anlässen getroffen wurden und ausdrücklich immer wieder als „Waffenstillstand“ bezeichnet wurden. Bestimmend für die kriegerischen Konflikte dieses neuen Typs ist, daß Inhalt der kriegerischen Auseinandersetzungen heute einmal das Streben der unterdrückten Völker ist, sich zu befreien und unabhängige nationale Staaten zu gründen.

Der Angeklagte Raspe verläßt um 9.40 Uhr den Sitzungssaal.

Damit sind diese Kämpfe aber gleichzeitig internationalistisch, da sie das imperialistische Weltsystem schwächen, das gerade das Streben der Staaten der dritten Welt nach Unabhängigkeit zu negieren versucht. Zum andern haben kriegerische Ausein- [5679] andersetzungen heute zum Inhalt den vom Klassenkampf zum Klassenkrieg gesteigerten inneren Widerspruch in den imperialistischen Zentren. Dieser Krieg hat ebenfalls, obwohl auch er in national begrenzten Formen geführt wird, einen internationalistischen Inhalt, da die Ziele dieses Klassenkrieges direkt die weltweite imperialistische Herrschaft treffen und treffen soll.

Auch in den Stellungnahmen von Führern nationaler Befreiungsbewegungen, die alle - ich betone: die alle - selbst Regierungschefs waren oder sind, wird dies deutlich. Ich zitiere:

„Der Leninismus lehrt, daß die Weltrevolution nur dann siegen kann, wenn das Proletariat der kapitalistischen Länder den Befreiungskampf der Völker, der kolonialen und halbkolonialen Länder und das Proletariat der Kolonien und Halbkolonien den Befreiungskampf des Proletariats der kapitalistischen Länder unterstützt. Wir müssen uns mit dem Proletariat aller kapitalistischen Länder vereinigen, mit dem Proletariat Japans, Englands, der[l] USA, Deutschlands, Italiens und aller anderen kapitalistischen Länder. Nur auf diese Weise ist es möglich, den Imperialismus zu stürzen, unsere Nation und unser Volk zu befreien, alle Nationen und Völker in der Welt zu befreien. Eben darin besteht unser Internationalismus.

Mao Tse Tung[43]

In dem Wunsche, die Unabhängigkeit, Freiheit und Einheit des Vaterlandes zu sichern und in Frieden und Freundschaft mit allen Völkern der Welt, auch dem amerikanischen Volk, zusammenzuleben, ist das ganze vietnamesische Volk entschlossen, geeint und eines festen Willens die imperialistischen US-Aggressoren zu bekämpfen. Wir freuen uns der Unterstützung von Brüdern und Freunden in allen fünf Kontinenten. Wir werden siegen und damit auch sie.

Ho Tschi Minh[44]

Es ist uns deshalb erlaubt, den folgenden Appell an die Regierungen aller befreundeten Länder nah und ferne an alle Völker der Welt zu richten.“

[5680] In dieser Erklärung wird zur weltweiten Unterstützung des Befreiungskampfes in Kambodscha[45] aufgerufen - das ist eine Erklärung von Khieu Samphan[46] vom 24. Juni 1973.

Vors.:

Herr Professor, ich bitte Sie, aber jetzt doch die Sache abzukürzen und nicht mehr so viele Zitate zu bringen.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich laß die andern Zitate weg.

Vors.:

Ja, da würde ich Sie sehr drum bitten.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich meine, es sollte doch deutlich werden, daß sich diese Parteien als in einer gemeinsamen Kriegführung befindlich wechselseitig begreifen.

Diesem neuen Inhalt kriegerischer Konflikte muß auch eine brauchbare Definition dessen, was völkerrechtlich als Krieg zu betrachten ist, Rechnung tragen. Auf das hergebrachte formale Kriterium, daß Nationalstaaten die Konfliktpartner sein müssen, kann es nicht mehr ankommen und kommt es schon heute nicht mehr an. Vielmehr ist entscheidend, daß jede kriegerische Auseinandersetzung auch völkerrechtlich als Krieg zu bezeichnen ist, die sich in das Koordinatensystem der weltweit sich antagonistisch entgegenstehenden Kräfte von imperialistischer Unterdrückung auf der einen Seite, dem Streben nach nationaler Befreiung, staatlicher Unabhängigkeit und revolutionärer Emanzipation der Völker auf der anderen Seite einfügt.

In der Terrorismusdebatte der UN wurde deutlich - 1972 -, daß auch die negative Abgrenzung des kriegerischen Konflikts durch die Bestimmung dessen, was Terror ist, ohne genau diese inhaltlichen Kriterien nicht möglich ist. Ein allein formale Kriterien verwendender Versuch der Definition diente, so wurde von den Vertretern, insbesondere der dritten Welt, geltend gemacht, den Interessen der selbst Terror ausübenden Staaten: So vertraten vor allem Vertreter Brasiliens, Südafrikas und Israels, die These, Terror sei Terror, jede darüber hinausgehende Bestimmung sei von Übel.

Im Gegensatz dazu stand die ganz überwiegende Zahl der in der UN vertretenen Staaten, die auch die Ursachen und Gründe gewaltsam ausgetragener Konflikte unter Hintanstellung formaler Kriterien in die Definition des Terrors aufgenommen wissen wollte. Ich könnte hier wiederum zitieren, was der Vertreter Chinas vor der UN beispielhaft gesagt hat; ich kann das auch schriftlich nachreichen.

[5681] Merkmale des Krieges bzw. der kriegführenden Parteien sind danach heute neben den und anders als die klassischen Merkmale insbesondere die vom Klassenkampf zum Klassenkrieg gesteigerte Auseinandersetzung, sowohl der unterdrückten Völker und ihrer Protagonisten, aber auch deren Verbündeter in den Metropolen als Protagonisten des Weltproletariats, als die[m] Protagonisten der nur im Weltmaßstab als politischer Klasse konstituierbaren Klasse der Ausgebeuteten, Elenden und Entrechteten. Dies gerade dort und insoweit, wo dieser Kampf nicht aus einer Position von Arbeiteraristokratie zugunsten der Erzielung partieller Erfolge, insbesondere auf der Konsumebene, im Rahmen nationaler Grenzen geführt wird, sondern wo Inhalt und Ziel des Kampfes in totaler Negation der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Integrationsstrategien bewußt und ausschließlich zugunsten des Citoyen[n] ... Proletaire und damit zugunsten des ersten Weltbürgers geführt wird, selbst wenn dies zeitweilig im Widerspruch [o] zu stehen scheint, mit den Bedürfnissen und Interessen eines nationalen Proletariats, dieser Kampf also auch nur bedingt von diesem akzeptiert und in dieses integriert wird: Dann liegt die Massenbasis dieses Kampfes und dann liegen seine befreiten Gebiete eben nicht in den Grenzen eines bestimmten Nationalstaates sondern dort, wo die Gewalt der Völker der Gewalt der imperialistischen Staaten schon entscheidende Niederlage zufügen konnte, neuestens in Vietnam,[47] Kambodscha[48] und Laos,[49] in Guinea-B., Mosambik, Sao Tome und Principe.[50]

Der Angeklagte Baader erscheint um 9.48 Uhr im Sitzungssaal.

Daraus folgt:

Diejenigen, die in[p] den Metropolen den Klassenkrieg führen, fallen unter den Schutz der Genfer Konvention, weil sie Verbündete von nationalen Befreiungsbewegungen sind, für die wiederum die Regeln der internationalen bewaffneten Konflikte angewendet werden sollen.

Die Vorschläge des Internationalen Roten Kreuzes sehen eine Regelung vor, wonach solche bewaffnete Auseinandersetzungen wie internationale Konflikte behandelt werden sollen - ich zitiere:

[5682] „... in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung und gegen rassistische Regime kämpfen.“

Daß der Kampf an der Peripherie und der Kampf in der Metropole insoweit gegen den gleichen Kriegsgegner geführt wird, wurde in der Erklärung der Gefangenen zur Sache ausführlich dargelegt. Die Gefangenen befanden sich nach ihrer eigenen Erklärung im Kriegszustand mit den imperialistischen Kräften des Kapitals auf dem Boden der BRD als Verbündete solcher Befreiungsbewegungen, insbesondere der FNL[51] in Vietnam, der Neo Lao Haksat[52] in Laos, der FUNK[53] Kambotschas, der Frelimo[54] in Mosambik, der PAIGC[55] in Guinea-B., der PLO[56] und der IRA.[57] Darum wurden sie auch von der Regierung der BRD und dem reaktionären Teil der Öffentlichkeit dieser Gesellschaft zu Staatsfeinden Nr. 1 erklärt und mit allen zur Verfügung stehenden militärischen und quasimilitärischen Mitteln bekämpft.

Die Angeklagte Meinhof verläßt um 9.49 Uhr den Sitzungssaal.

Dies nicht nur in Erklärungen, sondern auch im Verhalten, nämlich in einer riesigen Counter-Guerilla-Aufrüstung, einer quasikriegsrechtlichen Neufassung der StPO,[58] bis hinein in das militärische Gepränge dieses Verfahrens in und um dieses Mehrzweckgebäude[59], das bestenfalls geeignet ist, mehrfach demselben Zweck zu dienen.

Die Totalität dieses Konfliktes ergibt sich aus seinem Inhalt. Als erste und bisher einzige Gruppe hat die RAF diejenigen ... diejenige Verfassungsfrage von Grund auf wieder aufgerollt, von deren endgültiger Entscheidung jede Verfassung ausgeht, auf der sie fußt, obwohl ersichtlich ist und ersichtlich sein muß, daß dies nichts anderes sein kann als eine Fiktion, nämlich: die Machtfrage. Dies freilich nicht im Gewande der Staatsgewalt sondern an ihrer Wurzel, nämlich der Frage der Träger der sozialen Gewalt, die so lange gestellt werden wird, solange Menschen über Menschen soziale Gewalt ausüben, solange also Menschen der Rechtfertigungsideologien bedürfen zum Zwec- [5683] ke der Legitimation der Ausübung solcher Herrschaft, während andere Menschen den Kampf aufnehmen gegen diese Legitimität und ihre Rechtfertigungsideologie auf der Ebene des Rechts: die Legalität.

Ende von Band 313.

[5684] Militärisch gesprochen handelt es sich um einen Krieg, juristisch um den fundamentalen Verfassungskonflikt schlechthin, der auf dem Boden einer bestehenden Verfassung sich der Integration versagt und darum total ist, unter dem Gesichtspunkt des Fortbestandes dieser Verfassung nicht lösbar, aber auch: militärisch nur scheinbar entscheidbar,

Die Angeklagte Meinhof erscheint um 9.50 Uhr wieder im Sitzungssaal«

Die RAe. Dr. Heldmann und Schily erscheinen um 9.50 Uhr im Sitzungssaal.

Wobei selbstverständlich der Versuch, diesen Konflikt mit Hilfe von Kriminalisierung zugunsten der bestehenden Herrschaftsverhältnisse zu entscheiden, nichts als die Zerstörung einzelner bewirken kann, weil auch dieser Versuch an den Ursachen dieses Konfliktes nichts zu ändern vermag. Hier auf dieser Ebene ist folgendes zu ergänzen und[q] einzufügen: Die Gefangenen haben in[r] ihrer[s] Erklärung zur Sache dargelegt, daß Widerstandsrecht solange eine leere Hülse bleibt, solange Widerstandsrecht nicht sozial bestimmt wird. Daß Artikel 20 Abs. 4 [GG][60] als ein Widerstandsrecht zugunsten einer bestehenden Herrschaft nichts als eine Rechtfertigungsideologie sein kann, mit[t] legitimatorischem Charakter gegenüber der faktischen Ausübung von Herrschaft. Und noch eins, daß, wer als sozial unterdrückte Klasse Widerstandsrecht reklamiert, dies immer gegen herrschendes Recht tun kann, ebenso wie, wer auf solcher Ebene Notwehr reklamiert, dies auf der Grundlage herrschenden Rechts als des Rechtes der Herrschenden nicht positivistisch für sich in Anspruch nehmen kann, obwohl inhaltlich das, was vorgeht, Notwehr ist.

Die Angeklagte Ensslin erscheint um 9.53 wieder im Sitzungssaal.

[5685] Es wäre Sache der Bundesanwaltschaft, darzulegen, daß die Gefangenen mit den ihnen zur[u] Last gelegten Taten strafbare Handlungen im Sinne des Kriegsrechts behandelt haben, denn nur diesem Kriegsrecht unterliegen die Handlungen der Angeklagten und nur nach diesem Kriegsrecht können sie beurteilt werden. Da sich weder aus der Anklageschrift, noch aus den bisherigen Verhalten, aus den bisherigen Verhalten der Bundesanwaltschaft ähnliches[v] ergibt, ist zunächst davon auszugehen, daß auch die Bundesanwaltschaft erkannt hat, daß es an solchen strafbaren Handlungen in Sinne des Kriegsrechts mangelt.[61] Da die angeklagten Kriegsgefangenen selbst dann freigesprochen werden müßten, wenn die ihnen zur Last gelegten Taten als bewiesen anzusehen wären, bedarf es keiner weiteren Beweisaufnahme, die insoweit nur einer Prozeßverschleppung dienen könnte. Es wird daher beantragt:

die ergangenen Beweisbeschlüsse, soweit die Beweisaufnahme noch nicht durchgeführt worden ist, als rechtlich irrelevant aufzuheben, die Beweisaufnahme abzuschließen und die Gefangenen unverzüglich in Kriegsgefangenschaft zu überführen. (s. Anlage 4a zum Protokoll)[w]

- Gelächter auf der Bank der Bundesanwaltschaft -

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich nehme an, daß im Protokoll verzeichnet ist, „Gelächter bei der Bundesanwaltschaft“.

Vors.:

Sie können nicht voraus annehmen, was das Protokoll erst verzeichnen wird; das ist ja noch nicht erstellt.

RA Schi[ly]:

Ja ich habe ja das häufiger mal im Protokoll nachgelesen.

Vors.:

Durch Ihre Ausführungen ist jetzt zumindest in dem Wortprotokoll oder in dem Tonbandprotokoll darauf hingewiesen.

Die Angeklagte Ensslin verläßt um 9.55 Uhr den Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Obwohl der Verteidigung so unzureichende, ein unzureichender Zeitraum gewährt worden ist und nur zur Vorbereitung auf die Vernehmung des Zeugen Hoff und auch nur bruchstückhaftes Aktenmaterial zur Verfügung gestellt worden ist ...

[5686-5699][62] [5700] Vors.:

Darf ich fragen, was ist Gegenstand Ihrer Ausführung?

RA Schi[ly]:

Ich will jetzt nur eine Erklärung dazu abgehen ...

Vors.:

Zu was?

RA Schi[ly]:

... legt die Verteidigung ...

Vors.:

Zu was? Darf ich bitten, das mitzuteilen.

RA Schi[ly]:

Zu der gegenseitigen, zu dem Antrag des Kollegen Professor Azzola und noch zu dem weiteren Gang des Verfahrens.

Vors.:

Das heißt, wollen Sie auch das Recht beanspruchen, nach [§ ]257 Absatz 2[ StPO] eine Erklärung abzugeben?

RA Schi[ly]:

Nein, ich will jetzt eine Erklärung abgeben hinsichtlich des weiteren Gangs, und zwar zu der Frage des Antrages von dem Herrn Kollegen Azzola.

Vors.:

Nein, dazu gebe ich Ihnen jetzt das Wort nicht. Sie haben die Möglichkeit, nach [§ ]257 II[ StPO] zu verfahren, wenn Sie etwas zu den Äußerungen und Einlassungen[x], Angeklagten sagen wollen. Erklärungen dieses Inhalts, wie Sie jetzt vorhaben, können entweder außerhalb der Hauptverhandlung oder am Donnerstag vorgetragen werden..

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich darf doch wohl eine Erklärung dazu abgeben jetzt, wenn hier ein Antrag gestellt wird im Anschluß an die Einlassung der Angeklagten zur Sache. Und davon mache ich auch selbstverständlich Gebrauch von dieser Möglichkeit.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, nein, Sie können das nicht und zwar aus dem einfachen Grunde: Für die Stellung ...

RA Schi[ly]:

Dann darf ich vielleicht einen Antrag ankündigen. Vielleicht gestatten Sie mir das.

Vors.:

Gerne. Aber dann darf ich Sie darauf hinweisen, daß wir dafür den Donnerstagvormittag vorsehen. Wir haben am Donnerstag die Vernehmung des Zeugen Hoff herausgenommen. Dieser Sitzungstag steht zur Verfügung. Da aber gleichzeitig ja Ihnen Gelegenheit gegeben sein soll, sich möglichst umfassend vorzubereiten auf diese Vernehmung, wollen wir diesen Donnerstag nur vormittags ausnützen und hier bietet sich’s geradezu an, dann diesen Antrag, den Sie jetzt angekündigt haben, zu stellen.

[5701] RA Schi[ly]:

Nein. Wissen Sie, Herr Vorsitzender, Sie haben also wirklich eine Begabung durch Unterbrechung von Verteidigern wirklich Zeit zu vergeuden. Ich wäre schon längst am Ende.

Ich habe hier zwei, drei Sätze zu erklären und ich wäre Ihnen wirklich verbunden, wenn Sie mir diese Möglichkeit jetzt geben würden. Ich erkläre folgendes, obwohl ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt darf ich nur noch einen Einwand machen. Sie bekommen die Zeit, aber ich würde Sie bitten, im Interesse dessen, daß wir jetzt die Beweisaufnahme durchzuführen haben und Anträge grundsätzlich, wenn sie nicht ganz besonderer Art sind, nicht als vorrangig angesehen werden können, zunächst immer kennzuzeichnen, welchen Gegenstand Ausführungen und beabsichtigte Anträge haben. Sonst bin ich nicht im Stande zu entscheiden, ob das nun vor der Beweisaufnahme erklärt werden muß oder nicht. Nur dadurch entsteht die Verzögerung, daß Sie mir diese Gelegenheit nicht geben. Jetzt bitte ich Sie.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, es geht darum, um es also Ihnen deutlich zu machen, daß ich als Verteidiger von Frau Ensslin ankündige, daß ich einen ähnlichen Antrag, wie der Kollege Professor Azzola heute gestellt hat, im weiteren Verlauf dieses Verfahrens stellen werde, aber diesen Antrag zurückstelle, für einen Zeitpunkt nach der Vernehmung des Zeugen Hoff, weil die Verteidigung Wert auf diese Vernehmung legt, obwohl, und da widerspreche ich Ihnen ganz entschieden, wenn Sie sagen, um uns also eine umfassende Gelegenheit zur Vorbereitung auf diese Vernehmung des Zeugen Hoff zu geben, obwohl der Zeitraum äußerst schmal bemessen ist und obwohl uns nur bruchstückhaftes Aktenmaterial zur Vorbereitung dieser Vernehmung zur Verfügung gestellt worden ist. Sehen Sie, so schnell geht das, wenn Sie mich nicht unterbrechen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe für Herrn Baader Erklärungen gleichen Inhalts abzugeben. Aus der Erklärung der Gefangenen zur Sache folgt für die Verteidigung eine oder mehrere, folgen mehrere Anträge, [5702] die darauf hinzielen, das Beweisaufnahmeverfahren abzukürzen. Möglicherweise wird sich noch eine weitere Erklärung der Angeklagten daran schließen. Wir stellen, auch ich stelle heute diesen Antrag nicht, weil Herr Baader, so wie ich selbst, auch Wert legen, zunächst Herrn Hoff als Zeugen zu vernehmen.

Vors.:

Gut. Denn glaub ich, können wir jetzt den Zeugen ...

BA Dr. Wu[nder]:         

Herr Vorsitzender, ich möchte Stellung nehmen zu dem Antrag von Herrn Professor Azzola.

Vors.:

Herr Bundesanwalt.

BA Dr. Wu[nder]:         

Ich glaube, es ist zweckmäßig und richtig, auf das eben Angeführte sofort zu antworten und nicht erst später.

Der Angeklagte Baader verläßt um 10.00 Uhr den Sitzungssaal.

Das uns bindende geltende Recht gibt keinen Raum für Denkgebilde und Wunschträume, wie sie eben dargestellt worden sind. Damit erübrigen sich alle weiteren Ausführungen. In unserem Lande werden Morde als das verfolgt, was sie sind. Wir leben in Frieden und nicht in einem den Angeklagten vorschwebenden Kriegszustand. Diesen Frieden zu erhalten ist auch unsere Aufgabe als Angehörige der Justiz, im übrigen aber insbesondere auch all derjenigen, die einen Eid auf diese Verfassung geleistet haben.

Die Angeklagte Meinhof verläßt um 10.00 Uhr den Sitzungssaal.

Es gibt keinen straffreien Raum in dem ein durch quasi Kriegszustand gerechtfertigtes Töten erlaubt wäre. Es kann und wird dies in unserem Rechtszustand nicht geben. Das Widerstandsrecht in diesem Zusammenhang anzuführen, ist meiner Auffassung nach fast beleidigend für all diejenigen, die im Dritten Reich zulässigen Widerstand geleistet haben, leisten mußten und dankenswerter Weise geleistet haben. Ich bitte, den Antrag zurückzuweisen.

[5703] Vors.:

Ich bitte jetzt den Zeugen Krug ...

Herr Bundesanwalt, bitte.

Prof. Dr. Azzola und RA. Dr. Heldmann verlassen um 10.01 Uhr den Sitzungssaal.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Eine Überlegung nur, es ist ja der Antrag gestellt, die Beweisaufnahme sofort abzuschließen neben dem anderen Antrag. Müßte nicht zunächst mal entschieden werden über diesen Antrag entsprechend dem von uns eben gestellten Antrag?

Vors.:

Ich sehe also dafür keine Notwendigkeit, sofort über den Gegenstand dieses Antrages sich Gedanken zu machen. Wir wollen jetzt zumindest die heutige Beweisaufnahme durchführen und bis morgen sieht man dann wieder.

Der Zeuge KHK Krug erscheint um 10.02 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Krug, es ist allgemeinkundig, daß es im Mai des Jahres 1972 im Komplex des IG-Farben Hochhauses[63] in Frankfurt, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, zu Explosionen kam. Ich werde Sie gleich noch um Ihre Personalien bitten.

RA. v[on] Plottnitz erscheint um 10.03 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich wollte nur jetzt die, den Rahmen stecken. Die Befragung, die an Sie nun in der Folge gerichtet werden wird, dreht sich um die Frage, inwieweit Sie die Ermittlungen miterlebt haben, die sich zu diesem Vorgang abgespielt haben.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Werner Krug, Kriminalbeamter in Frankfurt/Main,

43 Jahre, Dienstadresse: Frankfurt/Main,

KK 53, Am[y] Platz der Republik, Polizeipräsidium.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ich darf Sie nun bitten, im Zusammenhang das, was [z] eben als Rahmen abgesteckt worden ist, zu schildern, wobei Sie [5704] vielleicht den Schwerpunkt auf die Gesichtspunkte legen könnten; wie sind die Ermittlungen nach Ihrer Beobachtung angelaufen, welche Befunde konnte man feststellen, insbesondere welche Einzelheiten konnte man hinsichtlich dieser Explosionen[aa] feststellen.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, ich habe eine Bitte. Darf ich mal die Aussagegenehmigung des Zeugen einsehen?

Vors.:

Das ist zu Beginn der Sitzung bereits gesagt worden. Sie waren nicht anwesend. Die Aussagegenehmigung hat den selben Inhalt wie alle bisherigen. Sie können jederzeit allerdings den Text nochmal zur Kenntnis nehmen.

Die Aussagegenehmigungen[bb] Anlage 2 - 4 zum Protokoll,[cc] wurde den Rechtsanwälten Schily und von Plottnitz zur Einsicht übergeben.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, ich sehe Sie haben sich gemeldet.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich wollte dem Senat nur zur Kenntnis bringen, daß ich für den Herrn Raspe zu dem Antrag, der von Professor Azzola für Frau Meinhof gestellt worden ist, zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt ebenfalls Anträge, im gleichen Sinne stellen werde.

Vors.:

Herr Krug, Sie kennen nun die Vorstellungen des Gerichts, über was Sie hier berichten können.

Zeuge Krug:

Die Sache ist dreieinhalb Jahre her. Es ist naturgemäß nicht einfach, sich an Einzelheiten zu erinnern. Es waren also drei Explosionen, die im IG-Hochhaus, im IG-Farben building, IG-Farben building in Frankfurt sich ereigneten. Wir sind verständigt worden von dem Kriminaldauerdienst. Also meine Dienststelle ist für Explosionsermittlungen zuständig. Wir haben also den Ort des Geschehens aufgesucht, am gleichen Abend noch, und haben versucht, uns einen groben Überblick zu verschaffen. Das war nicht einfach, weil zunächst eine Absperrung nicht bestand. Es waren also, es war eine größere Menschenmenge dort an den Explosionsorten anwesend, die zunächst unkontrolliert umherliefen.

[5705] Rechtsanwalt Dr. Heldmann erscheint um 10.05 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Wir haben dann versucht eine Absperrung zu installieren. Das gelang dann auch - die Verhandlungen dazu habe ich allerdings nicht geführt -, und wir kamen überein, dann am nächsten Morgen, ich habe dann die Kollegen für den nächsten Morgen bestellt, um dort den Explosionsort durchzuermitteln, also aufzunehmen. Es waren insgesamt drei Explosionen, die sich dort ereignet hatten, und zwar einmal im Eingang des Gebäudes von der Fürstenbergerstraße her. Dort waren zwei Explosionszentren feststellbar. Spätere Ermittlungen ergaben, daß einer der Sprengsätze in einer dort befindlichen Telefonzelle explodiert sein mußte und ein weiterer im Eingang an der rechten Seite. Er war unmittelbar an einer Zwischentür deponiert, am Fußboden. Das Sprengloch, also der Hauptexplosionsdruck ist meiner Ansicht nach in die Kellerräume gegangen. Es waren vom Keller her Risse feststellbar, also etwa ein Meter Mauerwerk durchschlagen worden von der Explosion.

Professor Dr. Azzola erscheint um 10.07 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Die Sprengtrümmer vorn in diesem Eingangsraum sind natürlich total durcheinander geworfen worden, so daß später bei den Aufräumungs- und Sichtungsarbeiten nicht eindeutig geklärt werden konnte, was nun zu welchem Sprengsatz gehörte, das lag also in diesem Raum durcheinander. Die stärkste Explosion hatte sich ereignet am Vorraum.

Rechtsanwalt v[on] Plottnitz verläßt um 10.08 Uhr den Sitzungssaal.

Das ist eine Eisenkonstruktion mit Wellblech und Drahtglasverkleidung, Stahlgerüst an einem, das ist das Offizierskasino wenn ich es richtig weiß, dieses IG-Hochhaus. Ich bin also im Moment unsicher, wie die genaue Bezeichnung ist. Dort war an diesem Eingang, überdachten Eingang ein Sprengsatz explodiert, der den ganzen Eingang zerrissen hatte und eine [5706] Säule, an der er stand, praktisch völlig horizontal bis zum Kern durchgeschlagen hatte.

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder[dd] um 10.09 Uhr im Sitzungssaal.

Ich weiß noch, daß also auch ein großes Loch nach unten vorhanden war. Es war also eine Betondecke durchschlagen, also, ja Betondecke durchschlagen, bis zu einem Luftschacht und der Luftschacht war weitflächig zerstört. Es muß also eine enorme Sprengwirkung gehabt haben.

Professor Dr. Azzola verläßt um 10.09 Uhr den Sitzungssaal.

Unsere Arbeit beschränkte sich darauf, die einzelnen Sachen zusammenzutragen, die also diesen Sprengsätzen zuzuordnen waren. Das waren insbesondere Metallteile, aber auch Lederreste und Uhrwerksteile.

Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder[ee] um 10.10 Uhr im Sitzungssaal.

Wir haben das für die einzelnen Sprengorte getrennt gesammelt und anschließend dem Sachverständigen, Herrn Wischnat vom Landeskriminalamt, übergeben, der auch die weitere Auswertung dann vorgenommen hat. Unsere weitere Arbeit war, bestand also im Beschreiben dieser einzelnen Explosionsorte. Und darüber haben wir einen Bericht gefertigt. Für die weiteren Ermittlungen anschließend waren wir nicht mehr eingeschaltet.

Vors.:

Ja, so daß sich Ihre Ermittlungen, soweit Sie sie hier geschildert haben, schon zu einem erheblichen Teil am 11.5. ...

Zeuge Krug:

Erledigten ja, also nicht am 11.5., sondern am nächsten Tag, 11.5. ist ...

Vors.:

Am nächsten Tag ja, aber am 11.5.[ff] sind Sie bereits am Ort des Geschehens wohl gewesen.

Zeuge Krug:

Ja.

Vors.:

Ja, wir werden ...

Angekl. Meinh[of]:

Ja Moment mal, wir haben noch was zu dem zu sagen ...

[5707] Vors.:

Sie haben jetzt im Augenblick, Frau Meinhof, weder das Wort noch die Gelegenheit, irgend etwas weiteres zu sagen. Im Augenblick wird die Beweisaufnahme durchgeführt, durch Anhörung des Herrn Zeugen.

Angekl. Meinh[of]:

Ja wieso können wir denn ... zu dieser Demagogie jetzt nicht äußern[gg], die da gelaufen ist.

Vors.:

Frau Meinhof, Sie wissen ganz genau, daß das, was Sie jetzt tun, nichts anderes provoziert, als daß Ihnen zum Schluß gedroht werden muß, wenn Sie weiter stören, daß Sie dann aus dem Sitzungssaal entfernt werden.[64] Sie haben die Gelegenheit sich nachher anständig zu Wort zu melden, wenn die Vernehmung des Herrn Zeugen abgeschlossen ist. Dann wollen wir sehen ...

Angekl. Meinh[of]:

Im Anschluß,

Vors.:

... ob Ihr Anliegen sofort verfolgt werden muß.

Herr Zeuge wir werden Ihnen nachher im einzelnen noch die Bundstücke, die uns jedenfalls vorgelegt worden sind, vorlegen, damit Sie vielleicht angeben können, ob Sie sich an das eine oder andere Stück erinnern. Im gegenwärtigen Zeitpunkt wäre es uns[hh] wichtig von Ihnen möglichst gedächtnismäßig, insbesondere Hinweise zu bekommen. Sie haben’s schon eben angeschnitten, äußere Anzeichen für die Gewalt der Detonation an den verschiedenen Sprengorten.

Die Angeklagten Meinhof und Raspe verlassen um 10.12 Uhr den Sitzungssaal.

Sie haben bis jetzt beschrieben, das, was Sie in dieser Richtung festgestellt haben bei dem Sprengort vor dem Club. Wie können Sie sich in diesem Punkte äußern zu den anderen Sprengstellen?

Zeuge Krug:

Wir konnten in etwa feststellen, wie die einzelnen Detonationen, also in welcher Reihenfolge sie erfolgt sind, die einzelnen Explosionen, und zwar hatten, hat nach unserer Ansicht war der erste Sprengsatz der in der Telefonzelle. Der führte also dazu, daß die Telefonzelle vollständig zerstört worden ist. Es blieb also davon nichts übrig. Nur Sägemehl, also das ist die Isolationsschicht zwischen [5708] den Wänden, kleinere Holzteile und Glasscherben. Weiter wurde ... dieser Vorraum war mit Bundmetallplatten ausgekleidet und die Explosion reichte also aus, um die Buntmetallplatten auszubeulen. Es war also ein Loch vorhanden. Ich weiß jetzt nicht mehr, ob es auch aufgerissen war. Aber das Loch reichte aus, man konnte also die Faust hineinstecken dort, also am engeren Explosionsort eins. Das war, wie gesagt, Telefonzelle, vom Eingang aus, von der Fürstenberger Straße aus gesehen, der Eingang auf der rechten Seite. Weiter waren über dem Explosionsort war eine Zwischendecke, auch Buntmetallplatten von erheblichem Gewicht. Diese Platten waren teilweise durchschlagen und waren aus ihrer Lagerung geworfen worden durch den Explosionsdruck. Dann war an den Säulen und am Mauerwerk waren Beschädigungen zu erkennen. Wenn ich’s noch richtig weiß, waren die Türen, alle Scheiben in diesem Vorraum, das war massives Glas, ich kenne jetzt nicht die Stärke, alle Glasteile waren zerstört. Und der zweite Explosionsort war also in diesem Vorraum auf der linken Seite vom Eingang aus gesehen an einer Zwischentür. Diese Explosion hat ausgereicht, um die Zwischentür, die also massiv mit metallenen Gelenken mit dem Boden verbunden war, auszureißen unten, es war weiterhin ein Loch vorhanden. Es war etwa ein Meter Mauerwerk zum Keller hin geborsten. Auch hier waren die Buntmetallplatten durchschlagen. Also hier waren sie durchschlagen, das kann ich noch mit Bestimmtheit sagen, das weiß ich noch, und wir fanden zur Straße hin, zur Fürstenberger Straße hin auch Spuren von Sprengteilen an einer, ich weiß nicht, ist es eine oder mehrere Säulen, die Bilder müßten das ausweisen. Diese beiden Explosionen haben eine Druckwelle erzeugt, die durch das Innere des Gebäudes lief. Das ist eine Halle, von der Halle gehen also Treppen, sind Treppenaufgänge, und die Druckwelle fing sich etwa in dreißig Meter Entfernung an einer Verglasung fest. Die ganze Wand besteht praktisch aus starken Glasscheiben, und durch diese Druckwelle sind diese großen Glasscheiben [5709] geborsten. Zeugen haben davon gesprochen, also wollten noch eine weitere Explosion gehört haben, das waren aber diese berstenden Scheiben. Nach der Explosion lief die Druckwelle - und dann kam es also zum Bersten dieser Schreiben - etwa so, also daß man durchaus der Ansicht sein konnte, daß eine weitere Explosion noch in Inneren dieses Gebäudes, dieses vorderen Gebäudes stattgefunden hatte. Das war also, das kann ich zu diesen beiden ersten Explosionen sagen. Und die dritte an diesem Offizierskasino, an den Eingang war die mit Abstand stärkste. Hier ist diese recht massive Stahlkonstruktion dieses Eingangs zerrissen worden. Es sind also Teile, das ist Stahl, etwa 7 mm starker Stahl, Baustahl, davon sind Teile abgerissen worden und weggeschleudert worden, die ganze Konstruktion ist zerstört gewesen. Die Drahtverglasung sah aus wie Vollfäden etwa, die man regellos zusammenknüllt, mit wenigen Glasanhaftungen noch. Also das Glas war praktisch rausgeblasen worden. Und rechts und links an den Wänden fand man Splitterspuren. Die Säule, an der dieser Sprengsatz abgelegt worden war, war horizontal durchgeschlagen. Und zwar bestand die Säule aus Beton, war mit Steinen ummantelt, also mit Backsteinmauerwerk ich weiß es nicht mehr genau, also das muß ich jetzt in Frage stellen auf jeden Fall war sie mit etwa 2 cm starken Natursteinen verkleidet, außen. Das war also bis zum Kern durchgeschlagen. Und weiter hat die Explosion ausgereicht, eine etwa 15 cm starke Betondecke zu durchschlagen, die über einem Lichtschacht lag. Der Lichtschacht war mit Backstein ausgemauert. Auch die Backsteine hier waren zerstört. Wir haben an Fahrzeugen, die etwa in dreißig Meter Entfernung standen, Splitterwirkungen feststellen können, von dieser Explosion. Das ist etwa das, was ich zu dieser letzten, zum letzten Explosionsort sagen kann.

Vors.:

Herr Krug, wenn ich Sie recht verstanden haben, sind Sie in einem Referat tätig, das sich speziell auch mit Sprengstoffdelikten zu befassen hat.

[5710] Zeuge Krug:

Wir haben Explosionsgeschehen zu untersuchen.

Vors.:

Steht es nach der Erfahrung, die Sie besaßen, zum Zeitpunkt dieser Ermittlungen, außer Zweifel, daß es sich um drei Sprengstellen gehandelt hat?

Zeuge Krug:

Ja.

Vors.:

Und nach welchen Kriterien haben Sie die Sprengstellen festgesetzt. Sie werden sich vielleicht über die Frage wundern, wir wollen’s nur hier demonstrieren, wie Sie das gewinnen, diese Überzeugung.

Zeuge Krug:

Nach dem engeren Explosionsort, nach dem Explosionskern. Dort, wo also der Sprengsatz detoniert ist, finden sich ganz charakteristische Spuren eben des Vorgangs, des Explosionsvorgangs.

Vors.:

Also das. was man im freien Gelände beispielsweise als „Granattrichter“ bezeichnen würde, so ist es vergleichbar bei Sprengstellen.

Zeuge Krug:

Ja, kann man sagen, ja.

Vors.:

Wir werden Sie nachher noch anhand der Skizzen bitten, Erläuterungen zu geben. Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Krug, Sie haben ja bereits gesagt, daß Sie damals einen schriftlichen Bericht gemacht haben. Ich halte Ihnen vor aus diesem schriftlichen Bericht einige Abmessungen die dort aufgeführt sind. Sie sagen: „Die Telefonzelle war völlig[ii] zerstört bei der ersten Sprengstelle.“ Können Sie noch etwas sagen darüber, wie hoch Ihrer Auffassung nach der Sprengkörper über dem Erdboden deponiert war?

Zeuge Krug:

1,50 Meter glaub ich, ich weiß es aber nicht genau.

Richter Mai[er]:

Hier steht ca. 40 cm, da sei möglicherweise irgendeine Ablage für Mappen oder etwas ...

Zeuge Krug:

Kann ich nicht mehr sagen.

Richter Mai[er]:

Also nicht am Erdboden, sondern über dem Erdboden.

Zeuge Krug:

Es war über dem Erdboden, das weiß ich sicher, ja.

Richter Mai[er]:

Über dem Erdboden. Dann die zweite Explosionsstelle, die also nach Ihren Ausführungen ebenfalls in dem Vorraum sich befunden hat. Da haben Sie bereits gesagt, daß der Fußboden [5711] durchschlagen war. Haben Sie noch etwa eine Vorstellung, wie stark der Fußboden an dieser Stelle war und aus welchem Material er bestand?

Zeuge Krug:

Vorstellungen, aber keine feste ... also keine Maße mehr. Ich meine es sei ein Meter gewesen zum Kellergeschoß hin.

Richter Mai[er]:

Bitte?

Zeuge Krug:

Ich meine, das sei ein Meter gewesen zum Kellergeschoß.

Richter Mai[er]:

Ja, also ich entnehme eben diesem Bericht, beziehungsweise Erläuterungen zu Fotos, die vom Tatort gemacht wurden und Ihnen auch vorgehalten werden, daß es sich um eine 15 bis 20 cm starke Stahlbetondecke mit Steinplatten gehandelt haben soll.

Zeuge Krug:

Das ist so zu verstehen. Wir haben, wir konnten, wir kamen nicht unter den Explosionsort, sondern das ist seitlich versetzt gewesen. Also wir haben vom Keller her versucht, die Schäden festzustellen und für meine Begriffe war das, wo wir also unten im Keller die Presse und den Explosionsdruck lokalisieren konnten, also feststellen konnten, ein Meter von dem oben von der Ablagestelle dieses Sprengkörpers entfernt, der ja am Boden stand.

Richter Mai[er]:

Es war versetzt.

Zeuge Krug:

Etwa ein Meter Entfernung von diesem ...

Richter Mai[er]:

War das Loch.

Zeuge Krug:

Das war kein richtiges Loch, da waren also Risse, die Risse feststellbar unten im Keller.

Richter Mai[er]:

Herr Krug, ich halte Ihnen vor aus Ordner 86 Bl. 14 in der Mitte, da heißt es:

„Der Sprengsatz hat den Fußboden bis zu den Kellerräumen durchschlagen. Das Loch hat einen Durchmesser von ca. 15 cm.“ Demnach müßte doch hier das Loch dagewesen sein.

Zeuge Krug:

Bedaure, ich muß passen.

Richter Mai[er]:

Wissen Sie nicht mehr.

Zeuge Krug:

Ich war also mit Sicherheit im Keller und hab die Risse festgestellt, aber an ein regelrechtes Loch kann ich mich nicht mehr erinnern.

[5712] Rechtsanwalt Schlaegel erscheint um 10.23 Uhr im Sitzungssaal.

Richter Mai[er]:

Dann gerade an dieser Sprengstelle zwei. Haben Sie da noch irgendeine besonders augenfällige Beschädigung an der Wand festgestellt?

Zeuge Krug:

An diesem Explosionsort war links neben dieser Sprengstelle ein Loch in der Wand. Diese Wand schloß einen Seitenraum ab. Diese Wand war durchschlagen[jj] worden offenbar vom Boden, also nicht nur offenbar, sondern mit Sicherheit vom Boden dieses Sprengsatzes, den wir ja anschließend auch im Seitenraum gefunden haben.

Richter Mai[er]:

Sie haben also einen Splitter gefunden.

Zeuge Krug:

Das war kein Splitter. Das war der gesamte Boden dieser ... dieses Sprengsatzes. Etwa - wenn ich’ s noch richtig weiß, ich muß es mit Vorbehalt sagen -, etwa zwischen 12 und 15 cm Durchmesser.

Richter Mai[er]:

Ich darf Ihnen vorhalten, ebenfalls aus O.86 Blatt 14. Sie haben damals geschrieben: cirka 13 cm. Das würde dem entsprechen, ja. Und wieweit ist nun diese Wand, die durchschlagen wurde, von der Sprengstelle 2 entfernt?

Zeuge Krug:

Zwei bis drei Meter, nach meiner Erinnerung.

Richter Mai[er]:

Vorhalt: Nach der Skizze sollen es etwa vier Meter sein. Das kann auch etwa stimmen? Haben Sie heute noch eine Vorstellung von der Stärke dieser Wand, von dem Material, aus dem sie bestand?

Zeuge Krug:

Nein, kann ich nicht mehr sagen.

Richter Mai[er]:

Es soll eine Wandstärke von 40 cm Stahlbetonkern und Backsteine gewesen sein.

Zeuge Krug:

Das müßte aus der ... das müßte aus den Lichtbildern hervorgehen.

Richter Mai[er]:

Wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Krug:

Nein, ich weiß nicht mehr.

Richter Mai[er]:

Dann haben Sie, glaub ich, schon gesprochen eben an der Sprengstelle 2 von einer Außentür, die eine Metallverkleidung hatte.

Zeuge Krug:

Ja, Metallrahmen.

[5713] Richter Mai[er]:

Einen Metallrahmen. Dieser Rahmen sei ebenfalls beschädigt gewesen. Können Sie näher erläutern wie?

Zeuge Krug:

Ist ausgerissen am Fußboden, also aus seiner Halterung herausgerissen, nach außen gedrückt.

Richter Mai[er]:

Haben Sie dort auch irgend welche Splitterspuren festgestellt?

Zeuge Krug:

Sowohl an der Tür als auch an der Verkleidung waren Splitterspuren und war das Buntmetall insbesondere, das war sehr gut ..., also konnte man die Splitterbergung sehr gut feststellen. Das ist auch im Bild festgehalten worden.

Richter Mai[er]:

Vorhalt aus O. 86 Bl. 14: „Am Fußteil des rechten Türflügels der linken Außentür in zwanzig cm Höhe durch Splittereinwirkung der Metallrahmen der Tür durchschlagen“

Zeuge Krug:

Kann ich mich nicht mehr erinnern, bedaure sehr.

Richter Mai[er]:

Wissen Sie nicht. Haben Sie noch in etwa eine Vorstellung, in welcher Menge man nun von den Sprengstellen 1 und 2, die natürlich nicht sehr reinlich. auseinander zu halten sind, welche Menge an [kk] Splittern, also von den mutmaßlichen Sprengkörpern in etwa gefunden wurden?

Zeuge Krug:

Pro Sprengstelle würde ich sagen, so zwischen 1,5 und 2 kg.

Richter Mai[er]:

In Bericht heißt es 2,5 bis 3 kg. Also wohl in etwa in der Größenordnung.

Dann vielleicht zur Sprengstelle 3. Herr Krug, Sie haben bereits geschildert, am Eingang dieses Kasinos habe sich ein Loch befunden, das die Stahlbetondecke bis zu dem darunter befindlichen Luftschacht durchschlagen habe. Haben Sie noch etwa eine Vorstellung über die, in etwa der Größenordnung nach, über die Ausmaße dieses Lochs?

Zeuge Krug:

Ich glaube ich kann mich da nicht mehr festlegen, ich bedaure sehr. Das dürfte also etwas über 1 Meter breit gewesen sein.

Richter Mai[er]:

Vorhalt aus O. 86 Bl. 15: „Der engere Explosionsherd wird durch ein trichterförmiges Loch gekennzeichnet, cirka 150 cm lang, 90 cm breit, 50 cm tief.“

[5714] Zeuge Krug:

Das war insbesondere diese 90 cm Breite, entsprach in etwa diesem Luftschacht, der unter der Explosionsstelle vorbeilief.

Richter Mai[er]:

Und es ist richtig, daß diese Explosionsstelle zwar am Gebäudeeingang aber im Freien lag?

Zeuge Krug:

Ja. Ich weiß nicht, inwieweit man diese Vorhalle als im Freien bezeichnen kann. Das war also an dieser Vorhalle.

Richter Mai[er]:

An diesem Vordach.

Zeuge Krug:

Vordach, ja.

Richter Mai[er]:

Ein Dach mit einem Stahlgerüst.

Zeuge Krug:

Stahlgerüst mit Drahtverglasung und Wellblech.

Richter Mai[er]:

Das zum Eingang führte.

Zeuge Krug:

Zu diesem Kasino führte, ja.

Richter Mai[er]:

Nun sagten Sie bereits, daß dieses Dach weggeschleudert wurde.

Zeuge Krug:

Nein.

Richter Mai[er]:

Nicht?

Zeuge Krug[ll]:

Das ganze Ding wurde zerlegt. Es sind also Teile davon abgerissen worden, das weiß ich, kann ich noch mit Sicherheit sagen.

Richter Mai[er]:

Ist Ihnen da etwas besonders Augenfälliges noch in Erinnerung geblieben, wie weit etwa größere Teile des Daches weggeschleudert wurden?

Zeuge Krug:

Ja, da ist ein mehrere Zentner schweres Teil, wurde also einige Meter, also abgerissen und einige Meter weggeschleudert. Wieviel Meter, kann ich nicht mehr sagen.

Richter Mai[er]:

Vorhalt aus ... Es ist selbstverständlich, Herr Krug, daß man nach dreieinhalb Jahren nun Dinge, die nach Zentimetern, eventuell auch nach Metern gemessen werden, nicht mehr so genau weiß, aber der Größenordnung nach. Vorhalt aus O. 86 Bl. 16: „Ein Teil der Vorhalle mit einem Gewicht von etwa 3 Zentnern wurde von der Konstruktion abgerissen und cirka 12 Meter nach rechts geschleudert.“

Zeuge Krug:

Ja, kann hinkommen.

[5715] Richter Mai[er]:

Das entspricht Ihrer Vorstellung. Dann haben Sie bereits gesagt, daß an Personenkraftwagen, die vor dem Eingang des Kasinos geparkt waren, Splitterwirkungen festgestellt wurden.

Professor Dr. Azzola erscheint wieder um[mm] 10.29 Uhr in Sitzungssaal.

Zeuge Krug:

Richtig, jawohl.

Richter Mai[er]:

Wie weit waren denn diese Kraftfahrzeuge von der Sprengstelle entfernt geparkt?

Zeuge Krug:

Nach meiner Vorstellung zwischen dreißig und fünfzig Meter, na so weg.

Richter Mai[er]:

Ja, hier heißt’s 25, 30 Meter, das könnte auch etwa hinkommen. Haben Sie nun eben an diesen Kraftfahrzeugen noch sonstige Spuren festgestellt, die irgendwie ins Auge fielen?

Zeuge Krug:

Wir haben etwa dreißig Meter von dieser Explosionsstelle entfernt fanden wir eine kleinere Blutlache. Ich muß dazu allerdings sagen, daß wir bei der Bergung, bei dieser dritten Explosion ist ja ein Mann zu Tode gekommen, ein Armee-Angehöriger namens Bloomquist, - die Leichensache ist von uns nicht gemacht worden - , wir waren auch bei der Bergung nicht dabei und haben uns auch später nicht damit aufgehalten, den genauen Leichenfundort zu lokalisieren und auf die Skizze und auf die Bilder, auf den Bildern zu vermerken. Wir nahmen an, wir gingen davon aus, daß das der Leichenfundort oder der Bergungsort dieses Herrn Bloomquist war.

Richter Mai[er]:

Aber Sie selbst haben jedenfalls diese Blutlache am Boden gesehen.

Zeuge Krug:

Wir haben Sie gesehen, wir haben sie auch fotografiert.

Richter Mai[er]:

Und fotografiert, ja. Und dann vielleicht noch gerade zu dieser Sprengstelle drei. In welchem Umkreis, Sie sagen, Sie haben da alle möglichen Metall-Uhrwerksteile undsoweiter gefunden, in welchem Umkreis haben Sie denn Splitter gefunden?

Zeuge Krug:

Es kann davon ausgegangen werden, daß einzelne Splitter sehr sehr weit geflogen sind. Wir haben also gesammelt und [5716] gefunden noch in einem Umkreis, unter Vorbehalt, es tut mir leid, ich kann es also nicht mit Bestimmtheit sagen, aber 50 Meter dürfen es gewesen sein.

Richter Mai[er]:

So steht es auch in diesem schriftlichen Bericht.

Vors.:

Sind beim Gericht weitere Fragen?

Richter Mai[er]:

Herr Krug, dieselbe Frage zu den Sprengstellen eins und zwei. In welchem Umkreis haben Sie Splitter, Metallsplitter insbesondere, gefunden.

Zeuge Krug:

Ich glaube, wir haben auch den weitesten Fundort ausgemessen. Aber wie weit das war, weiß ich nicht mehr. Das dürften auch dreißig, vierzig Meter gewesen sein.

Richter Mai[er]:

Ja, also hier heißt es auf Bl. 15 in einer Entfernung bis zu 50 Metern, in der Größenordnung.

Zeuge Krug:

In etwa, ich kann also nur sagen, daß es einige zehn Meter waren.

Richter Mai[er]:

Dann noch etwas anderes, Herr Krug. Gerade bei dieser Sprengstelle drei, haben Sie sich da auch in das Innere des Gebäudes begeben und die Schäden dort sich angesehen?

Zeuge Krug:

Die Schäden im Gebäude: Also zunächst mal war diese Eingangstür zerstört und im Inneren des Gebäudes waren war eine starke Splitterwirkung festzustellen, und ... halt, nein, es waren also in erster Linie diese, das Mobiliar war zum größten Teil zerstört in nächsten Umkreis. Ich muß dazu sagen, daß wir hier Lichtbilder gemacht haben, die also ausfielen später. Es ist also nur sehr unvollständig in der Lichtbildmappe vorhanden. Aber Sprengwirkung war feststellbar im anliegenden Raum. Es standen da Sesselgruppen. Einige dieser Möbel waren zerstört. Eine Zwischendecke war stark beschädigt, und es war auch Splitterwirkung feststellbar.

Ende von Band 314.

[5717] Richter Maier:

Herr Krug, können wir[nn] gerade[oo] das Innere des Gebäudes noch ein bißchen näher beschreiben. Also da ist der Eingang, das Vordach, dann kommt man zum Haupteingang, und wie geht es dann nun weiter innerhalb des Gebäudes?

Zeuge Krug:

Sie meinen jetzt welche Sprengstelle? Die drei oder die ...?

Richter Mai[er]:

Sprengstelle 3, Kasino.

Zeuge Kru[g]:

Ich habe also keine sehr guten Vorstellungen mehr. Ich weiß nur noch, daß da Möbel standen, also Sesselgruppen.

Richter Mai[er]:

Wo standen die?

Zeuge Kru[g]:

Im Inneren des Gebäudes also nach dem Eingang.

Richter Mai[er]:

Ist da ein Vorraum, wenn ich das ...?

Zeuge Kru[g]:

In diesem Vorraum, ja.

Richter Mai[er]:

Da ist ein Vorraum, der wird also auch als Lobby bezeichnet, dann war das wohl ein etwas größerer Vorraum?

Zeuge Kru[g]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Und wie sah es[pp] denn nun in diesem Vorraum aus? Bezieht sich darauf Ihre Bemerkung, da sei auch die Decke beschädigt gewesen?

Zeuge Kru[g]:

Die Decke war etwas ..., also hier habe ich sehr unklar ..., nur noch sehr unklare Vorstellungen. Es tut mir leid, ich kann also da Einzelheiten nicht mehr sagen. Es schien uns also nicht sehr wesentlich zu sein ..., Wir haben zwar Fotos gemacht und vielleicht kann mein Kollege, der Herr Heintze, näheres dazu sagen, aber ich weiß nicht mehr sehr genau Bescheid.

Richter Mai[er]:

Also Ihnen kamen die Beschädigungen nicht besonders gravierend vor?

Zeuge Kru[g]:

Doch, aber im Gegensatz zu dem, was vorne an Gewalt eingewirkt hatte, war es doch nicht so stark; das meiste hat ja wohl diese Säule abgehalten.

Richter Mai[er]:

Gerade in dieser Lobby, lagen da nun bloß Glassplitter und so abgeblätterter Verputz rum oder lagen da auch größere Brocken, etwa von der Decke oder den Wänden rum?

Zeuge Kru[g]:

Tut mir leid, ich kann dazu nichts mehr sagen.

Richter Mai[er]:

Herr Krug, zwischen dem Eingang und eben diesem Vorraum, den Sie eben beschrieben haben, sollen sich nach einer Skizze verschiedene kleinere Räume befunden haben, links ein Blumenladen und rechts eine Wechselstube oder eine Kasse, die müssen also noch vor diesem Vorraum - zur Sprengstelle hin - gelegen haben.

Zeuge Kru[g]:

Ja, rechts und links war das.

Richter Mai[er]:

Wenn. Sie sich nun zurückerinnern wollen an diese Wechselstube, die also rechts gleich nach dem Eingang sich befunden haben soll.

[5718] Richter Mai[er]:

Wie waren dort die Beschädigungen?

Zeuge Kru[g]:

Auch hier kann ich nichts mehr dazu sagen, es tut mir leid, ich weiß es nicht mehr.

Richter Mai[er]:

Wissen Sie nicht mehr.

Zeuge Kru[g]:

Es ist mir regelrecht entfallen.

Richter Mai[er]:

Dann sagten Sie bereits, daß die Splitter gesammelt wurden und an das Hessische Landeskriminalamt weitergegeben wurden. Hat man die nun alle in ein Behältnis reingetan - völlig ungesondert - oder hat man da differenziert?

Zeuge Kru[g]:

Die wurden nach Möglichkeit je nach Explosionsort gesammelt.

Richter Mai[er]:

Also nach drei verschiedenen Explosionsorten.

Zeuge Kru[g]:

Nach drei verschiedenen Explosionsorten, wobei vorne, also die ersten beiden problematisch sind, weil da die Sprengtrümmer durcheinander ...

Richter Mai[er]:

Hat man die nun auch gleich bezeichnet?

Zeuge Kru[g]:

Wir haben sie unmittelbar am Ort des Geschehens bezeichnet und haben den ...

Richter Mai[er]:

Mit den Sprengstellen 1.

Zeuge Kru[g]:

Mit den Sprengstellen 1, das war das erste, was wir festgelegt haben.

Richter Mai[er]:

Dann hätte ich noch eines, Herr Krug. Sie selber sind ja erst nachträglich zum Tatort gekommen. Haben Sie Ermittlungen über die ungefähre Tatzeit angestellt?

Zeuge Kru[g]:

Nein, wir haben uns konzentriert auf die Aufnahme der Explosionsorte. Von vornherein war ja klar, daß wir nicht federführend sein würden, daß wir also nur unseren soweit vorhandenen technischen Sachverstand hier einzubringen hatten.

Richter Mai[er]:

Sie haben also keine Vorstellungen über die ungefähre Tatzeit?

Zeuge Kru[g]:

Wir haben versucht, festzustellen und haben das wohl auch vermerkt, aber so gravierend, daß ich das also jetzt noch weiß, das hat sich bei mir nicht niedergeschlagen.

Richter Mai[er]:

Ja, ich kann es Ihnen also vorhalten, es soll so gegen 19.00 Uhr gewesen sein.

Zeuge Kru[g]:

Ich bin ja unmittelbar später alarmiert worden.

Richter Mai[er]:

Wann sind Sie etwa angekommen?

Zeuge Krug:

Das dürfte gegen ..., um 21.00 Uhr etwa gewesen sein.

[5719] Richter Mai[er]:

- Vorhalt aus Ord. 86, Bl. 9 - da heißt es: „... Unsre Zeichner wurden gegen 19.15 Uhr in Kenntnis gesetzt und trafen um 19.40 Uhr am Tatort ein.“ Das wird wohl richtig sein, danke.

Vors.:

In[qq] diesen Zusammenhang bitte weitere Fragen jetzt anzuknüpfen. Beim Gericht sind keine. Bitte, die Bundesanwaltschaft.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich würde an sich anregen, weil dann wahrscheinlich viele Fragen entbehrlich würden, daß dem Zeugen möglichst bald Skizzen und Bilder vorgehalten werden. Nur eine Frage vorweg, Herr Krug. Der Bericht vom 16. Mai 72, den Ihnen der Herr Berichterstatter verschiedentlich jetzt vorgehalten hat oder aus dem er Ihnen Vorhaltungen gemacht hat, der auch unterzeichnet ist mit „Krug, Möller und Heintze“ auf Bl. 17 im Ord. 86, von wem ist der geschrieben?

Zeuge Kru[g]:

Der ist geschrieben worden von mir und ..., also wenn Sie so wollen, ich habe nicht an der Maschine gesessen, aber in Zusammenarbeit mit allen drei Personen, die haben zusammen in einem Raum gesessen und haben den Bericht geschrieben, abgefaßt nach ihren Notizen, da ist alles zusammengeflossen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

So daß also das, was Sie heute nicht mehr wußten, was aber durch Vorhalt Ihnen eben gesagt wurde, damalige Erinnerung entsprach?

Zeuge Kru[g]:

Richtig, ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Sie erwähnten auch, daß Bilder von dem Tatort, wie Sie ihn vorgefunden haben, gemacht worden sind. Wer hat diese Bilder gemacht? Ich meine, und will deswegen die Fragen vorwegstellen, waren nur deutsche Stellen an den Ermittlungen beteiligt oder auch andere Stellen?

Zeuge Kru[g]:

Das, was hier eingeflossen ist in diesen Bericht und in die Lichtbildmappe, ist nur von deutschen Dienststellen gefertigt worden ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Gehört ...

Zeuge Kru[g]:

... ob die Amerikaner noch irgendwelche Ermittlungen für sich gemacht haben oder irgendwelche anderen Dienststellen, das weiß ich nicht.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Und von deutschen Dienststellen sind Bilder gemacht worden?

Zeuge Kru[g]:

Ja, und zwar auf meine Anweisung.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Und wer hat sie gemacht?

Zeuge Kru[g]:

Der Erkennungsdienst.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Der Erkennungsdienst, und das ist in Personen wer?

[5720] Zeuge Kru[g]:

Racho, wenn ich richtig weiß.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Racho.

Zeuge Kru[g]:

Herr Racho oder Herr Sacho.

Reg. Dir. Wi[dera]:

In Ord. 86 auf Bl. 9 erwähnen Sie für den Erkennungsdienst Kress und Racho, Racho ist der Fotograf?

Zeuge Kru[g]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Dann noch etwas. Die - aber keine Frage an Sie -, Herr Vorsitzender,[rr] die Amerikaner haben auch, wie sich aus den Ordnern ja ergibt, selbst Ermittlungen geführt und in Rahmen dieser Ermittlungen auch selbst Bilder angefertigt. Ich habe und könnte das zur Verfügung stellen; eine Bildermappe, die von dem US-Angestellten Contrell in Frankfurt im Hauptquartier, angefertigt wurde damals, in drei Stücken vorliegen. Ich würde sie deswegen überreichen wollen, weil die Bilder wesentlich größer sind. Sie hat nicht mehr als in drei Stücken angefertigt werden können, weil die [ss] Herstellungskosten enorm hoch sind, ein Fotokopieren wenig Sinn hat, aber gerade weil es, weil ja für uns alle hier, die anderen, die Verteidiger und für uns nur Fotokopien sich in den Akten befinden, ein leichteres Arbeiten vielleicht möglich wird, wäre ich bereit, eine Mappe für die Verteidigung und eine Mappe für uns ...., für Sie zu überreichen, eine zu behalten für uns.

Vors.:

Was meinen die Herren Verteidiger dazu?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Es handelt sich also, wenn ich das vielleicht noch sagen darf, um im wesentlichen die gleichen Blickrichtungen und Bilder, wie sie in den Ordnern vorhanden sind, nur sind sie größer. Deswegen ist ein leichteres Arbeiten vielleicht möglich.

RA Schi[ly]:

Einer Verwertung zum heutigen Verhandlungstag muß ich widersprechen, ich kenne die Fotos nicht. Ich gebe Herrn Widera recht, daß Fotokopien wenig sinnvoll sind von Fotos ...,

- Der Angeklagte Raspe erscheint wieder um[tt] 10.42 Uhr im Sitzungssaal -

RA Schi[ly]:

... weil sie praktisch nicht erkennbar sind. Aber ich wundere mich eigentlich, daß die Fotos erst heute auf den Tisch kommen, warum konnte man die nicht früher vorlegen, Herr Widera?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Die Bilder sind uns erst verhältnismäßig spät zugegangen. Ich wollte sie eben überreichen zum leichteren Arbeiten. [5721] Wenn sie nicht gewünscht werden ...

Vors.:

Also ich würde den Vorschlag machen, daß wir die Bilder durchaus jetzt mal entgegennehmen, daß wir auch diese Mappe für die Herrn Verteidiger zur Verfügung stellen. Allerdings, insofern ist es wohl richtig, wir können sie jetzt nicht unmittelbar verwerten, bevor nicht die Verteidigung die Möglichkeit hatte, die Bilder auch durchzusehen, so daß bei der Vernehmung zumindest dieses Herrn Zeugen die Bilder noch keine Rolle spielen

- Der Vertreter der Bundesanwaltschaft übergibt 2 Lichtbildmappen.

Eine dieser Lichtbildmappen ist dem Protokoll als Anlage 5 beigefügt. -

Vors.:

Wer von den Herrn Verteidiger möchte beginnen? Wir werden sie ja bei Ihnen irgendwie durchlaufen lassen müssen, zumindest während der Mittagspause.

RA Schi[ly]:

Ich stelle anheim.

Vors.:

Dann würde ich sagen, vielleicht ist es dort, wo die größere Gruppe sitzt, einfacher, dort zu beginnen, mal durchlaufen zu lassen, dann rüberzugeben, möglichst rasch, nur damit Sie sich einen Eindruck verschaffen können, um was es sich dabei handelt. Ich würde auch sogar sagen, wir geben den Herrn Verteidigern die eine Mappe, und den Herren drüben die andere Mappe. Dann haben Sie vor uns noch einen Eindruck, um was für Bilder es sich handelt und können sich dazu äußern, ob Sie mit der sofortigen Verwertung und Einführung in die Verhandlung heute einverstanden sind.

- Die beiden von der Bundesanwaltschaft übergebenen Lichtbildmappen - Anlage 5 zum Protokoll - werden den Verteidigern übergeben, jeweils 1 Exemplar auf der linken und rechten Verteidigerbank.[65] -

Vors.:

Sind im Augenblick Fragen an den Herrn Zeugen, also nur zu dem objektiven Tatortbefund? Ich sehe nicht. Herr Zeuge, bevor wir nun an die einzelnen Fundstücke kommen wollen wir mit Ihnen doch jetzt die hier schon allgemein bei den Akten befindlichen Skizzen und Bilder durchsprechen.

- Der Angeklagte Raspe verläßt um 10.44 Uhr den Sitzungssaal. -

[5722] Vors.:

Hier würde ich den Vorschlag machen, daß wir den Herrn Zeugen am Tisch erklären lassen anhand der Skizzen das, was er nun zusätzlich noch zu seinen Beobachtungen vielleicht anhand der Skizzen hinzuzufügen hat. Ich würde die Herren Verteidiger bitten, soweit es Ihnen jetzt möglich ist, hier sich zu beteiligen an diesen Ausführungen des Herrn Zeugen am Tisch.

- Die allgemeine Übersichtsskizze aus Band 86, Bl. 30 wird vom Gericht eingesehen.

Diese allgemeine Übersichtsskizze - die Namen waren abgedeckt - wird dem Zeugen zur Abgabe von Erklärungen vorgelegt.

Sämtliche Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, an der Besichtigung teilzunehmen. -

Vors.:

Herr Zeuge, wenn Sie nun anhand dieser Skizze uns nochmals schildern wollen, wie insgesamt die Lage der Gebäude, die Bezeichnung der Gebäude und dann die Sprengstellen und dann anhand der Skizze näher bezeichnen, wo Sie diese Wirkungen der Sprengungen beobachtet haben, von denen Sie bereits geredet haben.

Zeuge Krug:

Das ist der Eingang, hier vorne ... Hier ist die Fürstenberger Straße, das ist der Eingang; hier vorne ist der Explosionsort 1, von uns so bezeichnet.

Vors.:

Das wäre also das IG-Farben-Hochhaus?

Zeuge Krug:

IG-Hochhaus, hier das Kasino, hier vorne der Explosionsort 1, das ist der Explosionsort 2 und hier oben am Kasino der Explosionsort 3.

Vors.:

Distanz zwischen den beiden Gebäuden?

Zeuge Krug:

Ja, das ist eine Schätzung. Ich weiß ..., 60 m etwa, ich weiß es nicht, tut mir leid. Wir haben also, nachdem beide Explosionen stattgefunden hatten, lief die Druckwelle hier durch dieses Gebäude und ließ hier, das sind also Scheiben, die Scheiben bersten. Da sprachen also einige Zeugen von einer weiteren Explosion, die natürlich nicht stattgefunden hatte. Die Druckwelle brauchte einige Zeit, um das Gebäude zu durchlaufen und wie gesagt, hier die Scheiben hinauszuwerfen. Hier ist also die Telefonzelle gewesen; Beschädigungen sind vorhanden in der Buntmetallverkleidung und an der abgehängten Zwischendecke. Hier am Explosionsort 2 ist die Decke durchschlagen zum Kellergeschoß, also unten finden sich konzentrische Risse.

Vors.:

Wir haben nachher zu den einzelnen Sprengstellen spezielle Skizzen. Sie müssen also hier nicht die Ergebnisse der einzelnen Stellen jetzt bekanntgeben, sondern nur die Gesamtübersicht, wo lagen die Splitter usw.

[5723-5747][66] [5748] Zeuge Krug:

Die Splitter lagen in diesem Bereich, es sind also hier ..., zunächstmal natürlich in diesen beiden Explosionsorten, in diesem Innenraum, sowie aber auch hier an dieser Treppe und auf diesem Weg.

Vors.:

Können Sie sich erklären was diese Linie bedeuten soll?

Zeuge Krug:

Das sind, wenn ich es noch richtig weiß, einzelne Sprengteile die so weit weggeflogen sind, die also hier gefunden worden sind. Aber ob das stimmt, weiß ich nicht. Wir haben also einzelne Sprengteile extrem weit vorgefunden.

RA Schi[ly]:

Ich dachte die Namen sollten abgedeckt werden?

Vors.:

Der Zeuge ist gerade so konzentriert auf die Skizze, also ... Das war also die Beschreibung dieses Geschehnisortes. Beim zweiten ...,

Zeuge Krug:

Der Explosionsort 3, das ist hier vorne, ist also diese Vorhalle zerstört worden. Sehr starke Splitter ... befinden sich hier an den Wänden rechts und links; hier ist eine Säule, die bis zum Kern durchschlagen wurde. Das abgerissene Seitenteil, mehrere Zentner schwer, befand sich etwa hier, es lag etwa hier. Hier vorne an diesem Weg standen die Fahrzeuge, etwa hier wurde die Blutlache gefunden und hier[uu] finden sich an den Fahrzeugen Splittereinwirkungen, einzelne Fahrzeuge waren nicht mehr fahrbereit.

Vors.:

Wir wollen noch die weiteren Skizzen mit Ihnen besichtigen. Sind an den Herrn Zeugen im Zusammenhang mit dieser Übersichtsskizze irgendwelche Fragen? Wir wollen ja vor allen Dingen einen Eindruck der Örtlichkeit hier vermittelt haben durch den Herrn Zeugen. Nicht. Sind Sie an der Herstellung dieser Skizze selbst irgendwie beteiligt gewesen, in dem Sie nach Maßen und Fundstellen usw. gefragt worden sind?

Zeuge Krug:

Diese nicht, ich meine, daß wir eine andere hatten, also besonders diese wunderschönen Zacken haben wir mit Sicherheit nicht eingeführt.

- Die Skizze Bd. 86, Bl. 31 wurde vom Gericht eingesehen.

Der Zeuge gab anhand der Skizze Bd. 86, Bl. 31 (die Namen waren abgedeckt) Erklärungen ab.

Sämtliche Verfahrensbeteiligte hatten Gelegenheit an der Besichtigung teilzunehmen.

Vors.:

Wenn Sie hier die Details etwas näher schildern würden, insbesondere Fundorte von Ihnen, wichtig erscheinenden Teilen.[vv]

Zeuge Krug:

Das ist also diese Vorhalle, hier wieder der Explosionsort 1 ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Kann das Mikrophon vielleicht ein bißchen lauter gemacht werden?

Zeuge Krug:

Das ist also der Explosionsort 1, hier war die Telefonzelle; [5749] Explosionsort 2, Sprengtrümmer befinden sich also im ganzen Vorraum und in diesem Bereich. Am besten ..., ich würde vorschlagen zu den ..., zu der Explosionswirkung kann man anhand der Lichtbilder bessere Ausführungen machen.

Vors.:

Aber jedenfalls können wir davon ausgehen, daß hier an der Stelle, die mit der Kr. 2 bezeichnet ist das gemeint ist, was Sie immer als die Säule bezeichnen.

Zeuge Krug:

Das ist die Säule, jawohl. Hier war die Tür eingehängt, diese Zwischenglastür, die am Boden ausgerissen ist.

Vors.:

Nun sind ja auf der Skizze 30 die Splitterwirkungen so eingezeichnet, daß man das Gefühl hat, sie ging im wesentlichen hier durch. Sie haben erläutert, die Druckwelle lief auch durch das Gebäude, hat hinten dann die Gläser wohl ausgedrückt. Haben Sie eine Vorstellung, wie die Trümmer hier im Gebäude, also am Eingang dieser Rotunde, gelegen haben. Gab es da gröbere Splitterwirkungen, die für Sie sichtbar waren?

Zeuge Krug:

Es gab sichtbare Splitterwirkungen, aber an Einzelheiten kann ich mich da[ww] nicht mehr erinnern.

Vors.:

Haben Sie noch dieses Fahrzeug hier stehen sehen?

Zeuge Krug:

Nein, war nicht mehr da.

Vors.:

Sind Sie ...

Zeuge Krug:

Was hierzu zu sagen ist: Das sind die beiden Seitenräume, die hier durch ein Fenster mit dem Innenraum, mit diesem Raum hier verbunden sind. Und hier etwa war die Mauer durchschlagen vom Boden dieses Sprengsatzes.

Vors.:

Und wo würden Sie jetzt die Fundstelle dieses Stückes angeben?

Zeuge Krug:

Das wurde hier in diesem Raum gefunden.

Vors.:

In diesem Raum, ja. Weitere Fragen zu dieser Skizze Bl. 31? Ich sehe nicht. Dann kommen wir noch zur letzten Skizze.

- Die Skizze Bd. 86, Bl. 32 wurde vom Gericht eingesehen.

Der Zeuge gab anhand der Skizze Bd. 86, Bl. 32 (die Namen waren abgedeckt) Erklärungen ab.

Sämtliche Verfahrensbeteiligte hatten Gelegenheit an der Besichtigung teilzunehmen -

Zeuge Krug:

Das ist der Explosionsort 3. Diese Säule hat die meiste Sprengwirkung abbekommen. Sie ist also bis zum Kern eingekehlt. Dieser Vorbau wurde annähernd vollständig zerstört; hier ist das Teil sogar eingezeichnet, das also abgerissen [5750] worden ist, mehrere Zentner schwer und war massiv. Also war fest verbunden in diesem Vorbau gewissermaßen, also ein Teil dieses Vorbaues.

Vors.:

Entspricht das, die Lage dieses gefundenen Stückes, Ihren Vorstellungen? Sie haben vorhin die Entfernung angegeben, das wollen wir mal nun im Augenblick nicht erfahren, sondern nur ...

Zeuge Krug:

Das war ..., also auf jeden Fall in diesem Bereich lag dieses Teilstück.

Vors.:

... wäre ja charakterisiert durch die Ecke dieses Mauerwerks.

Zeuge Krug:

Daran kann ich mich noch erinnern. Wir haben sie also weg, zur Seite geräumt. Die Splitterwirkung ist vor allen Dingen hier an diesen Seitenwänden sehr deutlich sichtbar. Es wird auch bei den Fotos sehr deutlich.

Vors.:

Und wie ist es hier nun mit den Innenräumen? Wir haben ja vorhin schon, der Berichterstatter hat danach gefragt, nach diesen Arbeitsräumen, die sich im Inneren befinden. Haben Sie sich damals einen Eindruck verschafft ...?

Zeuge Krug:

Ich bin damals natürlich in den Innenräumen gewesen. Aber meine Erinnerung ist also nicht mehr so, daß ich da Einzelheiten dazu angeben könnte.

- Prof. Dr. Azzola verläßt um 10.55 Uhr den Sitzungssaal -

Vors.:

Würde man daraus schließen müssen oder können, daß der Eindruck dort nicht so stark war, wie etwa vor dem Gebäude?

Zeuge Krug:

Es war erheblich, aber, wie gesagt, die Sprengwirkung, die Hauptsprengwirkung war ja hier sichtbar etwa, sowohl hier in diesem Loch, in diesem Krater als auch an dieser Mauer, als auch an diesem Vorbau und das, was im Inneren zu finden war, war an und für sich auch erheblich, trat aber zurück hinter diesen sehr deutlich sichtbaren Auswirkungen.

Vors.:

Und jetzt, wenn Sie noch die Blutlache bezeichnen könnten, insgesamt, wo sie ...

Zeuge Krug:

Hier standen etwa die Fahrzeuge und die Blutlache stand etwa hier in dieser Entfernung, hier an dieser Stelle.

- Der Zeuge Krug deutet auf eine Stelle, die die Zahl 19 trägt in der Skizze. Die Skizze selbst ist abgedeckt -

[5751] Vors.:

Sonstige Fragen zu den Skizzen? Ich sehe nicht. Doch, Herr Bundesanwalt, bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

(Anfang unverständlich) ... könnten Sie das beschreiben, soweit das hier sichtbar ist?

Zeuge Krug:

Das ist also ... Das ist dieses Offizierskasino, das liegt - na, sagen wir - an einem Hang angelegt. Hier vorne geht also eine Straße, wie gesagt, hier parken Fahrzeuge und hier gehen Treppen zu einem Teich hier und das geht dann weiter. Ist also angelegt wie, etwa parkartig, zu diesem Hauptgebäude, weil sie zu den Explosionsorten 1 und 2 gehört.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Die Beschreibung reicht mir schon. Ich möchte jetzt noch gerne wissen, wie weit in dieser Richtung haben Sie selbst festgestellt, daß Splitter geflogen sind? Wenn Sie sich nochmal vorstellen, Treppe runter, dann beginnt das Parkgelände, der Teich.

Zeuge Krug:

Wenn ich das noch richtig weiß, etwa in einer Entfernung von 50 m, wobei ich allerdings sagen muß, es sind ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Mich würde, wenn ich Sie unterbrechen darf, weniger ein Maß interessieren, mich würde mehr interessieren so in den Örtlichkeiten - Treppe runter - waren da noch Splitter, auf den Treppen ...?

Zeuge Krug:

Ja, wir haben also hier ..., wir haben hier noch Splitter gefunden; einzelne Splitter sind hier noch gefunden worden.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Unterhalb der Treppe.

Zeuge Krug:

Unterhalb der Treppen, ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

In Höhe des Teiches auch noch?

Zeuge Krug:

In Höhe des Teiches sind noch Einzelteile davon gefunden worden.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

Vors.:

Ich weiß nicht, ob wir nicht gleich die Bilder jetzt besichtigen sollen. Zunächstmal die Frage, wie steht es mit den Herrn Verteidigern bezüglich dieses soeben von der Bundesanwaltschaft angekündigten Bildmappe? Sind Sie schon im Stande, dazu etwas zu sagen? Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Keine Einwendungen.

Vors.:

Keine Einwendungen, die Bilder mit dem Zeugen vorzuführen in der Gegenwart der Herrn Verteidiger, danke.

- Rechtsanwalt Schily gab daraufhin die ihm zur Einsicht gegebene Lichtbildmappe - Anlage 5 zum Protokoll - wieder zurück. -

[5752] - Die Lichtbilder in Bd. 86, Bl. 37 - 44 werden in Augenschein[67] genommen -.

Vors.:

Herr Zeuge, ich möchte es am liebsten so machen, wenn die Herrn Verteidiger damit einverstanden sind, dem Herrn Zeugen mitzugeben, zunächstmal aus Bd. 86 die Bilder, die sich befinden in Bl. 37 - 44 und ihn bitten, diese Bilder durchzugehen und zu jeder Nummer, zu der er irgendetwas zu sagen hat, unter Kennzeichnung dieser Nummer, diese Erläuterungen[xx] abzugeben.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich habe Bedenken dagegen, denn die anderen Prozeßbeteiligen haben nur Fotokopien und werden kaum das verfolgen können, was der Zeuge sagt.

Vors.:

Ich würde dann doch denken, daß, wer es genauer sehen will, weil ihn die Fotokopie im Einzelfall nicht ausreicht, genausogut wie an den Richtertisch, an den Tisch des Herrn Zeugen treten kann, sich dort das Bild etwas genau ansehen. Ich glaube, das ist die einfachste Verfahrensweise und auch für den Herrn Zeugen die praktikabelste.

- Dem Zeugen wird die Lichtbildmappe in Bd. 86, Bl. 37 - 44 ausgehändigt mit der Bitte, jeweils unter Angabe der Nummer mitzuteilen, wenn er irgendeine Erläuterung dazu geben kann.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, an der Besichtigung der Bilder teilzunehmen. -

- Die Angeklagte Ensslin erscheint um 11.00 Uhr kurz im Sitzungssaal. -

Zeuge Krug:

Bild 1, ist der Eingang, gesehen von der Fürstenberger Straße aus. Vorne auf der rechten Seite sieht man die geborstene Fensterscheibe; in der Bildmitte die geborstene Scheibe der Eingangstür.

Bild 2 bitte ich nochmal zurückstellen zu dürfen, da ist mir etwas nicht klar.

Bild 3 ist also ..., der gehört zum Explosionsort 1, da ist die rechte Seite des Einganges; das Fenster gehört zu dem Seitenraum, zu dem rechten Seitenraum; auf der linken Seite ist das Pendant[yy] dazu. Vor dem Fenster liegen also Sprengtrümmer, die schon weitgehend zurechtgelegt worden sind.

Vors.:

Also Sie meinen, das entspricht nicht dem Originalzustand?

Zeuge Krug:

Nein, nicht mehr, das ist schon verändert worden.

[5753] Bild 4 - Augenblick - auch, da muß ich zunächstmal passen. Das ist keine Übersicht für mich, ich kann mich da nicht orientieren.

- Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 11.01 Uhr den Sitzungssaal -.

Vors.:

Ich kann Ihnen aus der Bildbeschreibung vorhalten, daß es sich hier um die mittlere Türe zum Vorraum der Eingangshalle handeln soll. Können Sie dann, wenn ich Ihnen diese Mitteilung gebe, irgendetwas dazu sagen? Wenn nicht, ist es auch ...

Zeuge Krug:

Ich bitte nochmals das zu ... Sagt mir also im Moment nichts.

Bild 6 ist der Explosionsort 2 mit der Zertrümmerung des Mauerwerks unten. Die Tür ist also ... die Glastür ist beschädigt - ohne Glas -, es sind lediglich noch Reste vorhanden.

Bild 7 ist die Ansicht aus dem Innenraum zum Vorraum in Richtung Fürstenberger Straße. Auf der rechten Bildmitte befindet sich der Explosionsort 2, die Schädigungen zum Innenraum hin. Das Mauerwerk ist also freigelegt, die Natursteinverkleidung ist zerstört oder abgerissen; unten ist die Mauer ausgekehlt, also durch die Explosion zerstört, die Tür ist also sichtlich aus der Halterung gerissen worden.

Bild 8 aus einem anderen Blickwinkel - Explosionsort 2 - auch wieder die Zerstörung des Mauerwerks, unten.

- Bundesanwalt Dr. Wunder erscheint um 11.03 Uhr wieder im Sitzungssaal. -

Zeuge Krug:

Bild 9 ist auch Explosionsort 2 und zwar aus der Vorhalle direkt der engere Explosionsort aufgenommen. Es sind sichtbar die Zerstörungen der Buntmetallverkleidung, also durchschlagen, wobei an der oberen Bildhälfte, das ist also ein, dürfte ein Querschläger sein. Er dürfte also unten eingetreten sein und oben wieder als Abpraller herausgeschlagen worden sein.

Auch Bild 10 ist der engere Explosionsort 2 mit den Zerstörungen des der Metallverkleidung und der Tür unten, der Türhalterung.

Bild 11 a ist ..., da ist an der unteren Bildhälfte ist also das Loch zu sehen, das der Boden dieses Sprengsatzes geschlagen hat, zum Seitenraum. Weiter oben sind also Beschädigungen der Buntmetallverkleidung durch Splitter zu sehen.

[5754] Bild 11 b, das Loch, das der Boden zum linken Seitenraum hin geschlagen hat. Das Mauerwerk ist also glatt durchschlagen und ebenso der Putz ausgemörtelt.

Bild 11 c sind also Risse in der Wand durch diesen Splitter.

Und. Bild 11d[zz] ist die linke Seitenwand des Seitenraumes, also Splitterwirkungen durch diesen Boden. Der muß also im Inneren des Raumes noch andere Splitter losgerissen haben und an der Wand diese Beschädigungen dann verursacht haben.

Zu Bild 12 kann ich im Moment nichts sagen.

Bild 13 ist die abgehängte Zwischendecke, auch massive Buntmetallplatten, die also durch den Explosionsdruck angehoben und verlagert und teilweise eben dann runtergefallen sind. Und zwar ist das schon ein Zustand, nachdem man also aufgeräumt hat, nachdem man also lose Platten, die eine Gefahr dargestellt haben, beseitigt hat, runtergeholt hat.

Bild 14 ist der Explosionsort 1. Das ist also diese Einbuchtung und Zerreissung dieser Metallverkleidung. Dort befanden[aaa] sich also die Sprengtrümmer unten. Kennzeichnet auch[bbb] den Standort der Telefonzelle. Es sind also Teile der Telefonzelle, dieses weiße, dieser weiße Grus das sind Hobelspäne, die also zur Verdämmung also zwischen den Wänden vorhanden waren, die also zur Schalldämmung ..., der Schalldämmung dienten.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, kann man direkt eine Frage stellen zu einem Bild?

Vors.:

Bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Vielen Dank. Sie sprechen von einer Telefonzelle dort auf dem Bild 14. Ich sehe keine. Ist die schon weggeräumt worden oder wie ist das?

Zeuge Krug:

Die wurde durch die Explosion total zerlegt. Die Sprengtrümmer sind also ..., das sind hier die Reste der Telefonzelle.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Also praktisch der Staub, die Hobelspäne oder so was ähnliches?

Zeuge Krug:

Ja, Holzspäne ..., Holzteile, nicht wahr. Auch hier auf Bild 15 am Boden sehen Sie Teile von dieser Telefonzelle.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Und hier auf Bild 14 recht ...

Zeuge Krug:

Diese Einbuchtung? Diese Einbuchtung, das ist der engere Explosionsort 1. Hier unmittelbar hat die Explosion am stärksten eingewirkt. Die Metallverkleidung ist also zerrissen und eingebuchtet.

[5755] Reg. Dir. Wi[dera]:

Und wie erklären Sie sich das, daß die stärkste Einwirkung in dieser Höhe gewesen sein soll?

Zeuge Krug:

Das kann nur so sein, daß hier eine Ablage war oder daß man also diesen Sprengsatz etwas höher [ccc] irgendwie ablegen konnte, daß man vielleicht etwas daruntergelegt hat. Ich kannte die Telefonzelle vorher nicht. Ich kann also nur annehmen, daß da irgendetwas war.

Vors.:

Das gilt selbstverständlich für die übrigen Herren genauso, wenn jemand Fragen zum Einzelbild, sofort anknüpfen.

Zeuge Krug:

Bild 16 ist also Explosionsschutt im Innenraum. Das hier ist ein Metallteil, das extra hervorgehoben worden ist durch diesen Kreis.

Bild 17 ist die Scheibe, die geborsten ist von dem Explosionsdruck der beiden ersten Explosionen. Das ist die also ..., Richtung zum Offizierskasino.

Vors.:

Das wäre also die Stelle, bei der der Eindruck entstehen konnte, es handele sich um eine weitere Explosion.

Zeuge Krug:

Es habe [ddd] eine weitere Explosion stattgefunden, weil ja die Druckwelle[eee] einige Zeit benötigte, um also hier die Scheiben ..., um dort wirksam zu werden.

Bild 19 ist die Draufsicht auf das Offizierskasino. Es wird also vorne dieser Vorbau sichtbar.

Bild 20[fff] ist vom Explosionsort 3 die linke Seite. Es wird also hier der Seitenraum im Fenster unmittelbar neben dem Explosionsort 3, werden also die Zerstörungen durch die Explosion sichtbar. Das Fenster ist also zerstört, Rahmen zerborsten und im Innenraum sind starke Beschädigungen.

Bild 21 - auch linke Seite - also Direktdraufsicht auf den Explosionsort 3 und linke Seite des Einganges, neben den Eingang.

Vors.:

Ist das richtig, daß dieses Bild 21 auch diese Säule, von der Sie mehrfach gesprochen haben, erkennen läßt?

Zeuge Krug:

Das ist die Säule, die also bis zum Kern horizontal durchgebrochen ist. Das Bild ist also ziemlich unmittelbar nach, also ziemlich kurze Zeit nach der Explosion gemacht worden. Auch das Bild hier oben, das Bild 20. Das gibt also noch ziemlich ursprünglich den Eindruck nach der[ggg] Explosion wieder, während die Bilder 22 und 23 am nächsten Tag gemacht worden sind.

Vors.:

Herr Zeuge, vielleicht im Zusammenhang mit dem Bild 21. Wir haben Sie verschiedentlich nach den Spuren innerhalb dieser Arbeitsräume gefragt. Hier meine ich, sieht man ja links von [5756] dieser Säule, wie Sie es bezeichnen, in einen solchen Arbeitsraum hinein und hier sieht es ziemlich zerstört aus. Haben Sie das auch so beobachtet?

Zeuge Krug:

Wie gesagt, ich hab’ also an diese Zerstörung keine Erinnerung, also ..., obwohl ich weiß, daß dort Zerstörungen waren, aber ich ..., über den Grad der Zerstörung kann ich nichts mehr aussagen.

Das sind relativ leichte Gegenstände, die hier durcheinandergeworfen worden sind und den Eindruck erwecken, als sei das ganz erheblich. Aber die eigentliche, wirklich erhebliche Einwirkung findet sich hier vorne auf dem Bild an der Säule. Das ist also für meine Begriffe das wichtigste gewesen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Eine Frage. Mir fällt auf, daß Ihre Erinnerungen, was das Innere des Gebäudes, des Offizierskasinos angeht, recht schlecht ist im Gegensatz zu der Erinnerung, was draußen gewesen ist. Welche Aufgabe hatten Sie denn an den Tatort? War Ihre Aufgabe mehr draußen oder war Ihre Aufgabe mehr drinnen oder war da kein Unterschied?

Zeuge Krug:

Es war kein Unterschied. Ich hatte also die Kollegen einzusetzen und quasi die Aufsicht bei dieser Angelegenheit.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich habe nicht verstanden.

Zeuge Krug:

Ich hatte quasi die Aufsicht. Ich habe allerdings auch Sprengtrümmer gesichert, die mir als bedeutungsvoll erschienen, habe aber dafür gesorgt, daß alles richtig zusammengetragen worden ist und entsprechend beschriftet.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

Zeuge Krug:

Auf Bild 22 des Explosionsort 3, die abgerissene Halle, die Teile davon, Wellblech, der Glas- und der übrige[hhh] Sprengschutt, die Zerstörung der Scheiben an der Vorderseite des Kasinos. Ebenso Bild 23 aus einer anderer Sicht.

Bild 24 ist diese[iii] Halle, diese Stahlkonstruktion. Das ist also 4 mm Stahl, das hier geknickt, geborsten, verdreht wurde, und von dem Teile abgerissen worden sind. Also hier ist die Sprengwirkung am stärksten gewesen. Ebenso natürlich auf Bild 25, an dieser Säule, die wie gesagt, durchschlagen worden ist.

Bild 26, eine Nahaufsicht dieser Vorhalle. Und Bild 27 ist der engere Explosionsort 3.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich habe eine Frage dazu. Liegt der engere Explosionsort innerhalb oder außerhalb der Stahlkonstruktion.

Zeuge Krug:

Ich kann die Frage nicht beantworten. Ich weiß es nicht.

[5757] Richter Mai[er]:

Herr Krug, da hätte ich auch noch eine Frage. Sieht man auf Ihrer Aufnahme einen weißen Kreis?

Zeuge Krug:

Das ist ein Sprengteil, ein Teil, das wir vom Ansehen her der Bombe zugeteilt haben und das wir deshalb besonders gekennzeichnet haben. Es ist aber später in anderen untergegangen. Es war - also nicht so gravierend, daß das wir es hätten nochmal heraussteilen müssen. Das haben wir also gelegentlich gemacht, daß wir ebenso Teile gefunden haben, schon beim ersten Anschauen, beim ersten Besehen und das so gekennzeichnet haben, um es später wieder zu finden.

Richter Mai[er]:

Ja, danke.

Zeuge Krug:

Auch Bild 28 ist der engere Explosionsort aus einer anderen Sicht. Hier wird auch der Trichter zu diesem Luftschacht sichtbar; da ist also eine 15 cm starke Betondecke glatt durchschlagen worden. Und dann natürlich wieder diese Einkehlung dieser Säule.

Bild 29, der gleiche ..., die gleiche Sache aus einer anderen Sicht. Ebenso Bild 30 und Bild 31. Bild 53 ist dieser Luftschacht noch einmal mit dieser Backstein ...

Vors.:

Wie war die Bildnummer, die Sie eben angaben?

Zeuge Krug:

Bild 32.

Vors.:

Bild 32, ja.

Zeuge Krug:

Und dann Bild 33 gibt einen Eindruck wieder von der Zerstörung ins Gebäudeinnere.

Bild 34 ist die ..., da mußte also diese ..., Öffnung mußte abgestützt werden, weil der Träger nicht mehr, wie gesagt, durchgeschlagen war.

Bild 35 noch mal eine Ansicht dieses Vorplatzes mit den Sprengtrümmern. Im Hintergrund das Fahrzeug vor diesem ..., also dieser VW Tl, 1600 Tl, ist es glaube ich, davor war diese Blutlache.

Ende Band 315

[5758] Zeuge Krug:

Bild 37 ist die rechte Seite neben dem Explosionsort 3[jjj], die rechte Begrenzung. An der Wand hinten sind also Einschläge von Splittern erkennbar. An der oberen Bildhälfte eine weiße durchgehende Linie, also etwas gebogene Linie. Da dürfte ein größeres Teil aufgeschlagen sein.

Bild 38 ist die Drahtverglasung dieser Vorhalle, also völlig verdreht[kkk], mit Glasresten behaftet. Keine Scheibe mehr, sondern ein zusammengeknülltes Drahtgebilde.

Und ebenso ist Bild 39 mit der Splitterwirkung an der rechten Seite wegen Explosion an der Seitenwand auch Einschläge von Splittern. Unten drunter Reste dieser Drahtverglasung.

Bild 40, tut mir leid, kann ich ... das ist, glaube ich, eine Seitentür, aber ich weiß es nicht, ein Seitenfenster zu diesem Seitenraum mit den Gärtnereiartikeln. Aber das weiß ich nicht genau.

Bild 42 nochmals Explosionsort[lll] 3.

Bild 43 ist von der Halle aus aufgenommen, nach dem Explosionsort 3. In der Bildmitte etwa ist noch das Mauerwerk zu erkennen, die Auskehrung vom engeren Explosionsort.

Bild 44: Der VW 1600 TL und davor die Blutlache. Das Fahrzeug ist also, die Reifen sind zerschlagen von Splittern, platt. Hinter dem VW stand meines Wissens noch ein weiteres Fahrzeug, das auch, dem auch die Reifen zerschlagen waren. Das ist also hier nicht mehr vorhanden.

Reg. Dir. W[idera]:

Zu Bild 44: Sie sagen, VW und Blutlache. Ich sehe hier zwei dunkle Flecken. Welches meinen Sie denn mit Blutlache?

Zeuge Krug:

Ich kann es nicht mehr lokalisieren auf diesem Bild. Es müßte aber nochmal extra aufgenommen worden sein.

Reg. Dir. W[idera]:

Zu Bild 42 habe ich noch eine Frage. Es sieht so aus, als ob die Säule, wie Sie die Zwischenwand da nennen, zweimal geborsten sein könnte. Oder ist das nicht richtig?

Zeuge Krug:

Doch, die ist oben auch geborsten bis zum Kern.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ich habe noch eine Frage.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis, bitteschön.

OStA Ze[is]:

Zu Bild 2, zu dem Sie meines Wissens vorhin nichts sagen konnten, Herr Krug.

Zeuge Krug:

Das ist richtig.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, darf ich vielleicht zunächst mal zusammen- [5759] fassen. Zunächst mal, es sind ja verschiedene Bilder nicht vom Zeugen erkannt worden. Wollen Sie zu allen, oder bloß speziell ...

OStA Ze[is]:

Nein, nur speziell zu Bild 2.

Vors.:

Nur zu Bild 2.

OStA Ze[is]:

Und zwar in dem Zusammenhang ein Vorhalt aus Sonderordner 86 Blatt 14. Da sollen Sie gesagt haben, Herr Krug: „Am Fußteil des rechten Türflügels der linken Außentür wurde in 20 cm Höhe durch Splittereinwirkung der Metallrahmen der Tür durchschlagen (siehe Lichtbild Nr. 2)“. Können Sie sich daran erinnern.

Zeuge Krug:

Können Sie das nocheinmal wiederholen bitte?

OStA Ze[is]:

Ja. „Am Fußteil des rechten Türflügels“, und zwar handelt es sich hier um den Explosionsherd 2. „Am Fußteil des rechten Türflügels der linken Außentür wurde in 20 cm Höhe durch Splittereinwirkung der Metallrahmen der Tür durchschlagen (siehe Lichtbild Nr. 2)“. Haben Sie das Lichtbild Nr. 2?

Zeuge Krug:

Ich habe das Lichtbild Nr. 2. Ich versuche nur noch mal, eine Gesamtübersicht zu bekommen, um vielleicht klarer zu sehen. Im Moment sagt es mir nichts. Es tut mir leid. Ich kann es im Moment nicht zuordnen. Das ist die Außentür ...

OStA Ze[is]:

Dankeschön.

Vors.:

Sonstige Fragen im Zusammenhang mit den Bildern. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Nein, das war keine Wortmeldung. Ich darf also folgendes feststellen, Herr Zeuge, Sie haben offengelassen, die Bilder Nr. 2, 4, 12, 40 und 41. Und Sie haben ausdrücklich erwähnt, Nr. 3 und Nr. 13 entsprächen nicht dem Zustand, wie Sie damals die Dinge angetroffen haben. Können wir davon ausgehen, daß im übrigen, soweit Sie die Bilder erläutert haben, Sie jeweils die Bilder erkannt und auch den Eindruck gewonnen haben, daß diese Bilder den Zustand, zumindest annähernd, wiedergeben, so wie Sie ihn damals beobachtet haben.

Zeuge Krug:

Ja.

Vors.:

Wir haben nun diese weitere Bildmappe, die zum Teil wesentlich bessere Qualitäten hat, größere Bilder. Ich würde sie auch dem Herrn Zeugen gern vorführen. Nur die Frage, gibt es da einen Bildband, der keinen Text hat? Wir können natürlich dem Herrn Zeugen nicht den Text ...

[5760] Reg. Dir. Wi[dera]:

Nein, den gibt es nicht.

Vors.:

Nicht.

Es ist nun so, daß wir hier, da wir dem Herrn Zeugen unser Exemplar überlassen, nichts mehr in der Hand haben. Möglicherweise ist die Bundesanwaltschaft über diese Bilder besser informiert, da Sie ihre Mappe schon lange kennt. Dürften wir Ihr Exemplar benützen dazu, oder benötigen Sie es zu Fragen?

Reg. Dir. W[idera]:

Ich übergebe die Mappe. Aber ich darf darauf hinweisen, solange auch wieder nicht.

Vors.:

Nun, ich meine, besser jedenfalls als wir möglicherweise.

-Der Vertreter der Bundesanwaltschaft stellte dem Gericht ein weiteres Exemplar der Lichtbildmappe (Anlage 5 zum Protokoll) zur Besichtigung zur Verfügung.-

-Die von der Bundesanwaltschaft übergebene Lichtbildmappe - Anlage 5 zum Protokoll - wird vom Gericht in Augenschein genommen, nachdem die Verteidiger gegen die Einführung dieser Bilder keine Einwände erhoben.-

-Die Lichtbildmappe - Anlage 5 zum Protokoll - wird dem Zeugen zur Abgabe von Erklärungen übergeben. Der Text, der die Bilder beschreibt, ist abgedeckt.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, an der Besichtigung der Bilder teilzunehmen.

Zeuge Krug:

Bild 1 ist also die Draufsicht auf den Eingang von der Fürstenberger Straße her zum IG-Hochhaus.

Bild 2 das gleiche aus einem anderen Blickwinkel.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Gleich zu Bild 1 eine Frage. Bei dem Bild 1 aus der vorigen Bildmappe, da haben Sie gesagt, daß das Glas der Tür, der Eingangstür durchschlagen war. Hier kann man sehen auf Bild 1, daß es eine Reihe von Eingangstüren gibt und deswegen die Frage jetzt: Wie sah es, oder welche Zerstörungen waren im Glas der verschiedenen Türen?

Zeuge Krug:

Das Glas der Eingangstüren war ausnahmslos zerstört. Auch das hier ist keine vollständige Verglasung mehr, sondern es sind nur noch Reste. Das waren also, ausnahmslos, die Verglasung war zerstört. Auch von den Seitenfenstern dieser anliegenden Räume.

-Bundesanwalt Dr. Wunder verläßt um 11.25 Uhr den Sitzungssaal.-

[5761] Zeuge Krug:

Auch das ist der Eingang von der Fürstenberger Straße aus zum IG-Hochhaus aus einem anderen Blickwinkel, sowohl das Bild 3 als auch Bild 4. Bild 4 ist eine etwas bessere Aufnahme, etwas näher.

Das ist die Halle, also die Vorhalle von der linken Seite aus aufgenommen. Im linken unteren Bildabschnitt ist der Explosionsort 2. Hinten rechts der Explosionsort 1 ist also weniger deutlich zu sehen. Auf dem Boden liegen die Buntmetallplatten, die also aus der abgehängten Zwischendecke herunter gefallen sind. An der Zwischendecke sieht man noch hängende Platten, die also von Splittern durchschlagen sind - zu Bild 5 -.

Vors.:

Also das scheint ein Zustand zu sein, der noch dem ursprünglichen entspricht.

Zeuge Krug:

Das muß der ursprüngliche Zustand sein. Unmittelbar noch ...

Vors.:

Noch nicht aufgeräumt. Und wenn Sie vielleicht darauf achten würden, an dieser Rückwand links oben sieht man so einige Stellen die aussehen, wie wenn dort Splitter eingeschlagen hätten. Können Sie das bestätigen.

Zeuge Krug:

Auch das ist Splitterwirkung. Das war in unregelmäßigen Abständen war also die Buntmetallverkleidung durchschlagen von Splittern.

Bild 7 ist Explosionsort 2. Es wird also sichtbar unten diese ...

Vors.:

Entschuldigung, sind wir bei Bild 7 oder Bild 6?

Zeuge Krug:

Bild 7.

Vors.:

Sechs sollte zunächst. Nein, nein, sechs war noch nicht besprochen, soweit ich sehe.

Zeuge Krug:

Bild 6 ist also die Ansicht des Explosionsortes 1. Man sieht also noch diese ... wo die Telefonzelle sich einmal befand. Hier sind auch noch Trümmer, die also später schon nicht mehr vorhanden waren und Glasschutt. Und vor allen Dingen diese Hobelspäne, die also zu der Verdämmung hier gedient haben.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, Herr Zeuge, ich weiß nicht, ob Sie es beobachtet haben, daß diese dunklen Stellen in dieser Wandecke, die ursprüngliche Zelle bezeichnen. Die Ausmaße der Zelle.

Zeuge Krug:

Das habe ich angenommen.

Vors.:

Haben Sie auch angenommen, nur nicht überprüft?

Zeuge Krug:

Nein.

[5762] Vors.:

Danke.

Zeuge Krug:

Bild 7 ist der Explosionsort 2. Die Zerreißungen im Metall unten und auch. Schutt vom Mauerwerk, das darunter liegt. Und die seitlich angeschlagene Tür, die auch abgerissen ist, wenn ich es noch richtig weiß.

Bild 8 ist eine Aufnahme des Explosionsortes 2 aus der Halle. Da ist also das Mauerwerk unten, das Zerstörte hinter der Tür und die abgeschlagenen Natursteinverkleidung. Der Explosionsort 2 aus anderer Sicht. Auch wieder die Zerstörung des Mauerwerks, auch aus der Halle aufgenommen. (zu Bild 9)[mmm]

Vors.:

Gut, ich glaube wir können also bei diesen Bildern vielleicht jetzt etwas rascher, soweit es nicht neue Eindrücke sind, die durch die Bilder vermittelt werden können, Bild 10 z. B.

Zeuge Krug:

Ja, das ist also eine unmittelbare Ansicht von dem Explosionsdruck[nnn] bei Explosionsort 2. Das Mauerwerk ist also zerschlagen und teilweise auch geborsten und eben die Sprengtrümmer die umherliegen, geben also den Eindruck von der Wucht der Explosion. - zu Bild 10 -[ooo]

Vors.:

Jetzt Bild 11 und 12 kann man mit einem Satz wohl sagen, um was es sich handelt.

Zeuge Krug:

Das ist die innere Ansicht dieses Einganges, also dieser Vorhalle, diese Halle, wie man es bezeichnen will.

Vors.:

Ich glaube auch, daß wir ... ja nun halt, Bild 13 könnte man vielleicht etwas näher erläutern. Bild 14 kennen wir im wesentlichen schon.

Zeuge Krug:

Das ist eine Draufsicht auf den vorderen Eingang, innen aus der Halle. Es werden also sichtbar die Zerstörung der Scheiben und der Glastüren. - zu Bild 13 -

Und Bild 14 ist also Ansicht des Offizierskasinos vom Hauptgebäude aus.

Vors.:

Bild 15 und 16 kann auch sehr kursorisch[ppp] behandelt werden, wenn nicht einer der Herrn Verteidiger oder die Herren von der Bundesanwaltschaft darauf Wert legen.

Zeuge Krug:

Linke Begrenzungswand an Explosionsort 3. Es sind nicht sehr deutlich die Einschläge der Splitter, aber der Platz vorne ist auch übersät von Sprengteilen. - zu Bilder 15 und 16 -[qqq]

Bild 17 ist dieses Seitenzimmer, der Seitenraum bei Explosionsort 3, weiß aber jetzt nicht, ich glaube es ist der linke [5763] Seitenraum.

Und Bild 18 die rechte Seite neben dem Explosionsort 3 mit den abgerissenen Trümmern von dieser Eingangshalle.

Von der rechten Seite aus die Eingangshalle, die Zerstörungen eben und die Verlagerung.

Vors.:

Das gilt für Bild 19 jetzt.

Zeuge Krug:

Bild 19 ja. Bild 20 ebenso etwas aus anderer Richtung die abgerissenen Sprengteile und die Zerstörungen in den Fenstern.

Vors.:

Bild 21 interessiert nicht besonders. Wenn Sie ganz kurz sagen können, um was es sich handelt? Wenn Sie es nicht wieder erkennen ...

Zeuge Krug:

Ich bedauere sehr, nein. Das weiß ich im Moment nicht.

Bild 22 ist dieser VW 1600 TL und davor die Blutlache. Wobei ich also nicht weiß, ob dieses kleinere hier oder das größere, ob das das Blut ist. Man müßte das aber nochmals farbig haben, zumal. Das 1. K müßte[rrr] das gemacht haben.

Auch dieser 1600 TL aus anderer Sicht. - zu Bild 23 -

Und hier Bild 24 ist diese Verglasung die also durch die Explosion 1 und 2 nach dem Park zu, herausgeworfen worden sind durch die Druckwelle.

Das ist die Draufsicht auf Explosionsort 3 mit den vielfältigen Zerstörungen, insbesondere in dieser Konstruktion in diesem Vorbau. Aber auch an der Säule. Die Säule ist also sichtbar, die Einkehlung und in den Innenräumen. (zu Bild 25)

Auch Bild 26 aus näherer Sicht.

Was dieses ... Bild 27, es tut mir leid hier, das weiß ich nicht. Das muß also, irgendwie sind das Mauerreste. Aber was es nun ist, ob es von dieser Säule ist. Der Winkel sagt also ... aus diesem Winkel kann ich nichts erkennen drauf. Ich kann es nicht lokalisieren.

Vors.:

Das wird dann wohl auch für Bild 28 gelten.

Zeuge Krug:

Ja.

Vors.:

Ja, gut. Dann bitte weiter.

Zeuge Krug:

Das hier oben ist wohl der Seitenraum. Ein Seitenraum zum Explosionsort 3. Rechts oder links weiß ich im Moment nicht. - zu Bild 29 -

Und Bild 30 ist der engere Explosionsort ...

[5764] Richter Ma[ier]:

Herr Krug, bitte eine Zwischenfrage.

Zeuge Krug:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Bild 29. Sie sagen ein Seitenraum, von Sprengstelle 3. Könnte es sich um die früher schon erwähnte Wechselstube handeln, die also gleich rechts nach dem Eingang lag.

Zeuge Krug:

Das muß die Wechselstube sein, denn auf der anderen Seite waren Gärtnermaterialien, also in dem anderen Raum. Das war Gärtnerbedarf, glaube ich.

Richter Ma[ier]:

Könnte es sich hier um diesen Raum gleich rechts nach dem Eingang handeln.

Zeuge Krug:

Es müßte der Raum rechts neben dem Eingang sein. Aber ich weiß es eben nicht genau aus eigenem Wissen. Ich nehme es an. Ich schließe es daraus, weil diese Zerstörungen waren im Innenraum vorhanden und wir haben ...

Richter Ma[ier]:

Haben Sie einen derartigen Eindruck von der Sprengstelle, die auf dem Foto hier aufgenommen worden ist.

Zeuge Krug:

Von der Sprengstelle 3.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie einen derartigen Raum gesehen.

Zeuge Krug:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Zeuge Krug:

Ja also diese Zerstörungen waren ja in den Innenräumen vorhanden.

Wir haben, Bild 30 ist also der engere Explosionsort von 3. Wir haben also hier die durchschlagene Decke, Betondecke. Darunter wird sichtbar die Ummauerung dieses Luftschachtes und darüber ist die durchschlagene, horizontal durchschlagene Säule oder Wand sichtbar, wie man es nehmen will, dieser Teil. Das ist praktisch bis zum Kern zerstört, durch diese Explosion.

Vors.:

Ist das die Stelle, die Sie auch mit Maßen angegeben haben. Sie sagten ja, ein spezieller Sprengtrichter ...

Zeuge Krug:

Das ist vermessen worden. Wir haben also das Sprengloch und auch die Säule vermessen. Die Maße müßten sich in der Beschreibung finden.

Bild 31 ist nochmal der Explosionsort 3.

Bild 32 kann ich nicht einordnen.

Bild 33 Explosionsort 3, ebenso Bild 34 aus verschiedenen Perspektiven.

[5765] Oberstaatsanwalt Zeis verläßt um 11.39 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Krug:

Bild 35 das ist dieser Seitenraum auf der linken Seite neben dem Explosionsort 3.

Und Bild 36 ist der Innenraum, halt, das ist glaube ich eine Treppe hoch über Explosionsort 3 im Innenraum. Aber sicher bin ich da nicht.

Richter Ma[ier]:

Herr Zeuge, könnte sich dieser Raum auch zu ebener Erde im Erdgeschoß befunden haben?

Zeuge Krug:

Ja wie gesagt, wir hatten also Bilder gemacht, die verdorben sind aus irgend einem Grunde.

Richter Ma[ier]:

Das wissen Sie nicht mehr.

Zeuge Krug:

Auch Innenraum von Explosionsort 3. Was anderes kann es ja, wie gesagt, nicht sein (zu Bild 37).[sss] Leichtbauweise[ttt], es[uuu] sind hier keinesfalls diese schweren Buntmetallplatten wie im Explosionsort 1 und 2. Das ist, es sieht zwar erheblich und recht erschreckend aus, ist aber, naja, ist ja wohl auch so, aber doch nicht in dem Maße, wie es vielleicht dem Laien erscheinen mag. (zu Bild 38)[vvv]

Bild 39 dürfte eine Draufsicht auf die Decke zum Raum, zum Erdgeschoßraum dieses Kasinos sein. Ich weiß es aber nicht genau. Ich kenne es nicht aus eigener Ansicht.

Und Bild 40 ist nochmal der Explosionsort 3, von oben mal eben aufgenommen.

-Bundesanwalt Dr. Wunder und Oberstaatsanwalt Zeis erscheinen wieder[www] um 11.41 Uhr im Sitzungssaal.-

Vors.:

Zu Bild 39 Herr Zeuge noch. Man sieht ja hier diese Platten. Was war das für Material?

Zeuge Krug:

Ich weiß nicht mehr, ob es Hartfaser war oder dieses Filz ...

Vors.:

Also jedenfalls keine sehr schweren Bauteile.

Zeuge Krug:

Keine Metallplatten, nein.

Vors.:

Danke. Bild 41 können wir dann wohl damit abschließen.

Zeuge Krug:

Das ist nochmals der Explosionsort 3 auch von der anderen Seite, von oben aufgenommen.

Vors.:

Insgesamt zu diesen Bildern noch eine Frage?

[5766] Vors.:

Wir beabsichtigen nun dem Herrn Zeugen einige Asservate vorzulegen, und zwar beginnend mit der Nummer B 47 Position 14.

- Das Asservat B 47 Pos. 14 - Plastikbeutel mit folgendem Inhalt: Metallsplitter, Teile einer Rohrabschlußkappe (Fa. Bänninger), Steinplatte, Stoffreste, Reste einer Zünduhr, Batterieteile (50-Volt-Varta) - wird in Augenschein genommen.

Dieses Asservat wird dem Zeugen vorgelegt mit der Bitte, die Einzelteile, soweit er Erläuterungen dazu abgeben kann, zu erläutern, insbesondere auch insgesamt angeben, um was es sich hier bei diesen Stücken handelt.

Die Verfahrensbeteiligen haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Es wird zunächst die erste Hülle aus dem Ass. B 47 Pos. 14 entleert. Es zeigt sich, daß es sich um deformierte Metallteile handelt.

Vors.:

Der Herr Zeuge möge nun bitte Seine Erläuterungen abgeben.

Zeuge Krug:

Das sind Metallteile, die wir im Bereich einer bestimmten Explosionsstelle gefunden haben und die wir als zum Sprengsatz gehörig angesehen haben. Unter dem Aspekt sind sie gesammelt worden. Die Auswertung ist erfolgt beim Landeskriminalamt. Es kann durchaus sein, daß auch Metallteile hier bei diesem Sammelsurium sind, die nicht zum Sprengsatz gehört haben. Wir haben sie also, wie gesagt, im Zweifelsfalle als zum Sprengsatz gehörig angesehen und haben sie gesammelt unter diesem Aspekt.

Vors.:

Herr Zeuge, würden Sie vielleicht diese Metallteile auch darauf ansehen, ob Sie irgend etwas finden, was Ihnen noch als markanten Gegenstand in Erinnerung ist, der also Ihr besonderes Interesse damals erweckt hat.

Zeuge Krug:

Ja. diese Metallteile zeigen, daß sie also dem Explosionsdruck ausgesetzt waren, etwa. Sie sind also zerrissen, in teilweise ziemlich kleine Teile und weiter läßt sich also dazu nichts sagen.

Vors.:

Es befindet sich also innerhalb dieser Ansammlung von Trümmerstücken offenbar nichts, was Ihnen als ganz markantes Stück aufgefallen wäre?

Zeuge Krug:

Das einzige, was ich unter diesem Ganzen sofort wieder heraus finden könnte, wäre der Boden. Der müßte ...

[5767] Vors.:

Gut. Wir wollen dann sehen, ob wir nachher zu dem Boden gelangen. Wenn, dann sollten Sie uns auf den speziell hinweisen. Können Sie im übrigen bestätigen anhand der Besichtigung dieser Trümmer, daß das Stücke waren, so wie Sie sie damals vorgefunden haben?

Zeuge Krug:

Ja, ja.

Vors.:

Weitere Fragen zu dieser Hülle? Weitere Wünsche? Wenn zu diesem Trümmerberg keine weiteren Fragen sind, müßten wir ihn zunächst mal wieder verpacken, damit keine Verwechslungen passieren.

- Oberstaatsanwalt Holland verläßt um 11.47 Uhr den Sitzungssaal. -

- Der Zeuge besichtigt nunmehr einen zweiten Beutel aus Asservat B 47 Pos. 14 mit wesentlich kleineren Trümmerstücken. -

Zeuge Krug:

Die Beschaffenheit dieser Teile hier, das sind also Stoffteile und teilweise ist ein Klebeband erkennbar, läßt darauf schließen, daß auch sie hier dem Explosionsdruck ausgesetzt waren, großer Temperatur und auch unter dem Aspekt haben wir sie herausgesucht und gesammelt.

Vors.:

Es handelt sich also um keine Metallteile.

Zeuge Krug:

Das sind keine Metallteile. Es könnten Metalleinsprünge vorhanden sein, die wären ja nicht sichtbar. Aber es sind überwiegend Stoff- und Lederteile.

Vors.:

Und auch hier können Sie bestätigen, daß das Stücke sind, wie Sie sie vorgefunden haben?

Zeuge Krug:

Solche Teile haben wir gesichert an den Explosionsstellen.

Vors.:

Fragen zu diesen Materialien? Nicht? Gut, dann könnten Sie vielleicht gleich den dritten Beutel nehmen.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist

- Metallteile -.

Zeuge Krug:

Das gleiche wie bei der ersten Tüte. Auch Metallteile, die hier Zerreißungen zeigen. Teile von einem Gewinde, kleinere Teile insbesondere. Auch solche Teile haben wir [5768] an diesen Explosionsstellen gesichert.

Vors.:

Können Sie zu der Verpackung irgend etwas sagen. Entspricht das der originalen Verpackung?

Zeuge Krug:

Das könnte noch die Originalverpackung sein. Wir haben also solche Plastiktüten verwendet zum Sammeln.

Vors.:

Ich meine, haben Sie schon an Ort und Stelle diese Trümmer sortiert nach der Charakterart, ob Stoff, ob Metallteile, ob größere oder kleinere Teile nach dem Aussehen zusammengeordnet?

Zeuge Krug:

Ja, ja.

Vors.:

So daß das also durchaus damals schon von Ihnen in dieser Form aufgeteilt worden sein könnte.

Zeuge Krug:

Ob es genauso ist, kann ich nicht sagen. Es kann also durchaus sein, daß auch bei diesen anderen Teilen, daß mal Stoffteile dabei waren. Möglicherweise ist es später noch einmal speziell auseinander gemacht worden.

-Der Zeuge besichtigt wiederum den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist

- Metallteile -.

Zeuge Krug:

Auch das braucht nicht ganz ausgeleert zu werden. Das ist das gleiche. Das sind diese Metallteile, die Zerreißungen zeigen, teilweise in pfenniggroße Splitter zerrissen worden sind, die also unmittelbar auf den Explosionsdruck hinweisen. Die haben wir, wie gesagt, auch an diesen Explosionsstellen gesammelt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Herr Bundesanwalt, bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Nur eine Frage. War das eben Position 16 aus dem Asservatenverzeichnis?

Vors.:

Position 14 immer noch. Also immer noch die als Sprengstelle 1 bezeichneten Stücke.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt der Plastiktüte Pos. 14.1 - 14.9, Tatort 1, die im Asservat B 47 enthalten ist.-

Zeuge Krug:

Dazu kann ich nichts sagen. Das weiß ich nicht, was das hier bedeuten soll. Ich kann mich daran nicht erinnern, daß wir also diese Art von Teilen gesichert haben. Ich muß [5769] dazu sagen: Wir haben also einzelne Teile direkt dem Sachverständigen übergehen am Ort des Geschehens. Wir haben also keineswegs eine Deutung vorzunehmen versucht und haben es direkt abgegeben, was wir also gefunden haben.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte mit der Sonderbezeichnung 1.1 - 1.4, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist

- Teile eines Uhrwerks -.

Zeuge Krug:

Das sind Teile, die wir als Teile eines Uhrwerks angesehen haben und die wir auch gesondert verpackt haben. Ob sie noch in der Originalverpackung sind, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich aber noch daran erinnern, daß wir sie für sich gesammelt haben und auch separat verpackt haben.

-Zu einem, in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthaltenen Beutel mit der Aufschrift

„Batterieteile“.-

Vors.:

Herr Zeuge, erinnern Sie sich auch daran, daß die extra verpackt worden sind?

Zeuge Krug:

Daß ich die gesondert verpackt habe, nein. Das weiß ich nicht. Das müßte, möglicherweise kann das der Kollege Heintze sagen.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist

- Leineteile -.

Zeuge Krug:

Wir haben Leineteile gesichert. Ob es die gleichen sind, weiß ich nicht. Also so ähnliche Teile haben wir gesichert. Weil sie auch hier diese Durchschlagungen zeigen, die Zerreißungen und darauf hinweisen, daß sie also mit der Explosion unmittelbar in Berührung gekommen sind.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist

- Steinplatte -.

[5770] Zeuge Krug:

Das ist eine Platte der Verkleidung. Ich kann mir nur denken ich habe sie nicht gesichert, ich weiß nicht, wer sie gesichert hat ich kann mir nur denken, daß sie wegen dieser Anhaftungen hier, dieser Schmauchanhaftungen gesichert worden ist. Wer es aber getan hat, es kann sein, daß es das LKA selbst vorgenommen hat, am Ort des Geschehens.

-Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 14 enthalten ist - Kleine Metallteile -.

Zeuge Krug:

Auch das sind Teile, die wir wegen ihrer Beschaffenheit, wegen der Zerreißungen eben[xxx] diesem Sprengsatz zugeordnet haben und unter dem Aspekt gesammelt haben.

Richter Ma[ier]:

Herr Krug, haben Sie bei den jetzt durchgesehenen Stücken auch Teile von Schraubabschlußkappen bemerkt?

Zeuge Krug:

Ein Gewindeteil.

Richter Ma[ier]:

Ein Gewindeteil.

Zeuge Krug:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie auch damals am Tatort [yyy] solche Gewindeteile gesichert?

Zeuge Krug:

Wir haben solche Teile gesichert und haben also uns Gedanken darüber gemacht, ohne allerdings eine Wertung zu früh vorzunehmen. Das haben wir dem LKA überlassen.

-Das Asservat B 47 Pos. 15 - Plastikbeutel mit folgendem Inhalt: Metallsplitter, Teile einer Rohrabschlußkappe[zzz] (Fa. Bännninger) Reste einer Zünduhr, Stoffreste - wurde in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Das Asservat wird dem Zeugen zur Abgabe von Erklärungen vorgelegt.[aaaa]

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt der ersten Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist

-1. Metallteil-

Zeuge Krug:

Das ist das Teil, so jedenfalls habe ich es in Erinnerung, das in dem Seitenraum, links neben dem Explosionsort [5771] 2 gefunden worden ist. Das also die Mauer durchschlagen hat.

Vors.:

Das wäre also das Metallteil, das am Boden unten die Wand durchschlagen hat und im Nebenraum gefunden wurde.

Zeuge Krug:

Zunächst diese Metallverkleidung, die Buntmetallverkleidung und dann durch die Mauer und das dann im Seitenraum auch noch Zerstörungen angerichtet hat.

Vors.:

Das Sie vorhin bei Ihren Ausführungen als Bodenteil ...

Zeuge Krug:

Bodenteil, ja.

Vors.:

... mutmaßlicher [bbbb] Bodenteil eines Sprengkörpers bezeichnet haben. Darf ich um Übergabe an das Gericht bitten.

Dieses Metallteil ... aus dem Ass. B 47 Pos. 15 wird dem Gericht übergeben.

Oberstaatsanwalt Holland erscheint [cccc] wieder um 11.59[dddd] Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Zeuge, wenn Sie nachher dieses Stück nochmals besichtigen wollen, insbesondere seiner äußeren Form nach. Haben Sie es in dem Zustand auch selbst damals an Ort und Stelle gesehen?

Zeuge Krug:

Es ist mir gezeigt worden. Ich habe am Explosionsort 2 wenig Sachen gesichert. Es ist mir gezeigt worden und ich glaube, daß es das Teil ist, was [eeee] in dem Seitenraum gefunden worden ist.

Vors.:

Wer hat das wohl unmittelbar gesichert? Von Ihnen dreien? Wenn es jemand war?

Zeuge Krug:

Das könnte der Kollege Möller oder der Kollege Heintze gewesen sein. Ich hab auch keine Gelegenheit gehabt, das noch lange zu besichtigen. Denn anschließend wurde es unmittelbar dem Landeskriminalamt übergeben.

Vors.:

Gut. Finden Sie sonst bei diesen Beuteln aus der Pos. 15 irgend welche Gegenstände die Ihnen persönlich bekanntgeworden sind, damals?

Zeuge Krug:

Nein. Diese Teile hier ...

- Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt[ffff] der Plastiktüte des Asservats B 47/5 Pos. 15 - Sprengkörper 2, Sprengstelle 2 -.

Zeuge Krug:

Das sind Teile, wie wir sie gesichert haben, hier. Die ich also mit Sicherheit, von denen ich einige Teile [5772] zumindest auch geborgen, also gefunden habe.

Ende von Band 316

[5773] Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - Lederteile -.

Zeuge Krug:

Ebenso erinnere ich mich an diese Lederteile. Auch die wurden gesichert, weil sie diese Einwirkungen zeigen, diese Zerreißungen, die darauf hindeuten, daß sie im unmittelbaren Explosionsbereich waren.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - Teile eines Zündmechanismus -.

Zeuge Krug:

Und an diese Buntmetallteile, die wir dem Zündmechanismus zugeordnet haben. Auch solche sind von mir gesichert worden.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - Metallteile -.

Zeuge Krug:

Und an diese Teile. An diese mit Gewinde versehenen Teile hier. Auch solche sind von mir gesichert worden, im Bereich der Explosionsstelle 2.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - Metallteile -.

Zeuge Krug:

Ebenso, das ist das gleiche hier, so ähnliche, auch Gewindeteile. Die dürften aber auch zum Explosionsort 1, oder von dieser ersten Sprengladung stammen. Also Teile davon zumindest. Die sind im ganzen Vorraum gesichert worden.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - größere Metallteile -.

Zeuge Krug:

Und diese Teile ebenso. Das sind also, die Zerreißungen zeigen es, auch sie sind im unmittelbaren, also Einwirkung der Explosion gewesen. Wurden von uns der Bombe zugeordnet. Solche Teile habe ich auch gesichert.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 15 enthalten ist - Papierteilchen -.

[5774] Zeuge Krug:

Daran kann ich mich nicht erinnern, ob die Papierteile von mir gesichert worden sind. Das sind Papierteile, weiß ich nicht.

Das Asservat B 47 Pos. 16 - Plastikbeutel mit folgendem Inhalt: Metallsplitter, Reste einer Zünduhr (Firma Schatz und Söhne), Batteriereste (50-Volt-Varta), Teile einer Rohrahschlußkappe (Fa. Bänninger), Stoffreste - wird in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, an dem Augenschein teilzunehmen.

Das Asservat B 47 Pos. 16 wird dem Zeugen vorgelegt mit der Bitte, falls er markante Stücke findet, zu diesen Erläuterung abzugeben.

Der Zeuge besichtigt nun den Inhalt des ersten Beutels, der in dem Asservat B 47 Pos. 16 enthalten ist - Kleine Gewindeteile -.

Zeuge Krug:

Diese Gewindeteile, solche Teile habe ich auch im Bereich des Explosionsortes 3 gesichert.

Richter Ma[ier]:

Herr Krug, gerade bei diesen Gewindeteilen. Haben Sie sich da zum Teil auch interessiert für Herkunftszeichen, die auf diesen Schraubkappen möglicherweise zu sehen war?

Zeuge Krug:

Weitergehende Untersuchungen haben wir nicht angestellt.

Richter Ma[ier]:

Also ich sehe hier zum Beispiel ein großes „B“, wie Berta und ein „Dreieck“.

Zeuge Krug:

Ja, also zunächst mal war unser Bemühen darauf gerichtet, die Teile so gut wie ausnahmslos zu sichern und zu sammeln. Und dann Auswertungen haben wir nicht betrieben in diesem Fall. Wir haben es also sofort ...

Richter Ma[ier]:

Haben Sie also am Tatort nicht gesehen?

Zeuge Krug:

Kann sein, daß der eine oder andere von meinen Kollegen festgestellt hat, aber er hat mit Sicherheit keine großen Schlüsse gezogen. Wie gesagt, wir hatten also, wir wollten so sorgfältig wie möglich die Explosion dort aufräumen.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 16 enthalten ist - Uhrwerksteile -.

Zeuge Krug:

An diese Sachen erinnere ich mich ebenso. Das also sind wieder Uhrwerksteile. Also Teile, die wir als Teile einer Uhr angesehen haben.

[5775] Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 16 enthalten ist - Teile von Gewinden -.

Zeuge Krug:

Ebenso an diese Sachen. Auch das sind ja hier wieder Teile von Gewinden. Solche Sachen sind gesichert worden.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 16 enthalten ist - Lederteile -.

Zeuge Krug:

Und an diese Lederteile und Stoffteile erinnere ich mich. Wir haben sie angesehen als Teil des Behältnisses, in dem dieser Sprengsatz untergebracht war. Und Anhaltspunkt dafür bot uns also diese Zerreißungen, die ja also darauf hinweisen, daß sie im unmittelbaren Sprengbereich waren.

Der Zeuge besichtigt nunmehr den Inhalt einer weiteren Plastiktüte, die in dem Asservat B 47 Pos. 16 enthalten ist - Kleine Metallteile -

Zeuge Krug:

Das sind die gleichen Splitter, die wir in allen anderen Bereichen gefunden haben. Also Gewindteile und diese Metallteile, die sie zerrissen haben, von denen ich also auch an der Sprengstelle 3 gesichert, einige gesichert habe.

Vors.:

Ich glaube, wir sind damit durch.

Das Asservat B 47 Pos. 13 „1 brauner Aktenkoffer mit Aufschrift „Bloomquist““ wird in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Das Asservat B 47 Pos. 13 wird dem Zeugen gezeigt.

Vors.:

Herr Zeuge - vielleicht durch einen Blick darauf - können Sie schon sagen ... sagt Ihnen das Asservat irgend etwas?

Zeuge Krug:

Nein, kenn ich nicht.

Das Asservat B 47 Pos. 12 „1 schwarzes Brillenetui mit abgeschn. Ecke“ wird in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Das Asservat B 47 Pos. 12 wird dem Zeugen zur Abgabe von Erklärungen übergeben.

[5776] Vors.:

Besagt Ihnen das Beweisstück etwas?

Zeuge Krug:

Auch nicht.

Richter Ma[ier]:

Herr Krug, noch eine Frage. Wie kamen Sie auf den Namen „Bloomquist“? Wo haben Sie den zum ersten Mal erfahren?

Zeuge Krug:

So einen Namen vergißt man nicht.

Richter Ma[ier]:

Von wem?

Zeuge Krug:

Am Ort des Geschehens hieß es, es sei ein Amerikaner zu Tode gekommen, sein Namen ...

Richter Ma[ier]:

Da wurde dann dieser Name schon genannt?

Zeuge Krug:

Wurde genannt, ja. Ober er ist schwer verletzt zumindest. Ich weiß nicht, ob es gleich hieß, er ist zu Tode gekommen.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht mehr. Ich beabsichtige dann die Vernehmung abzuschließen, den Herrn Zeugen zu vereidigen.[68] Irgendwelche Einwände dagegen? Ich sehe nicht.

Vor der Vereidigung des Zeugen KHK Krug bleiben 4 Zuschauer - nachdem sich sämtliche Personen erhoben hatten - sitzen.

Vors.:

Darf ich die Herrschaften, die sich nicht erheben wollen, zum Eid bitten, entweder aufzustehen, oder den Raum zu räumen.

Darauf verließen 3 dieser Zuschauer den Sitzungssaal, während sich ein weiterer vor der Vereidigung noch erhob.

Der Zeuge KHK Krug wurde daraufhin vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 12.12 Uhr entlassen.

Vors.:

Fortsetzung um 14.00 Uhr mit der Vernehmung der beiden übrigen Herren. Ich darf vielleicht ankündigen, beide Zeuge, die wir noch hören wollen, Herrn Möller und Herr Heintze, sind im Grund genommen in derselben Situation, wie der Zeuge Krug. Sie können also ähnliche Beobachtungen mitteilen. Wir wollten nur noch ein paar spezielle Fragen an die Zeugen richten. Also diesmal nicht, wenn es den übrigen Beteiligten recht ist, im Zusammenhang alles darstellen lassen, sondern speziell gezielte Fragen gleich stellen. Sind Sie damit einverstanden? Jawohl.

Pause von 12.13 Uhr bis 14.04 Uhr

[5777] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.04 Uhr.

Der Zeuge KHK Heintze ist anwesend.

Alle 4 Angeklagten sind wieder[gggg] anwesend.

Die Rechtsanwälte Dr. Heldmann und Schily sind nicht mehr[hhhh] anwesend.

Vors.:

Die Verhandlung wird fortgesetzt. Die Verteidigung ist gewährleistet. Frau Meinhof, Sie hatten heute früh noch den Versuch unternommen, während der Vernehmung des Herrn Zeugen eine Erklärung abzugehen. Mir ist nicht klar, um was es dabei geht. Können Sie das nochmal erläutern.

Angekl. Ba[ader]:

Kann ich es erläutern?

Vors.:

Frau Meinhof hat das Wort.

Die Angeklagten Ensslin und Raspe verlassen um 14.04 Uhr den Sitzungssaal.

Angekl. Me[inhof]:

Wir wollen beide was dazu sagen.

Vors.:

Zu was wollen Sie etwas sagen?

Angekl. Ba[ader]:

Na wir wollten auf die Entgegnung der Bundesanwaltschaft, auf den Antrag von Azzola, wollten wir was entgegnen kurz.

Also zu diesen Formeln ...

Vors.:

Augenblick.

Der Zeuge KHK Heintze verläßt um 14.05 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Baader bitte, Sie haben das Wort.

Angekl. Ba[ader]:

Also wir haben das ja nun gehört, was Sie da gesagt haben. Aber Sie haben, glaube ich, gesagt: Hier sich auf Widerstandsrecht zu beziehen, das sei eine Verhöhnung des antifaschistischen Widerstands. Und dazu ist einfach kurz festzustellen, was das Widerstandsrecht angeht, die Nationalidentität dieses Staates wie sein Konstituierungsprozeß von Anfang an Funktion der Expansionstrategie des amerikanischen Kapitals ist, was sich dann eben auch notwendig ausdrückt in seiner repressiven Innen- und Außenpolitik. Hier konkret in seiner Funktionalisierung für die Genozid[iiii] Strategien des amerikanischen Imperialismus gegenüber den Völkern der [5778] dritten Welt. Das heißt: Nationalidentität und Konstitution ist hier nicht Folge der bürgerlichen Revolution und der in ihr bestimmten demokratischen Prozesse als genuiner[jjjj] Ausdruck kapitalistischer Entwicklung in ihrer produktiven Phase, sondern die Bundesrepublik ist eine Staatsgründung als Ausdruck des monopolitischen Kapitals, das heißt, des Kapitals in seiner imperialistischen Phase. Der Vorsitzende der US-Handelskammer hat 1947, Handels- und Industriekammer, das Projekt dieses Staates genau begriffen „als“, wörtliches Zitat, „der völlig neue Gedanke der totalen Bestimmung eines Marktes durch uns“. Und das erklärt die Künstlichkeit, die reaktionäre Stabilität und die vollständige Instrumentalisierung der institutionellen und ökonomischen Entwicklung in der Bundesrepublik, für die global geplante und durchstrukturierte antikommunistische Aggression des amerikanischen Kapitals bis hin zu dem vom Territorium der Bundesrepublik ausgeführten Vernichtungskrieg gegen das vietnamesische Volk. Es ist schon vorher im Koreakrieg und später durch den Waffentransfer nach Israel im letzten Nahostkrieg. Wenn Wunder also gegen antifaschistischen Widerstand, also antifaschistischen Widerstand gegen diese weltweite Aggression ihre Dimension und ihr Vernichtungspotential, antiimperialistische Politik, das heißt Widerstand, na Moment, nochmal.

RAe. Dr. Heldmann und Schily erscheinen wieder um 14.09 Uhr im Sitzungssaal.

Wenn Wunder also gegen antifaschistischen Widerstand, antifaschistischen Widerstand gegen ... also die Politik des nationalen Kapitals vor 45 aufrechnen will, gegen antiimperialistische Politik, also Widerstand gegen diese weltweite Aggression ihrem Vernichtungspotential und überhaupt ihre Dimension, macht[kkkk] er sich nicht nur lächerlich, sondern er belegt tatsächlich damit genau unsere Analyse der Entwicklung. Wenn es die Funktion der Reichsanwaltschaft - heißt, glaube ich, die Behörde - in deren repressiver Tradition Sie sich hier spreizen, Herr Wunder, wenn es die Funktion dieser Behörde war, Widerstand gegen den Krieg des nationalbornierten Kapitals zu liquidieren und zu kriminalisieren, so ist ihre Funktion hier Widerstand gegen die Kriege des international organisierten und konzentrierten Kapitals zu liquidieren.

[5779] Und das ist tatsächlich Krieg, nicht Frieden, wie Sie meinen.

Vors.:

Frau Meinhof.

Angekl. Me[inhof]:

Ja, dieser Frieden, von dem Wunder hier gesprochen hat, sieht so aus: Es gibt eine Besatzungsarmee, dazu gehören 125 US-Militärbasen, 7000 Atomsprengköpfe und das amerikanische Truppenkontingent in der Bundesrepublik ist das größte, das die USA in einem Land außerhalb ihres eigenen Territoriums, den USA, stationiert haben. Sie ist Voraussetzung, diese Satzungsarmee ist die Voraussetzung der repressiven Befriedigung im Innern und Bedingung, um die Kriege gegen die Befreiungsbewegung in der dritten Welt zu führen, deren letzter großer Krieg der Vietnam-Krieg war, der den Charakter des Genicid angenommen hat, wozu wichtig ist, daß es ein Krieg ohne Kriegserklärung war, es in diesem Krieg nie eine Kriegserklärung gegeben hat und worin evident geworden ist, daß Krieg heute internationaler Klassenkrieg ist. Die Kommandozentralen dieses Krieges, von denen aus die Genicidstrategie in Vietnam koordiniert worden ist, befinden sich auf dem Territorium der Bundesrepublik. Und während des John-Kimpur-Kriegs[69] haben die USA Waffentransporte von hier aus durchgeführt und es bestehen feste Vereinbarungen - das konnte man in der Frankfurter Allgemeinen vor ein paar Wochen lesen -, daß der nächste Nah-Ost-Krieg, und dann ohne Einspruch der Regierung, vom Territorium der Bundesrepublik aus geführt werden wird. Weiter ist zu sagen, zu dem Frieden, den Herr Wunder hier proklamiert, daß die Bundesrepublik an allen strategischen Punkten für das, und mit dem US-Kapital der US-Armee, im CIA nach den Einsatzplänen des Pentagon gegen die Befreiungsbewegung in der dritten Welt interveniert, polizeilich, militärisch, ökonomisch, politisch, ideologisch und an diesen Kriegen aktiv beteiligt ist. Das betrifft Angola,[70] Thailand,[71] Irland,[72] Namibia,[73] Indonesien,[74] Portugal[75] usw. Zu diesem Frieden gehört, daß diese Regierung, daß dieser Staat Regierungen stürzt, z. B. ist bekannt die Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes am Sturz von Sukarno in Indonesien 1965, wobei 500 000 Kommunisten ermordet worden sind,[76] mitten in dem Frieden, den Wunder meint, und der Krieg ist. Daß die [5780] Bundesrepublik ... Weiter gehört zu diesem Frieden, daß die Bundesrepublik Armeen aufrüstet und ausbildet, z.B. war Spinola[77], bevor er nach Guinea-Bissao geschickt wurde, 2 Jahre lang auf der Heeresoffiziersakademie in Hamburg-Wandsbek zur Ausbildung. Und z.B. wurden Hubschrauberpiloten für die Südvietnamesische Armee, also die Armee von Thieu[78], in der Bundesrepublik ausgebildet und werden immer noch thailändische Armeeangehörige an Hubschraubern in der Bundesrepublik ausgebildet. Weiter gehört dazu, daß die Counter-Guerilla organisiert Polizeiexperten nach Afghanistan,[79] den Sudan,[80] nach Äthiopien,[81] in dem Magreb[82] usw. schickt, und außerdem die (phon: Kompradorenregimes) zur dritten Welt mit polizeilicher Logistik für die Counter-Guerilla-Kriegführung vollständig ausrüstet, Pkw, Funk usw., das heißt, die Repressionstechnologie exportiert, mit der der US-Imperialismus in diesen Staaten Krieg führt. Die Bundesrepublik ist bei den Völkern der dritten Welt und im Prozeß der Kolonisierung, der inneren Peripherie, als das Zentrum der Counterrevolutionären Kriegführung bekannt, das betrifft Portugal, Griechenland,[83] die Türkei[84] und natürlich Irland,[85] das heißt - der Kolonisierung der inneren Peripherien - das heißt, sie wird immer deutlicher als der Stellvertreterstaat der USA, als militärische, politische, ökonomische und ideologische Exekutive der USA in der dritten Welt begriffen als kriegführender Staat, was zu bestreiten innerstaatlich nur mit dem enormen Counter-Apparat und der enormen Repressionsmaschine, über die die Bundesrepublik verfügt, und von der die Bundesanwaltschaft ein Teil ist, überhaupt möglich ist. Wunschdenken ist, von dem Wunder hier gesprochen hat, wenn Wunder hier von Frieden quatscht, womit er sich damit ja auch klar ...

Vors.:

Ich möchte Sie bitten, sich in einem ...

Angekl. Me[inhof]:

Wenn Wunder hier von Frieden ...

Vors.:

... in Worten zu halten.

Angekl. Me[inhof]:

Ja. Wunschdenken ist, wenn er hier vom Frieden spricht, womit er sich da auch klar im Wider- [5781] spruch, zu seiner eigenen Staatsschutzmaschine befindet. Herold[86] zum Beispiel, faßt seinen Job selbst als Krieg auf. Herold spricht von der Verpolizeilichung des Krieges, daß das die Form sei, in der heute Konflikte ausgetragen würden und verlangt völkerrechtliche Normen für den Einsatz der Polizei und Klassenkrieg in den Metropolen. Das bemühte imperiale Gelächter der Bundesanwaltschaft, zu dem Antrag von Azzola, ist davon Ausdruck einer Hysterie, die im Widerspruch steht zu allen Tatsachen ihrer eigenen Politik. Zu denen gehören: Vernichtungshaft, Isolation, die Trakts,[87] die Sie gegenüber 90 politischen[llll] Gefangenen in der Bundesrepublik einsetzt, und die rational[mmmm] nur als Kriegshandlungen gegen Kriegsgefangene, die hier Geiselstatus haben, sind. Die Kriege, die die Bundesrepublik zusammen mit und für die USA gegen die Befreiungsbewegung an der Peripherie[nnnn] führt, sind die Bedingung, der Grund der repressiven Befriedigung im im Innern der Metropolen. Sie reagiert auf die politische Defensive, in der sich das Kapital durch die Entwicklung der Front im Nord-Süd-Gegensatz[88] befindet, innerstaatlich mit Repressionen, Klassenkrieg von oben, der Hinrichtung antiimperialistischer Kämpfer auf der Straße, der Hinrichtung von Gefangenen aus der Stadtguerilla am Gefängnis, totaler polizeilicher Kontrolle und Durchdringung der Gesellschaft, gesetzlich verankerter Berichterstattungspflicht gegenüber dem Verfassungsschutz, Berufsverbot usw., psychologischer Kriegsführung. Wunders Satz, daß hier Frieden ist, ist nackte sozialdemokratische Demagogie. Analogs Brandt’s[oooo] ... Analog Brandt’s ...

Vors.:

Frau Meinhof, ich bitte Sie jetzt langsam ...

Angekl. Me[inhof]:

... Ich möchte das bitte zu Ende bringen.

Vors.:

Ja, eben.

Angekl. Me[inhof]:

Analog Brandts programmatischem Satz: „Die Bevölkerung mußte gegen revolutionäre Politik“ - bei Brandt heißt das politischen Terrorismus - „immunisiert werden, durch die ruhige und entschlossene Behauptung des Normalzustands.“ Wunder behauptet den Frieden, weil Krieg ist. [5782] Ihn als Normalzustand zu behaupten, ist ein elementarer Grundsatz der Counter-Guerilla-Kriegsführung, das heißt konkret, Wunder gibt zu, daß wir Kriegsgefangene sind, daß die Bundesanwaltschaft diesen Prozeß als Kriegshandlung versteht, für den Krieg, den sie führt. Oder wozu, Herr Wunder, der Bunker hier für 12 Millionen Mark[89] mit 3 Millionen eingebauter militärischer, für drei Millionen eingebauter militärischer Logistik. Wozu 300 Hundertschaften BGS, wozu die Teleüberwachungssysteme, die tausend Bereitschaftspolizeien in Stuttgart, -polizisten. Die vollständige Umorganisierung des gesamten Polizeiapparates an diesem und zu diesem Prozeß, wozu die militärtaktischen Gesichtspunkte bei der Wahl des[pppp] Areals und so weiter. Also es ist kurz zu sagen, es gehört schon eine Maschine für Counter-Guerilla und psychologische Kriegsführung, wie die der Bundesanwaltschaft, dazu und ihr Verständnis, aus der Rolle und Funktion der Sozialdemokratie und der Bundesrepublik in der Global-Strategie des US-Kapitals. Das alles gehört dazu, um diesen Krieg noch als Frieden zu behaupten.

Vors.: (nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt:

Der von Professor Azzola angebrachte Antrag der Angeklagten Meinhof, die Beweisaufnahme abzuschließen und die Angeklagten sofort in Kriegsgefangenschaft zu überführen, wird verworfen.

Der Senat sieht keinen Anlaß, die Beweisaufnahme jetzt abzuschließen. Für eine Überführung der Angeklagten in Kriegsgefangenschaft fehlt es an jeder rechtlichen Grundlage. - Ich bitte nun den Zeugen.

Angekl. Me[inhof]:

Wie können Sie denn diesen Beschluß fassen, 1 Minute, nachdem wir Stellung genommen haben?

Vors.:

Der Beschluß ist beraten und verkündet.

Angekl. Me[inhof]:

Also ist das rechtliche Gehör eine Farce hier, wie wir gesagt haben.

Der Zeuge KHK[qqqq] Heintze erscheint um 14.19 Uhr wieder im Sitzungssaal.

[5783] Der Zeuge Heintze machte folgende Angaben zur Person:

Siegfried Heintze,

Kriminalbeamter,

27 Jahre alt, ladungsfähige Anschrift Pol. Präs. Frankfurt/M.

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht

verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Die Angeklagten Meinhof + Baader verlassen um 14.20 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Mit Einverständnis der Beteiligten wollten wir die Vernehmung bei Ihnen von vornherein durch bestimmte Fragen möglichst einschränken. Ist es richtig, wenn wir heute früh von dem Herrn Zeugen Krug die Aussage so verstanden haben, daß Sie zusammen mit ihm die Ermittlungen aufgenommen haben, nachdem es im IG-Farbenhochhaus im Jahre 1972, im[rrrr] Mai, zu Detonationen gekommen war?

Zeuge Hei[ntze]:

Das ist richtig, der Herr Krug, der[ssss] Herr Möller und ich.

Vors.:

Uns würden besonders die Beobachtungen interessieren, die Sie gemacht haben, in dem Offiziersclub, nach dem Haupteingang liegenden Geschäftsräumen. Wie Herr Krug uns mitgeteilt hat, soll, wenn man das Gebäude betritt, linker Hand eine Stube[tttt] gewesen sein, ein Dienstraum mit Gärtnereiartikeln.

Zeuge Hei[ntze]:

Ja.

Vors.:

Und rechter Hand ein Büroraum. Uns würde interessieren, was Sie beobachtet haben, hinsichtlich der Frage von Zerstörung in diesen Räumen?

Zeuge Hei[ntze]:

Also, soweit ich mich erinnern kann, war die Fensterfront vorne abgeteilt, von der ... wir haben also die Fensterfront, eine Säulenreihe, dazwischen Fenster. Dann etwa drei Meter dahinter noch eine Säulenreihe, und diese, zwischen diesen Säulen waren Pappwände oder Sperrholzwände das kann ich jetzt nicht mehr sagen also leichte Wände, Holzwände eingezogen und dort wurde also links Blumen und wurden Blumen verkauft und rechts war ein Büroraum, auch mit diesen Pappwänden abgeteilt. Und [5784] dahinter lag dann das Casino selbst.

Vors.:

Haben Sie in diese Räume einen Blick geworfen, als Sie dort ermittelten und sich Vorstellungen bewahrt, wie es dort drinnen ausgesehen hat?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, ich war mal drin, also die Zwischenwände waren alle rausgerissen, soweit ich mich erinnern konnte. Allerdings die Frankfurter Feuerwehr hat auch schon ein bißchen versucht aufzuräumen. Also was jetzt direkt von der Explosion zerstört war oder was die Feuerwehr schon zur Absicherung weiter abgerissen hat, das konnte man also nicht genau sagen. Es waren also Trümmer vorhanden und auch ganze Platten noch.

Vors.:

Haben Sie heute noch eine Vorstellung, wielange Sie nach dem Geschehen dort am Geschehensort eingetroffen sind?

Zeuge Hei[ntze]:

An dem dritten Explosionsort oben?

Vors.:

Ja[uuuu].

Zeuge Hei[ntze]:[vvvv]

Das kann ich nicht genau ...

Vors.:

Ich meine, das würde voraussetzen, daß Sie damals sich einigermaßen versichert hätten, wann das ganze passiert ist und dann das verglichen hätten mit der Zeit, wo Sie eintrafen.

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, wir waren ja erst an den beiden unteren Explosionsorten.

Vors.:

Wie lange hatten Sie dort zu tun etwa?

Zeuge Hei[ntze]:

Etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde bis ich überhaupt erfahren habe, daß oben nochmal ein Explosionsort war, weil da lief ja alles durcheinander. Die Amerikaner waren da und dann kam ich erst nach oben. Also ich nehme an, so etwa 1 bis 1 ½ Stunden nach der oberen Explosion kam ich erst nach oben.

Vors.:

So daß Sie[wwww] im Grunde genommen aus eigenem Wissen gar nicht angeben können, ob der Zustand, so wie Sie ihn gesehen haben, dem originalen Zustand nach Geschehen ...

Zeuge Hei[ntze]:

Kann ich nicht sagen, nein. Deshalb sagte ich ja, weil ... es waren noch ganze Plattenteile vorhanden und ich weiß jetzt nicht, was von der Feuerwehr schon dorthin geschafft worden war, weil die ganzen Trümmer in den vorderen Räumen dann gelagert wurden zum[xxxx] Abtransport, später.

[5785] Vors.:

Waren Sie selbst beteiligt bei der Sicherstellung von Trümmerstücken, denen man eine bestimmte Bedeutung zugemessen hat?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, Herr Krug, Herr Möller und ich, wir haben also die erste Zeit versucht, die erst mal abzusichern und die ersten Spuren zu sichern, das hat sich aber dann rausgestellt, daß das nachts so gut wie unmöglich war. Und da haben wir das erstmal von der Militärpolizei und der deutschen Polizei absichern lassen, und haben am nächsten Tag dann weitergemacht.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß, nachdem Sie am Geschehnisort eingetroffen waren und feststellten, daß in der Nacht nicht viel zu machen ist, aufgrund Ihrer Anordnungen keine größeren Veränderungen mehr, oder überhaupt keine Veränderungen mehr vorgenommen worden sind?

Zeuge Hei[ntze]:

Das ist richtig. Als[yyyy] ich am nächsten Tag wieder hinkam, da war also das ganze Gelände von Militärpolizei hermetisch abgeriegelt, und es durften nur Personen rein, auch höhergestellte amerikanische Offiziere, mit einem Sonderausweis. Es durfte also niemand rein. Und wenn ein höhergestellter Offizier kam, dann durfte der nur in Begleitung eines Militärpolizisten hinein und es war also, er hat genau gesagt bekommen, wo er hindarf und wo nicht.

Vors.:

Und die Sicherung von Spuren und Teilen, die man dort vielleicht gefunden hat, die fanden dann erst am 12.5. statt, wenn ich Sie recht verstanden habe. Also der 11.5. war wohl, das steht fest, das Datum, an dem die Detonation erfolgte.

Zeuge Hei[ntze]:

Es war ein Feiertag gewesen. Wir haben in der Nacht schon die größten Spuren gesichert und haben dann nach kleineren Spuren am nächsten Tag erst[zzzz] gesucht.

Vors.:

Können Sie sich an ein Beispiel [aaaaa] für die Sicherung zu größeren Spuren erinnern?

Zeuge Hei[ntze]:

Na ja, zum Beispiel am Explosionsort 2, das war im Vorraum, der linke Explosionsort, [bbbbb] da haben wir also schon aus dem Nachbarraum den Boden geholt, weil das Loch in der Wand war offensichtlich. Wir sind da also schon mal in den Keller gegangen, in dem Nachbarraum, da haben wir also schonmal nachgesehen ...

[5786] Vors.:

Es ist etwas mißverständlich, wenn Sie sagen, aus dem Nachbarraum den Boden geholt. Sie meinen nicht den Raumboden?

Zeuge Hei[ntze]:

Nein, den Boden, dieses größere Teil der Bombe, was durch die Wand geschlagen war.

Vors.:

Also nur ein Stück, von dem Sie annahmen, daß es den Boden eines Sprengkörpers darstellt. Das haben Sie schon am Tage des Eintreffens ...

Zeuge Hei[ntze]:

Daß, ja, wir haben also in dieser Nacht schon die ersten größeren Sichtungen von Schäden vorgenommen und dazu sind wir auch in den Keller gegangen und auch in die Nachbarräume. Wir wollten erst mal sehen, was ist da überhaupt losgewesen. Und da haben wir also auch unter anderem auch das gefunden.

Vors.:

Sind Sie im Zeitpunkt dieser ersten, dieser Ermittlungen schon länger bei dieser Dienststelle tätig gewesen?

Zeuge Hei[ntze]:

Drei Jahre.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie schon über eine bestimmte Erfahrung verfügt haben, in Sprengstoffangelegenheiten?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, das nehme ich doch an.

Vors.:

Es ist so, daß nach der Aussage von Herrn Krug nach Ihren Beobachtungen diese Sprengkörper verschiedengroße Gewalt gehabt haben sollen. Hatten Sie diesen Eindruck auch gewonnen?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja.

Vors.:

Und in welcher Reihenfolge hätte sich das gestaffelt?

Zeuge Hei[ntze]:

Ich würde also sagen Sprengort 1. Also in der Vorhalle rechts, in der Telefonzelle, die geringste, dann Nr. 2, und dann oben am Casino Nr. 3 die Größte.

Vors.:

Hat man von dieser Telefonzelle noch irgendwas vorgefunden?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, die einzelnen Späne dieser Platten, bestand ja aus Presspanplatten und durch die Explosion sind die also vollkommen zerblasen worden, kann man sagen.

Vors.:

Also die Zelle selber existierte nicht mehr?

Zeuge Hei[ntze]:

Die existierte nicht mehr, aber die Wirkung in der Wand an dieser Stelle, die war nicht so groß, wie [5787] bei der Bodenbombe.

Vors.:

Also 1 und dann die Sprengstelle 2. Woraus haben Sie dort geschlossen, daß die Gewalt größer gewesen sein müßte, als bei der ersten.

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, beim Sprengort 1 war also diese Metallwand nur eingedrückt, deformiert, während beim Sprengort 2 der Boden durchgeschlagen war, außerdem ein Teil der Bombe in den Nachbarraum durch diese starke Wand geschlagen war.

Vors.:

Wissen Sie noch, wie stark etwa die Wand war?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja etwa 36er - 40er[ccccc] Wand, etwa in der Richtung.

Vors.:

Von dem war die Rede in Ihrem Bericht, von 40 cm.

Zeuge Hei[ntze]:

Und davor war ja dann noch diese Metallplatte. Und außerdem war an dieser Stelle diese Wandverkleidung diese Metallwandverkleidung völlig, teilweise weggerissen worden, was an dem anderen, am Sprengort 1, nicht der Fall gewesen war.

Vors.:

Und woraus der Schluß, daß die Detonation am Sprengort 3[ddddd], oder Sprengstelle 3 noch größere Gewalt gehabt haben müßte?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, aufgrund dieser unheimlichen Wirkung oben an dieser Säule vor der der Sprengort lag, [eeeee] außerdem dieser Trichter davor und eben diese Wirkung. Die Ausmaße, die also durch die Bomben 1 + 2 bei gleicher ...

Also[fffff] angenommen, Bomben 1 + 2 hätten die gleiche Ladung gehabt, die gleiche Stärke, dann hätte es ganz anders ausgesehen.

Richter Ma[ier]:

Herr Heintze, Sie sagen, im Casino, also in der Sprengstelle 3, da befand sich, wenn man reinkam, gleich rechts nach dem Eingang ein Büro. Die Wände seien aus Pappe oder Sperrholz. Aus was[ggggg] war denn[hhhhh] die Decke?

OstA Holland verläßt um 14.28 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Hei[ntze]:

In den vorderen Räumen?

Richter Ma[ier]:

In dem Raum rechts.

Zeuge Hei[ntze]:

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur noch[iiiii], im Casino war abgehängte Zwischendecke mit Pappeinlagen, also mit den Pressplatten.

Richter Ma[ier]:

Im Casino, meinen Sie jetzt den großen Vorraum nach [5788] dem Eingang?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, da ist also die vordere Säulenreihe, dann so ein Windfang und dann der große Raum nach dem Eingang. Da war eine abgehängte Zwischendecke, das weiß ich noch, ein mit Presspan oder, wie nennen sich die Platten, etwa Presspanplatten.

Richter Ma[ier]:

Ja, auch leichtere Platten, keine schweren.

Zeuge Hei[ntze]:

Nein, leichte Platten waren das, so Dämmplatten. Und was im Vorraum war, links und rechts, daa kann ich Ihnen nicht sagen, das weiß ich nicht.

Richter Ma[ier]:

Hat man in eben in diesem Raum gleich rechts nach dem Eingang oder in dem großen Vorraum, mit der Zwischendecke, hat man dort auch Splitter, Metallsplitter gefunden, oder nur Trümmerstücke?

Zeuge Hei[ntze]:

Das weiß ich nicht.

Richter Ma[ier]:

Waren Sie selbst bei der Splittersuche beteiligt?

Zeuge Hei[ntze]:

Das schon, aber nicht drin.

Richter Ma[ier]:

Dort nicht.

Zeuge Hei[ntze]:

Ich bin nur mal kurz reingegangen. Ich wollte mir das mal ansehen. Ich war draußen beteiligt, hauptsächlich unten bei 1 + 2.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie Ermittlungen über die Tatzeit geführt?

Zeuge Hei[ntze]:

Ermittlungen direkt nicht. Ich wußte also nur, wann der Alarm beim, bei der Feuerwehr und beim Kriminaldauerdienst so etwa ergangen ist. So etwa kurz vor 19.00 Uhr.

Richter Ma[ier]:

Kann es auch kurz nach 19.00 Uhr gewesen sein?

Zeuge Hei[ntze]:

Da möchte ich mich jetzt nicht festlegen. Ich weiß es nicht.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Bitte weitere Fragen. Wir wollen also dem Herrn Zeugen Asservate und Bilder nachher getrennt vorführen. Bitte, Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Heintze, ich habe eine Frage. Sie sagen, die Zwischendecke, die Platten der Zwischendecke, die seien leichter gewesen. Das ist nun etwas unbestimmt. Deswegen möchte ich Sie fragen, wenn nun durch eine Explosion solche Platten rausgerissen, durcheinandergewirbelt werden. Meinen Sie, daß Menschen, die sich eventuell in der Gegend dort befinden, im Zeitpunkt der Explosion, verletzt werden könnten, erheblich verletzt werden könnten, [5789] etwa gar tödlich getroffen werden könnten, oder waren die Platten dazu zu leicht?

Zeuge Hei[ntze]:

Sie meinen jetzt Verletzungen durch diese Platten direkt?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Durch die Platten, die aus der Decke herausgerissen werden durch... Sie wissen ja, wie eine Explosion vor sich geht.

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, ich würde sagen, das ist sowohl möglich, daß leichte, als auch schwere Verletzungen zustande kommen, je nachdem, wie die Platten den Körper treffen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen? Ich sehe nicht.

Herr Zeuge ... Wir wollen dem Herrn Zeugen gleich einmal die Tüte 15 übergeben, mit der Bitte festzustellen, ob er unter diesen dort versammelten Stücken irgend eine markante Sache sieht, die ihm besonders aufgefallen ist.

Dem Zeugen werden versehentlich die einzelnen Plastiktüten des Asservats B 47 Pos. 14 mit der Bitte vorgelegt, festzustellen, ob er unter diesen dort versammelten Tüten irgendeine markante Sache sieht, die ihm besonders aufgefallen ist.

Vors.:

Ist ein Stück, das Ihnen besonders auffällt, in dieser Tüte?

Zeuge Hei[ntze]:

Nein, an und für sich nicht.

Vors.:

Wollten Sie vielleicht mal sehen. Sie hatten vorher bei Ihrer Schilderung besonders dieses Bodenstück erwähnt, ob Sie das hier irgendwo finden?

Zeuge Hei[ntze]:

Das müßte dann in dieser Tüte sein. Das Bodenstück war ja ... hatten wir der Sprengstelle 2 zugeordnet, und das ist alles von Sprengort 1.

Vors.:

Ich sagte doch 15, Pos. 15 (zum Wachtmeister).

Oberstaatsanwalt Holland erscheint wieder um[jjjjj] 14.33 Uhr im Sitzungssaal.

Dem Zeugen wurde sodann das Asservat B 47 Pos. 15 mit der Bitte vorgelegt, festzustellen, ob er unter diesen dort versammelten Tüten irgendeine markante Sache sieht, die ihm besonders aufgefallen ist.

[5790] Der Zeuge wählt aus den Pos. 15 ein Metallteil aus, das die Bezeichnung B 47 Pos. 15.1 trägt. Es ist außerdem vermerkt, auf der Tüte in Klammer, die Buchstaben (BAM 12/4).

Zeuge Hei[ntze]:

Das müßte das gewesen sein, was durch die Wand geschlagen ist.

Vors.:

Wenn Sie mal gerade uns dieses Stück zeigen würden, damit wir die Übereinstimmung feststellen können, mit dem, was Herr Krug gesagt hat.

Dieses Asservat B 47 Pos. 15.1 wird dem Gericht übergeben.

Vors.:

Diese Bezeichnung 12/4 findet sich auch auf diesem Metallstück. Sie ist aufgeschrieben mit Tusche oder irgend so etwas und eingraviert, sehe ich gerade hier. Es ist auch eingraviert: 12/4.

Herr Zeuge, Sie haben erwähnt, daß dieses Stück von Ihnen schon gefunden wurde, bei der ersten Untersuchung dieser Sprengstelle 2, also bevor Sie an die Sprengstelle 3 kamen. Waren Sie selbst beteiligt bei der Auffindung dieses Stücks?

Zeuge Hei[ntze]:

Das kann ich Ihnen also jetzt nicht sagen, ob wir das gefunden haben, bevor wir zur Sprengstelle 3 gegangen sind, oder vorher. Also vorher oder nachher, das kann ich Ihnen jetzt nicht 100 % sagen. Ich meine aber, es wäre noch in der Nacht gewesen, als wir die umliegenden Räume nochmal durchsucht haben.

Vors.:

Frage: Sie sprechen von „wir gefunden haben“. Wissen Sie, wer es gefunden hat? Waren Sie es etwa selbst?

Zeuge Hei[ntze]:

Ich meine, ich wäre dabei gewesen. Ich glaube, Herr Krug und ich, wir sind in den Keller und in den Nachbarraum gegangen.

Vors.:

Herr Krug hat erklärt, er meine, er habe es wohl gesehen, es sei ihm vorgeführt worden, aber er sei nicht der Finder gewesen, sondern das müßte nun wohl nach der Besetzung, entweder Sie oder Herr Möller gewesen sein.

Zeuge Hei[ntze]:

Es ist so lange her. Ich kann es nicht mehr 100 %ig sagen.

Vors.:

Sie können es nicht mehr sagen.

Schauen Sie sich das Stück nochmals genau an. Können Sie wenigstens sagen, das war das Stück, das Sie dort gefunden, [5791] oder gesehen, haben, an dieser Stelle?

Zeuge Hei[ntze]:

Ja, zumindest wurde mir, ja das war im Nachbarraum.

Vors.:

Sollen zu diesem Asservat noch weitere Fragen gestellt werden? Ich sehe nicht. Beim Gericht? Nein. Die Herren Verteidiger? Nicht.

Sodann wird das Asservat B 47 Pos. 13 - 1 brauner Aktenkoffer mit Aufschrift „Bloomquist“ - dem Zeugen gezeigt.

Vors.:

Haben Sie nicht gesehen?

Zeuge Hei[ntze]:

Nein.

Vors.:

Danke. Das Gericht hat dann keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen. Die übrigen Beteiligten - wie ich sehe - auch nicht. Wird etwas gegen den Abschluß der Vernehmung durch die Verteidigung eingewendet? Nicht.

Der Zeuge Heintze[kkkkk] wurde vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.36 Uhr entlassen.

Vors.:

Dann bitte ich noch ganz kurz Herrn Möller.

Ende des Bandes 317.

[5792] Der Zeuge, KHM Möller, erscheint um 14.37 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Klaus Möller, 35 Jahre, Kriminalbeamter,

Polizeipräsidium Frankfurt, Mainzer Landstr. 104;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Auch bei Ihnen können wir uns - nehme ich an im allseitigen Einverständnis - auf gezielte Fragen beschränken. Wir haben den bisherigen Ausführungen der Zeugen entnommen, daß Sie mitbeteiligt waren bei den ersten Ermittlungen, nachdem durchgegeben worden ist, daß es im IG-Farben-Hochhaus in Frankfurt im Mai 1972 zu Detonationen gekommen war.

Zeuge Mö[ller]:

Das trifft zu; das ist richtig.

Vors.:

Dann bitte ich Sie, zunächst uns zu sagen, haben Sie noch Vorstellungen zeitlicher Art, wann Sie eingetroffen sind? Wielange das gewesen sein könnte oder gewesen ist nach dem Geschehnis?

Zeuge Mö[ller]:

Die Vorstellung bezüglich der Verständigung, die hab ich noch ziemlich genau.

Ich war zu diesem Zeitpunkt bei einem Bekannten zu Besuch - oder Kollegen, besser gesagt -, und das Abendessen stand auf dem Tisch; deswegen weiß ich, daß es gegen 19.15 Uhr gewesen ist, ...

Vors.:

... als Sie verständigt wurden?

Zeuge Mö[ller]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie da irgendwelche Feststellungen treffen können, erfahren oder später Feststellungen darüber getroffen, wann das Ereignis selbst gewesen ist?

Zeuge Mö[ller]:

Nein, zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Wir haben nur diesen Telefonanruf vom Kriminaldauerdienst bekommen bzw., der ging bei dem Kollegen ein, daß im IG-Hochhaus ein Sprengstoffanschlag stattgefunden hat. Näheres wußten wir zu diesem Zeitpunkt nicht.

Vors.:

Wie kam es, daß man gerade Sie verständigt hat?

[5793] Zeuge Mö[ller]:

Ich bin Sprengstoffsachbearbeiter gewesen bei der Kriminalpolizei in Frankfurt und war zu Hause nicht zu erreichen, und der andere Kollege war mit mir - wir haben praktisch im Team gearbeitet -, und so hat man ihn angerufen.

Vors.:

Wegen Ihrer besonderen Sachkenntnis sind Sie also zugezogen worden.

Wir wissen inzwischen, daß nach der Auffassung der anderen Ermittlungsbeamten es sich um drei Stellen gehandelt haben könnte, wo Detonationen sich ereignet haben.

In welcher Reihenfolge sind die von Ihnen untersucht worden?

Welche Zeit hat das im einzelnen beansprucht?

Zeuge Mö[ller]:

Wir haben zunächst bei unserem Eintreffen an der Explosionsstelle - ich bezeichne den ganzen Komplex jetzt mal so - versucht, einen Überblick zu schaffen, Sorge dafür getragen, daß eine Absperrung gestellt wird, die leider noch nicht vorhanden war und haben mit der Arbeit praktisch am Haupteingang begonnen des Gebäudes, haben uns das angesehen; gingen dann hoch zu diesem Offizierskasino - mittlerweile war es ja schon dunkel -, und da wurden wir dann einig mit dem Sachverständigen vom LKA Wiesbaden, daß die Sache abgesperrt wird in Verbindung mit deutscher Polizei und Militärpolizei und haben dann am nächsten Tag die eigentlichen Ermittlungen an den einzelnen Sprengstellen ausgeführt.

Vors.:

Nun zunächst am Haupteingang des Hauptgebäudes, wie Sie sich ausdrücken.

Was war das andere für ein Gebäude, das Sie da noch besucht haben, als es schon dunkel war?

Zeuge Mö[ller]:

Das war die Außenfront des sog. Offizierskasinos.

Vors.:

Haben Sie an diesem Abend beim Hauptgebäude schon irgendwelche Beweisstücke sichergestellt, die, sagen wir mal, augenfälliger waren?

Zeuge Mö[ller]:

Gleich bei unserem Eintreffen wurden uns von verschiedenen Polizeibeamten und auch von Zivilisten Hände voll Splitter übergeben, die eingesammelt wurden. Die haben wir dann jeweils gesondert verpackt und haben dann, so lange es die Lichtverhältnisse noch ermöglichten, selbst nachgeschaut und größere Sachen, die aufzufinden waren, noch sichergestellt.

[5794] Vors.:

Zunächst zu den von anderen aufgesammelten Stücken:

Mit welchen Angaben sind die Ihnen übergeben worden, um was sich’s dabei handle?

Zeuge Mö[ller]:

Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Es wurde praktisch pauschal gesagt: „Hier, da hab ich Metallstücke; seh mal zu, wie Du damit zurechtkommst“ - in diesem Sinn.

Vors.:

Aber nun gab es ja dort sicher verschiedene Metallstücke durch zerstörte Einrichtungsgegenstände, [lllll] man konnte auch davon ausgehen, daß die Sprengkörper Metallstücke hinterlassen haben.

Unter welchem Gesichtspunkt haben Sie die Dinge angenommen?

Zeuge Mö[ller]:

Das ließ sich augenscheinlich [mmmmm] ein bißchen abklären, weil Metallteile, die vom Gebäude bzw. von der Gebäudeverkleidung stammen könnten oder konnten, insofern aufgrund der Farbe schon gesichert werden konnten, weil diese Verkleidung, das war Buntmetall - ich nehme an, es ist Kupfer oder irgend so was ähnliches gewesen -, und die anderen Splitterteile mußten zwangsläufig aufgrund der Farbe anderen Metallen zugeordnet werden.

Vors.:

Ist es richtig, wenn ich das dahin verstehe, daß Sie selbst diese überlieferten Stücke angenommen haben in der Annahme, daß das möglicherweise Bestandteile der Sprengkörper gewesen sein könnten?

Zeuge Mö[ller]:

Ja, so ist es.

Vors.:

Und nun sagten Sie, Sie hätten sich[nnnnn] selbst noch, solange das Licht wohl ausgereicht hat, bemüht, Funde zu machen.

Haben Sie irgend etwas Namhaftes gefunden, was Sie heute als etwas Herausragendes bezeichnen würden?

Zeuge Mö[ller]:

Nein, an dem Tag nicht.

Vors.:

Ist Ihnen bekannt, daß an einer dieser Sprengstellen im Hauptgebäude unten am Boden eine Wand durchschlagen war, eine kräftige, durch einen Splitter?

Zeuge Mö[ller]:

Ja, das ist in unserem Bericht die Sprengstelle als Nr. 2 bezeichnet. Da wurde der Fußboden durchschlagen und eine Wand, die sich in westlicher Richtung befindet, wurde auch noch durchschlagen.

Vielleicht darf ich dazu gleich noch sagen:

Da wurde in einem Nebenraum am nächsten Tag ein größerer Split- [5795] ter gefunden, den wir dem Boden eines Sprengkörpers zugeordnet haben.

Vors.:

Wer hat diesen Splitter gefunden?

Zeuge Mö[ller]:

Das weiß ich nicht mehr, wer das gewesen ist.

Vors.:

Sind Sie sich sicher, daß der Splitter erst am nächsten Tag gefunden worden ist?

Zeuge Mö[ller]:

Soweit ich mich erinnere, ja.

Vors.:

Ist Ihre Erinnerung nach Ihrer Meinung sicher? Oder besteht auch die Möglichkeit, daß Sie sich da irren?

Zeuge Mö[ller]:

Ich meine, es wäre am nächsten Tag gewesen; aber mit Sicherheit kann ich diese Frage nicht beantworten.

Vors.:

Haben Sie dieses Stück, von dem Sie dann wohl angenommen haben, daß das der Splitter war, der die Wand durchschlagen hatte, selbst in Händen gehabt und gesehen?

Zeuge Mö[ller]:

Ja, nachdem’s gefunden war und ne gewisse Zeit verlaufen war - ich meine, es hatte ja jeder seine Arbeit in einem abgegrenzten Gebiet - haben wir darüber gesprochen und haben uns das angesehen, damit man bei der weiteren Suche nach weiteren Splittern einen Anhalt hat, wie die Metallzusammensetzung möglicherweise ist.

Vors.:

Unbeschadet Ihrer Meinung, der Splitter sei am nächsten Tag erst gefunden worden:

Könnte er auch unter dem Material z. B. gewesen sein, das Außenstehende gesammelt hatten und Ihnen übergaben?

Zeuge Mö[ller]:

Möglicherweise, aber das weiß ich nicht.

Vors.:

Der Herr Heintze sagte uns eben, dieser Splitter sei nach seiner Erinnerung noch am Abend, also während der ersten Ermittlungen, entdeckt worden, und er meint auch, einer von Ihnen dreien müßte es gewesen sein, der ihn gefunden hat.

Zeuge Mö[ller]:

Es tut mir leid. Das weiß ich aber nicht mehr.

Also ich weiß mit Sicherheit, daß ich diesen Splitter nicht gefunden habe.

Vors.:

Jetzt sind drei Sprengstellen vorhanden gewesen - Sie sind, wie Sie sagen, selbst mit diesen Dingen schon befaßt gewesen, galten als Spezialist - haben Sie sich Vorstellungen machen können über die Stärke der Detonationen? Und hat man da den Eindruck gewonnen, daß hier unterschiedlich starke Sprengkörper verwendet worden sind?

[5796] Zeuge Mö[ller]:

Die Frage läßt sich so pauschal nicht beantworten.

Ich darf das vielleicht mal so ausführen, daß die Objekte in ihrer Eigenart verschieden gewesen sind.

Wenn ich z. B. die Sprengstelle 1 nennen darf - das war nach unseren Feststellungen eine Telefonzelle aus Holz: Die setzt einer wirkenden Kraft nicht die Stärke entgegen, wie meinetwegen eine Betonwand; deswegen ist es durchaus möglich, daß verschieden starke Sprengkörper verwandt wurden.

Vors.:

Sie selber haben sich aber über das offenbar keine Vorstellungen gebildet oder Gedanken gemacht?

Zeuge Mö[ller]:

Wir haben uns oberflächliche Gedanken gemacht; aber insoweit führte das zu nichts, weil man ja auch nicht wußte, was ist es jetzt für Sprengstoff?

Vors.:

Können Sie uns nun, wenn wir zur Sprengstelle drei einen Sprung machen, von der Örtlichkeit her noch sagen:

Nach dem Haupteingang - also wir wissen, daß da ein Vordach gewesen ist und dann kommen die Eingangstüren - was folgte hinter diesen Eingangstüren rechts und links?

Zeuge Mö[ller]:

Sprechen Sie jetzt vom Hauptgebäude oder vom Kasino?

Vors.:

Nein, vom Offiziersclub.

Zeuge Mö[ller]:

Da war zunächst dieses Vordach aus Metall und Drahtglas, dann zwei Türen - da war ein kleiner Vorraum -, dann schlossen im Innern an der Vorderfront entlang Läden. Ich weiß mit Sicherheit: Wenn man vor diesem Haus steht, daß linker Hand zunächst ein Blumengeschäft war, ...

Vors.:

... und rechter Hand?

Zeuge Mö[ller]:

Rechts war ein Büro, wo nach meiner Erinnerung Geld umgetauscht werden konnte oder irgendwelche Bons wurden da gekauft, die zum Verzehr berechtigten - so in der Art und Weise.

Vors.:

Haben Sie in dieses Büro mal einen Blick reingeworfen, wie’s dort aussah?

Zeuge Mö[ller]:

Ja, wir sind zunächst am ersten Tag nicht in das Gebäude reingegangen, weil Einsturzgefahr bestand, ...

Vors.:

... überhaupt nicht am ersten Tag?

Zeuge Mö[ller]:

Am ersten Tag überhaupt nicht, weil uns das Risiko zu groß war, denn der Schaden, der an der Sprengstelle 3 entstanden war, doch so riesig war, daß wir damit rechnen mußten, nachdem wir [5797] auch die Feuerwehr beigeholt hatten, die ja entsprechende Fachleute hat, daß das Risiko zu groß war, da reinzugehen.

Vors.:

Können Sie sich dafür verbürgen, daß das für alle andern Zeugen gilt, daß die am ersten Abend auch keinen Blick dort reingeworfen haben?

Zeuge Mö[ller]:

Nein, das kann ich nicht.

Vors.:

Also es wäre denkbar, daß die einen Blick reingeworfen haben entgegen dieser Sicherheitsbedenken.

Zeuge Mö[ller]:

Es sind, soweit ich mich erinnere, sogar US-Angehörige drin rumgelaufen, die da irgendwelche Dinge noch in Sicherheit bringen wollten.

Vors.:

Nein, ich denke jetzt an Ihre beiden Kollegen.

Zeuge Mö[ller]:

Also ich hab bewußt nicht wahrgenommen, daß auch einer meiner Kollegen da dringewesen war.

Vors.:

Und am nächsten Tag: Haben Sie Anhaltspunkte, ob bis dahin schon Aufräumungsarbeiten und dergleichen stattgefunden haben, so daß Sie den originalen Zustand des Raums gar nicht mehr beobachten konnten?

Zeuge Mö[ller]:

Doch. Ich würde sagen, daß der Zustand des Vorabends noch vorhanden war, daß keine Veränderungen stattgefunden haben.

Vors.:

Haben Sie irgend etwas mitbekommen, daß die Feuerwehr eingesetzt war und hier mit irgendwelchen Sicherungs- oder Aufräumungsarbeiten begonnen hätte, bevor Sie zum erstenmal reinblickten?

Zeuge Mö[ller]:

Nein, die Feuerwehr hat erst dann Sicherungsarbeiten ausgeführt, als wir praktisch die Erlaubnis dazu gaben. Und zwar das Naheliegende war, das Gebäude abzustützen, daß das, wo diese Pfeiler so stark beschädigt waren, nicht zusammenstürzt. Und auch an dem Vordach ist nichts geschehen, bevor wir nicht mit unserer Arbeit fertig waren.

Vors.:

Gehen wir also davon aus, Sie haben erst am nächsten Tag reingeschaut in dieses Büro und in dieses Blumengeschäft.

Wie sah’s da drinne aus?

Zeuge Mö[ller]:

Ich muß meine Aussage insofern berichtigen:

Vom außen durchs Fenster hab ich auch am Vortag schon geschaut, nur das Gebäude selbst hab ich nicht betreten dazu.

[5798] Vors.:

Von außen konnte man ja auch einen ziemlich genauen Eindruck gewinnen, weil die Scheibe nicht mehr existierte.

Zeuge Mö[ller]:

Das war ein reines Tohowabu. Wenn ich z. B. an den Blumenladen denke, da war alles durcheinandergeflogen: die Blumentöpfe und Vasen und was da ringsum im Blumenladen steht; die Begrenzungswand - es war ne Holzwand - war rausgeschlagen durch die Druckwelle in das Innere des eigentlichen Gebäudes rein, und mehr oder weniger der gleiche Zustand bot sich in den anderen Räumen.

Vors.:

Meinen Sie damit auch den Raum, der sich rechts anschloß? - Es ist diese Stube bzw. dieses Büro, von dem Sie meinen, ...

Zeuge Mö[ller]:

Nicht so stark, aber doch auch ganz schön beschädigt.

Vors.:

War dort die Wand auch nur so leicht gebaut, wie Sie es eben schilderten?

Zeuge Mö[ller]:

Das weiß ich nicht mehr.

Das heißt, die Wand, die zum Inneren des Kasinos zeigt, ja. Aber die Seitenwand vom Eingang her - das weiß ich nicht.

Richter Mai[er]:

Herr Möller, hat man im Innern dieses Kasinos - Sprengstelle 3 - Splitter gefunden? - Sie selbst oder andere?

Zeuge Mö[ller]:

Nein, ich nicht.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Keine Frage, aber ich hätte gern, daß dem Zeugen die Bilder aus der heute überreichten Mappe vorgelegt werden betr. die eben angesprochenen Räume, und der Zeuge sich vielleicht mal dazu äußern kann, ob er sich erinnert, was für Holz hier quer herumliegt: Sind das Bretter? Sind das Balken? - wenn er’s gesehen hat.

Vors.:

Wir werden die Bilder nachher Ihrer Anregung entsprechend vorlegen.

Fragen zunächst an den Herrn Zeugen?

Die Herrn Verteidiger? Ich sehe nicht.

Das Asservat B 47 Pos. 15

- die in dem Asservat enthaltenen einzelnen Plastiktüten -

wird dem Zeugen vorgelegt mit der Bitte, die Tüten insgesamt anzusehen, ob er dort ein Stück vorfindet, das ihm besonders damals aufgefallen ist.

[5799] Wenn Sie von sich aus nichts finden, dann werden wir Sie drauf hinweisen, was wir meinen.

Sie können die Gegenstände, soweit sie Sie interessieren, selbstverständlich aus der Tüte rausnehmen, um ein genaueres Bild zu gewinnen

Der Zeuge Möller nimmt aus dem Asservat das Metallstück heraus, das die Bezeichnung B 47 Pos. 15.1 trägt.

Zeuge Mö[ller]:

Dieses Teil ist die nach meiner Erinnerung der vorhin erwähnte Boden, der im Nebenraum gefunden wurde.

Vors.:

Es handelt sich also um das Stück, das vorhin schon in Augenschein genommen wurde mit der Bezeichnung

12/4.

Damit ist eigentlich das, was wir von Ihnen erfahren wollten im Zusammenhang mit den sichergestellten Trümmerstücken, geschehen.

Soll der Herr Zeuge noch weitere Asservate durchsehen auf Wunsch der Herrn Verteidiger?

Ich sehe nicht.

Dem Zeugen werden aus der von der B. Anwaltschaft übergebenen Lichtbildmappe - Anl. 5 zum Protokoll -

die Bilder Nr. 29, 32 und 35

- der Text ist abgedeckt -

vorgezeigt mit der Bitte, sich zu erklären, wenn ihm diese Bilder irgend etwas besagen.

Zeuge Mö[ller]:

Bild Nr. 29 müßte der von mir vorhin erwähnte Büroraum sein.

Vors.:

Auf welcher Seite?

Zeuge Mö[ller]:

Wenn man vor dem Gebäude steht rechts.

Vors.:

Ist der Zustand, so wie er hier abgebildet worden ist, von Ihnen noch beobachtet worden oder können Sie das nicht sagen?

Zeuge Mö[ller]:

Doch. Nachdem ich das Bild jetzt sehe, meine ich, mich erinnern zu können, daß es am Explosionstag auch so aussah.

Vors.:

Und nun war ausdrücklich gewünscht worden, daß Sie vielleicht etwas mehr noch beschreiben könnten, um was für Teile es sich handelt:

Sind das Wandteile? Sind das Deckenteile? Was war das für Holz oder für Späne und für Gegenstände, die hier herumlagen?

[5800] Zeuge Mö[ller]:

Das dürften Wand- und Deckenteile sein, und zwar war das so errichtet, daß man Holzpfosten mit Sperrholz verkleidet hat, das praktisch - vielleicht darf ich’s mal als spanische Wand bezeichnen; der Ausdruck ist zwar nicht richtig, aber so in der Art oder als Zwischenwand praktisch nur, die nicht tragend war und deshalb in einer ganz leichten Art und Weise praktisch nur als Grenze oder als Abgrenzung vorgesehen war.

Vors.:

Haben Sie Beobachtungen gemacht, was mit der Decke dieses Raumes geschehen ist?

Zeuge Mö[ller]:[ooooo]

Die Decke war aus Dämmplatten - das war so eine abgehängte Decke mit Dämmplatten -, und die Dämmplatten waren doch in einem sehr starken Umfang - wie soll ich mich ausdrücken durch die Gegend geschleudert.

Vors.:

Und Bild 35 bitte noch?

Zeuge Mö[ller]:

Bild 35 ist der von mir erwähnte Blumenladen.

Vors.:

Irgendwelche Fragen zu den Bildern noch?

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Der Zeuge Krug hat zu Bild 32 derselben Mappe nichts sagen können. Vielleicht kann Herr Möller etwas dazu sagen.

Vors.:

Gerne. Sie sollten jetzt sich bitte Bild 32 ansehen, ob Ihnen das Bild irgendwas besagt - Text ist abgedeckt.

Zeuge Mö[ller]:

Mit Sicherheit kann ich’s nicht sagen. Aber ich glaube, das ist eine Aufnahme vom Keller zur Explosionsstelle 2 hin.

Vors.:

Ist Ihre Frage beantwortet bzw. Ihr Wunsch erfüllt? Gut. Sonstige Wünsche bezüglich der Bilder? Keine Fragen?

Das Gericht hat an den Herrn[ppppp] Zeugen keine Frage mehr.

Die Prozeßbeteiligten? Ich sehe, auch keine Frage mehr.

Wird etwas gegen die Vereidigung eingewendet? Nicht.

Vor der Vereidigung des Zeugen Möller bleibt [qqqqq] der Mann, der sich heute früh erst nach der Ermahnung durch den Vorsitzenden erhob, wieder sitzen.

Wollen Sie sich bitte erheben? Ich würde aber jetzt diese Provokation versuchen, von vornherein zu unterlassen.

[5801] Daraufhin verläßt diese Person den Sitzungssaal.

Der Zeuge Möller wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.59 Uhr entlassen.

Pause von 14.59 Uhr bis 15.12 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 15.12 Uhr ist der Zeuge KHK Mauritz anwesend;

RA Künzel ist nicht mehr[rrrrr] anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Es ist der Zeuge Mauritz, der auf 14.00 Uhr geladen war, inzwischen erschienen. Sie waren heute früh bei der Belehrung nicht anwesend.

Der Zeuge Mauritz wird gemäß § 57 StPO[90] belehrt.

Der Zeuge erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Mau[ritz]:

Siegfried Mauritz, 42 Jahre, Kriminalhauptkommissar,

B. Kriminalamt Wiesbaden;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie im Zusammenhang mit Detonationen, Sprengstoffanschlägen oder einem Sprengstoffanschlag auf das IG-Farben-Hochhaus in Frankfurt im Mai des Jahres 1972 bei den Ermittlungen beteiligt waren?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, in einem Teilbereich bin ich beteiligt gewesen, und zwar nicht direkt am Tatort sondern ausschließlich bei der Erfassung einiger dort sichergestellter Beweismittel bzw. Asservate, die ich dann, nachdem mir das von der Kriminalpolizei in Frankfurt überstellt wurde, aufgelistet habe und diese Asservatenliste unterschrieben habe.

[5802] Vors.:

Man kann also davon ausgehen, daß Ihnen die Beweisstücke damals angeliefert wurden, und Sie, nach dem, was Sie mit den Augen seihst gesehen haben, eine Liste angefertigt haben?

Zeuge Mau[ritz]:

Ganz recht.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß, wenn diese Liste hier vorliegt, daß es keinen Gegenstand gibt in dieser Liste, den Sie nicht selbst gesehen hätten?

Zeuge Mau[ritz]:

Ich kenne jeden Gegenstand. Also ich will mich vielleicht so ausdrücken, daß natürlich bei diesen Bombensplittern vielleicht jetzt im Detail nicht sagen könnte, daß ich jeden Splitter in der Hand gehabt habe. Aber ansonsten kenne ich jedes Asservat.

Vors.:

Wissen Sie auch heute noch, wie Sie diese Beweisstücke nummeriert haben, unter welcher Obernummer?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, die Obernummer ist B 47.

Vors.:

Und wieviel Positionen waren es, die sie im einzelnen gemacht haben?

Zeuge Mau[ritz]:

1 - 16.

Vors.:

Sind Ihnen aus dieser Nummerierung heraus noch einzelne Beweisstücke oder gar alle noch im Gedächtnis bekannt?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, es sind Kennzeichen dabei, einmal das Kennzeichen - also ich kenne natürlich die Nummern jetzt nicht mehr so genau aus dem Gedächtnis - das, welches sich am Fahrzeug befand; dann ist ein weiteres Kennzeichen unter einer Matte gefunden worden; es ist ein Kreuzschlüssel dabei; es ist, glaube ich, ein Bremsöl dabeigewesen; dann ist ein Zündschloß und ein Türgriff dabeigewesen ... -

Vors.:

Wenn Ihnen aus dem Gedächtnis nichts Weiteres einfällt, können wir Ihnen Verschiedenes vorhalten.

Zeuge Mau[ritz]:

... und natürlich die ganzen Splitter, nicht.

Vors.:

Die Splitter haben Sie im Augenblick jetzt noch miteinbezogen. Offenbar erkennen Sie die Beweisstücke, die hier liegen.

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, es sind vor allem diese Plastiktüten, die wohl eindeutig von unserer Dienststelle stammen.

Vors.:

Ist Ihnen sonst noch irgend etwas aus dem Gedächtnis bekannt?

Zeuge Mau[ritz]:

Bei den Splittern könnte ich z.B. vielleicht da besonders prägnante Dinge, also wozu auch ein besonders großer Splitter gehört, der mehrfach in die Untersuchung gegeben wurde.

[5803] Ich war ja auch für den Versand, z. B. die Untersuchungen bei der B. Anstalt für Materialprüfung - das hatte ich übernommen -, und da sind natürlich auch, soweit ich weiß, Batteriefragmente und Uhrenteile; so etwas müßte sich auch dabei befinden.

Vors.:

Außerhalb der Splitter? - Wenn nicht, das ist kein Problem, werden wir Ihnen das dann vorhalten bzw. die Liste ohnedies einführen müssen.

Zeuge Mau[ritz]:

Kann ich jetzt im Moment nichts sagen.

Vors.:

Sie wissen nichts mehr.

Kann man auch davon ausgehen, daß Ihnen jetzt schon bezüglich dieser Gegenstände, die Sie grade genannt haben, nicht mehr geläufig ist, welche einzelnen Positionsnummern die haben?

Zeuge Mau[ritz]:

Nein. Also ich weiß z. B., daß die ersten Nummern mit den Kfz-Kennzeichen anfangen, und die letzten sind die Bombensplitter - also an soviel kann ich mich erinnern.

Dem Zeugen wird das Protokoll über die beschlagnahmten Gegenstände des BKAs Wiesbaden

- Bd. 86 II Bl. 257/258 -

übergeben mit der Bitte, sich darüber zu äußern, ob es sich um die Liste handelt, die er damals aufgestellt hat und ob er diese Unterschrift als die seine anerkennt.

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, es ist die Liste und auch meine Unterschrift.

Gemäß § 249[sssss] StPO[91] wird das Protokoll über die beschlagnahmten Gegenstände

- Bd. 86 II Bl. 257/258 -

verlesen.

RA v[on] Plottnitz erscheint um 15.20 Uhr kurz im Sitzungssaal.

Vors.:

Wenn Sie das gehört haben, können Sie sich verbürgen, daß diese Liste vollständig und korrekt nach dem Material, das Ihnen vorgelegen hat, aufgenommen worden ist?

Zeuge Mau[ritz]:

Das ist vollständig und richtig.

[5804] Das Asservat B 47 Pos. 13

- ein brauner Aktenkoffer mit der Aufschrift „Bloomquist“ -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Vors.:

Ist Ihnen dieser Koffer bekanntgeworden?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, ist mir in Erinnerung.

Vors.:

Haben Sie sich selber überzeugt, daß dieser Koffer den Namen „Bloomquist“ trägt?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja.

Es sind hier außerdem noch zwei Aufkleb..., (unverständlich) die von meiner Dienststelle stammen, die ich selbst aber nicht aufgeklebt habe. Das ist unterschrieben von einem Komplexsachbearbeiter, Herrn Boieck, von meiner Dienststelle.

Vors.:

Und diese mittlere Aufschrift, die hier zu sehen ist - rot?

Zeuge Mau[ritz]:

Dieser rote Aufkleber?

Vors.:

Ja, war das schon drauf?

Zeuge Mau[ritz]:

Das war drauf, ja.

Das Asservat B 47 Pos. 1

- zwei Kfz-Kennzeichen F-NH 425 -

wird dem Zeugen übergeben.

Vors.:

Erkennen Sie diese Kennzeichen wieder als die von Ihnen damals in der Hand gehabten?

Zeuge Mau[ritz]:

Dieser Aufkleber ist eindeutig von mir handschriftlich angefertigt worden.

Das Asservat B 47 Pos. 2

- zwei Kfz-Kennzeichen F-NE 971 -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Zeuge Mau[ritz]:

Das ist das gleiche - auch von mir.

Das Asservat B 47 Pos 3

- Wagenheber, Bilstein Nr. AB 1915 -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

[5805] Zeuge Mau[ritz]:

Ja.

Das Asservat B 47 Pos. 4

- ein Kreuzschlüssel „Eldi-Spezial“ -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Vors.:

Also Sie erkennen die Aufkleber auch wieder?

Zeuge Mau[ritz]:

Das sind alles Aufkleber von mir selber angebracht.

Das Asservat B 47 Pos. 5

- eine Dose Bremsflüssigkeit ATE -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Zeuge Mau[ritz]:

Das gleiche.

Das Asservat B 47 Pos. 6

- abgebrochener Schraubenzieher, rot -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Zeuge Mau[ritz]:

Das gleiche.

RA Dr. Heldmann verläßt um 15.24 Uhr den Sitzungssaal.

Das Asservat B 47 Pos. 7

- ein Zündschloß 113 953 503, ausgebaut aus VW F-NE 971 -

wird dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Vors.:

Pos. 7: Zündschloß, ausgebaut. Wir wollen mal die Nummern vergleichen.

Können Sie die Nummern drauf feststellen und vorlesen?

Zeuge Mau[ritz]:

B 47 [ttttt] 7 - die Sieben bedeutet die Position, die 47 der Komplex und 5 ist eine von uns ...

Vors.:

Nein, die Nummer des Zündschlosses, die Fabrikatnummer.

Zeuge Mau[ritz]:

Die Nummer des Zündschlosses: 113 953 503.

Vors.:

Jawohl. Stimmt mit Ihrer Liste überein.

Die Asservate B 47 Pos. 8

- Zünd- bzw. Türschlösser für VW 45 MC 10+45MC 11, aus F-NE 971 -

[5806] und Pos. 9

- Schloß aus Fahrertür F-NE 971 -

werden dem Zeugen zur Ansicht übergeben.

Vors.:

Auch hier könnten wir mal vergleichen, ob Sie die hier aufgeführten Fabrikatkennzeichen wiederfinden - Zahlen und Bezeichnungen.

Zeuge Mau[ritz]:

Ich kenne die Teile. Allerdings ist hier z. B. ... sind hier gelbe Klebestreifen mit der gleichen Asservatenbezeichnung oder ... Nein, nicht gleiche, andere Positionen; diese Klebestreifen sind nicht von mir drangemacht worden. Ich weiß aber, daß das bei unseren Kollegen in Godesberg geschehen ist, die sich seinerzeit speziell z. B. mit Schlüsseln und Schlösser befaßt haben.

Vors.:

Dann Pos. 9?

Zeuge Mau[ritz]:

Der Türgriff ist die Pos. 9, und dann sind zwei Schlüssel mit der Pos. 8.

Die Asservate B 47 Pos. 10

- drei Papierschnitzel, ein Abriß einer Erfrischungstuchverpackung -

und Pos. 11

- zwei schwarze Kunststoffknöpfe mit Gewinde -

werden dem Zeugen zur Ansicht übergeben, sowie Pos. 12

- schwarzes Brillenetui mit abgeschnittener Ecke -.

Vors.:

Pos. 10 zunächst.

Zeuge Mau[ritz]:

Das sind beides Bezeichnungen von mir.

Vors.:

Pos. 11.

Zeuge Mau[ritz]:

11 ist schon dabeigewesen.

Vors.:

Pos. 12.

Zeuge Mau[ritz]:

Stammt ebenfalls von mir.

Vors.:

Den [uuuuu] Aktenkoffer haben Sie bereits gesehen - das war Pos. 13.

Die Asservate B 47 Pos. 14 - 16

- drei Plastikbeutel mit Metallsplittern -

werden dem Zeugen gezeigt.

Zeuge Mau[ritz]:

Zu Pos. 16:

Die hier befindlichen Aufkleber stammen beide von mir.

[5807] Vors.:

Und wenn Sie so dem äußeren Anschein nach urteilen können, entspricht das dem Zustand, wie Sie ihn damals nach Asservierung wieder weitergegeben haben und auch bekommen haben vorher?

Zeuge Mau[ritz]:

Es sind ja alle einzelnen Beutel ebenfalls besonders bezeichnet worden, und das ist alles meine Handschrift.

Vors.:

Und die Bezeichnung der Beutel innerhalb des großen Beutels, stammt die auch von Ihnen oder kam das schon so an?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, z. B. hier:

Pos. 16 ist ja alles. Da ist in einem Beutel ein Papierzettel mit einer roten Drei bezeichnet - offensichtlich die Sprengstelle - dieser Zettel stammt nicht von mir, ist offensichtlich von den Beamten wohl, die am Tatort den Sachverhalt aufgenommen haben, reingelegt worden.

Vors.:

Kam das schon in diesem Beutel zu Ihnen an?

Zeuge Mau[ritz]:

Das kam in diesem Beutel zu mir an ...

Vors.:

... und mit diesem zugefügten Zettel, und Sie haben dann außen die Bezeichnung draufgefügt.

Zeuge Mau[ritz]:

Ganz recht, ja.

Vors.:

Zu den Pos. 14 und 15:

Noch weitere Fragen an Sie, Herr Mauritz?

Ich glaube, Sie müßten diesen Dingen im einzelnen nicht mehr nachgehen. Sie sagen: Dem äußeren Anschein nach erkennen Sie das wieder als das Material, das Ihnen vorgelegen hat zur Asservierung? ...

Zeuge Mau[ritz]:

... wobei wieder hier das gleiche ist:

Es sind hier Zettel, die offensichtlich wohl von andern Beamten, die am Tatort waren.

Vors.:

Danke schön.

Bitte, wenn Sie wieder Platz nehmen wollen.

Sämtliche aufgeführten Asservate unter der Nr. B 47 Pos. 1 - 11 wurden in Augenschein genommen.

Alle Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

[5808] Vors.:

Bitte schön, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Mauritz, nur noch zur Klarstellung:

Sie sagen, die Sachen sind Ihnen von der Kriminalpolizei in Frankfurt übergeben worden.

Zeuge Mau[ritz]:

Nein, das ist sachlich nicht ganz richtig, und zwar bezog sich das auf die Teile ausschließlich der Sprengkörper, Batterie und Uhrenteile.

Richter Mai[er]:

Von wem haben Sie die bekommen?

Zeuge Mau[ritz]:

Diese Sachen sind zeitlich wesentlich später zu mir gekommen, und zwar auf dem Wege über die erste Stelle, die die entsprechenden technischen Untersuchungen gemacht hat beim Hessischen LKA in Frankfurt; dann sind die Sachen weitergeleitet worden an unsere Kriminaltechnik - das ist der Fachbereich II.

Richter Mai[er]:

Gut, das genügt schon, Herr Mauritz.

Und in beiden Fällen - sowohl, wenn die Sachen von der KriPo kamen als auch, wenn sie vom Hessischen LKA kamen - wurden sie Ihnen übergeben mit der Herkunftsbezeichnung „Sprengstoffanschlag Frankfurt“?

Habe ich Sie vorher so richtig verstanden?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, das ist richtig; allerdings ergänzend:

Weil ich ja selbst nicht am Tatort war, mußte ich ja auch ein schriftliches Stück in die Hand bekommen und das kam in der Form, daß ich immer ein Gutachten mitbekam, so daß ich mich anhand der Gutachten daran orientieren und auch die Vollzähligkeit überprüfen konnte.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr RA Schily, bitte schön.

RA Schi[ly]:

Darf ich noch fragen, ob der Herr Mauritz noch ein anderes Mal geladen wird, möglicherweise zu anderen Beweisthemen? Dann würde ich nämlich die Befragung zunächst zurückstellen, weil sie nicht unmittelbar mit diesen Asservaten zu tun hat.

Vors.:

Er wird noch öfters kommen. Wenn aber das noch in den zeitlichen Rahmen heute hineinpaßt, das, was Sie fragen wollen ...?

RA Schi[ly]:

Dann möchte ich’s lieber zurückstellen.

[5809] Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Es ist beabsichtigt, den Zeugen auf die heute geleistete Aussage zu vereidigen. Einwendungen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge Mauritz wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.29 Uhr entlassen.

Wir fahren morgen früh um 9.00 Uhr fort mit der Vernehmung des

Zeugen Witt.

Maßgeblich - jetzt sind also die Ordnerangaben diesmal einigermaßen verläßlich - der

Ordner 86 - Zeuge Boieck

und zusätzlich zu einem Zusatzthema der

Ordner 77;

Rossmar

- maßgeblich Ordner 86;

Glyer und Pink -

auch Ordner 86,

so daß wir also morgen Ordner 86/1, 2 und O 77 benötigen.

Ich möchte noch auf folgendes hinweisen:

Die B. Anwaltschaft hat ja in der Sitzung mitgeteilt, daß im Zusammenhang mit der Zeugenaussage Hoff Teile, die der B. Anwaltschaft nicht von wesentlicher Bedeutung erschienen, bei der Geschäftsstelle des Gerichts eingesehen werden können. Das sind also die Teile, die aus dem Ordner heraus zahlenmäßig fehlen.

Ich möchte drauf hinweisen, daß sich bei diesen Teilen, wie das Gericht feststellen konnte, auch die Bildmappe mit 45 Nummern befindet, nach der der Zeuge Hoff Aussagen zu der Person der jungen Leute, die mit ihm Kontakt gehabt haben, gemacht hat. Der Zeuge Freter ist gebeten worden, daß er die Originalbilder, die dabei verwendet worden sind, zu seiner Vernehmung hier mitbringt.

[5810] Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, daß also diese Bildmappe eingesehen werden kann auf der Geschäftsstelle - es handelt sich um eine Ablichtung; die Originalbilder haben wir nicht.

Dann setzen wir die Sitzung morgen früh um 9.00 Uhr fort.

Ende der Hauptverhandlung um 15.31 Uhr.

Ende von Band 318.


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Anlage 1 zum Protokoll vom 20. Januar 1976: Bestellung des Rechtsanwalts Augst als Vertreter für Rechtsanwalt Eggler.

[3] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[4] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[5] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[6] Anlage 2 zum Protokoll vom 20.1.76: Aussagegenehmigung für KHK Krug.

[7] Anlage 3 zum Protokoll vom 20.1.76: Aussagegenehmigung für KHK Heintze.

[8] Anlage 4 zum Protokoll vom 20.1.1976: Aussagegenehmigung für KHM Möller.

[9] Im Zuge der Dekolonisation seit dem Ersten Weltkrieg kam es zu einigen Nationalbewegungen in den (ehemaligen) europäischen Kolonialreichen, die vor allem auf die weltpolitischen Umwälzungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs reagierten, um das schon im Zuge des Ersten Weltkriegs von Lenin und Präsident Wilson verkündete Selbstbestimmungsrecht der Völker durchzusetzen. Die Formen des Unabhängigkeitskampfes variierten dabei - insbesondere in Abhängigkeit vom Widerstand der Kolonialmächte - zum Teil stark. Neben gewaltsamen Aufständen und kriegerischen Auseinandersetzungen (z.B. im Algerienkrieg) vollzogen sich auch friedliche(re) Loslösungsprozesse (Indien). Darüber hinaus wurden viele Befreiungsbewegungen von Intellektuellen und Theoretiker/innen geprägt. Von der Neuen Linken wurden ihre Theorien begeistert rezipiert und die „Dritte Welt“ zum „revolutionären Subjekt“ (Fanon) stilisiert (Deppe, Politisches Denken im Kalten Krieg, Teil 2, 2008, S. 301 ff.; Jansen/Osterhammel, Dekolonisation, 2013, S. 25, 107 f.).

[10] Die Chinesische Revolution zeichnet sich im Gegensatz zu vielen anderen Revolutionen durch ihre schwer bestimmbare Dauer aus. Gudrun Ensslin bezieht sich an dieser Stelle wahrscheinlich auf den Prozess der Erringung nationaler Souveränität durch den siegreichen Kampf Chinas gegen die japanischen Besatzer (1937-1945) und die bereits im chinesischen Bürgerkrieg (1946-1949) beginnende Umgestaltung der bisherigen politischen und Eigentumsverhältnisse zugunsten der ländlichen Bevölkerung. Diese Umgestaltung wurde nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 fortgesetzt und wenig später in der speziellen Form eines chinesischen Sozialismus auf sämtliche Bereiche der Gesellschaft und des Staates ausgedehnt. Als Staatsoberhaupt verfolgte Mao Tse-tung die kommunistische Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft. Eine landesweit umgesetzte Bodenreform und der ungeordnete Versuch, die agrarisch geprägte Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit zu industrialisieren, führten ab 1959 zu einer Hungerkatastrophe und dem Tod von - groben Schätzungen zufolge - 20 bis 40 Millionen Menschen. Diese Darstellung der chinesischen Revolution ist nach Auffassung vieler Historiker/innen jedoch eine unzulässige Verkürzung des langen revolutionären Prozesses, der noch vor dem Sturz des chinesischen Kaisertums im Jahr 1911 begann und keinesfalls als reine Bauernrevolution zu kennzeichnen ist (Dabringhaus, Mao Zedong, 2008, S. 83 ff.; Osterhammel, in Wende [Hrsg.], Große Revolutionen der Geschichte, 2000, S. 244 ff.).

[11] Als vietnamesische Revolution oder „Augustrevolution“ wird die Unabhängigkeit Vietnams von der französischen Kolonialmacht und der japanischen Besatzung bezeichnet, welche die von dem kommunistischen Aktivisten und Politiker Ho Chi Minh 1941 gegründete„Liga für die Unabhängigkeit Vietnams (Viet Minh)“ im August 1945 erreichte. Der kurzen Phase der Unabhängigkeit folgte der Rückeroberungsfeldzug Frankreichs im ersten Indochina-Krieg von 1946 bis 195 4, der nach acht Kriegsjahren zur Teilung Vietnams in die nordvietnamesische Demokratische Republik Vietnam und die südvietnamesische Republik Vietnam führte. Nach dem Krieg regierte Ho als Präsident bis zu seinem Tod 1969 das kommunistische Nordvietnam (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 10. Aufl. 2016, S. 11 ff.; Krieger, Geschichte Asiens, 2003, S 241 f.).

[12] Als Mao Tse-tung, Staatsoberhaupt der 1949 gegründeten Volksrepublik China, den Rückhalt in der Kommunistischen Partei Chinas zu verlieren drohte, rief er 1966 mit Hilfe einer fanatisch entfesselten Jugend die sog. Kulturrevolution aus, die die Ausschaltung „reaktionärer“ Kräfte innerhalb der Partei und dem Staat zum Ziel hatte und in deren Folge Millionen Menschen ihr Leben verloren. Von verschiedenen Guerillabewegungen weltweit wurde Mao allerdings als Theoretiker und Stratege bewundert (Dabringhaus, Mao Zedong, 2008, S. 89 ff.; Nerb, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 88).

[13] Wladimir Iljitsch Lenin (eigentlich Uljanow, 1870-1924) war ein marxistischer Theoretiker und Revolutionär, der die Lehren von Marx und Engels fortentwickelte. In zahlreichen Schriften setzte er sich u.a. mit Themen der Entwicklung des Kapitalismus in Russland sowie einer wissenschaftlichen Analyse des Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus auseinander. Nachdem er auf dem II. Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands seine Parteikonzeption durchsetzen konnte, spaltete sich die Partei; unter seiner Führung entstanden die Bolschewiki. Lenin trat u.a. für einen bedingungslosen Kampf gegen den Zaren und die Beendigung des Ersten Weltkriegs ein. Nachdem im Jahr 1917 die sog. Februarrevolution zum Rücktritt des Zaren und zur Beendigung der Monarchie geführt hatte, kündigte die Übergangsregierung für Herbst 1917 eine verfassungsgebende Versammlung an, die über die künftige Regierungsform entscheiden sollte. Dem kamen die Bolschewiki durch die sog. Oktoberrevolution zuvor und übernahmen unter Lenins Führung die Macht im russischen Reich. Es schloss sich ein mehrjähriger Bürgerkrieg an, nach dessen Ende 1922 die Sowjetunion unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei Russlands gegründet wurde.

[14] Karl Marx (1818-1883) war ein deutscher Philosoph und Ökonom. Er gehört bis heute zu den einflussreichsten Theoretiker/innen der politökonomischen Ideengeschichte. Unter seiner Leitung wurde 1847 der „Bund der Kommunisten“ in Brüssel gegründet. In enger Zusammenarbeit mit Engels verfasste er zahlreiche Schriften. Sein Hauptwerk „Das Kapital“ umfasst drei Bände, von denen er allerdings nur den ersten 1867 selbst herausbringen konnte; Band zwei und drei veröffentlichte Engels posthum 1884 und 1885 auf Grundlage seiner Aufzeichnungen. Marx und Engels gelten als Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus (Wächter, in Ders. [Hrsg.], Ökonomen auf einen Blick, 2017, S. 170 ff.).

[15] Friedrich Engels (1820-1895) war ein bedeutender Theoretiker der Arbeiterklasse. Seit 1844 arbeitete er eng mit Marx zusammen. Zu seinen bekanntesten Werken zählt die zwischen 1876 und 1878 in der Zeitung „Vorwärts“ veröffentlichte Abhandlung „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“, die aufgrund der kritischen theoretischen Auseinandersetzung mit Dührings philosophischen und ökonomischen Ansichten auch als „Anti-Dühring“ bezeichnet wurde (Wächter, in Ders. [Hrsg.], Ökonomen auf einen Blick, 2017, S. 181 ff.).

[16] Rosa Luxemburg (1871-1919) wuchs im russisch besetzten Polen auf, ging aber nach ihrem Abitur in die Schweiz und studierte an der Universität Zürich u.a. Philosophie, Naturwissenschaften, Nationalökonomie und Staatswissenschaften. 1887 wurde sie promoviert. 1898 erwarb sie die deutsche Staatsbürgerschaft zog nach Berlin, wo sie in die SPD eintrat. Zusammen mit Karl Liebknecht war sie 1914 an Gründung der Gruppe Internationale beteiligt. Während des Ersten Weltkrieges verbrachte die radikale Kriegsgegnerin mehrere Jahre in Haft; zunächst in Vollstreckung einer einjährigen Haftstrafe, überwiegend aber in militärischer Schutzhaft. Dort verfasst sie die erst nach ihrem Tod aus ihrem Nachlass von Paul Levi veröffentlichte und unvollständige Schrift „Zur russischen Revolution“, aus der ihr wohl bekanntester Satz stammt: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“. Nach ihrer Haftentlassung 1918 war sie Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund, KPD), für die sie das Parteiprogramm verfasste. 1919 wurde sie zusammen mit Liebknecht von Offizieren der Garde-Kavallerie-Schützen-Division verhaftet und kurz darauf ermordet (Clark, Rosa Luxemburg, „The Russian Revolution“, in Studies in East European Thought 2018, S. 153, 154; Laschitza, Rosa Luxemburg, 2000, S. 41, 66 ff., 487 ff., 531 ff., 492 f., 620 ff.).

[17] Antonio Gramsci (1891-1937) war ein italienischer Journalist, Schriftsteller und Philosoph. Er setzte sich intensiv mit den Schriften von Marx und Engels auseinander. Dabei stellte er u.a. das in ihnen enthaltene Verständnis von Herrschaft und Staat in Frage und prägte den Begriff der Hegemonie. 1921 war er Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens. Noch vor der Machtergreifung der Faschisten unter der Führung von Benito Mussolini ging er zunächst nach Moskau und später nach Wien; nach seiner Rückkehr wurde er im Jahr 1926 verhaftet. Während seiner Haftzeit entstanden mit den sog. Gefängnisschriften seine wohl bekanntesten Werke. Ihre Veröffentlichung wurde maßgeblich ermöglicht durch seine Schwägerin Tatjana Schucht, die die Hefte an der Zensur vorbei aus dem Gefängnis brachte und dem damaligen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei, Palmiro Togliatti, zukommen ließ. Dieser veröffentlichte zwischen 1948 und 1951 eine Auswahl der Schriften; eine Gesamtausgabe erschien erst 1975. Gramsci selbst erlebte die Veröffentlichungen allerdings nicht mehr. Nur wenige Tage nach seiner Haftentlassung starb er 1937 in Rom im Alter von 46 Jahren (Deppe, Politisches Denken im 20. Jahrhundert. Band 2, 2016, S. 208, 217, 221 f., 245 ff.).

[18] Obwohl unter den genannten Personen keineswegs Einigkeit über die Vorstellung von dem richtigen Weg in eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft und der Rolle des Staates darin bestand, kamen sie gleichwohl nicht ohne die (zeitweise) Instrumentalisierung des Staates und den Einsatz seiner Macht und Strukturen aus. So ist es nach dem im Kommunistischen Manifest (s. Fn. 21) dargelegten Vorgehen erforderlich, dass in einem ersten Schritt der Arbeiterrevolution das Proletariat zur herrschenden Klasse wird und die erlangte politische Macht nutzt, um die Produktionsmittel in Staatseigentum umzuwandeln, wodurch sie gesellschaftlich kontrolliert und zum Nutzen der gesamten Gesellschaft eingesetzt werden können. Der Staat wird damit Mittel zum Zweck in einem Prozess, an dessen Ende - dem vollendeten Kommunismus - er nicht mehr gebraucht wird; indem das Proletariat als herrschende Klasse die Produktionsverhältnisse aufhebt, werden gleichzeitig auch alle Klassengegensätze aufgehoben und damit auch die Bedingung für die eigene Herrschaft (s. die kommentierte Ausgabe in Stedman Jones, Das Kommunistische Manifest, 2012, S. 253, 275 ff.; zu Lenins Verständnis von der „Diktatur des Proletariats“ s. auch Deppe, Politisches Denken im 20. Jahrhundert. Band 1, 2016, S. 291 ff.). Insbesondere Gramsci stellte der marxistischen Vorstellung des Staates als unterdrückende Einheit eine komplexere Darstellung entgegen, in der er zwischen politischer Gesellschaft und Zivilgesellschaft differenziert. Für eine erfolgreiche Revolution sei es entscheidend, die Ideen und Ideale zunächst in der Zivilgesellschaft zu verankern (Deppe, Politisches Denken im 20. Jahrhundert. Band 2, 2016, S. 245 ff.; Langemeyer, in Hepp/Krotz/Thomas [Hrsg.], Schlüsselwerke der Cultural Studies, 2009, S. 72, 74 f.). Mit dem zunehmenden Erfolg sozialistischer Parteien Ende des 19. Jahrhunderts in mehreren Ländern wurde die Frage nach der richtigen politischen Taktik drängender, verschob sich aber auch weiter in Richtung staatstragender Reformvorstellungen. Rosa Luxemburg beschrieb diesen Konflikt mit der Frage „Sozialreform oder Revolution?“ in ihrer gleichnamigen Schrift aus dem Jahr 1899. Darin stellte sie sich gegen den insbesondere von Eduard Bernstein verfolgten revisionistischen Ansatz, soziale Gerechtigkeit mit den Mitteln eines parlamentarisch-demokratischen Staates zu verfolgen (Danzer, in Ders. [Hrsg.], Europa, deine Frauen, S. 266, 268 f.; Sassmannshausen, in Salzborn [Hrsg.], Handbuch Politische Ideengeschichte, S. 183, 187 ff.).

[19] Der Gründungsparteitag der „Kommunistischen Partei Deutschland (Spartakusbund)“ (KPD) fand vom 30. Dezember 1918 bis zum 1. Januar 1919 im Preußischen Landtag statt. Rosa Luxemburg, eine der Führungspersönlichkeiten des linksradikalen Spartakusbundes und Mitglied des KPD-Parteivorstandes, stellte am 31. Dezember 1918 das Parteiprogramm vor. Während ihrer Rede distanzierte sie sich vom Weg der demokratischen Umgestaltung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, den vor allem die SPD ihrer Ansicht nach zu lange erfolglos verfolgt habe. Stattdessen sprach sie sich unter Bezugnahme auf Karl Marx für eine grundlegende sozialistische Umwälzung aus, die nun konsequent einzuleiten sei und an deren Ziel die proletarische Klassenherrschaft zu stehen habe (abgedruckt ist die Rede in Weber [Hrsg.], Der Gründungsparteitag der KPD, 1993, S. 172 ff.; s. auch Weber/Herbst, Deutsche Kommunisten, 2. Aufl. 2008, S. 567 f.).

[20] „Staat und Revolution“ ist eine der grundlegenden Schriften Lenins zur sozialistischen Staatstheorie, in der er sich im Spätsommer 1917 dem Prozess der Zerstörung des bürgerlichen Staates und der Entstehung einer proletarischen Diktatur widmete (Beyrau, in Wende [Hrsg.], Große Revolutionen der Geschichte, 2000, S. 190 f., 205; Llanque, Politische Ideengeschichte, 2011, S. 410 f.).

[21] Karl Marx erarbeitete zusammen mit Friedrich Engels ab 1847 das „Manifest der Kommunistischen Partei“ (auch: Kommunistisches Manifest) im Auftrag des Bundes der Kommunisten - einer Nachfolgeorganisation des 1838 revolutionären Zirkels „Bund der Gerechten“ (Stedman Jones, Das Kommunistische Manifest, 2012, S. 53 ff., 65 f.). In dem Manifest arbeiteten sie insbesondere die erforderlichen Schritte einer proletarischen Revolution und dem anschließenden Übergang in den Kommunismus heraus. Das Manifest wurde im Februar 1948 in London veröffentlicht und mittlerweile in über 100 Sprachen übersetzt. Im Juni 2013 wurde es in das UNESCO-Dokumentenerbe aufgenommen.

[22] Karl Kautsky, der bedeutendste Theoretiker der deutschen SPD zur Zeit der Jahrhundertwende, beschäftigte sich vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre mit der Entwicklung des Imperialismus und dessen Verhältnis zum Kapitalismus. Aus dieser Beschäftigung ging unter anderem das Konzept des Ultraimperialismus hervor. Kautsky beschrieb den Ultraimperialismus als eine von verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten des Imperialismus, in der Bevölkerungen und Staaten durch ein sich global zusammenschließendes Finanzkapitel gelenkt würden, das zwar aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischenstaatlichen Frieden verspreche, aber zugleich die Ausbeutung und Aufteilung der Welt vorantreibe (Teusch, Zeitschrift für Politik, Band 53 Heft 2, S. 188, 190 f., 201 f.; Wächter, Ökonomen auf einen Blick, 2. Aufl. 2020, S. 305 ff.).

[23] In der Bundesrepublik entspann sich Ende der 1960er Jahre innerhalb der Neuen Linken ein Mao-Kult. Der Maoismus wurde dabei als Modell eines speziellen chinesischen Kommunismus verstanden. Neben popkulturellen Ausprägungen führte die Bewunderung für den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) unter radikalen Linken ab 1968 und insbesondere ab 1970 zur Entstehung von maoistischen Gruppen, zu denen die maoistische Kommunistische Partei Deutschlands-Aufbauorganisation (KPD-AO) und zunächst auch die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten KPD/ML zählten. Sie zeichneten sich nicht nur durch die nach außen gerichteten Forderungen einer Neuformierung der Arbeiterklasse aus, sondern auch durch strenge innere Disziplinierung in Anlehnung an die sog. Kulturrevolution (Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 132 f., 433 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 227 ff., 237 ff.).

[24] Die maoistische Ausrichtung vieler der Anfang der 1970er Jahre entstandenen kommunistischen Parteien (K-Gruppen) bewirkte eine Frontstellung zur Sowjetunion. Diese Gruppen adaptierten Maos Distanzierung vom Stalinismus, indem sie die Sowjetunion als Vertreter eines „Sozialimperialismus“ und einer revisionistischen Politik zu ihrem „Hauptfeind“ erkoren. Damit übernahmen sie zugleich auch das Selbstverständnis der KPCh als Verbündete der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen in der „Dritten Welt“ (Benicke, Die K-Gruppen, 2019, S. 21 ff.; Koenen, in Baberowski [Hrsg.], Moderne Zeiten?, 2006, S. 174, 185 f., 193 ff.).

[25] Gudrun Ensslin spielt hier auf die Situation der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an, die nach den Weisungen der Kommunistischen Internationale (Komintern) von 1929 bis 1933 ihre Energie vor allem darauf richtete, gegen die Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) als „Hauptfeind“ innerhalb der Arbeiterbewegung vorzugehen. Die Einstufung als „Hauptfeind“ geschah in Anwendung einer ultralinken „Sozialfaschismus“-Theorie, mit der sich die Partei zunehmend selbst isolierte und deren strikte Auslegung auch innerhalb der Kommunistischen Parteien zu Kämpfen und Ausschlüssen führte. Obwohl die KPD ihre Wähler/innenschaft durch die 1929 ausgebrochene Weltwirtschaftskrise nahezu verdoppeln konnte, ging sie aufgrund ihrer radikalen Ablehnung der SPD kein starkes linkes Bündnis mit eben dieser gegen den Aufstieg der Nationalsozialisten ein. Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde die KPD verboten (Weber, in Weber/Drabkin/Bayerlein/Galkin [Hrsg.], Deutschland, Russland, Komintern, 2013, S. 9, 19, 76 ff.).

[26] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach der Vernehmung der Angeklagten sowie nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[27] Partisan/innen sind bewaffnete Kämpfer/innen, die sich politisch motiviert in irregulären Verbänden gegen andere (oft reguläre staatliche) Streitkräfte organisieren. Aufgrund ihrer zahlenmäßigen und technischen Unterlegenheit greifen sie auf kurze, oft aus dem Hinterhalt erfolgende Angriffe, Spionage und Sabotageakte zurück und versuchen damit, ihre Gegner/innen in einen langen, zermürbenden Kampf zu verwickeln. Eine klare Abgrenzung zur Guerilla fällt dabei (wenn sie nicht ganz bestritten wird) ebenso schwer, wie eine Definition zu dem einen Partisanenkrieg aufzustellen. Partisan/innen treten in sehr unterschiedlichen Auseinandersetzungen wie Aufständen und Befreiungs-, Eroberungs- oder Bürgerkriegen in Erscheinung (Barth, Militärgeschichtliche Zeitschrift 2005, Band 64, S. 69, 72 ff.; zur Entwicklung der Begriffe „Partisan“ und „Guerilla“ s. Heuser, Rebellen - Partisanen - Guerilleros, 2013, S. 16 ff.). Mit der „rechtlichen Anerkennung“ könnte Professor Dr. Azzola das Zusatzprotokoll vom 8.6.1977 zu den Genfer Abkommen vom 12.8.1949 über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte (Zusatzprotokoll II) im Blick haben, dessen Inhalt bereits in der Zeit zwischen 1974 und 1977 auf einer Diplomatischen Konferenz diskutiert wurde (Heintschel von Heinegg, in Ipsen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, § 60 Rn. 23; Crawford/Pert, International Humanitatian Law, 2015, S. 16 f.).

[28] Bei der Stadtguerilla handelte es sich um eine Form des Partisanenkampfes. Die ersten Guerillakämpfer/innen, die ihren Kampfplatz vom Land in die Städte verlagerten, waren die Tupamaros in Uruguay. Während der 1960er Jahre wurden sie mit dieser neuen Strategie zum Vorbild für andere gewaltbereite Gruppen in und außerhalb Südamerikas. Auch die RAF orientierte sich an ihnen und veröffentlichte 1971 mit dem „Konzept Stadtguerilla“ ihre erste Programmschrift (Fischer, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 2, 2006, S.736, 739 ff.; Huthöfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 345 f., 348 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt[Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99 ff., 106 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 47 ff.).

[29] Wegen der Billigung von Straftaten machte sich nach § 140 StGB a.F. u.a. strafbar, wer bestimmte Taten - darunter solche nach § 211 StGB (Mord) sowie § 311 StGB a.F. (Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion; heute § 308 StGB) - nach ihrer Begehung öffentlich billigt. In der heutigen Fassung schreibt § 140 Nr. 2 StGB zudem vor, dass die Billigung in einer Weise erfolgen muss, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

[30] Der französische Begriff Levée en masse bezeichnet die massenhafte Aushebung von Rekrut/innen für die Armee. Seine einschlägige Bedeutung erhielt der Begriff im Zuge der Französischen Revolution, als die junge Französische Republik im August 1793 zu der Rekrutierung einer bis dahin in ihrer Größe, Struktur und Ausrichtung nicht dagewesenen nationalen Armee aufrief. Mit der Levée en masse, die zur Aushebung von circa 600.000 Personen führte, verband sich die Idee einer vollständigen Neustrukturierung des alten Militär- und Söldnerwesens. Zugleich sollte der vom Geist der Revolution getragene ideologische Überbau die gesamte französische Bevölkerung zur Unterstützung des Krieges gegen die ausländischen Feinde der Republik mobilisieren (Ambrogio, „Levée en Masse“, in Institut für Europäische Geschichte (IEG) [Hrsg.], Europäische Geschichte Online (EGO), 2010, Abs. 1 ff., abrufbar unter http://ieg-ego.eu/de/threads/buendnisse-und-kriege/krieg-als-motor-des-transfers/conscription/ambrogio-a-caiani-levee-en-masse, zuletzt abgerufen am: 26.9.2021; Krumeich, in Foerster [Hrsg.], Die Wehrpflicht, 1994, S. 133, 135 ff.; Kruse, Die Französische Revolution, 2005, S. 228 f.; Kruse, Die Erfindung des modernen Militarismus, 2003, S. 133, 165).

[31] Die erste Genfer Rotkreuz-Konvention (Genfer Konvention zur Verbesserung des Loses der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde), die eng mit den Bemühungen Henri Dunants verknüpft ist, wurde am 22.8.1864 verabschiedet und zählte mit zu den ersten Schritten in Richtung des Schutzes von Opfern kriegerischer Auseinandersetzungen (Crawford/Pert, International Humanitarian Law, 2015, S. 6 f.; Heintschel von Heinegg, in Ipsen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, § 60 Rn. 8).

[32] Die sog. erste Haager Landkriegsordnung wurde als Anhang zum II. Haager Abkommen („Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges“) auf der auf Initiative des russischen Zaren zurückgehenden ersten Haager Friedenskonferenz 1899 verabschiedet. Sie enthält unter anderem Regelungen zum Umgang mit bestimmten Personengruppen im Krieg sowie Beschränkungen der Mittel und Methoden der Kriegsführung. Heutzutage gilt ihr Inhalt als Völkergewohnheitsrecht (Crawford/Pert, International Humanitarian Law, 2015, S. 10 ff.; Heintschel von Heinegg, in Ipsen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, § 60 Rn. 9).

[33] Die Genfer Konventionen unterlagen einer stetigen Entwicklung. So wurden zwischen 1974 und 1977 internationale Konferenzen geführt, die letztlich im Abschluss der ersten beiden Zusatzprotokolle von 1977 mündeten. Gemäß Art. 43 II ZP I werden vom Kombattantenbegriff Angehörige der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei (mit Ausnahme des in Artikel 33 des Dritten Abkommens bezeichneten Sanitäts- und Seelsorgepersonals) umfasst. Die Stellung von Kombatant/innen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie zur unmittelbaren Teilnahme an Kampfhandlungen berechtigt sind. Aufgrund der erforderlichen Zugehörigkeit zu einer Streitkraft werden Guerillas in der Regel nicht vom Kombattantenbegriff im Sinne des Zusatzprotokolls umfasst (Buß, Der Kombattantenbegriff, 1992, S. 229 f.).

[34] In Folge mehrerer terroristischer Anschläge in den 1970er Jahren, insbesondere des Attentats auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 in München, initiierte der damalige UN-Generalsekretär Kurt Waldheim einen Prozess zur Ausarbeitung eines gemeinsamen Terrorismusbegriffs unter dem Dach der Vereinten Nationen. In diesem Rahmen legten die USA den Entwurf einer „convention for the prevention and punishment of certain acts of internationale terrorism“ vor. Letztlich konnte aber keine Einigung über Inhalt und Reichweite des Terrorismusbegriffs erzielt werden (näher Geßner, Die Rolle der vereinten Nationen bei der multilateralen Terrorismusbekämpfung, 2011, S. 106; Wandscher, Internationaler Terrorismus und Selbstverteidigungsrecht, 2006. S. 28 f.).

[35] Die Palestine Liberation Organization (PLO) wurde 1964 als Dachorganisation verschiedener palästinensischer Gruppierungen gegründet. 1969 setzte sich die Fatah, eine von Jassir Arafat angeführte palästinensische Befreiungsbewegung, innerhalb der PLO durch. Unter ihrer Führung wurden in den folgenden Jahren zahlreiche Anschläge gegen Israel verübt. Israel begegnete dem Ziel der Palästinenser/innen nach einem eigenen Staat mit einer Ausweitung der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten und damit verbundener Militärstützpunkte. Während die PLO zunächst ihrer Nationalcharta von 1968 entsprechend den bewaffneten Kampf als „einzig möglichen Weg“ ansah, wurde in den 1970er Jahren zunehmend auf politische Verhandlungslösungen gesetzt und ein palästinensischer Teilstaat neben Israel in Betracht gezogen. Dieser zunehmend diplomatische Ansatz führte schließlich dazu, dass die UN-Generalversammlung die PLO im Oktober 1974 als Repräsentantin des palästinensischen Volks anerkannte (Böhme/Sterzing [Hrsg.], Kleine Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts, 8. Aufl. 2018, S. 36 ff.; Pabst, Der Nahostkonflikt, 2018, S. 30, 97 f., 103 ff., 114 ff.).

[36] Für die Behandlung von Kriegsgefangenen gelten nach dem humanitären Völkerrecht (welches im internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt anwendbar ist) besondere Bestimmungen. Diese sind im Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen (III. Genfer Konvention) von 1949, sowie in den beiden Zusatzprotokollen von 1977 niedergelegt. Danach sind Kriegsgefangene jederzeit mit Menschlichkeit zu behandeln (Art. 13 der III. Genfer Konvention), sie haben unter allen Umständen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Würde (Art. 14 der III. Genfer Konvention). In Art. 13 heißt es außerdem: „Jede unerlaubte Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, ist verboten und als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens zu betrachten.“

[37] 1956 gründete sich der Befreiungsausschuss Südtirol. Dabei handelte es sich um eine aus dem Untergrund agierende Organisation, die mit Bombenanschlägen für die Selbstbestimmung der Südtiroler kämpfte. Südtirol war im Friedensvertrag nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich getrennt und Italien zugesprochen worden. Italien hatte in den anschließenden Jahrzehnten mit verschiedenen Maßnahmen (u.a. Verbot der deutschen Sprache, massenhafte Ansiedlungen italienischer Bevölkerung) versucht, Südtirol vollständig in sein Staatsgebiet zu inkorporieren. Die deutschsprachige Bevölkerung strebte aber nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin ein autonomes Südtirol an. Innerhalb dieser Autonomiebewegung beging der Befreiungsausschuss zwischen 1956 und 1969 Sprengstoffattentate. Während bis 1961 vor allem Schäden an Infrastrukturen entstanden, richteten sich die Anschläge ab 1963 auch gegen Personen und forderten mehrere Todesopfer (Gruber, in Eisterer/Steininger [Hrsg.], Die Option, 1989, S. 227 ff.; Steininger, Südtirol im 20. Jahrhundert, 1997, S. 29 ff., 43 ff., 75 ff., 209 ff.,489 ff.).

[38] In Mailand wurden zwei sogenannte Südtirol-Prozesse geführt. Der erste Prozess wurde vom 9.12.1963 bis zum 16.7.1964 in einem eigens dafür gebauten Gebäude gegen 94 Angeklagte geführt. Sie wurden beschuldigt, an den Sprengstoffanschlägen des Befreiungsausschusses Südtirol beteiligt gewesen zu sein. Während des Prozesses ließ der Präsident des Schwurgerichts jedoch die wesentlichen Anklagepunkte (Anschlag auf die Einheit des Staates nach Art. 241 und Anschlag auf die Verfassung nach Art. 283 des italienischen Strafgesetzes) fallen und verhandelte stattdessen Fragen des unerlaubten Besitzes von Waffen und Sprengstoff sowie Sachbeschädigung. 47 Angeklagte wurden schließlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, die anderen freigesprochen. Der zweite Mailänder Südtirolprozess wurde vom 12.1.1966 bis zum 20.4.1966 durchgeführt. Es wurden 57 Personen angeklagt, als Mitglieder des radikalisierten Befreiungsausschusses an dessen tödlich verlaufenden Taten mitgewirkt zu haben. 36 Angeklagte wurden wegen politischer Verschwörung und Sprengstoffanschlägen verurteilt, 21 wurden freigesprochen (Steininger, Südtriol im 20. Jahrhundert, 1997, S. 493 f., 602; Ritschel, Diplomatie um Südtirol, 1966, S. 414 ff.).

[39] Belgiens Bevölkerung teilte sich seit der Staatsgründung von 1830 hauptsächlich in zwei große Sprach- und Bevölkerungsgruppen: die französischsprachigen und auch ansonsten frankophilen Wallonen in Südbelgien sowie die niederländischsprachigen Flamen im Norden des Landes. Zwischen diesen Gruppen herrschte seit dem 19. Jahrhundert ein Konflikt um Sprache, Rechte und Teilhabe in Belgien, der sich während des 20. Jahrhunderts zuspitzte (s. Krämer, Der innere Konflikt in Belgien, 2010, S. 22 ff.; s. auch Vos, in Koll [Hrsg.], Nationale Bewegungen in Belgien, 2005, S. 41, 44 ff., sowie die Beiträge von Delforge (S. 109 ff.) und de Wever (S. 73 ff.) im selben Sammelband).

[40] Im Zuge der Neuordnung Europas nach den Koalitionskriegen wurde auf dem Wiener Kongress 1815 das Gebiet des Gebirgs- und Höhenzugs Jura dem Schweizer Kanton Bern zugesprochen. Ein Teil der jurassischen Bevölkerung strebte seitdem die Unabhängigkeit vom Berner Kanton an. In den 1960er Jahren verschärfte sich der Konflikt, der von jurassischen Separatist/innen zunehmend von einer sprachlich-kulturellen zu einer ethnisch-nationalistischen Frage stilisiert wurde. Im Zuge dieser Zuspitzung bildeten sich die jurassische Befreiungsfront (Front de libération du Jura, FLJ) und die jugendlichen Béliers, die mit gewalttätigen bis terroristischen Aktionen auf sich aufmerksam machten. Obwohl ein Teil des Jura durch eine Abstimmung im September 1978 zum Kanton Jura wurde, ist der Konflikt bis heute ungelöst (Richter, Sprachenordnung und Minderheitenschutz im schweizerischen Bundesstaat, 2005, S. 413 ff.; Ruch, Struktur und Strukturwandel des jurassischen Separatismus zwischen 1974 und 1994, 2001, S. 17 ff.).

[41] In Nordirland kämpfte die Irish Republican Army (IRA) bereits seit der Irischen Unabhängigkeitskrieg (1919-1921) immer wieder mit terroristischen und Guerillamethoden für die Unabhängigkeit von Großbritannien. Mit den Unruhen von 1969 infolge der Straßenschlachten von Londonderry sowie der Abspaltung der Provisional Irish Republican Army (PIRA) von der nun Official IRA (OIRA) genannten Organisation Ende des Jahres 1969 begann eine neue Phase des Konflikts, der Anfang der 1970er Jahre zu einer Eskalation der Gewalt und ab Mitte der 70er in einen von der PIRA ausgerufenen „Langen Krieg“ gegen britische und irische Sicherheitskräfte sowie loyalistische Extremisten mündete (Korstian, in Bonacker/Greshoff/Schimank [Hrsg.], Sozialtheorien im Vergleich, 2008, S. 13, 21 ff.; Riegler,Terrorismus, 2009, S. 60 f., 66 ff.).

[42] Konkludent wird etwas geäußert, wenn es nicht explizit benannt, aber durch schlüssiges Verhalten nach außen deutlich gemacht wird (Fuchs, Julian, „Willenserklärung“, in Creifelds [Begr.], Rechtswörterbuch, 24. Aufl. 2020).

[43] Mao Tse-tung (1893-1976) war offiziell von 1945 bis 1976 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Von 1927 bis 1937 sowie von 1945 bis 1949 führte er im chinesischen Bürgerkrieg gegen die nationalistische Kuomintang-Partei einen Partisanenkrieg, den er auch theoretisch ausarbeitete (Haffner, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 157, 160 ff.). Als Staatsoberhaupt der 1949 gegründeten Volksrepublik China verfolgte er die kommunistische Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft. Eine landesweit umgesetzte Bodenreform und der ungeordnete Versuch, die agrarisch geprägte Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit zu industrialisieren, führten zu einer Hungerkatastrophe und dem Tod von - groben Schätzungen zufolge - 20 bis 40 Millionen Menschen. Als Mao den Rückhalt in der KPCh zu verlieren drohte, rief er 1966 mit Hilfe einer fanatisch entfesselten Jugend die sog. Kulturrevolution aus, die die Ausschaltung „reaktionärer“ Kräfte innerhalb der Partei und dem Staat zum Ziel hatte und in deren Folge erneut Millionen Menschen ihr Leben verloren. Von verschiedenen Guerillabewegungen weltweit wurde Mao dagegen als Theoretiker und Stratege bewundert (Dabringhaus, Mao Zedong, 2008, S. 31 ff., 53 ff., 61 ff., 83 ff., 89 ff.; Nerb, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 87 f., 93 f.).

[44] Ho Chi Minh war das bekannteste Pseudonym eines vietnamesischen Kommunisten, Aktivisten und Politikers, der für die Unabhängigkeit und Einheit Vietnams eintrat. Ho gründete 1941, nachdem er in zahlreichen Stationen in Europa und Asien immer engere Beziehungen zur Kommunistischen Internationalen geknüpft hatte, die Liga für die Unabhängigkeit Vietnams (Viet Minh). Mit dem Sieg der Viet Minh gegen das französische Kolonialregime und die während des Zweiten Weltkrieges installierte japanische Besatzung wurde Ho Chi Minh zum Staatsoberhaupt der Demokratischen Republik Vietnam (DRV). Der kurzen Phase der Unabhängigkeit folgte der Rückeroberungsfeldzug der Franzosen im ersten Indochina-Krieg von 1946 bis 1954, der zur Teilung Vietnams führte. Nach dem Krieg regierte Ho als Präsident bis zu seinem Tod 1969 das kommunistische Nordvietnam (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 10. Aufl. 2016, S. 11 ff.; Großheim, Ho Chi Minh, 2011, S. 9, 13,17, 20 ff., 66 ff., 94 f., 102 ff., 110 ff., 147 f.).

[45] Professor Azzola bezieht sich auf den Kampf der kommunistischen Roten Khmer gegen die Regierung von General Lon Nol. Dieser war 1970 im Rahmen eines Putsches in Kambodscha an die Macht gelangt und hatte sich mit amerikanischen und südvietnamesischen Truppen gegen Nordvietnam und die Nationale Front zur Befreiung Südvietnams (FNL) verbündet. In den folgenden Jahren wurde das zuvor neutrale Kambodscha zu einem weiteren Schauplatz des Indochinakrieges, der das Land innenpolitisch zunehmend spaltete. Die Roten Khmer, die nach ihrem Sieg im Jahr 1975 eine grausame Diktatur errichten sollten, sahen sich dabei als Befreiungsbewegung und erhielten während des Bürgerkriegs Unterstützung von der kambodschanischen Landbevölkerung, einer Exilregierung unter dem gestürzten Prinzen Sihanouk und der Volksrepublik China (Bultmann, Kambodscha unter den Roten Khmer, 2017, S. 54 ff.; Stöver, Geschichte Kambodschas, 2015, S. 144 ff., 157 ff.).

[46] Khieu Samphan war eine Führungsperson innerhalb der Roten Khmer. Während ihrer Diktatur in Kambodscha fungierte er als Präsident der 1975 gegründeten Volksrepublik Demokratisches Kampuchea (Bultmann, Kambodscha unter den Roten Khmer, 2017, S. 45 ff., 88 f., 212 ff.). In zwei Teilverfahren vor den Außerordentlichen Kammern an den Gerichten von Kambodscha(Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia [ECCC], auch Khmer-Rouge-Tribunal) wurde er 2014 und 2018 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schweren Verstößen gegen die Genfer Konventionen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt (ECCC [SCC], Case 002/01, Urt. v. 7.8.2014, sowie ECCC [TC], Case 002/02, Urt. v. 16.11.2018).

[47] In Südvietnam gründete sich 1960 die Nationale Front zur Befreiung Südvietnams (FNL) als Widerstandsgruppe u.a. gegen die Herrschaft der südvietnamesischen Regierung, gegen die zunehmende US-amerikanische Präsenz in Südvietnam und für die Wiederverinigung (zur Teilung Vietnams nach dem ersten Indochina-Krieg s. Fn. 11).Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die FNL und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Dabei griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück (u.a. search and destroy, Phoenix-Programm), die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.). Am 27. Januar 1973 unterzeichneten die Demokratische Republik Vietnam, die Republik Südvietnam als provisorische Regierung der befreiten südvietnamesischen Gebiete, die Republik Vietnam und die USA Friedensabkommen, in deren Folge sich die amerikanischen Truppen vollständig aus Vietnam zurückzogen. Dies wurde als großer Erfolg von Nordvietnam und der FNL verbucht. Bis 1975 gelang den nordvietnamesischen Truppen darüber hinaus die Eroberung Südvietnams (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 173 ff., 208 ff., 215 ff.).

[48] In Kambodscha kämpften seit 1970 die kommunistischen Roten Khmer gegen die Regierung von General Lon Nol. Dieser war 1970 im Rahmen eines Putsches an die Macht gelangt und hatte sich mit US-amerikanischen und südvietnamesischen Truppen gegen Nordvietnam und die Nationale Front zur Befreiung Südvietnams (FNL) verbündet. In den folgenden Jahren wurde das zuvor neutrale Kambodscha zu einem weiteren Schauplatz des Indochinakrieges, der das Land innenpolitisch zunehmend spaltete und schließlich zu einem Bürgerkrieg führte. Die Roten Khmer, die nach ihrem Sieg im Jahr 1975 eine grausame Diktatur errichten sollten, sahen sich dabei als Befreiungsbewegung und erhielten während des Bürgerkriegs Unterstützung von der kambodschanischen Landbevölkerung, einer Exilregierung unter dem gestürzten Prinzen Sihanouk und der Volksrepublik China (Bultmann, Kambodscha unter den Roten Khmer, 2017, S. 54 ff.; Stöver, Geschichte Kambodschas, 2015, S. 144 ff., 157 ff.).

[49] Während des Vietnamkriegs pflegte die laotische, kommunistische Guerillabewegung Pathet Lao enge Verbindungen zur kommunistischen Bewegung in Vietnam. Als 1971 ein im Zuge des Vietnamkriegs unternommener Invasionsversuch amerikanischer und südvietnamesischer Truppen in Laos von der Pathet Lao zurückgeschlagen werden konnte, gelangten große Teile Laos unter deren Kontrolle. Der anschließende Bürgerkrieg zwischen der Pathet Lao und ehemaligen königlichen Truppen endete 1973 mit einem Waffenstillstand. 1975 übernahm die Pathet Laodie Regierungsgewalt in Laos und proklamierte Ende desselben Jahres die Demokratische Volksrepublik Laos (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 201, 220 f.; Krieger, Geschichte Asiens, 2003, S. 244 f.).

[50] Die ehemaligen portugiesischen Kolonien Guinea-Bissau, Mosambik, São Tomé und Príncipe erlangten 1975 im Zuge des Sturzes der portugiesischen Diktatur ihre Unabhängigkeit. In Guinea und Mosambik hatten seit 1962 bzw. 1964 Befreiungsbewegungen in langjährigen Guerillakriegen gegen die Kolonialherrschaft gekämpft. Der Comissao de Libertacao de São Tomé und Príncipe CLSTP) bzw. ab 1972 der Movimento de Libertação de São Tomé e Príncipe(MLSTP) traten von Gabun aus für die Unabhängigkeit von São Tomé und Príncipe ein (Abele, Kein kleines Land, 2017, S. 69, 111 f., 199 ff., 254, 264 ff.).

[51] Nach der Teilung Vietnams gründete sich 1960 in Südvietnam die Nationale Front zur Befreiung Südvietnams (FNL) als Widerstandgruppe u.a. gegen die Herrschaft der südvietnamesischen Regierung, gegen die amerikanische Präsenz in Südvietnam und für die Wiedervereinigung. Die FNL umfasste zunächst sehr heterogene Gruppen, wurde aber im Laufe der Jahre immer mehr von südvietnamesischen Kommunisten und dem nordvietnamesischen Regime gesteuert. Während des Vietnamkriegs konnte sie auf vielfältige Unterstützung aus der Bevölkerung zurückgreifen. Mit mehreren zehntausend Kämpfer/innen führte die FNL einen zermürbenden Guerillakrieg gegen die technisch weit überlegenen US-Truppen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 65 ff.).

[52] Die Neo Lao Hak Sat (Laotische Patriotische Front) war eine 1956 gegründete laotische Organisation. Sie fungierte als politischer Arm der laotischen, kommunistischen Guerillabewegung Pathet Lao, die bereits in den 1950er Jahren gegen die französische Kolonialherrschaft gekämpft hatte. Während des Vietnamkriegs pflegte die Pathet Lao enge Verbindungen zu der kommunistischen Bewegung in Vietnam. Als 1971 ein im Zuge des Vietnamkriegs unternommener Invasionsversuch amerikanischer und südvietnamesischer Truppen in Laos von der Pathet Lao zurückgeschlagen werden konnte, gelangten große Teile Laos unter die Kontrolle der Neo Lao Hak Sat. 1975 übernahm die Pathet Lao die Regierungsgewalt und erklärte Ende desselben Jahres die Unabhängigkeit Laos (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 201, 220 f.; Krieger, Geschichte Asiens, 2003, S. 244 f.; Leifer, Dictionary of the Modern Politics of Southeast Asia, 2001, S. 200).

[53] Der Front Uni National du Kampuchea (FUNK) wurde im Frühjahr 1970 von dem angesichts eines Putsches von kambodschanischen Rechtskonservativen und Amerikanern ins chinesische Exil geflüchteten kambodschanischen König und Staatspräsidenten Sihanouk gegründet. Der FUNK führte einen Befreiungskampf gegen die von den USA unterstützte Republik Khmer von General Lon Nol. Auch die Kommunistische Partei Kampuchea (KPK) unter Pol Pot und damit die Roten Khmer schlossen sich dem FUNK an. Nach fünf Jahren gelang es dem FUNK im April 1975 den Kampf gegen die Herrschaft von Lon Nol für sich zu entscheiden. Dem Sturz dieses Regimes folgte die Errichtung einer Diktatur durch die Roten Khmer, die sich mittlerweile innerhalb des FUNK durchgesetzt hatten (Bultmann, Kambodscha unter den Roten Khmer, 2017, S. 58 ff.; Stöver, Geschichte Kambodschas, 2015, S. 138, 144 ff., 160 f., 166 ff.).

[54] Die Frente de Libertação de Moçambique (Frelimo) ist eine mosambikanische Partei. Hervorgegangen ist sie aus einem Zusammenschluss dreier mosambikanischer Befreiungsbewegungen (der Mozambican African National Union, der União Democrática Nacional de Moçambique und der União Nacional Africana de Moçambique) im Jahr 1962. Im September 1964 trat die Frelimo in einen zehnjährigen Guerillakrieg gegen die portugiesische Kolonialherrschaft ein, der bereits in den benachbarten Ländern Guinea und Kap Verde geführt wurde. Obwohl die Frelimo nach und nach Gebiete in Mosambik unter ihre Führung stellen konnte, führte erst der Sturz der portugiesischen Diktatur 1974 durch die Bewegung der Streitkräfte (Movimento das Forcas Armadas, MFA) zu einem Ende der Auseinandersetzungen im September 1974 und der Unabhängigkeit der Volksrepublik Mosambik im Juni 1975. Die junge Volksrepublik wurde jedoch schon bald nach ihrer Gründung von einem sechzehnjährigen Bürgerkrieg erschüttert (Abele, Kein kleines Land, 2017, S. 111 f., 199 ff., 264 ff.).

[55] Der 1956 in Bissau gegründete Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC) führte ab Anfang 1963 einen Guerillakrieg gegen Portugal, um die Unabhängigkeit für Guinea und Kap Verde zu erkämpfen. Schon nach kurzer Zeit konnte der PAIGC große Gebiete unter seine Kontrolle bringen. 1973 verkündete der PAIGC als erste der Unabhängigkeitsbewegungen in den (ehemaligen) portugiesischen Kolonien einseitig die Unabhängigkeit für Guinea-Bissau (Abele, Kein kleines Land, 2017, S. 69, 111 f., 200, 254).

[56] S. Fn. 35.

[57] S. Fn. 41.

[58] Am 1. Januar 1975 traten das Erste Strafverfahrensreformgesetz vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3393) sowie das Ergänzungsgesetz hierzu vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) in Kraft. Hierdurch wurden u.a. die Möglichkeit des Verteidiger/innenausschlusses (§ 138a StPO), die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen pro Beschuldigte/n (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO), das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO), sowie die Möglichkeit, den Prozess im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit bis zum Abschluss der Vernehmung der Angeklagten zur Sache auch in ihrer Abwesenheit durchzuführen (§ 231a StPO), eingeführt. Durch diese und weitere Reformen während der Hauptverhandlung wurden die Rechte der Angeklagten sowie der Verteidigung erheblich eingeschränkt (Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 72 ff.). Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Sie sind überwiegend noch heute in Kraft.

[59] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.). Zum Antrag auf sofortige Verlegung der Sitzungen in Räumlichkeiten des OLG oder LG Stuttgart s. Anlage 3 zum Protokoll vom 7. August 1975, S. 2013 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (24. Verhandlungstag).

[60] Art. 20 Abs. 4 GG enthält das sog. Widerstandsrecht und lautet: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Das Widerstandsrecht wurde mit dem Siebzehnten Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24. Juni 1968 (BGBl. I, S. 709) eingeführt und war Teil der von der Studentenbewegung stark kritisierten Notstandsgesetze, mit denen sich die Große Koalition für den Ausnahmezustand wappnen wollte (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 8 f.). Zentraler Begriff des Widerstandsrechts ist die „Ordnung“, gegen deren (versuchte) Beseitigung Widerstand geleistet werden darf. Dabei wird diskutiert, ob nach dem Wortlaut und der inneren Systematik des Art. 20 GG die in Art. 20 Abs. 1-3 GG genannten Grundsätze gemeint sind, oder ob als Schutzobjekt die freiheitlich-demokratische Grundordnung in einem weiteren Verständnis in Betracht kommt (näher dazu Grzeszick, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz-Kommentar, 92. EL 2020, Art. 20 Abs. 4 Rn. 19 ff.; Schwarz,in Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts, Band 12, 3. Aufl. 2014, § 282 Rn. 17 ff.). Der Positivierung eines Widerstandsrechts werden durchaus legitimatorische Wirkrichtungen zugesprochen (dazu Grzeszick, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz-Kommentar, 92. EL 2020, Art. 20 Abs. 4 Rn. 3 ff.). Zum Widerstandsrecht als „konstitutionelles Paradoxon“ s. auch Schwarz,in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 12, 3. Aufl. 2014, § 282 Rn. 29.

[61] Die Einordnung von Personen als Kombattant/innen hat zur Folge, dass sie nach dem Recht des bewaffneten Konfliktes berechtigt sind, bewaffnete Schädigungshandlungen vorzunehmen, also hierfür nicht strafrechtlich belangt werden können (sog. Kombattantenimmunität). Dieses Privileg kommt allerdings auch Kombattant/innen nur zu, sofern sie sich in dem von dem Recht des bewaffneten Konfliktes vorgegebenen Rahmen halten (Crawford/Pert, International Humanitarian Law, 2015, S. 87 ff.; Heintschel von Heinegg, in Ipsen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, § 63 Rn. 3; Herdegen, Völkerrecht, 19. Aufl. 2020, § 56 Rn. 12). Terrorist/innen bleibt der Status als Kombatant/innen versagt (Heintschel von Heinegg, in Ipsen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2018, § 63 Rn. 2; Stein/v. Butlar/Kotzur, Völkerrecht, 14. Aufl. 2017, Rn. 1253, 1263; krit. zum Begriff des „unlawful combatant“ Crawford/Pert, International Humanitarian Law, 2015, S. 102 ff.).

[62] Anlage 4 a zum Protokoll vom 20. Januar 1976: Erklärung des Prof. Azzola nach § 257 Abs. 2 StPO zum Kriegszustand inkl. der Anträge, die Beweisaufnahme zu schließen und die Angeklagten in Kriegsgefangenschaft zu überführen.

[63] Das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).

[64] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.

[65] Die Verteidigung bestand aus zwei „Lagern“: Zum einen den Vertrauensverteidiger/innen, die von den Angeklagten ursprünglich frei gewählt (§§ 137, 138 StPO) und ihnen z.T. als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet worden waren (§ 141 StPO); zum anderen den von den Angeklagten sog. Zwangsverteidigern, die ihnen durch das Gericht gegen ihren Willen zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren. Die Zweiteilung der Verteidigung wurde auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185

[66] Anlage 5 zum Protokoll vom 20. Januar 1976: Bildermappe des Bundeskriminalamtes („Sprengstoffanschlag auf das Hauptquartier des V. US-Corps“).

[67] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[68] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor, wenn nicht ein Vereidigungsverbot (§ 60 StPO a.F.) vorlag. Nach § 61 StPO a.F. konnte das Gericht zudem in Ausnahmefällen von der Vereidigung absehen. Im Unterschied dazu bestimmt der heutige § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO, dass eine Vereidigung nur dann erfolgt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält.

[69] Der Jom-Kippur-Krieg war ein mehrwöchiger Krieg zwischen Ägypten und Syrien auf der einen und Israel auf der anderen Seite. Der Krieg, auf arabischer Seite auch Ramadan-Krieg genannt, war Teil des Nahostkonflikts. Er begann mit Angriffen von Ägypten und Syrien am 6. Oktober 1973, dem israelischen Feiertag Jom Kippur, auf die seit sechs Jahren von Israel besetzten Golan-Höhen und den Sinai (Peter et. al, in Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1973, 2004, S. 1522 Anm. 6). Nach Interventionen der USA und der Sowjetunion sowie des UN-Sicherheitsrates (der UN-Sicherheitsrat hatte mit der Resolution 338 vom 22.10.1973 die Beteiligten zum Waffenstillstand aufgerufen) endete der Krieg am 24. Oktober 1973. Die UN beschloss am 25. Oktober 1973 in Resolution 340, Friedenstruppen zu entsenden. Israel zog im Februar 1974 seine Truppen von der „afrikanischen“ Seite des Suezkanals ab. 1981 wurde der Sinai als Teil eines umfassenden Friedensvertrages vollständig an Ägypten übergeben (Elron, in Förster/Pöhlmann/Walter [Hrsg.], Schlachten der Weltgeschichte, 2001, S. 374, 391 f.; Pabst, Der Nahostkonflikt, 2018, S. 120 ff).

[70] Wie bereits in Guinea-Bissau und Mosambik (s. Fn. 50) brach auch in Angola ein Guerillakrieg gegen die portugiesische Kolonialmacht aus. Anders als dort war die Befreiungsbewegung aber weniger einheitlich; stattdessen konkurrierten drei Bewegungen miteinander - die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA), die Nationale Front für die Befreiung Angolas (FNLA), sowie die Nationale Union für die vollständige Unabhängigkeit Angolas (UNITA) -, die von jeweils anderen Staaten unterstützt wurden. Nach dem Sturz der portugiesischen Diktatur im Jahr 1974 erreichte auch Angola die Unabhängigkeit und die MPLA übernahm die Kontrolle. Damit waren die Konflikte zwischen den drei Bewegungen aber nicht beendet. 1976 konnte die MPLA einen militärischen Sieg über die FNLA verzeichnen; in der Folgezeit setzte sich aber der Konflikt zwischen der MPLA und der UNITA in einer Bürgerkriegssituation fort. Da die MPLA u.a. von der Sowjetunion und Kuba, die UNITA durch das Apartheidregime Südafrikas sowie später die USA unterstützt wurde, wurde Angola auch zum Schauplatz des Ost-West-Konflikts. Nach einer kurzen Phase der Verständigung, in der eine freie Parlamentswahl im Jahr 1992 zum Sieg der MPLA führte, brach der Bürgerkrieg erneut aus, da die UNITA den Wahlsieg nicht anerkannte. Mit wenigen Unterbrechungen dauerte der Krieg bis zum Jahr 2002 fort (Gleijeses, Journal of Cold War Studies, 2006 (2), S. 3, 4 ff.; Hill, The Journal Of Slavic Military Studies, 2021, S. 139, 141 f.; Pearce, African Affairs, 2012, S. 442, 460 f.).

[71] Im Oktober 1973 kam es in Thailand zum Volksaufstand, der zum Sturz des autoritären Ministerpräsidenten Thanom Kittikachorn führte. Ab Ende 1972 hatten vor allem linke Studierende gegen das Militärregime, für einen demokratischen Staat und eine neue Verfassung protestiert. Nachdem Anfang Oktober eine Reihe an Oppositionellen und studentischen Aktivist/innen festgenommen worden waren, gingen am 14. Oktober 1973 schließlich 400 000 Studierende auf die Straße. Dem Protest begegnete die Regierung mit massiver Gewalt, wodurch über 100 Studierende starben. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung endgültig die Unterstützung des thailändischen Königs verloren und gab noch am selben Abend ihren Rücktritt bekannt. Die Gewalt endete jedoch erst damit, dass die „Drei Tyrannen“, bestehend aus Ministerpräsident Thanom Kittikachorn, seinem Stellvertreter Praphass Charusathien und seinem Sohn Narong Kittikachorn, am 15. Oktober 1973 ins Exil verbannt wurden. Die in den darauffolgenden Jahren entstehende Demokratie wurde jedoch bereits am 6. Oktober 1976 durch einen Militärputsch beendet. Ausgelöst durch das Thammasat-Universitäts Massaker, bei dem 46 linke Studierende von rechtsradikalen Bürgerwehren und dem Militär brutal ermordet wurden, übernahm das Militär, geleitet durch den extrem rechten Thanin Kraivixien, abermals die Macht (Leifer, „Thammasat University Massacre 1976“, in Liow [Hrsg.] Dictionary of the Modern Politics of South-East Asia, 4. Aufl. 2015, S. 368, 368 f.; Prizzia, Thailand in Transition, 1985, S. 22, 76 ff.; Zimmermann, Asian Survey, 1974, S. 509, 510 ff.).

[72] S. Fn. 41.

[73] Nach dem Ersten Weltkrieg und der Kapitulation der deutschen Truppen übertrug der Völkerbund Südafrika das Mandat für die Verwaltung der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika (ab 1968 Namibia). In der Bevölkerung wuchs allerdings die Ablehnung dieser Fremdverwaltung und der Widerstand insbesondere gegen die in den 1950er Jahren von Südafrika eingeführten rassistischen Apartheidsgesetze. Als die Generalversammlung der Vereinten Nationen Südafrika im Oktober 1966 das Mandat entzog und die Verantwortung stattdessen den Vereinten Nationen übertrug (Res. 2145 (XXI)), weigerte sich Südafrika, dies anzuerkennen. Von diesem Zeitpunkt an führte Südafrika einen über 20 Jahre langen Krieg gegen Guerillakämpfer/innen der 1960 gegründeten South West African People’s Organization (SWAPO). Die SWAPO erhielt während des gesamten Konflikts Unterstützung durch die DDR, indem etwa SWAPO-Kämpfer/innen zur medizinischen Behandlung in die DDR eingeflogen wurden. Obwohl der Internationale Gerichtshof im Jahr 1971 die fortdauernde Besetzung Namibias durch Südafrika als illegal bestätigte und die Resolution des VN-Sicherheitsrates im Jahr 1978 (Res. 435) die weiteren Grundlagen für die Unabhängigkeit Namibias schuf, fanden die ersten freien Wahlen erst Ende 1989 statt. Am 21. März 1990 erreichte Namibia die Unabhängigkeit (Melber, Understanding Namibia, 2014, S. 8 f., 12, 16; Weis, Journal of Southern African Studies, 2011, S. 351, 358).

[74] 1950 wurde Ahmed Sukarno, eine der Führungspersonen der indonesischen nationalen Befreiungsbewegung, der erste Präsident der Republik Indonesien. Gestützt auf das Militär und in Verbindung mit der Kommunistischen Partei Indonesiens (Partai Kommunis Indonesia, PKI) führte Sukarno Indonesien in den folgenden Jahren im Sinne einer „gelenkten Demokratie“, die u.a. eine völlige Aushöhlung des Parlaments bedeutete. Von Beginn an herrschte jedoch ein angespanntes Verhältnis zwischen Militär und Kommunist*innen. Das Ende seiner Amtszeit wurde 1965 durch einen noch immer ungeklärten kommunistischen Putschversuch am 1. Oktober 1965 und einen militärischen Gegenputsch herbeigeführt, in dessen Folge das Militär unter Generalmajor Suharto mit der Errichtung einer Diktatur begann. Das Militär hatte bereits vor dem 1. Oktober Verbindungen zu antikommunistischen Zivilorganisationen aufgebaut; nach dem Putschversuch kam es zu einem Massaker gegen Anhänger*innen der PKI, das nicht nur durch Militärangehörige, sondern zu erheblichen Anteilen auch durch die Zivilbevölkerung verübt wurde. Über die Zahl der ermordeten Opfer gibt es uneinheitliche Angaben von mehreren Hunderttausenden bis hin zu mehr als einer Million (Jansen/Osterhammel, Dekolonisation, 2013, S. 61 f., Krieger, Geschichte Asiens, 2003, S. 248 f.; Schulze, Kleine Geschichte Indonesiens, 2015, S. 157 ff.; Tömmel, Bonn, Jakarta und der Kalte Krieg, 2018, S. 41 f., 46 ff.).

[75] Portugal führte zwischen 1961 und 1974 einen Dekolonisierungskrieg an gleich drei Fronten, nämlich in Guinea-Bissau, Mosambik und Angola (s. Fn 50, 70). Zu dieser Zeit herrschte in Portugal die Diktatur des „Estado Novo“, der von António de Oliveira Salazar Anfang der 1930er Jahre gegründet und nach Salazars krankheitsbedingter Absetzung 1968 von Marcelo Caetano fortgeführt wurde. Die Fortsetzung des Krieges wurde zunehmend kritisiert, unter anderem von Antonío de Spínola (s. Fn 77) und der Bewegung der Streitkräfte (Movimento das Forças Armadas, FMA). Am 25. April 1974 führte die sog. Nelkenrevolution, ein von der FMA geführter Putsch, zur Absetzung des Diktators und kurz darauf zum Ende des Kolonialkrieges. Unter Spínolas Führung wurde eine Übergangsregierung aus Vertretern verschiedener politischer Richtungen eingesetzt und der Grundstein für die Demokratisierung Portugals gelegt. Schon bald kam es allerdings zu Spannungen zwischen Spínola und linken und kommunistischen Teilen der Regierung, die im September 1974 schließlich zu Spínolas Rücktritt führten. Im Laufe des Jahres 1975 erlangten nun auch die ehemaligen Kolonien offiziell die Unabhängigkeit. Das Verschieben der Kräfteverhältnisse zugunsten der Kommunist/innen wurde von den NATO-Ländern allerdings mit Sorge beobachtet; ab 1975 versuchten sie, aktiv Einfluss auf die zunehmend konfliktreichen innenpolitischen Verhältnisse zu nehmen, so auch der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, der an der Bildung eines Solidaritätskomitees für Portugal mitwirkte und diesem vorsaß. Die am 2. April 1976 verkündete Verfassung schrieb das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft fest. Bei der Wahl zum ersten Parlament Ende April wurde die „Sozialistische Partei“ (SP) mit 34,8 Prozent zur stärksten Kraft (Abele, Kein kleines Land, 2017, S. 30 ff., 75 ff., 251 ff.; Rother, in Ders. [Hrsg.], Willy Brandts Außenpolitik, 2014, S. 259, 274 ff.; Sperling, Die Nelkenrevolution in Portugal, 2014, S. 12, 20 f., 30 ff., 42 ff., 83, 107 f., 122).

[76] Über die Frage, welche Rolle die Bundesrepublik und speziell der Bundesnachrichtendienst (BND) bei dem Sturz Sukarnos (s. Fn. 74) spielten, herrscht Uneinigkeit. Die Annahme, der BND habe indonesische Militärs logistisch unterstützt und mit Waffen beliefert, wird z.B. von dem Politikwissenschaftler Rainer Werning vertreten(Werning, in Oberbürgermeister d. Stadt Osnabrück/Präsident der Universität Osnabrück [Hrsg.], Osnabrücker Jahrbuch Frieden und Wissenschaft XV (2008), S. 183, 184 ff.). Zu einer anderen Einordnung s. Tömmel, Bonn, Jakarta und der Kalte Krieg, 2018, S. 233 ff.

[77] António Sebastião Ribeiro de Spínola war ein portugiesischer, konservativer General, der im Spanischen Bürgerkrieg für Franco gekämpft hatte und 1968 zum Militärgouverneur in der portugiesischen Kolonie Guinea-Bissau ernannt wurde. Nach der erfolgreichen Nelkenrevolution im April 1974 (s. Fn. 75) wurde Spínola als neutraler Kandidat von der MFA als Präsident der Übergangaregierung akzeptiert. Diese Amt übte er bis September 1974 aus. Der Übergang zu einer stabilen Demokratie wurde jedoch schon bald unter anderem von Spínola selbst erschwert. Seine ablehnende Haltung gegenüber der Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien und dem Erstarken sozialistischer Kräfte führte zum Bruch mit der MFA und zu mehreren, von ihm initiierten rechtsextremen Putschversuchen (Abele, Kein kleines Land, 2017, S. 204 f., 260 ff.).

[78] Nguyễn Văn Thiệu war ein General der südvietnamesischen Armee und von 1967 bis 1975 Präsident der südvietnamesischen Republik Vietnam (s. Fn. 11).

[79] Im Juni 1973 wurde der König Afghanistans Zahir Shah während eines kurzen Auslandsaufenthalts durch seinen Cousin Daoud Khan entthront. Die friedliche Machtübernahme führte zur Abschaffung der Monarchie und der Ausrufung der Demokratischen Republik Afghanistan, zu deren Staats- und Regierungschef sich Daoud erklärte. Unterstützt wurde er dabei zunächst von der kommunistisch geprägten Demokratischen Volkspartei Afghanistans. Anschließend entfernte sich Daoud jedoch zunehmend von seinen marxistischen Verbündeten und ließ im April 1978 führende Persönlichkeiten der Partei inhaftieren. Sein autoritäres Regime endete im selben Jahr mit der sog. Saur-Revolution. Am 27. April putschten Kräfte des Militärs unter Anweisungen der Demokratische Volkspartei gegen Daoud, der zusammen mit großen Teilen seiner Regierung getötet wurde. Der Saur-Revolution wurde durch den Einmarsch der Sowjetunion am 29. Dezember 1979 ein Ende gesetzt, der eine jahrzehntelange Besetzung Afghanistans einleitete (Adamec, The A to Z of Afghan Wars, Revolutions and Insurgencies, 2010, S. 220 f.; Barfield, Afghanistan, 2010, S. 170; Edwards, Before Taliban: Genealogies of the Afghan Jihad, 2002, S. 27 ff., 87).

[80] Mitte der 1970er Jahre befand sich der Sudan in einer Phase zwischen zwei verheerenden Bürgerkriegen. Der erste sudanesische Bürgerkrieg begann 1955 und dauerte 17 Jahre an. 1972 endete er mit einem Friedensvertrag von Addis Abeba. Dieser schaffte es jedoch nicht, die innersudanesischen Spannung zu lösen, sodass es in den folgenden Jahren zu mehreren Putschversuchen kam. Ein solcher Putsch durch das sudanesische Militär scheiterte im September 1975; ein weiterer, diesmal unterstützt durch Libyen, erst nach mehreren Tagen blutigen Gefechts im Juli 1977. Nach einem Verstoß gegen den Friedensvertrag durch Präsident Numayri brach 1983 schließlich der zweite sudanesische Bürgerkrieg aus, der erst 2005 enden sollte (Collins, Civil Wars and Revolution in the Sudan, 2005, S. 45 f., 49, 51 f.; Schmidinger, Sudan, 2020, S. 55).

[81] 1974 wurde der äthiopische Kaiser Haile Selassie in einem blutigen Militärputsch gestürzt. Die Putschisten des von Armeeoffizieren gegründeten „Koordinationskomitee der Streitkräfte, Polizei und Territorialarmee“, schaffte daraufhin die Monarchie ab und übernahm selbst die Macht. Dies führt zu einem 17-jährigen Bürgerkrieg, in welchem eine Vielzahl an Konflikt-Parteien blutige Machtkämpfe führte. Die äthiopische Regierung wurde dabei von den kommunistischen Ländern, u.a. von Kuba, der DDR und der Sowjetunion, unterstützt, während ihre Gegner/innen Hilfe vor allem aus den USA und Großbritannien erhielten (Gupta, India Quarterly, 1978, S. 158, 163 ff.; Young, Peasant Revolution in Ethiopia, 2009, S. 59 ff.).

[82] Nachdem 1974 offiziell das Ende der Kolonisierung der Westsahara durch Spanien beschlossen wurde, stellte sich auf internationaler Ebene die Frage, ob es sich bei dem Territorium um eine sog. terra nullishandelte, ein Gebiet, welches niemandem gehört. In einem Gutachten verneinte der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen dies, bestritt aber auch Herrschaftsansprüche des angrenzenden Königreichs Marokko und Mauretaniens. Marokko, das das Gebiet aufgrund eines losen Abhängigkeitsverhältnisses in vorkolonialer Zeit als Teil seines Territoriums betrachtete, marschierte am 6. November 1975 in Westsahara ein. Mauretanien besetzte daraufhin den südlichen Teil des Gebiets. Am 14. November wurde zwischen Spanien, Marokko und Mauretanien in Madrid ein Abkommen unterzeichnet, welches Spaniens endgültigen Rückzug aus Westsahara beschloss und es Marokko und Mauretanien erlaubte, das Gebiet zwischen sich aufzuteilen, was einen Verstoß gegen das Mandat der Vereinten Nationen bedeutete. Die Besetzung der Westsahara führte zur Vertreibung von über 100 000 Sahrauis, die in Geflüchtetenlagern in Algerien aufgenommen wurden. Auf Seiten der Westsahara kämpfte die Frente Polisario, eine sozialistische Befreiungsbewegung, die durch Algerien unterstützt wurde, gegen die einmarschierten Besatzer. Die Gruppe war bereits 1973 als revolutionäre Kraft gegen den spanischen Kolonialismus gegründet worden. In den kommenden Jahren kam es zu zahlreichen blutigen Auseinandersetzungen zwischen der Frente Polisario und dem marokkanischen Militär. Während Mauretanien bereits 1979 Frieden mit der Frente Polisario schloss, kam es erst 1991 zu einem Waffenstillstand mit Marokko. Der völkerrechtliche Status der Westsahara ist bis heute umstritten (Hegoa/Aranzadi, Voces del desierto, 2014, S. 2; Azuke/Orellana, In occupied land, 2016, S. 27, 29; Beristain/Hidalgo, The Oasis of Memory, 2012, S. 37).

[83] Mit dem sog. Obristen-Putsch durch führende griechische Militärs, gelenkt von Oberst Georgios Papadopoulos, begann am 21. April 1967 in Griechenland eine Militärdiktatur. Der Putsch kann dabei als Reaktion auf politische Spannungen innerhalb des Landes gesehen werden und war getrieben von einer Angst des Militärs vor Machtverlust durch wachsende liberale und linke Kräfte im Land. Geprägt wurde die Diktatur durch politisch motivierte Verfolgungen und Diskriminierungen einzelner Gruppen und der Propagierung klassisch rechts-konservativer Vorstellungen in der Familien- und Geschlechterpolitik, dem nationalen Erbe und religiöser Lebensführung. Auf Grundlage eines geteilten Antikommunismus genoss das Militärregime auch die Unterstützung der USA. Ab 1973 häuften sich die Proteste gegen das Regime, die anfangs noch brutal niedergeschlagen wurden, darunter der Studentenaufstand im November 1973. Ein Ende fand die Diktatur schließlich durch die Zuspitzung des Konflikts mit der Türkei auf Zypern (s. Fn. 84). Der Bemühungen der Militärjunta, die zypriotische Nationalgarde dabei zu unterstützen, einen Anschluss an Griechenland zu erreichen, überforderte das Militär und zwang es schließlich zur Kapitulation. Am 24. Juli 1974 wurde Kostas Karmanalis als Premierminister eingesetzt (Nalbadidacis, in Ganzenmüller [Hrsg.], Europas vergessene Diktaturen?, 2018, S. 91 ff., 96, 107 ff.; Tzortzis, Greek Democracy and the Junta, 2020, S. 32 ff.).

[84] Am 20. Juli 1974 besetzten türkische Truppen den Norden der Insel Zypern. Dies bildete den Höhepunkt eines Konflikts, der bereits nach der Erlangung der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1960 einsetzte. Ab Ende des Jahre 1963 kam es wiederholt zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen griechischen Zyprioten und der türkischen Minderheit, in deren Folge sich die beiden Gruppen weiter voneinander abgrenzten und im Norden der Insel ein zum größten Teil türkisch besiedeltes Gebiet entstand. Friedensbemühungen der UN und der NATO sowie innerzypriotische Dialoge blieben in den darauffolgen Jahren ohne Erfolg. Eine Eskalation des Konflikts begann am 15. Juli 1974, als die zypriotische Nationalgarde, unterstützt durch die griechische Militärjunta in Athen und mit dem Ziel, einen Anschluss Zyperns an Griechenland zu erzwingen, gegen die zypriotische Regierung putschte. Die militärische Intervention der Türkei fünf Tage später erfolgte unter Berufung auf ihr Interventionsrecht aus einem 1960 geschlossenen Garantievertrag, der Großbritannien, Türkei und Griechenland dazu verpflichtet hatte, die Unabhängigkeit Zyperns zu respektieren und zu wahren (Arsava, Der Zypernkonflikt, 1997, S. 12, 20; Gürbey, Zypern, 1988, S. 18 ff., 29; Richter, APuZ, 12/2009, S. 3, 5 ff.). Obwohl sich die griechische Militärjunta schnell zurückzog, entschied sich die Türkei am 15. August 1974, die Invasion auszuweiten und besetzte schließlich rund 37 Prozent der Insel. Während die völkerrechtliche Bewertung des ersten Teils der Invasion umstritten ist, wird dieser zweite Teil der sog. Operation Attila als Akt gewaltsamer Expansion und völkerrechtswidrige Okkupation eingeordnet. Die Invasion führte schließlich zu einer endgültigen territorialen Trennung. Die 1983 ausgerufene Türkische Republik Nordzyperns ist bis heute international nicht anerkannt. 2014 wurde die Türkei vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu einer Schmerzensgeld- und Entschädigungszahlung in Höhe von 90 Millionen Euro an Zypern verurteilt, um für die Folgen der militärischen Invasion einzustehen (EGMR, Urt. v. 12.5.2014 - Az. 25781/94, NJOZ 2015, S. 627, 631 f.; Richter, APuZ, 12/2009, S. 3, 7 f.).

[85] S. Fn. 41.

[86] Horst Herold war von 1971 bis 1981 Präsident des Bundeskriminalamtes (s. die vorangestellte Vita in Bundeskriminalamt [Hrsg.], Festschrift für Horst Herold zum 75. Geburtstag, 1998, S. 15, 17).

[87] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage; s. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf aber auch Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.).

[88] Im Nord-Süd-Konflikt positionierten sich ab Mitte der 1960er Jahre postkoloniale Staaten, insbesondere die sogenannten bündnisfreien Regierungen, gegen die wirtschaftliche Vorherrschaft der Industrienationen des globalen Nordens und das damit verbundene Fortbestehen ausbeuterischer Strukturen. Mit dieser Blockbildung, die eine bewusste Distanzierung von dem vorherrschenden Schema des Ost-West-Konflikts darstellte, verbanden die bündnisfreien Regierungen und postkolonialen Staaten Ansprüche wie wirtschaftliche Modernisierung, Anerkennung ihrer Souveränität und internationales Mitspracherecht. Insgesamt zielten sie auf die Entstehung einer neuen internationalen (Wirtschafts-)Ordnung ab (Dinkel, in Reichherzer/Droit/Hansen [Hrsg.], Den Kalten Krieg vermessen, 2018, S. 45, 49 ff.; Jansen/Osterhammel, Dekolonisation, 2013, S. 98 ff.).

[89] S. Fn. 59.

[90] S. Fn. 4.

[91] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).


[a] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch KHK

[b] Maschinell durchgestrichen: Zustimmung

[c] Handschriftlich ersetzt: und durch in

[d] Handschriftlich ersetzt: technisch durch technologisch

[e] Maschinell ersetzt: luxenbrook durch Luxemburg

[f] Maschinell durchgestrichen: gesellschaftsverhältnissen

[g] Handschriftlich eingefügt: Ersten

[h] Handschriftlich ergänzt: Klassen

[i] Maschinell eingefügt: der

[j] Maschinell durchgestrichen: als

[k] Handschriftlich ersetzt: so kompliziert durch verkompliziert

[l] Handschriftlich ersetzt: den durch der

[m] Handschriftlich ersetzt: der durch die

[n] Handschriftlich ersetzt: Situen durch Citoyen

[o] Handschriftlich durchgestrichen: zu dem

[p] Maschinell eingefügt: in

[q] Maschinell eingefügt: und

[r] Handschriftlich eingefügt: in

[s] Handschriftlich ergänzt: ihrer

[t] Maschinell eingefügt: mit

[u] Handschriftlich eingefügt: zur

[v] Maschinell eingefügt: ähnliches

[w] Maschinell eingefügt: (s. Anlage 4 a zum Protokoll)

[x] Maschinell ersetzt: einlassen durch und Einlassungen

[y] Handschriftlich eingefügt: Am

[z] Maschinell durchgestrichen: Sie

[aa] Handschriftlich ergänzt: Explosionen

[bb] Maschinell ergänzt: Aussagegenehmigungen

[cc] Maschinell eingefügt: zum Protokoll,

[dd] Maschinell eingefügt: wieder

[ee] Maschinell eingefügt: wieder

[ff] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch 11.5.

[gg] Maschinell ersetzt: aussagen durch äußern

[hh] Maschinell eingefügt: uns

[ii] Maschinell eingefügt: völlig

[jj] Handschriftlich ersetzt: durchladen durch durchschlagen

[kk] Maschinell durchgestrichen: Sprengstoff

[ll] Handschriftlich ersetzt: Mai. durch Krug.

[mm] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[nn] Handschriftlich ersetzt: Sie durch wir

[oo] Maschinell eingefügt: gerade

[pp] Maschinell eingefügt: es

[qq] Maschinell eingefügt: In

[rr] Maschinell eingefügt: -, Herr Vorsitzender,

[ss] Maschinell durchgestrichen: ja schon

[tt] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[uu] Maschinell eingefügt: hier

[vv] Maschinell eingefügt: V.: Wenn Sie hier die Details etwas näher schildern würden, insbesondere Fundorte von Ihnen, wichtig erscheinenden Teilen.

[ww] Maschinell eingefügt: da

[xx] Handschriftlich ergänzt: Erläuterungen

[yy] Handschriftlich eingefügt: Pendant

[zz] Handschriftlich eingefügt: 11d

[aaa] Handschriftlich ergänzt: befanden

[bbb] Handschriftlich ersetzt: gekennzeichnet auf durch Kennzeichnet auch

[ccc] Maschinell durchgestrichen: gegen die

[ddd] Handschriftlich durchgestrichen: sich

[eee] Handschriftlich ersetzt: Druckfalle durch Druckwelle

[fff] Handschriftlich ersetzt: 18 durch 20

[ggg] Handschriftlich eingefügt: der

[hhh] Handschriftlich ersetzt: übliche durch übrige

[iii] Handschriftlich ergänzt: diese

[jjj] Handschriftlich ersetzt: Explosionsherd drei durch Explosionsort 3

[kkk] Handschriftlich ersetzt: zerdreht durch verdreht

[lll] Handschriftlich ersetzt: Explosionsherd durch Explosionsort

[mmm] Maschinell eingefügt: (zu Bild 9)

[nnn] Handschriftlich ersetzt: Explosionszug durch Explosionsdruck

[ooo] Maschinell eingefügt: - zu Bild 10 -

[ppp] Maschinell ersetzt: kurz durch kursorisch

[qqq] Maschinell eingefügt: - zu Bilder 15 und 16 -

[rrr] Maschinell ersetzt: ... kam als sie durch Das 1.K müßte

[sss] Maschinell eingefügt: (zu Bild 37).

[ttt] Handschriftlich ersetzt: Gleichbauweise durch Leichtbauweise

[uuu] Handschriftlich eingefügt: es

[vvv] Maschinell eingefügt: (zu Bild 38)

[www] Maschinell eingefügt: wieder

[xxx] Handschriftlich ersetzt: in durch eben

[yyy] Maschinell durchgestrichen: Teile von Schraubabschlußkappen bemerkt

[zzz] Handschriftlich ergänzt: Rohrabschlußkappe

[aaaa] Maschinell eingefügt: von Erklärungen vorgelegt

[bbbb] Maschinell durchgestrichen: Sprengkörper

[cccc] Maschinell durchgestrichen: um

[dddd] Handschriftlich ersetzt: 11.55 durch 11.59

[eeee] Maschinell durchgestrichen: ich

[ffff] Maschinell eingefügt: den Inhalt

[gggg] Maschinell eingefügt: wieder

[hhhh] Maschinell eingefügt: mehr

[iiii] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch Genizid

[jjjj] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch genuiner

[kkkk] Handschriftlich ersetzt: möchte durch macht

[llll] Handschriftlich ergänzt: politischen

[mmmm] Handschriftlich durchgestrichen: rationalen

[nnnn] Maschinell ersetzt: Präferie durch Peripherie

[oooo] Maschinell eingefügt: Brandt’s

[pppp] Handschriftlich eingefügt: des

[qqqq] Maschinell eingefügt: KHK

[rrrr] Handschriftlich eingefügt: im

[ssss] Handschriftlich eingefügt: der

[tttt] Handschriftlich ersetzt: Stufe durch Stube

[uuuu] Maschinell eingefügt: Vors.: Ja

[vvvv] Maschinell eingefügt: Zg.Hei.:

[wwww] Maschinell eingefügt: Sie

[xxxx] Maschinell ersetzt: vom durch zum

[yyyy] Handschriftlich ersetzt: wie durch Als

[zzzz] Handschriftlich eingefügt: erst

[aaaaa] Maschinell durchgestrichen: an

[bbbbb] Handschriftlich durchgestrichen: und

[ccccc] Handschriftlich ergänzt 36er - 40er

[ddddd] Handschriftlich eingefügt: 3

[eeeee] Maschinell durchgestrichen: also

[fffff] Handschriftlich ergänzt: Also

[ggggg] Maschinell eingefügt: was

[hhhhh] Maschinell eingefügt: denn

[iiiii] Maschinell eingefügt: noch

[jjjjj] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[kkkkk] Maschinell eingefügt: Heintze

[lllll] Maschinell durchgestrichen: durch

[mmmmm] Maschinell durchgestrichen: bis

[nnnnn] Maschinell eingefügt: sich

[ooooo] Maschinell eingefügt: Z.Mö.:

[ppppp] Maschinell eingefügt: Herrn

[qqqqq] Handschriftlich durchgestrichen: wiederum

[rrrrr] Maschinell eingefügt: mehr

[sssss] Handschriftlich ersetzt: 149 durch 249

[ttttt] Maschinell durchgestrichen: Pos.

[uuuuu] Maschinell durchgestrichen: Koffer