[9784] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 18. Mai 1976, um 9.03 Uhr.
(112. Verhandlungstag)
Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.
Als Urkundsbeamte sind anwesend:
JOS Janetzko und
Just.Ass. z.A. Scholze
Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]
Als deren Verteidiger sind anwesend:
RAe Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz u. Grigat.
Als Zeugen sind erschienen:
KHK Ernst Pöter, EKHK Alfred Klaus,
KOK Jürgen Bahr.
Beim Eintreten des Gerichts bleibt ein Pressevertreter sitzen.
Vors.:
Darf ich den Herrn auf der Pressebank vielleicht um die Höflichkeit auch bitten? Danke.
Ich bitte, Platz zu nehmen.
Wir setzen die Sitzung fort - die Verteidigung ist gewährleistet.
Ganz kurz der Hinweis:
Der kommende Montag, 24.5., ist sitzungsfrei.
Sodann haben wir auf Donnerstag noch gebeten den
KHM Metzner als Zeugen.
Es geht hier um die Sicherstellung einer Schreibmaschine, Fabrikat „Elite“, Asservat-Nr. H 5/74 5. 115.
Er ist geladen auf Donnerstag, 9.00 Uhr.
RA Schlaegel erscheint um 9.04 Uhr im Sitzungssaal.
[9785] Wir haben heute früh die Herren Zeugen Pöter, Klaus und Bahr.
Die Zeugen KHK Pöter, EKHK Klaus und KOK Bahr werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.
Die Zeugen KHK Pöter, EKHK Klaus und KOK Bahr erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]
Die Zeugen EKHK Klaus und KOK Bahr werden um 9.05 Uhr in Abstand verwiesen.
Der Zeuge KHK Pöter macht folgende Angaben zur Person:
Zeuge Pö[ter]:
Ernst P ö t e r, 54 Jahre,
KHK, Bonn-Bad Godesberg.Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Pöter, ist es richtig, daß Sie am 16. Juli 1973 die Zelle des Angeklagten Baader in der Justizvollzugsanstalt in Schwalmstadt[4] mit durchsucht haben?
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das ist richtig,
Vors.:
Sind damals Materialien sichergestellt worden und wenn ja, welcher Art waren diese Materialien?
Zeuge Pö[ter]:
Es wurden Materielien sichergestellt, und zwar waren es ausschließlich nur schriftliche Unterlagen nach meiner Erinnerung. Andere Gegenstände wurden nicht gefunden.
Vors.:
Ist es richtig, daß man damals diese schriftlichen Unterlagen in einer Liste verzeichnet hat?
Zeuge Pö[ter]:
Das habe ich gemacht, ja.
Dem Zeugen wird die Liste aus Ornder 123 Bl. 3 und 4 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob es sich um diese Liste und um seine Unterschrift handelt.
[9786] Zeuge Pö[ter]:
Ja, das ist die Liste, die ich angefertigt hatte.
Vors.:
Und die Unterschrift bestätigen Sie als Ihre?
Zeuge Pö[ter]:
Jawohl.
Dem Zeugen werden nun die folgenden Asservate jeweils mit der Bitte vorgelegt zu erklären, ob diese Schriftstücke zu dem damals sichergestellten Schriftgut gehört haben.
Dem Zeugen wird das Asservat
BAADER-Material Pos. 5/1 - 9
(beginnend mit „Um die Zirkulation ...“)
vorgelegt.
Ich muß dazu folgendes erklären:
Es ist mir nach dieser langen Zeit nicht mehr möglich, mit hundertprozentiger Sicherheit zu sagen, daß es diese Schriften waren - also vom Inhalt her, wohlbemerkt -, daß es die Schriften waren, die ich bei jener Durchsuchung da beschlagnahmt habe. Aber - das ist ne Art von mir - ich habe die ... Ich muß dazu sagen: Ich hatte mit dem Angeklagten Baader, der ja auch mit der Durchsicht der Sachen einverstanden gewesen war, später eine Formulierung gefunden, um die einzelnen schriftlichen Unterlagen, die da beschlagnahmt wurden, auch in der Liste soweit möglich verläßlich zu kennzeichnen. Dazu gehörte - und das war auch der Wunsch von Herrn Baader -, daß die Anfangsworte jedes Schriftstücks in diesem Sicherstellungsverzeichnis niedergelegt wurden.
Das ist der eine Punkt.
Zum andern habe ich die Schriftenunterlagen fortlaufend nummeriert mit einem grünen Filzschreiber. Grün ist ne Farbe, die im Büroleben nicht so oft verwendet wird, und darum hatte ich eigens einen grünen Filzstift dabei.
Ich sehe auf diesen Unterlagen, die mir vorgelegt wurden,
a) die grüne Numerierung,
und ich erkenne auch an der Art der Numerierung selbst, daß es mit Sicherheit von mir, von meiner Hand angefertigt wurde.
[9787] Dem Zeugen wird das Asservat BAADER-Material Pos. 7
(beginnend mit: „Es gibt die Notwendigkeit ...“)
vorgelegt.
Herr Vorsitzender, hier gilt auch das soeben Gesagte. Hier kann ich aber dazusagen:
Hier werden einzelne Namen, Bezeichnungen, Deckbezeichnungen ... Da kann ich mich drauf besinnen.
Vors.:
Und Sie finden auch dort wieder diesen grünen Filzstift? ...
Zeuge Pö[ter]:
Jawohl.
Vors.:
... und erkennen dort Ihre Art, eine solche Bezeichnung durchzuführen?
Zeuge Pö[ter]:
Jawohl.
Vors.:
Dankeschön.
Ich gehe davon aus, wenn die Prozeßbeteiligten zu irgendwelchen einzelnen Asservaten Fragen haben, daß Sie sich dann von sich aus sofort zu Wort melden.
Dem Zeugen wird das Asservat BAADER-Material Pos. 11
(beginnend mit den Worten: „Das Schema kann sich nur entwickeln ...“)
vorgelegt.
Zeuge Pö[ter]:
Auch hier muß ich sagen:
Auf den Inhalt kann ich mich nicht erinnern; aber das übrige von mir vorhin Ausgesagte gilt auch hier.
Das Asservat BAADER-Material Pos. 16/1.1 und 1.2
- 1.1 (beginnend mit den Worten: „das ist so ein Entwurf“);
1.2 (beginnend mit den Worten: „Die Polizeikriminalistik..“)
- wird dem Zeugen vorgelegt.
Wie gesagt, auf den Inhalt kann ich mich nicht mehr entsinnen, aber die einleitenden Worte und die Nummerierung mit grünem Filzstift stimmen überein.
Dem Zeugen wird das Asservat BAADER-Material Pos. 47/1 - 4
(beginnend: „Kurt Groenewold I an alle, Schreiben vom 11.7.1973“)
vorgelegt.
[9788] Das Schreiben habe ich auch in der Hand gehabt damals - ich erkenne das an der Nummerierung. Ich hab auch schwach in Erinnerung, daß da ein Schreiben von RA Groenewold dabei war; auf den Inhalt kann ich mich allerdings nicht mehr so recht erinnern.
Gem. § 249 StPO[5] wird von der Liste aus Ordner 123 Bl. 3 und 4 folgendes verlesen:
der Kopf, die Pos. 5, 7, 11, 16 und 47 sowie die Unterschriften.
Vors.:
Herr Zeuge, Sie haben vorhin schon bestätigt, diese Liste angefertigt zu haben und unterschrieben zu haben.
Können Sie, nachdem die Positionen verlesen sind, bekunden, daß das, was dort verzeichnet ist, Ihnen alles vorgelegen hat, daß die Liste richtig und vollständig erstellt worden ist?
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das kann ich erklären.
Vors.:
Dankeschön.
Sind zu diesem Punkte - Durchsuchung 16.7.1973 - noch Fragen? Ich sehe, nicht.
Ist es richtig, daß Sie am 7.2.1974 an einer weiteren Durchsuchung der Zelle des Herrn Baader in Schwalmstadt teilgenommen haben?
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das stimmt.
Vors.:
Hier interessiert uns, ob damals eine Reiseschreibmaschine, die von Herrn Baader benutzt worden ist, sichergestellt wurde, zumindest vorübergehend sichergestellt wurde.
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das ist zutreffend.
Ich hatte die Maschine mitgenommen, und zwar mit Einverständnis von Herrn Baader, und zwar dahingehend mit seinem Einverständnis, daß er sie alsbald zurückbekommen würde. Das hatte ich ihm auch zugesichert und erklärt, daß die also überprüft werden müsse. Ich habe sie dann beim BKA in Wiesbaden, Abt. Technik übergeben und habe dazu auch ein Schriftstück angefertigt, wo sie herstammt und was es mit der Maschine auf sich hat - Olivetti.
[9789] Vors.:
Also diese Maschine sollte zu Schriftbildvergleichen der Kriminaltechnik übergeben werden.
Wem haben Sie’s übergeben? Wüßten Sie das heute noch?
Zeuge Pö[ter]:
Ja. Das ist ein leitender Herr, ein älterer Herr. Wenn Sie mir behilflich sein könnten?
Vors.:
Könnte es der Zeuge Bahr gewesen sein?
Zeuge Pö[ter]:
Nein, dem habe ich sie nicht übergeben.
Vors.:
... nicht direkt übergeben?
Zeuge Pö[ter]:
Nein, nicht persönlich, sondern - naja, mir fällt der Name nicht ein.
Vors.:
Es liegt hier ein Vermerk vom 11.2.1974 vor vom BKA unterzeichnet mit dem Namen Pöter und Ihrem Dienstrang. Es ist wohl anzunehmen, daß das von Ihnen stammt und hier heißt ...
Zeuge Pö[ter]:
Es ist auch adressiert an den Herrn, dem ich’s übergeben habe.
Vors.:
Ja, das wäre dann Herr Reg. Kriminaldirektor Windhaber gewesen ...
Zeuge Pö[ter]:
Richtig, richtig, Herr Windhaber.
Vors.:
... der Sachverständige.
Und hier heißt es, daß am 8.2.1974 eine Reiseschreibmaschine - es wird jetzt das Fabrikat angegeben - gefunden worden sei. Wüßten Sie’s noch auswendig?
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das ist eine Olivetti gewesen, und zwar spanisches Fabrikat.
Vors.:
„Olivetti Lettara“ heißt es hier.
Können Sie das bestätigen?
Zeuge Pö[ter]:
Ja, das ist richtig.
Vors.:
Und dann heißt es:
„Die Schreibmittel
- es sind noch weitere Positionen aufgeführt -
wurden bei der Durchsuchung der Haftzelle des Angeschuldigten Andreas Baader in der JVA Schwalmstadt am 7.2.1974 vorgefunden und in Verwahrung genommen.“
Bezieht sich dieser Vermerk ... Zunächst mal: Ist dieser Vermerk tatsächlich von Ihnen? Ist das richtig?
Zeuge Pö[ter]:
Der ist von mir geschrieben, ja.
[9790] Vors.:
Und der bezieht sich also auf das, was Sie eben geschildert haben?
Zeuge Pö[ter]:
Genau. Jawohl.
Vors.:
Dankeschön.
Weitere Fragen zu diesem Punkte?
Beim Gericht nicht.
Sämtliche dem Zeugen vorgelegten Asservate wurden vom Gericht in Augenschein[6] genommen.
Alle Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.
Sonstige Fragen an Herrn Pöter?
Keine weiteren Fragen mehr.
Herr Pöter, Sie haben hier, glaube ich, den Eid schon abgelegt bei einer früheren Vernehmung.
Zeuge Pö[ter]:
Ja.
Der Zeuge Pöter versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)
und wird im allseitigen Einverständnis um 9.22 Uhr entlassen.
Gem. § 249 StPO wird aus den Personenakten BAADER/III Bl. 336-340 der Beschlagnahmebeschluß vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vom 5.12.1973 - 1 BJs 6/71 - Rubrum,[7] Tenor[8] und die Unterschrift - verlesen.
Der Zeuge EKHK Klaus erscheint um 9.23 Uhr im Sitzungssaal.
Der Zeuge EKHK Klaus machte folgende Angaben zur Person:
Zeuge Klaus:
Alfred K l a u s, 56 Jahre, verh.,
EKHK beim BKA in Bonn-Bad Godesberg;mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
[9791] Vors.:
Herr Klaus, ist es richtig, daß Sie am 16.7.1973 an der Durchsuchung der Zelle von Frau Meinhof in Köln-Ossendorf[9] beteiligt gewesen sind?
Zeuge Klaus:
Ja.
Vors.:
Sind damals Materialien sichergestellt worden?
Zeuge Klaus:
Zahlreiche schriftliche Aufzeichnungen.
Vors.:
Es handelt sich also durchweg um Schriftstücke?
Zeuge Klaus:
Ja.
Vors.:
Und wie wurden die im einzelnen gesichert?
Zeuge Klaus:
Ich habe die Schriftstücke durchgesehen, habe sie in Gegenwart von Frau Meinhof nummeriert und habe sie dann zu etwa jeweils 50 Stück in eine Hülle getan, und diese Hüllen wurden anschließend versiegelt; sie sind dann später der B. Anwaltschaft zugeleitet worden.
Vors.:
Haben Sie darüber eine Liste angefertigt?
Zeuge Klaus:
Darüber habe ich dann später ein detailiertes Verzeichnis gefertigt.
Dem Zeugen wird ein Verzeichnis aus Ordner 123 Bl. 161-197 vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob das, was damals verwahrt worden ist, in dieser Liste seinerzeit von ihm festgehalten worden ist, es sich also um seine Liste handelt, die nicht unterzeichnet ist.
Das ist das von mir selbst gefertigte Verzeichnis, das ich auch unterschrieben haben muß, Herr Vorsitzender. Ja, es handelt sich um die damals bei Frau Meinhof sichergestellten Schriftstücke.
Vors.:
Wenn man dieses Verzeichnis ansieht, dann fällt die Einteilung in römische Abschnitte auf, also I - ich glaube, es geht bis XIV. Was bedeutet diese Einteilung?
Zeuge Klaus:
Die römischen Zahlen bezeichnen die Hüllen, in denen die einzelnen Schriftstücke dann verwahrt worden sind.
Vors.:
Und nach welchen Gesichtspunkten kam das in die Hüllen? Einfach mengenmäßig oder nach Auffindungsort?
Zeuge Klaus:
Mengenmäßig, ca. 50 Stück in einer Hülle.
[9792] Dem Zeugen wenden nun die folgenden Asservate jeweils mit der Bitte vorgelegt, zu erklären, ob diese Schriftstücke zu dem damals sichergestellten Schriftgut gehört haben.
Dem Zeugen wird das Asservat
MEINHOF-Material Pos. I/3.4-5
(beginnend mit den Worten: „Also - (Durchschlag a.) - ich schicke jetzt a) dies noch völlig ...“
vorgelegt.
Ja. Es handelt sich um eines der Originalschriftstücke, die ich bei Frau Meinhof in der Zelle gefunden habe und später auch ausgewertet habe inhaltlich.
Vors.:
Sie kennen’s wieder?
Zeuge Klaus:
Ja, ich kenn’s wieder - eindeutig.
Dem Zeugen wird das Asservat MEINHOF-Material Pos. II/1-6
(beginnend mit den Buchstaben (Th. (m. Durchschlag a)
Kann man das nicht vollends abschaffen..“)
vorgelegt.
Bei diesem Schriftstück handelt es sich um einen Kassiber, der meiner Meinung nach - das habe ich seinerzeit feststellen können - auch anhand der handschriftlichen Verbesserung von Frau Ensslin stammte; und Frau Meinhof hatte diesen Kassiber eng zusammengefaltet in ihrer Hosentasche, und bei der Durchsuchung versuchte sie, ihn herauszuziehen und verschwinden zu lassen. Ich habe dann ihr das Schriftstück abnehmen wollen, und dabei ließ sie sich auf das Bett fallen und stieß mich mit beiden Füßen in den Leib.
Daher kann ich mich so gut daran erinnern.
Dem Zeugen wird das Asservat MEINHOF-Material Pos. VIII/20
(beginnend mit den Worten:
„ZZ“ „Über Theoriestudium - schulung - marxismus...“)
vorgelegt.
[9793] Auch dieses Originalschriftstück stammt aus der Zelle von Frau Meinhof. Ich habe es selbst in der Hand gehabt und asserviert später.
Dem Zeugen wird das Asservat MEINHOF-Material Pos. IX/51 - 52
(beginnend mit den Worten:
„Mit der Dokumentation ficken sich die Dokumenteure ...“)
vorgelegt.
Ebenfalls ein Beweismittel aus der Zelle von Frau Meinhof stammend. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern an den Inhalt dieser Schrift, aber nach der Asservierungsnummer kann kein Zweifel bestehen, daß es sich um dort sichergestelltes Material handelt.
Vors.:
Sind diese Asservierungsnummern von Ihrer eigenen Hand geschrieben?
Zeuge Klaus:
Nein, diese nicht; die muß mein Mitarbeiter - ein Kollege jedenfalls - von uns gemacht haben.
Ich muß dazu sagen, daß wir uns die Arbeit geteilt haben, und mein Kollege hatte es versäumt, das gleich an Ort und Stelle durchzunummerieren - das ist dann später geschehen, deshalb also die von anderer Hand stammende Bezeichnung oder Kennzeichnung, genauer gesagt.
Dem Zeugen werden die Asservate
MEINHOF-Material Pos. XV/21
(beginnend mit den Worten:
„Irgendwie komm ich nicht damit klar ...“),
Pos. XV/27
(beginnend mit durchgestrichener Schreibmaschinenschrift: „Verdammt! Was andres ...“)
und
Pos. XV/28
(beginnend mit den Worten:
„Im Zusammenhang. „Schwarzer September ...“)
vorgelegt.
Diese drei Schriftstücke, auch original geschrieben, stammen ebenfalls aus der Zelle von Frau Meinhof und sie stehen auch im Zusammenhang mit der dritten RAF-Schrift, die Aktion des [9794] „Schwarzen September“ in München[10] und zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes. Seinerzeit war nicht ganz klar, wie der Verfasser dieser Schrift war; Frau Ensslin beispielsweise nahm an, es stamme von Horst Mahler.[11] Tatsächlich ist sie aber von Ulrike Meinhof verfaßt worden, und deswegen setzte sie sich gegen bestimmte Kritik und Vorwürfe zur Wehr darin.
Dem Zeugen wird das Asservat MEINHOF-Material Pos. XV/36
(beinhaltend ein Übersendungsformular „Klaus Eschen/Horst Mahler, Verteidigerpost, Berlin 15, den 12.7.1973“)
und Pos. XV/37
(beinhaltend ein Rundschreiben oder ein Schreiben ebenfalls aus dem Büro Klaus Eschen/Horst Mahler: „Berlin 15, 12. Juli 1973 Str/Ro..“,
des weiteren die Empfänger benennend:
Meinhof, Raspe, Müller usw.
und beginnend mit:
„Liebe Genossin, lieber Genosse, die Besucherwelle ebbt etwas ab..“)
vorgelegt.
Ebenfalls nach meiner Erinnerung eindeutig ein aus der Zelle von Frau Meinhof stammendes Originalschreiben eines der sog. Verteidiger-Rundbriefe, wie sie in der ersten Phase der Aufrechterhaltung der Kommunikation benutzt wurden.
Gem. § 249 StPO wird aus Ordner 123 Bl. 163 - 195 folgendes verlesen:
der Kopf des Verzeichnisses;
folgende Positionen:
Bl. 164 I/3.3 - 5
I/3.6 - 9
Bl. 165 II/1 - 6
Bl. 171 VIII/20
Bl. 173 IX/51 - 52
Bl. 184 XV/15 - 22
XV/24 - 34
Bl. 185 XV/36 - 37a;
Unterschriften.
[9795] Vors.:
Sind zu dieser Durchsuchung - 16.7.1973 - weitere Fragen?
Bitte, Herr Berichterstatter.
Richter Mai[er]:
Herr Klaus, hat man in der Zelle auch eine Schreibmaschine vorgefunden?
Zeuge Klaus:
Jawohl.
Richter Mai[er]:
Wurde diese Schreibmaschine mitgenommen oder dagelassen?
Zeuge Klaus:
Sie wurde dortgelassen, und wir haben nur eine Maschinenschriftprobe davon genommen.
Richter Mai[er]:
Waren Sie selbst dabei, als diese Schriftprobe gemacht wurde?
Zeuge Klaus:
Ich war in der Zelle von Frau Meinhof mit ihr zusammen, der Kollege war im Nebenraum, weil es zu beengt dort war, und hat dort diese Schriftprobe genommen.
Dem Zeugen wird das Asservat U-7321
-Schreibmaschinenschriftprobe Meinhof-
vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob das die selbe ist, die damals angefertigt wurde bei dieser Zellendurchsuchung.
Nun, das ist nicht die Schriftprobe, die wir genommen haben.
Wir haben sie am 16.7. gefertigt, während diese hier vom 29.8.73 stammt; und auch der Name des Unterzeichners Eikler ist mir nicht bekannt. Es handelt sich offenbar um einen Angehörigen des LKAs in Düsseldorf - sie muß also bei einer anderen Gelegenheit genommen worden sein.
Richter Mai[er]:
Dankeschön.
Vors.:
Sonstige Fragen zu dieser Durchsuchung?
Herr RA Schnabel.
RA Schn[abel]:
Herr Zeuge, Sie haben vorher - 9.28 Uhr - recht zielsicher ein Schreiben identifiziert aufgrund einer Asservierungsnummer, die nicht von Ihnen selbst stammt.
Besteht nicht die Möglichkeit auch, daß diese Asservierungsnummer, die Sie selbst ja gar nicht geschrieben haben, auf ein Schreiben geraten ist, das auch nicht dort in der Zelle war? Können Sie das mit absoluter Sicherheit ausschließen?
Zeuge Klaus:
Ich halte es zumindest für extrem unwahrscheinlich, weil ich die gesamten Schriftstücke, die an diesem Tage sichergestellt worden sind, monatelang durchgearbeitet habe, daher ist mir also auch ihr Inhalt und ihr Äußeres so gut in Erinnerung, daß ich keinen Zweifel habe.
[9796] RA Schn[abel]:
Ja, Herr Zeuge, bei diesem Schreiben, das ich eben erwähnte, war Ihnen weder der Inhalt noch das Äußere nach Ihrem eigenen Bekunden bekannt.
Zeuge Klaus:
Jetzt weiß ich erst, welches Sie meinen.
Das ist korrekt. Ich konnte mich nicht mehr mit Sicherheit daran erinnern, ob dieses Schriftstück, das mir sehr wohl bekannt war, erst bei Frau Meinhof gefunden worden ist oder anderswo. Dazu muß ich eine Erklärung abgeben, denn es wurden die gleichen Schriftstücke nicht nur bei Frau Meinhof in der Zelle, sondern zum Teil auch bei allen andern gefunden, so daß also da auch die Möglichkeit von Verwechslungen möglich sind. Aber es besteht für mich kein Zweifel, daß diese Asservierungsnummern bei uns gefertigt worden sind, und daß sich also da kein fremdes Schriftstück reingeschlichen haben kann.
RA Schn[abel]:
Herr Zeuge, haben Sie bei diesem Schriftstück, über das wir eben sprechen, denn irgendwelche Erinnerungen an den Inhalt oder an die äußere Form?
Sie haben ja vorher selbst gesagt, Sie könnten sich nur an die Asservierungsnummer erinnern.
Zeuge Klaus:
Doch. Ich habe ja einen Auswertungsbericht über das gesamte Material gefertigt, und nach meiner Erinnerung habe ich aus diesem Schriftstück auch ein kurzes Zitat in diesen Bericht eingebaut. Daher ... -
RA Schn[abel]:
Herr Zeuge, können Sie heute - was Sie damals haben, das will ich ja gar nicht bezweifeln - können Sie sich heute an Form oder Inhalt dieses Schriftstückes noch erinnern?
Dann darf ich Sie bitten, mir Anhaltspunkte dafür zu geben, daß es sich um dieses Schriftstück handelt, abgesehen von der Asservierungsnummer, was sie vorhergesagt haben, die im übrigen ja nicht von Ihnen selbst stammt.
Zeuge Klaus:
Ich habe vorher ausgesagt, Herr Rechtsanwalt, daß wir Arbeitsteilung gemacht haben; deshalb habe ich zum damaligen Zeitpunkt dieses nicht mehr möglicherweise gesehen; ich kann mich aber an den Inhalt und an die äußere Form dieses Schriftstückes erinnern, weil das mir vorgelegen hat.
[9797] Ich weiß noch aus dem Inhalt, daß dazu Stellung genommen wird zu einer Dokumentation der „Roten Hilfe“[12], die von dem angeblichen Trottel stammte, womit offenbar Herr Mahler gemeint war - über den Verfasser selbst kann ich keine Aussagen machen. Jedenfalls weiß ich mit Sicherheit, daß dieses Schriftstück mir vorgelegen hat; nur, um es zu wiederholen:
Ich konnte in diesem Moment nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ich’s damals bei Frau Meinhof in der Zelle auch schon gesehen habe, ...
RA Schn[abel]:
... so daß also wohl als Ergebnis Ihrer Zeugenaussage festzuhalten ist, daß dieses Schriftstück unter Umständen auch nicht von der Zelle von Frau Meinhof stammen kann.
Zeuge Klaus:
Das halte ich deswegen für extrem unwahrscheinlich, weil wir ja die Schriftstücke jeweils gesondert für sich aufbewahrt haben und auch dann letztlich asserviert und nummeriert haben.
RA Schn[abel]:
Aber Herr Zeuge, Sie haben doch selbst gar nichts asserviert und nichts nummeriert an diesem Schriftstück, wie Sie selbst sagten, so daß durchaus doch die Möglichkeit einer Verwechslung bis zur Asservierung vorhanden ist, oder waren Sie ständig bei diesem Schriftstück dabei?
Zeuge Klaus:
Ob ich ununterbrochen bei seiner Asservierung und Erfassung dabei war, das kann ich hier nicht mit Sicherheit bekunden. Aber ich sage noch einmal:
Es ist extrem unwahrscheinlich; theoretisch ist sowas nicht völlig auszuschließen. Aber ich halte es für einfach ausgeschlossen. Das ist meine persönliche Meinung dazu.
RA Schn[abel]:
Das ist Ihre persönliche Meinung. Aber hier als Zeuge mögen Sie bitte bekunden, ob Sie mit absoluter Sicherheit sagen können, daß es so ist oder nicht anders ist und nicht irgendwelche Glaubenssätze verkünden.
OStA Ze[is]:
Herr Vorsitzender, ich beanstande diese Frage:
Der Zeuge hat wiederholt auf die Frage Antwort gegeben.
Vors.:
Es war im Augenblick wohl keine Frage, mehr eine zusammenfassende Aufforderung an den Herrn Zeugen, das nochmals zu sagen, was er in der Tat bereits jetzt mehrfach auf die Fragen des Herrn Verteidigers gesagt hat.
[9798] Ich glaube, Herr RA Schnabel, eine Antwort zusätzlicher Art wird von Ihnen auch gar nicht mehr erwartet.
RA Schn[abel]:
Nun, es wird insofern eine erwartet, als ich davon ausgehe, daß hier Zeugen wohl keine Glaubenssätze verkünden, sondern etwas sagen, was faktisch nachprüfbar ist, und dann reicht es mir nicht aus, wenn irgendein Zeuge sagt, es sei extrem unwahrscheinlich; extrem unwahrscheinlich, das ist nicht nachprüfbar - das ist seine persönliche Überzeugung.
Vors.:
Er kann nichts anderes, wenn Sie ihn nach solchen inneren Tatsachen[13] fragen, bekunden als seine eigene Überzeugung.
RA Schn[abel]:
Das ist keine innere Tatsache, wenn ich jemand frage, ob er ständig bei diesem Schreiben dabei war und ob er Anhaltspunkte - informelle oder inhaltliche - an dieses Schreiben hat.
Vors.:
Dazu hat der Zeuge gesagt, daß er ...
RA Schn[abel]:
Im inhaltlichen hat er welche gegeben - das hab ich auch gehört -, und jetzt wollte ich noch auf das Formelle zu sprechen kommen - er hat ja auch gesagt, er könnte sich an die Form noch erinnern:
Was ist denn da besonders an dieser Form dieses Schreibens?
Zeuge Klaus:
Die Anfangssätze dieser Schrift sind mir erinnerlich und auch die äußere Form ist so, wie sie in keinem anderen Schriftstück des gesamten Zellenmaterials seinerzeit wiederauftaucht, und deshalb kann ich mich daran besonders gut erinnern.
RA Schn[abel]:
Das ist jetzt nur ne Wiederholung.
Können Sie sagen, was das Besondere an dieser äußeren Form ist?
Zeuge Klaus:
Das ist die Schreibmaschine, die mir sonst aus keinem ... das Schriftbild insgesamt, wie es mir sonst aus keinem anderen Zellenzirkular bekannt ist.
RA Schn[abel]:
Was verstehen Sie unter Schriftbild?
Vors.:
Herr Rechtsanwalt, Sie können vielleicht mal das Dokument selbst in die Hand nehmen und vergleichen, dann werden Sie vielleicht leichter verstehen können, was der Herr Zeuge damit meint.
[9799] RA Schnabel werden die Asservate
MEINHOF-Material Pos. VIII/20, IX/51 - 52, II/1 - 6, 1/3.4,XV/37, XV/21, 27, 28
übergeben.
Zeuge Klaus:
Und zum Schluß steht dann etwas von Jagdgründen drin, und „in der Dokumentation ficken sich die Dokumentateure ins Knie“ - das war auch sehr einprägsam; und zum andern habe ich lange darüber nachgedacht, welche Dokumentation damit gemeint sein könne, bis ich’s dann endlich herausgefunden hab.
Vors.:
Weitere Fragen?
Ich sehe, nicht.
Es sind jetzt noch einige wenige Fragen, Herr Klaus, an Sie im Zusammenhang mit RAF-Schriften, die hier bereits eingeführt worden sind und einer Zeitschrift „Agit“.
Bitte, Herr Berichterstatter.
Richter Mai[er]:
Herr Klaus, zuerst nicht zu den RAF-Schriften, sondern ich habe hier eine Schrift von der „Roten Hilfe“ - „Neues vom Sozialstaat, Dokumentation zum Teach-in der Roten Hilfe zur unmittelbaren Unterdrückung durch[a] Polizei und Justiz“,
Dem Zeugen wird das Original der „Roten Hilfe
- Neues vom Sozialstaat“
- eine Fotokopie ist in Ordner 116 Bl. 65/11 abgelegt -
vorgelegt.
Ich bitte Sie, sich zu überlegen, ob Sie aus den Erkenntnissen des BKAs etwas darüber sagen können, ob ein derartiges Schriftstück, eine derartige Dokumentation im Umlauf war und etwa, in welcher Zeit.
Zeuge Klaus:
Diese Schriften „Neues vom Sozialstaat“, herausgegeben von der Roten Hilfe in Frankfurt wurde uns im Juni 1972 in Frankfurt verbreitet. Wir haben aber auch ein Exemplar aus Hamburg bekommen, so daß also der Verbreitungskreis wahrscheinlich noch größer war; und übersandt wurde diese Schrift von der Polizei in Frankfurt am Main, und sie war deswegen für mich von besonderem Interesse, weil darin abgedruckt ist die Tonbanderklärung,[14] die Ulrike Meinhof am 31.5.1972 bei einem Teach-in der Roten Hilfe in Frankfurt enthalten war.
[9800] Dem Zeugen wird das Originalflugblatt, das in Fotokopie im Ordner 116 Bl. 65/8 abgelegt ist, vorgelegt.
Ende von Band 554.
[9801] Zeuge Klaus:
Dieses Flugblatt hab ich seinerzeit original selbst in der Hand gehabt, weil nämlich der Vermerk „Mai 72“ von mir stammt und auch die Klammern daran. Und sie wurde uns auch durch die Polizei in Frankfurt/Main zugänglich gemacht. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob sie uns jemand von einer Dienstreise nach Frankfurt mitgebracht hat oder ob sie mir ebenfalls mit einem Anschreiben übersandt worden ist.
Richter Ma[ier]:
Und Sie sind die Stelle, bei der derartige Schriften, wenn sie von irgendwelchen Polizeidienststellen erhoben werden, zusammenlaufen?
Zeuge Klaus:
Ja.
Richter Ma[ier]:
Dankeschön. Keine weitere Frage.
Vors.:
Herr Dr. Breucker, bitteschön.
Richter Dr. Breu[cker]:
Herr Klaus, Ihnen wurde vorhin ein Schriftstück vorgelegt, was sich mit der Aktion des Schwarzen September in München beschäftigt hat und was Sie in der Zelle von Ulrike Meinhof gefunden haben wollen. Ist Ihnen, wir haben gehört, bei Ihnen laufen ja die sogenannten revolutionären Schriften zusammen, ist Ihnen später bekannt geworden, daß eine solche Schrift, die sich mit dem Schwarzen September beschäftigt, auch im Umlauf war?
Zeuge Klaus:
Ja. Es ist illegal verbreitet worden im November 1972 auch mit dem bekannten Emblem der RAF mit der Maschinenpistole innerhalb des fünfzackigen Sternes und den Initialen RAF und als ich sie bekam, war mir eigentlich von vornherein klar, daß sie von Ulrike Meinhof verfaßt sein müsse, weil ich ihre Diktion, ihren Schreibstil sehr gut kenne. Weil ich ihre ganzen Kolumnen in[b] „Konkret“[15] seinerzeit gelesen habe, deshalb war ich also sehr vertraut damit.
Dem Zeugen wird das Schriftstück aus Ordner 118.7 „Die Aktion des Schwarzen Septembers - Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes“[16] vorgelegt.
Dieses Schriftstück wurde bereits in der Hauptverhandlung verlesen.
Zeuge Klaus:
Sie ist als unanbringliche[c] Postsendung angefallen, glaube ich. Und zwar ist sie verbreitet worden mit einem fingierten Absender: „Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft in Hannover, Friesenstraße“, nach meiner Erinnerung. Und auf die gleiche Weise verbreitet worden, wie die ersten beiden RAF-Schriften. Über den Hersteller und den Vertriebsapparat ist uns bis heute nichts bekannt geworden.
[9802] Richter Dr. Breu[cker]:
Ja. Sie sprachen soeben von den ersten RAF-Schriften.
Dem Zeugen wird das Schriftstück aus Ordner 118.5 „Rote Armee Fraktion: Das Konzept Stadtguerilla“[17] vorgelegt.
Dieses Schriftsstück wurde ebenfalls bereits in der Hauptverhandlung verlesen.
Zeuge Klaus:
Diese Schrift ist Mitte April im gesamten Bundesgebiet zur Verbreitung gelangt. Wir haben davon Kenntnis erhalten, weil einige Postsendungen, einige Päckchen wegen Unanbringlichkeit dieser Sendungen wieder an den fingierten Absender, „Werbezentrale Bonn, Am Markt“, zurückgegangen sind und so kamen wir in den Besitz und zwar am 28.4., glaube ich, kamen wir in den Besitz dieser Päckchen. Darüberhinaus wurde diese Schrift aber auch in einem anderen Format[d] verbreitet und zwar am 1.5.71 in Berlin und auch 8 Tage später, am darauffolgenden Sonntag, ich glaube, am 8. oder am 9. Außerdem lag sie, dieser Untergrundschrift Agit[e] 883, die in Berlin verbreitet wird, als Beilage bei.
Richter Dr. Breu[cker]:
Das war also die sogenannte 1. RAF-Schrift.
Dem Zeugen wird das Schriftstück aus Ordner 118.6 „Rote Armee Fraktion: Stadtguerilla und Klassenkampf“[18] vorgelegt.
Dieses Schriftstück wurde ebenfalls bereits in der Hauptverhandlung verlesen.
Zeuge Klaus:
Die Schrift mit dem Titel „Stadtguerilla und Klassenkampf“ wurde ebenfalls, und zwar genau 1 Jahr später, im April 72, als illegal verbreitet und zwar ebenfalls mit einem fingierten Absender und zwar dem „Ring Christlich demokratischer Studenten in Regensburg, Unistraße 35“ nach meiner Erinnerung. Wir erhielten zum erstenmal davon Kenntnis durch eine Veröffentlichung im Spiegel. Denn die Spiegelredaktion hatte ebenfalls ein Exemplar dieser Schrift mit dem genannten Absender zugesandt bekommen und hatte Auszüge daraus veröffentlicht. Wir haben dann später eine Manuskriptkopie aus der Schweiz erhalten. Die war in Zürich bei der Stadtguerillagruppe sichergestellt worden.
Richter Dr. Breu[cker]:
Herr Klaus, ist Ihnen die Schrift „Minihandbuch des Stadtguerilla“ von Carlos Marighella[19] bekannt?
Zeuge Klaus:
Ja.
Richter Dr. Breu[cker]:
Seit wann ist das in deutscher Sprache im Umlauf gewesen?
[9803] Zeuge Klaus:
Seit Mai 1970. Zuerst in Berlin verbreitet und dann meines Wissens aber auch an der Universität in Köln zur Verbreitung gelangt und zwar illegal.
Dem Zeugen wird das Schriftstück aus Ordner 118.3 „Minihandbuch“ vorgelegt.
Zeuge Klaus:
Diese Schrift ist meines Wissens, ich bin nicht unmittelbar dabei gewesen, aber ich weiß es, weil sie uns dann später zugesandt worden ist, bei der Festnahme von Horst Mahler am 8. Oktober 1970 einmal, glaube ich, bei ihm persönlich sichergestellt worden und dann ist sie noch zweimal, also zwei Exemplare davon wurden außerdem in der Handtasche der Brigitte Asdonk[20] gefunden. Ebenfalls in diesen konspirativen Wohnungen in der Knesebergstraße in Berlin.
Richter Dr. Breu[cker]:
Ist Ihnen bekannt, Herr Klaus, daß das Minihandbuch oder ob das Minihandbuch des Stadtguerilla auch noch in anderer Form Verbreitung fand? Sie sprachen vorhin mal von der Zeitschrift „Agit 883“.
Zeuge Klaus:
Ja, Auszüge davon sind in einer Ausgabe dieser Untergrundzeitung, „Agit 883“ enthalten gewesen. Das war schon im Juni 1970.
Dem Zeugen wird die Nr. 63/70 der Zeitschrift „Agit 883“ im Original vorgelegt.
Zeuge Klaus:
Ja, Nr. 63. Ich habe Auszüge daraus in einen Bericht hineingenommen und die Schrift diente also offensichtlich als Anleitung zum Handeln, jedenfalls in dieser ersten Phase, bei der Bildung der Gruppe Baader-Meinhof.
Richter Dr. Breu[cker]:
Herr Klaus, ist Ihnen bekannt, daß in der Zeitschrift „Agit 883“ auch eine Erklärung zur sogenannten Baader-Befreiung[21] veröffentlicht wurde?
Zeuge Klaus:
Ja.
Dem Zeugen wird die Nr. 61/70 der Zeitschrift „Agit 883“ vorgelegt. - im Original -
Zeuge Klaus:
Wir bekamen die Exemplare seinerzeit aus Berlin gebracht und darin war ein Beitrag: „Die Rote Armee aufbauen“. Es war also seinerzeit klar, daß dieser Beitrag nur von den an der Baader-Befreiung Beteiligten stammen konnte und deshalb habe ich ihn[f] diesem Sonder- [9804] band beigefügt.
Richter Dr. Breu[cker]:
Sie sprachen vorhin, als die Rede davon war, daß sich bei Ihnen diese politischen Äußerungen gesammelt haben, von der Konkretkolumne. Erinnern Sie sich daran, daß in Konkret eine Äußerung von Ulrike Meinhof zur Warenhausbrandstiftung[22] veröffentlicht wurde?
Zeuge Klaus:
Ja.
Dem Zeugen wird ein Auszug aus der[g] - Ordner 118.1 - Zeitschrift „Konkret“ Nr. 14 vom 4.11.1968 vorgelegt.
Zeuge Klaus:
Ja, ich erinnere mich daran. Ich habe es selbst ausgeschnitten und beschriftet
Sämtliche dem Zeugen vorgelegten Schriften werden vom Gericht in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.
Vors.:
Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.
Der Zeuge Klaus bleibt bis zu seiner später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.
Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren vom Beschlagnahmebeschluß des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19.12.1973 - PSA Meinhof Bd. VI Bl. 475 - 479 - das Rubrum, bzw. der Tenor und folgende Positionen verlesen:
Pos. Nr. I/3.1 - 29, II/1 - 6, VIII/20, IX/51 - 52, VX/15 - 22, VX/24 - 34, VX/36 - 37a,
Richter Ma[ier]:
Es folgen die Gründe und die Unterschrift des Untersuchungsrichters.
Der Zeuge KHK Bahr erscheint um 9.57 Uhr im Sitzungssaal.
Vors.:
Herr Bahr, ich darf Sie um die Angabe der Personalien bitten.
Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:
Zeuge Bahr
Jürgen Bahr, 33 Jahre alt,
Kriminalhauptkommisar beim BKA in Wiesbaden,
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
[9805] Vors.:
Erinnern Sie sich, einmal eine Reiseschreibmaschine übernommen zu haben, die aus der Zelle eines der hier Angeklagten stammen sollte?
Zeuge Bahr:
Ich habe im Februar 1974 eine Schreibmaschine beim kriminaltechnischen Institut in Wiesbaden beim Bundeskriminalamt in Empfang genommen. Diese Schreibmaschine sollte dem in Schwalmstadt einsitzenden Baader wieder ausgehändigt werden.
Vors.:
Würden Sie heute noch angeben können, um was für ein Fabrikat es sich gehandelt hat?
Zeuge Bahr:
Es war eine Olivetti Lettera.
Vors.:
Olivetti Lettera, die Seriennummer und dergleichen, das ist sicher aus dem Gedächtnis nicht herzusagen?
Zeuge Bahr:
Das weiß ich nicht mehr.
Vors.:
Ist es richtig, daß Sie seinerzeit über den Empfang einen Vermerk gemacht haben in den Akten?
Zeuge Bahr:
Ich selbst habe keinen Vermerk gemacht. Als ich die Maschine in Empfang genommen habe, hat der Kollege beim kriminaltechnischen Institut, der sie mir ausgehändigt hatte, einen Empfangsvermerk gemacht und den habe ich unterschrieben.
Vors.:
So ist es. Also der Text stammt nicht von Ihnen, aber die Unterschrift. Das wollen wir jetzt überprüfen.
Dem Zeugen wird eine Ablichtung des Vermerkes aus Ordner 124 Blatt 510 übergeben, mit der Bitte um Angabe, ob die Unterschrift von ihm anerkannt werde[h].
Zeuge Bahr:
Ja, es ist meine Unterschrift.
Gemäß § 249 StPO wird der unterhalb der Unterschrift Pöter angebrachte Vermerk vom 20. Februar 1974 aus Ordner 124 Blatt 510 verlesen.
Vors.:
Das, was jetzt soeben im Urkundenbeweis eingeführt und Ihnen dadurch bekannt geworden ist, soll der Vermerk sein. Können Sie das bestätigen?
Zeuge Bahr:
Das kann ich bestätigen.
Vors.:
Ist von Ihnen damals auch die Seriennummer überprüft worden, so daß Sie sagen können, der Vermerk ist auch inhaltlich richtig?
Zeuge Bahr:
Die ist zusammen mit dem Kollegen von der KT damals überprüft worden.
[9806] Vors.:
Dankeschön. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herrn auch nicht. Dann können wir die beiden Herrn Zeugen, wenn keine Einwendungen erhoben werden, jetzt vereidigen.
Die Zeugen Klaus und Bahr werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.02 Uhr entlassen.
Vors.:
Ich darf auf folgendes hinweisen: Es hat sich herausgestellt, daß die Schreibmaschinenprobe in der Zelle Meinhof durch einen Kriminalbeamten mit dem Namen Eickler vom Landeskriminalamt in Düsseldorf offenbar vorgenommen worden ist. Wir werden den Herrn Eickler noch laden und zwar auf Mittwoch, 26.5.1976, 9 Uhr. Das ist der Mittwoch der nächsten Woche.
Die Herrn Rechtsanwälte Schily und Dr. Heldmann sind anwesend. Sie haben um Unterbrechung der Verhandlung vorhin schriftlich gebeten, da sie Gespräche mit den Mandanten führen müßten. Ich habe die Unterbrechung abgelehnt. Wir machen jetzt eine kurze Pause von 10 Minuten und setzen dann die Sitzung fort mit Verlesungen aus den eben eingeführten Asservaten 10 Minuten Pause.
Pause von 10.03 Uhr bis 10.18 Uhr.
Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.18 Uhr:
Der Zeuge Klaus ist wieder[i] anwesend.
Vors.:
Wir können die Sitzung fortsetzen. Es ist nochmals der Wunsch geäußert worden, seitens eines beteiligten Richters, dass Herr Klaus nochmals zu einer ergänzenden Frage zur Verfügung steht. Bitte, Herr Dr. Breucker.
Richter Dr. Breu[cker]:
Herr Klaus, ist Ihnen bekannt, daß eine Rede im Prozeß bezüglich der Baader-Befreiung, die Frau Meinhof im September 74 gehalten haben soll, in einer Schrift veröffentlicht worden ist?
Zeuge Klaus:
Ja, die am 13. September gehaltene Rede, sowie die Hungerstreikerklärung der Gefangenen,[23] die am gleichen Tage verkündet wurde und ein sogenanntes provisorisches Kampfprogramm für den Kampf der politischen Rechte der gefangenen Arbeiter wurde, das ist uns erst nachträglich bekannt geworden, illegal gewissermaßen als 4. RAF-Schrift verbreitet. Sie ist [j] als unanbringliche [9807] Postsendung bei der Oberpostdirektion in Münster und ist dann später auch noch in Bamberg angefallen und vom dortigen Landgericht beschlagnahmt worden. Ich habe ein Exemplar dieser Schrift bei mir. Wenn der Senat daran interessiert ist, darf ...
Der Zeuge übergibt dem Gericht diese „4. RAF-Schrift“. Das Gericht nimmt das Schriftstück in Augenschein. Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.
Das Schriftstück wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.
Richter Dr. Breu[cker]:
Zu welcher Zeit es in Umlauf kam?
Zeuge Klaus:
Angefallen ist es zum 1. Mal im November 1974, angehalten als unanbringliche Postsendung. Und bei einer Durchsuchung der Zelle des Angeklagten Baader habe ich am 24.3. dann eine Manuskriptkopie dieser Schrift gefunden, mit handschriftlichen Anmerkungen Baaders für den Satz für die Verbreitung und dergleichen mehr. Ich habe noch ein Nachtrag zu meiner Aussage hinsichtlich der Schreibmaschinenschriftprobe, die bei Frau Meinhof gemacht worden ist. Ich kann mich an den Maschinentyp erinnern, ich glaube, es war eine „Prinzess Royal“ oder ähnlich. Und jetzt hat mir vorgelegen eine Maschinenschriftprobe, die von einem Beamten des Landeskriminalamtes in Düsseldorf gemacht worden ist. Ich habe aber nicht darauf geachtet, ob es die gleiche Maschine ist oder ob es eine andere Maschine ist. Es kann sein, daß die Maschinen inzwischen gewechselt haben und daß man dann Veranlassung gehabt hat, diese zweite Maschine im Besitz von Frau Meinhof auch nochmal zu kontrollieren, bzw. eine Maschinenschriftprobe davon zu nehmen.
Vors.:
Zunächst mal, das Schriftbild selbst würde Ihnen wohl nichts besagen, das ist klar. Es wird hier angegeben in der Vorlage der Schriftprobe, die wir Ihnen schon vorhin gezeigt haben, Modell „De Lux, Portable“, Schreibmaschinenfabrikat „Präsident De Lux“.
Zeuge Klaus:
Ich muß mich korrigieren. Das ist „Präsident De Lux“, das war die Maschine, die auch damals in ihrer Zelle war.
Vors.:
An das erinnern Sie sich noch?
Zeuge Klaus:
Ja, ja, ja. Also nicht, jetzt, wenn Sie es mir vorlesen, jetzt weiß ich es noch.
Vors.:
Aber die Schriftprobe selbst besagt Ihnen nach wie vor nichts.
Zeuge Klaus:
Sagt mir überhaupt nichts. Aber der Maschinentyp ist klar, es ist genau die Maschine.
[9808] Vors.:
Sind an den Herrn Zeugen aufgrund der Ergänzungen irgendwelche Fragen zu richten. Ich sehe nicht.
Der Zeuge Klaus versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.22 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir kommen dann zur Verlesung, wie angekündigt, und beginnen mit den Baader-Materialien. Bitte, Herr Berichterstatter.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat BAADER-Material Pos. 7/1.1 und 1.2 (beginnend mit „Es gibt die Notwendigkeit ...“) verlesen.
Reg. Dir. Widera und OStA Holland verlassen um 10.23 Uhr während der Verlesung den Sitzungssaal.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat MEINHOF-Material Pos. II/1 - 6 (beginnend mit „Th. (m. Durchschlag A.)“) verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat BAADER-Material Pos. 5/1 - 9 (beginnend mit „Um die Zirkulation...“) verlesen.
Während der Verlesung:
Reg. Dir. Widera und OStA Holland erscheinen wieder[k] um 11.19 Uhr im Sitzungssaal.
Dr. Wunder verlässt um 11.20 Uhr den Sitzungssaal.
OStA Zeis verlässt um 11.21 Uhr den Sitzungssaal.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat BAADER-Material Pos. 11 (beginnend mit „das Schema kann sich...“) verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat BAADER-Material Pos. 16/1 - 2 (beginnend mit „das ist so ein Entwurf ...“) verlesen.
[9809a-s][24] [9810] Gemäß § 249 StPO wird aus dem Asservat BAADER-Material Pos. 47/1 - 4 (beginnend mit „Kopfbogen Kurt Groenewold... „) folgendes verlesen:
47/1 Kopfbogen, I, II, III, Ziff. 4 Nr. 1 47/4 Nr. 1 - 33.
Vors.:
Damit sind wir am Ende des heutigen vormittäglichen Verlesungsprogrammes. Wir fahren um 14.00 Uhr fort mit der Vernehmung zweier weiteren Zeugen und eventueller weiterer Verlesungen. Bis 14.00 Uhr Unterbrechung.
Pause von 11.45 Uhr - 14.03 Uhr
Ende von Band 555.
[9811] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.03 Uhr
Oberstaatsanwalt Zeis und Bundesanwalt Dr. Wunder sind wieder[l] anwesend.
Rechtsanwalt Schlaegel ist nicht mehr[m] anwesend.
Als Zeugen sind anwesend: Hans Mondry und Gerhard[n] Berzau.
Vors.:
Wir können die Sitzung fortsetzen.
Wir haben auf heute Nachmittag noch die beiden Herrn Zeugen, Herrn Mondry und Herrn Berzau.
Die Zeugen Mondry und Berzau werden gem. § 57 StPO belehrt.
Die Zeugen Mondry und Berzau sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.
Der Zeuge Berzau wird um 14.05 Uhr in Abstand verwiesen.
Die Aussagegenehmigungen[25] der Zeugen Berzau und Mondry werden als Anl. 2 und 3 dem Protokoll beigefügt.
Der Zeuge Mondry macht folgende Angaben zur Person:
Hans Mondry, 42 Jahre alt,
Senat für Inneres Bremen,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Mondry, ist es richtig, daß Sie in der Justizvollzugsanstalt in Essen[26] am 16. Juli 1973 die Zelle von Frau Ensslin mit durchsucht haben?
Zeuge Mon[dry]:
Ja, es stimmt, daß ich zusammen mit einem Kollegen vom 14 K Essen, die Zelle sowie die Habe von Gudrun Ensslin in ihrer Abwesenheit durchsucht habe. In der Zelle selbst fand ich nur ein schwarzes Heft, das später auch freigegeben worden ist, und die anderen Sachen befanden [9812] sich in einem anderem Raum, in einem sogenannten Habebeutel.
In diesem Beutel fand ich einen Ordner, einen großen Ordner, fast voll mit Schriften, Schriftmaterial; außerdem fand ich eine[o] Mappe mit einigen Schriftstücken und andere Schriftstücke, die ich also im Durchsuchungsprotokoll festgehalten habe an Ort und Stelle.
Vors.:
So daß das Protokoll offensichtlich eine Liste enthält, die die sichergestellten Gegenstände aufführt.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, es war so gewesen, die Gegenstände wurden von mir in einen Karton verpackt, versiegelt und zur Durchsicht an den Ermittlungsrichter weitergeleitet. Diese Sachen bekamen wir später wieder zurückgeschickt und dann wurden erst die detailierten Verzeichnisse erstellt.
Dem Zeugen wird aus Ord. 123 eine Ablichtung des Bl. 79 übergeben mit der Bitte anzugeben, ob das das Verzeichnis der damals sichergestellten Schriftstücke gewesen ist und ob es sich um seine Unterschrift handelt.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, das ist dieses Protokoll, das ich an Ort und Stelle gefertigt habe.
Vors.:
Das die Materialien[p] noch nicht im einzelnen aufschlüsselt, aber bereits die einzelnen Posten zusammen erfassend darstellt.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/10/1
- eine Ablichtung des Schriftstücks befindet sich in Ord. 123, Bl. 98 - vorgelegt.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, daran erinnere ich mich. Das ist also ein Schriftstück, das ich dann in diesem Karton versiegelt gegeben habe, und später dann zu mir zurückgekommen ist, und auch in dieser Liste aufgeführt sein müsste. II bedeutet also die Durchsuchung des Beutels in dem anderen Raum und das wäre dann das Asservat 10/1.
Vors.:
Hier ist aufgeführt, in Ihrer Liste II/1-25, ein Schnellhefter orangefarbig mit diversen Schriftstücken ...
Zeuge Mon[dry]:
II ...
Rechtsanwalt Herzberg (als ministeriell bestallter Vertreter von Rechtsanwalt Schlaegel) erscheint um 14.08 Uhr im Sitzungssaal.
[9813][27] [9814-9815][28] [9816] Vors.:
II/1 - 25 und das wäre dann aus diesem ...
Zeuge Mon[dry]:
Das müsste dann aus diesem Schnellhefter sein.
Vors.:
Also jedenfalls, es ist ja ein ziemlich charakteristisches Stück ansich durch die Handschrift. Können Sie sich daran erinnern oder was sind die Erkennungszeichen für Sie?
Zeuge Mon[dry]:
Ja, ich erinnere mich an diese Hamen hier, vor allen Dingen hier ...
Vors.:
Danke. Zu diesem Asservat Fragen? Sehe ich nicht.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/2-6
- beginnend mit „WWA - habe ich nun doch einfach entschieden ...“ -
eine Ablichtung des Schriftstückes befindet sich in Ord. 123, Bl. 99 - 105 -
vorgelegt.
Zeuge Mon[dry]:
Das ist auch meine Schrift oben, hier. „ENSSLIN-Material II/27/2-4 ist von mir beschriftet worden, seinerzeit und ich kann mich auch an diese Schriftstücke erinnern; vor allen Dingen hier, an das „WWA“.
Vors.:
Danke. Fragen zu diesem Asservat? Sehe ich nicht.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/51 - 53
(beginnend: Klaus Eschen, Horst Mahler, Christian Ströbele, Berlin 15, 16.6.73 „Liebe Genossen, ziemlich fertig bin ich ...“)
- eine Ablichtung des Schriftstückes bebindet sich in Ord. 123, Bl. 109 - 112 -
vorgelegt.
Zeuge Mon[dry]:
Asservat II/27, das müßte also aus diesem Ordner sein, denn das Asservat 27/II bedeutet, daß es in diesem Ordner gewesen ist, der also auch in diesem Habebeutel war. An dieses selbst kann ich mich nicht mehr im einzelnen[q] erinnern, denn derartige Schriftstücke sind sehr oft vorhanden gewesen, „Klaus Eschen, Horst Mahler“ usw., dieser Rechtsanwaltkopf da oben „Liebe Genossen ...“ usw. das meine ich auch öfter gesehen zu haben. Denn ich habe ja ... sämtlich Asservate sind durch meine Finger gegangen.
Vors.:
Ist hier evtl. auch eine handschriftliche Bezeichnung, die Sie als die Ihre wiedererkennen?
Zeuge Mon[dry]:
Nein, der Ordner selbst, der wurde wahrscheinlich von jemand anders dann beziffert, denn ich habe den Ordner 27 II/27 oder umgekehrt nur von außen gekennzeichnet in grüner Farbe, und die einzelnen [9817] Seiten habe ich damals persönlich nicht gekennzeichnet.
Vors.:
Sie können aber sagen, daß Sie einen Aktenordner damals mit in die Liste aufgenommen haben. Wissen Sie, wieviel Blatt der insgesamt umfasst haben könnte?
Zeuge Mon[dry]:
Ja, weit über 200.
Vors.:
Ja, es ist hier verzeichnet in Ihrer Liste, wenn sie richtig sein sollte - ich halte Ihnen das vor -: „Ein Aktenordner mit 262 Blatt“.
Zeuge Mon[dry]:
Also die Blattzahl hat der Kollege ... gezählt.
Vors.:
Danke. Zu diesem Asservat weitere Fragen? Sehe ich beim Gericht nicht. Die Herren Verteidiger? Nicht.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/139 - 142
(beginnend mit den Worten „Skizze zu bassa“ - Arbeitstitel) - eine Ablichtung des Schriftstückes befindet sich in Ord. 123, Bl. 114[r] - 118 - vorgelegt.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, an das kann ich mich sehr gut erinnern „Skizze zu bassa“, das ist mir heute noch ein Begriff. Und da oben, das ist mit Bleistift auch meine Schrift - II/27/ 139 - 142 -. Das ist von mir eingetragen worden, allerdings nicht an Tage der Durchsuchung, sondern als der Ordner zu mir zurückgekommen ist nach der richterlichen Durchsicht.
Vors.:
Sie selbst waren ja, wenn wir Sie richtig verstanden haben, beteiligt bei der Sicherstellung der Asservate I und II, soweit die ...
Zeuge Mon[dry]:
I und II, ja, die sind also in Essen sichergestellt worden, in der JVA Essen.
Vors.:
Ist Ihnen bekannt, daß es darüberhinaus am selben Tag, auch Frau Ensslin betreffend, eine weitere Durchsuchung gab?
Zeuge Mon[dry]:
Ja, das ist mir bekannt, die wurde allerdings von Herrn Berzau in Berlin durchgeführt.
Vors.:
Und wissen Sie, unter welcher römischen Nummer dann die Asservate ...?
Zeuge M[ondry]:
Unter III.
Vors.:
Unter III. Waren Sie an der Erstellung der Asservatenliste, betreffend III mitbeteiligt?
Zeuge Mon[dry]:
An der detaillierten, ja, von I bis III.
Dem Zeugen wird eine Liste aus Ord. 123, Bl. 82 - 95 mit der Bitte vorgelegt, zu erklären, ob es sich um die Liste, an der er beteiligt war, handelt, und ob es seine Unterschrift ist.
[9818] Zeuge [Mondry]:
Ja, das ist das detailierte Verzeichnis, das von Herrn Klaus und mir gefertigt worden ist.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. III/3.1 - 3.12
(beginnend mit „konkret --) vorgelegt, mit der Bitte es darauf anzusehen, ob so etwas bei der Asservierung vorgelegen hat.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, das muß mir auch vorgelegen sein, denn ich habe ja die Liste gefertigt und in dieser Liste ist ja auch die Ziffer III/3.1 aufgeführt. Insofern muß es sich um dieses Asservat handeln, also 3.1 - ich erinnere mich noch an diese Schriftstücke - bis 12.
Vors.:
II/3.1 - bis 12.
Zeuge Mon[dry]:
1 - 12, ja.
Gemäß § 249 StPO wird das Sicherstellungsverzeichnis aus Ord. 123, Bl. 79 verlesen.
Vors.:
Zu dieser Liste die Frage, Herr Mondry: Können Sie bestätigen, daß sie erstellt worden ist aufgrund von Material das durchweg Ihnen selbst vorgelegen hat und daß dieses Material richtig und vollständig erfasst worden ist?
Zeuge Mon[dry]:
Das kann ich bestätigen.
Vors.:
Danke.
Gemäß § 249 StPO wird aus dem Asservatenverzeichnis in Ord. 123, Bl. 82 bis 93 folgendes verlesen:
Der Kopf,
folgende Positionen:
Blatt 83 II/10
Blatt 84 II/27/2 - 4
II/27/5
II/27/6
Blatt 86 II/27/51 - 53
Blatt 89 II/27/139 - 142
Blatt 93 III/3.1 - 12;
Unterschriften.
Vors.:
Auch hier dieselbe Frage, die vorhin an Sie gestellt worden ist. Können Sie sich für die inhaltliche Richtigkeit, Vollständigkeit dieser Liste in der Form verbürgen, daß Sie sagen können, jede Position, die hier verzeichnet ist, habe ich selbst gesehen?
[9819] Zeuge Mon[dry]:
Ja, ich habe jede Position selbst gesehen und gewissenhaft nochmal überprüft und dann unterschrieben.
Vors.:
Danke. Wir haben noch die Frage, wissen Sie, ob seinerzeit in der Zelle von Frau Ensslin eine Schreibmaschine vorhanden gewesen ist?
Zeuge Mon[dry]:
Ja, ich habe, glaube ich, zweimal die Zelle durchsucht, aber ..., doch an diesem Tage war auch eine Schreibmaschine im Spiel. Ich weiß jetzt nicht, ob in der Zelle oder ob ich sie von Frau Nicola bekommen habe, kann ich heute nicht mehr sagen. Auf jeden Fall handelte es sich um die Schreibmaschine von Ensslin und wir haben da noch eine Schriftprobe genommen.
Dem Zeugen wird das
Asservat U/7351 - Schreibmaschinenschriftprobe Ensslin - vorgelegt, mit der Bitte zu erklären, ob das die Schriftprobe ist, die damals genommen worden ist.
Zeuge Mon[dry]:
Ja, Herr Göritz hat sie entnommen und das ist auch mein Nachtrag noch; das wurde in Essen gemacht. Das ist mein Vermerk, Nachtrag mit anderer Dienstschreibmaschine; da meine ich, da unten Sicherungsgruppe den Zusatz und „im Beisein von KOK Mondry BKA“ ...
Vors.:
Sie können sich also da ...
Zeuge Mon[dry]:
Deshalb dieser Vermerk, das ist einwandfrei diese am 16.7. von KHW Göritz gefertigte Schriftprobe.
Gem. § 249 StPO wird aus den Personensachakten III Ensslin - Beschlagnahmebeschluß vom 11.12.1973 - Bl. 361 - 364 folgendes verlesen:
Rubrum, Tenor und folgende Positionen:
II 10, II 27/2 - 4, II 27/5, II 27/6,
II 27/51 - 53, II 27/139 - 142 und
III 3.1 - 12.
Richter Mai[er]:
Es folgen die Gründe und die Unterschrift des Ermittlungsrichters.
Vors.:
Danke. Sind weitere Fragen an Herrn Mondry? Ich sehe nicht.
Sämtliche dem Zeugen vorgelegten Asservate wurden vom Gericht in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen
[9820] Der Zeuge Mondry versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 14.24 Uhr entlassen.
Der Zeuge Berzau erscheint um 14.25 Uhr in Sitzungssaal.
Der Zeuge Berzau macht folgende Angaben zur Person:
Gerhard Berzau, geb. [Tag].[Monat].1925,
Kriminalbeamter, Dienststelle Bad-Godesberg,mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.
Vors.:
Herr Berzau, ist es richtig, daß Sie am 16.7.1973 in der Justizvollzugsanstalt in Berlin-Moabit[29] die Zelle von Frau Ensslin mitdurchsucht haben?
Zeuge Ber[zau]:
Jawohl, mit zwei Beamten von Berlin, ja.
Vors.:
Ist seinerzeit über das sichergestellte Material eine Liste angefertigt worden?
Zeuge Ber[zau]:
Ja.
Vors.:
Um was hat es sich dabei gehandelt?
Zeuge Ber[zau]:
Es waren nicht viele Gegenstände, die als Beweismaterial für das Verfahren von Bedeutung sein könnten. Es waren schriftliche Aufzeichnungen, im einen Falle erinnere ich mich, daß mehrere Schriftstücke zu einer längeren Fahne zusammengeklebt haben; einige schriftliche Aufzeichnungen auf liniertem Papier, kurzum ...
Vors.:
Hat es sich um Schriftstücke gehandelt?
Zeuge Ber[zau]:
Um Schriftstücke.
Dem Zeugen wird aus Ord. 123, B1. 80/81 vorgelegt, mit der Bitte zu erklären, ob es sich um die Liste handelt, die damals erstellt worden ist, ob er sich an die Positionen erinnert, und ob er die Unterschrift als die seinige anerkennt.
Zeuge Ber[zau]:
Das ist das polizeiliche Durchsuchungsprotokoll, aufgestellt von einem Berliner Beamten der Berliner Kriminalpolizei, und die [9821] Aufstellung ist richtig. Die römischen Ziffern stammen aber ..., sind wohl nicht von dem Polizeibeamten aufgeführt worden.
Vors.:
Sie haben die laufenden Nummern mit eben arabisch 1, 2 bis 9 usw., ... der Liste eingetragen, ist das richtig?
Zeuge Ber[zau]:
Ja, ist beziffert, ja.
Vors.:
Ist es auch Ihre Unterschrift, die ...?
Zeuge Ber[zau]:
Links unten ist meine Unterschrift, richtig.
Vors.:
Jawohl, danke.
Bundesanwalt Dr. Wunder verlässt um 14.27 Uhr den Sitzungssaal.
Zeuge Ber[zau]:
Aber ich darf nochmal darauf hinweisen, es ist nicht meine Schrift, nicht meine Handschrift ...
Vors.:
Sicher, aber ...
Zeuge Ber[zau]:
... Kollege, nicht. Die Unterschrift ist von mir, die Aufstellung ist von einem Beamten der Berliner Kriminalpolizei gefertigt worden.
Vors.:
Darf man davon ausgehen, daß Sie, bevor Sie das Protokoll und[s] die Liste unterschrieben haben, sich vergewissert haben, daß Sie auch Wahrheitsgemäßes unterschreiben?
Zeuge Ber[zau]:
Selbstverständlich, ja.
Vors.:
Danke.
Dem Zeugen wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/3.1 - 3.11
mit der Bitte vorgelegt, sich die Schriftstücke anzusehen, ob er so etwas damals gesehen hat.
Zeuge Ber[zau]:
Im allgemeinen fällt es schwer, sich da zurückzuerinnern, gerade bei den vielen schriftlichen Aufzeichnungen, aber in diesem Falle erinnere ich mich deswegen ganz genau, weil diese schriftlichen Aufzeichnungen auf dem Zellentisch lagen, an denen möglicherweise gerade vorher von der damaligen Beschuldigten gearbeit worden ist[t]. Ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen, als daß ich mich erinnere, daß ich es tatsächlich am 16.7. auf dem Zellentisch gefunden habe, und als Beweismittel von Bedeutung erkannt habe; nicht erkannt habe, vermutet habe, daß es ein Beweismittel sein könnte.
Vors.:
Danke. Dazu irgendwelchen Fragen noch? Ich sehe nicht.
[9822] Gem. § 249 StPO wird aus den Sicherstellungsverzeichnis vom 16.7.1973 aus Ordner 123 Bl. 81 folgendes verlesen:
Der Kopf; die Position III 3 und die Unterschrift.
Vors.:
Wenn das in dieser Liste enthalten ist, können Sie die Gewähr dafür übernehmen, daß Sie dieses Stück auch damals gesehen und wahrheitsgemäß hier eingetragen haben.
Zeuge Ber[zau]:
Dieses Stück habe ich sogar selbst gefunden und selbst dazugenommen.
Vors.:
Danke. Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.
Der Zeuge Berzau wird vorschriftsmäßig vereidigt und in allseitigem Einvernehmen um 14.30 Uhr entlassen.
Vors.:
Wir kommen jetzt zu weiteren Verlesungen aus diesem durch die heutige Sitzung eingeführten Asservatenmaterial.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
MEINHOF-Material Pos. I/3.4 und 3.5
(beginnend mit „Also-Durchschlag A)“
verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
MEINHOF-Material Pos. XV/36, 37, 37a
(Rundbrief des RA Ströbele v. 12.7.73)
verlesen.
Während der Verlesung verlässt Rechtsanwalt Künzel um 14.43 Uhr den Sitzungssaal.
Gemäß § 249 StPO werden[u] die Asservate[v]
MEINHOF-Material Pos. XV/21, 27 u. 28
(Entwürfe für Zellenzirkular)
verlesen.
[9823] Während der Verlesung:
Bundesanwalt Dr. Wunder erscheint wieder um[w] 14.50 Uhr im Sitzungssaal.
Reg. Dir. Widera und OStA Zeis verlassen um 14.54 Uhr den Sitzungssaal.
Rechtsanwalt Künzel erscheint wieder um[x] 14.55 Uhr im Sitzungssaal.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
MEINHOF-Material Pos. IX/51 - 52
(beginnend mit „Mit der Dokumentation..“)
verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
MEINHOF-Material Pos. VIII/20
(beginnend mit „über Theorie-Studium...“)
verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird vom Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/10/1 die Kolonne mit Namen und Zahlen verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/2 - 4
(beginnend mit „WWA-habe ich nun...“)
verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/51-53
(Rundbrief des RA Ströbele)
verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
ENSSLIN-Material Pos. II/27/139-142
(„Skizze zu bassa“) verlesen.
Gemäß § 249 StPO wird das Asservat
ENSSLIN-Material III/3.11 von
„Totalität der Revolution heißt...“
bis Schluß verlesen.
Vors.:
Wir sind damit am Ende des Verlesungsprogrammes des heutigen Sitzungstages. Morgen sind vorgesehen die beiden Sachverständigen Windhaber und Neumann. Es ist ein ziemlich umfängliches Programm. Ich darf darauf hinweisen, daß erst um 10.00 Uhr morgen Sitzungsbeginn ist. Benötigt werden - ohne Gewähr - folgende Ordner: 121, 118, 81, 116, 122, 71/2, 124 und 84.
[9824] Damit ist die Sitzung für heute zu Ende. Fortsetzung morgen früh 10.00 Uhr.
Ende der Sitzung um 15.38 Uhr
Ende von Band 556
[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).
[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).
[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).
[4] Nach seiner Verhaftung im Juni 1972 war Andreas Baader bis zu seiner Verlegung nach Stuttgart-Stammheim im November 1974 in der JVA Schwalmstadt untergebracht (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97).
[5] Urkunden werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ebenfalls möglich: Einführung im Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO). Zwar enthält § 250 StPO für Zeug/innen und Sachverständige den Vorrang des Personalbeweises, wonach Tatsachen, die auf der Wahrnehmung einer Person beruhen, grundsätzlich durch Vernehmung dieser Person in die Hauptverhandlung einzuführen sind und nicht durch Verlesung früherer Vernehmungsprotokolle oder schriftlicher Erklärungen ersetzt werden dürfen. Überwiegend wird jedoch zwischen ersetzender und ergänzender Verlesung differenziert und letztere im Rahmen des Urkundenbeweises für zulässig gehalten (BGH, Urt. v. 16.2.1965 - Az.: 1 StR 4/65, BGHSt 20, S. 160, 162; Erb, in Bockemühl/Gierhake/Müller/Walter [Hrsg.], Festschrift für Bernd von Heintschel-Heinegg zum 70. Geburtstag, 2015, S. 135, 136; Mosbacher, NStZ 2014, S. 1 ff.; a.A. Gubitz/Bock, NJW 2008, S. 958). Inzwischen wurde mit dem 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl I, S. 2198) in § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO die Möglichkeit geschaffen, Protokolle und Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen (mit Ausnahme von Vernehmungen) zu verlesen.
[6] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53). Ein Beweisstück kann Gegenstand sowohl des Augenscheins-, als auch des Urkundenbeweises sein. Beide Beweisarten zielen auf unterschiedliche Erkenntnisse. Während mittels Inaugenscheinnahme Merkmale wie das Vorhandensein an sich, die äußere Beschaffenheit o.ä. festgestellt werden können, dient der Urkundenbeweis der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 249 Rn. 7).
[7] Mit dem Begriff Rubrum wird der Urteilskopf bezeichnet. Darin ist der /dieAngeklagte und der Tag der Sitzung (beziehungsweise sämtliche Sitzungstage) sowie die Namen der am Urteil Mitwirkenden: also Gericht, einschließlich der Schöffen/innen, Staatsanwaltschaft, Nebenklage, Verteidigung, Urkundspersonen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 275 Rn. 24 f.).
[8] Der Tenor, auch „Urteilsformel“ genannt, ist zentraler Bestandteil eines Urteils und seine Verlesung der wesentliche Teil der Urteilsverkündung. Der Tenor enthält den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch sowie die Kosten- und Auslagenentscheidung, wobei im Falle einer Verurteilung die rechtliche Bezeichnung der Tat, derer der/die Angeklagte schuldig gesprochen wird, anzugeben ist (vgl. § 260 Abs. 4 StPO, Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 260 Rn 16 ff.).
[9] Ulrike Meinhof saß nach ihrer Verhaftung im Juni 1972 zunächst in Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft, bevor sie im April 1974 nach Stammheim verlegt wurde (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97).
[10] Während der Olympischen Spiele in München überfiel die palästinensische Terrorgruppe Schwarzer September am 5. September 1972 die israelische Mannschaft. Mit der Geiselnahme von elf israelischen Sportlern versuchten die Terroristen über 200 palästinensische Inhaftierte in Israel freizupressen. Das „Olympia-Attentat“ endete mit einem Schusswechsel auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck, von dem die Geiselnehmer ausgeflogen werden wollten. Insgesamt starben an diesem Tag alle elf israelischen Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizeibeamter (Dahlke, Demokratischer Staat und transnationaler Terrorismus, 2011, S. 57 ff., insbes. 62 ff. und 68 ff.).
[11] Rechtsanwalt Horst Mahler war ein führendes Mitglied der ersten RAF-Generation. Seine zentrale Rolle bei der Entstehung der RAF ist jedoch gegenüber den hier Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof in den Hintergrund gerückt. Er war maßgeblich an der Vorbereitung der als „Geburtsstunde der RAF“ bezeichneten Befreiung Baaders aus der Haft im Mai 1970 beteiligt. Im September 1970 überfiel er u.a. zusammen mit Andreas Baader und Irene Goergens eine Bank in West-Berlin; bereits eine Woche später wurde er verhaftet. Im Jahr 1972 begann der Prozess gegen ihn vor dem Kammergericht Berlin wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Im Februar 1973 wurde er zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 12 Jahren verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Strafe wurde er im November 1974 aufgrund seiner Beteiligung an der Baader-Befreiung zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Zwischen Mahler und dem Führungsduo Baader/Ensslin ergaben sich immer wieder Differenzen. Spätestens mit der Ablehnung seiner Freilassung im Austausch gegen den im Februar 1975 entführten Politiker Peter Lorenz sagte er sich endgültig von der RAF los. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1980 durchlief Mahler eine radikale politische Kehrtwende. Ende der 90er Jahre bekannte er sich erstmals öffentlich zum Rechtsradikalismus, im Jahr 2000 trat er in die NPD ein. Wegen antisemitischer Hetze wurde er mehrfach wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 372 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 40 ff., 53, 67 f.).
[12] Die Rote Hilfe e.V. versteht sich als Solidaritätsorganisation für politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum (Selbstbeschreibung unter <https://www.rote-hilfe.de/ueber-uns>, zuletzt abgerufen am 15.10.2021). Sie ging 1970 aus einer für APO-Aktivisten gegründeten Rechtshilfe hervor und engagierte sich in den folgenden Jahren verstärkt und in vielfältiger Weise für die Belange inhaftierter Mitglieder linksradikaler Gewaltorganisationen wie der RAF und der Bewegung 2. Juni (März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 139 ff.).
[13] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 - Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2).
[14] Die Tonbanderklärung vom 31.5.1972 ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 148 ff.
[15] Zwischen 1959 und 1969 verfasste Ulrike Meinhof etliche Kolumnen für die Zeitschrift „konkret“, für die sie von 1961 bis 1963 auch als Chefredakteurin tätig war. Durch die Kolumnen erlangte sie bundesweite Bekanntheit (Seifert, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 3350, 361 ff.).
[16] Die Schrift „Die Aktion des ‚Schwarzen September‘ in München“ (November 1972) ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 151 ff.
[17] Die RAF veröffentlichte 1971 mit dem „Konzept Stadtguerilla“ ihre erste Programmschrift. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 27 ff.
[18] Der RAF-Text „Dem Volk dienen. Stadtguerilla und Klassenkampf“ (April 1972) ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 112 ff.
[19] Der brasilianische Revolutionär Carlos Marighella (1911-1969) kämpfte ab 1967 mit der von ihm gegründeten Ação Libertadora Nacional (ALN) gegen die brasilianische Militärdiktatur. Die ALN verstand sich als Stadtguerilla. Ihr theoretisches Fundament wurde von Marighella selbst aufgestellt, das seinen Niederschlag vor allem in dem 1970 veröffentlichten „Minihandbuch des Stadtguerilleros“ fand. Diese Schrift wurde international unter anderem von der RAF rezipiert. In der Bundesrepublik fanden daneben auch die Tupamaros München und West-Berlin Anleihen für ihre Organisation und Aktionen bei Marighella (Rübenach, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 411 f., 424 ff., 433 f.).
[20] Die Soziologiestudentin Brigitte Asdonk gehörte zur ersten Generation der RAF. Im Sommer 1970 reiste sie mit anderen RAF-Mitgliedern zur paramilitärischen Ausbildung nach Jordanien. Zusammen mit Horst Mahler, Ingrid Schubert, Monika Berberich und Irene Goergens wurde sie bereits im Oktober 1970 in einer konspirativen Wohnung in der Berliner Knesebeckstraße verhaftet. Vorgeworfen wurde ihr die Bildung einer kriminellen Vereinigung, die Beteiligung an Banküberfällen und unbefugter Waffenbesitz. Die Hauptverhandlung gegen sie und fünf weitere RAF-Mitglieder (Monika Berberich, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Hans-Jürgen Bäcker und Eric Gusdat) begann am 24. November 1972 vor dem LG Berlin und galt zu diesem Zeitpunkt mit über 300 vorgesehenen Zeug/innen und fast 80 geplanten Verhandlungstagen als einer der „umfangreichsten und wahrscheinlich auch längsten Prozesse der deutschen Justizgeschichte“ (zitiert nach Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 83). Mit Urteil vom 28.6.1974 wurde Asdonk zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, a.a.O., S. 83 ff., 167 f.).
[21] Nachdem Andreas Baader Anfang April 1970 bei einer Verkehrskontrolle in Berlin verhaftet worden war, gelang es einer Gruppe um Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Irene Goergens und Ingrid Schubert, ihn am 14. Mai 1970 zu befreien. Als Ort der Aktion diente die Bibliothek Zentralinstituts für Soziale Fragen in Berlin-Dahlem, wo Baader unter Bewachung von zwei Vollzugsbeamten ein Gespräch mit Ulrike Meinhof für ein Buchgespräch zugestanden worden war. Während der Aktion wurde ein Schuss auf einen unbeteiligten Bibliotheksmitarbeiter abgegeben, der schwer verletzt wurde. Die gewaltsame Befreiung Baaders aus der Haft wird auch als „Geburtsstunde der RAF“ bezeichnet. Auch Ulrike Meinhof lebte von nun an in der Illegalität (Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 177 ff.; Wieland, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, 2006, S. 332, 343).
[22] Am 2. April 1968 verübten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein Brandanschläge auf Kaufhäuser in Frankfurt am Main, bei denen zwar erhebliche Sachschäden entstanden, aber keine Menschen verletzt wurden. Die Kaufhausbrandstiftungen zählen zu den ersten politischen Gewalttaten von Baader und Ensslin vor Gründung der RAF. Motiviert wurden sie durch eine Kampagne der Kommune I, die eine Brandtragödie mit mehr als 200 Toten in einem Brüsseler Kaufhaus im Jahr 1967 für Kritik am Vietnamkrieg nutzte. Im Oktober 1968 begann der Prozess am Landgericht Frankfurt gegen Baader, Ensslin, Proll und Söhnlein. Mit Urteil vom 31.10.1968 wurden sie zu Haftstrafen in Höhe von je drei Jahren verurteilt (Hakemi/Hecken, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 316 f, 322 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 27 ff.). Ulrike Meinhof, die den Prozess für die Zeitschrift konkret verfolgte, kritisierte die Brandstiftung in ihrer Kolumne: „Gegen Brandstiftung im allgemeinen spricht, daß dabei Menschen gefährdet werden sollen. Gegen Warenhausbrandstiftung im besonderen spricht, daß dieser Angriff auf die kapitalistische Konsumwelt [...] eben diese Konsumwelt nicht aus den Angeln hebt, sie nicht einmal verletzt [...]. Dem Prinzip [...] des Profits und der Akkumulation von Kapital, wird durch einfache Warenvernichtung eher entsprochen, als daß es durchbrochen würde“ (Meinhof, Die Würde des Menschen ist antastbar, 1980, S. 153).
[23] Von September 1974 bis Februar 1975 führten insgesamt 40 Gefangene, darunter die Angeklagten, den insgesamt dritten und längsten Hungerstreik durch, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren, die sie als Isolationsfolter bezeichneten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117; s. zu den Haftbedingungen Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff., insbesondere 103 ff. zum Vorwurf der Isolationsfolter; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 270 ff.).
[24] Anlage 1 zum Protokoll vom 18. Mai 76: Rede von Ulrike Meinhof für die Gefangenen aus der RAF im Baaderbefreiungsprozess am 13. September 1974 sowie Hungerstreikerklärung.
[25] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.
[26] Gudrun Ensslin wurde am 7. Juni 1972 in Hamburg festgenommen und war bis Februar 1974 in der JVA Essen untergebracht, bevor sie im Februar 1974 für zwei Monate nach Köln-Ossendorf und im April 1974 zusammen mit Ulrike Meinhof nach Stammheim verlegt wurde (Bressan/Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 417; Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 123).
[27] Anlage 2 zum Protokoll vom 18.5.1976: Aussagengenehmigung für EKHK Berzau.
[28] Anlage 3 zum Protokoll vom 18.5.1976: Aussagengehmigung für Verwaltungsamtmann Mondry.
[29] Zwischen 1949 und 1985 wurden inhaftierte Frauen in den Gebäuden der Heeresarrestanstalt in der Lehrter Straße in Berlin Tiergarten (Ortsteil Moabit) untergebracht. Gudrun Ensslin wurde am 7. Juni 1972 in Hamburg festgenommen und war bis Februar 1974 in der JVA Essen untergebracht, bevor sie im Februar 1974 für zwei Monate nach Köln-Ossendorf und im April 1974 zusammen mit Ulrike Meinhof nach Stammheim verlegt wurde (Bressan/Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 417; Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 123). Eine längere Inhaftierung in Berlin ist nicht dokumentiert. Denkbar ist, dass Ensslin zwischenzeitlich im Zusammenhang mit einem der Berliner Verfahren dorthin verlegt wurde; zum angegebenen Zeitpunkt fand etwa das sog. Asdonk-Verfahren gegen Brigitte Asdonk, Monika Berberich, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Hans-Jürgen Bäcker und Eric Gusdat vor dem LG Berlin statt (s. dazu bereits Fn. 20). Ob dies tatsächlich der Grund für Ensslins Verlegung war, ist allerdings unklar.
[a] Maschinell eretzt: der durch durch
[b] Handschriftlich eingefügt: in
[c] Handschriftlich ersetzt: uneindringliche durch unanbringliche
[d] Handschriftlich ersetzt: Fambrat durch Format
[e] Handschriftlich ersetzt: AG durch Agit
[f] Handschriftlich ersetzt: in durch ihn
[g] Handschriftlich eingefügt: der
[h] Handschriftlich ersetzt: wird durch werde
[i] Maschinell ersetzt: auch durch wieder
[j] Handschriftlich durchgestrichen: angefangen
[k] Maschinell eingefügt: wieder
[l] Maschinell eingefügt: wieder
[m] Maschinell eingefügt: mehr
[n] Maschinell ersetzt: Gerd durch Gerhard
[o] Handschriftlich eingefügt: eine
[p] Handschriftlich ergänzt: Materialien
[q] Maschinell eingefügt: im einzelnen
[r] Handschriftlich ergänzt: 114
[s] Maschinell eingefügt: und
[t] Handschriftlich eingefügt: ist
[u] Handschriftlich ersetzt: wird durch werden
[v] Handschriftlich ergänzt: die Asservate
[w] Maschinell ersetzt: um durch wieder um
[x] Maschinell ersetzt: um durch wieder um